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Aus dem Institut filr Lebensmittelhygiene der Karl-Narx-Universitat Leipzig (Direktor: Prof. Dr. W. LEISTNER) Grundlagen und Anwendung der histometrischen Bindegewebsbestimmung E. SCHARNER DK 637.523 511-018.2 Wurst Bindegcwebs-Bestimmung, histometrisch Auf histometrischem Wege laDt sich der 3indegewebsgehalt mit Hilfe des Integrations- verfahrens bestimmen. Der histometrisch ermittelte Bindegewebsgehalt von Salami- Wiirsten liegt im Durchschnitt bei 18%, der von Zervelatwiirsten bei 17%. Zur Be- schlcunigung der Untersuchung eignet sich die Alginateinbettung mit anschlieDendcr Farbung nach VAN GIESON. Die Ermittlung dcs Bindegcwebsgehaltes, der bekanntlich fur die Qualitat z. B. von Wurst mitbestimmend ist, kann nach chemischen. biochemischen odcr histometrischen Verfahren erfolgen; die letztere Untersuchung bei Wurstwaren erfolgt iiber selektive Rindcgewebsfar- bungen. Auf dicse Weise lassen sich die Unterschicde zwischen Bindegewebsteilchen und Muskelfascrn gut erkenncn. Die histometrische Technik ful3t auf der volumometrischcn Be- stimmung des Bindegewehes in einer Rohwurst und nird dnrch die Ermittlung von Frachen in mehreren Ehenen erfal3t. Von ICOTTER [I] wurde das Integrationsverfahren von der Mine- ralogie auf die Lebensmittelhistologie ilbertragen. Das Prinzip der Bindegewcbsbestimmungen beruht auf dcr huszahlung von Trcffern (Punkten). Durch eine Vorrichtung wird der Objekttrlger urn einstellbare konstante Wege weiter- geschobcn (Abb. I). Das unter dem Fadenkreuz erscheincndc Gewebsteilchen wird registriert (Abb. 2). Durch die Kopplung mit einer elektromechanischen Zahleinrichtung konnen die einzelnen Bindegewcbselemente ausgezahlt werden. I3ei dcr Verwendung der Integrations- einrichtung kann eine Flache von 24 x 24 mm ansgewertet merden. Vom elektromechani- schen Zahlwerk werden die Schritte des Integrationstischcs gcsteuert. Die GroBc der Schrittc ist einstellbar; sic werden in vertikaler Richtung durch den Druck einer Taste, die diese Ge- webskomponente registriert, elektrisch ausgelost. Die Einstellung in horizontaler Hichtung auf die nachste Reihe erfolgt durch die Hand (L\bb, I). Das Objekt wird dadurch \vie ein symmetrisches Punktgitter durchmustert. Die SchrittgrijDen lassen 6 vcrschiedene Varianten zu; narnlich 0,6; o,i; 0,3; o,~; O,I; 0,05 mm. Die mittlcre KorngroOe der Gewebstcile ist fur die Einstellung der SchrittgroDen ma0gebend. Man erreicht damit, daD die Punktabstande gleich groB sind und daB jedes Korn nur einmal gezahlt wircl. Die Messung nird urn so erakter, je mehr Punkte gezahlt werden. Beim Druck auf die Taste bewegt sich der Integrationstisch automatisch um einen Schritt weiter, wahrend das unter dem Fadenkrcuz liegende Gewebe- stuck von dem betreffenden Zahlwerk registriert wird (-4bb. 2). Eine neue vcrtikale Linie wird von Hand eingestellt. Dcr Vorschub kann o,~ mm oder ein Vielfaches davon betragen. In methodischer Hinsicht bietet die Bindegewebshistometric ebenso nie die anderen z Vcr- fahren (Hydroxyprolingehalt, Trypsinverdauung) Vorteile und Nachteile. Ohne auf die Vor- teile einzugehen, die schon oft behandelt worden sind, sei in bezug anf die Nachteile grund- satzlich gesagt, daD der Hydroxyprolingehalt des elastischen Bindegewebes geringer ist als

Grundlagen und Anwendung der histometrischen Bindegewebsbestimmung

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Page 1: Grundlagen und Anwendung der histometrischen Bindegewebsbestimmung

Aus dem Institut filr Lebensmittelhygiene der Karl-Narx-Universitat Leipzig (Direktor: Prof. Dr. W. LEISTNER)

Grundlagen und Anwendung der histometrischen Bindegewebsbestimmung

E. SCHARNER

DK 637.523 511-018.2 Wurst Bindegcwebs-Bestimmung, histometrisch

Auf histometrischem Wege l a D t sich der 3indegewebsgehalt mit Hilfe des Integrations- verfahrens bestimmen. Der histometrisch ermittelte Bindegewebsgehalt von Salami- Wiirsten liegt im Durchschnitt bei 18%, der von Zervelatwiirsten bei 17%. Zur Be- schlcunigung der Untersuchung eignet sich die Alginateinbettung mit anschlieDendcr Farbung nach VAN GIESON.

Die Ermittlung dcs Bindegcwebsgehaltes, der bekanntlich fur die Qualitat z. B. von Wurst mitbestimmend ist, kann nach chemischen. biochemischen odcr histometrischen Verfahren erfolgen; die letztere Untersuchung bei Wurstwaren erfolgt iiber selektive Rindcgewebsfar- bungen. Auf dicse Weise lassen sich die Unterschicde zwischen Bindegewebsteilchen und Muskelfascrn gut erkenncn. Die histometrische Technik ful3t auf der volumometrischcn Be- stimmung des Bindegewehes in einer Rohwurst und nird dnrch die Ermittlung von Frachen in mehreren Ehenen erfal3t. Von ICOTTER [I] wurde das Integrationsverfahren von der Mine- ralogie auf die Lebensmittelhistologie ilbertragen. Das Prinzip der Bindegewcbsbestimmungen beruht auf dcr huszahlung von Trcffern (Punkten).

Durch eine Vorrichtung wird der Objekttrlger urn einstellbare konstante Wege weiter- geschobcn (Abb. I) . Das unter dem Fadenkreuz erscheincndc Gewebsteilchen wird registriert (Abb. 2). Durch die Kopplung mit einer elektromechanischen Zahleinrichtung konnen die einzelnen Bindegewcbselemente ausgezahlt werden. I3ei dcr Verwendung der Integrations- einrichtung kann eine Flache von 24 x 24 mm ansgewertet merden. Vom elektromechani- schen Zahlwerk werden die Schritte des Integrationstischcs gcsteuert. Die GroBc der Schrittc ist einstellbar; sic werden in vertikaler Richtung durch den Druck einer Taste, die diese Ge- webskomponente registriert, elektrisch ausgelost. Die Einstellung in horizontaler Hichtung auf die nachste Reihe erfolgt durch die Hand (L\bb, I ) . Das Objekt wird dadurch \vie ein symmetrisches Punktgitter durchmustert. Die SchrittgrijDen lassen 6 vcrschiedene Varianten zu; narnlich 0,6; o , i ; 0,3; o , ~ ; O , I ; 0,05 mm. Die mittlcre KorngroOe der Gewebstcile ist fur die Einstellung der SchrittgroDen ma0gebend. Man erreicht damit, daD die Punktabstande gleich groB sind und daB jedes Korn nur einmal gezahlt wircl. Die Messung nird urn so erakter, je mehr Punkte gezahlt werden. Beim Druck auf die Taste bewegt sich der Integrationstisch automatisch um einen Schritt weiter, wahrend das unter dem Fadenkrcuz liegende Gewebe- stuck von dem betreffenden Zahlwerk registriert wird (-4bb. 2).

Eine neue vcrtikale Linie wird von Hand eingestellt. Dcr Vorschub kann o , ~ mm oder ein Vielfaches davon betragen.

In methodischer Hinsicht bietet die Bindegewebshistometric ebenso nie die anderen z Vcr- fahren (Hydroxyprolingehalt, Trypsinverdauung) Vorteile und Nachteile. Ohne auf die Vor- teile einzugehen, die schon oft behandelt worden sind, sei in bezug anf die Nachteile grund- satzlich gesagt, daD der Hydroxyprolingehalt des elastischen Bindegewebes geringer ist als

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234 SCHARNER

der des kollagenen Gewebes [2]. Das Trypsin-Verdauungsverfahren zeigt den Nachteil, daB die Trypsinresistenz der Bindegewebsarten in enger Beziehung zur Faserstruktur steht, die in den einzeluen Biudegewebsarten nicht einheitlich ist [3]. Das fur die Histometrie ma& gebliche Volumen haugt vom Quellungszustand des Gewebes a b [4]. Auf diese Zusammen- hange haben neuerlich auch LINKE u. a. [5] bei den Untersuchungen iiber Zusammensetzung und Verhalten des Bindegewebes der Schlachttiere verwiesen. Hierzu sei bemerkt, da13 bei Rohwiirsten - wie anzunehmen ist - der Quellungszustand des Gewebes eine wesentlich geringere Rolle spielt als bei Brtlh- und Kochwursten.

Der Gehalt an Bindegewebe von Rohwiirsten hoher Qualitat darf sich nur in bestininiten Grenzen bewegen. Bei Verwendung von Fleisch der Sorte I zu Salami- oder Zervelatwtirsten entsteht ein Produkt, desscn Bindegewebsgehalt sich in zulassigen Grenzen halt. Wird aber

Abb. 2

Abb. I . Schematische Darstellung der Punkte, die beim Weiterriicken als Treffer gelten.

Abb. 2. Schematische Darstellung unterschiedlicher Gewebsarten im mikroskopischcn Bild. Das Fadenkreuz gibt den zu bewertenden Punkt an

die Fleischwertsortierung nicht beachtet und auch stark sehniges Fleisch sowie bindegewebs- reiche Tierkorperteile verarbeitet, daun liegen im N a r - und GenuDwert herabgesetzte Er- zeugnisse vor, die nicht der vorgeschriebenen Qualitatsstufe entsprechen.

In Zusammenarbeit rnit ROSSMANN [6] haben wir uns, von den vorangehenden Uberlegungen geleitet, mit der Bestimmung des Bindegewebes auf histometri- schem Wege beschaftigt, und zwar an 41 Salami- und 19 Zervelatwursten.

Eigene Versucke

Je etwa 40 g der mit einem Messer zerkleinerten Wurst wurden zur Extraktion des Fettes mit IOO ml Tetrachlorkohlenstoff im Mixgerat etwa 10 min gemischt. Nach zqstd. Stehen in einem Praparateglas wurde der fetthaltige Tetrachlor- kohlenstoff iiber Filternutsche mit einer Laborpumpe abgesaugt und das Wurst- gut mit IOO ml Tetrachlorkohlenstoff nachgewaschen ; diese IOO ml Wasch- losungsmittel wurden fur die nachste Probe verwendet. Das so vorbehandeltc Wurstgut wurde nach Trocknen wahrend einiger Stunden bei 37 "C im Brut- schrank mit einer Io%igen Alginatlosung in ublicherweise eingebettet. Ver- wendung fand dabei das in der Dentaltechnik eingesetzte ,,Protonal S". Et-

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Histometrische Bindegewebsbestimmung 235

T a b e l l e I Ilistometrisch ermittelter Bindegewebsanteil von Salamiwurst

Lfd. Nr.

I

L

3 4 5 6 7 8 9

10

I 1

I 2

13 I 4 I5 16 '7 18 I9 2 0

2 1

2 2

23 24 2.5 2 6

27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41

min. max. ._ 111

Durchschnitt: 17,86

V b S

min = Yinimum des Stichprobenumfanges max = Naximum des Stichprobenumfanges m = Mittelwwt des Stichprobennmfanges Vb = Variationsbreite S = Streuung

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236 SC~ARNER

wa 5 g Untersuchurigsmaterial, mit 3 g Alginat im Morser durchmischt, wurden zu kleinen Blockchen mit etwa I cm Kantenlange geformt und dann 24 h lang in einer roxigen Calciumchloridlosung gehartet. Nach entsprechendem Zu- schneiden der Blockchen wurden 10 pm dicke Schnitte hergestellt. Das Aufzie- hen der Schnitte erfolgte mit EiweiOglycerinlosung ; die Schnitte wurden 24 h vor der Anfarbung getrocknet.

Zur Farbung (jeweils 15 Schnitte) diente die Bindegewebsfarbung nach VAW

GIESON. Die 10 besten Schnitte gelangten zur Auswertung. Die farbmaOige Abgrenzung der Bindegewebsteilchen war eindeutig ; in vielen Muskelteilchen war sogar das Endomyosin, die die Muskelfasern umschliefiende Bindegewebs- hulle, gut zu erkennen.

Die histometrische Auswertung erfolgte rnit der Integrationseinrichtung ELTI- NOR. Der Integrationstisch ist, wie bereits erwaihnt, mit einem elektromechani- schen Zahlwerk gekoppelt, der MeGbereich betragt 24 x 24mm, die Einzelschrittc werden vom Ziihlwerk ausgesteuert und registriert.

Von jedem Schnitt sind 1000 Punkte von Gewebeteilchen ausgezahlt worden. Wurden z. B. 286mal unter dem Fadenkreuz Bindegewebe vorgefunden und

T a b e l l e 2

Histometrisch ermittelter Bindegewebsanteil von Zervelatwurst

I *

3 4 5 6 7 8 9

I0

I1

I 2

I3 I4 I5 16 17 18 19

max.

Durchschnitt : 17,29

min = Minimum des Stichprobenumfanges max = Maximum des Stichprobenumfanges m = Mittelwert des Stichprobenumfanges Vb = Variationsbreite S = Streuung

~.

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Histometrische Bindegeivebsbestimmung 237

714mal Muskulatur, dann enthielt dieser Schnitt 28,6% Bindegewebe. Durch Mittelwertbildung der Messungen von 10 Schnitten werden die histometrisch erfal3ten reprasentativen Bindegewebsgehalte fur die betreffende \Yurst er- halten; die Ergebnisse solcher Untersuchungen sind in Tab. I und 2 angegeben. Um einen uberblick iiber Streuung, Variationsbreite sowie obere und untere Grenzen bei jeder Probe zu vermitteln, sind diese Werte in beiden Tabellen mit aufgefiihrt.

Nach Tab. I und z ist der Bindegewebsanteil der untersuchten Proben recht unterschiedlich. Wahrend qualitativ hochwertige Salamiwurste nur bis zu 14 Vol.-yb Bindegewebe enthalten, liegt der Gehalt bei weniger guten Wiirsten uber 25 Vol.-o/,. Ahnlich gestalten sich die Verhiiltnisse bei Zervelatwiirsten. Zur Sicherung von definitiven, verbindlichen Grenzwerten ist die Ermittlung weiterer Werte, insbesondere auch an anderen Untersuchungsstellen, angezeigt.

\Vir danken dem Institut fur Tierzucht und Tierernahrung (Direktor: Dr. Dr. habil. H. GEHRKE) fur die uberlassung der Integrationseinrichtung fur die Dauer der Untersuchung.

S u m m a r y

E. SCHARNER: The bases and the application of the histometric determination of connective tissues

The connective tissue content may be determined histometrically by means of the inte- gration method, The histometrically determined connective tissue content of salame averages it%?;; that of saveloy, 17%. The determination can be speeded by alginate embedding and subsequent staining according to VAN GIESON.

P e a ~ o ~ e

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L i t e r a t u r

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