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182 FRIEDERICHS: Grunds~tzliches .fiber die Lebenseinheiten h6herer Ordnung. [ Die Natur- [wissensehaften breite ~ auf Grund der mikrophotometrisch registrierten Schw~rzungskurven nach der Methode G. HANSENS ausgemessen. Die erste Messungsreihe ergab bei der Umdrehungszeit T = o,o39 89 Sek. flit 2 dim Mittel den Weft 2 d~ = o,917, wobei die grSBte Abweichung des Einzelwertes yore Mittel etwa 2% betrug; die zweite Messungs- reihe lieferte bei derselben Umlaufszeit 2 A~ = o,924 mi¢ der gr6Bten Abweichung des Einzelwertes vom Mittel yon etwas fiber 3%. Aus der Winkelgeschwindigkeit, Interfero- meterfl~che und Wellenlange der grfinen Hg-Linie bereehnet man auf Grund yon (i) 2 d = o,9o6. Die beobachteten Mittelwerte sind um 1,2% bzw. um nicht ganz 2% gr6Ber. Nach einer brief- lichen Bemerkung Hrn. v. LAUES, der ich durch- aus beistimme, erscheint die Abweichung zwischen der berectmeten und beobachteten (mittleren) Streifenverschiebung ffir die gute 1)bereinstim- mung zwischen den Einzelbeobachtungen etwas groB. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. AnBer mit der grfinen Hg-Linie sollen noch Auf- nahmen mit anderen Wellenl~ngen gemacht wer- den. AuBerdem war beabsichtigt, zwischen den Spiegeln S~ und Se bzw. S~ und S 4 je eine Flfissig- keitskammer einzuschalten, wodurch die Gr6Be der Verschiebung nicht beeinflul3t werden darf. Die Versuche mit den Flfissigkeitskammern ffihrten jedoch zu keinem Ergebnis. Es wurden Flfissigkeiten verschiedener Viscosit~t yon Benzol bis Glycerin ausprobiert; infolge der Schlieren jedoch haben die Interferenzen ihre Scharfe und Geradlinigkeit eingebfiBt und je nach der Gr6Be der Viscosit~t haben sich SchXrfe, Geradlinigkeit, Breite und Orientierung der Interferenzstreifen mit der Zeit langsamer oder schneller ver~ndert, so dab an ein Messen nicht zu denken war. Es werden jetzt ca. 24 cm lange Glasprismen start der Flfissigkeitskammern eingebaut. Im Gegensatz zur HARRESSschen Anordnung werden also diese Prismen nut zum Durchgange des Lichtes benfitzt und an keiner Prismenfl~che er- folgt eine Reflexion des interferierenden Biindels. Sollte sich also trotz der getroffenen Magregeln eine geringe Durchbiegung zeigen, so wird sie sich nicht in einer astigmafischen Reflexion auswirken k6nnen. Ich hoffe fiber die Resultate demn/ichst berichten zu k6nnen. Grunds~itzliches fiber die Lebenseinheiten h6herer Ordnung und den 5kologischen Einheitsfaktor 1). Von K. FRtEDERICHS, Rostock. (SchluB.) Eine notwendige ulld direkte Folgerung aus der Einheit der Natur ist, dab yon den zatillosen einzelnen 6kologischen Faktoren, aus denen sich jedes Milieu zusammensetzt, zwar jeder einzelne fiir sich, aber nicht nut ifir sich einwirkt, sondern fugleich alle im Verband miteinander als Einheits- zaktor eillwirken. Ein bestimmtes Nebeneinander yon Lebensbedingungen muB verwirklicht sein, damit eine bestimmte Art yon Organismen be- stehen kann, z. 13. diejenige Kombination, die wit ,,Moor" nennen, ffir die speziellen Pfianzen und Tiere des Moores. Aber nicht immer handelt es sich nut um ein Nebeneinander, sondern es kann ein Nacheinander yon Lebensbedingungen erfor- derlich sein, also der Wechsel der Lebensbedin- gungen selbst Lebensbedingung werden, z.B. im Falle jener Schmetterlinge, deren Entpuppung Frost vorhergegangen sein muB. In allen Fallen abet handelt es sich weder um ein blofles Nebeneinander noch um ein Nachein- ander allein, sondern die einzelnen Faktoren stehen untereinander in Verknfipfung und XNechselwir- kung; sie bedingen sieh alle direkt oder indirekt 1) L Die Begriffe Lebensgemeinschaft und Lebens- verein, Biotop und Standort. 2. Die Lebenseinheiten h6herer Ordnung. 3. I)ber Zweckm~gigkeit in der Natur. 4- Der 6kologische Einheitsfaktor und 5. seine ]3edeutung ffir die Entstehung tier Arten. gegenseitig. Aus dieser allgemeinen Verkoppelung resultiert, dab die Einzelfaktoren neben ihrer Einzelwirkung zusammengefaBt als Einheitsfaktor wirken mfissen, nnd zwar gibt es Einheitsiaktoren niederen und solche h6heren Grades, die niedere einschlieBen. Ein Einheitsfaktor ist die Lebens- gemeinschaft, aber auch das Klima. Letzteres ist ein Bestandteil desjenigen Einheitsfaktors, der durch den physiographischen Komplex zur Einheit gemacht wird: die Ganzheit der physiographischen Faktoren. Die Ganzheit der bioc6notischen Fak- toren halt der bioc6notisehe (biotische) Komplex zusammen. Beide zusammen bilden den tellurischen Komplex, auf den wiederum extratellurische Ein- flfisse (wie das Sonnenlicht) einwirken. Die Ge- samtheit aller Faktoren bildet in ihrer spezifischen 6rtlichen Beschaffenheit den lokale~ E~nheits]aktor. Dieser ist kosmischer, d.h. universeller Nature). Von einem solchen werden nicht nur kleine ein- heitliche Gebiete, wie ein Moor oder ein Wald, beherrscht, sondern auch gr6Bere oder sehr groBe 1) Er beruht auf dem kosmischen IKomplex. ~Vir k6nnen nns zwar keine Einwirkung der tellurischen Einzelfaktoren anI extratellurische vorstellen, wohl abet eine solche der Erde im ganzen darauf. -- Da der Ausdruck Konvplex neuerdings viel miBbraucht yard, so kann gleichbedeutend GeJlecht gesagt werden, wenn man das vorzieht.

Grundsätzliches über die Lebenseinheiten höherer Ordnung und den ökologischen Einheitsfaktor

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Page 1: Grundsätzliches über die Lebenseinheiten höherer Ordnung und den ökologischen Einheitsfaktor

182 FRIEDERICHS: Grunds~tzliches .fiber die Lebenseinheiten h6herer Ordnung. [ Die Natur- [wissensehaften

breite ~ auf Grund der mikrophotometrisch registrierten Schw~rzungskurven nach der Methode G. HANSENS ausgemessen. Die erste Messungsreihe ergab bei der Umdrehungszeit T = o,o39 89 Sek. f l i t 2 d i m Mittel den Wef t

2 d~ = o,917,

wobei die grSBte Abweichung des Einzelwertes yore Mittel etwa 2% betrug; die zweite Messungs- reihe lieferte bei derselben Umlaufszeit

2 A~ = o,924

mi¢ der gr6Bten Abweichung des Einzelwertes vom Mittel yon etwas fiber 3%.

Aus der Winkelgeschwindigkeit, Interfero- meterfl~che und Wellenlange der grfinen Hg-Linie bereehnet man auf Grund yon (i)

2 d = o,9o6.

Die beobachteten Mittelwerte sind um 1,2% bzw. um nicht ganz 2% gr6Ber. Nach einer brief- lichen Bemerkung Hrn. v. LAUES, der ich durch- aus beistimme, erscheint die Abweichung zwischen der berectmeten und beobachteten (mittleren) Streifenverschiebung ffir die gute 1)bereinstim- mung zwischen den Einzelbeobachtungen etwas groB.

Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen.

AnBer mit der grfinen Hg-Linie sollen noch Auf- nahmen mit anderen Wellenl~ngen gemacht wer- den. AuBerdem war beabsichtigt, zwischen den Spiegeln S~ und Se bzw. S~ und S 4 je eine Flfissig- keitskammer einzuschalten, wodurch die Gr6Be der Verschiebung nicht beeinflul3t werden darf.

Die Versuche mit den Flfissigkeitskammern ffihrten jedoch zu keinem Ergebnis. Es wurden Flfissigkeiten verschiedener Viscosit~t yon Benzol bis Glycerin ausprobiert; infolge der Schlieren jedoch haben die Interferenzen ihre Scharfe und Geradlinigkeit eingebfiBt und je nach der Gr6Be der Viscosit~t haben sich SchXrfe, Geradlinigkeit, Breite und Orientierung der Interferenzstreifen mit der Zeit langsamer oder schneller ver~ndert, so dab an ein Messen n ich t zu denken war.

Es werden je tz t ca. 24 cm lange Glasprismen start der Flfissigkeitskammern eingebaut. Im Gegensatz zur HARRESSschen Anordnung werden also diese Prismen nut zum Durchgange des Lichtes benfitzt und an keiner Prismenfl~che er- folgt eine Reflexion des interferierenden Biindels. Sollte sich also trotz der getroffenen Magregeln eine geringe Durchbiegung zeigen, so wird sie sich nicht in einer astigmafischen Reflexion auswirken k6nnen. Ich hoffe fiber die Resultate demn/ichst berichten zu k6nnen.

Grunds~itzliches fiber die Lebenseinheiten h6herer Ordnung und den 5kologischen Einheitsfaktor 1).

Von K. FRtEDERICHS, Rostock. (SchluB.)

Eine notwendige ulld direkte Folgerung aus der Einheit der Natur ist, dab yon den zatillosen einzelnen 6kologischen Faktoren, aus denen sich jedes Milieu zusammensetzt, zwar jeder einzelne fiir sich, aber nicht nut ifir sich einwirkt, sondern fugleich alle im Verband miteinander als Einheits- zaktor eillwirken. Ein bestimmtes Nebeneinander yon Lebensbedingungen muB verwirklicht sein, damit eine best immte Art yon Organismen be- stehen kann, z. 13. diejenige Kombination, die wit ,,Moor" nennen, ffir die speziellen Pfianzen und Tiere des Moores. Aber nicht immer handelt es sich nut um ein Nebeneinander, sondern es kann ein Nacheinander yon Lebensbedingungen erfor- derlich sein, also der Wechsel der Lebensbedin- gungen selbst Lebensbedingung werden, z .B . im Falle jener Schmetterlinge, deren Entpuppung Frost vorhergegangen sein muB.

In allen Fallen abet handelt es sich weder um ein blofles Nebeneinander noch um ein Nachein- ander allein, sondern die einzelnen Faktoren stehen untereinander in Verknfipfung und XNechselwir- kung; sie bedingen sieh alle direkt oder indirekt

1) L Die Begriffe Lebensgemeinschaft und Lebens- verein, Biotop und Standort. 2. Die Lebenseinheiten h6herer Ordnung. 3. I)ber Zweckm~gigkeit in der Natur. 4- Der 6kologische Einheitsfaktor und 5. seine ]3edeutung ffir die Entstehung tier Arten.

gegenseitig. Aus dieser allgemeinen Verkoppelung resultiert, dab die Einzelfaktoren neben ihrer Einzelwirkung zusammengefaBt als Einheitsfaktor wirken mfissen, nnd zwar gibt es Einheitsiaktoren niederen und solche h6heren Grades, die niedere einschlieBen. Ein Einheitsfaktor ist die Lebens- gemeinschaft, aber auch das K l i m a . Letzteres ist ein Bestandteil desjenigen Einheitsfaktors, der durch den physiographischen Komplex zur Einheit gemacht wird: die Ganzheit der physiographischen Faktoren. Die Ganzheit der bioc6notischen Fak- toren halt der bioc6notisehe (biotische) Komplex zusammen. Beide zusammen bilden den tellurischen Komplex, auf den wiederum extratellurische Ein- flfisse (wie das Sonnenlicht) einwirken. Die Ge- samtheit aller Faktoren bildet in ihrer spezifischen 6rtlichen Beschaffenheit den lokale~ E~nheits]aktor. Dieser ist kosmischer, d .h . universeller Nature). Von einem solchen werden nicht nur kleine ein- heitliche Gebiete, wie ein Moor oder ein Wald, beherrscht, sondern auch gr6Bere oder sehr groBe

1) Er beruht auf dem kosmischen IKomplex. ~Vir k6nnen nns zwar keine Einwirkung der tellurischen Einzelfaktoren anI extratellurische vorstellen, wohl abet eine solche der Erde im ganzen darauf. -- Da der Ausdruck Konvplex neuerdings viel miBbraucht yard, so kann gleichbedeutend GeJlecht gesagt werden, wenn man das vorzieht.

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Heft 8. ] 25, z. x9273

FRIEDERIC~IS: Grunds~tzliches fiber

Lands t recken , wie unsere Ostseekfiste oder die Arkt is s tehen un te r ihrer spezifischen Gesetzlich- kei t 1). Die Gesamthe i t der physiographisehen und bioc6not ischen ]3edingungen, als E inhe i t s fak to r zusammengefaBt , b e s t i m m t den Charak te r der ,,Landschaft".

Gegenfiber der e twa e rhobenen Frage , ob jede Eigenschaf t und jede ~Tirkung des Einhei tsfak~ors als eine Resu l t an te der E igenschaf ten und Wir- kungen der E inze l fak to ren be t r ach t e t werde oder ob der Einhe i t s fak tor , wie es ffir die Organismen der Vi ta l i s t a n n i m m t , e twas darf iber h inaus Ieiste und bedeute , sei erwidert , dab bier jedenfal ls nichts anderes un te r dem Einhe i t s fak to r ve r s t anden wird, als was wir zur Zei t greifen und ve r s t ehen k6nnen: die dutch Wechselwirtcung der lokalen ~aktoren au] einander vereinheittichte Kombination der- selben. Aber auch in dieser ganz und gar n icht mys t i sehen Auffassung gew~hr t der Einhe i t s fak tor , den wi t e twas weniger farblos den holocSnen F a k t o r oder das HolocSn nennen k6nnen, f iberraschend wei te Ausblieke, wie sich im n~ichsten Abschn i t t zeigen wird.

Es wurde ause inandergese tz t (Hef t 7, S. I53, Spal te I), dab das Ziel der Selbs t regul ierung in der Bi6conose das bioc6notische Gleichgewicht sei, dab dieses aber n iemals er re icht werde, sondern nnr die Harmonic , eine re la t ive Ordnung, die die E inhe i t des Ganzen wahrt . Es wurde auch schon gesagt, dab diese Selbs t regul ierung nicht auf das Belebte beschr~inkt ist, sondern im Wesen al ler Ganzhe i ten (im engeren Sinne) liegt. So ist auch das S t reben der 6kologiscllen E inze l fak toren da rauf ger ichtet , zu e inander in das Verh~tltnis des Gleich- gewichts zu kommen , und da alle, d i rekt oder indirekt , an t alle einwirken, so gibt es ein allge- meines (ein dynamisches) Gleichgewicht der Na tur , das z u m mindes ten die gleiehe Wirk l ichke i t be- sitzt, wie das j e d e r m a n n gel{infige bioc6not ische Gleichgewicht , d . h . es bes teh t n u t in der Idee. Wi r haben demnach, en tsprechend den Komplexen , ein physiographisches, tellurisches und kosmisch, es Gteiehgewicht zu unterscheiden.

Sprechen wir yon d e m Charak te r einer Land- 1) CA~ADJA: ,,Geniusloci". (UberChinasPyraliden

nsw., in: Academia iRomana, Mere. Sect. Stiintif., Set. III , Tom. III , Mem. 7. IS. 8J.) Dieser Autor hat den lokalen Einheitsfaktor geahnt, Ms er schrieb: ,rich behaupte, dab jedes gr6Bere, in sich abgeschlossene Gebiet eine m~ichtige, nut gerade ihm zukommende, spezifisch territoriale Einwirkung auf alte es bewohnen- den Organismen ausfibt, eine Wirkung, die (ganz unab- h~ngig yon den Faktoren: Klima, Lieht, Elektrizit~tt, Nutrition usw.) so viele Reisende an sich schon lebhaft empfanden. ]~s Iiegt da jedenfalls ein bisher noch v611ig unerforschtes ,,kosmo-biologisches" PhAnomen zu- grunde, welches die Aufmerksamkeit der Gelehrten geradezu herausfordert. Soweit ich dieses Problem durchdenken and flbersehen zu k6nnen glaube, lieBen sich ganz flberraschende Resultate yon unabsehbarer Tragweite gewinnen." Soweit CARADJA. Der Iokale Einheitsfaktor ist nun freilich nicht ,,unabh~ngig'" yon den Einzelfaktoren, aber er ist mehr als die bloBe Summe derselben.

die Lebenseinheiten h6herer Ordnung. 183

schaIt , so is t dieser nichts anderes als die Vor- stellung der vollkommenen Harmonic dieser Land- schaftl) , die zwar n icht verwirk l ich t ist, die aber ann~hernd in Ersche inung t r i t t , und zwar im all- gemeinen u m so deut l icher , je gr6Ber der (nicht no twend ig auf einmal) f iberschaute R a u m ist, natf ir l ich aber nur dann, wenn die be t ref fende Landschaf t harmonisch~ist2) . In bezug auf die Tierwel t eines e inhei t l ichen Raums t r i f f t das in- sofern zu, als es ihre Ganzhe i t sbezogenhe i t zu der a l tgemeinen H a r m o n i e betr i ff t .

Es will m i r scheinen, dab diese Gedankeng~nge so zwingend sind, dab bezfiglich ihrer die von WOLTER:ECK 3) ausgesprochene Bef i i rch tung nicht e intreffen wird, wie m a n hoffen dar t : dab mancher Biologe dami t n ichts anzufangen wisse; es g~be, sagt WOLTERECK, auch in der Naturforsclmng musikalische und unmusikalische Menschen, die wohl T6ne h6ren, aber keine Symphonie, und le tz tere seien wenigstens in der ]3iologie die Mehr- zahI. W i r mid~ssen Ganzhei ts forschung treiben, wollen wi t uns n ieh t in einer unf ruch tba ren Einzei- forschung verl ieren, und die Grundlage der- selben kann nur der 6kologiscM Einhe i t s fak to r sein, der das St reben aller Teile nach Ha rmon ic zusammenfaBt und in seiner lokalen ]3eschaffen- heft als Holoc6n den 6r t l ichen Kosmos bed ing t und bes t immt .

Es kann noch n~heres fiber den groBen Einhei ts - fak tor ausgesagt werden. Man k6nnte meinen, er umfasse in bezug auf jede Ar t alle anderen Ar ten auBer ihr selbst, sei daher im VerhMtnis zu jeder A r t u m je eine A r t yon Wesen verschieden und

~) Es sei mir gestattet, zu erw~hnen, dab die Idee des Zusammenhanges zwischen ,,kosmischem Gleieh- gewicht" nnd dem was andere Autoren, ohne bisher nAheres dart~ber anssagen zu k6nnen, als ,,einheifliches VVesengesetz ffir 6kologisehe Gruppen" (%VOLTERECK, Die Erde, III , S. IO. 1925) oder ~hnlich (CARADJA) be- zeichnen, kam, als ich in einer von der Herbstsonne verkl~rten Landschaft wanderte. Ani solchen Wegen 16sen sieh manche Probleme -- Disharmonien -- , well der Mensch sich innerlich dem Gleichgewicht n~hert. -- Nachdem ich meiner Auffassnng der Harmonic der Landschaft bereits hier Ausdruek gegeben hatte, machte ich reich mit der darauI bezfiglichen geo- graphischen Literatur bekannt und ersah daraus mit Genugtuung, dab der Gedanke darin bereits mehrfach zum Ausdruck gekommen ist, so bet GRADMANN (Zeit- sehrift d. Ges. f. Erdkunde, Berlin 1924, S. 129--147), und bet VoLz (Mitt. d. Ges. f. Erdkunde, Leipzig I926, S. 8--41 ).

2) Auch unsere Kultursteppe kann harmonisch sein, abet in der Regel ist heute ihre Harmonic gest6rt. Das wissen wir ja I~ngst aus der Sch~dlingskunde, deren Grundproblem (soweit sic Pflanzenschutz bedeutet) hier- nach ist: XNie weft kmm man in der Ver~nderung der ur- sprtinglichen Natur dnrch menschliche T~itigkeit gehen, damit die Einheit der Natur noch gewahrt bleibt, ihre Ordnung und im Sinne des Ganzen bestehende Zweck- m~13igkeit erhalten bleibt, nnbeschadet der vom Menschen gesetzten Zweckm~il3igkeit, also der Ziele der Wirtschaft? -- womit wiederum das Holoc6n Ms ein Prinzip yon gr613ter Tragweite" in Erscheinung tritt.

3) 1. c .

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demnach nicht universell ? Er ist universell, dean die Wirkung auf die Art ist ja nu t eine Resultante, an der die Art selbst beteiligt ist, da jedes Indi- v iduum derselben zum Milieu aller anderen Indi- viduen dieser wie aller anderen Organismen des gleichen Lebensraums geh6rt. Nur durch die Fortpflanzung, v e r s t ~ k t durch die Amphimixis, kommt die Wirkung auf die Art zustande. Man wird also yon einer Wirkung des Holoc6ns auf die Art sprechen k6nnen, sich abet dabei bewul~t sein mfissen, dab es sich um die Individuen handelt. Und dabei umfaBfl das Holoc6n auch noch dieses selbst, das Individuum, mit als ,,innere Umwelt", auf den einzelnen Lebensvorgang bezogen.

Der holoe6ne Faktor wirkt verschieden auf die einzelnen Lebensformen, und zwar verschieden- seitig. Denn ein ]~inzelfaktor, der auf die eine Art yon Wesen direkt einwirkt, wirkt auf viele andere nur indirekt. Nehmen wit drei Arten, die dem gleichen bioc6notischen Komplex, aber ganz verschiedenen Lebensformen angeh6ren: den Hasen, der yon der Niederschlagsmenge direkt betroffen wird, und dessen Junge an einem ]~bermaB yon N~sse oft zugrunde gehen; einen Geotrupes (Mist- k~fer), d e r m i t dem Kot des Hasen seine Brut versorgt, und dessen Engerling im Boden die V~'irkung der Niederschlagsmengen ebenfalls direkt an sich erfghrt; endlich einen Marder, der die Geotrupes frigt, yon der Niederschlagsmenge abet nu t indirekt in t~'~tleidenschaft gezogen wird, inden~ ira Sommer Trockenheit seine Insektennahrung knapper macht, reichliche Niederschl~ge sie im all- gemeinen vermehren, w~ihrend zu anderen Jahres- zeiten seine M~Lusenahrung dutch e in ~bermag yon Regen sMtener wird Usw. Andauernde starke K~lte im Winter und Vorfrfihling hat ffir den Hasen und den Marder direkte Bedeutung, ffir den genannte~, fief im Boden sitzenden Engerling nu t indirek£, well im folgenden Sommer, wenn er als Imago herumfliegt, seine Kotnahrung knapp ist, nachdem viele Hasen der Winter- oder Vorfrfihlings- k~Ite erlegen sind. So wirkt der holoc6ne Einheits- faktor, obwohl immer der gleiche, auf jedes Wesen dutch Einzelfaktoren in anderer Weise, abet auf jedes mit seinem ganzen Inhal t ein. Die W'irkung ist ffir zwei Arten um so ~hnlicher, je n~her sie sich in der Lebensform stehen.

Man mag behaupten, die angefiihrten Bei- spiele betr~fen nu t Einzelfaktoren (Niederschl~ge und Temperatur). Abet schon jede indirekte Wir- kung ist eine solche mehrerer Faktoren, und der komplizierteste Fall der indirekten Wirkung wird Holoc6n genannt. Unabh~ngige Vgirkung eines Einzelfaktors gibt es nicht, sie ist immer eine JkuBerung des Einheitsfaktors, denn jede Schwan- kung oder Ver~nderung eines Einzelfaktors ver- ~ndert vortibergehend oder dauernd den Einheits- faktor als Ganzes; vorfibergehend tun es z. B. die - - in direktem Zusammenhang miteinander stehen- den - - Schwankungen yon Niederschl~gen und Temperatur; dauernd wird er ver~ndert etwa dutch das Eindfingen neuer Arten in die Lebensgemein-

d~e Lebenseinheiten h6herer Ordmmg. [ Die Natttr- [wissenschaften

schaft oder dutch Entw~ksserung des Bodens. W~chst eine Schonung im Walde hoch, so ent- steht mehr Schatten, der Boden wird weniger durch die Sonnenstrahlung erwArmt und bleibt gleichmRBiger feucht, die Bodenflora und damit die Insektenwelt ver~ndert sich usw. Da alle 6kologischen Bedingungen auf alle Arten in Gestalt des" Einheitsfaktors einwirken, so wird jede Art der Bioc6nose irgendwie davon betroffen. Sie reagiert auf YerAnderungen ungiinstiger Art dutch Aus- wanderung oder durch Anpassung, versucht letztere zum mindesten. Der erstere Fall bedeutet eine weitere Ver~nderung des Einheitsfaktors, der zweite ebenfalls, wenn auch in vielen F~illen nur eine unmerklieh kleine. Anpassen mfissen sich alle nicht auswandernden Mitglieder der Bioc6nose, und zwar an alle anderen, denn auf ihnen allen beruht der Einheitsfaktor.

Man kann das Prinzip des holocSnen Faktors unschwer diagraphisch darstellen (Fig. I). I n einem

Fig. I. Zum Prinzip des hoIoc6nen Faktors. Erklikrung im Text.

Kreis, der den physi0graphischen Einheitsfaktor darstellt, liegen exzentriseh viele Meinere Kreise (Tierarten), yon denen zwei, a und b, gezelchnet sind. Von jedem Punkte der Peripherie des groBen I<reises gehen strahlenf6rmig Linien aus (jeder P unk t ein anderer Mitieufaktor). Die Strahlung jedes Punktes, yon denen nur die yon A gezeichnet ist, trifft jeden kleinen Kreis, abet nicht jeden direkt (z. t3. A den I<reis b nur indirekt) und die einzelnen mit verschiedener Strahlenl~nge. Zu- gleich geht yon der Peripherie jedes der kleinen I<reise je eine Art yon Strahlung in den ganzen Kreis hinein aus, die wiederum direkt oder in- direkt jeden anderen kleinen I<reis und jeden Punkt des groBen I<reises trifff.

Wird nun der Punk t A durch eine kleine I)rehung des t<reises verschoben (Schwankung eines Faktors), so werden es auch alle anderen Punkte

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Heir S. ] F~IEDERICHS: Grunds~tzliches fiber 25, 2. I927 j

des Kreisesl). Bleiben die kleinen Kreise ill ihrer Lage, ohne die I)rehung mi.tz~machen, so werden sie yon jeder Art yon Strahlen anders als vorher getroffen; dreht sich einer mi t (Anpassung), so wird beziiglich seiner und der Strahlen des groBen Kreises das vorherige Bild wiederhergestellt. Da abet angenommen wird, dab nicht alle Meinen Kreise gleich schnetl oder iiberhaupt folgen k6nnen, so ver~ndert sich das gauze Strahlengeflecht zum mindesten vorfibergehend (Gleichgewichtsschwan- kung).

F~tllt eine Art yon Strahlung des groBen i~reises aus oder wird durch eine andere ersetzt, so trif i t dies alle kleinen Kreise, und das ganze Geflecht verandert sich, ebenso bleibt bei ver~inderter Strahlung oder Wegfall eines kleinen Kreises nicht eine Masche des ganzen Ge]lechts unve~dndert. - -

. . . Alle Grun~lwahrheiten sind einfacher Art. In schlagwortartiger Form sind diese Prinzipien bereits im Gebrauch, so in dem Worte , ,Milieu" oder in dem Satz: ,,Der Mensch ist das Produkt der Verhaltnisse". Abet es kommt hier darauf an, mehr 14Iarheit in diese Vorsteltungen in bezug auf den inneren Zusammenhang des Milieus und seiner Wirkungsgesetze zu bringen. Das Holoc6n ist das Milieu im weitesten Sinne, als Gauzes aktiv und passiv gedacht.

WiewohI es Iceine unabhangige Wirkung eines Einzelfaktors gibt, sondern jeder Faktor eine Resultante aus ihm und alien anderen ist, kann doch nach wie vor yon Einzelwirkungen der Faktoren die l~ede sein, wie z. t3. beim Gesetz vom Minimum als dem ausschlaggebenden Faktor.

W~ihrend alle anderen Wesen vom I-Ioloc6n v611ig beherrscht werden, ist der menschliche Geist fahig, sich dieser t terrschaft zu entziehen und Tat- sachen zu schaffen, die aus der Einheit der Natur hinausftihren und neben ihr wirken. Er muB dies fortgesetzt tun, um seine weir fiber das normale MaB hinausgehende W'ohndichte im Lebensraum zu erm6gliehen. Dabei erhebt sich die Frage, ob er in der Durchbrechung der Einheit nicht zu weir gehen kann, so dab Nebenwirkungen eintreten, die das erstrebte Ziel in Frage stellen oder sonstwie unerwfinscht sind. Es wurde schon gesagt (An- merkung z auf S. 18 3 Spalte 2), dab das Grund- problem des Pflanzenschutzes daraus erwachst, ferner der Naturschutzgedanke, der im HolocSn ebenfalls eine tiefere Begri indung neben seiner ideellen Seite erh~lt.

Ein typisches, einfaches Beispiel daffir, wie sich die Durchbrechung des HolocSns dutch den Menschen im kleinen iiuBert, ist iolgendes : Gewisse Zierpflanzen pflegen im Winter im geheizten Zim- mer zu vergeiten, d. h. ihre Stengel werden abnorm

a) hn physiographischen Einheitsfaktor natiirlich nicht alle Faktoren gleichm~iNg; diese Vereinfachnng abet ist woht gestattet. -- Soll die Lebensgemeinsehaft als Einheitsfaktor dargestellt werden, so kann sie in den groBen Kreis als ein kleinerer, konzentrischer ein- getragen werden; die einzelnen Punkte seiner Peripherie sind die Alien.

die Lebenseinheiten h6herex Ordnung. 185

lang, ihre Bl~itter klein und blaBfarbig. Im un- geheizten Zimmer t r i t t trotz des auch dort herr- schenden Lichtmangels jene Erscheinung nicht ein. DaB sie in der Warrne eintritt , beruht darauf, dab die Pflanze an Licht nur diejenige Menge er- halt, die das Holoc6n liefert, dagegen eine Warme- menge, die die in der Natur zur Verfiigung stehende weir fibertrifft. Beide Wachstumsbedingungen sind nicht aufeinander abgestimmt : die Temperatur ist durch auBerhalb des HolocSns stehende Ur- sachen disharmonisch gesteigert: Ursachen, die der mensehliehen tntelligenz entspringen.

Da es einen allgemeinen und innerhalb desselben 6rtliche Einheitsfaktoren gibt, so kann man die- jenigen Organisationen, die Teile des Lebensraums nebst der Organismenwelt darin umfassen, als Holoc6ne bezeichnen.

MuB man aus der gegenseitigen Einwirkung, die zwischen dem groBen Einheitsfaktor und jeder Art yon Wesen als Einzelfaktor besteht, nicht not- wendig schlieBen, dab die phylogenetische Ent- wicklung zweckgerichtet in bezug auf das ganze ist, d. h. gemeinschaftsdienlich? Jede neue Form muBte doch immer in Anpassung an alle anderen des Milieus entstehen, da alle irgend- wie auf sie einwirkten, und an das gauze Milieu iiberhaupt t

Es bedarf also keineswegs eines LiickenbiiBers metaphysischer Art, der hier eingegriffen hatte. Alles bleibt yon selbst in seinen Geleisen und rollt einem Iernen Ziele zu; die Geleise verschieben sich ganz yon selbst allmahlich, wenn die Richtung ver- legt wirdl). Wet diese Geleise urspriinglich ein- gerichtet, ihnen die Eigenschaft, sieh yon selbst richtig zu verschieben, verliehen hat und erh~tt', und die rollenden Vgagen darauf gesetzt hat : davon zu sprechen ist nicht unseres Amtes. Wit k6nnen im besten Falle die Ents tehung dieser Geleise als Folge einer vorher bestehenden Ordnung erklaren, doch steht das alles auBerhalb des hier gesteckten Zieles.

Ist nicht abet gas Mar geworden, wie die BIannigfaltigkeit innerhalb der groBen, in der Stammentwicklung nie verleugneter Grundformen entstand ? Die Sisyphusarbeit der Krafte, die nach Ausgleich streben, bewirkt immer neue Veran- derungen des Ganzen, jede Schwanknng eines Faktors st6Bt andere an und verhindert auch bei ihnen den Ausgleich. Das Protoplasma aller Wesen reagiert darauf mit den ihm innewohnenden Ur- eigenschaften der Regulation : rest i tut iv und adaptiv. So werden alle fortdauernd umgestaltet,

1) Sie tun es nur soweit, dab der Grundplan er- halten bleibt (Geschlossenheit der einzelnen Stamlne des Tierreiches). ~rird er an einer Stelle altzusehr ver- wiseht (Einseitige Anpassung z. B. yon Parasiten), so ist eine erhebliche weitere Versehiebung nlcht mehr m6ghch; eine geringe Vergnderung des Milieus zu ihren Ungunsten beseitigt dann diese Art.

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~86 FRIEDERICHS: Grunds~tzliches fiber

aber immer werden nicht alle Bev61kerungen einer Art davon betroffen, sondern nur ein Teil, auch nicht immer alle Individuen einer Bev61kerung, sondern einzelne Individuen oder Bev61kerungen k6nnen physiMogisch oder 6rtlich separiert werden. Ist die Trennung physiologisch, so sind sie einer anderen Seite ihres bisherigen Holoc6ns ausge- setzt; sind sie 6rtlich isoliert, ohne auszuwandern, so haben sie ihr eigenes HolocSn u n d ver~indern sich mit diesem unabhiingig yon anderen Bev61- kerungen dieser Art ; sind sie ausgewandert, so werdeu sie durch das neue Holoc6n ver~ndert. Aber auch ohne Separation kann die Ver~tnderung eintreten, indem gauze ]3ev61kerungen auf groBem Raum gleichsinnig beeinfluBt werden. Zugleich abet kann die alte Form mehr oder weniger lange erhalten bleiben. So liegt die Ents tehung der Mannigfaltigkeit in der groBen Einhei t ktar vor unseren Angen : Sie geschah dutch die Ureigenschaft der Anpassungsfiihigkeit, d .h . der Tgtigkeit des Orgauismus, unmit te lbar zweckm~Big ftir seine Erhal tung zu reagieren; daft die Reaktion auch ]~r das Ganze zweelcm(~.flig, d .h. ganzheitserhaltend izt, bewirlct der holoe6ne _Falctor. Wir kSnnen beides auf den gemeinsehaftlichen Nenner , ,Regulation" brin- gen: die Arten entstehen dutch Selbstregulation, und zwar dutch 8olche im Organismus und in den biolo- gisehen Einheiten hdherer Ordnung, den Organisa- tionen.

Die Umformung der Arten dutch Selbstge- s tal tung ist heute sehr allgemein anerkannt ; wer die bert. Literatur kennt, wird das bestgtigen. Wit haben nicht die Absicht, selbst diese Frage zu beleuehten, sondern fuBen auf der Tatsache und bringen den holoc6nen Faktor dabei zur Geltung. Eine vollst~indig ausgearbeitete Theorie ,,des phylogenetischen W'aehstums", die auf diesem Boden steht, ha t KRANICHFELD ~ gegebenl). Exegit monumentum aere perennius! ~Vir haben seine Schrifteu und die anderer Verfechter der Einheit der Natur erst dann gelesen, als diese Anschauung schon in uns feststand, aber das Lesen jener Au- toren hat uns die Furcht vor dem eigenen Mute genommen nnd dadurch zu dieser Niederschrift gefiihrt.

Eine wichtige IJberlegung zu gunsten unserer Auffassung, oder sagen w i r e s ohne Scheu: ein Beweis daftir ist folgende: Dal3 die phylogene- tische Entwicklung in gegenseitiger Anpassung der neu entstehenden Formen aneinander start- land, war zur Wahrung der Einhei t des Ganzen notwendiges Erfordernis. H~itte sie nicht so stat t- gefunden, wo w~re heute die Einheit ? Ihr Bestehen allein ist ausreichender Beweis. Der holoc6ne Faktor wird uns noch manches entschleiern, was

1) In der ersten der in der Anm. auf S. 156, Spalte 2, zitierten Schriften.

die Lebenseinheiten h6herer Ordnung. [ Die Natur- [wissenschaften

der atomisierenden Naturbetrachtung immer ein R~itsel h~itte bleiben miissen.

Abgelehnt, wenngleich Ms in einem rein for- malen Sinne vietleieht zutrreffend bezeichnet, wird der Weltzusammenhaug you W. K6HLER1). Man kann seine Griinde dahin zusammenfassen, dab nebeu den Zusammenhiingen gewisser end- licher Gebiete, wetche dabei in sich sehr be- s t immten Gesetzen folgen, der iibrige Weltzu- sammenhang (mit dem Zustande innerhalb des Gebiets) wie i neben lO 1° anzusehen sei. ~Vir ver- weisen demgegenfiber, soweit das Unbelebte in Frage kommt, auf ttENDE~SOSr. V~Tas die Organis- menwelt anbetrifft, so ist der Zusammenhang mit dem iibrigen Kosmos ~ugerst deuttich. Der Orga- nismus ist in der Tat, um Worte K6HLERS ZU ge- brauchen, ,,nur im totalen Weltzusammenhang wirklich, als Teil nu t Abstraktionsprodukt. ' ' Ein Organismus im Vacuum h6rt alsbald auf Organis- mus zu sein. Sein Zusammenhang mit der AuBen- welt ist so innig, dab niemals die Dinge auBerhalb so geriugwertig sind, um uubeachtet bleiben zu k6nnen. Und wie'groB der Einflug scheinbar gering- fiigiger Tatbestgnde der belebten Welt auf die AuBenwett sein kann, davou iiberzeuge sich, wen es interessiert, an dem bei RITCHIE z) gegebenen Beispiel, wie die AnsiedIung eines MSwenpaares auf einer tteide innerhalb yon lO--15 Jahren die gauze Gegend vergnderte.

Noeh eins kommt hinzu: Die GegeniiberstelIung eines Orgauismns und seiner AuBenwelt ist etwas praktisch Notwendiges, aber ohne innere Berechti- gung. Des Organismus ist ]i~r sich selbst Auflenwelt, geh6rt mit zu dieser. Denu jedes Geschehen im Organismus steht in Abhgngigkeit vom iibrigen Geschehen dariii, l~brigens gibt es innerhalb der grogen Einheit zahllose Einheiten niederer Ord- nung, die in sich starker zusammenh~ingen als mit der Augenwelt. Liegt hier die MSgliehkeit einer Vereinigung des biologischen mit dem physikali- schen Standpunkt? (Denn so ist der erwghnte Gegensatz der Meinungen vielleicht zu kenn- zeichnen.) Kaum n6tig zu sagen, dab unsere Meinung nicht ist, es miisse bei jeder Einzelfrage der gauze Weltzusammenhang aufgeroltt werden. Aber wit k6nuen, indem wir sein Bestehen niemals vergessen, au~ unserer H u t sein und Richtpunkte ftir unser Vorgeheu finden.

1) Die physischen Gestalten in Ruhe und im statio- n~iren Zustand. Erlangen 1924.

3) j . RI~CHI~, The Influence of Man on Animal Life in Scotland. Cambridge 192o. Oder man denke an die Ziegen yon St. Helena: Die Nachkommen einiger vor Jahrhnnderten dort zuri~ckgelassener Ziegen vernich- teten im Laufe der Zeit die iippigen V~itder und ver- wandelten den grSgten Tell der Insel in eine unfrucht- bare Felswiiste.