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Langenbccks Arch. u. Dtsch. Z. Chir., Bd. 275, S. 519--527 (1953). Aus der IL Chirurgischen Universit~tsklinik in Wien (Vorst~nd: Prof. Dr.W. Dn~:). Experimentelle Vascularisation des IIerzmuskels. Von M. WENZL und G. W~NSE. Mit 5 Tcxtabbildungcn. (Eingegangen am 23. Dezember 1952.) Die DurchblutungsstSrungen des Herzmuskels scheh~en in Zukunft einer chirurgischen Therapie nicht unzug~nglich zu sein. Darauf deuten die in letzter Zeit auf diesem Gebiete durchgefiihrten experimentellen Untersuchungen hin. Das Ziel aller operativen Experimente ist n~ch wie vor die auf Grund yon Wandveri~nderungen der Coronargef~i3e mangelhafte Blutversorgung des Herzmuskels durch gesteigerte Coronar- gef~durchblutung zu verbessern. Das Problem einer derartigen Verbesserung der ~Ierzmuskeldurch- blutung kann prinzipiell auf 2 Arten gelSst werden: 1. durch Vaso- dilatation des natfirlich vorhandenen Koll~ter~lkreislaufes des Myokards ; 2. durch Erzeugung yon kfinstlichen Anastomosen zwischen dem grol]en Xreislauf und den Gefiil]en des tIerzmuskels selbst. Der Ged~nke, die Durchblutung des Herzmuskels auf chirurgischem Wege zu heben, is~ der Pathophysiologie entnommen und basiert auf 3 grundlegenden Beobachtungen: 1. Wir wissen, da~ das Herz zum grSl]- ten Tefl fiber die Coronargefi~i~e mit Blur versorgt wird. Diese Gefiil~e sind durch gut entwickelte Anastomosen untereinander verbunden, die eine bedeutende l~olle ffir die Aufrechterhaltung der Zirkulation spielen. 2. Die klinische Erfahrung ha~ gelehrt, d~B der plStzliche, z. B. durch einen Thrombus hervorgerufene Verschlul~ eines Coronargef~l~es eine wesentlieh schwerere Komplikation darstell~ Ms der Mlm~hlich ~uf- tretende Coronargef~l~verschlulL 3. Die Coronargef~e kSnnen sogar komplett verschlossen sein, ohne d~I~ darius ein deutlicher Krankheits- effekt oder eine wesentliche StSrung der kardiMen Funktion resultiert. Verschiedentlich wurden sogar Fi~lle beschrieben, bei denen trotz Ver- schlul~ beider Coronargef~l]e die myokardialen Ver~tnderungen relativ gering erschienen. Diese Beobachtungen kSnnen nur durch die MSgliehkeit einer alter- nativen Blutzu/uhr zum erkr~nkten Myokardare~l erkl~rt werden. Als Quelle kommen dabei folgende ~natomisch pr~formierte Wege in Frage : Die womSglich dilatierten Anastomosen der einzelnen Coronargefi~l~e,

Experimentelle Vascularisation des Herzmuskels

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Page 1: Experimentelle Vascularisation des Herzmuskels

Langenbccks Arch. u. Dtsch. Z. Chir., Bd. 275, S. 519--527 (1953).

Aus der IL Chirurgischen Universit~tsklinik in Wien (Vorst~nd: Prof. Dr.W. Dn~:).

Experimentelle Vascularisation des IIerzmuskels. Von

M. WENZL und G. W~NSE.

Mit 5 Tcxtabbildungcn.

(Eingegangen am 23. Dezember 1952.)

Die DurchblutungsstSrungen des Herzmuskels scheh~en in Zukunft einer chirurgischen Therapie nicht unzug~nglich zu sein. Darauf deuten die in letzter Zeit auf diesem Gebiete durchgefiihrten experimentellen Untersuchungen hin. Das Ziel aller operativen Experimente ist n~ch wie vor die auf Grund yon Wandveri~nderungen der Coronargef~i3e mangelhafte Blutversorgung des Herzmuskels durch gesteigerte Coronar- gef~durchblutung zu verbessern.

Das Problem einer derartigen Verbesserung der ~Ierzmuskeldurch- blutung kann prinzipiell auf 2 Arten gelSst werden: 1. durch Vaso- dilatation des natfirlich vorhandenen Koll~ter~lkreislaufes des Myokards ; 2. durch Erzeugung yon kfinstlichen Anastomosen zwischen dem grol]en Xreislauf und den Gefiil]en des tIerzmuskels selbst.

Der Ged~nke, die Durchblutung des Herzmuskels auf chirurgischem Wege zu heben, is~ der Pathophysiologie entnommen und basiert auf 3 grundlegenden Beobachtungen: 1. Wir wissen, da~ das Herz zum grSl]- ten Tefl fiber die Coronargefi~i~e mit Blur versorgt wird. Diese Gefiil~e sind durch gut entwickelte Anastomosen untereinander verbunden, die eine bedeutende l~olle ffir die Aufrechterhaltung der Zirkulation spielen. 2. Die klinische Erfahrung ha~ gelehrt, d~B der plStzliche, z. B. durch einen Thrombus hervorgerufene Verschlul~ eines Coronargef~l~es eine wesentlieh schwerere Komplikation darstell~ Ms der Mlm~hlich ~uf- tretende Coronargef~l~verschlulL 3. Die Coronargef~e kSnnen sogar komplett verschlossen sein, ohne d~I~ darius ein deutlicher Krankheits- effekt oder eine wesentliche StSrung der kardiMen Funktion resultiert. Verschiedentlich wurden sogar Fi~lle beschrieben, bei denen trotz Ver- schlul~ beider Coronargef~l]e die myokardialen Ver~tnderungen relativ gering erschienen.

Diese Beobachtungen kSnnen nur durch die MSgliehkeit einer alter- nativen Blutzu/uhr zum erkr~nkten Myokardare~l erkl~rt werden. Als Quelle kommen dabei folgende ~natomisch pr~formierte Wege in Frage : Die womSglich dilatierten Anastomosen der einzelnen Coronargefi~l~e,

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520 M. WENZL und G. WE~s~:

Anastomosen mit den PerikardialgefgBen (Bronchial-, perieardiaeo- phrenieae, mediastinate und perikardiale Arterien) und auf retrogradem Wege die Venae Thebesii. Auger diesen anatomiseh vorgebildeten Kollateralen kann sieh noeh eia pathologischer Kollaterallcreislau[ auf Grund yon perikardialen Adh~sionen bilden.

Diese Beobaehtungen regten, in Naehahmung des pathophysiolo- gisehen Gesehehens den Gedanken an, im Myokard einen Kollateral- kreislaut auf operativem Wege herzustellen. Damit soil gleiehsam ein Sehutz fiir das Nyokard bei DurehblutungsstSrungen des tterzmuskels auf Grund yon Coronargef~tgerkrankungen gesehaffen werden.

lJm diesem Problem beizukommen, wurden zahlreiehe Versuehe unternommen und es ist vielfaeh noeh nieht mSglieh, den Wert der ein- zelnen Methoden entspreehend abzusehitzen. Da ein kompletter Lite- raturiiberbliek unm5glieh erseheint, sell im folgenden unter Beriiek- siehtigung der bedeutendsten Aspekte eine knrze Charakterisierung und objektive Diskussion der einzelnen operativen Methoden erfolgen.

Die bis jetzt durehgeffihrten Experimente zur Bildung einer alter- nativen Vaseularisation k6nnen in 3 Gruppen eingeteilt werden:

I. Arterialisation des ven6sen Coronarkreislaufes. I I . Venenligatur (Sinus eoronarius). I I I . Vaseutarisation der Herzoberfl~ehe dutch FSrderung einer Gef~g-

einsprossung in das Myokard. a) Dutch Anlagerung gefigreieher Gewebe an die Herzoberflgehe; b) dureh Einpflanzen yon Gefigen in das Myokard.

aA I. Die Arterialisation des venSsen Coronarkreislaufes wurde yon BECK inauguriert. Bei dieser lgethode wird fiber ein Venentransplantat aus der Aorta in den Sinus eoronarius arterielles Blur gepumpt. Infolge der Druekdifferenz zwisehen grol3em Kreislauf und ven6sem Coronargefagsehenkel kommt es zu einer Umkehr des Blutstromes, der nun mit arteriellem Bht gefiillten Venen. Diese arterialisierten Venen sollen auf diese Weise die nutritive Funktion der Arterien fibernehmen. Um den Abilug des arteriellen Blutes gegen den geringsten Wider- stand, ngmlieh in den reehten Vorhof, zu verhindern, ist es notwendig, entweder das Lumen des Sinus eoronarius zu verkleinern oder zu unterbinden. Die Methode ist teohniseh kompliziert (wir haben sie am tIundekadaver mehrmals ausprobiert) und hat vor allem den groBen Naehteil, dal] 60% der Versuehe funktionsuntfiehtige Anastomosen ergaben.

ad// . Das Merkm~l des CoronargefiBversehlusses ist dutch eine mangelhafte Sauerstoffversorgung des 2r gegeben. Die Venenligatur des Sinus eoronarius naeh GRoss versuchg nun dureh Stauung des Blutflusses im venSsen Sehenkel eine rationellere Ausnfitzung des noeh im venSsen Blur vorhandenen Sauerstoffrestes zu erreiehen.

ad III . Um neue Btutzufuhr zum llCIyokard dutch GefiBeinsprossung zu er- reiehen, wurden versehiedeneNCethoden angewendet. Es sei nur an die Omento- pexie (yon BECK und sparer yon O. Sm~a~NEssY verwendet), die Pneumopexie (LEZlUS), die Anheftung des lV~usculus loectoralis major (BECK), sowie an die ver- schiedenen M6glichkeiten, Verklebungen zwischen Peri- und Epikard zu erzeugen, gedaeht.

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Experimente]ie Vascularisation des Herzmuske]s. 521

V i e l v e r s p r e e h e n d s e h e i n t d ie Einp/lanzung von Gefiiflen des gro]3en Kreislau/es dire]ct in das Myo]card z u sein , e ine M e t h o d e , d ie y o n VINn-

BErG ~ n g e g e b e n w u r d e . W i t h a b e n n u n m i t d i e s e r M e t h o d e a n e i n e r

V e r s u e h s s e r i e y o n 10 I - t u n d e n V a s c u l a r i s a t i o n s v e r s u c h e b e g o n n e n , f ibe r

d e r e n v o r l ~ u f i g e E r g e b n i s s e i m f o l g e n d e n b e r i e h t e t w e r d e n soll.

Durch/i~hrun9 der Experimente. Nach Verabreiehung yon hohen Morphium- dosen wurde nach intraven6seu Penthota l in jekt ionen in intra t rachealer Narkose die linksseitige Thorakotomie dureh- geffihrt. Dabei wurde weehselnd der 5. bzw. 6. In tereosta l r~um gewghlt. Letzterer ergab jedoeh einen gfinsti- geren Zugang. Xaeh Spal tung des ~I. t ransversus thoracis, yon dem die A. mammar ia int. beim Hund umhii l l t wird, wurde diese und 2 - -3 entsprechende Intercosta lar ter ien auf einer Streeke yon etwa 4 - -5 cm s frei pr~pariert . Diese Lgnge is t notwendig, dami t die Arterie bei der Implan ta t ion in das Myokard nieht unter Spannung zu s tehen kommt bzw. eine Denudat ion auf eine allzulange Streeke vermieden wird. Beide Fak toren sind zur Ver- meidung einer komple t ten Obli terat ion der A. mammar ia int . zu beachten. I n der I-IShe des 7--8. Intercost~l- raumes wurde nun die A. mammar ia int. doppelt ligiert und durcht rennt .

Abb. 1. In Formo] fixiertes ttnndeherz, Nun wurde das Per ikard in] ]~ereiche 7 Mon~te nach Implantation tier A.m~mm~ria des ]inken Ventrikels lappenfSrmig int. In die durchgiingige implantierte Arterie er6ffnet und alas Myokard des l inken ist eine Kaniile eingeblmden, die Lage tier Ventrikels nahe derHerzspi tze in einer Ka~iile zeigt die Richtung des implantierten

Gei~ifles an. Der Pfeil rnarkiert dasEnde des Ausdehnung yon 3 - -5 em tnnnel ier t . )iuskeltunnels, wo die durchgezogene nnd Die erste vom proximalen Stumpf ligierte A. m~mmaria int. im Myokard der A. mammar ia int. abgehende verankert wurde. Intercostalar ter ie wurde nun peripher ligiert n n d zentral dureht rennt , so dab aus dem offenen Lumen des etwa 2 mm langen zentralen Intereostalgef~Bstumpfes Blur stol~weise herausfloB. Dutch den vorher besehriebenen Muskeltunne] wurde nun die Arter ia mammar ia in terna und der Intercostalgef~13stumpf so durehgezogen, dab das frei b lutende Intereostalgef&B ungef~hr in die Mitre des Muskeltunnels zu ]iegen kam. Abb. 1 zeigt diesen Zus tand an einem I-Iundeherzen 7 Monate n~eh der Implan ta t ion .

Die Lokalisat ion der Implan ta t ion wurde deswegen im l inken Ventrikel herz- spi tzennahe gew/~hlt, well erfahruugsgem~B in diesem Bereich eine Lieblings- lokalisation fiir In fa rk te besteht , AuBerdem ha t der l~amus deseendens der l inken Coronararterie das gr5Bte Muskelareal zu versorgen. Dieser U m s t a n d schien fiir die noeh spgter zu erw&hnende Uberpri ifung einer suffizienten Bht tzufuhr nach erfolgter Ligatur des l~,amus descendens der l inken Coronararterie yon ]~edeutung.

ProtokolIe. Prot.-Nr. 1. 20 kg sehwerer Hund. 6 . 2 . 5 2 Implan ta t ion der A. mammari~ int. in die linke Ventrikelwand, etwa 1 em y o u l%amus deseendens der l inken Coron~rarterie entfernt. Am 2. postoperat iven Tag keine StSrung des

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522 M. W ~ z L und G. W]~s~:

Allgemeinbefindens. RSntgenkontrolle: kein ErguB, Lunge ausgedehnt. 20.10.52 Incision fiber der 2. l%ippe links par~sternal nnd Resektion der 2. nnd 3. t~ippe ira Knorpelbereieh in einer Ausdehnung yon 3 cm. Nach Aufsuchung der A. mum- m~ria int. and Ein~iihrung einer stumpfen Kanfile wird 70%iges Joduron injiziert. Der gleiehzeitig gedrehte ~Sntgenfilm ergibt eine sehSne Ffillung des Coronar- gef~Bsystems (s. Abb. 3 und 4).

Prot.-Nr. ~. 15 kg schwerer Hund. 13.2.52 Implantation der A. mamm~ria int, relativ herzspitzennahe, Das Intercostalgef~13 blutet relativ gering. Am 1. post- operativen Tag vSlliges Wohlbefinden. 1.10.52: Nach TStung des Hundes wird das I-Ierz entnommen, in 10%i gem Formalin fixiert und eine t~Sntgenaufnahme bei gleiehzeitiger Kontrastmi~telfiillung der A. mammaria in*. durchgeftihrt. Von der implantierten Arterie kommt es zu einer kompletten Ffillung der Coronar- gef~Be.

Prot.-Nr. 8. 48 kg schwerer ~und. 18.2.52 Implantation der A. mammaria int. herzspitzennahe. Das Intercostalgef~B blutet ausgezeiehnet. Nach 2 Tagen Wohlbefinden. 3.10. 52 : Nach T6tung des Hundes wird das tterz herausgenommen and eine Kontrastmittelfiillung der A. mammaria int. durehgeffihrt. Die RSntgen- aufnahme ergibt eine komplette Ffillung des Coronargef~Bsystems (s. Abb. 2).

Prot.-Nr. 4. 20 kg schwerer Hund. 26.2.52 Implantation der A. mammaria int. herzspitzennahe. Das vorerst durchtrennte Intercostalgef~B blntet nicht. Das n~ehstfolgende zeigt nur eine geringe Blutung. Die Implantation nur unter Spun- nung der A. mammaria int. mSglieh. Der postoperative Verlauf komplikationslos. 1~. 10.52. Unterbindung des ~amas deseendens der ]inken Coronararterie mittels Durehstechungsligatur. 8 Std spgter Exitus letalis. Obduktion: H~morrhagische Infarzierung des rechten Vorhofes. Die A. mammaria int. thrombosiert.

Prot,-Nr. 5. 24 kg sehwerer Hund. 21.3.52 Implantation der A. mammaria int. herzspitzennahe. Gute Blutung des Intercostalgefgl~es. Am 1. postoperativen Tag Wohlbefinden. 20.10. 52 neuerliche Thorakotomie in der alten Narbe. Durch- stechung des t~amus descendens der linken Coronararterie nahe an ihrem Ursprung. Vollkommen komplikationsloser postoperati~er Verlauf.

Prot.-Nr. 6. 25 kg sebwerer I-Iund. 9.4. 52 ImpIan~ation der A. mammaria int. bei guter Blutung des Intercostalgef~Bes, herzspitzermahe, t~omplikatiousloser postoperativer VerlauL &. 10.52 Thorakotomie in der alien Narbe. Doppelte DurehsteehungsHgatur eines in den Anastomosenbereich ifihrenden groBen Astes des I%amus descendens der linken Coronararterie. Bei der 1. Durcbsteehung einige Extrasystolen. Komplikationsloser postoperativer Verlauf. 17.10. 52 Incision fiber der 2. l%ippe links parasternal und Resektion der 2. und 3. Rippe im Knorpel- bereich in einer Ausdehnung yon 3 cm. Naeh Aufsuchen der A. mammaria int. wird Kontrastmittel (Joduron) injiziert. Ein gleichzeitig gedrebter l%Sntgenfilm ergibt fiber die A. mammaria int. eine gute Ffillung des Coronargef~Bsystems.

Prot.-Nr. 7. I5 kg schwerer ttund. 21.10.52 Implantation der A. mammaria int. herzspitzennahe. Relativ geringe Blutung aus dem durehtrennten Intercostal- gefglL W~hrend der ganzen Operation EKG-Kontrolle dutch Extremit~ten und eine Brustwandableitung. 23.10. 52. Exitus letalis Obduktion: GroBer tt~mato- thorax, ausgehend yon einem Thoraxwandgefg6.

Prot.-Nr. 8. 32 kg schwerer Hund. 4.11.52 Implantation der A. mammaria int. herzspitzennahe bei gleichzeitiger fortlaufenderEKG-Kontrolle und liegendem tterzkatheter im rechten Vorhof. Am 3. postoperativen Tag allgemeines Wohl- befinden.

Prot.-Nr. 9. 15 kg schwere ttfindin. 25.11.52 Implantation der A. mammaria int. vom linken Ventrikel herzspitzennahe in den rechten Ventrikel hiniiber-

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reiehend. Fortlaufende EKG-Kontrolle intra operationem. Komplikationsloser postoperativer Verlauf.

Prot.-Nr. 10. 13 kg schwere Hiindin. 29. 11.52: Beim Versueh der Tunne- lierung des Myokards kommg es zu einer stichfSrmigen penetrierenden Ventrikel- verletzung, die auf eine Herzn~h~ sofor~ s~eht. Neuerliehe Tunnelierung im Bereieh des linken Ventrikels vom Ramus deseendens der linken Coronararterie 2--3 em naeh distal reiehend. Komplikationsloser pos~operativer Verlauf.

Besprechung der Experimente. Von den bis jetzg mit dieser Methode operierten 10 Hunden haben 9 die Implanta t ion der A. mammar ia int. miihelos fiberstanden und liefen sehon am ersten postoperativen Tag wieder herum.

Lediglieh 1 Hand ist 2 Tage nach der Operation zugrunde gegangen. Bei der Obduktion kormte als Todesursache ein Hgmatothorax festgestellt werden. Diese Komplikation wird yon den Runden erfahrungsgem~13 sehr schleeht vertragen. Die Blutung entsprang dabei nieh~ der Implantationsstelle der A. mammaria int., sondern einem nich~ligierten Thoraxwandgefiil3.

Die Tunnelierung des Iterzmuskels und die Implanta t ion der A. mammar ia int. in den Herzmuskel lgBt die t;rage nach dem Effekt dieser Manipulationen auf die Herzakt ion gerechtfertigt erscheinen. I m grol3en und ganzen kSnnen die bei den bis jetzt diirchgeffihr~en Implan- ta~ionen beobachteten Ver~nderungen als minimal bezeiehnet werden. Bei dem Akt der Myokardturmelierung k o m m t es lediglich zu einigen Extrasystolen, die aber naeh Beendigung der nut wenige Sekunden dauernden Traumatisierung des t terzmuskels sofort wieder versehwin- den. Um nun diese Beobaehtungen zu objektivisieren, schien uns eine fortlaufende Registrierung der verschiedenen Akte der Operation im E K G am geeignetsten. Wir haben dies anch bei einer Reihe yon Ein- griffen dnrchfiihren ]assen und werden dariiber demn~ehsg berichten.

Wider Erwarten kommt es trotz des in den Herzmuskel frei hinein- blutenden Intercostalgef~Bes zu keinem siehtbaren tIi~matom. Um die lokalen Vergnderungen unmittelbar nach der Imp]antat ion entsprechend beurteilen zu k6nnen, schien eine his~ologische Untersuchung der Im- plantationsstelle notwendig. In den 48 Std postoperat iv angefertigten Sehnitten konnte folgender Befund erhoben werden~: Die implantierte A.mammar ie int. erweist sieh Ms unvergnder~. Der dem Gefi~13 an- grenzende I terzmuskel ist schfitter leukocytgr durehsetzg und partiell nekrotisch. Die kleinen Venen welt, s tark blutgefiil]t, im interstitiellen Bindegewebe linden sich vereinzelt kleine Blutungen. Welter peripher sind anschlieBend einzelne friseh thrombosierte Venen zu erkennen. Das Epfl~ard yon spgrlieh fibrinSs-eitrigen Membranen bedeckS. Das Fehlen eines sichtbaren Hamatoms kann nur durch die groBe Kontraktionskrafg des IIerzmuskels erld~rt werden.

1 Die histologischen Untersuehungen und deren Befundung wurde yon Frau Doz. M~u yore Pa~hologisch-Anatomischen Institut Wien (Prof. C~IA~) ausgeffihrt. Es sei an dieser Stelle besonders dafiir gedankt.

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52~ M. W~zr~ und G. W~SE:

I~aeh einem wfllkfirlich gew~hlten Abstand yon 6--8 Monaten wurde nun der Effekt der Vascularisationsversuehe fiberpriift. Dazu warden 2 Beweisveffahren herangezogen: 1. Als inclirekter Beweis ffir eine suffi- ziente Xc~seularisation kann die Ligatur des t%amus deseendens der linken Coronararterie bewertet werden. Zu diesem Zweeke wurde neuerlieh in der alten Narbe thorakotomiert und an entsprechender Stelle das Perikard erSfinet.lqahe des Ursprunges des Ramus descendens der linken Arteria und Vena coronaria wurden beide Gef/~Be mittels einer Durch- stechungsligatur unterbunden. Es ist experimente]l bewiesen (TI~NNANT und WIGGEgS), dab das sehlagende J~undeherz innerhalb 3--4 see naeh Ligatur eines Coronargef~Bastes ira Bereich des isch~misehen Perikard- areals seine Xontraktil i tgt verliert. Dieses Phgnomen konnte bei unseren Fiillen trotz l~ngerer Beobachtungszeit des schlagenden Herzens nicht festgestellt werden. Ferner ist es aus der Literatnr bekannt, dab ein GroBtefl der Versuchstiere die Ligatur eines HauptlcvanzgeigBes nicht fiberlebt (yon 12 t tunden fiberleben die Ligatur nur 2), w~hrend der Rest grebe Infarkte aufweist. Dieser indirekte Beweis ffir eine suffiziente Vascularisation wurde an 2 Hunden durchgefiihr~. Beide Tiere fiber- standen die Ligatur des Ramus. descendens der linken Coronararterie ohne Beeintr~chtigung des Allgemeinzustandes und ihrer Leistungs- fghigkeit.

2. Als direkter Beweis f fir die Verbindung der A. mammaria int. mit dem CoronargeiaBsystera kann die Xontrastmittelfiillung ange- sehen werden.

Zu diesem Zwecke wurde yon 3 I-Iunden das t terz und ein Tefl der A. mammaria int. herausgenommen. Dabei zeigte sieh sehon makrosko- pisch, daI3 das Gefs in keiner Weise obliteriert war, aber auch an mehr- faeh aus dem Bereieh der Implant~tionsstelle entnommenen histoIogi- sehen Schnitten kormte die Durchg~ngigkeit des Gei~Bes gezeigt werden. I~un wurde in die A. raammaria int. eine Kanfile eingebunden und Kontrastmittel (Joduron) ohne Druck injiziert und gleiehzeitig das Prs rSntgenisiert. Dabei k~m es fiber die A. mammaria int. zu einer guten und kontinuierlichen t~ontrastmittelifillung des gesamten Coro- nargei~13systems. Der Xontrastmittelfleek am ~bergang zwisehen A. mammari~ int. und CoronargefEBsystem entspricht histologisch neu- gebfldeten kavernSsen GggBrgumen (Abb. 2).

Zur weiteren Beweisffihrung einer suffizienten Vascularisation wurde die Kontrastmittelfiillung aueh am sehlagenden Hundeherzen in Form einer Coronarographie durchggiihrt . Zu diesem Zwecke wurde in All- gemeinnarkose im 2.--3. Intercostalraum unter 1%esektion der ent- sprechenden Rippen die A. maramaria int. aufgesucht und in das Gef~B Kontrastmittel injiziert. Gleichzeitig wurde dieser Vorgang auf einen 6 see laufenden RSntgenschma]filmstreifen fixiert. Die kontinuierliche

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Experimente]le Vascularisation des Herzmuskels. 525

Ftillung der Coronbrgeffi.13e wird dureh 2 Kopielt bus diesem Film (Abb. 3 und 4) belegt 1. Aueh hier zeigt sieh wieder, entspreehend dem I-Ierz- prgpbrbt, ein Kontrastmitteldeloot bls Ausdruek der neugebildeten kaver- z6sen GefgBrgnme. Von dort bus kommt es dutch mehrere zarte Aste zur Fiillung der Haupteoronargefgge.

~ b b . 2. /~ot t t ras tmit te l f f~lhmg des Coronai-gcf~gsy~tcms nHt Jo(hlro~t du tch ehle in die fmp lan t i e r t e A, m a m m a r i a int . e~ngeblmdene I4antile, 7 Monate naeh e r fo lg te r I m p l a n - ta t ion . I )e r Pfe i l beze iehnet ein I~on t r a s tmi t t e ldepo t , das als A u s d r u e k neugeb i lde te r k a v e r n 6 s e r Gef i igr~ume zu wer t en igt . Von da. aus komlI l t es t iber m e h r e r e za.rte 2~ste zur

k o m p l e t t e n Fi i l lung des CoronargeNl?sys tems .

Durch die angefiihrten Beweisverfahren konnte in 5F~]len (in 6 F~Lllen wurden diese Beweisverfahren bngewendet) eindeutig eine Ver- bindung zwisehen A. mammarib ~nt. und CoronargefAI3systeln naehge~ wiesen werden. Lediglieh in einem Fall (.Prot.-Nr. 4) konnte keine Verbindung naehgewiesen werden, so dab eine Obliterbtion der A. mam~ maria int. angenommen werden mul3te. Die Ursaehe der Thrombosierung der A. mammaria int. is~ in diesem Falle sieher auf eine teehnisehe

1 Der R6n~genfilm wurde an der I. medizinisehen Universit~itsklinik Wien (Vorsgand Prof. E. LAVDA) yon Herrn Doz. E. I)EVTSC~ in da.nkenswer~er Weise ausgeffihrt.

Langenbeeks _~rch. u. Dtseb. Z. Chit., Bd. 275. 34

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526 M. W ~ z L und G. W ~ S E :

Abb. 3. Abb, 4.

Abb. 3. Bil4 aus 4er i. Phase der Kontrastmittelfiillung. Die A. mammaria int. extra- un4 intramyokardial Init Xontrastrnittel gefitllt.

Abb. 4. Zeigt bereits die komplette Fiinung des Coronargefai~systems. Auch hier erfolgt fihnlich wie am IIerzpraparat (Abb. 5) die Fiillung des CoronargefaBsystemsiibermehrere

kleinere GefftBe, die aus den neugebildeten GefaBr~iumen entspringen.

Ahb. 3 und 4. Coronarog1'aphie 7 Monate naeh ImplanLation der A. mammarla int.

Abb. 5. Schnit t ~us tier Gegend tier i lnp lan t ie r ten A. r n a m m a r i a int. In dem reichlich schwieligen Bindegewebe zahlreiche weehselnd gro~e dflnnwanclige, nnregelmal~ig gebildete

Gef~l~l'gume und eapillare GefgBe.

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Experimentelle Vaseularisation des Herzmuskels. 527

Unzul/~nglichkeit zuriickzuffihren, da 2 frei durchtrennte Intercostal- arterien keine befriedigende Blutung zeigten.

Ffir die Entstehung dieser alternativen ]31utzufuhr zum Myokard kann vorl/iufig noeh keine endgfiltige Erklgrung gegeben werden. In dieser 1%iehtung sind noch weitere histologische Untersuehungen not- wendig. Bis jetzt konnten in dem reiehlieh sehwieligen Bindegewebe um das implantierte Gefi~B zah]reiche wechselnd grebe, diinnwandige, un- rege]m~Sig gebuehtete Gefi~l]ri*ume und capfllare Gef/*l~e n~chgewiesen werden. Diese groi]en GefgBrgume liet~en in ihrer Wand neben dem Endothel sp/~rlich Bindegewebe und einzelne glatte Muskelfasern er- kennen. Das histologische Bild entsprieht naeh Ansieht des Histologen am ehesten dem, wie es bei der sog. organisierenden Entzfindung und Rekanalisation gesehen wird (Abb. 5).

Wie aus diesem vorlgufigen ]3ericht zu ersehen ist, konnte tier- experimente]l eindeutig die MSg]iehkeit einer alternativen B]utzufuhr fiber die A. mammaria int. zum Coron~rgefgBsystem bewiesen werden. Die betrgchtliche Differenz, die zwischen dem experimentel]en Eingriff am gesunden I-Iundeherzen und dem therapeutischen EingrJff am t{erzen des Coronarsklerotikers sowie der experimente]len Ligatur eines Coronar- gefgBastes und dera arteriosklerotisehen GefgBverschluB besteht, seheint nicht gegen die Anwendung dieser Methode am menschlichen Herzen zu sprechen. Der ischi~mische menschliehe }Ierzmuskel zeigt sogar eine ganz besondere Tendenz zur Anastomosenbfldung.

Literatur. BECK, C. S.: Ann. Surg. 133, 153 (1951). - - B~cK, C.S., E. S~A~o~ - and

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Dozent Dr. M. W ~ z s , Wien, II . Chirurg. Univ.-Klinik.

Langenbccks Arch. U. Dtsch. Z. Chir., Bd. 275. 34gt