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(Aus der Universiti~tsklinik fiir Ohren-, Nasen- und Italsleiden Bern [Vorsteher: Prof. E. Liischer].) Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luft- leitungsaudiogramme mit allgemeinen Betrachtungen zur normalen und pathologischen Physiologie des Sehalleitungsapparates. Von E. Liiseher. Nit 12 Textabbildungen. (Eingegangen am 2g. August 1939.) Auf dem KongreB des Collegium oto-laryngologicum in Groningen am 14.--17.7. 1938 babe ich 8~ fiber eine Reihe yon Ergebnissen fiber die funktionelle Auswirkung yon experimentell erzeugten Schalleitungs- st6rungen beim Menseherr auf das Luftleitungsaudiogramm beriehtet, in der Absicht, zur Aufkl~rung der Mittelohrmeehanik und der patho- logischen Physiologie des Mittelohres beizutragen. Seither habe ich diese Versuehe ergi~nzt und vervollst~ndigt. Trotz der grundlegenden physiologischen Arbeiten yon v. Helmholtz 27, O. Frank 28, v. Bekesy 5-s, Tr6ger 5~ u.a., sowie einer auBerordentlich groBen Zahl yon khnisehen Arbeiten im AnsehluB an die klassischen Untersuchungen yon v. Bezold 1~ 11 stehen noch eine ganze Reihe vort prinzipiellen Fragen fiber die Schalleitung often. Namentlich zeigen die audiometrischen HSrpriifungen, dab die Verh/~ltnisse viel verwiekelter liegen, als nach den Stimmgabeluntersuchungen anzunehmen war. Jedenfalls 1/~Bt sich die alte, noch heute in den maBgebenden Lehr- und Handbfichern vertretene ohren~rztliche Regel, yon der ausschlieBliehen oder vorwiegenden HSreinbuge am unteren Ende der Tonreihe bei SchalleitungsstSrungen, am oberen Ende der Tonreihe bei Sehallempfin- dungsst6rungen in dieser strengen Form nicht mehr halten. Allerdings waren HSreinbuBen am oberen Ende der Tonreihe bei Mittelohrerkran- kungen schon lange bekannt (v. Bezoldl~ 11, Siebenmann 46, Stenger ~8, Wittmaack51, Mayer82, 85 u.a.), wurden aber meist als Mitbeteiligung des Innenohres gedeutet. Vollends aber ergaben die Luftleitungsaudio- gramme eine Ftille verschiedener Formen mit fast regelm/s H6r- einbuBe am oberen Ende der Tonreihe (Ru]al), die mit der alten klassi- schen Auffassung kaum mehr in Einklang zu bringen waren. Crowe und Guild 17 fanden bei einem Fall yon TubenverschluB sogar eine vorwiegende H6reinbuBe ffir hohe TSne, die dem Bilde einer Sehallempfindungs- st6rung naeh der alten Regel durehaus entspraeh. Dadureh kaln der seheinbar woh]begrfindete Untersehied zwischen Schalleitungs- und

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luft-leitungsaudiogramme mit allgemeinen Betrachtungen zur normalen und pathologischen Physiologie des Schalleitungsapparates

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(Aus der Universiti~tsklinik fiir Ohren-, Nasen- und Italsleiden Bern [Vorsteher: Prof. E. Liischer].)

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luft- leitungsaudiogramme mit allgemeinen Betrachtungen

zur normalen und pathologischen Physiologie des Sehalleitungsapparates.

Von E. Liiseher.

Nit 12 Textabbildungen.

(Eingegangen am 2g. August 1939.)

Auf dem KongreB des Collegium oto-laryngologicum in Groningen am 14.--17.7. 1938 babe ich 8~ fiber eine Reihe yon Ergebnissen fiber die funktionelle Auswirkung yon experimentell erzeugten Schalleitungs- st6rungen beim Menseherr auf das Luftleitungsaudiogramm beriehtet, in der Absicht, zur Aufkl~rung der Mittelohrmeehanik und der patho- logischen Physiologie des Mittelohres beizutragen. Seither habe ich diese Versuehe ergi~nzt und vervollst~ndigt.

Trotz der grundlegenden physiologischen Arbeiten yon v. Helmholtz 27, O. Frank 28, v. Bekesy 5-s, Tr6ger 5~ u.a . , sowie einer auBerordentlich groBen Zahl yon khnisehen Arbeiten im AnsehluB an die klassischen Untersuchungen yon v. Bezold 1~ 11 stehen noch eine ganze Reihe vort prinzipiellen Fragen fiber die Schalleitung often. Namentlich zeigen die audiometrischen HSrpriifungen, dab die Verh/~ltnisse viel verwiekelter liegen, als nach den Stimmgabeluntersuchungen anzunehmen war. Jedenfalls 1/~Bt sich die alte, noch heute in den maBgebenden Lehr- und Handbfichern vertretene ohren~rztliche Regel, yon der ausschlieBliehen oder vorwiegenden HSreinbuge am unteren Ende der Tonreihe bei SchalleitungsstSrungen, am oberen Ende der Tonreihe bei Sehallempfin- dungsst6rungen in dieser strengen Form nicht mehr halten. Allerdings waren HSreinbuBen am oberen Ende der Tonreihe bei Mittelohrerkran- kungen schon lange bekannt (v. Bezoldl~ 11, Siebenmann 46, Stenger ~8, Wittmaack51, Mayer82, 85 u.a.), wurden aber meist als Mitbeteiligung des Innenohres gedeutet. Vollends aber ergaben die Luftleitungsaudio- gramme eine Ftille verschiedener Formen mit fast regelm/s H6r- einbuBe am oberen Ende der Tonreihe (Ru]al) , die mit der alten klassi- schen Auffassung kaum mehr in Einklang zu bringen waren. Crowe und Guild 17 fanden bei einem Fall yon TubenverschluB sogar eine vorwiegende H6reinbuBe ffir hohe TSne, die dem Bilde einer Sehallempfindungs- st6rung naeh der alten Regel durehaus entspraeh. Dadureh kaln der seheinbar woh]begrfindete Untersehied zwischen Schalleitungs- und

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SchallempfindungsstSrung sehr ins Schwanken und wurden yon einzelnen Klinikern in dieser strengen Form aufgegeben (Crowe und Guild 17, Witt- maack 51 u. a.). Wie aber Ru] 41 mit Reeht betont, ist es unm6glich, allein aus klinischen Befunden den Nachweis einer reinen SchalleitungsstSrung zu erbringen, da eine Mitbeteiligung des Innenohres nie mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann und wir gerade in dieser Hinsicht auf das funktionelle Resultat abstellen. So erkli~rte Siebenmann 46 seine ab- weichenden Befunde bei der Tubenstenose durch eine Zirkulations- stSrung ex vacuo im Innenohr, ebenso wie Habermann a6 bei der akuten Mittelohrentzfindung eine Sch/~digung der Basalwindung annahm. Auf diese Weise lassen sich alle Ausnahmen mit der alten klassischen Rege] in Einklang bringen und weder die Anhiinger noeh deren Gegner konnten ihre Meinung einwandfrei belegen. Hier kann daher nur das Experiment zum Ziele ffihren.

Aueh die histologisehe Untersuehung muBte in dieser Hinsicht im Stiche lassen und unseren auBerordentlich groBen Kenntnissen auf morphologischem Gebiet steht nur wenig auf pathologisch-funktionellem Gebiet gegeniiber. Gerade die ffir die Schwingungsfs des Mittel- ohrapparates maBgebenden Faktoren der wirksamen Masse bzw. des Tri~gheitsmomentes, der Elastizits und der D~mpfung sind der Be- st immung durch histologisehe Methoden nur in sehr beschr~nktem Grade zuggnglich, weshalb das histologische Bfld nicht fiber grobe quanti tat ive SehluBfolgerungen hinausfiihren kann.

Da die experimentelle Untersuchung am Mensehen grol~e und teil- weise kaum zu fiberwindende Schwierigkeiten bereitet, wurde der Tier- versuch herangezogen, namentlieh das Ph/inomen yon Wever und B r a y (Crowe und Hughson is) mit einzelnen Anwendungen am Mensehen. Die ursprfingliche Ansicht, dab die Gr5Be der elektrischen Spannungs- schwankungen der HSrempfindung entspreehe, l~l~t sich allerdings nicht mehr halten, wodurch die Auswertung dieser Versuehe wesentlieh an Sicherheit und Eindeutigkeit eingebfil~t hat. Immerhin wurden auf diesem Wege, besonders v o n d e r Sehule des John Hopkins Hospitals in Balti- more unter Guild und yon Hallpike am Ferens Inst i tute in London eine Reihe von neuen Tatsachen gefunden.

Eine elndeutige und schlfissige Aufkl/~rung ist vor allem von experi- mente]l erzeugten SchalleitungsstSrungen beim Mensehen und deren funktioneller Wirkung zu erwarten. In dieser Richtung liegen nur relativ wenige Arbeiten und Versuche Vor. Mit den glteren H6rprfifungs- methoden sind yon v. Helmholtz 27 und Schapringer ~ bei willkfirlieher Kontrakt ion des M. tensor tympani Untersuchungen vorgenommen worden, yon Mach und Kessel at bei Uberdruck im s GehSrgang, yon Siebenmann 4~ bei ~ber- und Unterdruck im Mittelohr, von Barany 3 bei Belastung des Trommelfelles mit Queeksilber, sowie yon einer Reihe anderer Autoren (Brunner 14, Struyken 4~ Heermann ~,

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Spangenberg 47, Andrews 2 usw.) bei kfinstlichem GehSrgangsverschluB. Mit Luftleitungsaudiogrammen arbeiteten in dieser Richtung P o h l m a n n und K r a n z aS, v. Belcesy 7, Ru/~1, v. Dishoeclc a~ und Grief lmann 25 bei ~ber- und Unterdruck im /~uBeren GehSrgang, sowie Fowler ~2 bei Belastung des Trommelfells, Ru/41, B u n c h und Dean 16, P o h l m a n n und K r a n z a9 u. a., bei kfinstlichem GehSrgangsverschluB.

Meine eigenen Untersuchungen sind ein erstmaliger Versuch, ver- schiedenartige mechanisch-akustisch, mSglichst genau definierbare SchalleitungsstSrungen (lurch Trommelfellbelastungen beim Menschen herbeizuffihren und deren funktionelle Auswirkung auf die Luftleitungs- audiogramme festzustellen.

~ber die angewendeten Trommel~ellbelastungen.

In der Absicht, yon den maBgebenden mechanischen Faktoren der verschiedenen Teile des Schalleitungsapparates die wirksame Masse bzw. das Tr/~gheitsmoment und den Elastizit/~tsmodul in verschiedener St/irke und Kombination zu beeinflussen, babe ich die folgenden Be- lastungsarten durchuntersucht :

1. Belastung des Hammerstiels mit steigenden Gewichten: a) am Umbo, b) in der N/ihe des ,,Achsenbandes".

2. Belastung der Pars tensa mit steigenden Gewichten: a) dutch Quecksilbertropfen, b) durch Wassertropfen.

3. Vollst/indiger GehSrgangsverschluB durch Oropax oder Wasser- fiillung.

Es ist yon vornherein unwahrscheinlich, daB derartige Trommelfell- belastungen den schMlperzipierenden nervSsen Apparat als solchen beeinflussen. Eher w/~re an eine Steigerung des Liquordruckes und eine dadurch bedingte Wirkung auf die SchMleitung im Imlenohr und unter Umstis auf die mechanische Erregung des Cortischen Organes zu denken, wie sie von Gelld u. a. fiir Drucksteigerungen im/~uBeren GehSr- gang angenommen wurden. Derartige Labyrinthdrueksteigerungen haben schon Politzer 4~ und v. Bezold 9 am Leichenpr/~parat nachgewiesen, wenn die StapesfuBplatte labyrinthw/irts verschoben wurde. Beim Lebenden ist dagegen anzunehmen, dab sich diese Zunahme des Laby- rinthdruckes durch LiquorabfluB, sowie durch Blutverdr~ngung rasch ausgleicht und damit fiir das Cortische Organ das normale Gleicbgewicht wieder hergestellt wird. ~[ach den experimentellen Ergebnissen yon v. Belcesy 7 und van Dishoeck 2~ darf mit groBer Wahrscheinlichkeit an- genommen werden, dab Drucksteigerungen im ~uBeren GehOrgang in Obereinstimmung mit den obigen theoretischen (~berlegungen die Druck- verh/~ltnisse im Innenohr nicht/~ndern und als solche nicht auf die HOr- f~higkeit wirken.

Experimentelle TrommetfellbeIastungen und LuftIeitungsaudiogramme. 375

Die angewendeten Trommelfellbelastungen ffihren demnach reine SchalMtungsst6rungen herbei, weshalb die im /olgenden mitgeteilten Lu]t- leitungsaudiogramme als reine Schalleitungsst6rungen au/zu]assen sin&

Durch ,,punkt]6rmiges" Au/setzen yon Gewiehten auf die in das Trommel- fell eingewebten Teile des Hammerstieles 1/s sich die GehSrknSchelchen- kette direkt belasten, wodurch beziiglieh des Elastizit/itsmoduls/~hnliche Gleichgewiehtsverschiebungen an ihr erzielt werden, wie dureh die Kon- traktion des M. tensor tympani. Infolge der Koppelung des Hammers mit dem Trommelfell wird allerdings das letztere yon der Belastung mit- betroffen und zwar wird es gespannt. In nicht verSffentlichten Versuchen habe ich die dadureh bedingten Form- und Lagever/Lnderungen des Trommelfelles unter dem Ohrmikroskop direkt beobachtet und zum Teil quanti tat iv statiseh durchuntersucht. Dabei zeigte sich am menschlichen Felsenbeinpr/i, parat bereits bei einer 10---20fachen Vergr6Berung, dab beim Zug an der Sehne des M. tensor tylnpani von 2- -5 g aufw/~rts in erster Linie eine deutliche Abflaehung der WSlbung der Pars tensa ein= trat. Bei hSheren Belastungen ]ieB sieh zudem die Abnahme der Beweg- lichkeit des Trommelfelles auf Druck und Sog im /~ugeren GehSrgang fiir statische Verh/~ltnisse quanti tat iv nachweisen. In l~bereinstimmung damit stellte Ge]]ken 27 bei willkfirlicher Tensorkontraktion eine Zunahme der Trommelfellimpedanz mit einer Abnahme des l~bertragungsfaktors um etwa 30% fest. Die Beobaehtung der willkiirlichen Tensorkontrak- tion mit dem Ohrmikroskop bei einer geeigneten Versuehsperson ergab durchaus analoge Versehiebungen der Pars tensa, einem Tensorzug yon ungef/~hr 5--10 g entspreehend. Es kann daher nieht gelingen, bei in- tak tem Trommelfell die Geh6rkn6ehelehenkette allein und ohne Beein- flussung der Trommelfellmembran zu belasten.

Bei der Belastung des Hammerstieles durch das intakte Trommelfell sind 2 Punkte yon besonderem Interesse. Erstens der Umbo, als vermut- liehe Stelle gr6[Jter Amplitude, und zweitens die Gegend des Achsenbandes bzw. der Drehachse, als Stelle kleinster Amplitude. Nach Dahmann 19 liegt die Drehachse dicht oberhalb dem kurzen Fortsatz in der H6he des Hammerhalses, w/s der M. tensor tympani dicht unterhalb des kurzen Fortsatzes medial angreift. Die beiden Punkte liegen so nahe beieinander, dab eine Belastung in der HShe des kurzen Fortsatzes gleich- zeitig einer Belastung des Aehsenbandes und der Wirkung des Tensor- zuges gleichkommt. Nach diesen Gesichtspunkten babe ieh die beiden Belastungsstellen am Hammerstiel gew/ihlt und dort steigende Gewichte bis zu 6,6 g mSglichst ,,punktfSrmig" aufgesetzt.

Den Belastungen des Hammers 1/~gt sieh die direkte und ]l~ichenha[te Belastung des Trommel[elles gegeniiberstellen, yon weleher infolge der nur teilweisen Koppelung der peripheren und mittleren Trommelfell- teile mit dem Hammer vor allem die Pars tensa selbst betroffen und deformiert wird. Unter dem Ohrmikroskop zeigt sieh, dab bereits Druek-

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sehwankungen yon 1--2 mm Wasser im gufteren GehSrgang beim Leben- den und am Felsenbeinpr~parat deutlich sichtbare Bewegungen an der Pars tensa herbeifiihren, die ebenfalls vor allem in einer Abflaehung der WSlbung bestehen. Diese sind durch ihre nur teilweise Koppelung yon Trommelfell und Hammer bedeutend gr56er als die Bewegung des ttammerstieles, die sich bei solchen Druckdifferenzen iiberhaupt nicht wahrnehmen lassen. Auf die Sehlaffheit der Trommelfellmembran als solche, die auch yon v. Bekesy 7 u .a . hervorgehoben wird, werde ich spgter noch n~her eingehen.

Allgemein gleichm~6ige Belastung des Trommelfelles l~l~t sich am einfaehsten durch Druck und Sog im ~ul3eren GehSrgang herbeifiihren. Die dabei auftretenden H6rstgrungen sind u. a. yon Mach und Kesse134, Grieflmann 25, Pohlmann und Kranz 3s, v. Bekesy 7, Rub 41 und neuerdings yon v. Dishoeck 2~ durchuntersucht worden. Es ergeben sich in mancher ttinsicht Vergleichspunkte zu den von mir im folgenden besehriebenen partiellen Trommelfellbelastungen.

Um die Pars tensa in zunehmendem Mal~e ausschalten zu kSnnen, habe ich start einer allgemeinen Druckwirkung partielle Belastungen der Trommel]ellmembran durch Auflage yon Quecksilbertrop]en son 0,5--2 g und Wassertrop]en von 0,05--0,25 ccm bzw. g zur Anwendung gebraeht. Dabei konnte steigendes Gewieht und zunehmende Flgchenbedeckung bis zu einem gewissen Grad unabhgngig voneinander variiert werden, was wiederum eine n~here Analyse der Resultate erlaubte. Auch bei den gr56ten angewendeten Fliissigkeitsmengen blieb der oberste Teil des Trommel]elles /rei, der Geh6rgang also o//en.

Die Belastung des Hammerstieles hat daher in erster Linie eine ~4"nderung der mechanischen Eigenscha/ten der GehSrlcnSchelchenlcette, die]enige der Pars tensa dagegen vorwiegend eine solche der Trommel/ellmembran seibst zur Folge.

Zum Vergleich dieser verschiedenen LeitungsstSrungen habe ich die Lu]tleitungsaudiogramme bei vollst~ndigem Verschlufl des Geh6rganges mit Oropax, sowie bei Wasser/iillung des Geh5rganges herangezogen, t rotzdem hier in physikalisch-akustischer Hinsieht ganz andere Verh~lt- nisse vorliegen. Es war jedoch notwendig zu zeigen, da~ auf diese Weise das gegenseitige Ohr geniigend ausgeschaltet werden konnte und zugleich ergab sich ein gewisser quanti tat iver Vergleich mit einer bekannten Leitungsschwerh5rigkeit.

Methodik. Die Bestimmung der Luftleitungsaudiogramme erfolgte mit dem

Otoaudion der Firma Krafft . Die Schwellenwerte wurden yon C 1 bzw. C bis zur oberen Tongrenze aufgenommen. Tiefer zu gehen oder die untere Tongrenze audiometrisch feststellen zu wollen, halte ich, in Anbetraeht der Obert5ne des Lautsprechers, ffir zwecklos. Aus technischen Griinden

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war die Verwendung eines anliegenden TelefonhSrers, die in ihren neuen Konstruktionen den Lautsprechern als gleichm/s Schallgeber fiber. legen sind, unmSglich, da das Prfifohr far die Belastungen freigehalten werden muSte. Deshalb konnte auch das in Dezibel geeiehte Audiometer der Mareoni-Gesellschaft, das wir neuerdings auf der Klinik verwenden, nicht benutzt werden. Die Tonintensit/~ten sind in Skalenstufen des Otoaudions angegeben, die mangels einer absoluten Eiehung nicht in Phon bzw. Dezibel umgerechnet werden kSnnen. Ann/~herungsweise entspricht 1 Skalenteil 2 Phon bzw. Dezibel (Bi~h115). Jedoch lassen die relativen Anderungen der Schwellenwerte alle prinzipiell wichtigen Schliisse zu.

Die Versuchspersonen waren zum Teil Assistenten der Klinik, zum Teil ohrgesunde Patienten mit normalem otoskopisehem Befund und normaler HSrf/~higkeit, die mit dem Otoaudion und den fiblichen Stimm- gabelpriifungen festgestellt wurde. Ffir die Belastungsversuche mit dem Plattenstab verwendete ich aus /~uSeren Griinden auch einige /fltere Patienten mit leichter Presbyacusis. Verschiedene Untersuehte erwiesen sich durch ihre unsicheren Angaben als ungeeignet und wurden ausgeschaltet. Es blieben in dieser Weise 13 zuverl~ssige Priif- linge fibrig.

Um die Trommelfellbelastungen in einfaeher Weise vornehmen zu kSnnen, erfolgten die Untersuchungen in Seitenlage, mit dem gegen- seitigen Ohr auf einem Spreuerkissen liegend. Der an einem Schwenk- arm befestigte senkrecht nach unten geriehtete I~utspreeher wurde in etwa 20 cm Entfernung fiber das Priifohr gebracht und streng darauf geaehtet, dab er sieh w~hrend einer Versuchsreihe stets genau in derselben Lage zum Priifohr befand.

Um durch ~berhSren nach dem gegenseitigen Ohr nieht gestSrt zu werden, suchte ich nach einseitig Tauben mit anderseitig normalem GehSr. Es stand mir jedoch nur eine derartige Patientin mit einer vollst/indigen Ertaubung nach Labyrinthektomie zur Verfiigung. Bei den fibrigen Versuehspersonen wurde das gegenseitige Ohr dutch tief- eingefiihrtes Oropax soweit als nut mSglich ausgeschaltet. Dal~ dieser Versehlu$ fiir meine Zwecke genfigte, zeigte einerseits der Vergleich mit den Kurven der einseitig tauben Patientin, andererseits die Ergebnisse mit beiderseitigem Oropaxverschlul~. Dabei ergab sich, dab s/~mtliche Belastungskurven fiber oder doeh nur dicht an der OropaxhSrkurve lagen. Einzig bei Belastung des Trommelfells mit 2 g Quecksilber wurde die OhrversehluSkurve, abet aueh nut teilweise, unterschritten. Damit ist zugleich naehgewiesen, da$ die osteotympanale Schallzuleitung der beiden Ohren, die sieh dutch Oropax natfirlich nicht ausschalten 1/~l~t, fuller Betraeht f/~llt. Von einem Vert/~ubungsapparat, der die Schwellen- werte durch Beeinflussung des Innenohres erh6ht und die Deutung der Resultate wesentlich erschwert, konnte ich deshalb absehen.

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Die Wirkung der verschiedenen Belastungsarten wurde durch Ver- gleiehsversuehe an ein- und derselben Versuehsperson m6glichst in einer Sitzung festgestellt. Zun/tchst erfolgte die Aufnahme der H6rkurve des unbelasteten Ohres, hierauf die Bestimmung der H6rkurven bei den ver- sehiedenen Belastungsarten und zum Sehlug in der Regel eine nochmalige Priifung des unbelasteten Ohres. Der Vergleieh der Vor- und Nach- kontrolle ergab die individuelle Fehlergrenze bzw. die spontanen Sehwan- kungen der tISrfS, higkeit unter den gegebenen Versuehsbedingungen, die yon einem Prfifling zum anderen etwas schwankte, abet im Maximum nicht mehr als ~: 2 ,50toaudionstufen betrug. Diese relativ geringe Ab- weiehung vom Mittel liegt innerhMb der Fehlergrenzen audiometriseher H6rbestimmungen, was beweist, dab die dureh die Belastung verursachte H6rverminderung vollstdndig und unmittelbar reversibel war und ~eine DauerstSrungen auftraten.

Die Kurven werden im folgenden teilweise als Beispiele im Original wiedergegeben. Augerdem errechnete ich aus den 83 Originalkurven ffir jede Belastungsart den Mittelwert ffir si~mtliche Prfiflinge und gebe diese naeh der anglo-amerikanischen Darstellungsweise (Fletscher ~1) wieder. Dabei bedeutet die Abscisse als Nullordinate die H5rf~higkeit des un- belasteten Ohres zu Beginn, w~hrend auf der Ordinate die H5rverluste in SkMenstufen nach unten, die H6rgewinne nach oben eingetragen sind. Die , ,Kontrollkurve" entspricht den Abweichungen der Mittelwerte der Nachkontrolle yon der Vorkontrolle und gibt somit die Fehlergrenze der betreffenden Versuchsreihe an. Als Verlust an H6rfli~che bezeichne ich die zwischen Abscisse und jeweiliger HSrkurve eingeschlossene Fl~che, die Ms Mag des gesamten HSrverlustes fiber die ganze Tonreihe betrachtet werden kann. In der Regel ist auch der H6rverlust bei Wasserffi!lung des Geh6rganges mit dargestellt, um den Vergleieh mit einer mSglie!lst vollst/~ndigen Ausschaltung der Luftleitung zu gestatten.

Belastung des Hammerstieles. Methodik. Nachdem in ~bereinst immung mit Versuchen yon Fowler 22

kleine Gewichte in Form yon aufgeklebten Bleikfigelchen keine merkbare ~nderung der H6rf/~higkeit bewirkten, habe ich einen Plattenstab an- fertigen lassen, dessen unteres kugelf6rmiges Ende auf das Trommelfell aufgeklebt wird, wghrend das obere Ende mit einer kleinen Platte bzw. einem niedrigen Zylinder abschliel~t. Der Stab hat die folgenden Dimen- sionen: Kugel 3 mm Durchmesser, Stablgnge 60 mm, Platte 12 mm Durchmesser mit 5 m m Randh5he, Gewicht 1,665 g. Durch Aufkleben mit Mastisol wurde eine feste Koppelung ohne wesentliches elastisches Zwischenpolster erzielt. Trotz Aufweichen mit Alkoholi~ther t ra ten jeweilen beim Abheben momentane stechende Schmerzen auf, die eine feste Verbindung mit dem Trommelfell Ms sicher erwiesen. Dement- sprechend fanden sich an der Haftstelle feinste Blutungen, die den Sitz

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 379

des Stabes auf dem Trommelfell mit dem Ohrmikroskop auf das genaueste zu lokalisieren erlaubten. Unter Benutzung der Gullstrand-Zeiss-Brillen- lupe machte das Aufkleben auf den Umbo bzw. seine n/ichste Umgebung keine Sehwierigkeiten. Dagegen gelang das Aufsetzen in der N/ihe des Achsenbandes, d .h . dieht unterhalb und hinter dem kurzen Fortsatz nur bei einigerma6en flachen und wenig schr~gstehenden Trommelfellen. Aueh verursachte hier das Aufsetzen und Abheben, wahrscheinlieh in- folge der Nervenversorgung des Kutisstreifens, mehr Sehmerzen als am Umbo. Versuehe, bei denen der Stab nicht genau an der gewfinsehten Stelle sa6, wurden ausgesehaltet.

Es ist natiirlieh ausgeschlossen, den Stab am liegenden Prfifling so aufzu- setzen, dab er den GehSrgang nicht beriihrt. Urn die unvermeidliche Reibung an der Wand nach MSglichkeit herab- zusetzen, fiihrte ich den Stab durch einen mSglichst weiten Ohrtrichter ein, der auf der Innenseite eine scharfe Leiste hat, auf der der Stab ruhte. Der Trichter selbst wurde yon einem Kopf- band mit Trichterhalter in der rich- tigen Lage gehalten. Abb. 1 zeigt die Verh/~ltnisse am liegenden Prfifling.

Belastung des Umbo. Von 5 derartigen Versuchen f/illt

einer aus, weil der Stab nicht unmittel- bar am Umbo saB. Es bleiben 4 ver-

Ohr- triehter ~-

i--" =-- GehSrgang

t -" Plattenstab

...... ~ fell

Abb. 1. Belastung des Umbo mittels Plattenstab am liegenden Priifling.

wertbare Versuchsreihen tibrig, die prinzipiell iibereinstimmen, weshalb ieh eine weitere Vermehrung der Versuehe nieht fiir nStig hielt.

Weder die Belastung mit dem Stab allein, noeh das Auflegen von 1 g ergaben eine merkliche HSreinbu6e. Erst bei 2 bzw. 5 g, d .h . bei einer Gesamtbelastung von 3,66 g bzw. 6,66 anderte sich die t tSrkurve. Diese Gewichte wurden, abgesehen vom Augenblick des Auflegens, sehmerzlos ertragen, wi~hrend l0 g Auflage so starke Schmerzen ver- ursachten, da6 ieh nur eine derartige Versuchsreihe aufnehmen konnte.

Der belastete Plattenstab ]i~hrte auH~illige , rasche, unregelmtiflige und ziemlich grobschl~gige Zitterbewegungen aus, die bei unbelastetem Stab fehlten. Zweifellos handelt es sich um die Wiedergabe von entspreehen- den Trommelfellbewegungen unbekannten Ursprunges. Ich habe diese eigentiimliehe Erscheinung, die in gleicher Weise aueh beim Aufsetzen in der N~he des Aehsenbandes zu sehen war, vorl~ufig nieht n~her analysiert.

380 E. Liischer:

Die folgende Kurvenschar (Abb. 2) zeigt die ttSrschwellen einer 25j/ihrigen Frau.

Wie zu erwarten war, wird die HSrf/~higkeit dureh Belastung des Umbo beeintrgehtigt, doeh weiehen die Belastungskurven sowohl flit

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2kbb. 2. L u f t l e i t u n g s a u d i o g r a m m e bei s t e i g e n d e r Be- l a s t n n g des U m b o . (3s 13. 2 5 j ~ h r i g e F r a u , l inkes Ohr , )

3,66 g wie aueh fiir 6,66 g auff~llig wenig vonder Nor- malkurve ab. Dies betrifft die HShe und aueh die Form der Kurve, die selbst bei der hohen Belastung yon 6,66 g ihren gleiehm~Bigen Verlauf behglt und weder ausgesproehene Resonanz- maxima, noch Minima er- kennen l~fit. Die beiden Kurven yon 3,66 und 6,66 g iibersehneiden sich ver- sehiedentlieh und k6nnen somit im ganzen als iden- tiseh betrachtet werden.

Die in der Abb. 3 dargestellten Mittelwerte der 4 Versuchsreihen best/~tigen vor allem die erstaunlieh geringe HSreinbul~e dieser Belastungs-

frequenzen C 1 C c c I c e c ~ c ~ c 5 cS

_ - _zo~t/oi+ _ ~ ... ~

m zz Nassee ?Z 'uJTq-

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2g

Abb . 3. Mittlerer IISrver]ust far Luft- l e i t ung bei s t ,e igender B e l a s t u n g des U m b o u n d bei ~Vasserf i i lhmg des

Geh6 rganges .

ar t und ergeben ferner; daft die tISr- einbuge namentlich die tieferen und mittleren TonhShen betrifft. Das flaehe �9 I i ~ i m u m der HSreinbuge bei c 1 (256 Hz) liegt allerdings auBerhalb der Fehler. grenzen, betrs jedoch nur 2,5 Oto- audionstufen. Bei c4--e 5 (2048--4096 Hz) werden NormMwerte erreicht. Die obere Tongrenze ist nieht betroffen. Die beiden Kurvert fiir 3,66 und 6,66 g sind prak- tisch identiseh.

""---_..7 Belastung des Achsenbandes. Von 4 Versuchsreihen konnteu 3 mit

riehtigem Sitz des Plattenstabes verwen- det warden. Die 3 Kurvenscharen weichen graduell ziemlich voneinander ab, st immen jedoeh prinzipiell miteinander iiberein.

In der folgenden Abb. 4 ist die Kurvenschar eines 18ji~hrigen ohr- gesunden Jiinglings dargestellt.

Auch hier sind die Kurven gleiehmi~Big gewSlbt, doch t r i t t nament- lieh am unteren Ende der Tonreihe eine wesentliche EinbuBe an

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 381

breites Maximum von H6r- verlust zwischen C und c 2 (64--512 Hz) befindet mit 5--5,5 Skalenteilen HSrein- buSe. Der HSrverlust er- streckt sich von c ~ in lang- samer Abnahme bis an das obere Ende der Tonreihe um die Normalwerte erst bei der unver/~nderten obe- ren Tongrenze zu erreichen. Die SchwerhSrigkeit ist im ganzen m/~$ig, erreicht aber doch bei den tiefen TSnen die Wasserfiillungskurve des GehSrganges.

HSrf/~higkeit hervor, und zw~r fiir 3,66 und 6,66 g in ungef/~hr gleichem Grad.

Aus den folgenden Mittelwerten Abb. 5 geht hervor, dal~ sich ein fPgqusnz~n

G ~ & c c ~ c ~ o3 c ~' c '~ c ~ c ~ d f a E

3g

35

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~5/~ 3E 6r /gO 256 51~ IOZg Z0r #096 819~ /638{ +

Abb. 4. Lu f t l e i t ungsau d io g ramme bei s te igender Belas tung des , ,Achsenba i ldes" . (~I. E., 18j~hr.

Jitngling, rech tes Ohr.)

wird. In beiden Fdillen betri]/t der H6r- verlust den unteren und mittleren Teil der ~ 07 Tonreihe, w/~hrend das obere Ende der ~ Tonreihe teils g~r nicht, teils nur wenig beeintr/~chtigt wir d und die obere Ton- grenze normal bleibt. Bei der Belastung ~ des Achsenbandes ist jedoch die H6r- "*- einbu[3e unge/~ihr doppelt so grofl wie die der Umbobelastung und erreicht bei ~10 den tiefen TSnen Cl--C (32--64 Hz) ~ die Wasserftillungskurve, die aber in 75 diesem Tongebiet auch nur eine rela- tiv geringe SchwerhSrigkeit darstellt. Eine hochgradige Schwerh6rigkeit ldflt 2o sich durch Hammerstielbelastung nicht herbei/iihren, auch wenn die Belastung bis zur Grenze des Ertr~glichen ge- steigert wird.

FPequenz~on C C 1 C 3 C 3 C ~ C 5 C 8

I ...... ..tr ...--

. . . . . . . . ".:E'" J 4seg ,,'-- . ~ 7

' ~ - ' " ~,esO ~WasserfUllung

Abb. 5. Mit t lerer t tS rve r lus t fiir Ll lf t - le i tung bei s te igender Be las tung des , ,&chsenbandes" und bei Wasser-

fiillung des GehSrganges.

Dieser Kurvenverlauf steht im Einklang mit der alten klassischen Ansicht vom Charakter der Scha]leitungsstSrung.

Belastung der Pars tensa. Methodik. Es wurden genau abgewogene Quecksilbertropfen yon

0,5, 1,0 und 2 g bzw. Wassertropfen yon 0,05, 0,1 und 0,2~0,25 ccm

Die Schalleitungsst6rung bei Belastung des Hammerstieles zeigt prin. zipiell denselben Charakter, ob nun der Umbo oder das Achsenband belastet

382 E. Lfischer :

mittels einer Pipette auf das Trommelfell der in Seitenlage ]iegenden Versuchsperson geb raeh t . Infolge der Schr~gstellung des Trommelfells

25

l:-PGqUgnzBn ~ 5 c c 7 c 2 0 3 c ~ c 5 c ~ c 7 c a

d f ~ d

el~ "\ xx,,,x

q5/6 32 6~ 120 258 512 qog~ BOq8 ~006 8702 /e30Y 3~78e

J b b . 6. L u f t l e i t u n g s a ~ d i o g r a m m e bei s t e igende r B e l a s t l m g der :Pars t ens~ m i t Quecks i lbe r t rop fen . (A. Sch. , 26 jah r .

F r a u , l inkes Ohr , r e c h t e s OhP t a u b . )

/cPBquenzen ~ C' c c / o 2 o 3 o ~ c 5 c G

-ol ....... t L l l l l ] =---- - T ....... , .... L._.-.J

I',, i-+J

'! ~-bb, 7, Mi t t l e r e r l~6rver lus t f i t r L u f t - leit ' tmg bei s t e i gende r iBelastung de r P a r s t e n s a m i t Q u e e k s i l b e r t r @ f e n

l ind bei Wasse r f i i l l ung des Geh6rganges .

sanken die Tropfen auf den vorderen unteren Quadranten und be- deckten von dort auf- steigend die Pars tensa. 0,5 g Hg bzw. 0,05 cem Wasser reichten in der Regel bis zur Mitre zwi- sehen Peripherie und Umbo, 1,0 g Hg bzw. 0,1--0,15 ccm Wasse r bis zumUmbo selbst und 2 g Queeksilber bzw. 0,2--0,25 ccm Wasser bis zur Mitre des Ham- mergriffes bzw.bis gegen

den kurzen Fortsatz (Abb. 11). Auch im ]etzteren Falle blieb ein Stfick Trommelfell frei, und zwar ein Streifen der hinteren oberen

Pars tensa sowie die Membrana Shrap- nelli. Zur besseren Sichtbarkeit wurde das Wasser mit Methylenblau gefs

Belastung der Pars tensa mit Queck- silbertrop/en.

Versuche an 6 Prfiflingen ergaben bei erheblichen graduellen Schwankungen prinzipiell fibereinstimmende Resultate.

Die folgende Kurvenschar zeigt die HSrkurven einer gegenseitig tauben 26j s rigen Versuchsperson.

Ohne ihren regelm~Bigen Verlauf zu verlieren, werden die Kurven durch stei- gende Quecksilbermengen im Ganzen abgeflacht, wobei die HSreinbul~e mit steigendem Gewicht anns gleich- m ~ i g zunimmt. Dabei verschiebt sich das Maximum der H5rfs ffir 1 und

2 g Belastung nach c 2 (512 Hz) und die obere HSrgrenze wird bei 2 g u m nahezu eine Oktave erniedrigt. Die Schwerh5rigkeit erreicht bei 2 g einen hohen Grad.

Aus den in der folgenden Abb. 7 dargestellten Mittelwerten geht anschaulich hervor, daI~ der HSrverlust yon der unteren nach der oberen

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 383

Tongrenze zunimmt und dieser Kurvencharakter mit steigender Belastung immer deutlicher wird.

Zwar ist bei allen 3 BelastungsgrSBen das ganze untersuchte Ton- gebiet betroffen. Bis c 1 (256 Hz) ist der HSrverlust gering, nimmt zwischen c 1 undc 2 (256--512 Itz) rasch zu, um zwischen c 2 und c ~ (512 bis 8192 ttz) ungefs konstant zu bleiben. Erst in der NiChe der oberen Tongrenze wird der HSrverlust in der Regel wieder etwas geringer. Der maximale HSrverlust betr~gt bereits bei der geringen Belastung yon 0,5 g 5 Skalenteile und steigt bei 2 g his auf 15 Skalenteile. Im ganzen ist der HSrverlust bei 2 g beinahe gleich groB wie derjenige bei Wasser- ffillung des GehSrganges; bei den tiefen TSnen wird er teilweise sogar noch unterschritten.

Aus der folgenden Tabelle ist die teilweise erhebliche Senkung der oberen Tongrenze ersichtlich.

n

A l t e r N a m e J a h r e

R.J. 43 M.F. 25 A.B. 60 A. Sch. 26 Dr.K. 28

Gesc [echt

Tabelle 1.

K o n t r o l l e n Q u e c k s i l b e r a u f l a g e

2,0 g v o r n a c h

h 5 h 5 g6 fa a5 f5 C 7 C 7 C 7 C 7

h a h a

~ 1,~ g5 g5

); c a h 5 ha

f~ C 6 a 4 a5

ga

~hnliche Belastungsversuche des Trommelfelles mit Quecksilber hat Barany 3, ~ bereits 1909 und 1910 anls seiner Untersuehungen fiber die Knoehenleitung vorgenommen und dabei gefunden, da~ die Luft- leitung im Gegensatz zur Knoehenleitung kaum beeinflu6t wird. Da eine n~here Besehreibung der Untersuehungsteehnik fehlt und dem damaligen Stand der Technik entspreehend keine audiometrische tt5r- prfifung vorgenommen wurde, lassen sich diese Befunde mit meinen nicht direkt vergleichen. Wenn Barany jun. 4 daraus allgemein den SchluB zieht, dab derartige Trommelfellbelastungen die Luftleitung nieht beeinflussen, so trifft dies allerdings naeh meinen Untersuchungen nicht zu.

Belastung der Pars tensa mit Wassertrop/en.

Versuche an 4 Personen ergaben auch bier eine prinzipielle ~berein- stimmung bei erheblichen individuellen Schwankungen.

Wie zu erwarten war, entsprechen die Wasserbelastungskurven in ihrer Art den Kurven der Quecksilberbelastung, jedoch sind die gradu- ellen Abweichungen yon der Norm erheblich geringer und treten erst bei 0,1 ccm Wasser hervor. :Die in Abb. 8 dargestellten Mittelwerte lassen

384 E. Ltischer:

erkennen, dab auch hier der Hauptverlust an HSrvermSgen bei den mittleren und hohen Tonlagen eintritt.

Das Maximum der HSreinbuBe bei 0,2 ccm Wasserbelastung betri~gt immerhin 9,5 Skalenteile, was bereits eine merkliche Schwerh6rigkeit be- deutet. Die alte Erfahrung, dab bereits ein kleiner Wassertropfen am Trom- melfell, beispielsweise nach dem Ausspritzen yon Cerumen, eine Schwer- hSrigkeit verursachen kann, erfi~hrt damit seine experimentelle Best~tigung.

Frequenzen C c c ~ c z c 3 c ~ o 5 c s

""': "~ ~ ~ "Kon)m~//e -"--~, ". . .

l, Va~serfgilung I I I

Abb. 8. l~ i t t lerer ~TSrverlust f i i r Lll~t- ]eit l lng bei steigender Belastung der P a r s t e n s a nail W a s s e r t r o p f e n l m d bei Wasse r f i i l l ung des Geh6 rganges ,

Die Schalleitungsst6rungen bei direlcter Belastung der Pars tensa, sei es mit Queck- silber oder mit Wasser, zeichnet sich durch einen vorwiegenden H6rverlust /i~r die mittleren und hohen T6ne aus mit teilweise bedeutendem Sinken der oberen Tongrenze. Die Quecksilberbelastung wit/st hierbei er- heblich stdr/cer und erreicht bereits mit 2 g die Schwerh6rigkeit eines vollst~indigen Geh6rgangsverschlusses bzw. der Wasser. ]i~llung des GehSrganges.

Dieses Resultat ist deshalb von prin. zipieller Bedeutung, well dadurch erst. malig der Beweis erbracht ist, daft eine reine Schalleitungsst6rung ohne Verschlufl des Geh6rganges eine vorwiegende und hochgradige Schwerh6riglceit liar die mitt. leren und hohen T6ne mit erheblichem

AbsinIcen der oberen Tongrenze verursachen Icann. Der Charakter dieser Kurven entspricht naeh der alten klassisehen Ansieht einer gemischten bzw. einer InnenohrschwerhSrigkeit.

Wasserfiillung und 0ropaxverschluB des Gehiirganges. Um ein gewisses Ma{~ ffir den Grad meiner SchalleitungsstSrungen

zu gewinnen, habe ich zum Vergleich die Luftleitungsaudiogramme die Wasserfiillung des Geh6rganges herangezogen. Runge 42, der die Wirkung dieser Wasserffillung eingehend untersucht hat, ist der Meinung, dab dadurch der bestmSglichste Verschlul~ des GehSrganges erzielt wird und sich die Luftleitung durch den GehSrgang auf diese Weise am voll- st~ndigsten ausschlieI~en ]asse. Es handelt sich iibrigens an der liegenden Versuchsperson nicht nur um einen GehSrgangverschluB, sondern g]eichzeitig um eine Belastung des Trommeifells durch eine etwa 3 cm hohe Wassers~ule, die aber ihrerseits natiirlich schwingungs- f~hig ist.

Die Wasserffillung wurde an 4 normal hSrenden Prfiflingen durch- geffihrt, die sich prinzipiell gleich, aber graduell verschieden verhielten.

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luf~leitungsaudiogramme. 385

An den Otoaudionkurven f~llt vor ahem die Abflachung auf, mit einer Verschiebung des HSroptimums nach c ~ (512 Hz) und einer Senkung der oberen Tongrenze (Abb. 9).

Bei den Mittelwerten (Abb. 3, 5, 7, 8) tritt neben der E i n s c h r g n k u n g

des ganzen Tongebie tes i n erster Z i n i e die sehr star]ce Z u n a h m e des H 6 r .

verlustes nach dem oberen E n d e der T o n r e i h e hervor. Der Abfall zwischen c 2 (512 Hz) und c a (1024 ttz) ist besonders stei], nimmt aber bis zu c 5 (4096 ttz) noch weiterhin zu. D i e obere T o n g r e n z e k a n n bis u m 1 0 k t a v e

Frequenzen ~ 5' c e ~ c 2 c 3 c r c 5 c ~ c 7 c 8

5

10

15

2O

25

3O

4 0 - -

d f a t ,

I I

/ / I / ,Zl X".,._ ' ~ ~ ' - 4 -", " ' , , /,,4_ I \ . -".

-/~o:o:ax - - ~ , 0 ' - - ,//.C I "- l \

\ ~5

18 3E 64 f28 256 5f2 ?024 Z048 4098 819Z /638432768 Abb. 9. 15uftleitungsaudiogramme bei Wasserfiillung lind OropaxverschluB des GehSr-

ganges. (Dr. ]~., 28j~hr. Mann, rechtes Ohr.)

s inken . Das Maximum des H5rverlustes mit 20,5 Skalenteilen ]iegt bei c 5 (4096 Hz).

Sehr ~hnliche Kurven ergeben sich nach eigenen Untersuchungen bei VerschluB des Geh5rgauges mit Oropax, den ich wie eingangs betont, zur Ausschaltung des gegenscitigen Ohres benutzt habe. Die Kurven von C . . R u / a i , P o h l m a n und K r a n z a9 sowie yon D e a n und B u n c h 16 fiir GehSrgangsverschlul3 stimmen damit prinzipiell iiberein. Die ~hnlich- keit mit den Wasserfiillungskurven ist fibrigens nicht selbstverstiindlich, da die physikalischen Bedingungen in beidcn Fi~llen verschieden sind.

Auch bei diescr sicher reinen SchalleitungsstSrung wird demnach das obere Ende der Tonreihe bedeutend starker betroffen als die tiefeu TSne und auch hier kann die obere Tongrenze wesentlich sinken.

Zum Tell wurden diese Tatsachen schon durch i~ltere Untersuchungen mit der Galtonpfeife und dem Monochord nachgewiesen, ohne aber eine besondere Beachtung zu finden. So yon B r u n n e r z4, S t ruy lcen ~9, Heer-

m a n n s6 und Spangenberg 47 und neuerdings yon A n d r e w s ~. H e e r m a n n ~6

gibt auch schon an, dal3 das obere Ende der Tonreihe eher starker be- troffen wird als das untere, ws Spangenberg av zwar eine normale obere Tongrenze finder, dagegen eine wesentliche HSreinbul3e nicht nur bei den tiefen, sondern auch bei den mittleren und hohen TSnen.

Archiv f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 146. 26

386 E. Liischer:

Die Abhiingigkeit der HSrkurve yon der Belastungsart.

Nach den mitgeteilten Ergebnissen h~ngen die Belastungsaudio- gramme in hohem Grad qualitativ und quantitativ yon der Art der Trommelfellbelastung ab.

Gemeinsam ist nur ein regelmiifliger Kurvenlau], der einer mehr oder weniger starken Ab/lachung der Normallcurve entspricht, ohne dag spitzenartige Tonmaxima oder li~clcenartige Tonminima auftreten. Ge- meinsam ist aueh ein H6rverlust

frequenzen

~ C c c / c 2 c 3 c/I c 5 c 6

A b b , 10. Verg le ich clef mi t t l e r e i ]~Srver lus te f t ~ L n f t l e i t u n g bei

ve r sch i edenen Belas t~ungsur ten des Trommelfe l les .

Darlegungen unterscheiden sieh die bei- den Belastungsarten darin, dal~ bei der Belastung des Hammerstiels vorwiegend die mechanischen Eigenschaften der GehSrknSchelchenkette, bei der Belastung der Pars tensa vorwiegend diejenigen der Trommel- fellmembran ge~ndert werden. Durch A'nderung des Angrillspunlctes der Belastung, also durch rein mechanische Falctoren der SchaIleitungslcette ohne Beteiligung des Innenohres, lassen sich demnach die beiden Haupttypen yon Lu]tleitungsaudiogrammen hervorru]en. Es ist wohl kein Zweifel, da6 durch Kombination der beiden Belastungsarten alle ]~berg~nge erzielt werden k6nnten.

Der Vergleich in quantitativer Hinsicht zeigt ebenfalls einen bedeuten- den Unterschied. W~hrend der Hammerstiel grammweise (bis 6,6 g) belastet werden kann, ohne daft der maximale H6rverlust hochgradig wird, ergibt bereits 1130 dieses Gewichtes ]lgchenha]t au] die Pars tensa verteilt (z. B. 0,2 ccm Wasser) einen bedeutenden maximalen H6rverlust. Noch viel starker wirkt die flachenhafte Verteilung yon 2 g Quecksilber, also 1/s der Hammerstielbelastung.

AufschluBreich ist weiter eine n~here Analyse der Pars tensa-Belastung mit Quecksilber einerseits und mit Wasser andererseits, da sich daraus

im Bereich der tie]en T6ne, der allerdings teilweise noeh in die Fehlergrenzen f~llt," andererseits aber auch erhebliche Grade erreicht. Im grogen und ganzen konver- gieren die Kurven gegen die untere Ton- grenze (Abb. 10).

Wie die folgende Abb. 10 zeigt, stehen sieh im iibrigen die Belastung des HammerstieIs und die Belastung der Pars tensa mit 2 prinzipiell entgegen- gesetzten Audiogrammen gegeniiber.

Ws die Hammerstielbelastung eine vorwiegend oder aussehliegliche HSr- einbuge der tieferen und mittleren Fre- quenzen hervorruft, t r i t t der HSrverlust bei der Pars tensa-Belastung im mittleren und hohen Tongebiet besonders aus- gesproehen hervor. Naeh meinen frtiheren

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 387

verschiedene Kombinationen yon belastendem Gewicht und bedeckter Fl/iehe ergeben.

Wie die folgende Abb. 11 zeigt und naeh dem spezifischen Gewicht des Queeksilbers yon 13 zu erwarten ist, braueht es nur etwa 1/1 o Gewicht an Wasser um das Trommelfell in gteicher Ausdehnung wie mit Queek- silber zu bedeeken.

Aus dem Vergleieh yon Abb. 11 und der folgenden Abb. 12 ergibt sieh, dab der tI6rverlust einerseits dureh die GrSge des belastenden Gewiehtes bzw. der Masse und andererseits dureh die Ausdehnung der Trommelfell-

2 g t { g

l g H g

g :~O

O, lg

O,05g H~O

0,5 g

Abb. 11. Bedeckung der Pars t ensa mi t Quecksilber- und Wasse r t rop fen a m

l iegenden Prfifling.

f-f'eFus/?z,8,'7

C" C C 7 o g C 3 o r C y C 6'

- < Abb. 12. Vergleieh der mi t t l e ren t I 6 r v e r l u s t e ftir Lu f t l e i t ung bei Be las tung der P a r s t ensa

Queeksilber- u n d mi t ~Vassertropfen.

bedeckung bestimmg wird. Steigerung des einen oder des anderen dieser beiden Faktoren bedingg eine entspreehende Zunahme des H6rverlustes.

Diese Uberlegungen sind allerdings nut mit einer gewissen Einsehr~n- kung zul/~ssig, denn der benetzende Wassertropfen wirkt meehaniseh anders als der niehtbenetzende Queeksilbertropfen. Das Wasser klebt am Trommelfell und maeht daher seine Sehwingungen vollst/indig mit, w~hrend das Queeksilber nur lose gekoppelt ist und daher in die Sehwin- gungen nut teilweise einbezogen wird.

In meehaniseh-akustiseher Hinsieht wird das Trommelfell dutch Zunahme des Belastungsgewichtes und der Gr6Be der Trommelfell- bedeckung in steigendem Mage in seiner Sehwingungsf/~higkeit behinderg (s. S. 395 u.f.) . Fiir den Hgrverlust ist somit der Grad der Ausschaltung der Pars tensa ma[3gebend, der diesen beiden Gr6gen parallel geht.

Die ]reie Schwingungs/dhigkeit der Pars tensa bzw. ihre normale Schallh/irte spielt demnaeh beim AuMangen und der ~)berleitung der Schallenergie eine wesentliche Rolle. Dabei ist die Trommel/ellmembran bzw. die Pars tensa in einem gewissen Sinne der mechanisch emp/indlichste Teil der Schalleitungslcette, die schon dureh relativ kleine Kri~fte stark gestSrt werden kann, w/~hrend die Geh6rkn6chelehenkette gegen direkte

26*

388 E. Liischer:

Belastung bezfiglich der Schalleitung viel widerstandsf~higer ist. So genfigen bereits 2 g Quecksilber auf der Pars tensa, durch die das Trommelfell nur teilweise bedeckt wird, um einen ann~hernd ebenso- gro~en, am unteren Ende der Tonreihe noch gr51~eren HSrverlust herbei- zuffihren, als ein vollst~ndiger Verschlu~ des GehSrganges durch Wasser- fiillung.

Die alte Ansicht yon der Bedeutung der Trommelfellmembran bei der Schallfiberleitung, die in letzter Zeit verschiedentlich in Zweifel gezogen wurde, erhs dadurch eine neue Stiitze. Sie erf~hrt zudem eine wesentliche Erweiterung, indem das Trommel]ell nicht nut/i~r die niedrigen Frequenzen, sondern in noch h6herem Marie/iir die Uberleitung der hohen Frequenzen wichtig ist.

Ich habe nicht die Absicht, auf Fragen der Knochenleitung einzu- gehen, jedenfalls aber zeigen die Trommelfellbelastungsversuche und die Verschlul~kurven, da[~ eine reine Knochenleitung bei Luftzuleitung der Schallwellen ftir hohe Frequenzen nur in beschri~nktem Grad vorhanden sein kann.

Dem allgemeinen Satz, wie er beispielsweise yon Schae]er und Gieri- wein 43 im Handbuch yon Denlcer und Kahler vertreten wird, wonach der Schalleitungsapparat zwar ffir alle, vorwiegend aber ffir die tiefen TSne yon Bedeutung sei, ist nicht mehr haltbar. Er bedeutet eine un- zul~ssige Verallgemeinerung yon Erfahrungen bei den h~ufigsten patho- logischen I-ISrstSrungen, die nach den neueren Impedanzmessungen fiir den normalen Mittelohrapparat nicht zutrifft. Wird der Schalleitungs- apparat als eine funktionelle Einheit betrachtet, so spricht schon die Tatsache dagegen, da~ bei Tromme]fe]lbelastung besonders die hohen Frequenzen ausfallen. Werden aber die einzelnen Teile des Schalleitungs- apparates, z .B. das Tromme]fell und die GehSrknSchelchenkette ge- sondert betrachtet, so haben w i r e s mit mechanisch-akustisch ganz ver- schieden zu bewertenden Teilen zu tun. Unter meinen Versuchsbedin- gungen hat die obige Regel nur dann Giiltigkeit, wenn unter Schall- leitungsapparat in erster Linie die GehSrknSchelchenkette verstanden wird, ist aber unrichtig, wenn das Trommelfell im Vordergrund der Betrachtung steht. Nur ffir die mittleren Frequenzen spielt sowohl die freie Schwingungsf~higkeit des Trommelfelles, wie auch der GehSr- knSchelchen eine wesentliche Rolle

Meine Untersuchungen weisen demnach darauf hin, daI3 der Mittel- ohrapparat in seiner /unlctionellen Gesamtheit zwar ]i~r alle hSrbaren Fre- quenzen, in besonderem Marie abet /iir den wichtigen mittleren Frequenz- bereich yon Bedeutung ist.

Diese Auffassung deckt sich durchaus mit den erw~hnten Impedanz- messungen, welche zeigen, dal] der Trommelfellwiderstand yon den tiefen zu den mittleren Frequenzen ungef~hr proportional der Frequenz abfi~lit (Tr6ger 5~ Ge//lcen ~) und der Schallhi~rte der Luft im mittleren

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 389

Frequenzgeb ie t wei tgehend angegl ichen ist, was au]~erdem noch durch die Resonanzverhgl tn i sse im gul~eren GehSrgang un te r s t i i t z t wird (v. Bekesys). Unte r normalen Verhgl tnissen sind demnach die einzeinen Teile des Seha l le i tungsappara tes mechaniseh-akus t i seh so aufe inander abges t immt , daft der Ubertragungslaktor liar die Schallene,yie im mittleren Frequenzbereich am gi~nstigsten wird (Gel/ken24).

M e c h a n i s c h - a k u s t i s c h e Eri ir terungen.

(Zur mechanischen W i r k u n g des Musculus tensor t ympan i . )

Die Mechanik der Schal le i tung im Ohr is t bekann t l i ch sehr kompl i - z ier t und in mancher t t i n s i ch t noeh keineswegs aufgeklgr t . I ch muff reich daher auf die Besprechung einiger pr inzipie l ler F r a g e n besehrgnken, die ich aueh nur als Arbe i t shypo these auffasse.

Die Grundgleichung ]iir eine gecliimp/te erzwungene Schwingung, wie sie die Seha l le i tungske t te auszufi ihren ha t , wenn sie von einer schwingen- den Energiequelle , e inem Ton, angeregt wird, l au t e t (naeh v. Braunmi&l und Weber 12) :

m d 2 x / d r 2 ~- r . d x / d t ~ h . x = A cos co. t . ( l )

m = wi rksame schwingende Masse des Scha l l e i tungsappara tes im Mit tel- u n d Innenohr ,

h = elast isehe r i iek t re ibende K r a f t bzw. E las t i z i tg t smodu l , r = Dgmpfungskons tan te des Scha l le i tungsappara tes , x = Aus lenkung oder Ampl i tude , A = A m p l i t u d e der er regenden Schallwellen, (o = natf i r l iche Frequenz der e r regendeu Sehallwellen, t = Zeit .

Aus dieser Gleiehung (1) er reehnet sieh die A m p l i t u d e B der er- zwungenen Schwingung bzw. Scha l le i tungske t te zu :

A B = (2)

m" I/iw 2 - - co0~)2 + 4 d ~ ~o2

~o o = natf i r l iche Eigenfrequenz des Seha l le i tungsappara tes , d = Dgmpfungs fak to r = r/2 m.

Aus den be iden G]eiehungen (1) und (2) geht hervor , dal~ die Schwin- gungseigensehaf ten des S e h a l l d t u n g s a p p a r a t e s durch die 3 F a k t o r e n : wi rksame Masse (m), r f iekt re ibende e]astische K r a f t bzw. Elas t iz i tg t s - m o d u l (h) und die Dgmpfungskons tan te (r) b e s t i m m t werden.

Die neuere HSrphysiologie arbeitet allerdings mit diesen klassischen Schwin- gungsformeln nur noch in sehr beschrgnktem Mal~e, weil es sich als unmSglich erwiesen hat, ein so verwickeltes mechanisches System, wie es der Mittelohrapparat darstellt, daraus zu berechnen. Immerhin zeigen sie aber die Grundprinziloien jeder Schwingung, auf welche es mir hier in erster Linie ankommt. Aueh ist ihre Kenntnis zum Verstgndnis der abgeleiteten physikalischen Begriffe, Impedanz, Resonanz, D~mlofung usw. unerlgBlich.

390 E. Ltischer:

Diese Gleichungen haben aber nur fiir den Fall einer oder mehreren starren und unver/~nderliehen Drehaehsen und einer dadureh bedingten unver~nderliehen Sehwingungsform Geltung. Fiir den Mittelohrapparat treten diese Voraussetzungen nur in bedingtem Umfang zu, da sieh die Drehaehsen z. B. dureh den Tensorzug (Dahmann 19, v. Helmholtz 27) und die Sehwingungsform z. B. dureh die Gr613e der Amplitude (v. Bekesy G) /tndern k6nnen. Dadureh werden die meehanisehen Verh/~ltnisse noeh wesentlieh verwiekelter.

In meinen Experimenten wurden Sehwellenwerte und nieht Sehall- energien oder deren Amplituden festgestellt. Es darf jedoeh ohne weiteres angenommen werden, dab dem Sehwellenwert eines bestimmten Tones unter meinen Versuehsbedingungen stets dieselbe Sehallenergie bzw. dieselbe Amplitude am Cortisehen Organ entsprieht. Ve~/~nderung der Sehwellenwerte bedeutet demnaeh eine gleiehsinnig geriehtete Anderung der Sehallenergie bzw. Amplitude.

Dureh meine Trommel]ellbelastungen werden yon den 3 erw~hnten Faktoren namentlieh die wirksame Masse und der Elastizitiitsmodul ge/~ndert.

Am einfachsten liegen die Verh/~ltnisse bei den Belastungen des Hammerstiels. Das Auflegen von Gewichten auf den Hammerstiel hat vor allem eine Zunahme der schwingenden Masse zur Folge, und zwar nimmt sie um das aufgelegte Gewicht zu. Da es sich bei den Geh6r- kn6ehelchen um Drehbewegungen handelt, steigt die wirksame Masse bzw. das Tr/~gheitsmoment je naeh der Lagerung des Gewichtes zur Drehaehse. Bei einer Belastung von etwa 3 bzw. 6 g, wie ich sie in meinen Versuehen vorgenommen habe, wird die Masse des Schalleitungsapparates um das etwa 20--50faehe vermehrt. Denn nach eigenen Messungen betr~gt das Gewicht der GehSrkn6chelchen im Durchschnitt um 0,1 g, wozu das Gewieht des Trommelfells und der bewegten Labyrinthfliissig- keit zu addieren ist. ])as Gesamtgewicht diirfte 0,12--0,15 g keinesfalls iibersteigen. Nach den Untersuchungen von O. Franlc 2~ ist die Massen- verteilung der Geh6rkn6chelehen zur Drehaehse derartig, da6 das Tr/~g- heitsmoment nur einem an der Hammerspi tze konzentrierten Gewicht yon 12 mg bzw. 0,01 g entspricht. Bei zus~itzlicher Belastung des Umbo mit 3--6 g steigt demnach das Triigheitsmoment um das 250--500/ache. Bei gleieher zus/~tzlicher Belastung in der Ns des Achsenbandes mug das Tr/~gheitsmoment entspreehend dem kiirzeren Hebelarm jedoeh erheblich kleiner ausfallen:

Dureh die Belastung des Hammers wird ferner der E]astizit/ttsmodul der Sehalleitungskette vermehrt. Bei senkreehtem Aufsatz des Platten- stabes w/~re die zugefiigte Kraf t gleich dem aufgesetzten Gewieht und miigte entsprechend der L/tnge des tIebelarmes am Umbo erheblich starker wirken als in der N~he des Aehsenbandes. Infolge der schr/~gen

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 391

Lage des Trommelfelles wirkt jedoeh der Plat tenstab schr/~g auf dem Umbo, w/~hrend andererseits der Schr/tgstand des Plattenstabes selbst eine gewisse ttebelwirkung senkreeht auf dem Umbo ausiibt. Die genaue Berechnung der Riehtung und der Gr6Be der auf den Hammer wirkenden Kraft ist daher nieht mSglich. Jedenfalls aber tritt eine Erh6hung der Spannung der GehSrknSchelehenkette ein. Die Frage wird noeh dadureh ersehwert, weft der Tensor tympani in gleieher Weise wirkt wie das auf- gelegte Gewieht und daher dureh ein Naehlassen seines Tonus ein gewisser Ausgleieh der Spannungserh6hung stattfinden kSnnte. Es ist allerdings unwahrseheinlieh, daB der physiologisehe Tonus beim Fehlen yon akusti- schen Reizen grog ist und daher diirfte eine solehe Kompensation keine erhebliehe Rolle spielen. Immerhin seheinen mir die frfiher besehriebenen Zitterbewegungen des be]asteten Plattenstabes am ehesten dureh ein Sehwanken des Muske]tonus erkl~rt werden zu k6nnen (siehe S. 379).

~be r die normale rtiektreibende Kraf t des Sehalleitungsapparates liegen versehiedene Untersuehungen vor. In erster Linie haben sieh O. F r a n k 23 und Broemser, sowie Kobrat: 29 dureh Messung des Defor- mationsvolumens mit dem Elastizit/~tsmodul besehgftigt, aus welehem sieh abet eine am Umbo angreifende lineare Kraf t nieht ohne weiteres erreehnen 1/~Bt. Nach eigenen Untersuchungen erfolgt dutch einen Zug yon 2--5 g an der Sehne des Tensor tympani am mensehlichen Leichen- pr/~parat sehon eine erhebliche Auslenkung, womit aueh die yon D a b . m a n n 1~ bestimmten I-Iammerbewegungen bei Belastung des Umbos mit 6 g gut iibereinstimmt. Aueh ist naeh v. Belcesy s u. a. die Trommelfell- elastizitgt eine sehr Meine, d .h . seine Naehgiebigkeit eine sehr groBe. Aus diesen Angaben daft wohl gesehlossen werden, dab die riicktreibende elastische K r a / t durch Zu]i~gen eines Gewichtes von 3 - - 6 g a m U ~ b o u m das Mehr- bis Viel/aehe gesteigert wird.

Da naeh v. Belcesy s die elastische Kraf t des Luftpolsters im Mittel- ohr eine wesentliehe Rolle spielt, wie sich durch Impedanzmessungen nachweisen li~gt, so fragt es sieh, inwieweit die durch die Belastung erfolgende Einws des Trommelfells dieses Luftpolster in seiner Wirkung /~ndert. Bei der geringen Volumvers durch die Einw/~rtsbewegung des Trommelfells diirfte dieser EinfluB nicht grog sein, l~Bt sieh aber nieht bereehnen. Er wirkt ebenfalls im Sinlle einer Ver- grSl3erung des Elastizits

Was endlieh die Reibungskonstante anbelangt, ist nieht zu erwarten, dab sie dutch die Trommelfellbelastungen eine merkliche Anderung erf/thrt.

Diese l~berlegungen treffen allerdings nut dann zu, wenn das Sehall- feld dutch den Plattenstab und das aufgesetzte Gewieht nieht wesentlieh ver/indert wird und daher der Sehalldruek am Trommelfell derselbe bleibt. Naeh den Untersuehungen yon v. Belcesy s spielt bekanntlieh die Resonenz im GehSrgang eine groBe Rolle und der aufgesetzte Plat ten-

392 :E. Liischer:

stab mui3 eine gewisse Schallfeldverzerrung zur Folge haben. Der dtinne Stiel kann wohl in dieser Hinsicht vernaehlgssigt werden, dagegen liegt die Platte teflweise vor dem GehSrgang, deckt ihn allerdings nicht direkt. Darauf mag es zurtickzufiihren sein, dab offenbar die Schallfeldverzerrung nicht merkbar ins Gewicht fillt. Bei den verschiedenen Plattenstab- belastungen ist sie zudem dieselbe. Aueh mii$te sie sich besonders bei den hohen Frequenzen geltend machen mit ihren entsprechend ktirzeren Wellenli~ngen, aber gerade bei den hohen Frequenzen hat die Belastung mit dem Plattenstab fiberhaupt keinen EinfluB auf die HSrf~higkeit.

Es ist erstaunlich, daft trotz dieser Steigerung des Tr~igheitsmomentes um das 250--500/ache und der ri~cktreibenden Kra/t mindestens um ein .Mehr/aches, die H6rkurve des so belasteten Mittelohrapparates kaum yon der normalen abweicht. Schwingungssysteme pflegen im allgemeinen fiir die Anderung ihrer physikalischen Konstanten sehr empfindlich zu sein, ganz besonders, wenn die Wiedergabe eines grSl3eren Frequenzbereiches in Frage kommt. Namentlich bedeutet in der Regel die Massenvermehrung einen erhebliehen dynamischen Nachteil (0. ~rank2a).

Was die Eigenfrequenz anbelangt, so h~ngt sie naeh

= 1 / ~ / m (3)

yon den elastischen Kri~ften und der Masse ab. Bei gleichzeitiger Steige- rung yon beiden kann sie gleich bleiben. In diesem Falle miil~te aber angenommen werden, dal] die normale riiektreibende Kraft ebenfalls um das 250--500fache zugenommen h/~tte. Dadurch aber miil~te die Empfindlichkeit um den entsprechenden Betrag abnehmen, da naeh Gleiehung (4)

e---- 1/h (4) ist,

Wie beispielsweise aus der Abb. 2 bei Broemser is hervorgeht, bedeutet dies bei Frequenzen unterhalb der Eigenfrequenz eine entspreehende Abnahme der Amplitude. Diese HSreinbul~e am unteren Ende der Ton- reihe tr i t t jedoch kaum hervor.

Nach Gleiehung (5) sollte die D&mpfung entsprechend der Massen- vermehrung abnehmen:

d -~ r/2m (5)

und bei einer Massenvermehrung um das 200--500fache w/~re demnaeh ein seh&rferes Resonanzmaximum zu erwarten, was ebenfalls nicht der Fall ist. Die Di~mpfung des Schalleitungsapparates ist allerdings recht grol], woraus sieh dieses Resultat einigermal}en erkl/~ren 1/~6t. Immerhin verl&uft die normale Schwingung nieht aperiodisch, sondern besitzt eine deutliehe Eigenfrequenz bei 800--1200 Hz mit zwar grol~em logarithmi- schen Dekrement.

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 393

Eine mechanische Erkl~irung ]iir die weitgehende Unabhgngigkeit der Schalleitungskette yon der Belastung des Umbo l~i[3t sich somit nicht ohne weiteres geben. Ffir diejenigen, die mit Alexander 1 eine aeroeoehleare Leitung durch das Trommelfell und Mittelohrluftpolster direkt fiber das runde Yens~er annehmen, liel~e sich zwar diese Tatsache ]eieh~ vers~ehen, da in diesem Fall die Geh6rknSehelehenkette umgangen wfirde. Mit Pohlmann 37 bin ieh aber der Ansieht, dab sieh gegen diese Auffassung schwerwiegende Argumente, auch ffir die hohen TSne, ins Fe]d ffihren lassen und diese Hypothes e keineswegs befriedigt. Mit der yon v. Bekesy 5 festgestellten Phasenumkehr bei fehlendem Trommelfell und dadurch bedingter Zuleitung dureh das runde Fenster liel~e sich ebenfalls die von .Alexander 1 aufgestellte I-Iypothese nicht in Einklang bringen. Weiter ffihren kann hier nur eine direkte Bestimmung der Schwingungsamplitude der GehSrknSchelchen mit verschiedenen Belastungen oder entsprechende

Impedanzbes t immungen, die ich bis jetz~ nicht ausgefiihrt habe und fiber die im Schrifttum Angaben fehlen.

Mechanisch auH~illig ist weiterhin die Tatsache, daft die Wirkung der Belastung des Hammerstiels in der 2Y~ihe des Achsenbandes gr6fler ist als am Umbo. Wfirde die Kraf t und Masse genau an der Drehachse ansetzen, so k/ime dadurch weder eine Vermehrung der wirksamen Masse, noeh eine VergrSl~erung der elastischen Kr/~fte zustande. Dies ist aber praktiseh ausgesehlossen und wurde natfir]ieh auch in meinen Versuchen nieht erreicht. Entsprechend dem kfirzeren I-Iebelarm muSte aber sowohl die VergrSl3erung des Tr/s wie aueh des Elastizit/~tsmoduls eine kleinere sein. Trotzdem erschien die HSreinbu/3e ungef/~hr doppelt so groB, und zwar entspraeh sie in ihrer Art der Wirkung des Tensorzuges, wie dies nach dem Ansatz dieses Muskels auch zu erwarten war. Bereits Sehapringer 41 und v. Helmholtz 27 beobachteten bei willkfirlieher Kon- traktion des Tensor tympani eine besonders starke ttSreinbuBe am unteren Ende der Tonreihe. Sower ieh sehe, sind bis jetzt diese Versuehe nicht audiometrisch nachgepriift worden. Die feinere Bestimmung der Schwellenwerte dfirfte auch info]ge des bei der willkfir]ichen Tensor- kontraktion ziemlich starken Muskelger~usches im Ohr auf erhebliche Schwierigkeiten stol~en. Doch steht mit ihnen in Ubereinstimmung, dal~ naeh Dahmann ~9 und Kobrack 29 bei Zug am Tensor tympani eine wesentIiche Einschr/~nkung der Sehwingungsamplitude am Pr/s and nach letzterem aueh eine Erh6hung der Volumelastizit~t des Trommel- felles beim Lebenden bei aktiver Tensorkontraktion nachgewiesen werden konnte. Unter dem Ohrmikroskop habe ich selbst am Leiehenpr/s festgestel]t, dal~ t in Zug yon 10 g aufw/s an der Tensorsehne eine deut- liehe Abnahme der Hammerbeweglichkeit zur Folge hat. Des weiteren konnte Gel]ken 24. wie sehon erw~hnt, bei willkfirlieher Tensorkontraktion eine Abnahme des ~bertragungsfaktors um etwa 30 % nachweisen, ebenso wie v. Bekesy 6 eine Abnahme der SchwingungsfKhigkeit der GehSr-

394 ~E. Lfischer:

kn6chelehenkette bei eintretender Leichenstarre des Tensor tympaniauf ein Drittel beobachtete. Ob sich diese Einschrgnkung auf alle Frequenzen in gleicher Weise bezieht oder eine bestimmte Frequenzabhgngigkeit besteht, wird von keinem der Untersucher angegeben. Immerhin stehen die in meinen Experimenten gefundenen H6rverluste iln Gebiete der tieferen und mittleren Frequenzen quanti tat iv in ganz guter tdbereinstimmung damit. Die Luftleitungsaudiogramme der ,,Aehsenbandbelastung" Abb. 4 und 5 dtirften ein annghernd zutreffendes Bild ftir den H6rverlust einer will- kiir]iehen Tensorkontraktion geben.

Es liegt nahe, fiir die meehanische Wirkung des Tensorzuges und der Belastung des Achsenbandes naeh ein und derselben Erklgrung zu suchen. Bei direkter Beobaehtung des Trommelfelles fgllt beim Tensor- zug vor allem die Einziehung und Spannung des Trommelfelles auf, was dem Muskel seinen Namen als Trommelfellspanner eingetragen hat. Abet sein Ansatzpunkt in der N/~he des Achsenbandes weist darauf hin, da6 darin wohl nicht seine Hauptwirkung zu sehen ist. Als reiner Trommelfellspanner sollte sein Ansatz am Ende des Hammerstieles liegen, we er entsprechend dem lgngerert Hebelarm seine grSl3tmSglichste Wirkung entfalten kSnnte. Nach den Belastungskurven des Umbo kSnnte er als reiner Trommelfellspanner auch nieht die erwghnten Wirkungen auf das HSrverm6gen ausiiben. Wie aber bereits v. Helm- holtz 27 naehgewiesen hat, wirkt der Muskel und dementsprechend auch die Belastung des Aehsenbandes durch queren Zug als Spanner des Achsenbandes, wodurch die an und fiir sieh sehlaffen Bgnder gestrafft werden. Dureh diesen Zug am Aehsenband werden die nieht starren Drehaehsen der GehSrknSchelchen gegndert, wie das Kobralc 29 und Dahmann 19 am Leichenpritparat direkt nachweisen konnten, was wieder- um eine _~nderung der Schwingungsform der GehSrkn6chelkette zur Folge haben mul~. Durch eine solche Verlagerung der Drehachse erklgrt Kobrak 29 die physikalisch eigentfimliche Tatsaehe, da6 der Tensorzug zwar die Empfindlichkeit des Ohres herabsetzt, dagegen die Eigen- frequenz gleieh bleibt.

Auf anderem Weg zeigte v. Bekesy 6, s, dal~ sieh aueh die Schwingungs- form des Steigbiigels bei groBen Amplituden umstellt und weniger wirk- sam wird, was ebenfalls nur info]ge einer nieht starren Drehachse der GehSrknSchelkette mSglich ist. Es miler daher der Labilitgt der Schwin- gungsform, die durch den komplizierten Bau der Geh6rknSchelkette erm6glieht wird, eine wesentliehe Bedeutung bei. Zugleieh nimmt v. Belcesy s an, dab der Steigbiigel bei den seitlichen Exkursionen dieser Sehwingungsform die Wgnde bertihrt und damit die Amplituden auch nach der Seite hin begrenzt werden.

Diese Uberlegungen spreehen dafiir, dab sowohl die Wirkung des Tensorzuges, wie auch die Achsenbandbelastung hauptsiichlich au/ eine Verlagerung der Drehachse zuriickzu/iihren ist. Krgfte, die am Umbo

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 395

keine nennenswerte Wirkung en~falten - - weder dureh Spannung des Sehs noeh dureh Massenvermehrung - - ffihren dureh Zug am t~andapparat des Mittelohres zu erheblieher HSreinbufte. Da- dureh werden Selbstregulationen und Sehutzwirkungen yon Seiten des Mittelohrapparates sehon dutch relativ kleine Krgfte erm6glieht, ohne dab der Sehalleitungsapparat an Giite allgemein einbiiBt.

E s ist hier nieht der Ort im einzelnen auf die Funktion der Binnen- ohrmuskeln einzutreten. Bekanntlieh ist namentlieh die Funktion des Tensor tympani noeh keineswegs klargestellt, w~hrend ieh in friiheren otomikroskopisehen Untersuehungen die beim Mensehen regelm~13ig vorkommenden akustiseh-eoehlearen Reflexe des M. stapedius direkt beobachten und n~her untersuehen konnte (Liischer 3I, ~2). Entgegen ~lteren Ansiehten yon einer Sehutzwirkung gegen iibermggige akustisehe Reize, weist v. Belcesy 6 auf die relativ geringe ErhShnng der Trommel- fellimpedanz bei willktirlieher Tensorkontraktion nnd bei dessert Leiehen- starre hin nnd nimmt an, dal? die Spannung der Binnenohrmuskeln keine Sehutzfunktion sei, sondern das KIirren der GehSrknSehelgelenke ver- hindere. Meine Untersuehungen steheu damit insofern im Einklang als die Belastung des Aehsenbandes, die einer Tensorkontraktion entsprieht, jedenfalls nut die niedrigen und mittleren Frequenzen beeintr/iehtigt, hier allerdings einem vollstandigen GehSrgangsversehlug gleiehkommt. Abet unter dem Ohrmikroskop lassen rich regelm/~gige akustiseh-eoeh- leare Tensorreflexe beim Mensehen iiberhaupt nieht naehweisen (IAischer33), was sowohl gegen die Sehutzhypothese wie gegen diejenige yon v. Belcesy 6 sprieht. Bezfiglieh des Stapedius weisen meine Unter- suehungen allerdings auf eine reflektorisehe Sehutzfunktion hin.

Bei den Belastungsversuchen des Pars tensa mit Wasser oder mit Quecksilber liegen die mechanischen Verh/~ltnisse noch wesentlich ver- wickelter, da die belastende Kraf t nicht direkt an der Geh6rknSchelkette angreift, sondern nur nach Maggabe der Koppelung yon Trommelfell und t t ammer auf diese iibertragen wird. Diese Koppelung ist aber noch zu wenig bekannt, um etwa rechnerisch die Ubertragung der auf die Pars tensa wirkenden Kr/~fte bestimmen zu kSnnen. ]3ekanntlich war v. Helm- holtz 27 der Ansicht, daft die normale Konvexit/~t des Trommetfelltrichters bei der Schalliibertragung eine wichtige Rolle spiele und eine Trans- formation einer Schwingung yon grofter Amplitude und kleiner Kraf t in eine solche yon kleiner Amplitude und groBer Kraf t zu Folge habe. Schon O. Franc/c 2a hat jedoch darauf hingewiesen, daft diese Hypothese nach neueren Untersuchnngen kaum haltbar ist. Es setzt dies auch eine gewisse Spannung des Trommelfelles voraus, die rich mit seiner groften Nachgiebigkeit nicht vereinen li~Bt.

Wie unter dem Ohrmikroskop leicht zu erkennen ist und sich auch bei den Impedanzmessungen herausstellt ( TrSger 5~ GeHlcen 24, v. Bekesy 7, s), hat das Trommelfell n/~mlich eine groBe Nachgiebigkeit, d. h. auf geringe

396 E. Liischer:

Druckwirkungen treten erhebliche Volumverschiebungen auf. Infolge- dessen schwingt es mit relativ grol~er Amplitude, die sieh nur in geringem MaBe auf den t tammerst iel fibertragt. So zeigt sieh, dab bei einem 8chwingungskiirper im Geh6rgang die Amplitude des Trommelfells nur etwa um 33% kleiner ist als diejenige des SchwingungskSrpers (v..Be- IcesyT). Dabei wird die Amplitude mehr dutch die elastischen Kr~fte des Luftpolsters im Mittelohr als durch die elastischen Eigensehaften der Membran best immt (v. Bekesy8). Das Trommelfell schwingt fast so leicht wie die Luft (v. Bekesy8). Nach demselben Autor treten bei fiber 800 t tz Resonanzerscheinungen an der ganzen Membran und an Teil- stricken auf.

Es ist yon Anfang an zu erwarten, daI~ die Schwingungseigenschaften einer solchen schlaffen Membran durch partielle Auflagerung yon Flrissig- keiten erheblich ge~ndert werden, zumal die Pars tensa mit relativ gro•er Amplitude schwingt. Namentlieh werden sich Teilresonanzen bilden, indem der freie Membranteil anders sehwingt als der bedeckte, wobei die beiden unter Umstanden phasendifferenten Schwingungen sieh zum Teil verstarken, teils absehwachen. Eine Berechnung dieser Gr6ften ist aus= gesehlossen. Ffir den belasteten Membranteil ist anzunehmen, dab bei dem nieht klebenden Quecksilber die Eigenfrequenz erhalten bleibt, wo- gegen die Amplituden abnehmen, w~hrend beim klebenden Wasser gewisserma6en eine neue Membran yon gr6Berer Masse bzw. gr6Berer Schallharte entsteht, deren Eigenfrequnez kleiner sein diiffte. DaB hierbei besonders die hohen Frequenzen betroffen werden, ist infolge der zus~tzlichen wirksamen Masse zu erwarten. Die normalerweise vor- wiegend elastisehen Eigensehaften des Trommelfelles (Trgger 5~ und des dahinter liegenden Luftpolsters werden dadureh aufgewogen. Ebenso ist es mechanisch verstandlich, dab die StSrung mit dem Grad der Trommelfellausschaltung zunimmt.

Aueh hier gilt als Voraussetzung frir die Riehtigkeit dieser SehluB- folgerungen, dal~ sich die Impedanz des Geh6rganges durch die Trommel- fellauflagerungen nicht wesentlich i~ndert. Bei der kleinen Menge von Queeksilber und Wasser und der nur geringen Xnderung der Geh6r- gangsform braueht aber damit wohl kaum gerechnet zu werden.

Da der t tammergriff und damit die ganze Geh6rkn~ichelchenkette yon den Schwingungen der Trommelfellmembran mitgenommen wird und andere als diese Schwingungsimpulse nieht erh~tlt, so ist es klar, dab die Amplituden des Steigbfigels kleiner werden, wenn die Ampli- tuden des Trommelfelles abnehmen. Aber auch ffir den Fall einer direkten i~rocochlearen Leitung mfiBte die Sehwingungsfahigkeit des Trommel- felles mal~gebend sein. Die bedeutende HSreinbu/3e dutch Pass tensa- Belastung bietet datter der meehanisch-akustischen Er/cliirung weder in iltrer Art noch in ittrem Ausma/3 prinzipielle Schwieriglceiten.

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 397

Zur pathologischen Physiologie der Schalleitungsstiirungen. Obwohl die mechanischen Bedingungen der beschriebenen experi-

mentellen SchalleitungsstSrungen nicht ohne weiteres den patho]ogischen Zusti~nden im Mittelohr gleichgesetzt werden k5nnen, gelten doch bier wie dort dieselben mechanisch-akustischen ~berlegungen. Bei der Deutung klinischer H6rbe]unde ist eine niihere Analyse der HSrst6rung in mechanisch- alcustischer Hinsicht bezi~glich der ma/3gebenden Faktoren der Elastizitiit, Triigheitsmoment, Ddmp/ung und Lage der Drehachse noch ]caum versuvht worden. Man begnfigt sich in der Regel mit der Erkl~rung einer ver- minderten Schwingungsfi~higkeit der GehSrknSchelchenkette oder des runden Fensters, ohne deren Ursachen im einzelnen nigher nachzugehen. Auch stfitzen sich die ErSrterungen im otologischen Schrifttum im all- gemeinen auf recht unklare physikalische Begriffe. Wie ich bereits ein- gangs betont habe, gibt eben die ttistologie nur in sehr beschriinktem MaBe fiber mechanisch-akustische Gr51~en A'uskunft. Es fehlen auch hierzu gr5l~tentefls die nStigen experimentellen Grundlagen am patho- logischen Felsenbein und am lebenden Menschen. Allerdings hatte sich bereits schon v. Bezold 9 bemfiht, mit Fiih]hebel und Manometer am Pri~parat kranker Geh5rorgane die statisch mechanischen Eigenschaften der Schalleitungskette festzustellen. Abet derartige Untersuchungen sind vereinzelt geblieben und auch mit den neuesten Impedanzmessungen vorl~ufig nur nebenher ausgeffihrt worden. Neuerdings entwickelten sich Meflmethoden und Me[3apparate ]iir Schwingungssysteme, die sich am Pr~parat und auch teilweise am ]ebenden Menschen ohne allzu groI~e Schwierigkeiten anwenden liel~en, um gewisse Schwingungseigenschaften des kranken Mittelohrapparates festzustellen. Dazu gehSren die Messung der Eigenschwingung, wie sie nach dem Manometerprinzip yon O. Fran]c 23 und Broemser und v. Belcesy s angewendet wurden und vor allem die Impedanzbestimmungen des Trommelfelles yon v. BeIcesy v, Tr6ger 5~ GeHlcen 24, Schuster 45, Keibs es u.a . Mit diesen Messungen haben sich bis jetzt fast nur Physiker und Physiologen beschi~ftigt, weshMb die ent- sprechenden Mitteilungen in dem physikalischen und physiologischen Schrifttum zu linden sind. Es ist aber kein Zweifel, da~ die Anwendung dieser neueren Me~methoden, die sich aus der gewaltigen Entwicklung der Radiotechnik ergeben haben, auf dem Gebiete der Ohrenerkrankungen manche Fragen 15sen kSnnten und eine Besch~tigung mit diesen Pro- blemen auch yon ohren~rztlicher Seite unerli~l~lich wird.

Neben der lclinischen und anatomischen Einteilung der Schwerh6rigkeiten ]ehlt deshalb eine Einteilung nach mechanisch-akustischen Gesichtspunkten und die Ohrenheilkunde beschri~nkt sich auch heute noch auf die Gegen- fiberstellung yon SehalleitungsstSrungen, SehallperzeptionsstSrungen und sog. gemischten SehwerhSrigkeiten. Dabei werden die Schalleitungs- stSrungen als eine einheitliche Gruppe behandelt, die aueh ein mehr oder weniger einheitliches HSrbild aufweisen soll. Zweifellos sind aber

398 E. Liiseher:

die mechanisch-akustischen Ursachen der Schalleitungsst6rung bei den einzelnen pathologischen Mittelohrver/~nderungen wesentlieh ver- sehieden voneinander. Beim Tubenverschlug beispielsweise nimmt die Elastizit/~t des Systems zu, ohne dab sich die wirksame Masse /~ndert, und zwar unter direkter Beeinflussung des Trommelfelles, w/~hrend ein Ergu] im Mittelohr unter anderem auch die wirksame Masse vermehrt und zugleich das wiehtige Luftpolster der PaukenhShle mehr oder weniger aufhebt. Eine Stapesankylose dagegen /~ndert die Elastizitgt ohne aber das Trommelfell zu betreffen. Es ist nicht ohne weiteres klar, warum trotz diesen sehr versehiedenen meehanisehen Bedingungen in der I~egel das untere Ende der Tonreihe verwiegend oder doch mit- betroffen ist, eine Tatsache, die aueh in meinen Experimenten zum Ausdruek kommt. Auf weitere Einzelheiten einzutreten, ohne die nStige experimentelle Grundlage, wfirde nicht fiber Hypothesen hinausffihren , immerhin ist die Ubertragang meiner SchluBfolgerungen auf pathologisehe H6rst6rungen im Prinzip durehaus gerechtfertigt.

Naeh meinen Untersuehungen ist vor allem die alte klassische Regel nicht mehr zu halten, daft eine Schalleitungsst6rung stets ausschlie/31ich oder vorwiegend eine Schwerh6riglceit ],iir die tie/en T6ne zur Yolge babe. Es mu8 im Gegenteil mit einer H6reinbu[3e auch am oberen Ende der Tonreihe gerechnet werden, die sogar iiberwiegen kann. Die in der Einleitung erw/Chnten Abweichungen yon der klassischen Ansicht einer SchwerhSrig- keit nur am unteren Ende der Tonreihe bei MittelohrstSrungen brauchen nicht mehr als gemischte Sehwerh6rigkeiten mit Beteiligung des Iimen- ohres aufgefagt zu werden, sondern k6nnen auf reinen Sehalleitungs- stSrungen beruhen. Da6 selbst der Unterschied zwischen reiner Nerven- schwerhSrigkeit und Sehalleitungsst6rung verschwinden kann, wie in dem yon Crowe und Guild 17 beschriebenen Fail von Tubenstenose, wird nach meinen Experimenten ebenfalls versts Es ist daher den- jenigen Autoren zuzustimmen, die die alte klassische Unterscheidung zwischen Schalleitungsst6rung und Schallemlofindungsst6rung nicht mehr aUgemein gelten lassen.

Andererseits habe ieh dureh geeignete Belastung des tIammerstieles aueh das alte klassisehe Bild yon MittelsehwerhSrigkeit herbeiffihren k6nnen. Daraus geht hervor, dag der Begri]] einer einzigen und [unlctionell stets gleichartigen Schalleitungsst6rung nicht gerecht]ertigt ist, sondern mit qualitativ verschiedenen Formen der Mittelohrschwerh6rigkeit gerechnet werden muB. Zwisehen den beiden Extremen der HSreinbul3e nur am unteren Ende der Tonreihe und demjenigen mit der HSreinbuge vor- wiegend am oberen Ende der Tonreihe Iinden sich in pathologischen Fttllen zweifellos alie ~berg/~nge. Meine Experimente sprechen daffir, dab die erste Art besonders bei StSrungen der Geh6rkn6chelchenkette, die letztere dagegen bei Ver/~nderungen am Trommelfell eintritt, was aueh bis zu einem gewissen Grad mit den klinisehen Erfahrungen fiber-

Experimentelle Trommelfellbelastungen und Luftleitungsaudiogramme. 399

einstimmt. Die alte klassische Ansicht von der Mittelohrschwerhgrigkeit bzw. der Schalleitungsst6rung liel3 sich nur inso]ern bestiitigen als ~ede der experimentellen Schalleitungsstgrungen eine gewisse, wenn aueh teilweise nut geringe, H6reinbu/3e /iir die tie/en TSne zur Folge hatte.

Wie unter anderen such Ru] ~1 hervorhebt, macht die topische Deutung klinischer Luftleitungsaudiogramme sehr grol3e und kaum zu iiberwindende Schwierigkeiten, was nach meinen Experimenten und den obigen Ausffihrungen wohl verst/indlich wird. Schon allein aus den Kombinationen der verschiedenen A r t e n d e r MittelohrschwerhSrigkeit mul3 sich eine verwirrende Fiille und Mannigfaltigkeit yon Luftleitungs- audiogrammen ergeben, ganz abgesehen yon kombinierten Erkrankungen des Mittel- und Innenohres. Durch die Aufgabe der allzu einfachen An- nahme einer einzigen funktionellen Art yon SchalleitungsstSrung wird die Sachlage ffir die Klinik zun/~chst nicht einfacher, aber der Weg fiir eine feinere Diagnostik geebnet.

Zusammenfassung. 1. Durch verschiedene mechanisch genau definierte Belastungen des

Trommelfelles wurden beim Menschen meehaniseh-akustiseh verschiedene Schalleitungsst5rungen herbeigeffihrt und deren Luftleitungsaudio- gramme festgestellt.

2. Die umsehriebene Belastung des Hammerstieles am Umbo und in der N/~he des ,,Aehsenbandes", mit Gewiehten yon. 3,66 und 6,66 g fiihrt zu einer vorwiegenden HSreinbuSe der niedrigen und mittleren Frequenzen.

3. Die Belastung des Umbo hat nur einen auff/~llig geringen HSr- verlust zur Folge. Die Belastung in der Nghe des Achsenbandes wirkt etwa doppelt so stark wie die Umbobelastung.

4. Die f1~chenhafte Belastung der Pars tensa mit Queeksilbertropfen yon 0,5--2 g oder mit Wassertropfen yon 0,05--0,2 ecru ergibt eine HSr- einbul3e fiir s/~mtliche TSne, betrifft abet vorwiegend die mittleren und hohen Frequenzen mit teilweise erheblicher Senkung der oberen Ton- grenze.

5. Der HSrverlust bei der Pars tensa-Belastung ist quantitativ be- deutend grSBer als bei der Belastung des ttammerstiels und erreicht bei 2 g Queeksilber den Grad eines vollstis GehSrgangsverschlusses bzw. der Wasserftillung des GehSrganges.

6. Die Wasserfiillung des GehSrganges oder der OropaxversehluB verursachen eine hoehgradige Schwerh6rigkeit yon derselben Art wie die fl/ichenhafte Belastung der Pars tensa.

7. Entgegen der alten klassischen Ansieht v o n d e r funktionellen Auswirkung einer SchalleitungsstSrung beweisen meine Experimente

400 E. Ltiseher:

das Vorkommen yon Sehal le i tungss tSrungen mi t vorwiegender H6r- einbuite fiir die hohen Frequenzen mi t Senkung der oberen Tongrenze. Andererse i t s lassen sich aueh exper imente l le Schal le i tungss tSrungen mi t vorwiegender HSreinbul~e a m un te ren Ende der Tonreihe herbeifi ihren.

8. J ede r Be las tungsa r t und BelastungsgrSBe en t sp r ich t ein besonderes Luf t l e i tungsaud iogramm. Die t t S r k u r v e n unte rsche iden sich dabe i n ich t nur in ihrer HShe, sondern auch in ihrer pr inzipie l len Verlaufsform. Gemeinsam ist n u t ein gleiehm/s Kurvenve r l au f ohne spi tzenar t ige T o n m a x i m a oder Tonli icken, sowie eine, al lerdings teilweise sehr geringe, tISreinbul~e, fiir niedrige Frequenzen.

9. Bei der fl/~chenhaften Belas tung der Pars t ensa hi~ngt der Grad der HSrs tSrung vom Grad der Ausscha l tung der Pa r s tensa ab. Die Sehwingungsf/~higkeit der Pa r s t ensa spiel t demnaeh Iiir die Schall- aufnahme und Uber le i tung eine wichtige Rol le und zwar besonders auch Iiir die hohen Frequenzen.

10. Der Scha l l e i tungsappara t is t fiir alle hSrbaren Frequenzen, in besonderem Mal~e aber fiir den mi t t l e r en Frequenzbere ieh yon Wicht ig- kei t .

11. Es wird versueht , die exper imente l len Ergebnisse mechanisch- akus t i sch zu erkl/~ren.

12. F i i r die K l in ik geht aus den Versuchsergebnissen hervor , dal~ bei der Deu tung yon Luf t l e i tungsaud iogrammen mi t funkt ionel l versehie- denen T y p e n yon Mit te lohrschwerhSrigkei t gerechnet werden m u l l Neben der a l ten klassischen F o r m mi t vorwiegender HSreinbul~e a m un te ren Ende der Tonreihe, s ind Luf t l e i tungsaud iogramme yon reinen Mit te lohrschwerhSr igkei ten mi t vorwiegender HSre inbu6e im mi t t l e ren und hohea Tongebie t zu erwarten. Eine Bearbe i tung pa thologischer SchwerhSrigkei ten in mechanisch-akus t i scher Hins ieh t fehl t bis j e t z t grSl~tenteils.

Sehr i i t tum.

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Exper imentel le Trommelfel lbelas tungen und Luf t le i tungsaudiogramme. 401

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