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Unter dem Motto “We are Africa” feierten afrikanische Staaten am 25. Mai 2015 den Africa Day. Damit erinnerten sie an die Gründung der ORGANISATION OF AFRICAN UNITY 1963, die Vorgängerorganisation der African Union. Die AFRICAN UNION (AU), der alle Länder des Kontinents bis auf Marokko angehören, wurde im Jahr 2002 ins Leben gerufen, um die Kooperation zwischen den afrikanischen Ländern auf diversen Gebieten zu fördern. Die derzeitigen fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Südafrika weisen allerdings darauf hin, wie weit die hehren Wünsche von der Realität entfernt sind.
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Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte
Fokus Menschenrechte
Nr. 15 / Juni 2015
Zusammenfassung
Erneut ist es in Sdafrika zu fremdenfeind-
lichen Ausschreitungen gekommen. Seit
2008 hat sich die Xenophobie eher ver-
schlimmert, whrend die vom Afrikanischen
Nationalkongress (ANC) gefhrte Regierung
die Lage leugnet. Suberungsaktionen setzen die falschen Signale, indem sie die
Schuld von Einwanderern an einer hohen
Kriminalittsrate suggerieren. FNF-Partner
bieten hingegen Lsungen an.
Afrika ein Volk und somit keine Probleme? Fremdenfeindliche bergriffe in Sdafrika
Katerina Georgousaki
Unter dem Motto We are Africa feierten afrikanische Staaten am 25. Mai 2015 den Afri-ca Day. Damit erinnerten sie an die Grndung der ORGANISATION OF AFRICAN UNITY 1963, die
Vorgngerorganisation der AFRICAN UNION (AU). Die AFRICAN UNION, der alle Lnder des Konti-
nents bis auf Marokko angehren, wurde im Jahr 2002 ins Leben gerufen, um die Koopera-
tion zwischen den afrikanischen Lndern auf diversen Gebieten zu frdern. Die derzeitigen
fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Sdafrika weisen allerdings darauf hin, wie weit die
hehren Wnsche von der Realitt entfernt sind.
Die Grndungsakte der AU benennt in 33 Arti-
keln die Ziele und Prinzipien der Organisation,
darunter die Frderung der Einheit und Solidari-
tt zwischen den Mitgliedsstaaten, die Strkung
demokratischer Prinzipien und Institutionen, die
Verwirklichung von Frieden, Sicherheit und Sta-
bilitt sowie den Schutz von Grund- und Men-
schenrechten. Dass der Kontinent allerdings noch
weit von einem panafrikanischen Gemeinsinn
entfernt ist, wird im Angesicht der jngsten
fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Sdafrika
deutlich. Dabei wurden Einwanderer aus anderen
afrikanischen Lndern brutal angegriffen, ausge-
raubt und gettet. Die langjhrigen FNF-Partner
SOUTH AFRICAN INSTIUTE OF RACE RELATIONS (IRR)
und DEMOCRATIC ALLIANCE (DA) uern sich zu den
Ursachen von Fremdenfeindlichkeit in Sdafrika
und bringen Lsungsanstze vor, die vor allem
auf die Bekmpfung der hohen Arbeitslosigkeit
im Land abzielen.
Anlsslich der Feierlichkeiten fr den diesjhri-
gen Africa Day hielt der sdafrikanische Prsi-
dent Jacob Zuma eine Rede an der Universitt
von Pretoria:
Fremdenfeindliche bergriffe in Sdafrika Nr. 15 / Juni 2015 | 2
Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte
Wir haben uns heute auch versammelt, um die
Solidaritt und Freundschaft, die Sdafrikaner
in vielen Townships und Drfern anderen Afri-
kanern, die sich auf der Suche nach
einem besseren Leben in unserem
Land niedergelassen haben, entge-
gengebracht haben, zu feiern [].
Sdafrika ist seit Jahrzehnten das
Zuhause vieler Brger aus Mosam-
bik, Ruanda, Sambia, Simbabwe, Ni-
geria, der Demokratischen Republik
Kongo, Tansania, Burundi, Somalia,
thiopien, Lesotho, Swasiland,
Botswana, Algerien, Uganda, Kenia
und anderen. Es ist uns eine groe
Freude, dass wir heute gemeinsam
mit Brgern aus diesen Lndern die-
se Feierlichkeiten begehen. Wir sind
zu einem Volk geworden und wer-
den ein Volk bleiben; wir werden zu
allen Zeiten gemeinsam in Frieden
und Freundschaft leben. [] Nur als
Einheit werden wir Fortschritte er-
zielen.
In diesem Kontext konnten die fremdenfeindli-
chen bergriffe, die sich im April dieses Jahres in
Sdafrika ereignet haben, nicht unerwhnt blei-
ben:
Sdafrikaner sind nicht fremdenfeindlich. Es
gibt kriminelle Elemente, die kriminell han-
deln, um den Menschen ihr Hab und Gut zu
rauben, und vorgeben, sie seien fremdenfeind-
lich. Ich denke, dass es fr uns wichtig ist, sich
diesen simplen Sachverhaltes bewusst zu sein
[]. Die Medienberichte ber Gewalt und Fremdenfeindlichkeit sind berzogen.
Xenophobie? ist nicht der Fall
Ramaphosaville, ein Township am Ostrand von
Johannesburg, am 18. Mai 2008: Ein wtender
Mob strmt auf einen jungen Mann aus Mosam-
bik los, schlgt ihn, sticht mit Messern auf ihn
ein und setzt ihn bei lebendigem Leibe in Brand.
Ernesto Nhamuave ist einer von Hundertausen-
den Mosambikanern, die in der Hoffnung auf ein
besseres Leben ihre Heimat verlassen haben und
ihr Glck im Nachbarland Sdafrika suchen. Sie
leben meist in den Elendsvierteln der Grostdte
in rmsten Verhltnissen und schicken das weni-
ge Geld, das sie verdienen, an ihre Familien in
der Heimat. Die Bilder des Flammenmannes, wie er spter in den Medien genannt wird, gehen
um die Welt und werden zum Symbol fr die
fremdenfeindlichen Angriffe, die sich im Mai
2008 in weiten Teilen Sdafrikas ereignen. Bei
den Ausschreitungen kommen insgesamt 62
Menschen ums Leben und etwa 100.000 werden
vertrieben. Prsident Thabo Mbeki ordnet den
Einsatz der Truppen an zum ersten Mal seit dem Ende der Apartheid 1994 wird das Militr
zur Bekmpfung von Unruhen auf die Straen
geschickt. Zahlreiche Stimmen, sowohl aus der
Politik als auch aus der Zivilgesellschaft, werden
laut, man msse etwas dafr tun, damit sich
derlei Ereignisse nicht wiederholten:
Am heutigen Tag, an dem wir hier stellvertre-
tend fr unser Land versammelt sind, mssen
wir uns dazu verpflichten, nicht noch einmal
zuzulassen, dass irgendwer Schande ber un-
sere Nation bringt, indem er die Ubuntu-
Werte verrt [Anm.: Ubuntu bezeichnet eine
afrikanische Lebensphilosophie, in der
Menschlichkeit und gegenseitiger Respekt ei-
ne wichtige Rolle spielen], Verbrechen gegen
Besucher und Reisende in unserem Land
begeht und dadurch unsere Nation, die aus
Menschen grundguten Charakters besteht, in
Verruf bringt, als wren wir ein Volk, das von
der wie Krebs wuchernden Krankheit der
Fremdenfeindlichkeit befallen ist. [] Wir
werden sicherstellen, dass all diejenigen, die
fr die kriminellen Handlungen gegen afrika-
nische Einwanderer whrend jener dsterer
Tage im Mai verantwortlich sind, die volle
Hrte des Gesetzes zu spren bekommen, so
der damalige Prsident Mbeki.
Nelson Mandela und Erzbischof Desmond Tutu betrachten unglubig die Flagge
der Regenbogengeneration, die infolge fremdenfeindlicher Angriffe mit Blut
bedeckt wird. Quelle: 2012 Zapiro (All Rights Reserved) Printed/ Used with
permission from www.zapiro.com
Fremdenfeindliche bergriffe in Sdafrika Nr. 15 / Juni 2015 | 3
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Bis zum heutigen Tag ist kein einziger Verdchti-
ger fr die Ermordung von Ernesto Nhamuave
zur Rechenschaft gezogen worden. Die Polizei
stellte 2010 die Ermittlungen ein, da keine Zeu-
gen auffindbar seien. Doch als Anfang dieses
Jahres Journalisten der SUNDAY TIMES Ra-
maphosaville besuchten, konnten sie einen Au-
genzeugen ausfindig machen, der
die Tter namentlich benennen
konnte.
Alexandra, eines der rmsten Viertel
Johannesburgs, am 18. April 2015:
Drei Mnner gehen auf einen jungen
Mann aus Mosambik los, schlagen
und treten ihn, bis er zu Boden
strzt. Emmanuel Sithole liegt auf
einem Mllhaufen am Straenrand
und bettelt um sein Leben verge-bens, denn einer der Mnner sticht
mit einer Machete immer wieder auf
ihn ein. Journalisten der SUNDAY
TIMES, die vor Ort mit den Anwoh-
nern sprechen, deren Lden in der
Nacht zuvor geplndert worden sind,
werden zu Augenzeugen des Angriffs
und halten ihn in Bildern fest. Nach-
dem die Angreifer geflchtet sind,
bringen die Journalisten den
schwerverwundeten Mann in die
nchstgelegene Klinik, die wenige
Meter vom Tatort entfernt ist. Hier
kann man den Verletzten nicht ver-
sorgen der Arzt, der eigentlich Dienst htte, ist nicht anwesend aus Angst, Opfer der fremden-feindlichen Angriffe zu werden, da er ebenfalls
nicht aus Sdafrika stammt. Emmanuel Sithole
wird anschlieend in das nchste grere Kran-
kenhaus gefahren, wo er seinen Verletzungen
erliegt.
Wenige Tage spter feiert Sdafrika den Freedom
Day, der an die ersten freien Wahlen am 27. April
1994 erinnert. Jacob Zuma hlt im Rahmen der
Feierlichkeiten eine Rede in den Union Buildings
in Pretoria, dem Sitz der sdafrikanischen Regie-
rung:
Wir feiern in diesem Jahr den Freedom Day vor
dem Hintergrund einer schwierigen Zeit fr
unser Land. Sieben Menschen wurden wh-
rend der entsetzlichen Angriffe gegen Ausln-
der in Durban und Johannesburg gettet, da-
runter drei Sdafrikaner. [] Unter den Aus-
lndern, die in derselben Woche verstorben
sind, ist der mosambikanische Staatsbrger
Manuel Jossias, der von den Medien als Em-
manuel Sithole identifiziert wurde. Er wurde
whrend eines brutalen Raubberfalls
(callous robbery) im Township Alexandra
ermordet. Berichten zufolge hat er einen fal-
schen Namen verwendet, um zu vermeiden,
dass ihn die Behrden auffinden, da er ein ille-
galer Einwanderer war.
Wer die Ereignisse rund um die Ermordung des
jungen Mosambikaners mitverfolgt hat, sollte bei
der Wortwahl Zumas stutzig werden. Der Angriff
sei nicht durch Fremdenfeindlichkeit motiviert
gewesen, vielmehr habe es sich um einen bruta-len Raubberfall gehandelt man wundert sich, weshalb nach einem Raubberfall in den Ho-sentaschen des Toten Bargeld und ein Handy
gefunden wurden.
An dieser Stelle sei ein Vergleich angestellt Sdafrika 2008 und 2015: In beiden Jahren fin-
den gewaltsame Ausschreitungen gegen Einwan-
derer aus anderen afrikanischen Lndern statt.
Tausende von Menschen verlieren ihr Hab und
Gut und suchen Schutz in provisorisch errichte-
ten Flchtlingslagern oder kehren aus Angst vor
erneuten bergriffen in ihre Heimat zurck. Es
kommt zu zahlreichen Todesfllen und schweren
Verletzungen. Es sind in beiden Fllen junge
Mnner aus Mosambik, deren brutale Ermordung
von den Medien in Bildern dokumentiert wird
und die zum Symbol der Gewaltwelle gegen Aus-
lnder werden. In beiden Jahren verurteilt der
Quelle: UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA)
Fremdenfeindliche bergriffe in Sdafrika Nr. 15 / Juni 2015 | 4
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sdafrikanische Prsident die Geschehnisse und
verspricht, die Verantwortlichen zur Rechen-
schaft zu ziehen. Sowohl 2008 als auch 2015
bezeichnet der Prsident die fremdenfeindlichen
Angriffe allgemein als kriminelle Handlungen und nicht als Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit.
Thabo Mbeki spricht von naked criminal activi-ty, Jacob Zuma sieben Jahre spter von callous robbery. Was sich in den vergangenen Tagen ereignet hat, [] war nicht von Fremdenfeind-lichkeit motiviert, so Mbeki 2008. Wenn wir auf die Medien hren, die manchmal zu ber-
treibungen neigen, dann knnten wir den Ein-
druck gewinnen, wir htten ein Problem was nicht der Fall ist. Sdafrikaner sind nicht frem-
denfeindlich, bei den Angreifern handelt es sich
um Kriminelle, die auf opportunistischer Basis
agieren, so Zuma 2015. Die Parallelen sind nicht zu bersehen und veranschaulichen, dass die
Politik in den vergangenen sieben Jahren nicht
genug getan hat, damit sich Angriffe gegen Aus-
lnder wie im Jahr 2008 nicht wiederholen.
Die falschen Signale des ANC
Anfang April brachen in der Hafenstadt Durban
an der Ostkste Sdafrikas Ausschreitungen
gegen Auslnder aus anderen afrikanischen Ln-
dern aus. Huser und Geschfte wurden gepln-
dert, es kam zu ersten Todesfllen und zur Ver-
treibung von ganzen Menschenmassen. Die Ein-
wanderer nhmen den Einheimischen die Ar-
beitspltze weg, so die Meinung vieler Sdafri-
kaner. Ausgelst wurde die Gewaltwelle von den
Aussagen des Zulu-Knigs
Goodwill Zwelithini, der in einer
Rede Auslnder mit Flhen ver-
glich und sie aufforderte, ihre Sachen zu packen und nach
Hause zu gehen. Bald schwappte die Gewalt in die
Hauptstadt Johannesburg ber,
wo es zu mehrtgigen Straen-
kmpfen kam, die erst durch
den Einsatz der Armee beendet
werden konnten. Die genaue
Zahl der Todesopfer liegt Scht-
zungen zufolge zwischen acht
und fnfzehn, mehrere hundert
Menschen befinden sich in pro-
visorisch errichteten Flcht-
lingslagern und haben Angst in
ihre Huser zurckzukehren.
Diese Ereignisse liegen nun an-
derthalb Monate zurck was hat die sdafrikanische Regie-
rung in der Zwischenzeit unternommen? Die
Antwort der Regierungspartei AFRICAN NATIONAL
CONGRESS (ANC) lautet Operation Fiela, was auf
Sotho, einer der elf Amtssprachen des Landes, in
etwa Suberung bedeutet. Hinter dem Begriff steht eine Reihe von Razzien durch Einsatzkrfte
der Polizei und Armee in Grostdten, durch die
das Land von illegalen Waffen, Drogen, Prostitu-tion und anderen illegalen Aktivitten gesubert werden soll, so die offizielle Erklrung der Regie-
rung. Doch zahlreiche Menschenrechtorganisati-
onen sprechen von institutionalisierter Frem-denfeindlichkeit und betonen, dass die Razzien in erster Linie gegen Auslnder gerichtet sind.
Ferner werfen sie den Streitkrften in Zusam-
menhang mit den Razzien Menschenrechtsver-
letzungen vor. Die Nicht-Regierungsorganisation
LAWYERS FOR HUMAN RIGHTS erklrte, dass viele
Auslnder zu Unrecht in Haft gehalten wrden
und die Behrden ihren Anwlten den Zugang zu
den Hftlingen verweigerten.
Offiziell sollen die Suberungsaktion der Regie-rung die Kriminalitt im Land bekmpfen. Im
Grunde richtet sie sich jedoch vornehmlich ge-
gen Auslnder und frdert fremdenfeindliche
Ansichten, indem sie Auslnder fr die hohe
Kriminalittsrate in Sdafrika verantwortlich
macht. Insgesamt sendet der ANC mit seiner
Politik Signale, die den Eindruck erwecken, dass
Einwanderer in Sdafrika nicht willkommen sind.
So traten im vergangenen Jahr verschrfte Ein-
wanderungsgesetze in Kraft, die den Erhalt eines
Arbeitsvisums nahezu unmglich machen. In
Ein sog. spaza shop in Kapstadt, ein kleines Ladengeschft, das in vielen Townships von
Auslndern betrieben wird.
Foto: Wikimedia_Spaza_shop_in_Joe_Slovo_Park
Fremdenfeindliche bergriffe in Sdafrika Nr. 15 / Juni 2015 | 5
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seiner Rede zur Lage der Nation im Februar die-
ses Jahres erklrte Prsident Zuma, in Zukunft
solle Auslndern der Immobilienbesitz in Sdafri-
ka nicht mehr erlaubt sein. Als letztes Beispiel sei
die Aussage von Lindiwe Zulu, Minister of Small
Business, angesichts fremdenfeindlicher Aus-
schreitungen in Soweto Anfang dieses Jahres
erwhnt, auslndische Ladenbetreiber sollten
ihre Geschftsgeheimnisse mit Sdafrikanern
teilen, wenn sie Gewalt und Plnderungen ver-
hindern wollten. Angesichts derartiger Gesetze
und Aussagen einer Regierung, die nicht einmal
wei, wie viele Auslnder in Sdafrika leben Schtzungen reichen von zwei bis sechs Millio-
nen und allgemein von kriminellen Handlungen spricht anstatt das Problem beim Namen zu be-
nennen, sind in Zukunft weitere Angriffe gegen
Auslnder nicht auszuschlieen.
Ursachen und Lsungen von FNF-Partnern
Mitte April hat das SOUTH AFRICAN INSTITUTE OF
RACE RELATIONS (IRR), langjhriger FNF-Partner,
auf seiner FACEBOOK-Seite gepostet: Was wir schon 2008 gesagt haben und nun wiederholen, gefolgt von einem Artikel zu den Ursachen fr
die fremdenfeindlichen Angriffe im Jahr 2008,
den das Institut direkt im Anschluss an die Er-
eignisse publiziert hat. Sieben Jahre spter ist
der Artikel noch immer aktuell ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Regierung in der Zwi-
schenzeit nicht viel fr die Bekmpfung von
Fremdenfeindlichkeit getan hat. Dr. Frans Cronje,
Leiter des IRR, argumentiert in dem Artikel, dass
die bergriffe gegen Auslnder auf das Versagen
der Regierung zurckzufhren seien, das zu ei-
nem explosiven Gemisch aus Gesetzlosigkeit,
Armut und unerfllten Erwartungen gefhrt
habe, das sich nun in Form von Gewalt entznde.
Unter anderem in folgenden Bereichen habe die
Politik versagt:
Unfhigkeit, die Rechtsstaatlichkeit zu bewahren: Die Unfhigkeit des Polizei-
dienstes sowie der zustndigen Ministe-
rien, fr Recht und Ordnung zu sorgen,
frdert Gewalt.
Unzureichende Grenzkontrollen: Viele il-legale Einwanderer strmen durch die
nicht gengend geschtzten Landes-
grenzen nach Sdafrika und sind wegen
ihres Status einfache Beute.
Korruption: Korruption auf allen Regie-rungsebenen frdert fremdenfeindliche
Ressentiments, etwa gegen illegale Ein-
wanderer, die ihre Papiere durch Beste-
chung erhalten.
Arbeitslosigkeit: Die hohe Arbeitslosen-quote, die bei jungen Schwarzen bei
ber 50 % liegt, sorgt fr Frustration
und Zorn auf erwerbsttige Auslnder.
Bildung: Das marode Bildungssystem des Landes entlsst jedes Jahr Tausende von
Schler in eine Arbeitswelt, in der sie
keinerlei Chancen haben, da sie nicht
gengend qualifiziert sind.
Wirtschaftliches Wachstum: Der Inter-ventionismus des Staates hemmt das
Wirtschaftswachstum des Landes, in
wichtigen Bereichen, wie Stromversor-
gung und Telekommunikation.
ffentliche Dienstleistungen: Die Ge-meinden knnen, teils wegen Inkompe-
tenz, teils wegen Korruption, die Bevl-
kerung nicht ausreichend mit ffentli-
chen Dienstleistungen versorgen, was zu
gewaltsamen Protesten fhrt.
Im Anschluss an die fremdenfeindlichen ber-
griffe im vergangenen April erluterte Frans
Cronje in einem Interview die Hintergrnde der
Ereignisse und brachte Lsungsanstze vor. Hin-
ter derlei Ausschreitungen stehe stets ein drei-
stufiger Prozess, so Cronje. Erstens werde die
entsprechende Zielgruppe stigmatisiert, indem
gegen sie Vorwrfe vorgebracht wrden. Konkret
im Fall Sdafrikas werde Auslndern vorgewor-
fen, sie nhmen den Einheimischen die Arbeits-
pltze und Frauen weg. Als zweiter Schritt folge
daraufhin eine Dehumanisierung der Zielgruppe,
indem dieser ber einen lngeren Zeitraum in
zunehmendem Ma Gewalt zugefgt werde,
sodass sich die Gesellschaft gewissermaen da-
ran gewhne und abstumpfe. Ich glaube, dass
Dr. Frans Cronje Leiter des IRR
Foto: IRR, FNF-Partner
Fremdenfeindliche bergriffe in Sdafrika Nr. 15 / Juni 2015 | 6
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dies auch in Sdafrika passiert ist. Die vielen
Jahre von Gewalt gegen Einwanderer haben die
Sdafrikaner zu einem gewissen Grad kalt wer-
den lassen gegenber der Angst und dem Leid
der Auslnder []. Nachdem man Fremde als Gruppe stigmatisiert und dehumanisiert habe,
bedrfe es, drittens, einer Anstiftung zur Gewalt.
Dies sei durch die Aufforderung des Zulu-Knigs
und die Aussagen des ltesten Sohnes Zumas,
der Auslnder als tickende Zeitbombe, die droht, unser Land zu bernehmen bezeichnete, erfolgt. Die Tatsache, dass solch knappe Kommentare gengten, um eine derartige Gewaltwelle gegen
Fremde auszulsen, verdeutlicht, wie sehr die
Stigmatisierung und Dehumanisierung von Aus-
lndern in Sdafrika vorangeschritten ist.
Frans Cronje schlgt vor, dass es zur langfristigen
Bekmpfung von Fremdenfeindlichkeit in Sdaf-
rika zu einer Umkehrung dieses dreistufigen Pro-
zesses kommen msse. Zunchst msse man
Anstiftungen zu Gewalt gegen Fremde straf-
rechtlich verfolgen und anschlieend gegen die
Dehumanisierung und Stigmatisierung von
Fremden vorgehen. Dies sei nur mglich, wenn
man das Narrativ ber Fremde in Sdafrika lang-
fristig verndere. Es seien in der Regel hartarbei-
tende und motivierte Menschen, die das Risiko
einer Auswanderung aus sich nhmen; sie min-
derten nicht die Chancen der Einheimischen auf
dem Arbeitsmarkt, sondern schufen oftmals zu-
stzliche Arbeitspltze. Die von weiten Teilen der
Bevlkerung erhobene Forderung, man msse die
Einwanderung durch die Schlieung der Grenzen
regulieren, sei der falsche Weg. Vielmehr msse
die Politik Wege finden, um eine legale Einwan-
derung von Auslndern, die zur wirtschaftlichen
Entwicklung des Landes beitrugen, zu erleich-
tern. Wenn wir als Land den Punkt erreichen, an dem wir verstehen, dass es vlliger Unsinn ist,
alle Auslnder vertreiben zu wollen, dann erst
werden wir [] zum ersten Mal eine Chance haben, den Kampf gegen fremdenfeindlich moti-
vierte Gewalt zu gewinnen. Ich befrchte, dass
Fremdenfeindlichkeit auch in Zukunft eine Rolle
in unserem Land spielen wird, solange wir nicht
an diesem Punkt angelangt sind.
Auch der politische Partner der FNF, die Opposi-
tionspartei DEMOCRATIC ALLIANCE (DA), uerte
sich kritisch zum Umgang der Regierung mit der
seit nunmehr mehreren Jahren grassierenden
Auslnderfeindlichkeit im Land. Mmusi Maimane,
Parteivorsitzender der DA, erklrte, dass die
Hauptursache fr die fremdenfeindlichen Aus-
schreitungen in der hohen Arbeitslosigkeit liege,
und formulierte liberale Lsungsanstze, die u.a.
auf die Frderung von Jungunternehmern abzie-
len:
Whrend der vergangenen zwei Wochen sind
wir in Sdafrika zum wiederholten Male Zeu-
gen einer Welle fremdenfeindlicher bergriffe
in weiten Teilen des Landes geworden; unsere
Medien werden von herzzerreisenden Bildern
von Kameraden aus Afrika beherrscht, die auf
grausamste Weise behandelt werden. [] Ich
verstehe den Frust der Sdafrikaner, vor allem
der arbeitslosen Jugendlichen, die sich schwer
tun, einen Weg zu finden, um ihr Leben zu ver-
bessern. Arbeitspltze sind rar. Unsere Wirt-
schaft schliet weiterhin Millionen Sdafrika-
ner aus. Indem man diesen Zorn und Frust auf
eine kleine Gruppe von Auslndern projiziert,
die zu Unrecht diffamiert und zu Opfer von
Gewalt geworden sind, bekmpft man aller-
dings nicht die Ursachen dieses Frusts. [] Die
Wurzeln dieses Problems liegen in unserer Un-
fhigkeit, wirtschaftliches Wachstum zu
schaffen und die Ungleichheit, die unsere Na-
tion plagt, abzubauen. [] Wenn wir die ei-
gentlichen Ursachen von Fremdenfeindlichkeit
bekmpfen wollen, dann mssen wir die Ar-
beitslosigkeit bekmpfen. Wir mssen kleine
und mittelstndische Unternehmen frdern
und Arbeitspltze schaffen. [] Der Feind sind
nicht die Unternehmer. Der wahre Feind ist ei-
ne von Korruption geprgte Kultur, die [] le-
diglich der Elite Mglichkeiten bietet und den
Rest ausschliet. Wenn wir zusammenarbei-
Mmusi Maimane, Parteivorsitzender DA
Foto:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/
3/3b/Mmusi_Maimane_%28cropped%29.jpg
Fremdenfeindliche bergriffe in Sdafrika Nr. 15 / Juni 2015 | 7
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ten, um diese Kultur von Grund auf zu vernich-
ten, dann haben wir eine Chance, Fremden-
feindlichkeit zu bekmpfen und Menschlich-
keit in unserer Gesellschaft wiederherzustel-
len.
Um die in Sdafrika weitverbreitete Fremden-
feindlichkeit zu bekmpfen, bedarf es mehr als
Polizeirazzien und Beteuerungen durch die Re-
gierung. Solange die Arbeitslosenquote weiter
ansteigt und das Wirtschaftswachstum nicht
angekurbelt wird, wird die Verzweiflung vor al-
lem unter jungen Menschen, die nichts zu verlie-
ren haben und Auslndern die Schuld fr ihre
Misere geben, anhalten. Der Schlssel zu einer
langfristigen Lsung des Konfliktes liegt in Inves-
titionen in eine bessere Bildung ein Bereich, in dem die aktuelle Regierung miserabel abschnei-
det. Hinzu kommen Korruption auf allen Regie-
rungsebenen, die Verletzung von Grund- und
Menschenrechten sowie die Missachtung der
Rechtsstaatlichkeit. Gerade in diesen Bereichen
hat die junge Demokratie noch einiges aufzuho-
len, um das Versprechen, das ihr erster Prsident
Nelson Mandela in seiner Amtsantrittsrede 1994
gegeben hat, dass es niemals, niemals, niemals wieder in diesem wunderschnen Land dazu
kommen soll, dass der eine den anderen unter-
drckt, einzulsen.
Katerina Georgousaki, Regionalbro Sdafrika der Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit mit
Sitz in Johannesburg..
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