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Suchtmittel WS 2009/2010Dr. Sören Twarock
Lernziele
Für die wichtigsten Suchtstoffe• Wirkmechanismen• Akute Wirkungen (Intoxikationen) und deren Therapie
• chronische Wirkungen• Medikamentöse Unterstützung der Alkohol- und Nikotinentwöhnung
Neurotransmitter
► exzitatorische Transmitter
► inhibitorische Transmitter
► stimmungsbeeinflussende Transmitter
GABA
Glutamat
SerotoninNoradrenalinDopamin
Glycin
Aspartat
NMDA-Rezepto
r-Antagonisten
Ketamin
Phencyclidin
GABA-M
odulator
en. GABAA
-Blocker
γ γ γ γ-OH-ButtersäureBenzodiazepine
NA, DA-Analoga bzw. RI
5-HT 2A-Agonisten
AmphetamineEcstasyCocain
LSD, DMTMeskalin, Psilocybin
Therapie des Abhängigkeitsyndroms
Was kann der Arzt tun?
► Notfallmedizinische Behandlung von akuten Intoxikationen und Rauschzuständen
▸ Vitalzeichen-Stabilisierung (Beatmung, Zugang)
▸ Sedierung (Benzodiazepine)
▸ Antihypertensiva (Beta-Blocker, Nitrate)
▸ Behandlung des anaphylaktischen Schocks (Corticoide)
▸ Weitere Maßnahmen (Dantrolen, Naloxon etc.)
► Hilfe bei der Entwöhnung bzw. beim Entzug
▸ Psychologische Unterstützung
▸ Medikamente• Substitutionstherapie (Methadon, Heroin, Codein, Buprenorphin)
• Rückfallprophylaxen (Naltrexon)
• Unterstützende Pharmakatherapie– Raucherentwöhnung (Vareniclin, Bupropion, Nikotinzubereitungen)
– Alkoholentzug (Acamprostat, Disulfiram, Clonidin)
Bupropion (Zyban®) Antidepressivum mit struktureller Verwandtschaft zu den Amphetaminen
� Wiederaufnahmehemmung von NA, DA und 5HT (schwächer ausgeprägt)
Abstinenzraten vergleichbar mit Nikotinsubstitution
Nikotinabhängigkeit
Pharmakologische Unterstützung der Entwöhnung
Vareniclin (Champix®) partieller Agonist an zentralen α4β2-Nikotinrezeptoren
���� In Abwesenheit von Nikotin bekämpft es die Entzugssymptome
���� In Anwesenheit von Nikotin wird die Nikotinwirkung gehemmt
Abstinenzrate verdreifacht (60%)
► 32% Männer und 22% Frauen in Deutschland sind Raucher � also ca. 20 Mio
► Folgeschäden: Karzinome von Lunge, Blase, Magen, Kehlkopf, Ösophagus etc., kardiovaskuläre Erkrankungen,Amputationen
Nikotinpflaster, Nikotinkaugummis, Inhaler (Nicotinell®, Nicorette®, Niquitin®)
Substitutionstherapie, Verdoppelung der Abstinenzraten nach 1/2 Jahr (20%���� 40%)
Rimonabant (Acomplia®, AV) Cannabinoide CB1-Rezeptor-Antagonist
(Cannabinoid-Rezeptoren im Cerebellum, Hippocampus, Hirnstamm)
���� Bekämpfung der Adipositas (und Nikotinabhängigkeit)
� Marktrücknahme 2008 aufgrund einer starken Zunahme von Suiziden!
Impfung gegenNikotin?
Disulfiram (Antabus®) � irreversibler Hemmstoff der Azetaldehyd-DH� erzeugt eine Alkoholunverträglichkeit � Azetaldehydsyndrom
WW: gleichzeitige Hemmung sämtlicher CYP-Enzyme!„Antabus-Effekt“ auch bei Sulfonylharnstoffen und Metronidazol
Alkoholabhängigkeit
Pharmakologische Unterstützung der Entwöhnung
EthanolAlkohol-DH
AzetaldehydAzetaldehyd-DH
Essigsäure↑
Acamprosat (Campal®) NMDA-Rezeptor-Antagonist, hemmt wie Alkohol selbst die exzitatorischeWirkung von Glutamat � Gleicht das Ungleichgewicht durch vermehrte Rezeptorexpression unter chronischem Alkoholkonsum aus � Sinkendes Verlangen nach Alkohol („Craving“)
► 10 Mio. Menschen in Deutschland pflegen einen riskanten Alkoholkonsum
► Folgeschäden: psychische Symptome, Leberzirrhose, Bluthochdruck, Gastritis, Pankreatitis, Brustkrebs oder Tumoren im Mund- und Rachenraum
Clonidin (Paracefan®) Agonist an zentralen postsynaptischen α2-Rezeptoren im Locus coeruleus und dem Ncl. tractus solitarii ���� Antisympathotonikum
Indiziert zur Behandlung der Symptome sympathoadrenerger Hyperaktivität
� Tremor, Tachykardie, Hypertonie, Schwitzen, Unruhe, Tachypnoe
Naloxon
(nicht in D zugelassen)
���� Opioid-Rezeptor-Antagonist
ABER: Nur Subgruppenprofitieren von Medikamenten!
Gefahren von Suchtmitteln
Nutt D, King LA, Saulsbury W, Blakemore C: Development of a rational scale to
assess the harm of drugs of potential misuse. Lancet. 369, Nr. 9566, 2007, S. 1047-53.
akute Wirkungen
• Wohlbefinden, Euphorie,• starke Schmerzlinderung,• Beruhigung, Angstlösung,• Bewußtlosigkeit und Atemstillstand,• Übelkeit, Erbrechen, vegetative Störungen (z.B. Obstipation)
Wirkungen bei chronischem Gebrauch
• Motivationslosigkeit,• Verfall, Beschaffungskriminalität• Dosissteigerung (Toleranz)
Entzugsymptome
• Durchfall, Erbrechen, Kreislaufkollaps,• Schmerzen im ganzen Körper,• Angst, Aufregung, Depressionen
"Kick" (bei Heroin-Injektion)
Teufelskreis:Drogenabhängigkeit
→ Entzugssymptome→ kann nicht aufhören→ Wissen um Schädigung
Wirkungen von Morphin, Heroin und anderen Opiaten
Woran erkennt man einen Heroin-Süchtigen?
Anzeichen einer Heroin-Abhängigkeit
► Einstichstellen
► Fixerbesteck
► Pulver meistens braun, selten weiß, beißender Geschmack
► Alternierende Episoden von Vigilanz und Schläfrigkeit
► Vernachlässigung des Alltaglebens
Anzeichen einer Opioidintoxikation
► Koma (bzw. Sedierung)
► Miosis
► Atemdepression (Frequenz)
► Blutdruckabfall
► Zyanose, Lungenödem
► Tonusverlust der Skelettmuskulatur, Krämpfe
► Erniedrigte Körpertemperatur, Kalter Schweiß
Morphin-Trias
Akut-Therapie einer Opioidintoxikation
► Naloxon i.v. (cave: HWZ!, Entzugssymptome � Diazepam)
► Beatmung
► Lungenödem: Furosemid, Dexamethason
Amphetamin
alpha-Methylphenethylamin
„Speed“, „Pep“,“Eve“, Adderall® (USA)
► Stammverbindung von ▸ psychotropen Substanzen wie MDMA
▸ Naturstoffen wie Ephedrin
▸ (S)-(+)-Enantiomer 3-4x stärker
Wirkungen
▸ indirektes Sympathomimetikum
▸ Unterdrückung von
▸ Hunger und Durst
▸ Müdigkeit und Schmerz
▸ Bronchodilatation
▸ Euphorie
▸ Aggression
▸ Tunnelblick
EphedrinAmphetamin
Noradrenalin Dopamin
���� Anorektikum
� Aufputschmittel
� Ephedrin
� Rauschdroge
� Militär
� ADHS
▸ Tachykardie, RR↑
▸ Mydriasis
▸ Abschwellen von Schleimhäuten
▸ Muskeltonus↑
Methamphetamin-Derivate
Methamphetamin
► Die Einführung von Substituentenam Aromaten führt zu verstärktenpsychogenen bzw. halluzinogenenSubstanzen
� zusätzlich vermehrte Ausschüttung von DA und 5HT
3,4-Methylendioxy-methamphetamin (MDMA)
2,5-Dimethoxy-4-methyl-amphetamin (DOM)
Meskalin
zentrale Wirkungen
• Kontaktfreudigkeit, Harmonie• Bewegungs- und Tanzlust• aktuelle Stimmung wird verstärkt• Empathogen, Entaktogen• unterdrückt Appetit, Durst und Schlaf• Konzentration u. Fahrtauglichkeit vermindert
• Nach Abklingen (ca. 3h) Dysphorie
periphere Wirkungen
• Übelkeit/Erbrechen,• Mundtrockenheit,• weite Pupillen,• schneller Herzschlag,• Muskelkrämpfe
andauernde Hirnleistungs-DefiziteDauerkonsum → (Merk- und Lernfähigkeit gestört)
Neurotoxizität, Parkinsonoid
Ecstasy: Wirkungen
☺
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Akute Drogenintoxikation
Ecstasy (MDMA, MDE, MDA)
Akute psychotrope Effekte können positiv oder negativ erlebt werden
Akute vegetative Effekte
▸ Tachykardie, Hypertension, Hyperthermie, erhöhter Muskeltonus, MundtrockenheitNausea, Emesis, Mydriasis, Nystagmus, Vertigo, Ataxie, Hyperreflexie, Tremor, Herzinfarkt
▸ Cave: Hyperthermie und Dehydratation (Techno/Elektro-Parties) � Zusammenbruch der Thermoregulation, disseminierte intravasale Gerinnung, Rhabdomyolyse � Nierenversagen
Chronische Wirkungen
▸ Schädigung serotoninerger und dopaminerger Neurone
� Panikstörungen, paranoide Psychosen, Depressionen, zerebrale Krampfanfälle, Parkinsonoid
Therapie
► Patient beruhigen und abschirmen
► Zugang legen
► Sedierung, Krampfbehandlung mit BZD (Diazepam, Midazolam)
► bei extremer Tachykardie (EKG) � Verapamil oder β-Blocker (Propranolol, Metoprolol) Zusätzlich GTN zum Blutdrucksenken und Dantrolen gegen die Hyperthermie und Muskelkrämpfe
Empathie, KontaktbereitschaftEuphorie, StimulationIntrospektion, EmotionalitätIntensivere visuelle WahrnehmungVeränderte Zeitwahrnehmung
Eingeschränktes UrteilsvermögenDepression, AntriebslosigkeitKonzentrationsstörungenVisuelle, auditorischeHalluzinationenAppetitverlust
☺ �
* cave: anaphylaktischer „Cocainschock“ möglich
Aphetamine (Weckamine) & Cocain* ���� wie Halluzinogene
Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB)
„Liquid Ecstasy“ � flüssig
Medizinische Indikationen
► Intravenöses Narkotikum bei Kaiserschnitten u.a. (Somsanit®, i.v.)
► Symptomatische bei Narkolepsie (Xyrem®, oral)
Gamma-Butyro-Lacton (GBL)
► enthalten in Industriereiniger
und Nagellacken
1,4-Butandiol (BDO)
► Rohstoff in der Kunstoffherstellung
Missbrauch
► Wirkung abhängig von der Dosis
▸ 0,5-1,5 g stimulierend, euphorisierend, anxiolytisch, entaktogen, motorische Einschränkungen (ähnlich Alkohol)
▸ 1,5-2,5 g aphrodisierend, trieb-, emotionsverstärkend (vgl. Alkohol) � „Date Rape Drug“
▸ >2,5 g hypnotisch (narkotischer Schlaf), Emesis, anterograde Amnesie � „K.O.-Tropfen“
► WM: Verstärkt die GABA-Wirkung (wird nicht in GABA metabolisiert), DA-Auschüttung↑
► Nachweis: 12h im Urin � sehr kurz
Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB)
Gamma-Amino-Butyric Acid
–H2O, [H+]
+H2O, [OH-]
GHB / GBL / BDO
Hydrierung
Oxidation
Kokainmissbrauch (Cocainismus)
Typischerweise 3 Stadien:
1. Euphorie Selbstwertgefühl erhöhtAktivität u. Denken gesteigertmehr Kreativität
2. Rausch HalluzinationenGefühl der Stärke, Aggression,Verfolgungswahn
3. Depression Erschöpfung,Angstzustände, Schuldgefühle,Suizidgedanken
hohesSuchtpotential!
schwere Gesundheits-schäden:
� Verlust sozialer Beziehungen,� Infektionen (z.B. Hepatits B),� Herzrhythmusstörungen, -Infarkte� Schwangerschaft: Missbildungen
∆9-Tetrahydrocannabinol (THC)
• THC wirkt euphorisierend, verändert die Wahrnehmung, stört das
Kurzzeitgedächtnis, Rötung der Konjunktiva, Mundtrockenheit
• keine körperliche, wohl aber psychische Abhängigkeit
• Medizin: Schmerzmittel, Entspannung, Appetitsteigerung, Antiemesis
(Krebserkrankungen, Gürtelrose, multiple Sklerose, u.a.)
Wichtigster Inhaltsstoff von Cannabis
a) zentrale Wirkungen:
• Intensivere optische Wahrnehmung
• Verlust von Raum / Zeit-Gefühl
• Euphorie, aber auch „Horrortrips“
• illusionäre Verkennung
• Körper-Entfremdung
• typisch: Flashbacks (HPPD)
b) periphere Wirkungen:
• Blutdruckanstieg, schneller Herzschlag
• Hyperthermie, Schwitzen
• Hyperreflexie, Zittern, Krämpfe
• Speichelfluss, Erweiterung der Pupillen (Mydriasis)
Wirkungen von LSD
Akute Drogenintoxikation
Halluzinogene (Haschisch, Marihuana, LSD)
► schneller Eintritt der Halluzinationen � Überdosierung wird vermieden
► Allerdings: orale Anwendung � verzögerter Effektparenterale Anwendung � falsche Dosierung leicht möglich
Symptome
► psychische Auffälligkeiten (Euphorie, Angst, Panik, Depression, akute Psychosen)
► Konjunktivitis
► Mydriasis
► Lichtempfindlichkeit, Tränenfluss, Lidflattern
► Muskelzuckungen, Tachykardie, Hypertonie
► Atemdepression (hohe LSD-Dosen)
► Magenkoliken, zentrale Krämpfe
► Bewusstlosigkeit, Koma
Therapie
► Patient beruhigen und abschirmen
► Vitalfunktionen sichern (evtl. Intubation, PEEP-Beatmung, Volumengabe)
► Sedierung, Krampfbehandlung mit BZD (Diazepam, Midazolam)
► bei extremer Tachykardie (EKG) � Verapamil oder β-Blocker (Propranolol, Metoprolol)