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- 1 - DIABETES-NEWS Ausgabe 2/2018 Institut für Diabetesforschung >> NEUES AUS DER DIABETES-FORSCHUNG Liebe Leserinnen und Leser, in dieser Ausgabe unseres Newsletters fassen wir aktuelle Studienauswertungen zu der Krankheitsentstehung von Typ-1-Diabetes zusammen. Außerdem berichten wir über Risikofaktoren, welche die Funktionalität des menschlichen Stoffwechsels beeinflussen. Viel Spaß beim Lesen! Ihr Studienteam Das Risiko für Übergewicht und Insulinresistenz ist bei Kin- dern von Müttern mit Typ-1-Diabetes signifikant erhöht. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum München und der Technischen Universität München im Fachmagazin „Diabetologia“. Bislang war bekannt, dass das Risiko für Typ-1-Diabetes bei Kindern von betroffenen Eltern weit höher ist als in der Allgemeinbevölkerung. „Zudem gab es vereinzelte Hin- weise aus Vorgängerstudien, dass Kinder von Müttern mit Typ-1-Diabetes zusätzlich ein erhöhtes Risiko für das meta- bolische Syndrom tragen, da die zeitweise hohen Blutzu- ckerwerte im Mutterleib langfristige Auswirkungen auf den Stoffwechsel und das Körpergewicht der Nachkommen zu haben scheinen“, erklärt Privatdozent Dr. Andreas Beyer- lein. „Wir wollten diese Diskussion nun auf eine solide Da- tengrundlage stellen“, so der Statistiker und Epidemiologe weiter, der die Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Anette-Gab- riele Ziegler, Institut für Diabetesforschung des Helm- holtz Zentrums München und der Forschergruppe Diabetes e. V., federführend leitete. Ausgangspunkt der Arbeit waren die drei Studien TEENDIAB, BABYDIAB und BABYDIET, welche die Entstehungsmechanis- men von Typ-1-Diabetes aufklären sollen. „Insgesamt haben wir die Daten von knapp 2.800 Kindern untersucht, die einen erstgradigen Verwandten mit Typ-1-Diabetes hatten“, erklärt Erstautorin Anitha Pitchika. „Sie wurden bis zu ihrem 18. Lebensjahr hinsichtlich Stoffwechsel und Körpergewicht un- tersucht“. Anette-Gabriele Ziegler ergänzt: „Diese Auswer- tungen waren in dieser Form erst mit unseren Datensätzen möglich, die eine ausreichend große Anzahl von Müttern mit Typ-1-Diabetes enthalten“. Dabei fiel auf, dass Kinder, deren Mütter vor der Schwan- gerschaft an Typ-1-Diabetes erkrankt waren, einen signi- fikant höheren Body-Mass-In- dex aufwiesen als Kinder von stoffwechselgesunden Müttern. „Bei den Teilneh- mern der TEENDIAB-Studie“, erklärt Beyerlein, „war das Risiko für ein späteres Über- gewicht mehr als doppelt so hoch“. Auch weitere Werte wie Hüftumfang, Nüchtern- glukosespiegel oder das Risi- ko für Insulinresistenz waren signifikant erhöht, wenn die Mutter Typ-1-Diabetes hatte. Zu- vor hatten die Wissenschaftler mögliche Störfaktoren wie bei- spielsweise den sozioökonomischen Status der Mutter oder ein höheres Geburtsgewicht herausgerechnet. Um herauszufinden, inwiefern die Unterschiede durch grund- legende Änderungen im kindlichen Stoffwechsel verursacht wurden, erhoben die Forscher von 500 Teilnehmern der TEENDIAB-Studie so genannte „Metabolomics-Daten“. Tat- sächlich konnten sie aber keine durch mütterlichen Typ-1- Diabetes bedingten signifikanten Veränderungen hinsichtlich der Stoffwechselprodukte und -wege aufdecken. Original-Publikationen: Pitchika A et al. Associations of maternal type 1 dia- betes with childhood adiposity and metabolic health in the offspring: pros- pective cohort study. Diabeteologia (2018). DOI: 10.1007/s00125-018-4688-x. Pitchika A et al. Associations of Maternal Diabetes During Pregnancy with Overweight in Offspring: Results from the Prospective TEDDY Study. Obesity (2018). DOI: 10.1002/oby.22264. RISIKO HÖHERER BMI BEI NACHWUCHS VON MÜTTERN MIT TYP-1-DIABETES KRANKHEITSENTSTEHUNG NEUE ANTIGENE FÜR TYP-1-DIABETES BESTÄTIGT Wissenschaftler des DFG Forschungszentrums für Regene- rative Therapien Dresden (CRTD), des Helmholtz Zentrums München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) haben bei vier kürz- lich entdeckten Autoanti- genen eine Verbindung zu Autoimmunerkrankungen nachgewiesen, die mit dem HLA Genotyp vergesellschaf- tet sind. Der HLA-Genotyp spielt beispielsweise bei der Krankheitsentwicklung des Typ-1-Diabetes eine Rolle. So sind HLA-Gene bekannt, welche die Empfänglichkeit für Typ-1-Diabetes verstär- ken oder mindern. Autoanti- körper, die sich gegen diese neuen Antigene richten, tre- ten offenbar bei Patienten mit bestimmten Genotypen kurz nach Ausbruch des Typ-1-Diabetes gehäuft auf. In Kooperation mit der Technischen Universität Dresden (CRTD und PLID) und des Instituts für Diabetes und Adipositas am Helmholtz Zentrum München (IDO) haben Forscher des Instituts für Diabetesforschung (IDF) als Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) neue Antigene auf ihre Verbindung zu Typ-1-Diabetes getestet. Die Wissenschaftler untersuchten Patienten mit Typ-1-Diabetes kurz nach Krankheitsausbruch auf Antikörper gegen drei Pro- teine, die in Reparatur- oder Transportprozesse im Zellkern einbezogen sind – nämlich MLH1, NUP50 und PPIL2 – sowie auf Antikörper ge- gen den Translationsinitiati- onsfaktor MTIF3, der an der Herstellung von Proteinen der Mitochondrien (d. h. der „Zellkraftwerke“) beteiligt ist. Die Wissenschaftler wollten einen näheren Einblick da- rüber gewinnen, wie eine Im- munität oder – im Gegensatz dazu – eine erhöhte Empfäng- lichkeit für Autoimmuner- krankungen entsteht. Die Blutanalyse erbrachte folgende Ergebnisse: Bei Patienten traten Autoantikörper gegen die vier neuen Antigene signifi- kant häufiger auf als bei den gesunden Kontrollpersonen. Hat- ten die Patienten einen HLA DR3-Genotyp, wiesen sie häufiger Antikörper gegen NUP50 auf. Hatten sie einen HLA DR4-Geno- typ, fanden sich häufiger Antikörper gegen MLH1. Weitere Informationen: Institut für Diabetesforschung Direktorin: Univ.-Prof. Dr. med. Anette-Gabriele Ziegler Helmholtz Zentrum München Ingolstädter Landstraße 1 85764 Neuherberg Tel.: 0800 / 8 28 48 68 (kostenfrei) E-Mail: [email protected] Internet: www.helmholtz-muenchen.de/idf - 4 - © Institut für Diabetesforschung/Tanja Telieps

Institut für Diabetesforschung HÖHeReR bMi bei NaCHwUCHs ... · - 1 - Diabetes-News Institut für Diabetesforschung ausgabe 2/2018 >> NeUes aUs DeR Diabetes-FORsCHUNG Liebe Leserinnen

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Diabetes-News ausgabe 2/2018Institut für Diabetesforschung

>> NeUes aUs DeR Diabetes-FORsCHUNG

Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe unseres Newsletters fassen wir aktuelle Studienauswertungen zu der Krankheitsentstehung von Typ-1-Diabetes zusammen. Außerdem berichten wir über Risikofaktoren, welche die Funktionalität des menschlichen Stoffwechsels beeinflussen.

Viel Spaß beim Lesen! Ihr Studienteam

Das Risiko für Übergewicht und insulinresistenz ist bei Kin-dern von Müttern mit typ-1-Diabetes signifikant erhöht. Das berichten wissenschaftlerinnen und wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum München und der technischen Universität München im Fachmagazin „Diabetologia“.

Bislang war bekannt, dass das Risiko für Typ-1-Diabetes bei Kindern von betroffenen Eltern weit höher ist als in der Allgemeinbevölkerung. „Zudem gab es vereinzelte Hin-weise aus Vorgängerstudien, dass Kinder von Müttern mit Typ-1-Diabetes zusätzlich ein erhöhtes Risiko für das meta-bolische Syndrom tragen, da die zeitweise hohen Blutzu-ckerwerte im Mutterleib langfristige Auswirkungen auf den Stoffwechsel und das Körpergewicht der Nachkommen zu haben scheinen“, erklärt Privatdozent Dr. Andreas Beyer-lein. „Wir wollten diese Diskussion nun auf eine solide Da-tengrundlage stellen“, so der Statistiker und Epidemiologe weiter, der die Studie gemeinsam mit Prof. Dr. Anette-Gab-riele Ziegler, Institut für Diabetesforschung des Helm-holtz Zentrums München und der Forschergruppe Diabetes e. V., federführend leitete.

Ausgangspunkt der Arbeit waren die drei Studien TEENDIAB, BABYDIAB und BABYDIET, welche die Entstehungsmechanis-men von Typ-1-Diabetes aufklären sollen. „Insgesamt haben wir die Daten von knapp 2.800 Kindern untersucht, die einen erstgradigen Verwandten mit Typ-1-Diabetes hatten“, erklärt Erstautorin Anitha Pitchika. „Sie wurden bis zu ihrem 18. Lebensjahr hinsichtlich Stoffwechsel und Körpergewicht un-tersucht“. Anette-Gabriele Ziegler ergänzt: „Diese Auswer-tungen waren in dieser Form erst mit unseren Datensätzen möglich, die eine ausreichend große Anzahl von Müttern mit Typ-1-Diabetes enthalten“.

Dabei fiel auf, dass Kinder, deren Mütter vor der Schwan-gerschaft an Typ-1-Diabetes erkrankt waren, einen signi-fikant höheren Body-Mass-In-dex aufwiesen als Kinder von stoffwechselgesunden Müttern. „Bei den Teilneh-mern der TEENDIAB-Studie“, erklärt Beyerlein, „war das Risiko für ein späteres Über-gewicht mehr als doppelt so hoch“. Auch weitere Werte wie Hüftumfang, Nüchtern- glukosespiegel oder das Risi-ko für Insulinresistenz waren

signifikant erhöht, wenn die Mutter Typ-1-Diabetes hatte. Zu-vor hatten die Wissenschaftler mögliche Störfaktoren wie bei-spielsweise den sozioökonomischen Status der Mutter oder ein höheres Geburtsgewicht herausgerechnet.

Um herauszufinden, inwiefern die Unterschiede durch grund-legende Änderungen im kindlichen Stoffwechsel verursacht wurden, erhoben die Forscher von 500 Teilnehmern der TEENDIAB-Studie so genannte „Metabolomics-Daten“. Tat-sächlich konnten sie aber keine durch mütterlichen Typ-1- Diabetes bedingten signifikanten Veränderungen hinsichtlich der Stoffwechselprodukte und -wege aufdecken.

Original-Publikationen: Pitchika A et al. Associations of maternal type 1 dia-betes with childhood adiposity and metabolic health in the offspring: pros-pective cohort study. Diabeteologia (2018). DOI: 10.1007/s00125-018-4688-x.

Pitchika A et al. Associations of Maternal Diabetes During Pregnancy with Overweight in Offspring: Results from the Prospective TEDDY Study. Obesity (2018). DOI: 10.1002/oby.22264.

RisiKO

HÖHeReR bMi bei NaCHwUCHs VON MÜtteRN Mit tYP-1-Diabetes

KRaNKHeitseNtsteHUNGNeUe aNtiGeNe FÜR tYP-1-Diabetes bestÄtiGt

wissenschaftler des DFG Forschungszentrums für Regene-rative therapien Dresden (CRtD), des Helmholtz Zentrums München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) haben bei vier kürz-lich entdeckten autoanti-genen eine Verbindung zu autoimmunerkrankungen nachgewiesen, die mit dem HLa Genotyp vergesellschaf-tet sind. Der HLa-Genotyp spielt beispielsweise bei der Krankheitsentwicklung des typ-1-Diabetes eine Rolle. so sind HLa-Gene bekannt, welche die empfänglichkeit für typ-1-Diabetes verstär-ken oder mindern. autoanti-körper, die sich gegen diese neuen antigene richten, tre-ten offenbar bei Patienten mit bestimmten Genotypen kurz nach ausbruch des typ-1-Diabetes gehäuft auf.

In Kooperation mit der Technischen Universität Dresden (CRTD und PLID) und des Instituts für Diabetes und Adipositas am Helmholtz Zentrum München (IDO) haben Forscher des Instituts für Diabetesforschung (IDF) als Partner im Deutschen Zentrum

für Diabetesforschung (DZD) neue Antigene auf ihre Verbindung zu Typ-1-Diabetes getestet. Die Wissenschaftler untersuchten Patienten mit Typ-1-Diabetes kurz nach Krankheitsausbruch auf

Antikörper gegen drei Pro-teine, die in Reparatur- oder Transportprozesse im Zellkern einbezogen sind – nämlich MLH1, NUP50 und PPIL2 – sowie auf Antikörper ge-gen den Translationsinitiati-onsfaktor MTIF3, der an der Herstellung von Proteinen der Mitochondrien (d. h. der „Zellkraftwerke“) beteiligt ist. Die Wissenschaftler wollten einen näheren Einblick da- rüber gewinnen, wie eine Im-munität oder – im Gegensatz dazu – eine erhöhte Empfäng-lichkeit für Autoimmuner-krankungen entsteht.

Die Blutanalyse erbrachte folgende Ergebnisse: Bei Patienten traten Autoantikörper gegen die vier neuen Antigene signifi-kant häufiger auf als bei den gesunden Kontrollpersonen. Hat-ten die Patienten einen HLA DR3-Genotyp, wiesen sie häufiger Antikörper gegen NUP50 auf. Hatten sie einen HLA DR4-Geno-typ, fanden sich häufiger Antikörper gegen MLH1.

weitere informationen:

Institut für DiabetesforschungDirektorin: Univ.-Prof. Dr. med. Anette-Gabriele ZieglerHelmholtz Zentrum MünchenIngolstädter Landstraße 185764 NeuherbergTel.: 0800 / 8 28 48 68 (kostenfrei) E-Mail: [email protected]: www.helmholtz-muenchen.de/idf

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© Institut für Diabetesforschung/Tanja Telieps

RisiKOtest

absCHÄtZUNG Des GeNetisCHeN RisiKOs FÜR tYP-1-Diabetes VeRbesseRt

eine internationale Forschergruppe unter Leitung des Helm-holtz Zentrums München hat ein Verfahren zur Risikoberech-nung für typ-1-Diabetes entwickelt, das älteren Methoden deutlich überlegen ist. Durch die analyse von bis zu 41 Genre-gionen lassen sich ab der Geburt Kinder identifizieren, die ein mindestens 25-fach erhöhtes Risiko besitzen, typ-1-Diabetes zu entwickeln. Die arbeit in ‚PLOs Medicine‘ könnte auch als Modell für andere Krankheiten dienen, an deren entstehung ebenfalls eine Vielzahl von Genen beteiligt sind.

Lange bevor bei einem Typ-1-Diabetes Symptome auftreten, beginnt das Immunsystem in einer fehlgeleiteten Reaktion, in-sulinproduzierende Zellen in der Bauchspeicheldrüse zu zer-

stören. Um dies möglicherweise zu verhindern, ist eine frühe Ab-schätzung des Krankheitsrisikos nötig. Bisherige Methoden wie die Analyse von zwei Genen im HLA-System (Hu-manes Leukozyten Antigen), einer Gruppe von Ge-nen, die zentral für die Funktion des Immunsys-tems sind, oder wie die Familien-anamnese sind unzureichend: 90

Prozent aller erkrankten Kinder haben keinen Verwandten ers-ten Grades mit Typ-1-Diabetes. Die Analyse der beiden HLA-Ge-notypen kann bestenfalls Kinder identifizieren, die ein Krank-heitsrisiko von fünf Prozent besitzen. Zum Vergleich: Das Risiko für den breiten Bevölkerungsdurchschnitt beträgt 0,4 Prozent.

Ein Forscherteam um Prof. Dr. Ezio Bo-nifacio vom DFG Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD), Privatdozent Dr. Andreas Beyerlein und Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler (beide Helmholtz Zentrum München sowie Kli-nikum rechts der Isar der Technischen Universität München und Forscher-gruppe Diabetes e. V.) überprüfte zu-sammen mit Kollegen aus Großbri-tannien, Schweden, Finnland, Kanada und den USA Risikoscores, die bis zu 41 Risikogenregionen für Typ-1-Diabe-tes einbeziehen. Sie nutzten dazu Da-ten von über 3.000 Kindern, die an der TEDDY-Studie (The Environmental Determinants of Diabetes in the Young) teilnehmen und die keine Verwandten mit Typ-1- Diabetes haben. „Mit den Risikoscores finden wir Kinder, de-ren Risiko, bis zum sechsten Geburtstag ein frühes Stadium des Typ-1-Diabetes zu entwickeln, mehr als zehn Prozent beträgt“, erklärt Ezio Bonifacio. „Im Vergleich zum Bevölkerungsdurch-schnitt bedeutet das ein mindestens 25-fach erhöhtes Risiko. Das Verfahren ist den bisherigen Methoden damit deutlich überlegen.“

Der Test wird bereits in der Freder1k-Studie angewendet: In Bayern, Niedersachsen und Sachsen können Eltern ihr Baby in der Geburtsklinik oder bei einem der ersten Kinderarzt-Besu-

KRaNKHeitseNtsteHUNG

NeUe MetHYLieRUNGsMUsteR bei tYP-1-Diabetes eNtDeCKt

wissenschaftlerinnen und wissenschaftler am Helmholtz Zen-trum München haben die Methylierungsmuster von Risikoge-nen für typ-1-Diabetes untersucht. im ‚Journal of autoimmuni-ty‘ berichten sie von einem starken Methylierungssignal in der HLa Region, die auch im Laufe der Jahre bestand hat und zu entsprechend weniger HLa-DR Protein führt. Darüber hinaus zeigen die autoren, dass ein Methylierungssignal an einem weiteren Gen womöglich als Marker einer autoimmunität die-

nen könnte.

Immer mehr setzt sich die Er-kenntnis durch, dass nicht nur die Gene für die Entstehung von Krankhei-ten verantwort-lich sind, son-dern auch das, was um diese Gene herum geschieht – die

Epigenetik. Eine wichtige Rolle spielt beispielsweise das An-hängen von Methylgruppen an Gene, die dadurch in der Regel seltener abgelesen werden. Offenbar greift dieses Prinzip auch bei Typ-1-Diabetes, wie nun Forscher des Instituts für Diabe-tesforschung (IDF) und des Institute of Computational Biology (ICB) des Helmholtz Zentrums München zusammen mit Kol-laborationspartnern aus Dresden und Großbritannien zeigen.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler Proben meh-rerer prospektiver Kohorten zur Entstehung von Typ-1-Diabe-tes. „Ganz grundsätzlich kann man sagen, dass alle 45 von uns untersuchten Risikogene für Typ-1-Diabetes Assoziationen mit meist hohen Methylierungsraten aufwiesen“, erklärt Erstauto-

rin Dr. Alida Kindt vom ICB. „Von besonderem Interesse war für uns anschließend die Methylierung des HLA-DR-Rezeptor-Gens (Human Leukocyte Antigen-DR), das wesentlich an der Entstehung von Autoimmunerkrankungen beteiligt ist.“ Das Gen hat Einfluss darauf, ob Antworten von T-(Helfer)-Zellen ausgelöst oder unterdrückt werden, die schließlich zur Produk-tion von Antikörpern gegen das Antigen führen.

Die Autoren fanden heraus, dass bestimmte Methylierungen in der HLA-DR-Region besonders bei Genvarianten auftraten, die ein erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes kennzeichnen. „Das entsprechende Muster fand sich sowohl direkt nach der Geburt als auch im Erwachsenenalter und ging auch mit einer gerin-geren Menge HLA-DR-Rezeptor einher“, so Kindt. Darüber hi-naus fiel den Wissenschaftlern ein neues Methylierungssignal am Gen für die L-lactate dehydrogenase C chain (LDHC) auf. „Das war zuvor nicht bekannt und könnte möglicherweise ein Marker sein, um Patienten auf ein mögliches Typ-1-Risiko zu testen“, so Kindt.

Geleitet wurde die Studie von den Professoren Anette-G. Zieg-ler, Direktorin des IDF, und Ezio Bonifacio, Direktor des DFG Forschungszentrums für Regenerative Therapien (CRTD) der Technischen Universität Dresden, der kommentiert: „Unsere Arbeit liefert neue Einblicke in die Entwicklung von Autoim-munität und Typ-1-Diabetes. Darüber hinaus könnte die bisher unbekannte Assoziation von LDHC zu früher Autoimmunität er-lauben, Kinder mit einem hohen Risiko für Autoimmunität und Typ-1-Diabetes bei der Geburt zu identifizieren.“

Original-Publikation: Kindt, A.S.D. et al. (2017): Allele-specific methylation of type 1 diabetes susceptibility genes. Journal of Autoimmunity, DOI: 10.1016/j.jaut.2017.11.008.

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„Bei den neu entdeckten Antigenen handelt es sich um weniger bedeutsame Angriffsziele von diabetesspezifischen Autoantikör-pern, da sie nur bei Subgruppen von Patienten auftreten“, so eine der Erstautorinnen, Tanja Telieps vom IDO.

Nichtsdestotrotz könnte das Auftreten der Antigene von Bedeutung für betroffene Patienten sein, wie Studienleiter Professor Ezio Bonifacio vom CRTD anmerkt: „Die bei einer Subgruppe von Patienten nachgewiesene Autoimmunität gegen einzelne Proteine, die in Verbindung zum Zellkern beziehungsweise den Mitochondrien stehen, könnte ein Hinweis auf eine systemische Autoimmu-nität sein. Damit wäre erstmals gezeigt, dass einige Patienten mit Typ-1-Diabetes zusätzlich Zeichen einer systemischen Autoim-munität aufweisen. Diese neue Erkenntnis könnte für die Aufklärung der Pathogenese des Typ-1-Diabetes von Bedeutung sein.“

Original-Publikation: Müller D, Telieps T, Eugster A, Weinzierl C, Jolink M, Ziegler A-G, Bonifacio E: Novel minor HLA DR associated antigens in type 1 diabetes. Clinical Immunology. doi.org/10.1016/j.im.2018.07.001.

che kostenlos auf das Typ-1-Diabetes-Risiko untersuchen lassen. Krankenhäuser und Forschungsinstitute in Schweden, Groß-britannien, Polen und Belgien nehmen ebenfalls teil. Insgesamt wollen die Wissenschaftler in den kommenden Jahren über 300.000 Babys testen. Kinder, bei denen ein erhöhtes Risiko festgestellt wird, können an der POInT-Studie teilnehmen, die der Entstehung von Typ-1-Diabetes vorbeugen soll. „Nur durch die verbesserte Analysemethode war es möglich, ein so großes Präventionsprojekt zu starten“, sagt Anette-Gabriele Ziegler. „Wir hoffen, dass sich dieses Modell in Zukunft auch auf andere Autoimmunkrankheiten bei Kindern übertragen lässt.“

Original-Publikation: Bonifacio E. et al. (2018): Genetic scores to stratify risk of developing multiple islet autoantibodies and type 1 diabetes: A prospective study in children. PLoS Medicine, DOI: 10.1371/journal.pmed.1002548.