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InfektionskrankheitenInfektionskrankheiten und AntiinfektivaEine Einführung für Naturwissenschaftler
Teil 3: Viren und VirustatikaVirustatika
Prof Dr J KleinProf. Dr. J. KleinPharmakologisches Institut
für Naturwissenschaftler (FB 14)
Große Epidemien: VirenGroße Epidemien: Viren15 -16 Jh Pocken Masern und Typhus15.-16. Jh. Pocken, Masern und Typhus
Eingeschleppt von Invasoren; töten >50% der Bevölkerung in Mittelamerika
1556-1560 Erste in Europa dokumentierte Grippeepidemie
tötet ca 20% der Bevölkerungtötet ca. 20% der Bevölkerung18. Jh. Pockenepidemien in Europa
30% Letalität (kl. Kinder: 80%), blinde Überlebende30% Letalität (kl. Kinder: 80%), blinde Überlebende1918 Spanische Grippe tötet 25-30 Mio. Menschen
H1N1-Vogelgrippe, Tod oft binnen 48h. Danach Encephalitis lethargica ?
Neue Epidemien im 20 Jh : HIV/AIDS SARSNeue Epidemien im 20. Jh.: HIV/AIDS, SARS, hämorrhag. Fieber u.v.a.
„Echte“ Pocken („Blattern“): verursacht durch Variola vera-VirusHohes Fieber Tod durch PneumonieHohes Fieber, Tod durch Pneumonie oder Enzephalitis. Bei Gesundung erworbene ImmunitätBei Gesundung erworbene Immunität Pockennarben
Pocken I k l i d hPocken Inokulation durchSir Edward Jenner
Geschichte der PockenGeschichte der PockenErwähnt im Papyrus Ebers (Patient: Ramses V.)py ( )…und in der Bibel (Buch Hiob, 6. ägypt. Strafe)Prominente Opfer: Maria Theresia, Pocahontas, p , ,Anna von Cleve, Königin Elisabeth; Josef Stalin. Verursacht 10-15% aller Todesfälle im 16. Jh.
Entwicklung der ersten Schutzimpfung (Jenner, 1796) mit Kuhpocken (Vaccinia)Papst Leo XII. (1823-29): „Die Pocken sind ein Strafgericht Gottes, di I f i t i Lä t d Hi l “die Impfung ist eine Lästerung des Himmels“
Epidemien bis ins 19. Jh. mit 30% Letalität; häufig im Kindesalterim KindesalterSeit 1977 durch WHO-Programm verschwunden !
Vi l iVirologieViren sind vermehrungsfähige Komplexe aus Nukleinsäuren mit
Proteinen und z.T. Lipiden in definierter Partikelform. Sie vermehren
sich nur innerhalb von lebenden Zellen. Sie können in die Zelle
eindringen und ihren Stoffwechsel-apparat zur eigenen Replikation
verwenden. Sie sind in langen Zeitspannen in Wechselwirkung mit
ihren Wirten entstanden. (D. Falke)( )
Viroide und Virusoide sind noch einfacher aufgebaut. Es gibt nur ein
humanpathogenes Virusoid (HDV). Die meisten erzeugen Krankheiten bei
Pflanzen, während Bakteriophagen Bakterien befallen.
Prionen sind infektiöse Protein-Partikel.
Klassifikation der Viren ass a o de e(nach Baltimore)
WirtsspezifitätOrganspezifitätOrganspezifität
Neurotrop (Tollwut) vs. Promiskuitiv (CMV)Cytopathisch vs ImmunopathischCytopathisch vs. Immunopathisch
Z.B. Auslösung von AutoimmunerkrankungenOnkogene Viren: HPV EBV HerpesOnkogene Viren: HPV, EBV, Herpes, HTLV, HepB+C verursachen ca. 17% der menschlichen Tumoren
Weitere KlassifikationenWeitere Klassifikationen
H thHumanpathogene Viren, Prophylaxe
d Th iund Therapie
Ki d k kh itKinderkrankheitenMit Exanthem:
Definition: Infektionskrankheit mit hoher Durchseuchungs-
Mit Exanthem:MasernScharlach (bakteriell; k i I ität)hoher Durchseuchungs
rate und Übertragungs-fähigkeit, die über-wiegend im Kindesalter
keine Immunität)WindpockenRötelnwiegend im Kindesalter
auftritt und lebenslange Immunität hinterlässt.Oft viral und nur
RötelnRingelrötelnDrei-Tage-Fieber
Oft viral und nur symptomatisch behandelbar Ohne Exanthem:
K hh t (b kt i ll)Impfungen: z.B. MMR und DPT, Polio
Keuchhusten (bakteriell)MumpsPoliomyelitisPoliomyelitis
Angriffspunkte fü Vi ikfür Virustatika
Viren sind primitive „Organismen“Protein-umhüllte Nukleinsäurenu e säu eKein eigener Stoff-wechsel nutzenwechsel, nutzen WirtszelleWenige AngriffspunkteWenige Angriffspunkte für Arzneistoffe
Antimetabolite als TherapieprinzipAntimetabolite als Therapieprinzip
Prinzip der Antimetabolite wurde entwickelt von George Hitchings und Gertrude Elion (Fa. Wellcome; Nobelpreis 1988)
Herpes-Viren:Replikation
Aciclovir bei HerpesinfektionenAciclovir bei Herpesinfektionen
„Acyclisches“ Guanosin; wirkt bevorzugt in Virus-infizierten Zellen !
Pharmakokinetik:Schlechte orale Bioverfügbarkeit, aber gute Gewebegängigkeitnach i.v. GabeK HWZ (2 3 h) it h dKurze HWZ (2-3 h), weitgehend renale Elimination
Kristallurie Nephrotoxizität möglichKristallurie, Nephrotoxizität möglich
HIV / AIDSHIV / AIDS1980 Kaposi-Sarkom, Pn. carinii-Pneumonie in Homosexuellen („Schwulenseuche“)
4 H: Homos, Hämophile, Heroinabhängige, Haitianer.
10 Jahre später: Forschung an Affen, HIV wird identifiziert (Montagnier,HIV wird identifiziert (Montagnier, Gallo), Nobel 2008
30 Jahre später: Kondome sind wieder populär, AIDS ist medikamentös beherrschbar aber 40 Mio. Menschen sind infiziert…
AIDS in Afrika
HIV Z klInfektion von TH-Zellen,
HIV-Zyklus Monocyten u.a.Lebenslange gPersistenzHemmung derHemmung der Proliferation durch drei Arzneistoffklassen:Arzneistoffklassen:
Eintrittsinhibitoren sowie HemmstoffeHemmstoffe
der RT (Reverse Transkriptase)Transkriptase)der HIV-Protease undder Integraseder Integrase
Hemmstoffe der Reversen Transkriptase: Zidovudin (Azidothymidin Retrovir®)Zidovudin (Azidothymidin, Retrovir®)
Pharmakodynamik:yPhosphorylierung zum Triphosphat durch körpereigene EnzymePotenter, kompetitiver (vs. TTP) Hemmstoff der viralen RTKein Hemmstoff für bereits integrierte Viren
Pharmakokinetik: fgute orale Bioverfügbarkeit, verringert durch Mahlzeiten
Kurze HWZ (Blut: 1-2h; intrazellulär 3-4h)Wird glucuronidiert und überwiegend renal eliminiertWird glucuronidiert und überwiegend renal eliminiert
UAW: Knochenmarksschädigung (Anämie, Neutropenie)Knochenmarksschädigung (Anämie, Neutropenie)Neurologische Nebenwirkungen: 50% KopfschmerzenGastrointestinale Beschwerden; Unverträglichkeit; Myopathie bei Dauergebrauch
ProteasehemmerProteasehemmerPhe-Pro-Analogon
Für (fast) alle gilt: hohe Plasmaeiweißbindung, geringe Liquorgängigkeit (PGP-Substrate). HWZ meist 4-8hmeist 4 8hMetabolismus via CYP 3A4; Ritonavir als Kombinationspartner (CYP-Hemmer) erhöht Bioverfügbarkeit und HalbwertszeitenInteraktionen: Statine, Amiodaron, Midazolam, ,
Lopinavir + Ritonavir in Kaletra®GIT: Diarrhö, Übelkeit Metabolismus: Verschlechterung der Glucosetoleranz, Fettstoffwechselstörungen: Hyperlipidämie, Lipodystrophie
Atazanavir (1mal tgl ); Amprenavir; Darunavir; Saquinavir;Atazanavir (1mal tgl.); Amprenavir; Darunavir; Saquinavir; Indinavir; Nelfinavir; Tipranavir…
Mit einigen substanztypischen Häufungen von Nebenwirkungen (Leber, Niere, H t K h k)Haut, Knochenmark)
R i t t i klResistenzentwicklungSchnelle Resistenzentwicklung bei Monotherapie (PI s. links)Bei HIV hohe ReplikationsrateBei HIV hohe Replikationsrate und ungenaue RT – ca. 1010
neue Mutanten pro Tag. HAART = Highly active anti-retroviral therapy = Kombination von 3 Wirkstoffen (RTI, NNRTI und/oder PI)Keine Behandlung asymptomatischer Patienten
Bekannte Mutationen, die zum Wirkverlust von Protease-hemmern führen asymptomatischer Patienten.
Ausnahmen:SchwangereMedizinisches Personal
AIDS V l fAIDS: VerlaufVerlaufskontrolle durch Messung der Viruslast (PCR im Blut) und der CD4-positiven ZellenKombinationstherapieKombinationstherapie empfohlen
H t t h ViHepatotrophe Viren
Virus Genetik Virale Klasse
HAV ssRNA Picornavirus
HBV DNA H d iHBV DNA Hepadnavirus
HCV ssRNA Flaviviridae
HDV ssRNA Viroid
HEV ssRNA Caliciviridae
„Serumhepatitis“350 Mio. Infizierte weltweitC 1 Mi T t jäh li hCa. 1 Mio. Tote jährlichCa. 50.000 Neuinfektionen/J. in D.
DNA-Virus, nicht zytopathisch. y pLeberzelltod durch Immunantwort
Leberkarzinom korreliert weltweit mit HBV DurchseuchungHBV-Durchseuchung
Prophylaxe: Impfung mit HBsAg(„Australia-Antigen“)Therapie: Interferon-α plus LamivudinHepatitis-D-Virus (Delta-Virus) ist ein Viroid, das die HepB verschlimmert
H titi B d DHepatitis B und D
„Non-A-Non-B-Hepatitis“200 Mio. Träger weltweit
0 6 Mi T t /J hca. 0.6 Mio. Tote/Jahr10.000 Neuinf. /J. in D.
RNA-Virus 8 GenotypenRNA Virus, 8 GenotypenÄhnlicher Verlauf wie bei HBV aber
Höhere Chronifizierungs- und -zirrhoserate (bis 80%)Keine Integration ins Genom, g ,dennoch keine Spontan-heilungen
Behandlung Interferon-α
H titi C
Behandlung Interferon αplus RibavirinLebertransplantation
Hepatitis C
Replikation des HBVReplikation des HBV
Virale RNA kodiert für virale Proteine (benutzt Ribosomen der Gastzelle)Virale DNA wird durch virale Reverse Transkriptase erzeugt !Medikamentöse Behandlung: InterferoneBehandlung: Interferone plus Lamivudin
Ganem & Prince, NEJM 2004
Wirkungs-mechanismusder Interferone (hi HCV)(hier: gegen HCV)
Hoofnagle & SeeffHoofnagle & Seeff,NEJM 2006
I t fInterferoneBildung durch infizierte Zellen, werden sezerniertBildung durch infizierte Zellen, werden sezerniert und induzieren ein Anti-Virus-Programm in NachbarzellenNachbarzellen
Alpha-I. u.a. durch Makrophagen gebildet, wirkt gegen HepatitisBeta-I. durch Fibroblasten; therapeutisch gegen Multiple SkleroseGamma-I. durch T-Lymphocyten; kein therap. Einsatz
Wirkung auf >300 ProteinegTranslationshemmung durch eIF-2 InaktivierungInduktion von RNAsen, pro-apoptotischen ProteinenStimulation der Cytokin-Freisetzung, HLA-Expression
Virusunspezifisch aber artspezifischSchlecht verträglich aber kaum Resistenzen
Interferone als ArzneistoffeInterferone als ArzneistoffeBiotechnisch produzierte Polypeptide (E. coli K-12 p yp p (Zellen); Unterschiede zu humanen Interferonen:
Zusätzliches Methionin am N-Terminus; keine GlykosylierungKönnen als Antigene wirken (in 15-20% der Patienten)
Humanes IFN-α ist ein 19 kD-Protein, das in >20 S bt k tSubtypen vorkommt
IFN α-2a (RoferonR) und IFN α-2b (IntronAR) unterscheiden sich nur in einer Aminosäure.
In PegasysR und PEG-IntronR sind die Interferone an Polyethylenglykol gekoppelt
Pegylierte Interferone sind wirksamer und müssen nur einmalwöchentlich s.c. appliziert werden (ca. 0.2mg).Abbau in Niere (alpha) und Leber (ß γ)Abbau in Niere (alpha) und Leber (ß, γ)
Vögel
G i E id iH=Hämagglutinine; N=Neuraminidase
Grippe-Epidemien
I fl ViInfluenza-VirusImpfung ist wichtig obwohl Erreger häufig mutiertMedikamentöseMedikamentöse Therapie nur wirksam wenn frühzeitigwenn frühzeitig gegeben (innerhalb 48h)8 )
dann Verkürzung des Verlaufs
I f k i i I fl ViInfektionen mit Influenza-Viren
Oseltamivir (Tamiflu®, oral)Neuraminidase-Inhibitor; hemmt Ausschleusung der Influenza-VirenAusschleusung der Influenza-VirenHWZ 6-8h, renale Elimination, 5-7 Tage einnehmenhä fi Üb lk it E b hhäufig Übelkeit u. Erbrechen an ersten Tagen
Zanamivir (Relenza®, ( ,Nasenspray)
Cave Asthmatiker
Jetzt ist´s aber genug !Jetzt ist s aber genug !