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(Aus dem Institut fiir allgemeine und experimentelle Pathologie der deutschen Universitat in Prag [Vorstand: Prof. Dr. J. Rihl].) Hypophysenvorderlappen, Nebennierem'inde und Fettstoffwechsel. Von Max Reiss, Hans Epstein und Irmgard Gothe. Mit 6 Textabbildungen. (Eingegangen am 29. April 1937.) Schon seit litngerer Zeit wird eine Beziehung zwischen Nebennieren- rinde und Fettstoffwechsel vermutet. Da aber die T£tigkeit der Neben- nierenrinde vom Hypophysenvorderlappen reguliert wird, so ergibt sich naturgem/~B auch der Zusammenhang des Hypophysenvorderlalopens mit dem Fettstoffwechsel. Vor aIlem die klinische Beobachtung der sog. hypophys~ren und interrenalistischen Fettsuchtformen sowie der hypophys/iren Magcrsucht und der bci Morbus Addison auftrctenden Abmagerung diente den verschiedensten Autoren als Stiitzc diescr An- m~hme. Einigc experimentelle Befunde der letzten Zeit gaben nun den An- laB, diesen Fragenkomplex cincr systematisehen Untersuchung zu untcr- ziehen. Zun/£chst wurden die Ver/~nderungen, die der Fettstoffwechsel nach Ncbcnnierenexstirpation erf/~hrt, untersucht. Verzdr I konntc zcigen, dal~ die Fcttresorption cpinephrcktomierter Ratten gestSrt ist, d all ferner epinephrektomicrtc Ratten, denen OlivenS1 zugefiihrt wird, nach I2--24 Stunden zugrunde gehen. Damit in gewisscr Richtung iibcreinstimmende Befunde konntcn auch wir in eincr vor 1 Jahr mit- geteilten Arheit 2 erhebcn. W/~hrend wir bei normalen Ratten durch fettreiche Nailrung unter Umst~ndcn cinen hochgradigen Fettansatz beobachteten, blieb dicse Wirkung bei epinephrektomierten Ratten voll- kommen aus. Bei diesen Tieren konnte keine Fettmast erzielt werdcn. Bcsonders deutlich aber wurdc der EinfluB dcr Nebennieren auf den Fettumsatz, als wir den Gesamtfettgehalt cpinephrektomiertcr und normaler Ratten untersuchten. Wir ermittelten damals den Gesamt- fcttgchalt yon Ratten, die 14 Tage nach der Epinephrektomic getStet wurden, mit durchschnittlich 2,5% gegcniiber cinem durchschnittlichcn Normalwcrt yon 7,2%. Bei der weiteren Analyse dicser Zusammenh/~ngc wurden nun dic Ver/£nderungen des Fettgeha|tes yon Ticrcn untersucht, deren Ncben- nieren durch Hypophysektomie zur Atrophic und Unt/£tigkcit gebracht worden waren. Es ergab sich also zun/~chst die Frage: wie Verh~lt sich dcr Fettumsatz bei Ratten, in deren KSrper das die T/~tigkeit der Neben- Z. f. d. gcs. exp. Mcd. 101. 5b

Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel

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Page 1: Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel

(Aus dem Institut fiir allgemeine und experimentelle Pathologie der deutschen Universitat in Prag [Vorstand: Prof. Dr. J. Rihl].)

Hypophysenvorderlappen, Nebennierem'inde und Fettstoffwechsel.

Von Max Reiss, Hans Epstein und Irmgard Gothe.

Mit 6 Textabbildungen.

(Eingegangen am 29. April 1937.)

Schon seit litngerer Zeit wird eine Beziehung zwischen Nebennieren- rinde und Fettstoffwechsel vermutet. Da aber die T£tigkeit der Neben- nierenrinde vom Hypophysenvorderlappen reguliert wird, so ergibt sich naturgem/~B auch der Zusammenhang des Hypophysenvorderlalopens mit dem Fettstoffwechsel. Vor aIlem die klinische Beobachtung der sog. hypophys~ren und interrenalistischen Fettsuchtformen sowie der hypophys/iren Magcrsucht und der bci Morbus Addison auftrctenden Abmagerung diente den verschiedensten Autoren als Stiitzc diescr An- m~hme.

Einigc experimentelle Befunde der letzten Zeit gaben nun den An- laB, diesen Fragenkomplex cincr systematisehen Untersuchung zu untcr- ziehen. Zun/£chst wurden die Ver/~nderungen, die der Fettstoffwechsel nach Ncbcnnierenexstirpation erf/~hrt, untersucht. Verzdr I konntc zcigen, dal~ die Fcttresorption cpinephrcktomierter Rat ten gestSrt ist, d all ferner epinephrektomicrtc Ratten, denen OlivenS1 zugefiihrt wird, nach I2--24 Stunden zugrunde gehen. Damit in gewisscr Richtung iibcreinstimmende Befunde konntcn auch wir in eincr vor 1 Jahr mit- geteilten Arheit 2 erhebcn. W/~hrend wir bei normalen Rat ten durch fettreiche Nailrung unter Umst~ndcn cinen hochgradigen Fettansatz beobachteten, blieb dicse Wirkung bei epinephrektomierten Rat ten voll- kommen aus. Bei diesen Tieren konnte keine Fet tmast erzielt werdcn.

Bcsonders deutlich aber wurdc der EinfluB dcr Nebennieren auf den Fettumsatz, als wir den Gesamtfettgehalt cpinephrektomiertcr und normaler Rat ten untersuchten. Wir ermittelten damals den Gesamt- fcttgchalt yon Ratten, die 14 Tage nach der Epinephrektomic getStet wurden, mit durchschnittlich 2,5% gegcniiber cinem durchschnittlichcn Normalwcrt yon 7,2%.

Bei der weiteren Analyse dicser Zusammenh/~ngc wurden nun dic Ver/£nderungen des Fettgeha|tes yon Ticrcn untersucht, deren Ncben- nieren durch Hypophysektomie zur Atrophic und Unt/£tigkcit gebracht worden waren. Es ergab sich also zun/~chst die Frage: wie Verh~lt sich dcr Fettumsatz bei Ratten, in deren KSrper das die T/~tigkeit der Neben-

Z. f. d. gcs. exp. Mcd. 101. 5 b

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70 Max Reiss, Hans Epstein und Irmgard Gothe:

n i e r e n r i n d e a n r e g e n d e c o r t i c o t r o p e H o r m o n des H y p o p h y s e n v o r d c r - l appens f e h l t ? Diese E x s t i r p a t i o n s v e r s u c h e f a n d e n d a n n ih re zwangs- l£uf ige F o r t s e t z u n g in Ve r suchen , in d e n e n te i ls N e b e n n i e r e n r i n d e n - e x t r a k t , te i l s co r t i co t ropes H o r m o n zuge f i i h r t wurde .

I I .

Methodisches. S~mtliche in den Versuchen verwendeten Ratten wurden w~hrend der ganzen Versuchsdauer in einem auf 25--260 regulierten Raum gehalten. Die Hypophysektomie wurde in ~ther- oder Avertinnarkose nach der im Insti tut fib- lichen Modifikation der Methode von Smith parapharyngeal durchgefiihrt. Die in der Arbeit analysiertcn, inkomplett hypophysektomierten Ratten waren teils Tiere, bei denen infolge eines Operationsfehlers ein gr6Berer oder kleinerer Hypo- physenrest zuriickgeblieben war, teils solche, bei denen ein solcher bei der Hypo- physektomie mit Absicht zuriickgelassen worden war. Von der kompletten Entfernung der Hypophyse iiberzeugten wir uns in den meisten F~llen durch Stufenserienschnitte der Scllagegcnd, weitcrs durch das Auftreten der sudano- phoben Zone in der Nebennierenrinde 4 nnd einer vollkommenen Hodenatrophie. Das Stillstehen des Gewichtes halten wir ftir kein absolut sicheres Kriterium fiir die komplett erfolgte Hypophysektomie, da wir mitunter auch bei Tieren, die bis zu einem Monat im Gewicht konstant blieben, noch ein Fehlen der sudanophoben Zone in der Nebennierenrinde und einen kleinen Hypophysenrest feststellen konnten. Die zum Groflteil stark hypertrophierten Hypophysenreste der inkom- plett hypophysektomierten Tiere wurden teils mit der Sella nach Fixierung in Susa und Entkalkung durch Trichloressigs~ure, teils ohne Sella nach Fixierung in Susafliissigkeit in Paraffin eingebettet. Die Schnitte wurden mit Dela/ields H/~matoxylin und Eosin gef~rbt.

Die Gesamt/ettbestimmung wurde so durchgefiihrt, dab die Ratten nach 12stiin- digem Hungern in Leuchtgasatmosphiixe getOtet und nach Entfernung des Magen- Darmtrakts in das 5fache Volumen 20% iger Kalilauge eingebracht und 4 Stunden im kochenden Wasserbad belassen wurden. Es wurde nun weiter in einer ent- sprechend groflen Teilprobe der vorher auf ein bestimmtes Volumen aufgefiillten LSsung nach der Methode yon Kum~gava-Suto a gearbeitet. - - Der Blutfe~geha]t wurde bei Hunden und Menschen nach der Mikromethode yon Bang bestimmt. Es wurde nur die Petrol~therfraktion, die das gesamte Neutralfett sowie das freie Cholesterin enth~lt, untersucht. Der Cholesterinanteil betr~tgt bekanntlich nur etwa 1/l 8 der untersuchten Fraktion, so dal3 er nicht in Rechnung gezogen werden mul3te. Das Blur wurde bei Menschen aus der Fingerbeere, beim Hund aus der Ohrvene in 1--2sttindigen Intervallen entnommen.

Den in den Versuchen verwendeten corticotropen Wirksto[[ haben wir uns aus einer besonderen Fraktion des Hypophysenvorderlappens von Rindern bereitet, die uns in freundlicher Weise yon der Schering-Kahlbaum A.G., Berlin, zur Ver- fiigung gestellt wurde*. Die Star/dardisierung des yon s~mtlichen anderen Vorder- lappenwirkstoffen befreiten corticotropen Wirkstoffes effolgte nach dem yon uns angegebenen Verfahren 4, indem durch den cortieotropen Wirkstoff die beim hypo- physektomierten Tier auftretende sudanophobe Zone zur Rfickbildung gebracht wurde. Als Einheit wurde die Tagesdosis angenommen, die nach 7 t~giger Injektion in der Nebenniere der vor 10--20 Tagen hypophysektomierten Rat te die Reak- tion (+) , d .h . Beginn der Restitution der sudanophoben Zone auslSst.

* Fiir die uns zur Verfiigung gestellten groBen Versuchsmengen sei an dieser Stelle der genannten Firma, besonders aber Herrn Prof. Dr. W. Sch61ler, unser bester Dank ausgesprochen.

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I I L

Werden erwaehsene, mannliche Ratten von etwa 100 g Gewieht 2--3 Wochen nach Hypophysektomie ge~6tet und ihr Gesamtk6rperfett bestimmt, so zeigt sich (Tabelle 1) eine bis 60% ige Verminderung des Fettwertes gegenfiber den unter gleichen Bedingungen gehaltenen Kon- trolltieren. Wahrend wir bei den unbehandelten Kontrolltieren einen Fettgehalt yon 6--7,5% beobachteten, betrug der der hypoPh.ysekto- mierten Tiere 2,7 4,1%. Wurden aber die Tiere erst 8 Wochen und sp~iter nach der Operation get6tet, so war ihr Fettgehalt zur Norm oder fast bis zur Norm zuriickgekehrt. Es diirfte sich hier um einen Regu- |ationsmechanismus handeln: da bei hypophysektomierten Tieren nicht nur die Nebennieren atrophieren, sondern s/~mtliche endokrine Organe, also vor allem auch die Schilddrtise und die Keimdriisen, ist anzu- nehmen, dab durch den hierdurch erniedrigten Stoffumsatz u n d Energie- wechscl der zunhchst eintretende Fettverlust wieder kompensiert wird.

Tabelle 1.

Tie Opera t lonsar t Nz

F 1 F~ Unbehandeltc, unter F10 gleichen Bedingungen F44 wie die hypophysekto- F45 mierten gehaltene Kon- F~t trolltiere Fso

261 26~ 28~ 31q Komplett hypophysek- 29! tomierte Tiere (Sella 8' vollst~indig frei yon

10: ttypophysenresten) 2T 2E 21t 5~ 5~ Inkomplett hypophysek-

] 1~ tomicrtc Tiere 32, (deutlicher Vorderlap-

penrest in der Sella) 3: 4:

Tiergewicht in g

boi der v o r Opera- dora

t ion T6ten

i40 °

160 110 112 137 105 95 95 85

103 12"/ 88

150 190 230 135 155 205 185 180

Linkc Nebenniere

i Histo- logischor

Ge- Befund del wicht in mg sudano-

phobea Zone

11 ( + + ) 9 (d- d-)

11,2 ( + + ) 12,8 ( + + ) II (+-+-) 11,6 ( + + ) 12,3 ( + + ) 6,0 (--) 4,5 (--) 4,0 (--) 4,3 (--) 4,5 ( ) 3,8 (--) 4,0 (--) 6,9 (--) 5,9 (--)

11,8 ( + + ) 19,1 ( + + ) 19,0 (~-d_~) 10,2 13,5 (+) 19,6 ( + + ) 16,o ( ~-+-~ ) 15,8

Fe t tgeh~ l t in % des Gosamt- kOrpor-

gewichtes

6,8 7,3 7,5 7,5 6,1 7,5 6,5 4,1 4,7 2,7 4,0 3,8 7,6 6,7 6,3 6,8

10,5 9,1

11,6 11,5 13,3 15,0 8,8

10,3

Es war nun wichtig, festzustellen, ob die Senkung des Gesamtfett- gehaltes nach Hypophysektomie tats~chlieh auf den Ausfall der

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72 Max Reiss, Hans Epste in und I rmgard Gothe:

Ncbennierenrindenfunktion zurfickzuftihren ist. Wir injizierten also hypo- physektomierten Tieren corticotropes Hormon und t6teten diese Tiere zu einer Zeit, zu der die nichtinjizierten operierten Ra t ten noch einen s tark gesenkten Fet tgehal t aufwiesen. Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, beobachteten wir bei ihnen tats~chlich einen den Normalwerten gleichen Fettffehalt.

~ I y p o - T i e r | D h y s - N r . ~ e k t o -

v o r

310 25

312 32

316 32

318 32

G e w i c h t in g

Be- a m v o r E n d e be i

O p e r a - h a n d - I deer. t i o n l u n g s -

b e g i n n h a n d - l u n g

I 120 85

105 95 88

110 85 86

130 115 120

T a b e l l e 2.

B e h a n d l u n g

L l n k e N e b e n n i e r e n a c h d e r

B e h a n d l u n g Fett-

g e h a l t i n %

H i s t . - ] d e s l o g i s c h e r | G e s a m t -

Ge- B e f u n d d e r | k S r p e r - w i c h t s u d a n o - | ge - i n m g p h o b e n | w i c h t e s

Z o n e !

Unbehandel te Kon~ trolle

Im Laufc von 7 Tag. etwa 1/~ E cortico- t ropen Wirkstoffes

i 12 × intraperi tonea[ Im Laufe von 7 Tagen etwa 1 E corticotro- per Wirkstoff 12 ×

intraperi toncal Desgl.

4,3

6

6

8,3

(--)

(--)

(+)

(+)

4,0

5,6

8,2

7,7

Die nach Hypophysektomie auftretenden Anderungen im Gesamt- fettgehalt decken sich also mit den von uns friiher 2 nach Epinephr- ektomie beobachteten. Es handelt sich also in beiden Fii.llen um die experimentelle Erzeugung einer Magersucht, die auf den Fortfall des Nebennierenrindenhormons zurtickzufiihren ist. Durch Anregung der Nebennierenrindenfunktion mit dem corticotropen Wirkstoff des Hypo- physenvorderlappens gelingt es, den nach Hypophysektomie ver- minderten Fettgehal~ der Tiere zur Norm zuriickzufiihren.

Diese Befunde fiihrten uns nun dazu, zu untersuchcn, welche Ver- ~nderungen das GesamtkSrperfet t bei Tieren erfi~hrt, in deren Organis- mus vermehrt Rindenhormon kreist.

IV.

Wir untersuchten die Ver/~nderungen des Fettgehaltes von Tieren, deren Nebennierenrindenfunktion durch Injektion des corticotropen Wirk- sto//es des Hypophysenvorderlappens gesteigert wurde. Wie Tabelle 3 zeigt, konnten wir hier einen deutlichen Fettansatz feststellen. Wir sahen zun/~chst bei 3 normalen und 5 behandelten, etwa 100 g schweren Rat ten- weibchen, dal~ der Fet tgehal t der behandelten Tiere nach einer Be- handlungsdauer von 7--19 Tagen um 20~50% gegeniiber dem der Kontrolltiere gesteigert war. In einer zweiten Serie von je 4 normalen

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Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel. 73

und behandel ten m/~nnlichen Tieren erzielten wir nach 14t/~giger Be- hand lung eine F e t t v e r m e h r u n g yon durchschni t t l ich 30 %. Drei weiteren Tieren dieser Versuchsserie wurde t/~glich 1/2 ccm Cortin Organon ver- abreicht . Auch sie zeigten durchwegs eine Steigerung des Fe t tgeha l tes u m 40%. Das K6rpergewich t der Tiere bl ieb t ro tz des ve rmehr t en Fe t t - gehal tes v611ig unver/~ndert.

Tabe l l e 3.

F e t t g e h a l t in % Tier Nr. Behand lungsa r t und -dauer des Gesamt-

k6rpergewichtes

19 ? 20 9 13

22 23 !~ 3s 17

7 Tage lang t/~glich 2 × 12 RE corticotroper Wirk- stoff intraperitoneal

Unbehandeltes gleichgehaltenes Kontrolltier

19 Tage lang 2 x ti~glich 12 E corticotroper Wirk- stoff intraperitoneal

Unbehandelte, gleichgehaltene Kontrolltiere

73 I 7,1 6,1

8,1 / 12,1 7,1 5,5 5,3

Versuch 1

Versuch 2

In diesen Versuchen handel t es sich u m einen ve rmehr t en Ansatz des mi t der normalen N a h r u n g dem Tier zugefi ihrten Fet tes , d. h. um eine In tens iv ierung der physiologisch vor sich gehenden Fet tspeicherung. Analoge Befunde konn ten wir auch bei gleichzeitiger Fe t tbe la s tung erheben. Tabelle 4 zeigt, dab Ra t t en , die t/~glich 1 ccm Oliven61 mi t Schlundsonde

Tabe l l e 4.

F e t t g e h a l t in % Tier Nr. Behand lung des Gesamt-

k6rpergewichtes

V 11 4' 12 4' 6 3 7 3 s 3

3 3

4 3

24 2 25

32 28 20 30 $ 35 36 ?

Unbehandelte, gleichgehaltene Kontrolltiere

1 01 ] 3 Tage lang /

ecru taglich peroral 10 Tage lang

3 Tage lang 1 ccm (51 ~glich und 8 Tage lang 12 E corticotroper Wirkstoff t/~glich

10 Tage lang 1 ccm (51 ti~glich und 12 Tage lang 12 E corticotroper Wirkstoff t/~glich

| 6 Tage lang 1 ccm (51 t~glich und j 8 Tage lang 12 E corticotroper Wirkstoff t~glich

6 Tage lang 1 ccm (51 peroral t/~glich

18 Tage lang 1 ccm 01 tii.glich und 20 Tage lang 12 E corticotroper Wirkstoff ti~glich

18 Tage lang 1 ccm (51 peroral t~glich

7,5 7,5 5,7 7,8 7,8 8,0 8,2

I0,2

12,2

7,8 9,9 5,9 8,3

13,5 11,5 7,3 8,3 6,8

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74 Max Reiss, Hans Epstein und Irmgard Gothe:

erhielten, einen geringeren Fettgehalt aufweisen als die Tiere, die g|eichzeitig auch noch mit corticotropem Wirkstoff behandelt wurden.

W~hrend also Ausschaltung der Nebennierenrinde - - sei es durch Epinephrektomie, sei cs durch Hypophysektomie- -zu einerFettverarmung des K6rpers fiihrt, ffihrt Ve,rmehrung yon Nebennierenrindenhormon im K6rper - - sei es durch exogene Zufuhr, sei es aber vor allem auch durch endogen erzielte M e h r a u s s c h i i t t u n g - zu einem deutlichen Fettansatz.

V. Ihrc notwendige Fortsetzung erfuhren (lie bisher erw/~hnten Befunde

dureh weitere Versuche, in denen wir den Blut/ettspiegel an Menschen* und Hunden nach Zu/uhr yon Nebennierenrindenharmon und cortico- tropem Wirksto// verfolgten.

Wenn man bei 1--2stiindlicher Blutentnahme den normalen Tages- verlauf des Blutfettspiegels verfolgt, so beobachtet man, wie aueh schon von Raab 5 mitgeteilt wurde, in der Regel einen leichten Anstieg des Neutralfettgeha|tes des Blutes. Wird nun unmittelbar naeh der ersten Blutentnahme Nebennierenrindenhor~wn (2--5 ecm Cortin Organon) in- jiziert, so fin(let man einen Abstieff des Blutfettgehaltcs bis um 24,5% gegeniiber einem Anstieg von 10,6% der Normalkurve (Diagramm l a). Diescs Vcrhalten wurde in 5 Versuehen an 6--16 kg schweren Hunden sowie an zwei stoffwechselgesunden Patienten best/itigt gefunden.

Gleiehsinnige Ver/~nderungen fanden wir nach Applikation des corticotropen Hormons des Hypophysenvorderlappens. Diagramm l e stellt die Normalkurve eines gesunden Menschen mit einem physio- logischen Anstieg des Blutfettspiegels um 19% dar, w/~hrend nach In- jektion yon 180 E. cortieotropen Wirkstoffes ein Ab/all um 13,6% fest- zustellen war. ~bereinstimmende Versuche machten wir an 3 Men- schen, w/ihrend es uns in 5 Hundeversuchen nur zweimal gelang, diese Wirkul)g zu reproduzieren; bei 3 Hunden konnten wir keine Ver/~nde- rung erzielen. Wir glauben die Ursaehe dafiir in folgenden zwei Um- st~nden zu sehen. Erstens bestehen deutliche Unterschiede in der Emp- findlichkeit gegeniiber dem corticotropen Wirkstoff bei Hunden. W~hrend wir bei einem 16 kg schweren Hund nach Injektion yon 200 E. i bereits eine Blutfettsenkung von 30% verfolgen konnten, betrug diese bei einem nur 7 kg sehweren Hund nur 10,7 %. Das AusmaB der Blutfett- senkung steht also in keinem gesetzm/~Bigen Zusammenhang mit der Hormondosis. Weitere Untersuchungen an hypophysektomierten Hun- den werden notwendig sein, um zu untersuchen, inwieweit der Regu- lations- und Kompensationsmechanismus der iibrigen Inkretorgane fiir

* Die Versuche am Mensehen wurden ~eils yon dem einen yon uns (Epstein) an der ersten med. Klinik Wien (Prof. Eppinger) ausgefiihrt, teils bei uns in Prag in Selbstversuchen. Fiir ihr freundliches Entgegenkommen an der Klinik Eppinger in Wien mSchten wir vor allem den Herren Dozent Dr. Raab und Assistent Dr. Siedelc unseren bes~en Dank aussprechen.

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Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel. 75

diese Tatsache verantwortlich zu machen ist. Zweitens aber war es auffallend, dab gerade in den Versuchen keine Wirkung des cor~ico- tropen Wirkstoffes auf den Blutfettgehalt erzielt werden konnte, die zu Beginn der kalten Jahreszeit durchgefiihrt wurden. Es ist mSglich, dab zu dieser Zeit infolge der erhShten W~rmeregulationsarbeit ein ver- mehrter Bedarf an Nebennierenrindenhormon besteht, der sowohl durch das gesamte yon der Nebenniere produzierte Hormon sowie durch das

fO0 i "

9O

I C 22JanPe 780Ecod.k/z~d~ZSlut~tz~hmeJ

fO0 7~ 0 620 830 logo ~150 7~ 0 820 030 10¢ 0 t,l~ 0 7~ 0 8~ 0 830 ~0~ ~I~ 0 A b b . 1 a - c .

vom corticotropen Wirkstoff angeregte und mehrproduzierte Hormon gedeckt werden mul~. In weiteren Versuchen soll nun festgestellt werden, welchen Einflul~ der durch die W~rmeregulationst~tigkeit gesteigertc Bedarf der Tiere an Nebennierenrindenhormon auf die Wirkung des corticotropen Hormons im Fettstoffwechsel nimmt.

W~hrend wir also nach exogener Zufuhr und cndogener Vermehrung des BTcbennierenrindenhormons eine Senkung des Blutfettspiegels beim sonst unbehandelten Hund und Menschen beobachten konnten, war es eine weitere Au]gabe, nachzusehen, wie sich der Blut]e$tspiegel bei mit Fett belasteten Tieren nach Zu]uhr der zwei Hormone verh~ilt. Die Belastung fiihrten wir beim Hund durch Gabe von 30 ccm reinen OlivenSls per Schlundsonde durch. Die Belastung beim Menschen geschah nach den Angaben Raabs e mit raschem Trinken yon 100 ccm 01 und Nachspiilen mit wenig und ungezuckertem Citronenwasser. Die damit regelm~Big

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76 Max Reiss, Hans Epstein und Irmgard Gothe:

erhaltenen lipgmischen Kurven erfuhren iibereinstimmend nach 5 ccm Cortin subcutan und 100--200 E. corticotropen Wirkstoffes eine deutliche Abflachung. Die Wirkung, die wir bei 4 Hunden verfolgen konnten, war am stgrksten, wenn wir die Tiere 1--2 Tage mit dem Hormon vor- behandelten (Diagramm I I a und I Ib ) . l~bereinstimmende Versuche wurden an 4 stoffwechselgesunden Menschen ausgef/ihrt. Diagramm I I c stellt eine normale und eine naeh Injektion von corticotropem Wirkstoff

150 ~% a 'l/undQ

130. - "

¢20, : N -

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m•! ~ ~ b Hund~. t20 ~ -

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9O 8" ~ 1,9 oo

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160 ~ -

150 is' ~

I 130 I

I I

1gO I

u n b e h a n d c l t . . . . 5 c c m C o r t i n

m a x l m a l e S t c i g e r u n g : -t- 52,5% + 53% F l ~ e h e : d- 116,7 r ag -% + 4,~,5 r ag -%

u n b c h a n d e l t . . . . 100E.cor t .~V. a m V o r t a g l i n d n a e h d c r 1. B l u t e n t n a h m e

m a x i m a l e S t e i g e r u n g : + 52,5% + 9% F l ~ c h c : T 116,7 m g - % q- 2,1 m g - %

u n b e h a n d c l t . . . . 1 7 0 E . c o r t . W . n a c h d e r 1 . B ] u t e n t n a h m c

m a x i m a l e S t o i g e r u n g : + 19,3% + 1 i , 4 % Fl~l, c h c : + 72 m g - % -- 20 m g - %

1 1 • t 830 930 1030 ~30 A b b . 2 a - ( . .

abgeflachte Lipgmiekurve beim Menschen dar. Wghrend ohne Injektion der Blutfet twert nach 4 Stunden um 15 rag-% hSher war als der Anfangs- wert, so war er im Hormonversuch um diese Zeit bereits um 25 mg-% gesenkt.

Der Vollstgndigkeit halber sei hier noch kurz einiger Versuche Er- wghnung getan, die gemeinsam mit Fischer-Popper durchgeffihrt wurden und zeigten, dab nach Zufuhr von corticotropem Wirkstoff sowohl beim Hund als auch beim Kaninchen eine Senkung des Blutcholesterins bis zu 40% im Laufe der ersten 5 Stunden nach Zufuhr des Hormons er- ziel¢ werden kann. Diese Versuche fielen ghnlich aus wie friihere, in

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Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel. 77

denen der eine yon uns den gleiehen Effekt naeh Zufuhr yon Neben- nierenrindenhormon selbst erzielte 7.

VI.

Uberblieken wir die dargestellten Ergebnisse der Untersuchungen des GesamtkSrperfetts bei Rat ten und des Blutfetts bei Menschen und Hunden, so l/~13t sich wohl ohne Einschri~nkung daraus der Schlul3 ziehen, dab der corticotrope Wirkstoff auf dem Wege fiber die endogene Mobili- sierung von Nebennierenrindenhormon eine fettfixierende Wirkung ent- falter. Diese Befunde stehen in guter ~bere ins t immung mit der Tat- sache des verminderten KSrperfettgehaltes nach Epinephrektomie und Hypophysektomie. ~be r den n/iheren Meehanismus dieser hier als Fettfixierung angesprochenen Wirkung - - ob es sich etwa um eine ~nde- rung des Gesamtstoffumsatzes im Sinne einer Einsparung yon Kohle- hydraten oder Fe t t oder um eine stgrkere Fet tavidi t~t der Organe oder einen anderen heute noch nicht in Betracht zu ziehenden Faktor handelt - - k6nnen diese Untersuehungen naturgem£B niehts aussagen. Das in den Versuchsergebnissen ermittelte Verhalten des Blutfetts nach Zu- fuhr von Cortin oder corticotropem Wirkstoff seheint uns bloB im Sinne einer gesteigerten Abwanderung yon Fet t aus dem Blut in das Gewebe zu sprechen.

Bei der n/~heren Betraehtung dcr Blutfet tkurven f/~llt auf, dab diese sowohl nach Zufuhr von Cortin bzw. corticotropem Wirkstoff allein als auch in den Olbelastungsversuchen ein v611ig analoges Bild auf- weisen wie jene Blutfettkurven, die R a a b s als L i p o i t r i n e f f e k t besehrieben hat. Wir gelangten deshalb zu der Annahmc, dag der als Lipoitrin be- zeichnete und als spezieller Hypophysenvorderlapt)enwirkstoff auf- gefai~te Vorderlappenextrakt kein spezielles, den iibrigen Vorderlappen- wirkstoffen gegeniiberzustellendes Hormon enth~lt, dal3 vielmehr seine "~irkung ein unserem biologisch vcrifizierten corticotropen Wirkstoff anhaftendes Wirkungskriterium darstellt. Auch (tie yon R a a b '~ bei einer Reihc yon Fet tsuchtpat ienten gefundcne Abflachung der Lip~miekurve nach Fettbelastung und ihre Resistcnz nach Lipoitrin kSnnte zwanglos im Sinne der noch weiter unten anzufiihrenden Versuchsergebnisse so gedeutet werden, da[t im KSrper dieser Paticnten corticotroper Wirk- stoff bereits in erhShtem Mal3e kreiste. Es w~re dies vielleicht sogar ein pathognomonisch heranzuziehendes Kri ter ium fiir die welter unten genauer definierten hypophys/ix-hypersekretorischen Fettsuchtformen. Dasselbc diirfte auch bei mehr systematischer Trenmmg hypo- und hyper- sekretorisch hypophys£rer Fet tsuchtformen ffir die yon Le i t e s 1° beob- achtete hypolip~mische Phase nach Fet tbelastung yon Fet tsuchtpa- tienten gelten.

Es mul3 uns klar sein, dal3 die Blutfet tkurve immer nur als Resul- tante aufgefa~t werden kann, wobei ein Teil ihrer Komponenten

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dureh den Fet tzust rom aus dem Darm, Fe t tabs t rom in die Leber bzw. die weiteren KSrpergewebe, Fettmobilisierung bzw. Fettfixierung, Fet tverbrennung, Fettbildung usw. gegeben sind. Es ist also keineswegs gestattet , aus Blutfet tkurven allein irgendeine auch noch so nahe- liegende Sehlugfolgerung fiber die Art dcr Beeinflussung des Fettstoff- wechsels zu ziehen. Dies kann erst erfolgen, wenn gleichzeitig noch Versuchsergebnisse vorliegen, (lie einem gewissen Endpunkt tier Gesamt- fettbilanz entspreehen. ~ b e r einen solchen Endpunkt der Gesamt- bilanz unterriehten uns bereits die Ergebnisse unsercr GesamtkSrper- fet tbest immungen nach Zufuhr yon eorticotropem Wirkstoff einerseits und nach Hypophysektomie andererseits. Versuehe fiber die Beein- flussung des respiratorisehen Stoffweehsels sind noeh im Gange. Wir mfissen aber auf Grund unserer bisherigen Versuche zwingend annehmen, <ta6 der eortieotropc Wirkstoff eine fettfixicrende Wirkung entfaltet. Wenn frfiher angcnommcn wurde, da[~ das Lipoitrin (lie Fet tverbren- nung steigert, so k6nnen wir dem blo6 unsere jetzigen, unseres Er- aehtens wohl zur Geniige beweiskr'~ftigen Versuchsergebnisse gegeniiber- stellen.

Wir haben bei diesen Untersuehungen vorderhand noeh bewugt die etwa in Betraeht kommenden zentralen bzw. neurohumoralen Be- ziehungen auBer acht gelassen, da diesen noch spezielle Untersuchungen gewidmet werden miissen. Doch kSnnte <h;ren Ergebnis, sowcit wir heutc sehon sehen kiinncn, wohl kaum etwas an unseren prinzipielhm Sehlugfolgerungen in der Beziehung HYi~ophysenvorderlappen-Neben- nierenrinde und KSrpc, rfett /~ndern (s. hierzu noeh welter unten die Ausfiihrungen iiber eerebrale ]~'ettsueht).

VII .

Eine gewisse Abrundung erfuhren nun unsere Versuehsergebnisse dutch eine ZufMlsbeobaehtung. I m Laufe der Beseh/tftigung mit dem eortieotropen Wirkstoff haben wir in den letzten Jahren etwa 3000 Rat ten hypophysektomiert . Es war natiirlieh unvermeidlieh, dag die Hypophysektomie bei einem gewissen Prozentsatz dieser Tiere infolge fehlerhafter Operation unkomplet t geblieben war. Dabei fiel uns immer wieder, besonders aber wenn wit an diesen inkomptett hypophysekto- mierten Tieren eine zweite Operation durehffihrten und also einen Haut- sehnitt maehten, auf, dab diese Tiere sehr fet t waren. Als unsere Auf- merksamkei t nun einmal auf diese Tatsaehe gelenkt war, erweiterten wir systematiseh diese Beobaehtung, indem wir Tiere aueh willk/irlieh inkomplet t hypophysektomierten und ihren Gesamtk6rperfettgehalt untersuehten. Ein Tell der gewonnenen Ergebnisse ist in Tabelle I dem gefundenen Fet tgehal t der normalen und komplet t hypophysektomierten Tiere gegenfibergestellt. Es war immer ein vollst/~ndig analoges Verhalten : die inkomptet t hypophysektomierten Rat ten weisen nieht nut keinen

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Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel. 79

gegentiber der Norm verminderten Fet tgehal t auf, sondern ihr Fet t - gehalt ist sogar durchwegs gesteigert. Diese Steigerung kann so welt gehen, da6 die Vermehrnng 60--80% des Normalwertes betr/~gt. Schon 12 Tage nach der Operation konnte mitunter ein um 50% gegenfiber der Norm gesteigerter K6rperfet tgehalt beobachtet werden.

Nach inkompletter Hypophysektomie entwickelte sich also bei unseren Ratten eine Fettsucht. Ih r Entstehungsmechanismus wird nun weit- gehend gekl/£rt, wenn hier Versuche mitherangezogen werden, die im vorigen J ah r gemeinsam mit Balint und Aronson ll mitgeteilt werden konnten. In diesen Untersuchungen hat te sich n/imlich gezeigt, dab die Nebennieren inkomplett hypophysektomier ter Ra t ten an und ffir sich schwerer und gr6fter sind als die Nebennieren gleich alter, unbehandelter Tiere. W/~hrend welters beim komplet t hypophysektomier ten Tier das Ph/inomen der kompensatorischen Hypertrophic der Nebennieren fehlt - - diese kann offenbar nur zustande kommen, wenn corticotroper Wirk- stoff im K6rper kreist - - ist bcim inkomplet t hypophysektomierten Tier die kompensatorische Hypertrophief/~higkeit der einen Nebenniere nach Entfernung der anderen wesentlich gesteigert. Schon aus diesen Befunden mug gefolgert werden, dab im K6rper der unkomplet t hypo- physektomierten Rat te vermehrt corticotroper Wirkstoff kreis t*. Wir miissen also schlieI]en, daft (tic nach inkompletter Hypophysektomie yon uns erzeugte Fet tsuchtform auf dem Wege einer Hypersekret ion von corticotropem Wirkstoff und eincr daraus resultieren(len Mehr- produktion yon Nebennierenrindcnhormon zustande gekommen ist. Diese endogen erzeugtc Verschiebung des Hormongleichgewichtes (lurch Mehrproduktion yon corr. W. ist eine Parallele zu den nach exogcner Zufuhr yon Hormonen gewonnenen Ergebnissen und bestittigt wohl am deutliehstcn die aus ihnen gezogcnen SchluBfolgerungen.

VI I I .

Es fie! uns auf, dal~ (tie Hypophysen unserer inkomplett hypophys- ektomierten Ratten sehr rasch nachwuchsen. T6tete man das Tier gleich nach der Operation, so konnte man nur ein ganz kleines, makroskopisch kaum sichtbares Piinktchen als Hypophysenrest vorfinden. Doch w/ichst dieses bereits in den ersten 12 Tagen nach Hypophysektomie so rasch, da6 es nach dieser Zeit schon wieder die halbe Sella ausfiillen kann. T6tet man aber das Tier erst etwa nach 1 Monat oder nach noch li~ngerer Zeit, so merk t man in den meisten FMlen iiberhaupt nieht, dab einc Operation vorausgegangen ist. In vielen F/~llen ist die ganze Sella wieder yon Hypophysengewcbe ausgefiillt. Auf Grund der oben erw/thnten Tatsachen muBten wir nattirlich annehmen, da$ die hier stattfindende

* Interessant ist, dab in den meisten Fi~llen bei gleichzeitiger Untersuchung der Schilddrfisen deren Funktion nicht gesteigert, sondern sogar vermindert ge- funden wurde.

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Hypertrophie nieht nur bis zum Ersatz des ganzen Organs ffihrt, sondern dab der Gewebeverlust sogar hyperkompensiert wird, was sieh dann

in der fiber (tie Norm ge- steigerten Sekretion yon corticotropem Wirkstoff /~u f]ert. Um genaueres fiber das morpilologisehe Sub- strat dieser kompensato- rischen Hypertrophic aus- sagen zu k6nnen, wurden viele dieser Hypophysen- reste systematiseh histo- logisch untersueht*. Die hi~tologische Untersuchung hatte /olgendes Ergebnis:

Bei den Hypot)hysen Am,. :~. der inkomplett hypophys-

ektomierten Tiere wird eine stark(; Vermehrung der aeidophilen Zelhm, fernc, r a u e h eine deutIiche Vermehrung der basophilen Zellen beobaehtet. Wghrend man in der

Hypophyse der normalen Rat te nur sehr selten un(l vereinzelt basophile Zellen sehen kann, kern- men sie in der kompen- satoriseh hyI>ertrophierten Hypot)hyse in gro[ler An- zahl, ste/lenweise in Ne- stern angeordnet, beson- ders in den Ran(lpartien vor. Die Vermehrung der eosinophilen Zellen geht in manchen F~llen so welt, dab sie stellenweise fast

hbb. 4. ganz das Bild beherrschen und die neutrophilen Zellen

dieser Stellen in den Hintergrund treten. Abgesehen davon ist eine Ver- grfgerung der eosinophilen, stellenweise auch der basophilen Zellen zu be- obaehten. Die Vergrfgerung der eosinophilen Zellen ist aber nicht in alien F~tllen deutlich ausgepr~tgt. Es wurde vielmehr der Eindruck gewonnen, dab sie besonders in jenen Hypophysen beobachtet wurde, yon denen ein

* Die Pr/iparate wurden freundlieherweise am hiesigen histologischen Institut begutachtet . Herrn Prof. Dr. A. Kohn und Herrn Dozent Dr. Watzka sei hierftir unser bester Dank ausgesprochen.

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ttypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel. 81

m6glichst groBer Teil bei der Operation entfernt wurde. Wenn sehr wenig Gewebe zuriiekgeblieben war, wurden in den vermehrten und vergr6Berten chromophilen Zellen Aufl6sungsstudien, Verd~mmerung der Zellen, Vakuolenbildung beobach- tet (vielleicht ein Zeiehen der erh6hten Sekretions- t~tigkeit).

In Abb. 3--6 sind die wichtigsten Ver~inderungen dargeste]lt. Abb. 3 zeigt das Bild der normalen Rat- tenhypophyse. In Abb. 4 sieht man die Zurtickdri~n- gung der neutrophilen und die starke Vermehrung Abb.~. der eosinophilen Zellen, in Abb. 5 sind die stellenweise mi~chtig vergr6i~erten eosinophilen Zellen dargestellt, wie sic besonders n~eh Zuriickbleiben eines nur kleineren Hypophysenrcstcs beob- achtet warden. Abb. 6 stellt die zu Nestern vereinigten, mSchtig hypertrot)hierten basophilen Zellen dar, wie sic zwar /ib(,'rall in der Hypophyse, vor allem aber in den Randpartien des kompensatorisch hypertro- phierenden Organs beob- achtet werden k6nnen.

IX.

Es w~re nun intcres- sant, die Frage zu venti- lieren, inwieweit die hier Abl). 6. vorliegenden experimen- tellen Ergebnisse aur pathogenetisehen Analyse hypophys~irer Fettsueht- ]ormen herangezogen werden k6nnen.

Die nach Hypophysektomie im Tierexperiment beobachtete Ab- magerung 1/£Bt sich zwanglos mit der krassen Form der hypophys~ren Kachexie bzw. des Morbus Simmonds vergleichen, wie wir sie bei akuter Ausschaltung des Hypophysenvorderlappens beim Menschen - - sei es nun durch Embolien, sei es durch infektiSse Prozesse - - beobachten

z. f. d. ges. exp. Med. 101. 6a

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82 Max Reiss, Hans Epstein und Irmgard Gothe:

kOnnen. Auch die ~bergangsformen der hypophys~ren Magersueht, die ihrerseits auf Grund der bei ihnen beobaehteten Begleitsymptome vielfach an den Morbus Addison erinnern, fallen in dieses Gebiet. In all diesen FMlen dfirfte cine Hyposekret ion yon corticotropem Wirk- stoff vorliegen. Die klare Erkenntnis diescr Zusammenh/inge dtirfte auch fiir cine t)lanm/~6ige Therapie der verschiedenen hypophys/~ren Magersuchtformen yon Bedeutung sein.

Nun zeigte sich welter in den Versuchen, daft <lie komplet t hypo- physektomiertcn Tiere, falls man sie 1 Monat und litnger iibcrlet)en lic6, allm~thlich wicder Fet t anzusetzen begannen, ein Verhalten, das wir ~ls Folgeerschcimn~g tier m~eh Hypophysektomie ja gleichzeitig cin- tretenden Atrophic dcr Schihtdriise und der Keimdriisen auffassen. Die gesamte Aktivit~t des Tiercs wird eingeschrKnkt, bci gleichtfleibender Calorienzufuhr wir(l Energie cingespart. Wcnn wir nun bcdenken, <lab in der menschlichen Pathologic meistens der Hypophysenvorderlappcn nicht vollstKndig zerstSrt wird - - bcobachten wir doch den Morbus Simmonds nur sehr selten - - un(l dementsprechend (tie Produktion an corticotropem Wirkstoff schr selten aufhOrt, so mull uns klar sein, <la13, wenn wir sch<)n im Ticrcxt)criment gcwiss(~rmailcn regulatorisch als Folge der ghdchzeitig<~n Atrophic yon Schilddriise und Keimdriis<m cinch ]%ttansatz beobachten k/inn(m, diesem ganzen Vorgang bei der St6rung der Vordcrlaploeninkretion in <ter menschlichen Pathoh)gie noch cine namhafte B<~deutung zukommt. Mit an(ler(m Wortcn: wir miissen dicsem Mcchanismus bei der Entstehung yon hyi)oI)hysitr- hyposckretorischcn Fcttsuchtformcn, wie sic untcr an(lercm bci Morbus FrShlich vorliegen, eine wescntlichc Rollc einr/~umen. Wir kenncn also ill dcr Klinik gewisse Fet tsuehtformen wie den Morbus FrShlich, die mit einer StOrung der Genita]funktion einhergehcn. Da in diesem Fall vom pathologischcn Anatomen immer auf cine iFunktionseinschr/tn- kung geschlossen wird, mSchten wit uns die Genese diescr Fettsucht- formen so vorstellen, dab durch eine prim/~re Mindersekrction yon gonadotropem Wirkstoff sekund/£r eine FunktionsstSrung der Keim- driisen auftri t t , die wieder zu einer Einschr/~nkung der Aktivit/~t und daher zu Fet tansatz ffihrt. Es wiirde sich dann um eine hypophysi~r- hyposekretorische Fet tsuchtform handeln. Einen /£hnlichen Mechanis- mus mSchten wir auch ffir die verschiedenen cerebralen Fettsucht- formen diskutieren, denn wir wissen, dab die Produktion yon dem Fett- ansatz entgegenwirkendem gonadotropen und thyreotropen Hormon v o n d e r Hypophyse iibergeordneten Zentren im Zwischenhirn gesteuert wird. I m Lichte dieser Auffassung wird es auch verst~ndlich, dab die cerebrale Fet tsuchtform der hypophysAr-hyposekretorischen Fettsucht- form klinisch-symptomatisch /£hnelt.

Wir sind nun welters auf Grund unserer Untersuchungen zu der Ansicht gelangt, dab es heute bereits notwendig ist, zwischen den eben

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Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und Fettstoffwechsel. 83

besprochenen hypophys`ar-hyposekretorischen Fet tsuchtformen und den hypersekretorischen Fet tsuchtformen zu sondern. Als Paradigma dieser hypersekretorischen Fet tsuchtformen dient uns in unseren Versuehen einerseits die Fet tsucht der inkomplet t hypophysektomierten Rat ten, andererseits der durch die exogene Zufuhr yon corticotropem Wirkstoff erzielte, gesteigerte Fettansatz. Es ist klar, dal] in der menschlichen Pathologie dureh verschiedenste Vorg`ange, sei es nun im AnsehluB an Infektionskrankheiten, durch Abszedierung oder aber durch lokale Kreis- laufstSrungen, ein Teil des Hypophysenvorderlappens au6er Funktion ge- setzt wird, worauf `ahnlieh wie in unseren Tierversuehen aber wieder kompensatorische Hypertrophie einsetzen kann, die, ihrerseits fiber das Ziel des Normalen schiel~end, zu einer Hypersekret ion an corticotropem Wirkstoff fiihrt. Parallel damit und in Ana]ogie zu den Tierversuchen miiBte zun/~chst eine vorfibergehende Abmagerung st`arkeren oder ge- ringeren Grades auftreten, auf die dann ein besonders starker Fet t - ansatz folgt. Derartige hypersekretorische Fet tsuchtformen kommen wahrseheinlich in geringerem oder h6herem Mal~e in der menschlichen Pathologie viel 5fter vor, als man glauben wiirde. Dies ist vor allem darauf zurtiekzuffihren, (la6 die Hormonanalyse noch in den Kinder- schuhen steckt. Der patho]ogisehe Anatom aber bekommt nur zum Tode fiihrende extreme F`alle zu Gesicht.

Ein derartiger extremer Fall krassester Form ist unseres Erachtens im Syndrom des Morbus Chlshing gegeben. Wir haben n/tmlich bei der Fet tsucht unserer inkomplett hypophysektomierten Tiere mit Rfick- sicht auf die bereits anfangs hierbei beobachtete Hypertrophic der Nebennieren schon gleich diese Fet tsuchtform als hypophys`ar-hyper- sekretorisch aufgefa6t. Mit Riicksicht auf den nun weiter erhobenen histologisehen Befund an den Hypophysen dieser Tiere halten wir uns in vollst`andiger ~bereinst immung mit der Auffassung J. Bauers 12 ftir bereehtigt, <lie Fet tsucht unserer inkomplett hypophysektomierten g a t t e n dem Syndrom Morbus Cushing an die Seite zu stellen.

Nun haben aber E. J. Kraus und Zeynek 13 auf Grund eines grollen, pathologisch-anatomiseh aufgearbeiteten Materials gegen die Auf- fassung des basophilen Adenoms bzw. der Basophitie des Hypophysen- vorderlappens als prim'are Entstehungsursaehe der Cushingschen Fett- sucht Stellung genommen. Sit; weisen darauf hin, (tag sit; bei den ver- sehiedensten anderen konstitutionellen Fet tsuchtformen gleichfalls die basophilen Zellen im Hypophysenvorderlappen vermehrt vorfinden konnten und dab weiter auch in Fallen, wo iiberhaupt keine Fet tsueht vorlag, Basophilie gefunden wcrden konnte.

Wir haben nun eine Reihe weiterer Experimente durehgefiihrt, die diesen Widersprueh erkl`aren kSnnen. Untersucht man ngmlich den Hypophysenvorder lappen einer Rat te , die nur 3- -4 Tage 1 ccm Oliven- 61 t`aglich peroral verabreicht bekommen hatte, so finden sich noeh

6*

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84 Max Reiss, H~ns Epstein und Irmgard Gothe:

keine Ver/~nderungen vor. Setzt man aber die perorale Verabreichung yon 1 ccm Oliven6l tiiglich (lurch 14--18 Tage fort, so fin(let man im Hypophysenvorderlappen der Rat te fast genau die gleichen Ver/mdc- rungen, wie wir sic oben in den Hypophysen der inkomplett hypo- t)hysektomierten Tier(; besehrieben haben. Auch bier sieht man eine m'~chtigc Vermehnmg der eosinophilen Zellen und das Auftreten zahl- reicher, teilw(;isc auch vergr6Berter basophih;r Zellen.

Es war nun /~uilerst intcressant, als wir dann in weiteren Versuchen sahen, da[l diese Ver/in(terung fehlte, wenn wir gleichzeitig m i t d e r (~l- belastung auch corticotropen Wirkstoff zuffihrten. In diesen F~llen fehlte jede morphologisch faBbare Ver/mderung im Hypophysenvorder- lappet3. Wir waren also zu der Annahme gedr~ngt, dab die nach (~l- belastung beobachtcte morphologische Ver~nderung des Hypophysen- vorderlappens zustande gckommen sei infolgc des bei gesteigertcm Fett- umsatz erhShten Bedarfs an corticotroi)enl Wirkstoff. Wir k6nnen uns ferner auch sehr gut vorstellen, dab bci KSrperzustitndcn, (tie nichts mit einer Fettumsatzsteigerung zu tun haben, bei denen aber Neben- nicrenrindenhormon in gosteigertem Malt(; notwendig wird, wie bei ge- steigcrten Anspriichen an (lie W~rmeregulationstiitigkcit, bei Infektions- krankheitcn usw., corticotroper Wirkstoff in erh6htem MaBe produziert werden muB und dementspreehend auch das morphologische BikI des HypophysenvorderlaI)pens sckunditr ge/mdert wird. In dieser Richtung sind bei uns noch Versuchc im Gange.

Es erscheint also notwendig, zwisehen einer primiir auftretenden Hypersekretion an corticotropem Wirkstoff, wie wit sic bei prim/~rer Seh/~digung des Hypophysenvorderlappens beobaehten k6nnen, und einer sekunddr bei gesteigertem K6rperbedarf an corticotropem Wirk- stoff auftretenden Mehrproduktion zu unterscheiden. Auf diese Weise lassen sich die von E. J. Kraus und Zeynek gegen die Auffassung des Morbus Cushing als prim/~r durch hypersekretorische Ti~tigkeit des Hypophysenvorderlappens ausgel6st ge/iuBerten Bedenken patho-physio- logisch aufkl/~ren.

Hierzu kommt noch, dab es ja nicht nur die basophilen Zellen sind, die in unseren Versuchen im Hypophysenvorderlappen an Zahl und Gr6Be zunehmen, sondern auch die fibrigen Zellelemente. Zwar kennen wir heute schon F/ille, wo die lorim/~r hypersekretorische Rolle yon Vorderlappenzellen bei der Pathogenese des Morbus Cushing ohne Zweifel ist, wie z. B. in den yon Cohen und Dible14 erhobenen Befunden, die ein metastasierendes basophiles Careinom im Hypophysenvorder- lappen bei einem Morbus Cushing-Patienten ergaben. Es ist aber durch- aus nicht als sicher anzunehmen, dab der corticotrope Wirkstoff nur yon den basophilen und nicht auch yon anderen Zellen produziert wird. Wie bereits an anderer Stelle 15 auseinandergesetzt, 1/£Bt sich ja fiber- haupt beim heutigen Stand unserer Erkenntnisse fiber die vielseitige

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Hypophysenvorderlappen, Nebennierenrinde und FettstoffwechseL 85

inkretorische T~tigkeit des Hypophysenvorderlappens keineswegs einer best immten Zellart die Produktion eines best immten Hormons zuschrei- ben. Nun weiB man aber, dal3 bei einer ganzen Reihe klinisch als Morbus Cushing diagnostizierter F~lle kein basophiles Adenom und auch keine Basophilie im Hypophysenvorderlappen gefunden wurde. Wir mSchten nun vorl~ufig nicht mit Bauer prinzipiell die mit basophilem Adenom nieht einhergehenden F~lle vom Morbus Cushing, bei dem eventuell eine Basophilie vorkommt, abtrennen. Denn wir sind der Meinung, dab wir die hier in Betracht kommenden Fet tsuchtformen nicht nach dem Kri- terium der Basophilie, sondern nach dem Kri ter ium der ~berprodukt ion yon corticotropem Wirkstoff klassifizieren sollen. Nur der Nachweis dieses Hormons wird entscheidend sein diirfen fiir die klinische Dia- gnose. Hierzu miiBten aber biologisch einwandfreie Testmethoden heran- gezogen werden. Die bisher verwendeten besitzen, wie wir an anderer Stelle 4 bereits auseinandergesetzt haben, keinerlei Beweiskraft.

Zusammenfassung. 2--3 Wochen nach komplet ter Hypophysektomie ist der Gesamt-

fettgehalt von Rat ten bis um 60% gegeniiber der Norm vermindert. Werden die Tiere erst 8 oder mehr Wochen nach der Operation getStet, so zeigt sieh ein Wiederanstieg des KSrperfetts bis zur Norm.

Die Fet tverarmung der hypophysektomierten Ra t ten l~0t sich durch Zufuhr yon reinem corticotropen Vorderlappenwirkstoff wieder rfick- g~tngig machen.

Zufuhr yon Nebennierenrindenhormon oder von corticotropem Wirk- stoff des Hypophysenvorderlappens an sonst unbehandelte Rat ten be- wirkt nach etwa 2wSchentlicher Behandhmg eine Vermehrung des Ge- samtkSrperfetts um 20--50%.

Normale Ratten, die ti~glich 1 ccm OlivenS1 mit Schlundsonde er- halten, haben einen geringeren Gesamtfettgehalt als solche, denen gleich- zeitig mit der Fettbelastung corticotropes Hormon injiziert wird.

Sowoh! Nebennierenrindenhormon wie auch corticotroper Wirkstoff bewirken beim Menschen und beim Hund eine Senkung des Blutfett- spiegels his um 25%. Auch die aliment~re Lip~miekurve wird nach Injektion dieser Hormone bei Mensch und Hund abgeflacht gefunden. Der Lil,oitrineffekt ist ein dem corticotropen Wirkstoff anhaftendes Wirkuugskriterium. Die nach Zufuhr yon corticotropem Wirkstoff oder Nebennierenrindenhormon auftretende Blutfettsenkung wird mit R/ick- sicht auf dic erwiesene fettfixierende Wirkung dieser Hormone auf ein gesteigertes Abwandern des Fet ts aus dem Blute in die Gewebe zuriick- gefiihrt. Die nach Hypophysektomie auftretende Verminderung an KSrperfett wird vor allem als Folge der hierbei eintretenden Verminde- rung der endogenen Bildung yon Nebennierenrindenhormon aufgefal3t.

Z. f. d. ges . exp , Med . 101. 6]0

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86 Max Reiss, Hans Epstein und Irmgard Gothe.

N a c h inkomple t t e r H y p o p h y s e k t o m i e en twicke l t sich bei R a t t e n eine s t a rke F e t t v e r m e h r u n g bis u m 80%. D a in frfiher mi tge te i l t en Versuchen eine bei de ra r t igen Tieren auch wei t fiber die Norm gesteiger te kompensa~orische Hype r t roph ie f~h igke i t de r Nebenniere bestcht , wird angenommen , dal~ diese F e t t s u c h t auf v e r m e h r t im K S r p e r kre isenden cor t i co t ropen Wirks to f f bzw. auf sekund£r mobi l i s ier tes R inde nho rmon zurf ickzufi ihren ist.

Nach i nkomple t t c r H y p o p h y s e k t o m i c k o m m t es zu einer besonders raschen kompensa to r i schen H y p e r t r o p h i e des H y p o p h y s e n v o r d e r l a p p e n - restes, deren Folgc offenbar die Hype r sek re t i on von cor t ico t ropem W i r k s t o f f ist .

Dic his tologische Un te r suchung der nach inkomple t t e r Opera t ion hype r t roph i c r enden H y p o p h y s e n r c s t e e rg ib t einc Vermehrung und Ver- grSBerung der eosinophi len und basophi len Zellen.

Diese lben his tologischen Ver~nderungcn, die pr imi i r nach inkom- p l e t t e r H y p o p h y s e k t o m i e auftret~;n, kSnnen auch s e k u n d d r nach Be- l a s tung dcs Fe t t s to f fwechse ls durch 2 W o c h e n lang andaue rnde , t~g- l iche perora le Verabre ichung yon OlivenSl e rzeugt werden. Diese sckun- d~,re Vcr~nderung wird abe r du t ch gleichzei t ige Behand lung des Tieres mi t co r t i co t ropem Wirks to f f ve rh inder t .

:Die in den mi tge te i l t en Versuchen exper imente l l e rzeugten Mager- und F e t t s u c h t f o r m e n werden in ihrer Beziehung zu den verschiedencn kl inisch fes tges te l l ten E r k r a n k u n g e n des Fe t t s tof fwechse ls d i skut ie r t , vor a l lem zur hypophysbxen Magersucht , zu den hypophys£r -hyposekre - tor ischen F e t t s u c h t f o r m e n und zu den hypophys~r -hyper sek re to r i schen F e t t s u c h t f o r m e n .

Literatur. 1 Verzdr u. Laszt: Biochem. Z. 276, 11 (1935). - - 2 Reiss, Epstein, Fleischmann

u. Schwarz: Endokrinol. 17, 302 (1936). - - a Kumaqawa.Suto: Abderhaldens Hand- buch fiir biochemische Arbeitsmethoden, Bd. 5/2, S. 477. 1912. - - 4 l~eiss, Balint, Oestreicher u. Aronson: Endokrinol. 18, 1 (1936). - - a Raab: Z. exper. Med. 49, 179 (1926). - - e Raab: Z. exper. Med. 89, 616 (1933). - - 7 Reiss: Endokrinol. 7, 1 (1930). - - s Raab u. Kerschbaum: Z. exper. Med. 90, 729 (1933). - - 9 Raab: Z. exper. Med. 94, 282 (1934). - - 10 Leites u. Agaletzkaja: Acta reed. scand. (Stockh.) 89, 199 (1936). - - 11 Reiss, Bal int u. Aronson: Endokrinol. 18, 26 (1936). - - 12 Bauer, J . : Schweiz. reed. Wschr. 1936 I, 938. - - 13 Kraus, E. J . : Klin. Wschr. 1937 ], 533 (hier weitere Literatur). - - 14 Cohen and Dible: Brain 59, 395 (1936). - - 15 Reiss: Oppenheimers Handbuch der Biochemie, Erg.-W. III , S. 1041. 1936.