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[Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

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Page 1: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

Plastische Chirurgie

E. BIEMER

43.1 Geschichte 936

937 938 941

942 943 943 944

Fettabsaugung (Liposuktion) 944 Mammaplastik 944

J. R. Siewert, Chirurgie© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2001

Page 2: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

Die Plastische Chirurgie befaßt sich mit der Herstellung von Form und Funktion am ganzen menschlichen Körper. Sie ist somit weder regional noch organbezogen begrenztihre Wurzeln liegen, auch wenn sie seit der neuen Weiterbildungs­ordnung von 1993 ein selbständiges Fach ist, eindeutig in der Chirurgie. Da die ablativeChirurgieberechtigterweise in zunehmendem Maße nicht mehr alleine von den Patienten akzeptiert wird, gewinnt die rekonstruktiv ausgerichtete Plastische Chirurgie immer mehr an Bedeutung. Unter dieser Entwicklung versuchen andere operative FächerTeile und Verfahren aus der Plastischen Chirurgie zu adaptieren. Kooperationen mit fast allen anderen operativen Fächern sind wünschenswert. ln diesem Sinne bietet die Plastische Chirurgie wiederherstellende Verfahren für alle schneidenden Fächer an, so daß eine enge Kooperation erstrebenswert ist. Die Plastische Chirurgie umfaßt die in <!> Tabelle 43.1 dar­gesteilen Gebiete.

43.1 Geschichte

Die erste Plastische Technik wird in einer indischen Schrift mit dem Titel Susruta samhita vor ca. 2.ooo Jah­ren beschrieben (Wiederherstellung einer Nase durch einen sog. Schwenklappen aus der Stirn; <.!>Abb. 43.1). Eine andere Technik ist der sog. gestielte Lappen aus dem Oberarm, den Kaspar Tagliacozzi im 16. Jahr­hundert zur Nasenrekonstruktion verwendete

Tabelle 43.1. Gebiete der Plastischen Chirurgie

Angeborene Mißbildungen

• Kraniofaziale Dysostosen

• Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten

• Ohr-, Unterkiefer- und Halsmißbildungen

• Rumpf: - Angeborene Veränderungen im Thoraxgebiet, Muskel­

aplasien, Mammamißbildungen, Asymmetrie, Aplasie (Poland-Syndrom)

• Urogenitalsystem: - Hypo- und Epispadien, Transsexualismus

• Extremitäten: angeborene Mißbildungen von Hand und Fingern, Gefaß- und Lymphsystem: - Hämangiome, Lymphangiome, primäres Lymphödem

Erworbene Verlinderungen bzw. Mißbildungen durch Trauma oder Thmorbefa/1 bzw. operative Eingriffe

• Verbrennungen und ihre Spätfolgen

• Haut-Weichteildefekte und ihre Spätfolgen

• Verletzungen der Extremitäten, insbesondere der Hand und Finger

• Zustand nach ablativer Thmorchirurgie - Z. B. Mammaresektion nach Weichteilsarkom, Folgen

von Strahlenbehandlung

• Verletzung des peripheren Nervensystems, Plexuschirur­gie

Ästhetisch-plastische Eingriffe • Formverändernde Eingriffe bei angeborenen oder meist

durch Alter erworbenen Veränderungen an: -Augenlidern, abstehenden Ohren,

- Nasendeformitäten, Faltenbildung im Gesichtsbereich (Face-lift-Operation),

- Mammae bei Hyper- und Hypoplasien oder Ptosis bzw. Asymmetrien, überschüssigem Fettgewebe (Fettschürze, Hängebauch oder überschüssiges Fettgewebe an den Ex­tremitäten).

936 43 Plastische Chirurgie

( <.!>Abb. 43.2). Diese gestielte Gewebeverlagerung wur­de 1870 durch Reverdin und Tirsch durch die freie Hauttransplantation ergänzt. Aus diesen beiden Grundlagen entwickelte sich besonders zu Beginn die­ses Jahrhunderts die Plastische Chirurgie. Eine weitere Ergänzung erhielt sie durch die Entwicklung der sog. freien Gewebetransplantation seit 1972, die durch die Entwicklung der Mikrogefäßchirurgie ermöglicht wur­de.

Ein wesentlicher Bestandteil plastisch-chirurgischer Verfahren i st eine spezielle operative Technik, die auf möglichst atraumatischer Behandlungdes Gewebes be­ruht. So wird es z. B. vermieden, Wundränder mit Pinzet­ten zu quetschen, sondern sie werden mit entsprechen­den Wundhäkchen gehalten. Dazu wurden spezielle fei­ne Instrumente sowie Nahtmaterialien entwickelt. Zur Gestaltung möglichst unauffälliger Narben dient neben einer geschickten anatomischen Plazierung die Naht­technik der mehrschichtigen intrakutanen fortlaufen­den Naht, die die strickleiterartige Narbenbildung wie nach der üblichen Einzelknopfnaht vermeidet. Die höchste Vollendung feinsten atraumatischen Operie­rens erreichte die Plastische C hirurgie durch die Ent­wicklung der Mikronerven- und Mikrogefäßchirurgie, wobei es möglich wurde, sensibelste Strukturen, wie Faszikelbündel oder Faszikel der Nerven und Gefäße mit einem Durchmesser um 1 mm, funktionstüchtig

Abb. 43.1. Prinzip der"indischen Nasenplastik"

Page 3: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

Abb. 43.2. Italienische Methoden der Nasenrekonstruktion nach Tagliacozzi

miteinander zu verbinden. Dies setzt entsprechende Sehhilfen, z. B. das Operationsmikroskop, voraus.

In jüngster Zeit wird auch zunehmend das Endo­skop benutzt, um ausgedehntere Narbenbildungen, die bei rekonstruktiven Eingriffen immer störend sind, zu vermindern.

43.2 1 Techniken

Die Techniken, die zur Defektdeckung entwickelt wur­den, bilden in ihrer Vielzahl und Kombination je nach Erfordernis die Grundlage des rekonstruktiven Vorge­hens.

Zur Defektdeckung benutzen wir zum einen die Transplantation. Es ist dies eine freie Verpflanzung, ohne jegliche Stielbildung eines Gewebes und zum an­deren die sog. Lappenplastik, die immer gekennzeich­net ist durch eine Stielbildung, über die die Gefäßver­sorgung gewährleistet wird. Eine Sonderform bildet die freie Lappenplastik, bei der es sich eigentlich um eine Transplantation handelt, wobei aber unter mikrogefäß­chirurgischer Technik eine Gefäßverbindung, also eine "Stielbildung", am Ort des Defektes künstlich herge­stellt wird(<!> Kap. 43-4-2).

43.2.1 I Transplantation

Als typisches Transplantat gilt die freie Verlagerung von Vollhaut und Spalthaut.

1870 wurde von Reverdin und Tirsch die freie Haut­transplantation eingeführt. Diese Autoren stellten fest, daß größere und kleinere Hautstücke nach vollständi­ger Abtrennung auf Granulationsflächen sowie auf fri­schen Wundflächen wieder zur Einheilung gebracht werden können. Die freie Hauttransplantation erfor­dert grundsätzlich eine sog. granulationsbildende Un­terlage (aussprossende Kapillarknospen) und gelingt nicht auf Unterlagen wie Knochen, Sehnen oder gar

FremdmateriaL Die Einheilung beruht auf einer zunächst per diffusionem kurzfristig sichergestellten Ernährung und einem raschen Anschluß durch die ein­sprossenden Kapillarknospen.

Definition Transplantation ist die freie Verlagerung von Gewebe ohne gefäß­führende Stielbildung. Die Ernährung erfolgt während der ersten Stunden bzw. Tage durch Diffusion. Ein rascher spontaner Gefäß­anschluß ist notwendig zur Einheilung. Voraussetzung ist deshalb ein granulationsbildender Untergrund.

Vollhaut

Bei der Vollhauttransplantation wird die gesamte Haut, also Epidermis und Dermis, gehoben. Ihre Anheilung gelingt nur auf einer völlig infektfreien, guten Granula­tionsfläche. Sie ergibt ästhetisch die günstigsten Resul­tate und zeigt auch im Vergleich zur Spalthaut eine deutlich geringere Kontraktionsbereitschaft. Ihr Nach­teil ist, daß bei der Hebung Sekundärdefekte verblei­ben, die entweder durch Verschiebung des Nachbarge­webes primär verschlossen oder mit Spalthaut bedeckt werden müssen. Da ihr Spenderareal dadurch begrenzt ist, ist die Anwendung besonderen Indikationen vorbe­halten ( <!>Abb. 43.3).

Spalthaut

Als Spalthaut werden dünne Transplantate bezeichnet, bei denen die Epidermis und, je nach unterschiedlicher Dicke, die Dermis miteingeschlossen wird. Die Entnah­me geschieht heute meistens mit entsprechend einzu­stellenden Dermatomen. Durch das Zurücklassen der sog. Hautanhangsgebilde, wie Haarbälge und Talgdrü­sen, aus denen durch Aussprossung eine spontane Ab-

43.2 Techniken 937

Page 4: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

Reverdin

1/2 Spalthaut

Dermis

3/4 Spalthaut

Vollhaut

Subkutis -

heilung gesichert ist, entstehen durch die Entnahme keine Sekundärdefekte, die einer erneuten Bedeckung bedürfen. Aus diesem Grunde kann der gesamte Körper als Spenderregion herangezogen werden (z. B. bei aus­gedehnten Verbrennungen). Die Anforderungen an den Untergrund bei der Einheilung sind deutlich geringer als bei der Vollhaut (<!>Abb. 43.3). Um z. B. bei ausge­dehnten Verbrennungen mit kleinen Spenderregionen große Deckungsflächen versorgen zu können, wurde das sog. Maschentransplantat ("meshgraft") ent­wickelt, bei dem die Spalthaut maschinell etwa im Ver­hältnis 1 : 3 in ein Maschengitter umgewandelt wird. Durch rasches Aussprossen aus den Maschen kommt es zum Sekundärverschluß der offenen Bezirke.

Bei beiden Hauttypen der Hauttransplantation muß eine sichere Fixierung auf dem Untergrund gewährlei­stet und eine Unterblutung absolut vermieden werden, da es sonst zur Nekrose der Transplantate kommt. Bei­de Anforderungen werden am besten durch sog. einge­knüpfte Druckverbände gewährleistet.

Voraussetzung zum Anwachsen eines Hauttrans­plantates ist eine granulationsbildende Fläche.

,.

Infekt oder Hämatom verhindern das

"Composite graft"

Eine Variation der freien Transplantation ist das sog. "composite graft", bei dem Vollhautanteile mit darun­ter befindlichen Strukturen, etwa Knorpelanteilen aus der Ohrmuschel, zur kleinen mehrgewebigen Defekt­deckung, z. B. an der Nase, verwendet werden. Solche Composite grafts haben daher nur eine begrenzte Indi­kation.

Durch die Entwicklung der freien Gewebetrans­plantation mit mikrovaskulärem Anschluß ist es nun auch möglich, komplexere Hautlappen frei zu trans­plantieren (s. unter "kombinierte Lappenplastiken").

938 43 Plastische Chirurgie

43.2.2 \ lappenplastik

Als Lappen bezeichnet man in der Plastischen Chirur­gie einen Gewebeblock aus der gesamten Haut und dem darunterliegenden subkutanen Fettgewebe, evtl. auch mit weiterem Gewebe, wie etwa Knochen oder Muskeln und einem den gesamten Gewebeblock irgendwie ver­sorgenden Gefäßsystem. Durchblutet wird der Lappen über einen Stiel. Verfügt dieser Stiel nur über eine un­definierte kapilläre Ausbreitung, so spricht man vom sog."random patternflap" (<!> Abb. 43.4). Bei Einschluß eines anatomisch genau definierten arteriellen und ve­nösen Gefäßbaumes spricht man vom sog. "axial pat­ternflap" ( <!>Abb. 43·5 a, b ).

Je nach Verlagerungsform des Lappens unterschei­det man lokale bzw. Nah- und Fernlappen.

Bei den Nahlappen handelt es sich um Verlagerung von Gewebe unmittelbar aus der Nachbarschaft ent­sprechender Defekte. Diese Verlagerung kann gesche­hen durch Schwenken, Rotieren, Vorschieben und Transponieren. Entsprechend werden die Lappen als Schwenk-, Rotations-, Verschiebe- oder Transpositions­lappen bezeichnet ( <!> Abb. 43.6 a, b ). Der entstandene Sekundärdefekt wird meist durch Ausnutzen eines vor­handenen Gewebeüberschusses durch direkte Naht er­reicht. Wird zusätzlich noch Nachbargewebe verscho­ben, so spricht man von einem Verschiebeschwenklap­pen. Diese haben den Vorteil, aus Haut mit gleicher Struktur und gleichem Kolorit zu bestehen und deshalb ästhetisch die besten Ergebnisse zu liefern.

musculocutane und

perforierende Gefäße

dermasubdermaler Gefäßplexus

Abb. 43.4. Subkutan randomisiert durchbluteter Lappen (,.random pat­tern flap")

Page 5: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

a

b

Abb. 43.5. a Axial durchbluteter Lappen (.,axial pattern flap"). b inguina­ler (A. circumflexa ilium superficialis) und hypogastrischer (A. epigastrica) Hautlappen

a

b

Abb. 43.6. a Verschiebeplastik am Unterschenkel (Transpositionslap­pen). b Dekubitusplastik (Rotationslappen)

A A

c D

D 8

Abb. 43.8. Z-Piastik

Z-Piastik

Dies ist die am häufigsten verwendete Form eines loka­len Transpositionslappens. Man versteht darunter den Austausch (Transposition) von Dreiecklappen zur Un­terbrechung von Narbensträngen. Z-Plastiken werden u. a. zur Narbenkorrektur über Gelenken verwendet (Axilla, Ellbogen, Hand und Finger, Gesicht). Sie bewir­ken neben der Unterbrechung des Narbenzuges eine Verlängerung der Strecke von A nach B auf Kosten der Breite C-D um 20 bis mehr als 6oo/o, abhängig von der Wahl der verwendeten Winkelgrade (45 °, 30° und mehr). Modifikationen dieser Methode sind die Serien­Z-Plastik, die W-Plastik u. a. (<!> Abb. 43·7 und <!>43.8).

Durch eine Z-Piastik kommt es zu einer Ver­längerung in der Längsachse und zu einer Verkürzung in der Breite.

Fernlappen

Bei den sog. Fernlappen wird weitab vom Defekt ein an einem Stiel gehobener Lappen durch direkte Annähe­rung an den Defekt gebracht, etwa beim gekreuzten Beinlappen ("cross-leg flap"), der von einer Wade durch vorübergehende Zusammenfixierung beider un-

A

c D

8 Abb. 43.7. Z-Piastik

43.2 Techniken 939

Page 6: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

terer Extremitäten auf Defekte an dem anderen Unter­schenkel gebracht wird. Beim sog. Wanderlappen wird ein Gewebeblock, etwa aus der Leiste, zunächst zur Ein­heilung an den Unterarm gebracht, um ihn dann, den Unterarm als Träger nutzend, am Schädel zur Einhei­lung zu bringen. Diese sog. Fernlappen als stets mehr­zeitiges Verfahren mit meist mehrwöchiger Gelenkfi­xierung sind heute zugunsten der freien Gewebetrans­plantation mit mikrovaskulärem Anschluß weitestge­hend verlassen worden.

Der Stiel der Fernlappen kann immer erst durch­trennt werden, wenn es über spontane Gefäßeinspros­sungen an den 3 eingenähten Rändern des Lappens zu ausreichender Ernährung gekommen ist, was meist nach 3 Wochen der Fall ist. Dieser "random pattern flap" hat eine strenge Begrenzung seiner Größe. So kann er nur im Verhältnis von etwa 3 : 1 (Länge zu Brei­te) sicher verlagert werden. Der sog. "axial pattern flap", der einen eigenen Gefäßstiel besitzt, kann we­sentlich länger gestielt werden und braucht als Basis praktisch nur den GefäßstieL Diese "axial pattern flaps" waren die anatomischen Voraussetzungen zur freien Lappenplastik mit mikrovaskulärem Anschluß.

Bei einer Lappenplastik erfolgt die Ernäh­rung über eine Stielbildung. Das Anwachsen ist somit vom Untergrund unabhängig.

Muskellappen

Während sich die genannten Begriffe der Lappenplastik nur auf Kutis und Subkutis beschränken, verfügen wir mit den heutigen sog. Muskellappen über eine weitere gute regionale Defektdeckungsmöglichkeit Sie beruht auf der Erkenntnis, daß oberflächliche Muskeln einen

b

Abb. 43.9. a Umschneiden des Latissimus dorsi, der vom thorakodorsa­len Gefäß- und Nervenstiel versorgt wird. Die isoliert erhaltene Hautinsel wird von muskulokutanen Gefäßen ernährt. b Verlagerung des muskulo­kutanen Latissimuslappens v. a. in die vordere Thoraxgegend zum Wie­deraufbau der weiblichen Brust nach Amputation wegen Krebsbefalls

940 43 Plastische Chirurgie

meist genau definierten Gefäßstiel benutzen, an dem ganze Muskeln geschwenkt und zur Defektdeckung her­angezogen werden können, z. B. M.-latissimus-dorsi­Lappen, gestielt an A. und V. thoracodorsalis zur Versor­gung des vorderen Thoraxbereiches ( <!>Abb. 43.9 a, b ).

Myokutane Lappen

Das bei den Muskellappen ernährende Gefäß versorgt über perforierende Äste auch die darüberliegende Sub­kutis und Kutis, so daß auf dem Muskel verschieden ge­lagerte Hautinseln mitgehoben werden können. Man spricht dann vom sog. myokutanen Lappen.

Kombinierte Lappenplastiken

Wird noch ein weiteres Gewebe, etwa Knochen, mitein­geschlossen, spricht man von osteokutanen oder myo­osteokutanen Lappen.

Insellappen

Insellappen sind axiale Lappen, bei denen der ernäh­rende Gefäßstiel über eine große Strecke herauspräpa­riert wird, so daß der eigentliche Lappen nur noch als kleine Insel verlagert wird. Das typische Beispiel ist der Pulpalappen, z. B. vom 4. Finger zur Defektdeckung am Zeigefinger oder Daumen ( <!> Abb. 43.10).

Anerie Vene Nerv

Abb. 43.10. Insellappen

Page 7: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

Abb. 43.11. Expander

Hautdehnung durch Expander

In den letzten Jahren wurde eine weitere Technik zur Defektdeckung entwickelt, bei der ein Nahlappen durch künstliche Erzeugung eines Hautüberschusses in der Nachbarschaft ermöglicht wird.

Dies geschieht durch einen subkutanen "Expander", der über einen ebenfalls implantierten Port kontinuier­lich aufgefüllt wird ( <!> Abb. 43.11).

Durch die Vergrößerung des "Silikonballons" kommt es zu einer Überdehnung der Haut (ohne echte Zellvermehrung). Dieser Vorgang ist ähnlich der Deh­nung der Bauchdecke bei einer Schwangerschaft. Die­ser "Überschuß" kann dann in einer 2. Sitzung nach Explantation des Expanders als Nahlappen (Verschie­be-, Transpositions- oder Rotationslappen) in den De­fekt eingeschlagen werden.

Indikationen zur Expanderbehandlung sind insta­bile Narbenplatten und Tätowierungen.

Gegenindikationen sind stark infizierte Defektwun­den wegen hoher Infektionsrate durch Kunststoffim­plantation und verminderte Durchblutung (und damit Infektabwehr) durch die Expansion.

Eine besondere Indikation für den Expander be­steht bei der Mammarekonstruktion. Dabei werden die Haut nach Mastektomie und meist der M. pectoralis durch subpektorale Implantation eines entsprechen­den Expanders gedehnt. Der erzeugte Hohlraum wird dann in einer 2. Sitzung durch eine bleibende Silikon­gelprothese erhalten. Dies ist eine relativ einfache und keine zusätzliche Narben erzeugende Rekonstrukti­onsmethode.

Bei der Expanderaufdehnung kommt es nur zu einer Dehnung, nicht zu einer echten Zellvermehrung.

43.3 1 Chirurgie der peripheren Nerven

Durch Einführung des Operationsmikroskopes (s. Kap. 43·4 Mikrogefäßchirurgie) wurde es möglich, die peripheren Nervenstämme in einzelne Hüllen und Fas­zikelbündel bzw. Faszikel aufzulösen ( <!>Abb. 43.12).

Durch dieses Vorgehen wurde die bis dahin ge­bräuchliche reine Epineuralnaht abgelöst. Bei Durch­trennung eines polyfaszikulären peripheren Nerven, etwa des N. medianus, erfolgen daher heute die Entfer­nung des Epineurinums auf ca. 1 cm, die Darstellung seiner Faszikelbündel und ihre spannungslose Adapta­tion mit 10-o-Nylonfäden.

Handelt es sich im Gegensatz dazu um einen sehr distalen Ast, einen sog. oligofaszikulären Nerven, wie etwa einen sensiblen Fingernerven mit 2-3 Faszikeln, erfolgt sogar die Naht einzelner Faszikel.

Eine generelle Auflösung auch polyfaszikulärer Ner­ven in einzelne Faszikel (beim N. medianus etwa 72-74) ergab klinisch schlechtere Resultate. Zusätzlich trat durch die stärkere Traumatisierung der weitgehenden Aufpräparation, verbunden mit der größeren Menge versenkten Nahtmaterials, eine starke Vernarbung ein, die den Gewinn der feineren Adaptation zunichte machte.

Vergrößerungshilfe und feinere Operationstechnik ergaben vor allen Dingen auch Fortschritte bei der Re­konstruktion von Plexus-brachialis-Schäden. Dies wurde besonders deutlich bei vorliegenden Defekten, die heute durch Nerventransplantation überbrückt werden können. Diese Interposition autologer, meist sensibler Nervenstücke erfolgt ebenfalls auf der Ebene der FaszikelbündeL

Wegen der besseren Ergebnisse besteht bei der Ver­letzung eines peripheren Nerven heute immer eine In­dikation zur sofortigen Naht.

Abwarten oder gar Verschluß der Haut und sekundäre Nervenwiederherstellung sind bei Nervenverlet­zungen nicht vertretbar.

Epineurium Perineurium Faszikelbündel

Abb. 43.12. Naht eines peripheren Nerven. Nach Resektion des Epineuri­ums erfolgt die Darstellung einzelner Faszikelbündel (hier 5). Diese Faszi­kelbündel werden durch Naht des sie umgebenden Perineuriums exakt miteinander spannungslos verbunden

43.3 Chirurgie der peripheren Nerven 941

Page 8: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

Die Möglichkeit der direkten Naht wird durch Abwar­ten verpaßt, ganz abgesehen von langer Rehabilita­tionsphase, Muskeldegeneration, usw.

Dies gilt analog auch bei der Plexus-brachialis-Ver­sorgung. Auch hier sollte so früh wie möglich explo­riert werden, auch wenn kein sicherer Hinweis auf eine Kontinuitätsunterbrechung besteht.

Für die Chirurgie des N. facialis gilt ähnliches. Durch eine primäre, sogar intrakranielle Nerventrans­plantation, etwa nach Tumorresektion, können blei­bende Gesichtslähmungen verhindert werden. Das sog. Cross-face-Transplantat versucht, durch "Anzapfen" des funktionstüchtigen Nervs Axone zu den periphe­ren Ästen der gelähmten Seite hinüberzuleiten. Diese Verlagerung von Nervenfasern hat zur kombinierten Technik mit freier Muskeltransplantation zum Ziel der Reaktivierung bei veralteten Fällen geführt. Dies ist ein gutes Beispiel für die Kombination der mikrochirurgi­schen Nervenchirurgie mit den Möglichkeiten der Ge­webetransplantation mit mikrogefäßchirurgischem Anschluß.

Bei der Naht peripherer Nerven werden unter Eröffnung des Epineuriums Faszikelbündel dargestellt und diese einzeln miteinander durch Fassen des Endoneuriums miteinander koaptiert.

Abb. 43.13. Mikrochirurgische Gefäßnaht End-zu-End

942 43 Plastische Chirurgie

43.4 1 Mikrogefäßchirurgie

Unter dem generellen Begriff Mikrochirurgie werden Verfahren zusammengefaßt, die nicht mehr mit dem "unbewaffneten Auge" durchgeführt werden können, sondern nur noch mit Hilfe einer Lupe oder des Opera­tionsmikroskopes.

Nach der Einführung des Operationsmikrosko­pes 1921 durch Nylen in der Hals-Nasen-Ohren-Heil­kunde haben sich mikrochirurgische Verfahren u. a. in der Ophthalmologie sowie in der Chirurgie peripherer Nerven durchgesetzt.

Die größte Wirkung auf fast alle chirurgischen Dis­ziplinen hatte jedoch die Entwicklung der Mikrogefäß­chirurgie Anfang der 6o er Jahre. Entsprechend feines Instrumentarium und Nahtmaterialien machten es möglich, Gefäße unter 2 mm Durchmesser sicher zu anastomosieren ( <!>Abb. 43.13).

In der Plastischen und Wiederherstellungschirurgie findet die Mikrochirurgie heute Anwendung in folgen­den Bereichen: .,.. Chirurgie peripherer Nerven .,.. Replantationschirurgie .,.. Chirurgie der Lymphgefäße

43.4.1 Replantationschirurgie

Aus praktischen und medizinischen Gründen unter­scheiden wir heute die Großreplantation (Abtrennung zentral des Hand- bzw. Sprunggelenkes) und die Klein­replantation (distal dieser Linien). Zu letzterer zählt auch die Abtrennung anderer peripherer Teile, wie Na-

Page 9: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

sen, Ohrmuscheln, Skalpierung, Penis, Gesichtsteile, usw. Wichtig für die Replantation sind .., sachgemäße Konservierung und .., Verkürzung der Anoxiezeit.

Als sachgemäße Konservierung gelten heute die Ver­meidung jeglichen weiteren Gefäßschadens, etwa durch eine Desinfektionslösung oder andere Flüssig­keiten sowie die Verminderung des Stoffwechselumsat­zes im Amputat durch Kühlung auf ca. 4 °C.

Erreicht wird dies durch Einpacken des Amputats in einen Plastikbeutel, der wiederum in einen zweiten Plastikbeutel gesteckt wird, welcher mit einem Ge­misch aus Wasser und Eiswürfeln gefüllt ist (sog. trockene Kühlung). Solange Eiswürfel im Wasser schwimmen, entsteht die gewünschte Temperatur von ca.4 oc.

Obwohl Finger auch noch nach 28 h erfolgreich an­genäht wurden, zeigt doch eine Nachuntersuchung bei uns, daß trotz Kühlung eine Anoxiezeit von über 12 h die Einheilungsrate von durchschnittlich 8o% auf fast so% senkt.

Die Replantationsfähigkeit von sogenannten Großamputationen (Abschnitte mit größerer Muskelmassel ist stark begrenzt. ZurVermeidung irreversibler Schäden, be­sonders der Muskulatur, müssen sie innerhalb von 6 Stunden am Gefäßsystem wieder angeschlossen sein.

43.4.21 Freie Gewebetransplantation

Sogenannte freie Lappen

Durch die Entwicklung der Mikrogefäßchirurgie Anfang der 6o er Jahre wurde erstmals 1974 ein "axial pattern flap", der Leistenlappen, gestielt an der A. und V. circumflexa ilium superficialis, völlig losgelöst und zur Defektdeckung an entsprechende Gefäße am Unter­schenkel angeschlossen. Dies revolutionierte die Tech­nik der oben erwähnten Lappenplastik und verdrängte die unsicheren und in ihrer Größe sehr beschränkten "random pattern flaps" fast völlig.

Durch weitere anatomische Studien wurde es mög­lich, neben reinen "axial pattern flaps" auch ganze Blöcke verschiedenster Gewebe zu kombinieren und entsprechend der Defekte zu verlagern. Voraussetzung ist immer eine zentrale Arterie und Vene, die den ge­samten Gewebeverbund ernährt. Als besonderes Bei­spiel gilt hier die Zehentransplantation zum Daumen­ersatz. Beispiele sind freie Muskeltransplantationen und Dünndarmtransplantationen zum Ersatz des obe­ren Ösophagus oder des Pharynx, freie Fibulatrans­plantation zum Ersatz langer Röhrenknochen etc. Als

freie Transplantate wurden auch bald die zunächst ge­stielt entwickelten Muskellappen oder Muskelhautlap­pen herangezogen. Diese haben heute herausragende Bedeutung insbesondere bei der Extremitätenrekon­struktion. Der Vorteil dieser freien Lappentransplanta­te mit mikrovaskulärem Anschluß besteht in folgenden Punkten: .., Unabhängigkeit der Durchblutung am Rand des De­

fektes, .., einzeitiges Vorgehen ohne zusätzliche Gelenk- oder

Extremitätenftxierung, ... Verbesserung der regionären Durchblutung durch

einen eigenen Gefäßbaum.

Dadurch kann z. B. auch eine höhere Antibiotika­konzentration bei vorliegendem Infekt erreicht werden.

Bei entsprechender Auswahl der Hautareale und da­mit Einschluß eines sensiblen Nervs kann neben der reinen Defektdeckung auch Resensibilität erzielt wer­den. Dies ist z. B. bei Fingerkuppenrekonstruktion oder Wiederherstellung der Fußsohle bedeutend, aber auch verschiedene andere Einzelgewebe oder Organteile können so transplantiert werden.

43.4.31 Mikrolymphatische Chirurgie

Durch die weitere Verfeinerung mikrochirurgischer Techniken wurde es möglich, feine Lymphkollektoren zu anastomosieren bzw. mit kleinen Venen als soge­nannte lymphovenöse Anastomosen zu verbinden.

Eine Indikation ist das sekundäre Lymphödem. Zu­grunde liegt die Überlegung, den erhöhten lymphati­schen Druck durch künstliche lymphovenöse Verbin­dungen über das venöse System abzubauen. Von der einfachen End-zu-End- bis zur Einstülpanastomose werden verschiedenste Techniken angegeben. Durch­geführt werden solche Eingriffe- etwa bei dem häufi­gen Lymphödem des Armes nach Radiatio der Axilla wegen Mammakarzinom - in sog. Etagen, d. h. daß zu­nächst in Handgelenkshöhe, Unterarmmitte, Ellenbeu­ge und Oberarm jeweils 3-5 lymphovenöse Anastomo­sen geschaffen werden.

Ein anderer Weg zur Umgehung lokaler Blockaden von Lymphabflüssen wird durch Transplantation von Lymphbahnen oder Interposition von kleinen Venen versucht.

Alle diese Verfahren haben bei primärem Lymph­ödem keine Erfolgschance, da es sich hier um eine Hy­po- bzw. Aplasie des Lymphsystems handelt und daher keine anastomosierbaren Lymphkollektoren darge­stellt werden können.

Die Ergebnisse lymphovenöser Anastomosen sind teilweise überzeugend. Selbst wenn keine meßbare Umfangsverminderung nachzuweisen ist, wird doch in 8o% der Fälle subjektive Besserung des Spannungsge­fühles und des Schweregefühles der Extremität angege­ben.

43.4 Mikrogefäßchirurgie 943

Page 10: [Springer Lehrbuch] Chirurgie || Plastische Chirurgie

lymphovenöse Anastomosen können prinzipiell nur so lange funktionieren, wie der lymphati­sche Druck im lymphödem größer als der venöse Druck ist.

43.5 I Spezielle Rekonstruktionen

In speziellen Rekonstruktionen, die sich aus den Gege­benheiten des Defektes ergeben, werden die bisher

oben erwähnten Techniken der Transplantation und

der Lappenplastik oder der freien Gewebetransplanta­

tion miteinander kombiniert und entsprechend der

Notwendigkeit variiert. Gerade durch die Mikrogefäß­

chirurgie konnten durch Kombination mehrerer Gewe­be zu einem Transplantat mit Gefäßstiel komplexe Ver­luste aufgrund einer Operation ersetzt werden.

Fallbeispiel

Ein 38 jähriger Mann war mit der rechten Hand in ein Walzen­werk gekommen. Alle 4 Langfinger waren total zerquetscht, das gesamte Weichgewebe an der Rückseite der Mittelhand war abgezogen und zerstört.

Operative Erstversorgung: Zunächst erfolgte ein ausgedehn­tes Debridement alles zerstörten Gewebes, danach die Deckung des Weichtei ldefektesam Handrücken durch einen gestielten Leistenlappen. Der Stiel wurde nach 3 Wochen durchtrennt und damit der Rest des Weichteildefektes auf der Volarseite verschlossen.

Spätere Rekonstruktion: 3 Monate später wurde die Zweitze­he vom linken Fuß entnommen und auf den Kopf des 3. Me­takarpale transplantiert. Hierdurch konnte mit dem noch un­verletzten vorhandenen Daumen eine gute sensible Greif­zange aufgebaut werden, mit der der junge Mann wieder in das Berufsleben integriert werden konnte.

43.6 1 Ästhetisch-plastische Chirurgie

Diese umfaßt am häufigsten die in <!>Tabelle 43.1 auf­

geführten Bereiche. Insgesamt steigt in den letzten

Jahren weltweit und auch in Deutschland die Nachfra­

ge nach solchen ästhetisch-plastisch-chirurgischen Eingriffen. Dieser Trend wird einerseits begünstigt durch die Medien, wo jugendliches anspruchsvolles Aussehen gleichgesetzt wird mit Erfolg und Können. Andererseits wird es unterstützt durch die Entwick­

lung neuer Techniken wie etwa der Fettabsaugung (Li­

posuktion) ausgedehnten Hautspannungsoperationen am ganzen Körper (body contouring). Modernere, bessere Techniken stehen heutzutage auch bei Alters­

erscheinungen im Gesicht zur Verfügung wie: endo­

skopische Techniken beim Stirnlift, mehrschichtige

944 43 Plastische Chirurgie

Tabelle 43.2. Gebiete der Plastisch-ästhetischen Chirurgie

Kopf " Augenlidkorrekturen

" Korrektur abstehender Ohren

" Korrektur von asendeformitäten

" Face-neck-Lifting

Rumpf " Mammakorrekturen

- (Wiederaufbauplastik nach Ablatio)

" Dermolipektomien

-(nach diätetischer Gewichtsreduktioo)

Extremitäten

" Dermolipektomien

- (an Gesäß, Oberschenkeln, Armen)

Gesichtsspannung (composite face Iift), Oberflächen­

behandlung durch C0-2 Laser zur Hautglättung (re­surfacing).

43.6.1 I Fettabsaugung (liposuktion)

Diese Technik wurde vor ca. 25 Jahren entwickelt und

besteht darin, mit Kanülen und einer angeschlossenen

Hochvakuumpumpe lokalisiertes Fettgewebe zu ent­

fernen. Über Absaugungen von in der Zwischenzeit bis

zu 25 I Fettgewebe wurde berichtet. Generell sollte die­se Technik, die heute mit 2- 3 mm dünnen Kanülen

durchgeführt wird, nur zur Beseitigung lokalisierter

Fettdepots eingesetzt werden, wie etwa pertrochantär, abdominell, in der Hüftregion, Knieinnenseite, sub­mental, usw. Absaugungen bis zu 8oo-1ooo ccm kön­

nen ambulant in Lokalbetäubung durchgeführt wer­den, darüberhinaus empfiehlt sich eine stationäre Kon­trolle.

43.6.2 1 Mammaplastik

Brustverkleinerung

Die zu stark ausgebildete oder ptotische weibliche Brust

ist eine der häufigsten und berechtigsten Indikationen der ästhetisch-plastischen Chirurgie ( <!>Abb. 43.14).

Das Prinzip moderner Mammaplastik besteht dar­in, die Areola oberflächlich zu umschneiden, um ihre

vaskuläre und nervale Versorgung zu sichern. Dazu wird außerdem periareolär eine "Deepithelialisierung" (Entfernung der Epidermis und des Stratum papillare

der Dermis) durchgeführt. Dadurch bleiben subder­male Strukturen, Gefäße und Nerven intakt, so daß

auch nach ausgedehnter Drüsen- und Hautresektion die Ernährung der Mamillen gewährleistet bleibt. Dies

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a b d e Abb. 43.14. Mammaplastik. a Vorzeichnen entsprechend der Resektionsmenge und des neuen Mamillensitzes. b Entepithelialisierung der Brücke zwi­schen AB und CD. c Der kreisförmige Ausschnitt CD wird ausgeschnitten und dient zur Aufnahme des Mamillenkomplexes. Die.,entepithelialisierte Brücke" wird ca. 3- 4 cm dick unterschnitten. Sie sichert die Durchblutung und die Sensibilität der Mamille. d Unter der Brücke wird entsprechend der Verkleine­rung bei Notwendigkeit ein keilförmiger Gewebeblock entfernt. Die Mamille wird in die neue Position eingenäht und die beiden Hautränder AC und BD miteinander vernähte Erreichtes Ergebnis

ist der Grund dafür, daß die heutigen Mammaplastiken in der Regel gute ästhetische und funktionelle Resulta­te ergeben (Erhaltung der Stillfähigkeit bei jüngeren Frauen).

Brustvergrößerung (Augmentation)

Eine Brustvergrößerung geschieht unter Einsetzen ei­nes sog. Brustimplantates entweder zwischen Brust­drüse und Muskulus pectoralis major (epipectoral) oder bei sehr wenig subkutanem Gewebe unter dem Muskulus pectoralis major (subpektoral). Als Implan­tationsmaterialien dienen Silikonhöhlen, die entweder mit Silikongel, Hydrogel oder Kochsalz gefüllt sind. Wichtigste Komplikation ist die sog. "Kapselfibrose", die sich in Verfestigung, Verformung und Schmerzen der Brust äußert. Sie beruht auf einer Schrumpfung der Kapselstruktur, die der Organismus um jeden implan­tierten Fremdkörper bildet. Diese tritt nach Literatur­angaben in sehr unterschiedlichen Größen zwischen 5 und 15 % der Fälle auf. Die Ursache ist bisher unklar und kann nicht beeinflußt werden. Als Therapie ist dann eine operative Inzision der Kapsel an der Basis und radiär angezeigt.

Der Zugang zur Augmentation an der Brust kann einmal erfolgen in der Brustumschlagsfalte durch den Warzenhof oder durch eine Inzision in der Achselhöh­le. Letzterer Zugang vermeidet eine Narbe an der Brust und wird heute meist endoskopisch durchgeführt.

ln der Ästhetischen Chirurgie (auch als wSchönheitschirurgieN bezeichnet) ist eine umfassende Auf­klärung unter Einbeziehung aller Komplikationsmöglichkei­ten besonders wichtig.

Zusammenfassung Die Plastische Chirurgie ist seit 1993 ein eigenes Fachgebiet, be­faßt sich mit der Herstellung von Form und Funktion am ganzen Körper. Hierfür wurden spezielle subtile Operationstechniken ent­wickelt. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Defektdeckung im weitesten Sinne. Durch mikrochirurgische Verfahren wurde hier eine we­sentliche Erweiterung erreicht. Zur Verfügung stehen hierfür neben Hauttransplantaten die vie­len regionären und Fernlappenplastiken bis zu den freien mikro­chirurgischen Gewebetransplantationen. Besondere Teilgebiete sind die Handchirurgie, die periphere Ner­venchirurgie, die Verbrennungsbehandlung sowie die ästhetische Chirurgie.

Literatur

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Strauch B, Vasconez LO, Hall-Findlay EJ (1990) Grabb's encyclopedia of flaps, vols 1-3. Little Brown, Boston

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1. Was ist der Unterschied zwischen Hauttransplantation und Hautlappenplastik? 2. Anwendungsgebiet der Spalthautplastik? 3. Anwendungsgebiet der Vollhautplastik? 4. Welches sind die Vorteile axial durchbluteter Hautlappen? 5. Welches sind die Nachteile randomisiert durchbluteter Hautlappen? 6. Welches sind die Vorteile mikrovaskulärer Hautlappen gegenüber konventionellen Fernlappen (z. B. Rundstiellappen)? 7. Was ist eine muskulokutane Lappenplastik? 8. Warum sind moderne Methoden der Mammaplastik hinsichtlich Mamillennekrosen als sicher zu bewerten? 9. Nennen Sie das Hauptindikationsgebiet der Expanderimplantation!

10. Welches ist die besondere Komplikation bei einer Brustaugmentation?

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