Skript zur Vorlesung - whi-berlin.eu zur Vorlesung... · Einleitung Ziel der Vorlesung „Einführung in das deutsche Wirtschaftsrecht“ ist nicht die detaillierte Dar-stellung eines

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  • Viktor Kessler Doktorand am Graduiertenkolleg

    Verfassung jenseits des StaatesVerfassung jenseits des StaatesHumboldt-Universitt zu Berlin

    http://www.grakov-berlin.eu/[email protected]

    Skript zur Vorlesung

    EINFHRUNG IN DAS DEUTSCHE WIRTSCHAFTSRECHT

    an der Staatlichen Linguistischen Universitt Moskau

  • Einleitung

    Ziel der Vorlesung Einfhrung in das deutsche Wirtschaftsrecht ist nicht die detaillierte Dar-stellung eines eng begrenzten Rechtsgebiets; vielmehr soll ein berblick ber die wichtigsten Ge-biete des deutschen Wirtschaftsrechts mit Bezgen zum Europarecht gegeben werden. Die Teil-nehmer sollen also keine Expertise in einem bestimmten Bereich entwickeln, sondern einen Ein-blick in das System erhalten und erfahren, wo sie Antworten auf konkrete Fragen finden knnen. Die Darstellung folgt dabei der fr das deutsche Recht typischen Trennung zwischen dem ffent-lichen Recht (Teil I) und dem Privatrecht (Teil 2), wobei das Privatrecht den Schwerpunkt bil-det. An geeigneten Stellen sollen zudem Parallelen zum russischen Recht gezogen werden. Das Skript soll der Untersttzung der Teilnehmer dienen; im Anschluss an jeden Abschnitt findet sich eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen und Wiederholungsfragen.

    Abschnitt A befasst sich mit den Grundlagen des Wirtschaftsrechts. Nach einer Annherung an den Begriff Wirtschaftsrecht wird hier die Abgrenzung zwischen dem Privatrecht und dem f-fentlichen Recht im Allgemeinen und zwischen dem ffentlichen und privaten Wirtschaftsrecht im Besonderen dargestellt. Im Anschluss daran werden die internationalen, supranationalen und nationalen Quellen des Wirtschaftsrechts erlutert.

    Gegenstand des Abschnitts B ist das ffentliche Wirtschaftsrecht, unterteilt in Wirtschaftsver-fassungsrecht und Wirtschaftsverwaltungsrecht. Beim Wirtschaftsverfassungsrecht, das sich mit den Grundstzen der deutschen Wirtschaftsordnung befasst, bezieht sich die Darstellung sowohl auf die nationale als auch auf die europische Ebene. In Bezug auf das Wirtschaftsverwaltungs-recht werden die Organisation und die wichtigsten Instrumente der staatlichen Wirtschaftsver-waltung sowie die Grundlagen der wirtschaftlichen Bettigung des Staates behandelt. Schlielich werden das Subventionsrecht, das Regulierungsrecht und das Gewerberecht als einzelne Gebiete des Wirtschaftsverwaltungsrechts skizziert.

    Die Darstellung des privaten Wirtschaftsrechts beginnt in Abschnitt C mit einem berblick ber den Aufbau und den Inhalt des Brgerliche Gesetzbuches, da es sich hierbei um das zentrale Regelwerk des deutschen Privatrechts handelt. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung fr das Wirtschaftsleben werden im Anschluss das Vertragsrecht und die Kreditsicherung in ihren Grundzgen gesondert behandelt.

    Abschnitt D wendet sich dem Handelsrecht als dem besonderen Privatrecht der Kaufleute zu. Neben den Aufgaben und den grundlegenden Begriffen des Handelsrechts werden hier einzelne besonders relevante Sonderregelungen des Handelsgesetzbuches erfasst, die fr Kaufleute Abwei-chungen vom allgemeinen Privatrecht vorsehen. Dazu gehren unter anderem Regelungen zur Stellvertretung und zu den Handelsgeschften. Das Gesellschaftsrecht, das sich mit den unter-schiedlichen Rechtsformen befasst, in denen sich Unternehmer organisieren knnen, ist Gegen-stand des Abschnitts E. Nach einem berblick ber die allgemeinen Grundstze des Gesell-schaftsrechts werden hier die Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaftsformen insbeson-dere im Hinblick auf ihre Eignung fr bestimmte wirtschaftliche Vorhaben behandelt.

    Zu den weiteren, besonders relevanten Materien des privaten Wirtschaftsrechts, mit denen sich Abschnitt F beschftigt, gehren schlielich das Urheberrecht und der gewerbliche Rechtsschutz, die gemeinsam dem Schutz des geistigen Eigentums dienen, das Wettbewerbsrecht, das den Wettbewerb zwischen Unternehmen auf dem Markt regelt sowie das Insolvenzrecht, das sich mit den Folgen der Zahlungsunfhigkeit natrlicher und juristischer Personen befasst.

  • Inhaltsverzeichnis

    A. Grundlagen des Wirtschaftsrechts ......................................................................................... 3

    I. Begriffsklrung ............................................................................................................................ 3II. Rechtsquellen .............................................................................................................................. 4

    1. Vlkerrecht .......................................................................................................................... 42. Europarecht ......................................................................................................................... 43. Verfassungsrecht .................................................................................................................. 54. Gesetze ................................................................................................................................. 55. Untergesetzliche Rechtsnormen ........................................................................................... 5

    TEIL I: FFENTLICHES WIRTSCHAFTRECHT

    B. ffentliches Wirtschaftsrecht ............................................................................................... 7

    I. Deutsches Wirtschaftsverfassungsrecht ........................................................................................ 71. Wirtschaftssystem ................................................................................................................ 72. Staatsprinzipien .................................................................................................................... 73. Grundrechte ........................................................................................................................ 8

    II. Europisches Wirtschaftsverfassungsrecht .................................................................................... 91. Wirtschaftssystem ................................................................................................................ 92. Grundfreiheiten ................................................................................................................. 10

    III. Grundlagen der Wirtschaftsverwaltung ..................................................................................... 111. Organisation der Wirtschaftsverwaltung ............................................................................. 112. Instrumente der Wirtschaftsverwaltung .............................................................................. 123. Wirtschaftliche Bettigung des Staates ................................................................................ 13

    IV. Bereiche des Wirtschaftsverwaltungsrechts ................................................................................ 141. Subventionsrecht ................................................................................................................ 142. Regulierungsrecht .............................................................................................................. 153. Gewerberecht ..................................................................................................................... 16

    TEIL II: PRIVATES WIRTSCHAFTSRECHT

    C. Brgerliches Gesetzbuch ..................................................................................................... 18

    I. BGB im berblick .................................................................................................................... 181. Allgemeiner Teil des BGB .................................................................................................. 182. Schuldrecht ........................................................................................................................ 193. Sachenrecht ........................................................................................................................ 204. Familienrecht ..................................................................................................................... 215. Erbrecht ............................................................................................................................. 21

    II. Grundzge des Vertragsrechts ................................................................................................... 221. Zustandekommen von Vertrgen ....................................................................................... 222. Vertragsverletzungen .......................................................................................................... 253. Einzelne Vertragstypen ....................................................................................................... 26

    III. Kreditsicherung ......................................................................................................................... 271. Personalsicherheiten ........................................................................................................... 272. Realsicherheiten ................................................................................................................. 28

  • D. Handelsrecht ..................................................................................................................... 30

    I. Grundlagen des Handelsrechts .................................................................................................. 301. Gegenstand des Handelsrechts ........................................................................................... 302. HGB im berblick ............................................................................................................ 303. Kaufmannseigenschaft ........................................................................................................ 31

    II. Regelungsbereiche des Handelsrechts ........................................................................................ 331. Handelsregister .................................................................................................................. 332. Firma ................................................................................................................................. 353. Kaufmnnische Stellvertretung ........................................................................................... 364. Handelsgeschfte ................................................................................................................ 385. Handelskauf ....................................................................................................................... 39

    E. Gesellschaftsrecht .............................................................................................................. 41

    I. Grundlagen des Gesellschaftsrechts ........................................................................................... 411. Gegenstand des Gesellschaftsrechts .................................................................................... 412. Rechtsquellen ..................................................................................................................... 423. Gesellschaftsformen ........................................................................................................... 424. Wirtschaftliche Bedeutung der Rechtsformen .................................................................... 43

    II. Personengesellschaften ............................................................................................................... 441. Gesellschaft brgerlichen Rechts (GbR) ............................................................................. 442. Offene Handelsgesellschaft (OHG) .................................................................................... 473. Kommanditgesellschaft (KG) ............................................................................................. 494. GmbH & Co. KG ............................................................................................................. 505. Partnerschaft ...................................................................................................................... 516. Stille Gesellschaft ............................................................................................................... 51

    III. Krperschaften .......................................................................................................................... 521. Verein ................................................................................................................................ 522. Gesellschaft mit beschrnkter Haftung (GmbH) ................................................................ 533. Aktiengesellschaft (AG) ...................................................................................................... 564. Europische Aktiengesellschaft (SE) ................................................................................... 595. Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ........................................................................ 59

    F. Sonstige Bereiche des privaten Wirtschaftsrechts ................................................................. 61

    I. berblick zum gewerblichen Rechtsschutz, Urheberrecht und Wettbewerbsrecht ..................... 61II. Gewerblicher Rechtsschutz ........................................................................................................ 62

    1. Patentrecht ......................................................................................................................... 622. Gebrauchsmusterrecht ....................................................................................................... 633. Geschmacksmusterrecht ..................................................................................................... 634. Markenrecht ...................................................................................................................... 64

    III. Urheberrecht ............................................................................................................................. 65IV. Wettbewerbsrecht ..................................................................................................................... 66

    1. Lauterkeitsrecht ................................................................................................................. 662. Kartellrecht ........................................................................................................................ 67

    V. Insolvenzrecht ........................................................................................................................... 68

  • Viktor Kessler - Einfhrung in das deutsche Wirtschaftsrecht WS 2011/12

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    A. Grundlagen des Wirtschaftsrechts

    I. Begriffsklrung

    Das Wirtschaftsrecht umfasst ganz allgemein alle Rechtsnormen, die den Wirtschaftsprozess als Ganzes und die wirtschaftliche Ttigkeit des Einzelnen regeln.

    Aufgabe des Wirtschaftsrechts ist es, mit dem Ziel der Rechtssicherheit die Beziehungen der privaten Wirtschaftsteilnehmer untereinander und zum Staat zu ordnen.

    Privatrecht und ffentliches Recht

    Das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland lsst sich im zwei groe Bereiche eintei-len: das Privatrecht und das ffentliche Recht.

    Das Privatrecht (auch als Zivilrecht bezeichnet) regelt die Beziehungen zwischen Brgern auf der Ebene der Gleichordnung.

    o Privatrechtliche Beziehungen beruhen in der Regel auf Vertrgen; die Vertragspartner stehen sich dabei rechtlich gleichrangig gegenber.

    Das ffentliche Recht regelt die Beziehungen zwischen Brgern und dem Staat (oder zwi-schen Staatsorganen) auf der Ebene der ber- und Unterordnung.

    o Staatliche Stellen handeln gegenber dem Brger in der Regel nicht auf vertraglicher Grundlage sondern einseitig durch hoheitliche Akte (z.B. durch Verwaltungsakte).

    o Zum ffentlichen Recht gehren insbesondere das Vlkerrecht, das Verfassungsrecht und das Verwaltungsrecht; auch das Strafrecht wird dem ffentlichen Recht zugeordnet.

    Die Abgrenzung ist fr die Gerichtsbarkeit entscheidend; fr privatrechtliche Streitigkeiten sind ordentliche Gerichte zustndig, fr ffentlich-rechtliche i.d.R. Verwaltungsgerichte.

    Wirtschaftsprivatrecht und ffentliches Wirtschaftrecht

    Auch im Wirtschaftsrecht ist die Einteilung in ffentliches Recht und Privatrecht blich.

    Das Wirtschaftsprivatrecht umfasst das Brgerliche Recht und das Sonderprivatrecht:

    o Als Brgerliches Recht werden die Regelungen des Brgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und seiner Nebengesetze bezeichnet, also Rechtsnormen, die fr alle gleichermaen gelten.

    o Das Sonderprivatrecht trifft spezielle Regelungen fr bestimmte Berufsgruppen oder T-tigkeiten (Kaufleute, Gesellschafter, Arbeitnehmer etc.).

    Beim ffentlichen Wirtschaftrecht ist zwischen Wirtschaftsverfassungsrecht und Wirt-schaftsverwaltungsrecht zu unterscheiden:

    o Das Wirtschaftsverfassungsrecht erfasst alle grundstzlichen Regelungen des Wirtschafts-lebens mit Verfassungsrang; dazu gehrt auch das Verfassungsrecht der EU.

    o Das Wirtschaftsverwaltungsrecht umfasst alle Rechtsnormen unterhalb der Verfassung, die Eingriffe staatlicher Organe ins Wirtschaftsleben regeln.

  • Grundlagen des Wirtschaftsrechts

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    II. Rechtsquellen

    Zu den Rechtsquellen des Wirtschaftrechts gehren insb. das Vlkerrecht, das Europarecht, das nationale Verfassungsrecht sowie nationale Gesetze und untergesetzliche Rechtsnormen.

    1. Vlkerrecht

    Rechtsquellen des Vlkerrechts sind bilaterale und multilaterale vlkerrechtliche Vertrge, das Vlkergewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundstze.

    Vlkerrechtliche Vertrge als wichtigste Quelle des internationalen Wirtschaftrechts werden durch Bundesgesetze ins nationale Recht bertragen (Art. 59 GG).

    Eine zunehmend wichtige Rolle spielen im Wirtschaftsrecht internationale Organisationen, die ebenfalls durch vlkerrechtliche Vertrge gegrndet werden.

    o Besondere Bedeutung fr das Welthandelsrecht besitzen die Welthandelsorganisation (WTO) und die in ihrem Rahmen geschlossenen Vertrge (GATT, GATS und TRIPS).

    o Bei internationalen Whrungs- und Finanzfragen sind der Internationale Whrungs-fonds (IMF) und die Weltbankgruppe die wichtigsten Akteure.

    2. Europarecht

    Beim Europarecht ist zwischen dem Primrrecht und dem Sekundrrecht zu unterscheiden.

    Das Primrrecht besteht aus den zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Vertrgen; es steht an der Spitze der europischen Rechtsordnung und ist das ranghchste Recht der EU.

    o Die beiden wichtigsten Vertrge sind der Vertrag ber die Europische Union (EUV) und der Vertrag ber die Arbeitsweise der Europischen Union (AEUV).

    o Die wichtigsten Regelungen des Primrrechts betreffen folgende Bereiche: Politische Grundlagen und Ziele der EU;

    Kompetenzen der EU, also Politikfelder, in denen sie ttig werden darf;

    Organe der EU, ihre Befugnisse und ihre Beziehungen untereinander;

    Gesetzgebungsverfahren und Rechtsschutz in der EU;

    Grundrechte und Grundfreiheiten der Brger.

    Das Sekundrrecht besteht insb. aus Verordnungen und Richtlinien, die von den Organen der EU (Kommission, Rat und Parlament) im Rahmen ihrer Kompetenzen erlassen werden.

    o Verordnungen sind Rechtsakte der EU, die unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der EU gelten und keiner Umsetzung in nationales Recht bedrfen.

    o Richtlinien sind Rahmenregelungen der EU, die von den Mitgliedstaaten innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umgesetzt werden mssen.

    Das Europarecht geniet Anwendungsvorrang gegenber dem nationalen Recht; widerspricht eine nationale Vorschrift dem Europarecht, wird sie nicht angewendet.

  • Viktor Kessler - Einfhrung in das deutsche Wirtschaftsrecht WS 2011/12

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    3. Verfassungsrecht

    Das Grundgesetz (GG) als Verfassung der Bundesrepublik Deutschland besteht aus zwei groen Regelungsbereichen: den Grundrechten und dem Staatsorganisationsrecht.

    o Besondere wirtschaftliche Bedeutung haben dabei Grundrechte mit Wirtschaftsbezug und die Kompetenzverteilung im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung.

    o Die Grundrechte sind in Art. 1 ff. GG geregelt, die Gesetzgebungskompetenzen in Art. 70 ff. GG, die Verwaltungskompetenzen in Art. 83 ff. GG.

    Alle anderen Rechtsnormen des nationalen Rechts mssen dem Grundgesetz entsprechen; verstoen sie dagegen, sind sie vom Bundesverfassungsgericht fr nichtig zu erklren.

    4. Gesetze

    Im Rang unterhalb der Verfassung stehen formelle Gesetze, also Rechtsakte, die in berein-stimmung mit der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes (Art. 70 ff. GG) erlassen wurden.

    o Das Recht der Wirtschaft gehrt grundstzlich zur konkurrierenden Gesetzgebung (primr ist der Bund zustndig; die Lnder sind nur dann zustndig, wenn der Bund da-von keinen Gebrauch macht), Art. 74 Abs. 1 Nr. 11-20, 24 GG.

    o Einige Bereiche (z.B. das Gaststttenrecht) fallen in die Zustndigkeit der Lnder. o Andere wirtschaftlich relevante Bereiche fallen in die ausschlieliche Zustndigkeit des

    Bundes (Art. 73 Abs. 1 Nr. 47, 9 GG).

    5. Untergesetzliche Rechtsnormen

    Zu den wichtigsten Rechtsnormen, die im Rang unter den formellen Gesetzen stehen, geh-ren Rechtsverordnungen und Satzungen.

    Rechtsverordnungen sind Normen, die nicht vom Parlament, sondern von Organen der Exekutive (Regierung oder Verwaltungsbehrden) erlassen werden.

    o Statt alle Einzelheiten in einem Gesetz zu regeln, ermchtigt der Gesetzgeber die Verwal-tung dazu, Details (insb. technischer Natur) durch Rechtsverordnungen festzulegen.

    o Rechtsverordnungen dienen einerseits der Entlastung des Gesetzgebers; zustzlich wird aber auch die Fachkompetenz der Ministerien und sonstigen Behrden genutzt.

    o Durch Rechtsverordnungen knnen Gesetze zudem einfacher an sich ndernde Umstn-de angepasst werden.

    Satzungen werden von juristischen Personen des ffentlichen Rechts (Krperschaften, An-stalten und Stiftungen) zur Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten erlassen.

    o Zu den juristischen Personen, die Satzungen erlassen, gehren unter anderem Universit-ten, Kammern fr selbststndige Berufe und Gemeinden.

  • Grundlagen des Wirtschaftsrechts

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    Wirtschafts-verfassungsrecht

    Wirtschafts-verwaltungsrecht Brgerliches Recht Sonderprivatrecht

    Handelsrecht

    Gesellschaftsrecht

    Gewerblicher Rechtsschutz

    Urheberrecht

    Wettbewerbsrecht

    Arbeitsrecht

    Wertpapierrecht

    Allgemeine Regeln

    Schuldrecht

    Sachenrecht

    Familienrecht

    Erbrecht

    ProdHaftG

    WEG

    LPartG

    Staatsziele

    o Sozialstaat o Rechtsstaat o Umweltschutz

    Grundrechte

    o Berufsfreiheit o Eigentums-

    garantie

    o Koalitions-freiheit

    o

    Subventionsrecht

    Vergaberecht

    Regulierungsrecht

    Immissionsschutz-recht

    Gewerberecht

    Gaststttenrecht

    Handwerksrecht

    BGB

    Neben- gesetze

    Internationales Wirtschaftsrecht

    Europisches Wirtschaftsrecht

    Nationales Wirtschaftsrecht

    Wirtschaftsprivatrecht ffentliches Wirtschaftsrecht

    Wiederholungsfragen

    In welche zwei groen Bereiche lsst sich die deutsche Rechtsordnung einteilen? Was sind die wichtigsten Unterschiede zwischen diesen Bereichen? (S. 3)

    In welche Bereiche lassen sich das Wirtschaftsprivatrecht und das Wirtschaftsverwaltungs-recht jeweils weiter untereilen und was wird in diesen Bereichen geregelt? (S. 3)

    Was sind die wichtigsten Rechtsquellen des Wirtschaftsrechts? In welchem Rangverhltnis stehen sie zueinander? (S. 4 f.)

    Welche Arten von Rechtsquellen gibt es im Europarecht? Wie kommen sie zustande und wie unterscheiden sie sich voneinander? (S. 4).

    In welchem Verhltnis stehen das nationale Recht und Europarecht zueinander? Was pas-siert, wenn sich Regelungen dieser beiden Rechtsordnungen widersprechen? (S. 4)

    Was sind die wichtigsten untergesetzlicher Rechtsnormen? Wer ist fr den Erlass dieser Normen zustndig und welche Funktion erfllen sie (S. 5)?

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    B. ffentliches Wirtschaftsrecht

    I. Deutsches Wirtschaftsverfassungsrecht

    Das nationale Wirtschaftsverfassungsrecht umfasst alle grundstzlichen Regelungen der Wirt-schaftsordnung im Grundgesetz.

    Die deutsche Wirtschaftsordnung wird dabei insbesondere durch Grundreche und Staats-prinzipien mit Wirtschaftsbezug geprgt.

    1. Wirtschaftssystem

    Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das GG keine eindeutige Festlegung ei-ner bestimmten Wirtschaftsordnung enthlt, sondern wirtschaftspolitisch neutral ist.

    o Das derzeit existierende System der sozialen Marktwirtschaft ist eine nach dem GG mgliche, aber nicht die einzig mgliche Wirtschaftsordnung.

    o Der Gesetzgeber ist also nicht durch ein bestimmtes konomisches Modell gebunden; er kann im Rahmen des GG jede Wirtschaftspolitik verfolgen, die ihm geeignet erscheint.

    Die Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers wird dabei aber durch die wirtschaftlich relevan-ten Grundrechte des Einzelnen und durch die grundlegenden Staatsprinzipien begrenzt.

    o Ausgeschlossen erscheinen vor diesem Hintergrund sowohl eine Zentralverwaltungswirt-schaft als auch eine sozial nicht korrigierte, reine Marktwirtschaft.

    2. Staatsprinzipien

    Zu den wichtigsten Staatsprinzipien mit wirtschaftlicher Relevanz gehren das Sozialstaats-prinzip und das Rechtsstaatsprinzip.

    Das Sozialstaatsprinzip ist in Art. 20 Abs. 1 GG verankert, der bestimmt, dass die Bundes-republik Deutschland ein sozialer Bundesstaat ist.

    o Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat zur Herstellung und Erhaltung sozialer Ge-rechtigkeit und Sicherheit; die Konkretisierung des Prinzips obliegt dem Gesetzgeber.

    o Das Prinzip begrndet als solches keine Leistungsansprche des Einzelnen sondern dient der Auslegung des GG insgesamt und insbesondere der Grundrechte.

    Das Rechtsstaatsprinzip ist nur in Art. 28 Abs. 1 GG ausdrcklich erwhnt; es wird ansons-ten aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitet und umfasst unter anderem folgende Elemente:

    o Gesetzmigkeit: die Legislative ist an die verfassungsmige Ordnung, die Exekutive und die Judikative sind an Recht und Gesetz gebunden.

    o Rechtssicherheit: um Vertrauensschutz zu gewhrleisten, mssen Rechtsnormen klar und bestimmt sein; sie drfen (mit wenigen Ausnahmen) nicht rckwirkend erlassen werden.

    o Verhltnismigkeit: staatliche Eingriffe in die Rechtssphre des einzelnen Brgers ms-sen geeignet, erforderlich und angemessen sein.

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    3. Grundrechte

    Grundrechte schtzen in erster Linie individuelle Freiheiten gegen staatliche Eingriffe; sie knnen aber auch Rechte begrnden und bei der Auslegung des Rechts Anwendung finden.

    o Fr die wirtschaftliche Bettigung haben die Berufsfreiheit, die Eigentumsgarantie, die Vereinigungsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit eine besondere Bedeutung.

    Berufsfreiheit

    Die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) schtzt neben der freien Wahl des Berufs, des Ar-beitsplatzes und der Ausbildungssttte auch die freie Ausbung des Berufs.

    o Beruf ist jede auf Dauer angelegte wirtschaftliche Ttigkeit, die der Schaffung und Erhal-tung einer Lebensgrundlage dient und nicht schlechthin gemeinschdlich ist.

    o Staatliche Eingriffe in die Berufsfreiheit erfordern eine besondere Rechtfertigung; je in-tensiver der Eingriff, desto hher sind die Anforderungen an die Rechtfertigung.

    Eigentumsgarantie

    Die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) schtzt das Eigentum und das Erbrecht gegen staatliche Eingriffe und beauftragt zugleich den Gesetzgeber, den Inhalt des Eigentum zu bestimmen.

    o Als Eigentum geschtzt sind alle konkreten vermgenswerten Rechtspositionen (Sachei-gentum, Besitzrecht, Urheberrechte, Patente), aber nicht das Vermgen als solches.

    o Staatliche Eingriffe ins Eigentum erfordern eine besondere Rechtfertigung und mssen verhltnismig sein; eine Enteignung ist nur gegen Entschdigung zulssig.

    Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit

    Whrend die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) generell freiwillige privatrechtliche Vereinigungen (z.B. AG, GmbH, Verein) schtzt, bezieht sich die Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) speziell auf Vereinigungen mit dem Zweck der Frderung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen (Gewerkschaften, Arbeitgeberverbnde).

    o Geschtzt wird die in beiden Fllen die kollektive Grndungs- und Bettigungsfreiheit der Vereinigung und die individuelle Freiheit zur Beteiligung an der Vereinigung.

    Allgemeine Handlungsfreiheit

    Die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) schtzt als Auffanggrundrecht alle wirtschaftlichen Freiheiten, die nicht durch andere Grundrechte gewhrleistet werden.

    o Beispiele fr solche Freiheiten sind die Vertragsfreiheit (Abschluss und Ausgestaltung von Vertrgen) und die Unternehmerfreiheit (Grndung und Auflsung von Unternehmen).

    o Staatliche Eingriffe erfordern hier ebenfalls eine Rechtfertigung; aufgrund des weiten Schutzbereichs sind die Anforderungen daran aber weniger streng als bei anderen Grund-rechten.

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    II. Europisches Wirtschaftsverfassungsrecht

    Aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor nationalem Recht und der fortschreitenden Europisierung des Wirtschaftsrechts kommt europarechtlichen Regelungen, die die Grundstze der europischen Wirtschaftsordnung bertreffen, eine besondere Bedeutung zu.

    1. Wirtschaftssystem

    Die Wirtschaftspolitik der Europischen Union ist dem Grundsatz einer offenen Marktwirt-schaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet (Art. 119 AEUV); sie wirkt auf eine in hohem Mae wettbewerbsfhige soziale Marktwirtschaft hin (Art. 3 Abs. 3 EUV).

    o Kennzeichnend fr die Wirtschaftsverfassung der EU ist das Ziel der Errichtung eines freien Binnenmarktes, der dem Wettbewerbsprinzip verpflichtet ist.

    o Das Wettbewerbsprinzip gilt aber nicht uneingeschrnkt; insbesondere im Bereich der Landwirtschaft (Art. 38 ff. AEUV) sind planwirtschaftliche Elemente erkennbar.

    Binnenmarkt

    Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewhrleistet ist (Art. 26 Abs. 2 AEUV).

    o Der Binnenmarkt erstreckt sich auf alle 27 Mitgliedstaaten der EU und ist der grte gemeinsame Markt der Welt.

    o Damit der Binnenmarkt funktioniert, mssen die EU und ihrer Mitgliedstaaten Han-delsbeschrnkungen abbauen und drfen keine neuen Beschrnkungen errichten.

    o Der Verwirklichung des Binnenmarktes dienen insb. die Grundfreiheiten (siehe unten) und die Harmonisierung einzelner Wirtschaftsbereiche durch europische Regelungen.

    Wirtschafts- und Whrungsunion

    Neben dem Binnenmarkt spielt die Wirtschafts- und Whrungsunion eine wichtige Rolle fr das europische Wirtschaftssystem, wobei die Whrungspolitik viel strker vereinheitlicht ist als die Wirtschaftspolitik.

    Alle Mitgliedstaaten koordinieren ihre jeweilige Wirtschaftspolitik im Rahmen des Rates.

    o Der Rat erlsst unverbindliche Empfehlungen fr die Grundzge der Wirtschaftspolitik. o Die nationale Staatsverschuldung wird im Rahmen des Stabilitts- und Wachstumspakts

    kontrolliert; bei berschreitung bestimmter Grenzen sind Sanktionen mglich.

    An der Whrungsunion nehmen 17 Mitgliedstaaten der EU teil (Eurozone).

    o Diese Staaten verwenden den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel. o Die Europische Zentralbank bernimmt fr die Mitgliedstaaten der Eurozone die Ver-

    antwortung fr eine zentral gesteuerte Geld- und Whrungspolitik.

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    2. Grundfreiheiten

    Die Grundfreieheiten, die der Verwirklichung des Binnenmarktes dienen, richten sich primr an die Mitgliedstaaten, rumen aber zugleich den Brgern einklagbare Rechte ein.

    o Allen Grundfreiheiten ist ein Diskriminierungsverbot gemeinsam, das jegliche Ungleich-behandlung aufgrund der Staatsangehrigkeit untersagt; bei Eingriffen in diese Freihei-ten knnen sich Betroffene an ihre nationalen Gerichte wenden.

    Die Grundfreiheiten haben Anwendungsvorrang gegenber nationalem Recht; verstt eine nationale Regelung gegen eine Grundfreiheit, wird sie nicht angewendet.

    Warenverkehrsfreiheit

    Die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28ff. AEUV) verbietet Zlle, mengenmige Ein- und Aus-fuhrbeschrnkungen sowie Manahmen gleicher Wirkung fr Waren, die in einem Mitglied-staat stammen oder die sich in Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.

    o Verboten sind alle staatlichen Manahmen, die geeignet sind, den Handelsverkehr zwi-schen den Mitgliedstaaten zu behindern; sie knnen aber durch zwingende Grnde des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein.

    Personenfreizgigkeit

    Die Personenfreizgigkeit umfasst zwei Elemente: die Arbeitnehmerfreizgigkeit (Art. 45 ff. AEUV) und die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV).

    o Die Arbeitnehmerfreizgigkeit gewhrleistet Unionsbrgern den freien Zugang zu einer abhngigen Beschftigung in allen Mitgliedstaaten der EU.

    o Die Niederlassungsfreiheit erlaubt Unionsbrgern und Unternehmen die Aufnahme einer dauerhaften selbststndigen Erwerbsttigkeit in einem anderen Mitgliedstaat; er-fasst ist auch das Recht, weitere Unternehmen und Zweigniederlassungen zu grnden.

    Dienstleistungsfreiheit

    Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV) garantiert Unionsbrgern und Unternehmen das Recht, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen oder zu empfangen.

    o Im Gegensatz zur Niederlassungsfreiheit ist nicht nur die dauerhafte sondern auch die vorbergehende Ausbung der Ttigkeit geschtzt.

    Kapitalverkehrsfreiheit

    Die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV) garantiert den freien Verkehr mit Sachkapital (Rechte an Immobilien, Unternehmensbeteiligungen) und Geldkapital (Wertpapiere, Kredi-te) sowie den freien Zahlungsverkehr.

    o Im Unterschied zu den brigen Grundfreiheiten erstreckt sich die Kapitalverkehrsfreiheit auch auf den Verkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten.

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    III. Grundlagen der Wirtschaftsverwaltung

    Die Wirtschaftsverwaltung betrifft die Umsetzung des ffentlichen Wirtschaftsrechts, also die Wahrnehmung ffentlicher Aufgaben im Bereich der Wirtschaft.

    Dabei stellen sich insbesondere Fragen nach der Verwaltungsorganisation (wer ist wofr zu-stndig?), nach den Verwaltungsinstrumenten (wie greifen staatliche Stellen in die Wirtschaft ein?) und nach der eigenen unternehmerischen Bettigung des Staates.

    1. Organisation der Wirtschaftsverwaltung

    Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung knnen durch staatliche Stellen oder durch die privaten Wirtschaftsakteure selbst wahrgenommen werden.

    Staatliche Wirtschaftsverwaltung

    Fr die Ausfhrung des ffentlichen Wirtschaftsrechts sind in der Regel die Lnder zustn-dig; in einigen Bereichen besitzt aber auch der Bund Verwaltungskompetenzen.

    o Der Vollzug der Landesgesetze fllt ausschlielich in die Zustndigkeit der Lnder. o Fr den Vollzug der Bundesgesetze sind grundstzlich ebenfalls die Lnder zustndig; sie

    fhren die Gesetze entweder als eigenen Angelegenheiten oder im Auftrag des Bundes aus (Art. 83 ff. GG).

    o Der Bund ist nur dann zustndig, wenn dies ausdrcklich im GG angeordnet ist. Die Lnder und der Bund haben bei der Erfllung ihrer Verwaltungsaufgaben unterschiedli-

    che Mglichkeiten:

    o Sie knnen durch eigene Behrden handeln (unmittelbare Staatsverwaltung). o Sie knnen selbststndige juristische Personen des ffentlichen Rechts (Krperschaften,

    Anstalten und Stiftungen) einsetzen (mittelbare Staatsverwaltung).

    o Auch die Einbeziehung Privater ist unter bestimmten Voraussetzungen mglich.

    Selbstverwaltung der Wirtschaft

    Bei der Selbstverwaltung der Wirtschaft handelt es sich im Prinzip ebenfalls um staatliche Wirtschaftverwaltung (mittelbare Staatsverwaltung).

    o Verwaltungsaufgaben werden dabei zur Entlastung staatlicher Behrden aus der unmit-telbaren Staatsverwaltung ausgegliedert und Selbstverwaltungskrperschaften bertragen.

    Zur Selbstverwaltung der Wirtschaft gehren insbesondere Kammern, die bestimmte Perso-nengruppen zur Mitgliedschaft verpflichten.

    o Industrie- und Handelskammern vertreten das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirt-schaft gegenber dem Staat und tragen zur Wirtschaftsfrderung bei.

    o Berufsstndische Kammern fr bestimmte Berufe erfllen die ihnen zugewiesenen staatli-chen Aufgaben und vertreten die Interessen ihrer Mitglieder gegenber dem Staat.

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    2. Instrumente der Wirtschaftsverwaltung

    Staatsorgane knnen die Wirtschaftsttigkeit auf unterschiedliche Weise beeinflussen; zu den wichtigsten Instrumenten zhlen dabei die Planung, berwachung, Lenkung und Frderung.

    Wirtschaftsplanung

    Wirtschaftsplanung ist nicht im Sinne von Planwirtschaft zu verstehen; sie umfasst vielmehr die Schaffung allgemeiner Rahmenbedingungen fr die wirtschaftliche Ttigkeit Privater.

    Neben der Finanzplanung (durch Haushaltsplne auf allen staatlichen Ebenen) ist die Raum-ordnung besonders wichtig; hier wird unter Bercksichtigung aller relevanten Faktoren (wirt-schaftlich, sozial etc.) die Gesamtentwicklung bestimmter Gebiete entworfen.

    o Die Planung findet dabei sowohl auf der Bundes- und Landesebene als auch auf der kommunalen Ebene statt, wobei sie mit abnehmender Ebene immer konkreter wird.

    o Manahmen der Wirtschaftsplanung knnen in unterschiedlicher Rechtsform erfolgen, u.a. als Gesetze (Haushaltsplne), Rechtsverordnungen (Landesentwicklungsplne), Sat-zungen (Bebauungsplne) oder Verwaltungsakte (Planfeststellungsbeschlsse).

    Wirtschaftsberwachung

    Wirtschaftsberwachung betrifft die staatliche Kontrolle von Unternehmern und Unterneh-men mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts; das Ziel ist dabei die Abwehr von Gefahren fr kollektive und individuelle Rechtsgter.

    o Manahmen der Wirtschaftsberwachung existieren auf allen Stufen der wirtschaftlichen Ttigkeit, bei ihrer Aufnahme ebenso wie bei der Ausbung und Beendigung.

    o Beispiele dafr sind Anzeige- und Genehmigungspflichten, Pflichten zur Erfllung tech-nischer Anforderungen, Rcknahmepflichten oder Pflichten zur Erfllung von Auflagen.

    Wirtschaftslenkung

    Manahmen der Wirtschaftslenkung knnen unmittelbar (z.B. durch Gebote/Verbote) oder mittelbar (durch die Schaffung von Anreizen) auf die Wirtschaftsakteure einwirken, um sie zu einem staatlich gewnschten Verhalten zu veranlassen.

    o Um unmittelbare Lenkung handelt es sich z.B. bei der gemeinsamen Agrarpolitik der EU (Art. 38 ff. AEUV); ein Beispiel fr mittelbare Lenkung ist die Geldpolitik der Europi-schen Zentralbank in Bezug auf Leitzinsen und Mindestreserven.

    Wirtschaftsfrderung

    Die Wirtschaftsfrderung gibt Wirtschaftsakteuren durch die Gewhrung von Leistungen oder die Verschonung vor Belastungen (Subventionen) Anreize fr ein bestimmtes Verhalten.

    o Beispiele dafr sind staatliche Zuschsse, Prmien, Darlehen und Brgschaften; die Ver-gabe dieser Subventionen wird stark durch das Europarecht geprgt (Art. 107 ff. AEUV).

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    3. Wirtschaftliche Bettigung des Staates

    Der Staat kann nicht nur die private wirtschaftliche Bettigung regeln sondern auch selbst als Produzent, Hndler, Kapitalgeber oder in sonstiger Weise unternehmerisch ttig werden.

    o Dabei wird der Staat durch ffentliche Unternehmen ttig, also durch Unternehmen, auf die der Staat aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Be-stimmungen einen beherrschenden Einfluss ausben kann.

    o ffentliche Unternehmen existieren in Deutschland unter anderem in den Bereichen Energie, Verkehr, Abfallwirtschaft und im Gesundheitswesen.

    Zulssigkeit und Rechtsstellung

    ffentliche Unternehmen sind grundstzlich sowohl nach dem deutschen als auch nach dem europischen Recht zulssig.

    o Beide Rechtsordnungen setzen aber voraus, dass private Unternehmen den Regelfall bil-den und ffentliche Unternehmen nur aus besonderen Grnden betrieben werden sollen.

    ffentliche Unternehmen unterliegen grundstzlich mit wenigen Ausnahmen den gleichen Regeln wie private Unternehmen.

    o Insb. das Kartell- und Wettbewerbsrecht ist sowohl auf der deutschen als auch auf der europischen Ebene auf staatliche ebenso wie auf private Unternehmen anwendbar.

    Organisationsformen

    ffentliche Unternehmen knnen sowohl in privatrechtlichen als auch in ffentlich-rechtlichen Organisationsformen betrieben werden.

    In privatrechtlicher Organisationsform kommen ffentliche Unternehmen insb. als Aktien-gesellschaften (AG) und Gesellschaften mit beschrnkter Haftung (GmbH) vor.

    o Dabei muss der Staat nicht alleiniger Anteilseigner sein; er kann sich auch neben privaten Anteilseignern an Unternehmen beteiligen (gemischtwirtschaftliche Unternehmen).

    Als ffentlich-rechtliche Organisationsformen existieren insbesondere auf der kommunalen Ebene Regiebetriebe, Eigenbetriebe und Anstalten des ffentlichen Rechts.

    o Regiebetriebe sind rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich unselbststndig, eng in die Verwaltung eingegliedert und deren Weisungen unterworfen.

    Bsp.: Schwimmbder, Krankenhuser, Friedhfe.

    o Eigenbetriebe besitzen zwar auch keine Rechtspersnlichkeit, sind aber organisatorisch und wirtschaftlich selbststndig und funktionieren auf der Grundlage einer Satzung.

    Bsp.: Stdtische Versorgungs- und Verkehrsbetriebe.

    o Anstalten des ffentlichen Rechts sind rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich selbststndig und knnen auf dem Markt deshalb freier auftreten.

    Bsp.: Kreditinstitute von Bund, Lndern und Gemeinden.

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    IV. Bereiche des Wirtschaftsverwaltungsrechts

    Als Beispiele fr einzelne Bereiche des Wirtschaftsverwaltungsrechts werden im Folgenden das Subventionsrecht, das Regulierungsrecht und das Gewerberecht skizziert.

    1. Subventionsrecht

    Das Subventionsrecht regelt unterschiedliche Formen der staatlichen Wirtschaftsfrderung.

    o Die Frderung kann sich auf bestimmte Regionen, Wirtschaftszweige, einzelne Unter-nehmen oder bestimmte Situationen (Unternehmensgrndung, Sanierung) beziehen.

    Nationales Subventionsrecht

    Subventionen sind vermgenswerte Zuwendungen der ffentlichen Hand ohne entsprechen-de Gegenleistung zur Frderung eines im ffentlichen Interesse liegenden Verhaltens.

    o Dieser deutsche Subventionsbegriff erfasst nur direkte Subventionen (Leistungen, die unmittelbar gewhrt werden), z.B. Zuschsse, Darlehen und Brgschaften.

    Im deutschen Recht existiert weder eine Verfassungsnorm, die Subventionen generell gebietet oder verbietet noch ein allgemeines Gesetz, das Subventionen regelt.

    o Rechtsgrundlage fr die Vergabe von Subventionen sind entweder Haushaltsgesetze oder Spezialgesetze auf Bundes- oder Landesebene.

    o Diese Gesetze regeln die Vergabe aber nicht umfassend, sondern ermchtigen die jeweils zustndige Behrde, konkretisierende Durchfhrungsbestimmungen zu erlassen.

    Die Subventionierung fllt deswegen weitgehend in die Zustndigkeit der Exekutive.

    Europisches Beihilferecht

    Das europische Beihilferecht erfasst alle vermgenswerten Vorteile, die aus staatlichen Mit-teln gewhrt werden und bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begnstigen.

    o Der europische Beihilfebegriff ist weiter als der deutsche Subventionsbegriff; neben di-rekten Subventionen werden auch indirekte (z.B. die Befreiung von Abgaben) erfasst.

    Im Gegensatz zum deutschen Recht, nach dem Subventionen grundstzlich zulssig sind, verbietet das Europarecht Beihilfen durch Mitgliedstaaten, die dem Wettbewerb verzerren.

    o Art. 107 Abs. 1 AEUV verbietet nationale Beihilfen, die geeignet sind, den Wettbewerb zu verflschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeintrchtigen; von diesem allgemeinen Verbot sehen Art. 107 Abs. 2, 3 AEUV Ausnahmen vor.

    Die Europische Kommission kontrolliert sowohl bestehende nationale Beihilfen (Art. 108 Abs. 1 AEUV) als auch geplante neue Beihilfen, die der Kommission gemeldet werden ms-sen (Art. 108 Abs. 3 AEUV), auf ihre Vereinbarkeit mit dem europischen Recht.

    Diese Kontrolle ist in der Praxis besonders wichtig, da Deutschland von allen Mitgliedstaa-ten der EU mit Abstand die meisten staatlichen Beihilfen an die Wirtschaft vergibt.

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    2. Regulierungsrecht

    Das Regulierungsrecht regelt den Markzutritt und das Marktverhalten privater Unternehmen in Bereichen, die frher monopolisiert und von staatlichen Unternehmen beherrscht waren.

    Das Regulierungsrecht betrifft Netzwerkindustrien, also Wirtschaftszweige, die durch ein dominantes Netz gekennzeichnet sind, dessen Errichtung immense Kosten verursachte.

    o Dazu gehren insb. die Bereiche Telekommunikation, Post, Energie und Bahn. Die Regulierung verfolgt dabei insb. zwei Ziele: sie soll zum einen in den genannten Berei-

    chen Monopole aufzubrechen und den Wettbewerb einfhren; zum anderen soll sie eine an-gemessene Grundversorgung der Bevlkerung zu gewhrleisten.

    o Fr die Umsetzung des Regulierungsrechts ist in allen genannten Bereichen die Bundes-netzagentur als selbststndige Bundesoberbehrde zustndig.

    Telekommunikation

    Grundlage fr die Regulierung der Telekommunikation ist das Telekommunikationsgesetz (TKG); es regelt u.a. den Zugang zu Telekommunikationsnetzen und die dafr flligen Ent-gelte und soll missbruchliches Verhalten marktmchtiger Unternehmen verhindern.

    o Zu den Aufgaben der Bundesnetzagentur gehrt hier u.a. die Analyse der Marktes, die Regelung des Netzzugangs und fr die Genehmigung der entsprechenden Entgelte.

    Post

    Die Regulierung des Postwesens erfolgt auf der Grundlage des Postgesetzes (PostG), das u.a. den Zugang zum entsprechenden Markt und Entgelte fr Postdienstleistungen regelt.

    o Die Bundesnetzagentur ist hier u.a. fr die Erteilung von Lizenzen, die Genehmigung von Entgelten und die Missbrauchsaufsicht zustndig.

    Energie

    Grundlage fr die Regulierung in den Bereichen Elektrizitt und Gas ist das Energiewirt-schaftsgesetz (EnWG); es regelt insb. die Aufgaben der Netzbetreiber, Fragen des Netzan-schlusses und des Netzzugangs sowie die dafr flligen Entgelte.

    o Zu den Aufgaben der Bundesnetzagentur gehrt hier u.a. die Genehmigung der Netz-entgelte und die Beseitigung von Hindernissen beim Zugang zu den Netzen.

    Eisenbahn

    Die Regulierung der Eisenbahn erfolgt auf Grundlage des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG), das insb. den diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur regelt.

    o Die Bundesnetzagentur ist hier u.a. fr die Gewhrleistung dieses Zugangs und fr die berwachung der entsprechenden Nutzungsbedingungen und Entgelte zustndig.

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    3. Gewerberecht

    Das Gewerberecht wird allgemein in der Gewerbeordnung (GewO) geregelt; fr einzelne Gewerbezweige (Handwerk, Gaststtten etc.) existieren Spezialgesetze (HwO, GastG).

    o Die GewO ist auch auf diese speziell geregelten Gewerbezweige anwendbar, soweit die Spezialgesetze keine abweichende Regelung enthalten.

    o Das Gewerberecht verfolgt in erster Linie ordnungsrechtliche Zwecke; die Allgemeinheit oder soll vor Gefahren geschtzt werden, die die von einem Gewerbe ausgehen.

    Gewerbebegriff

    Gewerbe in Sinne der GewO ist jede erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete, selbststndige und nicht nur gelegentlich ausgebte Ttigkeit, die nicht Urproduktion, freier Beruf oder bloe Verwaltung eigenen Vermgens ist.

    o Die GewO unterscheidet drei Arten gewerblicher Bettigung: das stehende Gewerbe, das Reisegewerbe sowie das Messe-, Ausstellungs- und Marktgewerbe; fr jede Gewerbeart gelten dabei eigene Bestimmungen.

    Stehendes Gewerbe

    Stehendes Gewerbe ( 14 ff. GewO) ist jedes Gewerbe, das nicht Reise- oder Marktgewerbe ist; es wird in der Regel von einer gewerblichen Niederlassung aus betrieben.

    o Das Gewerbe ist in der Regel genehmigungsfrei, und muss lediglich der zustndigen Be-hrde angezeigt werden; fr einige Gewerbearten, die als besonders gefahrentrchtig gel-ten, ist eine Zulassung oder Genehmigung erforderlich ( 30 ff. GewO).

    o Die zustndige Behrde kann die Ausbung des Gewerbes insbesondere bei Unzuverls-sigkeit des Gewerbetreibenden untersagen ( 35 GewO).

    Reisegewerbe

    Zum Reisegewerbe ( 55 ff. GewO) gehrt insbesondere der gewerbsmige Vertrieb von Waren, Leistungen oder Bestellungen auerhalb der Rume einer gewerblichen Niederlas-sung und ohne vorherige Bestellung (z.B. Vertreter an der Haustr).

    o Fr dem Betrieb eines Reisegewerbes ist grundstzlich ist eine Erlaubnis erforderlich; sie wird von der zustndigen Behrde in der Form einer Reisegewerbekarte erteilt.

    Messe-, Ausstellungs- und Marktgewerbe

    Messen, Ausstellungen und Mrkte ( 64 ff. GewO) werden von der GewO wegen ihrer wirtschaftsbelebenden Funktion privilegiert behandelt.

    o Fr Veranstaltungen der bezeichneten Art setzt die zustndige Behrde auf Antrag des Veranstalters Gegenstand, Ort und Zeit der Veranstaltung fest; nach der Festsetzung gel-ten fr die Aussteller und Anbieter unterschiedliche Marktprivilegien.

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    Zusammenfassung

    Das Grundgesetz ist wirtschaftspolitisch neutral, legt also keine verbindliche Wirtschaftsord-nung fest; das Ermessen des Gesetzgebers wird insoweit jedoch durch Staatsprinzipien (insb. Rechtsstaat und Sozialstaat) und durch Grundrechte (insb. Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie, Vereinigungsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit) beschrnkt.

    Die Wirtschaftsordnung der EU lsst sich als soziale Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb beschreiben; das europische Wirtschaftssystem wird dabei insb. durch die Grundfreiheiten, die der Verwirklichung des Binnenmarktes dienen (freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital) sowie durch die Wirtschafts- und Whrungsunion geprgt.

    Die staatliche Wirtschaftsverwaltung ist in erster Linie Aufgabe der Lnder, wobei auch der Bund in einigen Bereichen Verwaltungskompetenzen besitzt; zu den wichtigsten Instrumen-ten der Wirtschaftsverwaltung gehren dabei die Wirtschaftsplanung, Wirtschaftsberwa-chung, Wirtschaftslenkung und Wirtschaftsfrderung.

    Der Staat kann nicht nur regelnd in die Wirtschaft eingreifen, sondern auch selbst unter-nehmerisch ttig werden; ffentliche Unternehmen existieren entweder in privatrechtlicher (AG, GmbH) oder in ffentlich-rechtlicher Form (Regiebetriebe, Eigenbetriebe, Anstalten).

    Das Subventions- und Beihilferecht regelt die staatliche Wirtschaftsfrderung; das nationale Ermessen bei der Vergabe von Subventionen wird durch das Europarecht erheblich reduziert.

    Das Regulierungsrecht regelt Netzwerkindustrien, die frher staatlich monopolisiert waren; Ziel ist die Einfhrung von Wettbewerb bei gleichzeitiger Sicherung der Grundversorgung.

    Das Gewerberecht dient in erster Linie der Gefahrenabwehr; die GewO enthlt dazu allge-meine Regelungen, whrend fr einzelne Gewerbearten Spezialgesetze existieren.

    Wiederholungsfragen

    Legt das Grundgesetz eine bestimmte Wirtschaftsordnung fr die Bundesrepublik fest? Wie lsst sich das derzeit existierende System bezeichnen? (S. 7)

    Welche Grundrechte und Staatsprinzipien sind fr die Wirtschaftsordnung der Bundesre-publik besonders relevant? (S. 7 f.)

    Welches Prinzip ist fr die europische Wirtschaftsordnung besonders wichtig und gilt dieses Prinzip ohne Einschrnkungen? (S. 9)

    Welche Grundfreiheiten existieren in der Europischen Union und was ist ihr Zweck? (S. 10)

    Was sind die wichtigsten Instrumente der Wirtschaftsverwaltung und welche Zwecke verfol-gen sie jeweils? (S. 12)

    Welche Formen von ffentlichen Unternehmen existieren in Deutschland? In welchen Berei-chen sind sie ttig? (S. 13)

    Wie wird das deutsche Subventionsrecht durch das Europarecht beeinflusst? (S. 14)

    Welche Wirtschaftsbereiche betrifft das Regulierungsrecht und was haben diese Bereiche gemeinsam? (S. 15)

  • Brgerliches Gesetzbuch

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    2. Buch Schuldrecht ( 241-853)

    1. Buch Allgemeiner

    Teil des BGB (1-240)

    3. Buch Sachenrecht ( 854-1296)

    4. Buch Familienrecht ( 1297-1921)

    5. Buch Erbrecht

    ( 1922-2385)

    Allgemeiner Teil (241-432)

    Besonderer Teil ( 433-853)

    C. Brgerliches Gesetzbuch

    I. BGB im berblick

    Das Brgerliche Gesetzbuch (BGB) ist das zentrale Regelwerk des deutschen Privatrechts.

    Es enthlt allgemeine Bestimmungen, die fr alle gleichermaen gelten und regelt in erster Linie die wichtigsten Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen.

    Das BGB trat bereits 1900 in Kraft und wurde seitdem vielfach ergnzt und gendert.

    1. Allgemeiner Teil des BGB

    Der Allgemeine Teil des BGB ( 1 240 BGB) enthlt grundlegende Bestimmungen, die fr das gesamte BGB und darber hinaus fr das gesamte Privatrecht gelten.

    o Hier finden sich insbesondere Definitionen der zentralen Begriffe des Privatrechts (z.B. Geschftsfhigkeit, natrliche und juristische Personen, Sachen).

    o Darber hinaus enthlt der Allgemeine Teil grundlegende Regelungen, die fr alle Rechtsverhltnisse von Bedeutung sind, z.B. zu Fristen, Terminen und zur Verjhrung.

    Die wichtigsten Regelungen des Allgemeinen Teils betreffen jedoch das Zustandekommen von Vertrgen, 104 185 BGB (siehe dazu Abschnitt Grundlagen des Vertragsrechts).

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    2. Schuldrecht

    Das Schuldrecht ( 241 853 BGB) regelt die Schuldverhltnisse.

    Ein Schuldverhltnis ist eine rechtliche Beziehung zwischen mindestens zwei Parteien (natr-lichen oder juristischen Personen), die Rechte und Pflichten begrndet.

    Es lassen sich vertragliche und gesetzliche Schuldverhltnisse unterscheiden.

    o Vertragliche Schuldverhltnisse entstehen durch eine Vereinbarung der Parteien. o Gesetzliche Schuldverhltnisse entstehen unabhngig vom Willen der Beteiligten, wenn

    die Beteiligten durch ihr Verhalten bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfllen.

    Der Inhalt des Schuldverhltnisses besteht darin, dass der Glubiger vom Schuldner eine Leistung verlangen kann ( 241 Abs. 1 BGB).

    Allgemeinter Teil

    Der Allgemeine Teil des Schuldrechts ( 241 - 432 BGB) enthlt Vorschriften, die fr alle Schuldverhltnisse (egal ob vertraglich oder gesetzlich) gelten.

    o Eine Ausnahme bilden die 311 359 BGB, die Sonderregelungen fr vertragliche Schuldverhltnisse enthalten.

    Die wichtigsten Regelungen des Allgemeinen Schuldrechts betreffen insb. folgende Bereiche:

    o Entstehung von Schuldverhltnissen (insb. durch Vertag oder Gesetz). o Inhalt von Schuldverhltnissen (welche Leistung ist geschuldet, wer muss die Leistung

    erbringen, wie muss er die Leistung erbringen?).

    o Erlschen von Schuldverhltnissen (durch Erfllung, Kndigung, Rcktritt etc.). o Strungen im Schuldverhltnis (Unmglichkeit, Verzug, Schlechtleistung etc.).

    Besonderer Teil

    Der Besondere Teil des Schuldrechts ( 433 853 BGB) regelt einzelne Arten vertraglicher und gesetzlicher Schuldverhltnisse ausfhrlich.

    Bei den vertraglichen Schuldverhltnissen sind wichtige Vertragstypen umfassend geregelt.

    o Dazu gehren u.a. der Kaufvertrag, der Darlehensvertrag und der Dienstvertrag. Bei den gesetzlichen Schuldverhltnissen sind die Geschftsfhrung ohne Auftrag, die unge-

    rechtfertigte Bereicherung und die unerlaubte Handlung (Delikt) ausfhrlich geregelt.

    o Die Geschftsfhrung ohne Auftrag regelt, was passiert, wenn jemand ein Geschft fr einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder sonst dazu berechtigt zu sein.

    o Die Vorschriften zur ungerechtfertigten Bereicherung regeln die Rckabwicklung von Vermgensverschiebungen, fr die kein rechtlicher Grund besteht.

    o Das Deliktsrecht befasst sich mit den zivilrechtlichen Folgen unerlaubter Handlungen.

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    3. Sachenrecht

    Whrend das Schuldrecht rechtliche Beziehungen zwischen Personen regelt, regelt das Sachen-recht ( 854 1296 BGB) die Beziehung einer Person zu einer Sache.

    Sachen sind alle krperlichen Gegenstnde, auch Grundstcke sind erfasst.

    Beziehungen, die durch das Sachenrecht geregelt werden, sind der Besitz, das Eigentum und die beschrnkt dinglichen Rechte.

    Besitz

    Besitz ist die tatschliche Herrschaft einer Person ber eine Sache.

    o Der unmittelbare Besitz entsteht mit der Erlangung der tatschlichen Gewalt ber die Sache und endet mit der Aufgabe oder dem Verlust der tatschlichen Gewalt.

    Der Besitz ist durch 859 ff. BGB geschtzt.

    o Wird dem Besitzer der Besitz entzogen, darf er sich mit Gewalt dagegen wehren und dem Tter die Sache wieder abnehmen oder Wiedereinrumung des Besitzes verlangen.

    Eigentum

    Das Eigentum ist das umfassendste, absolut (gegenber allen) wirkende Herrschaftsrecht.

    o Der Eigentmer kann nach Belieben mit der Sache verfahren und andere jederzeit von der Einwirkung auf sie Sache ausschlieen ( 903 BGB).

    Das Eigentum kann auch mehreren Personen zustehen: beim Bruchteilseigentum kann jeder ber seinen Anteil an der Sache verfgen, beim Gesamthandseigentum nur alle gemeinsam.

    Das Eigentum wird bei beweglichen Sachen in der Regel durch Einigung und bergabe, bei Grundstcken durch Auflassung und Eintragung ins Grundbuch erworben.

    o Auch die Verbindung, Vermischung und Verarbeitung von Sachen kann zum Erwerb fhren ( 946 ff. BGB); der frhere Eigentmer muss dann entschdigt werden.

    Bei Verletzungen des Eigentums besitzt der Eigentmer unterschiedliche Ansprche.

    o Von einem unrechtmigen Besitzer seiner Sache der kann er u.a. Herausgabe der Sache und Schadensersatz verlangen ( 985 ff. BGB); bei sonstigen Strungen seines Eigen-tums kann er vom Strer die Beseitigung der Strung verlangen ( 1004 BGB).

    Beschrnkt dingliche Rechte

    Beschrnkt dingliche Rechte sind Rechte, die ihrem Inhaber die Herrschaft ber eine Sache nicht vollstndig (wie das Eigentum) sondern nur hinsichtlich einzelner Befugnisse zuordnen.

    o Sie entstehen, indem der Eigentmer die Sache mit dem entsprechenden Recht belastet. o Sie lassen sich in Nutzungsrechte (z.B. Grunddienstbarkeit, 1018 ff. BGB) und

    Verwertungsreche (z.B. Pfandrecht, 1204 ff. BGB) einteilen.

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    4. Familienrecht

    Das Familienrecht ( 1297 1921 BGB) regelt insb. die rechtlichen Beziehungen zwischen Personen, die durch Ehe, Lebenspartnerschaft, Familie und Verwandtschaft verbunden sind.

    Die Vorschriften ber die Ehe regeln u.a. die Schlieung und Beendigung der Ehe sowie die jeweiligen Folgen, die Rechte und Pflichten der Ehepartner sowie das eheliche Gterrecht (vermgensrechtliche Beziehung der Ehepartner).

    Die Vorschriften ber die Verwandtschaft regeln insb. die Abstammung und die gegenseiti-gen Unterhaltspflichten unter Verwandten, die zwischen Eltern und Kindern bestehenden Rechte und Pflichten sowie die Adoption.

    Darber hinaus werden im Familienrecht die Vormundschaft, die Betreuung und die Pflege-schaft als Flle der gesetzlichen Vertretung geregelt.

    o Vormundschaft betrifft die gesetzliche Vertretung Minderjhriger, die nicht unter elterli-cher Sorge stehen oder deren Eltern nicht vertretungsbefugt sind.

    o Die Betreuung betrifft die gesetzliche Vertretung Volljhriger, die aufgrund psychischer oder physischer Behinderungen ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen knnen.

    o Die Pflegeschaft betrifft die gesetzliche Vertretung von Personen, die unter elterlicher Sorge oder Vormundschaft stehen, in Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund verhindert sind.

    5. Erbrecht

    Das Erbrecht ( 1297 1921 BGB) regelt die vermgensrechtlichen Folgen des Todes eines Menschen, insb. die Erbfolge und die Rechte und Pflichten der Erben.

    Bei der Erbfolge lsst sich zwischen der gewillkrten und der gesetzlichen unterscheiden.

    o Bei der gewillkrten Erbfolge entscheidet der Erblasser durch ein Testament oder einen Erbvertrag im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ber die Verteilung des Nachlasses.

    o Liegt kein Testament oder Erbvertrag vor, gilt die gesetzliche Erbfolge; sie sieht Ver-wandte (nach Verwandtschaftsgrad eingestuft) und den Ehegatten als Erben vor.

    Mit dem Tod des Erblassers geht sein gesamtes Vermgen auf den Erben ber.

    o Der Erbe kann die Erbschaft annehmen oder innerhalb von sechs Wochen ausschlagen. o Nimmt er die Erbschaft an, gehen auch die Verbindlichkeiten des Erblassers auf ihn

    ber; er haftet dann auch fr Verbindlichkeiten, die mit dem Erbfall oder im Zusam-menhang mit der Nachlassabwicklung entstehen.

    Hinterlsst der Erblasser mehrere Erben, wird der Nachlass ihr gemeinschaftliches Vermgen.

    o Sie bilden eine Erbengemeinschaft und knnen nur gemeinsam ber Gegenstnde aus dem Nachlass verfgen.

    o Die Erbengemeinschaft endet mit der Erbauseinandersetzung (Teilung des Nachlasses).

  • Brgerliches Gesetzbuch

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    II. Grundzge des Vertragsrechts

    Die Vertragsfreiheit als Ausprgung der durch die Verfassung garantierten Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) gestattet es jedermann, Vertrge zu schlieen.

    Garantiert wird im Rahmen des geltenden Rechts die freie Entscheidung ob berhaupt, mit welchem Vertragspartner und mit welchem Inhalt ein Vertrag geschlossen wird.

    Wie Vertrge zustande kommen, welche Rechte und Pflichten sie begrnden und wie sie beendet werden ist insbesondere im Allgemeinen Teil des BGB und im Schuldrecht geregelt.

    1. Zustandekommen von Vertrgen

    Ein Vertrag kommt zustande durch zwei bereinstimmende Willenserklrungen, das Angebot und die Annahme ( 145 ff. BGB).

    Geschftsfhigkeit

    Um eine wirksame Willenserklrung abgeben zu knnen, muss eine Person geschftsfhig sein ( 104 ff. BGB).

    Voll geschftsfhig sind Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (volljhrig sind).

    o Sie knnen wirksame Willenserklrungen abgeben und sich so vertraglich binden. o Eine Ausnahme bilden Bewusstlose oder Personen, deren Geistesttigkeit vorbergehend

    gestrt ist (z.B. Betrunkene); sie sind zwar grundstzlich geschftsfhig, knnen in die-sem Zustand aber keine wirksame Willenserklrung abgeben.

    Geschftsunfhig sind Kinder unter 7 Jahren und Personen mit geistigen Behinderungen.

    o Sie knnen grundstzlich keine wirksamen Willenserklrungen abgeben. o Fr sie handeln ihre gesetzlichen Vertreter: bei Kindern ihre Eltern ( 1629 BGB), bei

    geistig Behinderten der Betreuer ( 1902 BGB).

    Beschrnkt geschftsfhig sind Minderjhrige zwischen 7 und 18 Jahren.

    o Wirksam sind Geschfte des Minderjhrigen, die fr ihn rechtlich ausschlielich vorteil-haft sind ( 107 BGB), durch die er also weder auf Rechte verzichtet noch Pflichten auf-erlegt bekommt.

    o Wirksam sind auch Geschfte, die der Minderjhrige mit eigenen Mitteln bewirkt, die ihm zur freien Verfgung oder zu diesem Zweck berlassen wurden (Taschengeld).

    o Betreibt der Minderjhrige mit Genehmigung der Eltern und des Vormundschaftsge-richts ein Erwerbsgeschft, darf er alle Rechtsgeschfte vornehmen, die der Betrieb des Geschfts mit sich bringt; gleiches gilt fr ein Arbeitsverhltnis des Minderjhrigen.

    o Fr alle anderen Geschfte bedarf er der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter. o Liegt keine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter vor, hngt die Wirksamkeit des Ge-

    schfts davon ab, ob die gesetzlichen Vertreter das Geschft nachtrglich genehmigen.

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    Angebot und Annahme

    Ein Vertrag kommt, wie bereits erwhnt, durch zwei bereinstimmende, empfangsbedrftige Willenserklrungen zustande: das Angebot und die Annahme.

    Eine Willenserklrung ist eine private Willensuerung, die auf Erzielung einer Rechtsfolge gerichtet ist, die Parteien mssen sich also rechtlich binden wollen.

    o Schweigen ist in der Regel keine Willenserklrung (anders unter bestimmten Umstnden bei Kaufleuten, siehe Abschnitt Handelsrecht).

    Empfangsbedrftig bedeutet, dass die Erklrung dem Empfnger so zugehen muss, dass unter normalen Umstnden mit seiner Kenntnisnahme gerechnet werden kann.

    bereinstimmend bedeutet, dass die Erklrungen der Parteien sich inhaltlich entsprechen, es muss also Einigkeit ber den Inhalt des Vertrags bestehen.

    Das Angebot muss den Inhalt des Vertrags so genau bestimmen, dass der Vertrag durch blo-e Zustimmung der anderen Partei zustande kommen kann.

    o Beim Kaufvertrag gengt dazu die Angabe des Kaufgegenstands und des Kaufpreises. Die Annahme muss inhaltlich mit dem Angebot bereinstimmen.

    o Enthlt die Annahme Abweichungen vom Angebot, gilt sie als Ablehnung verbunden mit einem neuen Angebot.

    Grundstzlich kommt ein Vertrag also durch einen rechtlich verbindlichen Vorschlag einer Partei zustande (Angebot), dem die andere Partei vorbehaltslos zustimmt (Annahme).

    Anfechtung

    Der Erklrende kann seine Willenserklrung anfechten, wenn ihm bei der Abgabe ein Irrtum unterlaufen ist oder wenn er durch Tuschung oder Drohung zur Abgabe bestimmt wurde.

    Eine Anfechtung wegen Irrtums kommt in folgenden Fllen in Betracht ( 119 BGB):

    o Inhaltsirrtum (Irrtum ber die Bedeutung der Erklrung). o Erklrungsirrtum (Verschreiben, Vertippen etc.). o Eigenschaftsirrtum (Irrtum ber bestimmte Eigenschaften einer Person oder Sache).

    Die Anfechtung wegen Tuschung oder widerrechtlicher Drohung ist in 123 BGB geregelt.

    o Tuschung ist auch durch Schweigen mglich, wenn eine Aufklrungspflicht besteht. o Die Drohung ist widerrechtlich, wenn Zweck und Mittel auer Relation stehen.

    Eine wirksame Anfechtung hat zur Folge, dass das angefochtene Geschft als von Anfang an nichtig anzusehen ist; der Vertrag wird nach 812 ff. BGB rckabgewickelt.

    o Bei einer Anfechtung wegen Irrtums ist der Anfechtende gegenber der anderen Partei zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet ( 122 BGB); der andere ist so zu stellen, als wre der Vertag nie zustande gekommen.

    o Bei der Anfechtung wegen Tuschung oder Drohung besteht eine solche Pflicht nicht.

  • Brgerliches Gesetzbuch

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    Stellvertretung

    Bei den meisten Geschften mssen die Parteien nicht unbedingt persnlich handeln, son-dern knnen sich auch durch andere Personen vertreten lassen ( 164 ff. BGB).

    o Der Vertreter gibt dann eine Willenserklrung fr den Vertretenen ab oder nimmt sie entgegen; die Rechtsfolgen treffen nicht den Vertreter sondern den Vertretenen.

    Fr eine wirksame Stellvertretung mssen folgende Voraussetzungen erfllt sein:

    o Es muss eine eigene Willenserklrung des Vertreters vorliegen. o Sie muss im Namen des Vertretenen erfolgen. o Der Vertreter braucht Vertretungsmacht.

    Der Vertreter gibt eine eigene Willenserklrung ab; im Gegensatz zum Boten, der nur eine fremde Willenserklrung berbringt, hat er dabei einen eigenen Entscheidungsspielraum.

    o Im Gegensatz zum Boten muss der Vertreter deshalb zumindest beschrnkt geschftsf-hig sein ( 165 BGB).

    Der Vertreter muss offen legen, dass er im Namen eines anderen handelt (Offenkundig-keit); dabei gengt es, wenn sich das Vertretungsverhltnis aus den Umstnden ergibt.

    o Legt der Vertreter nicht offen, dass er im Namen eines anderen handelt, wird nicht der Vertretene, sondern der Vertreter selbst Vertragspartner.

    o Eine Ausnahme gilt fr Bargeschfte des tglichen Lebens: ist dem Vertragspartner egal, mit wem er den Vertag abschliet, kommt der Vertag auch ohne Offenlegung des Ver-tretungsverhltnisses mit dem Vertretenen zustande.

    Der Vertreter muss Vertretungsmacht besitzen; diese kann sich entweder aus dem Gesetz ergeben oder durch Rechtsgeschft erteilt werden (dann heit sie Vollmacht).

    o Gesetzliche Vertretungsmacht besitzen z.B. Eltern fr ihre Kinder ( 1629 BGB). o Die Vollmacht kann durch Erklrung gegenber dem Vertreter (Innenvollmacht) oder

    durch Erklrung gegenber dem Vertragspartner (Auenvollmacht) erteilt werden.

    o Die Innenvollmacht endet mit dem Erlschen des Grundverhltnisses (z.B. Auftrag) oder durch Widerruf, die Auenvollmacht durch Erklrung gegenber dem Vertragspartner.

    o Der Vertretene wird auch ohne Erteilung einer Vollmacht durch das Handeln des Ver-treters rechtlich gebunden, wenn er wei oder htte wissen knnen, dass jemand als sein Vertreter auftritt, aber nichts dagegen unternimmt (Rechtsscheinsvollmacht).

    Der Umfang der Vollmacht hngt davon ab, ob sie fr ein bestimmtes Geschft (Spezial-vollmacht), fr eine bestimmte Art von Geschften (Gattungsvollmacht) oder fr alle Arten von Geschften (Generalvollmacht) erteilt wurde.

    o berschreitet der Vertreter seine Vertretungsmacht, ohne dass der Vertragspartner das wei, geht sein Handeln zu Lasten des Vertretenen; dieser wird wirksam gebunden.

    o Handelt der Vertreter ohne Vertretungsmacht, wird der Vertrag nur wirksam, wenn der Vertretene den Vertragsschluss genehmigt; macht er das nicht, ist der Vertrag unwirksam und der Vertreter haftet dem Vertragspartner auf Erfllung oder Schadensersatz.

  • Viktor Kessler - Einfhrung in das deutsche Wirtschaftsrecht WS 2011/12

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    2. Vertragsverletzungen

    Was passiert, wenn die Vertragsparteien ihre Pflichten nicht ordnungsgem erfllen, ist grund-legend im Allgemeinen Teil des Schuldrechts ( 275 ff. BGB) geregelt.

    Fr bestimmte Vertragsverhltnisse (z.B. Kauf, Werkvertrag oder Darlehen) sind im Beson-deren Teil des Schuldrechts Sonderregelungen vorgesehen.

    Unmglichkeit der Leistung

    Ist die vertraglich geschuldete Leistung bereits bei Vertragsschluss unmglich oder wird sie nach Vertragsschluss unmglich, wird der Schuldner von seiner Pflicht befreit ( 275 BGB).

    Der Glubiger wird, wenn er die Unmglichkeit nicht verschuldet hat, ebenfalls von seiner Leistungspflicht befreit; hat er seine Leistung bereits erbracht, kann er sie zurckfordern.

    Darber hinaus kann der Glubiger Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Auf-wendungen verlangen, wenn der Schuldner bei der anfnglichen Unmglichkeit diese kannte oder kennen musste bzw. bei der nachtrglichen Unmglichkeit diese verschuldet hat.

    Nichtleistung und Schlechtleistung

    Erbringt der Schuldner seine Leistung gar nicht (Nichtleistung) oder nicht so, wie er sie schuldet (Schlechtleistung) und hat er diese Pflichtverletzung zu vertreten, bleibt er weiterhin zur ordnungsgemen Leistung verpflichtet.

    Der Glubiger kann dem Schuldner dann eine Frist setzen; erbringt der Schuldner nach Fristablauf seine Leistung nicht ordnungsgem, kann der Glubiger Schadensersatz statt der Leistung bzw. Ersatz seiner Aufwendungen verlangen oder vom Vertrag zurcktreten.

    Verzgerung der Leistung

    Leistet der Schuldner bei Flligkeit der Leistung nicht und hat er das Ausbleiben der Leistung zu vertreten, kommt er nach einer Mahnung des Glubigers in Verzug ( 286 BGB).

    Der Glubiger kann dann entweder am Vertrag festhalten und zustzlich Ersatz des Verzugs-schadens und bei Geldschulden Verzugszinsen verlangen, oder, wenn er aufgrund der Verz-gerung kein Interesse mehr an der Leistung hat, Schadensersatz statt der Leistung verlangen.

    Verletzung von Nebenpflichten

    Die Vertragsparteien haben neben den vertraglich vereinbarten Pflichten auch die allgemeine Pflicht, auf die Rechte, Rechtsgter und Interessen des anderen Teils Rcksicht zu nehmen ( 241 Abs. 2 BGB).

    Verletzt eine der Vertragsparteien diese Pflicht, ist sie der anderen Partei zum Ersatz des ent-standenen Schadens verpflichtet; die vertragliche Leistungspflicht bleibt davon unberhrt.

  • Brgerliches Gesetzbuch

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    3. Einzelne Vertragstypen

    Zu den wichtigsten im Besonderen Teil des Schuldrechts geregelten Vertrgen gehren u.a. der Kaufvertrag, der Darlehensvertrag, der Dienstvertrag und der Werkvertrag.

    Fr diese und einige andere Vertrge enthlt das BGB Sonderregelungen, die die Pflichten der Parteien und die Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen konkretisieren.

    Kaufvertrag

    Beim Kaufvertrag ( 433 ff. BGB) verpflichtet sich der Verkufer, die Kaufsache an den Kufer zur bereignen und zu bergeben; der Kufer verpflichtet sich, den Kaufpreis zu zah-len und die Sache abzunehmen.

    o Als Gegenstand des Kaufvertrags kommen bewegliche Sachen und Grundstcke ebenso in Betracht wie Rechte (Forderungen, Gesellschaftsanteil, Patent) und Sach- oder Recht-sgesamtheiten (z.B. ein ganzes Unternehmen).

    o Besondere Regeln, die dem Verbraucherschutz dienen, enthlt das BGB fr den Kaufver-trag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ( 474 ff. BGB)

    o Fr Kaufvertrge unter Kaufleuten gelten ebenfalls Sonderregeln (siehe Handelsrecht).

    Darlehensvertrag

    Beim Darlehensvertrag ( 488 ff. BGB) verpflichtet sich der Darlehensgeber, den vereinbar-ten Geldbetrag auszuzahlen; der Darlehensnehmer verpflichtet sich, den vereinbarten Zins zu zahlen und das Darlehen nach Ablauf der vereinbarten Zeit zurckzuzahlen.

    o Fr den Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher enthlt das BGB ebenfalls Sonderregelungen ( 491 ff. BGB).

    Dienstvertrag

    Beim Dienstvertrag ( 611 ff. BGB) verpflichtet sich eine Vertragspartei, vereinbarte Diens-te zu leisten; die andere Vertragspartei verpflichtet sich, die vereinbarte Vergtung zu zahlen.

    o Je nachdem, ob der Dienstverpflichtete weisungsabhngig oder eigenverantwortlich agiert, lassen sich Arbeitsvertrge und freie Dienstvertrge (z.B. Arzt oder Anwalt) unter-scheiden.

    Werkvertrag

    Beim Werkvertrag ( 631 ff. BGB) verpflichtet sich der Unternehmer, das versprochene Werk herzustellen; der Besteller verpflichtet sich, die vereinbarte Vergtung zu zahlen.

    o Der Werkvertrag unterscheidet sich vom Dienstvertrag dadurch, dass der Unternehmer beim Werkvertrag einen konkreten Erfolg (das fertige Werk) schuldet, whrend der Dienstverpflichtete beim Dienstvertrag bloes Ttigwerden schuldet.

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    III. Kreditsicherung

    Unternehmen ebenso wie Privatpersonen bentigen oftmals Kredite oder sonstige Finanzierungs-hilfen, um ihre Zahlungsverpflichtungen erfllen zu knnen.

    Banken und Unternehmen, die solche Finanzierungshilfen gewhren, verlangen in der Regel Sicherheiten, die sie verwerten knnen, wenn der Schuldner spter nicht zahlen kann.

    Bei den Sicherheiten lassen sich Personalsicherheiten und Realsicherheiten unterscheiden.

    1. Personalsicherheiten

    Bei Personalsicherheiten haftet neben dem Kreditnehmer noch eine weitere Person fr die Rck-zahlung, wenn der Kreditnehmer seine Verpflichtungen nicht erfllen kann.

    Brgschaft

    Bei der Brgschaft ( 765 ff. BGB) verpflichtet sich der Brge gegenber dem Kreditgeber, subsidir fr die Erfllung der Verbindlichkeiten des Kreditnehmers einzustehen.

    o Der Brgschaftserklrung bedarf grundstzlich der Schriftform; bei Kaufleuten kann sie auch mndlich erteilt werden (siehe Abschnitt Handelsrecht).

    Garantie

    Beim Garantievertrag verpflichtet sich der Garantiegeber gegenber dem Kreditgeber, die Verantwortung fr die Rckzahlung des Kredits durch den Kreditnehmer zu tragen und haf-tet dafr verschuldensunabhngig.

    o Der Garantievertrag ist nicht gesetzlich geregelt und kann formlos geschlossen werden.

    Schuldbeitritt

    Beim Schuldbeitritt verpflichtet sich der Beitretende gegenber dem Kreditgeber, gemeinsam mit dem Kreditnehmer fr die Rckzahlung des Kredits zu haften.

    o Mit dem Schuldbeitritt werden der Beitretende und der Kreditnehmer zu Gesamt-schuldnern; der Kreditgeber kann die Leistung von jedem der beiden verlangen.

    Schuldbernahme

    Bei der Schuldbernahme ( 414 ff. BGB) tritt der bernehmer an die Stelle des Kredit-nehmers und bernimmt die Verbindlichkeit; der Kreditnehmer wird von der Pflicht befreit.

    o Die Schuldbernahme ist entweder durch einen Vertrag zwischen dem bernehmer und dem Kreditgeber oder durch einen Vertrag zwischen dem bernehmer und dem Kredit-nehmer mit Genehmigung des Kreditgebers mglich.

  • Brgerliches Gesetzbuch

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    2. Realsicherheiten

    Bei den Realsicherheiten stellt der Kreditnehmer Sachwerte zur Verfgung, die der Kreditgeber verwerten kann, wenn die Rckzahlung des Kredits scheitert.

    Eigentumsvorbehalt

    Beim Eigentumsvorbehalt behlt sich der Verkufer einer Ware das Eigentum an der Sache bis zur vollstndigen Zahlung des Kaufpreises vor ( 449 BGB).

    o Der Kufer bekommt die Ware sofort und kann sie nutzen, er wird aber erst nach der vollstndigen Zahlung des Kaufpreises Eigentmer.

    o Da der Verkufer Eigentmer bleibt, kann er die Sache verwerten, wenn der Kufer nicht vollstndig zahlt.

    Pfandrecht

    Der Kreditnehmer kann dem Kreditgeber zur Sicherung des Kredits auch ein Pfandrecht an beweglichen Sachen ( 1204 ff. BGB) oder an Rechten (1273 ff. BGB) einrumen.

    o Zahlt der Kreditnehmer nicht, kann der Kreditgeber die Sache oder das Recht verwerten. o Das Pfandrecht an beweglichen Sachen ist aber wenig praxistauglich, weil der Kredit-

    nehmer die Sache an den Kreditgeber bergeben muss und sie nicht verwenden kann.

    Sicherungsbereignung

    Bei der Sicherungsbereignung bertrgt der Kreditnehmer das Eigentum an einer Sache an den Kreditgeber; gleichzeitig wird die Rckbereignung nach Tilgung des Kredits vereinbart.

    o Gegenber dem Pfandrecht hat die Sicherungsbereignung den Vorteil, dass der Kredit-nehmer im Besitz der Sache bleibt und sie weiterhin nutzen kann.

    o Nach den gleichen Grundstzen ist die Sicherungsabtretung von Forderungen mglich.

    Grundpfandrechte

    Die Grundpfandrechte (Hypothek, Grundschuld und Rentenschuld) geben dem Kreditgeber ein Verwertungsrecht an einem Grundstck, wenn der Kreditnehmer nicht zahlen kann.

    o Die Hypothek ( 1113 ff. BGB) rumt dem Kreditgeber das Recht ein, sich wegen sei-ner Forderung aus dem Grundstck zu befriedigen; die Hypothek ist an die Forderung gebunden, besteht also nur, soweit die zugrundeliegende Forderung besteht.

    o Mit einer Grundschuld ( 1191 ff. BGB) kann ein Grundstck auch unabhngig von einer zugrundeliegenden Forderung belastet werden.

    o Die Rentenschuld ( 1199 ff. BGB) ist eine Sonderform der Grundschuld: hier ist in regelmigen Abstnden eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstck zu zahlen.

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    Zusammenfassung

    Das BGB enthlt als zentrales Regelwerk des deutschen Privatrechts allgemeine Regeln, die fr alle gleichermaen gelten; es besteht aus den fnf Bchern: dem Allgemeinen Teil, dem Schuldrecht, dem Sachenrecht, dem Familienrecht und dem Erbrecht.

    Der Allgemeine Teil enthlt grundlegende Regelungen, die fr das gesamte Privatrecht von Bedeutung sind; besonders wichtig sind die Regeln zum Zustandekommen von Vertrgen.

    Ein Vertrag kommt durch zwei bereinstimmende empfangsbedrftige Willenserklrungen zustande: das Angebot und die Annahme; eine solche Willenserklrung kann angefochten werden, wenn dem Erklrenden ein Irrtum unterlaufen ist oder wenn er durch Tuschung oder Drohung zur Abgabe der Willenserklrung veranlasst wurde.

    Beim Abschluss von Vertrgen knnen sich die Parteien von anderen vertreten lassen; fr eine wirksame Stellvertretung ist erforderlich, dass der Vertreter eine eigene Willenserklrung im Namen des Vertretenen abgibt und dabei im Rahmen der Vertretungsmacht handelt.

    Das Allgemeine Schuldrecht regelt grundstzlich die Entstehung, den Inhalt, die Verletzung und die Beendigung von Schuldverhltnissen; dabei handelt es sich um Rechtsverhltnisse zwischen Personen, die auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage entstehen.

    Das Besondere Schuldrecht enthlt Sonderregeln fr einzelne Arten vertraglicher und gesetz-licher Schuldverhltnisse: zu den vertraglichen gehren u.a. der Kaufvertrag, der Darlehens-vertag, der Dienstvertrag und der Werkvertrag; zu den gesetzlichen gehren die Geschfts-fhrung ohne Auftrag, die ungerechtfertigte Bereicherung und die unerlaubte Handlung.

    Das Sachenrecht regelt die Rechtsverhltnisse zwischen Personen und Sachen; zu diesen Rechtsverhltnissen gehren der Besitz, das Eigentum und die beschrnkt dinglichen Rechte.

    Bei der Kreditsicherung ist zu unterscheiden zwischen Personalsicherheiten, bei denen neben dem Kreditnehmer mindestens eine weitere Person fr die Rckzahlung haftet und Realsi-cherheiten, bei denen der Kreditnehmer Sachwerte als Sicherheit zur Verfgung stellt.

    Wiederholungsfragen

    Aus welchen fnf Bchern besteht das BGB? Was regeln die einzelnen Bcher? (S. 18 ff.)

    Was versteht man unter einem Schuldverhltnis? Welche Arten von Schuldverhltnissen las-sen sich unterscheiden und wie kommen sie jeweils zustande? (S. 19)

    Was ist der grundlegende Unterschied zwischen dem Schuldrecht und dem Sachenrecht? Welche Rechtsverhltnisse werden durch das Sachenrecht geregelt? (S. 20)

    Wie kommt ein Vertrag allgemein zustande? (S. 22)

    In welchen Fllen kann eine Willenserklrung angefochten werden? Was sind die Rechtsfol-gen einer Anfechtung? (S. 23)

    Welche Voraussetzungen mssen erfllt sein, damit eine wirksame Stellvertretung vorliegt? Wer wird bei der Stellvertretung durch Erklrungen des Vertreters gebunden? (S. 24)

    Welche zwei Arten von Sicherheiten lassen sich bei der Kreditsicherung grundstzlich unter-scheiden? Worin besteht der Unterschied zwischen ihnen? (S. 27 f.)

  • Handelsrecht

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    2. Buch Handelsgesellschaften

    1. Buch Handelsstand

    4. Buch Handelsgeschfte

    D. Handelsrecht

    I. Grundlagen des Handelsrechts

    Handelsrecht ist das besondere Privatrecht der Kaufleute; die Regeln des Handelsrechts sind an-wendbar, wenn bei einem Geschft auf mindestens einer Seite ein Kaufmann beteiligt ist.

    1. Gegenstand des Handelsrechts

    Das Handelsrecht ist im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt, das ebenso wie das BGB bereits 1900 in Kraft getreten ist; die Regelungen des HGB ergnzen und modifizieren Bestimmungen des Privatrechts und gehen den allgemeinen Regelungen des BGB vor.

    Fr die handelsrechtlichen Sonderregelungen gibt es insb. folgende Grnde:

    o Kaufleuten wird unterstellt, dass sie mehr Geschftserfahrung besitzen als Privatleute und deswegen weniger Schutz durch das Gesetz brauchen; das Handelsrecht verlangt von ih-nen deswegen Professionalitt und Selbstverantwortung, bindet sie an Handelsbruche und setzt die Entgeltlichkeit als Grundsatz fr den Leistungsaustausch fest.

    o Der Austausch von Waren und Dienstleistungen setzt einen schnelleren Vertragsschluss und eine schnellere Vertragsabwicklung voraus; deshalb besteht in handelsrechtlichen Beziehungen ein besonderes Bedrfnis nach Rechtsklarheit und Vertrauensschutz.

    Diese Funktion des Handelsrechts wird an folgenden Beispielen deutlich:

    o Der Kaufmann kann eine Brgschaft mndlich bernehmen ( 350 HGB), whrend es bei Privatpersonen nur schriftlich mglich ist ( 766 BGB).

    o Der Kaufmann verliert die gesetzlichen Gewhrleistungsrechte, wenn er gelieferte Waren nicht sofort untersucht und Mngel anzeigt (377 HGB).

    o Schweigen gilt beim Kaufmann in bestimmten Fllen als Annahme eines Vertragsange-bots (362 HGB), bei Privatpersonen nicht.

    2. HGB im berblick

    Das HGB besteht (ebenso wie das BGB) aus 5 Bchern; besonders relevant sind im Folgenden:

    1-104a HGB enthalten u.a. Regelungen zur Kaufmannsei-genschaft, zum Handelsregister, zur Handelsfirma, zur Un-ternehmensnachfolge und zur Vertretung des Kaufmanns.

    105-236 HGB enthalten Regelungen zu den Personen-handelsgesellschaften (siehe Abschnitt Gesellschaftsrecht).

    343-475 HGB enthalten Sonderregelungen fr die Handelsgeschfte.

  • Viktor Kessler - Einfhrung in das deutsche Wirtschaftsrecht WS 2011/12

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    Kaufmann

    Kaufmann kraft freiwilliger Eintragung

    "Kannkaufmann"

    Kaufmann kraft Eintragung

    "Fiktivkaufmann"

    Kaufmann kraft Rechtsscheins

    "Scheinkaufmann"

    Kaufmann kraft Rechtsform

    "Formkaufmann"

    Kaufmann kraft Gewerbebetrieb "Istkaufmann"

    3. Kaufmannseigenschaft

    Das Handelsrecht ist nur dann anwendbar, wenn zumindest auf einer Seite des Geschfts ein Kaufmann beteiligt ist; Ausgangspunkt ist deswegen der Kaufmannsbegriff ( 1 ff. HGB).

    Kaufmann kraft Gewerbebetrieb (Istkaufmann)

    Kaufmann ist zunchst, wer ein Handelsgewerbe betreibt (1 Abs. 1 HGB).

    o Damit ein Handelsgewerbe vorliegt, muss es sich um ein Gewerbe handeln, das einen in kaufmnnischer Weise eigerichteten Geschftsbetrieb erfordert (1 Abs. 2 HGB).

    Gewerbe ist eine nach auen erkennbare, planmige, auf Dauer angelegte, selbststndige und zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgebte Ttigkeit.

    o Ttigkeiten, die nicht nach auen erkennbar sind (z.B. heimliche Spekulation an der Brse) oder die nur gelegentlich ausgebt werden, werden nicht erfasst, ebenso wie T-tigkeiten von Arbeitnehmern, Freiberuflern oder rein gemeinntzige Ttigkeiten.

    Ein Gewerbe ist nur dann ein Handelsgewerbe, wenn es nach Art und Umfang einen in kaufmnnischer Weise eigerichteten Geschftsbetrieb erfordert.

    o Fr die Frage, ob ein Gewerbe ein einen solchen Geschftsbetrieb erfordert, gibt er keine starren Regeln; es hngt vielmehr von einer Gesamtschau unterschiedlicher Kriterien ab.

    o Zu den wichtigsten Kriterien zhlt u.a. die Art der erbrachten Leistungen, die Gre des Kundenkreises, die Kapitalausstattung, der Umsatz und der Ertrag, die Anzahl der Be-schftigten und Betriebssttten etc.

    Liegt nach den bezeichneten Kriterien ein Handelsgewerbe vor, ist der Gewerbetreibende ein Kaufmann im Sinne des HGB, egal ob er im Handelsregister eingetragen ist oder nicht.

  • Handelsrecht

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    Kaufmann kraft freiwilliger Eintragung ins Handelsregister (Kannkaufmann)

    Liegt ein Gewerbe vor, das keinen in kaufmnnischer Weise eigerichteten Geschftsbetrieb erfordert (Kleingewerbe), kann der Gewerbetreibende die Firma trotzdem ins Handelsregis-ter eintragen lassen ( 2 Abs. 1 HGB), er muss es aber nicht.

    o Durch die freiwillige Eintragung ins Register wird der Gewerbetreibende zum Kauf-mann, ohne ein Handelsgewerbe zu betreiben.

    o Er hat auch die Mglichkeit, die Firma spter wieder aus dem Handelsregister lschen zu lassen (Art. 2 S. 3 HGB); mit der Lschung endet auch die Kaufmannseigenschaft.

    Kaufmann kraft Eintragung ins Handelsregister (Fiktivkaufmann)

    Ist seine Firma ins Handelsregister eingetragen, unterliegt der Gewerbetreibende dem Han-delsrecht und kann sich nicht darauf berufen, kein Handelsgewerbe zu betreiben ( 5 HGB).

    o Diese Vorschrift hatte frher, als Kleingewerbetreibende ihre Firma noch nicht ins Han-delsregister eintragen lassen durften, ihre Bedeutung; heute luft sie praktisch leer.

    Kaufmann kraft Rechtsform (Formkaufmann)

    Fr einige Gesellschaftsformen ist die Kaufmannseigenschaft gesetzlich vorgesehen.

    Fr Personengesellschaften, und zwar die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) gelten die gleichen Regeln wie fr Einzelkaufleute.

    o Sie sind also Ka