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Südafrika-Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

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Südafrika-Wachstumsmotor des südlichen Afrika?Author(s): Marc PiazoloSource: Africa Spectrum, Vol. 31, No. 3 (1996), pp. 255-275Published by: Institute of African Affairs at GIGA, Hamburg/GermanyStable URL: http://www.jstor.org/stable/40174651 .

Accessed: 14/06/2014 06:05

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afrika spectrum 31 (1996) 3: 255-275

Marc Piazolo

Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Die erste allgemeine Parlamentswahl im April 1994 und die daraus hervorgegangene Regierung der nationalen Einheit stellen einen Neuanfang für die Kaprepublik dar:

Apartheid gehört endgültig der Vergangenheit an und die Einbindung der Nationalen Partei (bis Juni 1996) sowie der Inkatha in die Regierungsverantwortung mit dem ANC stärkten die politische Stabilität des Landes. Wirtschaftlich verfolgt die Regierung unter Präsident Nelson Mandela seither einen marktwirtschaftlich-orientierten Kurs. Die

Kapitalzuflüsse seit Mitte 1994 spiegeln das gestiegene internationale Vertrauen in die Wirtschaft Südafrikas wider. Damit erschließen sich auf der Basis einer engeren wirt- schaftlichen Zusammenarbeit neue Entwicklungsmöglichkeiten für die Gesamtregion Südliches Afrika. Außerdem vermittelte Südafrika zusammen mit Nachbarstaaten

erfolgreich bei politischen Konflikten in Lesotho und Mosambik. Ist Südafrika ein „Emer- ging Market" asiatischen Zuschnitts? Kann die Kaprepublik somit auch als Wachstums- motor für die gesamte Region fungieren?

1 Rahmendaten zur neueren politischen und wirtschaftlichen Entwicklung des südlichen Afrikas

Während in den letzten zehn Jahren aus Asien immer neue wirtschaftliche Rekorde zu berichten waren, fiel Afrika südlich der Sahara inkl. Südafrika im Vergleich zu ande- ren Regionen der „Dritten Welt" weiter zurück. Es nahm an der weltwirtschaftlichen

Integration nicht teil und konnte dementsprechend nur eine geringe Zahl ausländischer Investoren für sich gewinnen. Gleichzeitig ist Afrika der am stärksten von der Landwirt- schaft geprägte Kontinent: Knapp ein Drittel des Sozialproduktes erwirtschaftet der

Agrarsektor, in Asien sind es weniger als ein Viertel und in Lateinamerika nicht einmal 10%.

Im Gegensatz zu anderen Entwicklungsländern verstanden es die Länder Afrikas

nicht, ihre Exportstruktur während der achtziger Jahre erfolgreich zu diversifizieren, um von den stark schwankenden Rohstoffpreisen auf dem Weltmarkt unabhängiger zu werden. Die Rohstofflastigkeit nahm sogar zu: 1980 exportierten die afrikanischen Länder zu 27% verarbeitete Güter. Zehn Jahre später waren es nur noch 22%. Süd- afrika und Mauritius (Textilien) sind die Hauptexporteure verarbeiteter Güter. Die übri-

gen Ausfuhren konzentrieren sich zu knapp 50% auf Erdöl und zu 30% auf bergbau- und landwirtschaftliche Erzeugnisse. Wegen der sehr ähnlichen Exportgüterstrukturen hat der innerafrikanische Handel nur geringe Bedeutung (1 0% der Ausfuhr). Über zwei Drittel der Exporte gehen in die Industrieländer - mehrheitlich nach Europa.

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Die fehlende weltwirtschaftliche Integration spiegelt sich in dem gesunkenen Anteil Afrikas am Welthandel wider. Mitte der achtziger Jahre exportierten die subsahari- schen Länder Güter im Wert von 46 Mrd. US$. Dies entsprach einem Welthandels- anteil von etwas mehr als 2%; 1955 waren es noch 3,1%. Zehn Jahre später hat sich zwar das Exportvolumen wertmäßig um die Hälfte auf 64 Mrd. US$ erhöht, der Anteil am Welthandel ist jedoch auf unter 1 ,5% gefallen (IMF 1996). Innerhalb der Region ist Südafrika mit fast einem Drittel der Ausfuhren der bedeutendste Exporteur, gefolgt von Nigeria (19%), Cöte d'lvoire (6%) und Angola (5%).

Seit Ende der achtziger Jahre strömte parallel zum intensiveren Handelsaustausch weltweit immer mehr privates Kapital in die Entwicklungsländer - von 1990 bis 1995 insgesamt 470 Mrd. US$ an Direkt- und Portfolioinvestitionen. Davon floß nur ein Bruchteil - knapp 13 Mrd. US$ - nach Afrika südlich der Sahara. Ein Großteil der Port- folioinvestitionen von rd. 3 Mrd. US$ entfiel allein auf die Johannesburger Börse, wäh- rend ausländische Direktinvestitionen vor allem in die Erdöl/Erdgasförderung von Nigeria, Angola und Gabun sowie den Bergbaubereich, z.B. in die Ashanti Goldminen von Ghana, gingen. Südafrika, das einzige Land mit nennenswertem Industriesektor, verzeichnete auch nach der politischen Stabilisierung vor zwei Jahren Zuflüsse an Direktinvestitionen von weniger als 200 Mio. US$ (vgl. World Bank 1996, Vol. 1).

Wirtschaftswachstum der Entwicklungsländer 1974-2005

Ein Hauptgrund für die geringe Attraktivität der subsaharischen Länder für auslän- dische Investoren lag an ihrer Binnenorientierung und ihrem Staatsdirigismus. Hohe Zollschranken und die zahlreichen nicht-tarifären Handelshemmnisse bei gleichzeitig kleinem Binnenmarkt behinderten die Wettbewerbsfähigkeit und führten bis Anfang der neunziger Jahre zu einer allgemeinen Wachstumsflaute (vgl. Ng/Yeats 1996).

Spätestens nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion faßte die wirtschaftliche Umorientierung auch auf dem afrikanischen Kontinent Fuß. Die größtenteils ehemals

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

sozialistischen afrikanischen Staaten entdeckten die Marktwirtschaft wieder. Für Län- der wie Tansania oder Sambia stellt diese Umstellung einen mit den Transformations- problemen Osteuropas vergleichbaren Kraftakt dar. Deshalb ist sie gleichzeitig mit einer engen Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, wie Weltbank und Währungsfonds, verbunden. Deren Beratung und großzügige Anpassungshilfen für konsequente Reformstaaten der internationalen Gemeinschaft verbesserten die makro- ökonomische Stabilität der Länder z.T. rasch und deutlich. Die Anzahl afrikanischer Länder, die seit längerem jährliche Wachstumsraten von real 4-6% aufweisen ist je- doch gering. Zudem repräsentieren Botswana, Benin, Burkina Faso, Ghana, Mali, Mauritius und Uganda gerade mal 10% der Wirtschaftskraft Afrikas südlich der Sahara. Ihr Wirtschaftserfolg gründet sich auf Kontinuität und Verläßlichkeit der Rechtssysteme (z.B. Vertragssicherheit), eine effiziente öffentliche Verwaltung, die freie Preisbildung von Gütern und Dienstleistungen, eine funktionierende Infrastruktur, einen liberalisier- ten Handel und eine wettbewerbliche Finanzintermediation.

Nach Aufgabe des sozialistischen Entwicklungsmodells steht vor allem in Mosambik, Sambia, Simbabwe und Tansania die Stärkung des privaten Sektors über die Privati- sierung von Staatsunternehmen im Vordergrund. Das Tempo läßt jedoch häufig zu wünschen übrig.

Die Finanzmärkte sind mit Ausnahme des weltweit an zwölfter Stelle stehenden Aktienplatzes Johannesburg im übrigen Afrika relativ gering entwickelt. Mit Blick auf die zentrale Funktion, die die Börsen für die Privatisierung oder zur Kapitalbeschaffung übernehmen können, gründen immer mehr Länder Aktienbörsen oder erlauben interna- tionalen Investoren den Zugang zum Markt. Malawi eröffnete 1995 eine Börse, Uganda und Tansania folgen in 1997. Trotzdem ist das Handelsvolumen an fast allen 12 afrika- nischen Börsenplätzen südlich der Sahara gering, da sich die notierten Unternehmen oft an einer Hand abzählen lassen (z.B. in Sambia, Malawi, Swasiland) und das makro- ökonomische Umfeld aus Sicht ausländischer Investoren aufgrund volatiler Wechsel- kurse häufig instabil ist (vgl. Piazolo/Liebusch 1996).

Wichtiger Grund für den begrenzten Zugang zum internationalen Kapitalmarkt ist bei der Mehrheit der Länder ihre teilweise sehr hohe Verschuldung. Von den 40 weltweit am höchsten verschuldeten Ländern befinden sich 33 in Afrika südlich der Sahara. Ihre Kapitalgeber sind in erster Linie offizielle Institutionen. Doch die tatsächliche Last der hohen Verschuldung hat aufgrund vielfältiger Umschuldungsabkommen mit z.T. sehr günstigen Konditionen in den letzten drei Jahren deutlich abgenommen. Zudem ist momentan ein weiterer Schuldenerlaß für Afrika im Gespräch. Im Durchschnitt liegt der Schuldendienst (Zins und Tilgung) bei tragbaren 15% der Exporte von Gütern und Diensten (World Bank 1996, Vol. 1).

Die Stärkung marktwirtschaftlicher Elemente ging in vielen Ländern mit einer Demo- kratisierung einher. In den letzten vier Jahren fanden in 35 der 48 subsaharischen Staaten Wahlen statt. Die Anzahl politisch stabiler und demokratischer Länder liegt jedoch nur bei knapp einem Dutzend. Im südlichen Afrika sind dies Botswana, Mauriti- us, Namibia, Südafrika und Tansania, wobei nur Botswana und Mauritius auf eine langjährige Tradition demokratischer Wahlen zurückblicken können. Teilweise machte das Militär die Wahlergebnisse rückgängig, oder es gab erhebliche Behinderungen bei der Ausübung der Wahlfreiheit. Zudem findet in vielen demokratisch gewählten Parla-

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menten aufgrund einer „Einparteiherrschaft" kaum eine effektive Kontrolle der Regie- rungsarbeit statt (vgl. Holman 1996)

Afrika südlich der Sahara mit einer Bevölkerung von rd. 570 Mio. (1995) wird wirt- schaftlich dominiert von Südafrika. Trotz eines Bevölkerungsanteils von weniger als

8%, erwirtschaftet die Kaprepublik knapp 48% des Sozialproduktes. Da jedoch der Wirtschaftsaustausch mit seinem natürlichen „Hinterland" seit der Aufnahme interna- tionaler Sanktionen (1976) unterbrochen war und das Land selbst überwiegend Roh-

stoffe, wie Gold, Erze oder Kohle, exportiert, ist die wirtschaftliche Ausstrahlung auf das übrige Afrika geringer als von vielen angenommen. Zudem blieben die frankopho- nen CFA-Länder aufgrund der de facto Währungsunion mit dem ehemaligen Mutter- land, aber auch Ostafrika weiterhin europaorientiert. Eine Ausnahme bilden die Länder Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland, die auch während der Sanktionszeit als

Mitglieder der Southern African Customs Union (SACU) wirtschaftlich stark von Süd- afrika abhängig waren. Die Einnahmen aus Zöllen und Importaufschlägen stellen für die kleineren Länder einen bedeutenden Posten im Staatsbudget dar. Seit den ersten allgemeinen Parlamentswahlen im April 1994 verstärkte sich der politische und wirt- schaftliche Austausch mit dem südlichen Afrika. Dies gilt vor allem für die ehemaligen Frontstaaten, die inzwischen Südafrika (August 1994) und Mauritius (August 1995) als neue Mitglieder in die Southern African Development Community (SADC) aufnahmen (s. Karte).

Indikatoren der Stellung Südafrikas in Afrika -1995

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Die SADC ist 1992 aus der 1980 gegründeten Southern African Development Coordi- nation Conference (SADCC) hervorgegangen. Ursprünglich war sie als Gegengewicht zur Republik Südafrika entstanden mit dem Ziel, eine selbsttragende Entwicklung zu fördern und die Abhängigkeit von Südafrika zu verringern. Die Staaten der SADCC waren jedoch aufgrund ihrer einseitigen Wirtschaftsstruktur (Rohstoffproduzenten, kleine Absatzmärkte) wenig erfolgreich in der Abgrenzung von der Kaprepublik, beim Ausbau regionaler Handelsverflechtungen und beim Aufbau wettbewerbsfähiger Indu- strieunternehmen; gleichzeitig brach der natürliche Absatzmarkt für südafrikanische Unternehmen zusammen. Die Normalisierung der Beziehung bringt daher beiden Seiten wirtschaftliche Vorteile. Neben der vorgesehenen Freihandelszone in acht Jahren bzw. dem freien Marktzutritt zum „Industrieland" Südafrika stehen Direktinvesti- tionen südafrikanischer Unternehmen in Bergbau und Landwirtschaft im Vordergrund.1 Am größten sind die Fortschritte bei der gemeinsamen Entwicklung von Infrastruktur- projekten (u.a. Straßenbau, Elektrizitätsversorgung). Der Maputokorridor in Mosambik ist ein solches Großobjekt. Gleichzeitig expandiert der bilaterale Handel zwischen Südafrika und den SADC-Mitgliedern seit 1990 mit zweistelligen Wachstumsraten. Allein 1 995 stieg der Warenexport Südafrikas in die Mitglieder der SADC außerhalb der Zollunion um 23% auf 2,3 Mrd. US$ an; dies entspricht 8% der Gesamtexporte Süd- afrikas. Gleichzeitig lag jedoch das südafrikanische Importvolumen bei mageren 500 Mio. US$. Dieses Handelsungleichgewicht hat sich während der letzten fünf Jahre vergrößert. Während Südafrika 1995 für alle SADC-Länder - mit Ausnahme von Ango- la, Mauritius und Tansania - das bedeutendste Herkunftsland für Importgüter (Kapital- und Konsumgüter) darstellt, bezieht die Kaprepubik nur 2% ihrer Importe (hauptsäch- lich landwirtschaftliche Produkte) aus ihrem „Hinterland". Einem gemeinsamen Binnen- markt nach Vorbild der Europäischen Union wird sich das „reichere" Südafrika jedoch aufgrund des Zuwanderungsdruckes aus den armen SADC Ländern noch auf abseh- bare Zeit verschließen.

1 Der Übergang zur Freihandelszone wird schrittweise vollzogen: Der erste Schritt soll eine Präferenzhandelszone sein; in ihr werden die Mitglieder untereinander geringere Zölle erheben als gegenüber Außenstehenden. Danach folgt die Beseitigung aller Zollschranken untereinander, während die Außenzölle weiterhin Landeshoheit bleiben. Als dritte Stufe sollen gemeinsame Außenzölle erhoben werden (vgl. Räther 1995).

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Marc Piazolo

Importvolumen aus Südafrika 1995 ym 7o um uesamumpuiio/

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Die Region ist weltweit einer der führenden Rohstoffproduzenten und verfügt über erhebliche Reserven an Mineralien. Während Südafrika Weltmarktführer für Alumini- umsilikate, Chromerze, Mangan, Platin, Gold und Diamenten ist, gibt es weitere bedeu- tende Diamantenvorkommen in Angola, Botswana und Namibia, Goldvorkommen in Simbabwe und Namibia sowie Kupfer und Kobalt in Sambia. Energieträger, wie Kohle, finden sich in Südafrika, Malawi und Simbabwe. Im Erdölbereich gehört Angola mit einer Förderkapazität von 500.000 Barrel pro Tag zu den größten Produzenten Afrikas. Auf dem Gebiet der Nahrungsmittelversorgung erzielen in normalen Jahren nur Süd- afrika (Früchte, Mais, Ölsaaten), Simbabwe (Mais, Weizen, Tabak) und Malawi (Tee, Tabak) bedeutende Nettoexporte. In Dürrejahren, wie zuletzt 1992 und 1995, wandelt sich jedoch das gesamte Südliche Afrika zu einer Importregion. Mit der Infrastruktur Südafrikas steht nun auch den angrenzenden Ländern wieder ein modernes Trans- portnetz zur Verfügung. Dies gilt insbesondere für die Häfen Durban und Richards Bay sowie für das Eisenbahn- und Straßennetz. Als wichtiges Infrastrukturprojekt soll der Maputokorridor, d.h. die Eisenbahn- und Straßenverbindung von der südafrikanischen Grenze durch Mosambik nach Maputo, sowie der Hafen von Maputo, mit einem In- vestitionsvolumen von über 5 Mrd. US$ instandgesetzt und teilweise privat finanziert werden. Die SADC-Länder legen große Hoffnung darauf, daß südafrikanische Investo- ren sich verstärkt bei ihnen engagieren bzw. sich der große Binnenmarkt für ihre Pro- dukte öffnet. Zwar sind südafrikanische Unternehmen Ende 1994 mit über 1 Mrd. US$ an Direktinvestitionen auf dem afrikanischen Kontinent präsent,2 doch bei der Öffnung des Binnenmarktes kommt es des öfteren zu Friktionen. Beispielsweise verzögert

2 Für die südafrikanischen Investoren bilden die umfangreichen Privatisierungsmaßnahmen in einer Vielzahl von afrikanischen Ländern ein Katalysator für direkte Ausländsengagements. Konkrete Projekte finden sich in Tansania (Brauerei, Bergbau, Raffinerie), Sambia (Interesse an Kupfermine) und Ghana (Beteiligung an Ashanti Goldmine) (vgl. Ashurst 1996).

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Südafrika zum Schütze von Arbeitsplätzen den Abbau der extrem hohen Zölle auf

Schlüsselprodukte Simbabwes, wie Textilien.3

2 Südafrika als Lokomotive des Südlichen Afrika ?

Die Dominanz Südafrikas drängt das Land zur Übernahme einer Lokomotivfunktion für die gesamte Region. Die Lokomotivfunktion beschränkt sich in den folgenden Aus-

führungen vor allem auf die Ausweitung des südafrikanischen Außenhandels (Import- sog) und den Transferzahlungen der Wanderarbeiter aus den Nachbarländern4 - beide sind hauptsächlich abhängig von der südafrikanischen Wirtschaftsentwicklung. Kapital- und Know-how-Transfer ins südliche Afrika folgen der Ausweitung des Handelsaustau- sches. Die südafrikanische Wachstumsschwäche während der letzten fünfzehn Jahre und die Handels- und Finanzsanktionen verhinderten jedoch eine positive Auszahlung auf das Südliche Afrika. In Südafrika sank das reale Pro-Kopf-Einkommen von 8.380 Rand (1981) um knapp 20% auf 6.932 Rand (1995). Es entsprach damit dem Niveau von 1966. Seit drei Jahren wächst die Wirtschaft wieder mit 2-3% pro Jahr. Diese Wachstumsraten sind im Vergleich zu Ostasien, aber auch im Vergleich zu Botswana oder Mauritius als niedrig einzustufen. Sie sind auf jeden Fall zu gering, um die Arbeits- losigkeit von rd. 40% und die hohen Einkommensunterschiede im Land selbst effektiv abzubauen (s.a. IMF 1995). Um auf einen dafür nötigen Wachstumspfad von real 5% pro Jahr einzuschwenken, muß die Kaprepublik ihre Strukturprobleme in den Griff bekommen.

Südafrika

Pro-Kopf-Einkommen und Inflation Rand in „ 9.000

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/ 3 Als vor vier Jahren das südafrikanische Vorzugshandelsabkommen mit Simbabwe auslief, verhängte Pretoria Zölle von 90% gegen Schlüsselprodukte aus Simbabwe. Dies obwohl der Marktanteil für z.B. Textilien aus Simbabwe bei rd. 1% liegt. Doch für Simbabwes Exporteure ist Südafrika ein Rettungsanker, da über 20% ihrer Textilexporte in die KaDreDublik aehen. 4 Es wird geschätzt, daß mindestens 1 Mio. Wanderarbeiter (legal oder illegal) überwiegend aus Lesotho, Mosambik, Malawi und Swasiland in der Provinz Gauteng beschäftigt sind. Die legalen Gastarbeiterüberweisungen beliefen sich 1994 für diese vier Länder auf rd. 1,3 Mrd. US$. Im Falle Lesothos tragen sie zu einem Drittel der Wirtschaftskraft des Landes bei.

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Page 11: Südafrika-Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Marc Piazolo

2. 1 Südafrikas strukturelle Wachstumshemmnisse

Die südafrikanische Wirtschaft weist eine für Schwellenländer typische, dual geprägte Struktur auf. Neben einem modernen Sektor, bestehend aus Bergbau, Industrie, Dienstleistungen und kommerzieller Landwirtschaft, existiert ein traditioneller Sektor, der primär auf Bedarfsdeckung und Tauschhandel ausgerichtet ist. Aspekte dieser dualen Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur sind ein hohes Einkommensgefälle, ein divergierendes Infrastrukturniveau zwischen den einzelnen Landesteilen und der Kon- trast in der wirtschaftlichen sowie sozialen Motivation der jeweiligen Bevölkerungs- gruppe (vgl. Kleu 1983). Das Durchschnittseinkommen des schwarzen Bevölkerungs- teiles liegt immer noch bei nur knapp einem Sechstel eines weißen Durchschnittverdie- ners. Vor allem die Gebiete der ehemaligen Homelands sind infrastrukturell unter- versorgt. Deshalb fallen auch die sozialen Indikatoren, wie Lebenserwartung und Bil- dungsstand, für Südafrika oft schlechter aus als für weit ärmere Länder (UNDP 1996).

Seit 1960 sank der Beitrag des primären Sektors, Landwirtschaft und Bergbau, zum BIP von 30% auf 14% (1995). Vor allem der Rückgang des Bergbaus sticht ins Auge: vor 15 Jahren erwirtschaftete der Bergbau noch 12% des Sozialproduktes. Die stetige Zunahme des verarbeitenden Sektors auf 29% des BIP im Jahre 1980 spiegelte einen normalen Industrialisierungsprozeß wider. Die Stagnation während der nachfolgenden 13 Jahre kommt auch in der anteilsmäßigen Rückentwicklung des Industriesektors bis 1993 und der seit 1985 steigenden Bedeutung des Staates zum Ausdruck. Die Gründe hierfür sind in der Erhöhung der Kapitalintensität und z.T. in der gesunkenen Wett- bewerbsfähigkeit, als Folge der Binnenorientierung sowie der Sanktionen, zu suchen.

Bruttoinlandsprodukt Südafrikas 1995

Binnenorientierung Wie viele Schwellenländer versuchte Südafrika über eine forcierte Importsubstitution seit Mitte der 20er Jahre, und verstärkt nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, eigene Industriezweige heranzuzüchten. Dies geschah nach Maßgabe des Infant- Industry-Argumentes durch die Erhebung von Schutzzöllen, der staatlichen Förderung der Infrastruktur und den Aufbau staatlicher Großunternehmen. Bis in die 60er Jahre war die erste Phase der Importsubstitution im Konsumgüterbereich abgeschlossen. Der Ausbruch von Zahlungsbilanzkrisen Ende der 50er und 60er Jahre führte zu einem

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Umschwung in der Einschätzung der Handelspolitik. Um die Importsubstitution im

Kapitalgüterbereich erfolgreich umzusetzen, sollte zu deren Finanzierung über erwirt- schaftete Devisen gleichzeitig die Exportproduktion ausgeweitet werden (Reynders 1972). Selektive Protektion und Exportförderung sollten die Verzerrung gegenüber der

Exportwirtschaft verringern. Dies gelang jedoch nicht, wie eine empirische Untersu-

chung für den Zeitraum 1974-1987 zeigte (Holden 1991). Vor Beginn von Handels- reformen seit 1994 unter GATT bzw. WTO reichten Südafrikas Importbeschränkungen von Zöllen über Aufschläge und „formula duties" bis hin zu „specific rate only duties" und deren Kombinationen. Ebenso undurchsichtig waren die hohen Ausschläge bei den Zolltarifen. Der Durchschnitt lag bei 28%, die höchste Rate betraf mit 1389% je- doch bestimmte Textilprodukte. Bekleidung, Lederwaren und Mineralien erhielten den höchsten Schutz. Bis zum Jahr 1999 sollen die Zolltarife vereinheitlicht und um durch- schnittlich ein Drittel gesenkt werden, gleichzeitig sind die nicht-tarifären Handels- hemmnisse und die Exportsubventionen vollständig abzubauen. Die Handelsliberalisie-

rung setzte Südafrika in den letzten zwei Jahren zügiger um als noch von der WTO

vorgesehen. Dadurch sanken die Zolleinnahmen von 11% der Warenimporte (1989) auf unter 6% im Jahre 1995 (SARB 1996).

Im Gegensatz zu anderen Schwellenländern, wie z.B. Südkorea, setzte Südafrika die Kriterien des Infant-Industry-Argumentes nicht erfolgreich um: (1) Die erste Phase der Importsubstitution zog sich über 45 Jahre (1925-70) hin und ist somit nicht als

temporär zu bezeichnen. (2) Es fand eine zu geringe selektive Auswahl der zu unter- stützenden Industrien statt. (3) Exportanreize wurden nur unzulänglich angeboten. Jedoch muß man berücksichtigen, daß für das Land bis zu Beginn der 70er Jahre

aufgrund seines florierenden Rohstoffexportes ein Zwang zur Änderung der Handels-

politik kaum bestand. Sobald diese Notwendigkeit eintrat, waren der Wirtschaftspolitik entscheidende Handlungsalternativen durch politische Vorgaben genommen. Südafrika konnte infolge der Sanktionen nicht mehr unbeschränkt an der internationalen Arbeits-

teilung partizipieren. Absatzmärkte blieben verschlossen, die Unsicherheit über vorhan- dene Märkte erschwerte langfristige Investitionsentscheidungen, und der Zustrom an internationalem Kapital und Know-How versiegte. Zudem förderte die Regierung aus Autarkiestreben den Aufbau „weißer Elefanten", wie die Gasverflüssigung, die Wehr- technik und die Reaktorindustrie. Erst mit dem politischen Umbruch begann die Libera-

lisierung des Außenhandels, wobei das Ziel der Exportsteigerung verarbeiteter Güter im Vordergrund stand (vgl. Piazolo 1994b, c).

Südafrika ist traditionell ein Rohstoffexporteur und verzeichnete in der Vergangen- heit mit bis zu 60% am BIP eine hohen Außenhandelsanteil (Güterex- und importe), der sich jedoch seit den 80er Jahren stetig verringerte. 1995 betrug er nur noch 41% am BIP. Die Außenorientierung nimmt jedoch aufgrund der Liberalisierung seit 1995 wieder zu. Im Zuge des Aufbaus einer eigenen Industriestruktur begann die Kapre- publik nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt mit dem Export verarbeiteter Güter. In- zwischen machen Industrieprodukte rund 45% des Exportvolumens aus - Tendenz zunehmend. Rund die Hälfte dieser Industriegüter entfällt jedoch auf die Veredelungs- branche (Metalle, Stahl, Diamanten). Gold, Kohle, Erze und Agrarprodukte stellen immer noch das Hauptgewicht der Warenexporte dar. Folglich wird die Exportentwick- lung weiterhin von Gütern bestimmt, deren Weltmarktpreise stark fluktuieren. Allein

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Marc Piazolo

der Verfall des Goldpreises von 30% zwischen 1987-1992 traf Südafrika hart. Denn jede Goldpreisschwankung von 10 US$ führt zu einer Veränderung der Exporterlöse von etwa 200 Mio. US$. Da andererseits die südafrikanischen Importe zu 80% aus Kapitalgütern, wie Maschinen, Transportmittel, Kunststoffen und chemischen Erzeug- nissen bestehen, bleibt das Land ungünstigen Terms of Trade ausgesetzt. Seit 1987 haben sie sich um knapp 10% verschlechtert.

Apartheid Die Apartheidspolitik beeinflußte über vier Charakteristika die südafrikanische Volkswirt- schaft: (1) die Zuzugsbeschränkungen; die räumliche Trennung von Wohn- und Arbeits- platz; die Schaffung von Homelands (ab Anfang der 60er Jahre) sowie der Ansiede- lungsversuch von Industriebetrieben am Rande der Homelands („industrielle Dezen- tralisierung"); (2) die Benachteiligung bei der Entlohnung und die „job reservation"; (3) die Bildungspolitik; (4) die temporären ökonomischen Instabilitäten aufgrund von politi- schen und sozialen Unruhen (Sharpeville, Soweto), die zu Emigrationswellen führten. Die ersten drei Charakteristika kamen erst gegen Ende der 60er Jahre negativ zum Tragen, da diese repressiven Arbeitsmarktbedingungen die Aufrechterhaltung relativ niedriger Löhne nur solange ermöglichten, wie das Angebot schwarzer Arbeitnehmer reichlich vorhanden war. Seit Anfang der 70er Jahre benötigte der wachsende Industrie- sektor vermehrt qualifizierte Arbeitskräfte, die angesichts der geringen Zunahme der weißen Bevölkerung immer rarer wurden. Ein Ausweichen auf schwarze Arbeiter war nur bedingt möglich, da die Apartheid aus ideologischen Gründen dieses Angebot künstlich verknappt hatte. Folge: Die schwarzen Arbeitnehmer konnten über Streiks und die Legalisierung eigener Gewerkschaften Lohnforderungen durchsetzen, die über dem Produktivitätsfortschritt lagen. Gleichzeitig gab die Regierung 1972 das Prinzip auf, nicht mehr für die Bildung der Schwarzen auszugeben, als diese selbst an Steuern aufbringen. Zudem wird geschätzt, daß die direkten Kosten zur Aufrechterhaltung des Apartheidsystems (Innere Sicherheit) in den 70er und 80er Jahren stark angestiegen sind (Weimer 1992). Folglich hat die Apartheid über das restriktive Eingreifen des Staates in den Markt (Rassendiskriminierung, Dezentralisation) bei gleichzeitig zu geringem Engagement im Bildungsbereich und hohen Verwaltungskosten das wirt- schaftliche Wachstum zumindest seit 1 970 massiv behindert (vgl. Nattrass 1 991 ). Eine empirische Bestätigung dafür findet sich bei Piazolo (1994a), sowie indirekt - über die positive Korrelation von Kapitalflucht und Emigration - bei Smit/Mocke (1991).

Der Staat griff sowohl über die Apartheids- als auch über die Handelspolitik aktiv in das Wirtschaftsgeschehen ein, so daß er in der südafrikanischen Wirtschaft traditionell eine große, in den 80er Jahren eine weiter zunehmende Rolle spielte. Neben dem Schutz des Binnenmarktes trat die Bildung unterschiedlicher „Boards", die die Preis- gestaltung, besonders für landwirtschaftliche Produkte, regelten. Die relative Enge des lokalen Marktes und die fehlenden Investitionsalternativen für Unternehmen aufgrund von Kapitalverkehrskontrollen trugen mit dazu bei, daß es zu einer starken Firmenkon- zentration kam. So werden knapp 80% der an der Johannesburger Börse notierten Aktiengesellschaften von vier Konglomeraten kontrolliert. Diese Konzentration bzw. die Monopolstellung verschiedener staatlicher Unternehmen verhinderten den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt.

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Geringe Kapitalbildung Neben der Apartheid bzw. den daraus folgenden Sanktionen ist in der geringen und seit Anfang der 80er Jahre ständig sinkenden Kapitalbildung ein Hauptgrund für die wirtschaftliche Stagnation zu sehen. Der Anteil der Bruttoinvestitionen am BIP fiel von 27% (1980) auf knappe 15,5% (1993). Bis Mitte 1996 erholten sich die Investitionen auf 17%. In Ostasien liegt die Investitionsquote doppelt so hoch. Ebenso sank die inländische Ersparnisbildung von 35% auf 16,5% im 1. Halbjahr 1996 (SARB 1996).

Die Finanzsanktionen, die 1985 zu einem Zahlungsmoratorium führten, verbauten Südafrika zudem die Möglichkeit über eine erhöhte Auslandsverschuldung die inlän- dische Kapitalbildung zu finanzieren. Im internationalen Vergleich war die Verschuldung selbst zum Zeitpunkt des Zahlungsmoratoriums mit 26,7 Mrd. US$ bzw. 48% des BIPs relativ gering. Doch die Finanzsanktionen zwangen Südafrika in die ungewohnte Rolle eines Kapitalexporteurs. Zwischen 1946-76 importierte das Land Kapital in Höhe von netto jährlich 3,2% des BSP, und in den Jahren nach Soweto standen ihm immerhin noch Zuflüsse in Höhe von 1 % p.a. zur Verfügung (Smit 1 991 ). Zwischen 1 985 und 1 990 war Südafrika der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten verbaut. So mußte es beträchtliche Leistungsbilanzüberschüsse erwirtschaften bzw. Kapital exportieren, um den Zahlungsbilanzverpflichtungen nachkommen zu können. Dies schränkte das Wachstumspotential wesentlich stärker ein, als es die Handelssanktionen taten. Auf- grund der pflichtgemäßen Bedienung der Auslandsschulden sank die Verschuldung innerhalb der folgenden acht Jahre auf 25,5 Mrd. US$ (1993), wovon jedoch ein Drittel in Rand denominiert waren. Zu Beginn der Verschuldungskrise lag dieser Anteil noch bei rund 10%. Gleichzeitig führten die seit 1986 vereinbarten drei Umschuldungen zu einer substantiellen Verringerung der im „stand-still" ausstehenden Volumina der Gläubi- gerbanken von 51% der Gesamtverschuldung auf weniger als 10% Ende 1995. Die letzten Rückzahlungen werden gemäß dem endgültigen Abkommen im Jahre 2001 getätigt.

Ende 1995 lag die Auslandsverschuldung mit 32 Mrd. US$ bei 24% des BIP. Setzt man sie ins Verhältnis zu den Exporteinnahmen aus Güter und Diensten so liegt die Verschuldung mit 96% (1995) im internationalen Vergleich relativ niedrig; in Ostasien steht dieser Quotient bei 84%, in Lateinamerika bei 255% und in Afrika südlich der Sahara bei 270% (World Bank 1996). Demtentsprechend verfügt Südafrika über ein

gewisses Verschuldungspotential, welches zur Unterstützung der künftigen Wirtschafts- entwicklung eingesetzt werden könnte.

2. 2 Auswirkungen der Abkehr des ANC vom Sozialismsus

Schon im ersten Grundsatzdokument zur Wirtschaftspolitik aus dem Jahre 1990 begann der ANC, Abstand von einer radikalen Umgestaltung der Wirtschaft im Sinne Verstärker

planwirtschaftlicher Elemente, Enteignung und Umverteilung zu nehmen (ANC 1990). Der Zusammenbruch in den ehemaligen Ostblockstaaten raubte ihm die Illusion von der Allmacht des Staates. Der Lernprozeß ging aufgrund wirtschaftlicher Zwänge relativ rasch von statten. Zum einen schränkte die Rezession Anfang der 90er Jahre und das dadurch ausufernde Budgetdefizit den Handlungsspielraum für ein „public spending programme" großen Stils deutlich ein. Zum anderen war Wirtschaftswachstum nur über

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Marc Piazolo

den Gewinn internationaler Wettbewerbsfähigkeit und ein Einsetzen von Kapitalzuflüs- sen und Know-How erreichbar. Neben politischer Stabilität sind hierfür die Umsetzung eines auf Marktwirtschaft und die Privatisierung von Staatsunternehmen ausgerichtete Wirtschaftspolitik nötig.

Zum Wahlkampfauftakt konkretisierte der ANC im Dezember 1993 mit dem Dokument „Making Democracy Work" seine wirtschaftspolitischen Überlegungen. Neben dem Bekenntnis zur individuellen Leistungskraft und zu marktwirtschaftlichen Instrumenten, wie die Forcierung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt durch handelspolitische Öffnung und die Einführung von Kartellgesetzen, sollte der Abbau sozialer Ungleichhei- ten und Arbeitslosigkeit über massive staatliche Förderungsprogramme errichtet werden. Die Umschichtung von Budgetausgaben, ein stärkeres Wachstum sowie ausländische Kapitalzuflüsse waren zur Finanzierung der Programme vorgesehen. Kontrovers fielen folgende Aspekte des Reports auf: (1 ) Landreform: Es wurde eine Umverteilung zugun- sten von schwarzen Landarbeitern angestrebt, wobei die Enteignung weißer Farmer nur im Notfall vorgesehen war. Unbenutzte staatliche Flächen und zum Verkauf stehen- des Land sollten zur Verfügung gestellt werden. Geplant war die Umverteilung von 30% der landwirtschaftlichen Flächen innerhalb von sechs Jahren. (2) Umverteilung von Kapital: Über Fonds, an denen die Bevölkerungsmehrheit beteiligt ist, sind Anteile an den Konzernen der Johannesburger Börse aufzukaufen. Die Einführung einer Ver- mögenssteuer und Kapitalertragssteuer war geplant. Zudem sollte die Mehrwertsteuer auf Luxusgüter von 14% auf 30% angehoben werden. Die umstrittene Nationalisierung von Unternehmen (Bergbau) und Banken wurde zunächst zurückgestellt. (3) Fiskalpolitik (Staatliche Programme): Um eine 10jährige Schulpflicht einzuführen, sollten die Bil- dungsausgaben verdoppelt werden. Eine medizinische Grundversorgung war ange- strebt, abenso wie ein Wohnungsbauprogramm im Umfang von bis zu 350.000 Einheiten pro Jahr. Bis 1 999 sollte das Staatspersonal ungefähr die gesellschaftlichen Volks- und Geschlechtsproportionen widerspiegeln. (4) Geldpolitik: Als Inflationsziel wurden 10% anvisiert. Dabei sei die Zentralbank von der Politik zu kontrollieren und dürfte nicht unabhängig agieren. (5) Eingriffe in das Bankensystem: Vorgesehen war ein Gebot an Banken, Kredite für Grundbedürfnisse zu vergeben und Anteil der Kreditvergabe an schwarze Kleinunternehmer zu erhöhen. Über die Einführung von Postbanken sollte die schwarze Bevölkerung ermutigt werden, am offiziellen Bankensystem teilzunehmen (vgl. Africa Research Bulletin (1993)).

Das Grundproblem des Forderungskatalogs des ANC Wahlprogrammes lag in seiner ungelösten Finanzierbarkeit. Deshalb schien schon vor der Regierungsübernahme die Umsetzung wenig wahrscheinlich (vgl. Piazolo 1994b). Die Bildung einer Art „Konsens- demokratie" durch die Einbindung der Nationalen Partei (NP) und der Inkatha in die Regierung der Nationalen Einheit machte ab Mai 1994 radikale wirtschaftspolitische Reformen aussichtslos. Sie war jedoch Voraussetzung für die Machtübergabe und für die politische Stabilisierung Südafrikas. Im Verlauf des Jahres 1996 wurden dann die letzten Bausteine für eine dauerhafte politische Normalisierung gelegt. Nur einen Tag nach der Verabschiedung der neuen Verfassung - Anfang Mai - erklärte die Nationale Partei ihren Austritt aus der Dreiparteienkoalition zum 1.7.1996. Damit ging die Regie- rung der Nationalen Einheit deutlich früher als erwartet zu Ende. Die NP war als Junior- partner des ANC während dieser Zeit farblos geblieben und konnte sich auch in den

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Verfassungsverhandlungen in einigen elementaren Punkten, wie einem stärkeren Föderalismus oder dem Recht auf Aussperrung, nicht durchsetzen. Mit ihrem frühen Ausscheiden könnte sie nun als größte Oppositionspartei konkrete wirtschaftspolitische Alternativen formulieren. Der politische Erfolg der NP in den Kommunalwahlen der westlichen Kapprovinz Ende Mai 1 996 - dort blieb sie mit Abstand stärkste Kraft - sowie die Stabilisierung des Rand honorierten diesen Schritt. Der zweite Beleg politischer Normalität lieferte der friedliche Verlauf der Kommunalwahl in der bis dato sehr unruhi-

gen Provinz KwaZulu/Natal im Juni 1996 und die Akzeptanz des Wahlergebnisses, das auf eine Pattsituation zwischen den beiden Kontrahenten Inkatha und ANC weist.

Zu Beginn der Regierungsarbeit unter Präsident N. Mandela einigten sich die Koalitio näre auf die Iniitierung eines separaten Wiederaufbauprogramms („Reconstruction and

Development Program"), welches unter einem eigenen Ministerium ambitiöse Erwartun-

gen auf dem Gebiet des Wohnungsbaus, der Schulspeisung, der Elektrifizierung und der Wasserversorgung für die schwarze Bevölkerungsmehrheit erfüllen sollte. Da jedoch die Realisierung vor allem im Baubereich äußerst mager ausfiel, wurde das Wiederauf-

bauprogramm nach nur zwei Jahren wieder in das reguläre Budget 1996/97 eingeglie- dert. Beispielsweise wurden vom Mai 1994 bis Oktober 1995 statt des allein durch das

Bevölkerungswachstum errechneten Bedarfes von 200.000 Häusern lediglich 10.000 errichtet. Zudem konnten im Haushaltsjahr 1995/96 zugunsten des RDP zugewiesene Budgetmittel z.T. mangels sinnvoller Projekte gar nicht ausgegeben werden. In Zukunft sollen die RDP-Maßnahmen innerhalb der einzelnen Fachministerien (u.a. Bau, Sozia-

les, Bildung) ausgewiesen werden. Die Landreform tritt ebenso auf der Stelle - denn aus Gründen der Haushaltskonsolidierung, sollen nun auch staatliche Flächen nicht einfach verschenkt werden. Ebenso sind die Reformschritte im Steuerbereich - bis auf den geringeren Mehrwertsteuersatz für einige Grundnahrungsmittel und die Kapital- ertragssteuer in Höhe von 17% auf Pensionsfondsauszahlungen - kaum als Umver-

teilung zu interpretieren. Zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit kam es im Gegenteil zur Vereinfachung und Entlastung bei der Einkommenssteuer sowie zu einer Verringerung der Unternehmensbesteuerung. Gleichzeitig bemüht sich die

Regierung das Budgetdefizit stetig zu verringern. Rezessionsbedingt war es im Haus-

haltsjahr 1992/93 auf knapp 8% des BIP gestiegen. Im vergangenen Jahr konnte es auf 6,1% zurückgeführt werden. Für das Haushaltsjahr 1996/97 wird ein Defizit von 5,1% angestrebt. Dabei soll der öffentliche Personalbestand mit Hilfe von Vorruhestandsrege- lungen und der Nichtbesetzung offener Stellen um fast 10% - bzw. 300.000 Angestellte über die nächsten drei Jahre - abgebaut werden (vgl. Department of Finance 1996a; SARB 1996a,b). Letzteres ist unter dem Faktum, daß in den Jahren 1994 und 1995 trotz des Wirtschaftsaufschwungs aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen weniger als 20% der Berufsanfänger einen Arbeitsplatz fanden doch erstaunlich. Die Nationalisie-

rung von Unternehmen sowie die zwangsweise Umverteilung von Kapital ist ebenso ad acta gelegt. Vielmehr setzt die Regierung auf die Freiwilligkeit von Industrie und

Banken, schwarzen Unternehmen Aufbauhilfe zu leisten. Beispielsweise fördern Anglo- American - über den Verkauf eigener Anteile - sowie verschiedene Banken - über

bevorzugte Kreditvergabe - den Aufbau einer schwarzen Industrieholding (Johnnie) und

Minengesellschaft (African Mining Group Consortium).

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Bis April 1996 - d.h. in zweijähriger Regierungstätigkeit des ANC - sind von dem Forderungskatalog zu Wahlkampfzeiten nur Nebenpunkte wie Schulspeisung oder die Zurückdrängung der Militärausgaben effektiv umgesetzt worden. Von den radikalen wirtschaftspolitischen Maßnahmen hat die Regierung inzwischen vollständig Abstand genommen. Da ein beschäftigungsschaffendes Wirtschaftswachstum von real 5% weiterhin nur mittelfristig erreichbar scheint, hat sich die Regierung aufgrund der finanz- politischen Turbulenzen im Verlauf der ersten Jahreshälfte 1996 Ende Juni mit dem makroökonomischen Strategiepapier „Growth, Employment and Redistribution" auf ein noch weitergehendes marktwirtschaftliches Reformprogramm festgelegt: Privatisierung von Staatsbetrieben, Liberalisierung des Finanzmarktes, Öffnung der Binnenwirtschaft, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sind dessen Schlagworte (Department of Finance 1996b). Es geht inzwischen weit über das hinaus, was unter der Regierung der NP noch in den 70er und 80er Jahren propagiert wurde.

2. 3 Markt erzwingt wirtschaftlichen Pragmatismus der Regierung

Der deutliche Umschwung in der Wirtschaftspolitik ist jedoch auf die Wirtschaftsentwick- lung seit der Regierungsübernahme und vor allem auf die Ereignisse auf dem Finanz- markt seit Februar 1996 zurückzuführen. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs seit 1993 mit ansteigenden Raten. 1995 verzeichnete Südafrika ein Realwachstum von 3,3%, 1 996 wird es sich leicht abschwächen. Vor allem der hohe Anstieg der Anlageinvestitio- nen, der privaten Konsums sowie der Exporte begründeten den wirtschaftlichen Auf- schwung. Gleichzeitig gelang es der Zentralbank, die Inflation in den letzten vier Jahren von 15,3% (1991) auf 8,7% (1995) zurückzuführen. Die Aprilzahlen 1996 stellten mit einer Inflation von 5,5% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die niedrigste monatliche Rate seit 24 Jahren dar. Aufgrund hoher Lohnabschlüsse, einem starken Kreditwachs- tum und dem rapiden Randverfall zog die Inflation bis Oktober 1996 wieder auf 9,1% an.

Mit der verbesserten Wirtschaftslage seit Ende der Rezession in 1992 schlug die Leistungsbilanz aufgrund des hohen Bedarfs an importierten Kapitalgütern seit 1994 ins Negative um. Im letzten Jahr stieg das Leistungsbilanzdefizit auf 3,5 Mrd. US$. Mit 2,6% des BIP ist es jedoch im internationalen Vergleich - Thailand (8,1%) oder Ungarn (5,3%) - relativ gering und durch die Rückkehr Südafrikas an den internationalen Kapital- markt finanzierbar. So betrug der Zufluß an Nettoauslandskapital 1995 rund 6 Mrd. US$. Trotz der Finanzmarktunsicherheit dürfte auch in diesem Jahr ein Großteil des leicht rückläufigen Leistungsbilanzdefizites über ausländischen Kapitalzufluß zu decken sein. Neun Jahre lang (1985-93) hatten die Finanzsanktionen Südafrikas kapitalarme Wirt- schaft gezwungen, Kapital zur Bedienung der Auslandsverschuldung zu exportieren und Leistungsbilanzüberschüsse zu erwirtschaften. Die Rückkehr an den internationalen Kapitalmarkt ist für das Land die Voraussetzung zur Finanzierung des Nachholbedarfs an Kapitalgüterimporten, welche die Grundlage für bessere Wachstumschancen bilden.

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Leistungs- und Kapitalbilanz in Mrd. US$

Reales BIP-Wachstum in %

Nach Bildung der Regierung der nationalen Einheit im Mai 1994 stabilisierte sich der Rand zunächst. Er wertete real gegenüber dem US-Dollar aufgrund der hohen Kapital- zuflüsse bis Ende 1995 sogar leicht auf. 1996 fiel er jedoch wertmäßig seit Mitte Februar um bis zu 29%. Ende November lag der Rand bei knapp unter 4,7 Rand/US$. Der Kurssturz wurde durch Gerüchte über den Gesundheitszustand Mandelas, Spekulatio- nen über die Aushebung der Devisenverkehrskontrollen für Inländer, den überraschen- den Rücktritt von Finanzminister Liebenberg sowie widersprüchliche wirtschaftspolitische Äußerungen seines Nachfolgers T. Manuel angestoßen. Der hohe Anteil kurzfristiger Kapitalzuflüsse (42% der Gesamtzuflüsse in 1995) machte den raschen Kapitalabzug jedoch erst möglich.

Nettoreserven und Wechselkurs

Der Versuch der südafrikanischen Zentralbank, den Rand zu stützen, schlug mangels Masse fehl. Dabei schmolz ihre Nettoreserveposition (Gold und Devisen) von 4,3 Mrd.

US$ auf 2,2 Mrd. US$ im November 1996 zusammen. Die Reserven decken Importe von Gütern und Dienstleistungen von weniger als einem Monat; d.h. die Liquiditätslage Südafrikas ist wieder angespannt.

Die harsche Reaktion der Finanzmärkte während der ersten Jahreshälfte 1996 auf

politische und wirtschaftliche Unsicherheiten verdeutlichte, wie nötig die Wiederher-

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Stellung des internationalen Vertrauens in eine konsistente Wirtschaftspolitik ist. Nach der klaren Nachfolgeregelung für Präsident Mandela (T. Mbeki), der Versicherung der Unabhängigkeit der Zentralbank und des Ende Juni vorgelegten Wirtschaftsprogramms für mehr „Wachstum, Beschäftigung und Umverteilung" durch Finanzminister T. Manuel beruhigten sich der Finanzmarkt.

Die Wirtschaftspolitik soll künftig stärker marktwirtschaftlich orientiert sein. Jedoch besteht das Wirtschaftsprogramm überwiegend aus allgemeinen Absichtserklärungen: So wird bis zum Jahr 2000 ein Wachstum von 6% p.a. und eine Beschäftigungszunahme von 400.000 Jobs jährlich angestrebt. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, will Manuel das Haushaltsdefizit auf 3% des BIP halbieren, die Zölle rasch senken und die Devisenverkehrskontrollen abbauen. Darüber hinaus sollen Investitionsanreize für ausländische Investoren geschaffen und die öffentlichen Investitionen stark ausgeweitet werden. Um das Klima für private Investoren zu verbessern, plant die Regierung eine Reihe vertrauensbildender Maßnahmen. Dazu gehören die Privatisierung von Staats- unternehmen, eine effektivere Kriminalitätsbekämpfung sowie ein flexibler Arbeitsmarkt (weniger Streiks, ein produktivitätsorientierte Lohnentwicklung). Konkret umfaßte jedoch das Maßnahmepaket bis Herbst 1996 nur folgendes: (1) Kreditlimit für ausländische Beteiligungsunternehmen wird auf 1 00% des Eigenkapitalanteils verdoppelt; (2) Devisen- verkehrskontrollen für südafrikanische Pensionsfonds und Versicherungen werden weiter gelockert, d.h. über asset swaps dürfen sie jetzt bis zu 10% ihrer Anlagen und bis zu 3% ihrer Nettozuflüsse in ausländischen Wertpapieren halten; (3) Exporteure können importierte Vorleistungen innerhalb 30 Tagen devisenmäßig gegenrechnen; (4) bei Ausrüstungsinvestitionen sind in den nächsten drei Jahren Sonderabschreibungen möglich (Department of Finance 1996b).

Die Privatisierung von Staatsunternehmen geht zudem wesentlich schleppender voran als noch von Mandela auf seiner Deutschlandreise im Mai 1996 angekündigt. Bis Ende 1996 sollen die beiden regionalen Fluggesellschaften Sun Air und Transkei Air, 14 Ferienressorts, der defizitäre Erdgasförderer Mossgass, eine Minderheitsbeteiligung an Telkom sowie drei Kraftwerke der Eskom verkauft werden. Diese kleineren Maß- nahmen stellen schätzungsweise gerade mal ein Zehntel des Privatisierungspotentials dar. Dadurch sind keine nennenswerten Auslandsinvestitionen zu erwarten. Somit verlegen die wenigen konkreten Maßnahmen die optimistischen Wachstumsprognosen der Regierung in den Bereich des Wunschdenkens.

3 Wachstumsschub durch Freihandelsabkommen mit EU?

Im November 1994 fragte Vizepräsident T. Mbeki offiziell bei der Europäischen Union, an um Verhandlungen über einen besseren Marktzutritt für Südafrikas Exporte in die EU zuführen. Die südafrikanische Seite hatte dabei die Handelserleichterungen im Auge, die den übrigen Ländern Afrikas im Rahmen des Lom^-Abkommens gewährt werden. Vordergründig ist Südafrika aus Sicht der EU jedoch zu reich, um als Entwicklungsland eingestuft zu werden und „Lom6-fähig" zu sein; hintergründig befürchten vor allem die Südeuropäer den starken Wettbewerb durch südafrikanische Agrarprodukte. Deren

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

Einfuhr wird derzeit im Schnitt mit 20% besteuert. Die europäische Kommission bot daher Südafrika ein Freihandelsabkommen unter folgenden Konditionen an: Die EU öffnet sofort ihre Märkte, während Südafrika seine Handelsschranken graduell über einen Zeitraum von 10-12 Jahren einreißen soll. Das Angebot hatte jedoch einen Haken: Obwohl Pretoria schon heute rd. 77% seiner Waren zollfrei in die EU einführt, sollen 39% seiner landwirtschaftlichen Produkte von dieser Regelung ausgenommen bleiben. Es handelte sich dabei jedoch genau um jene Güter, die Südafrika nach dem Ende der Sanktionen exportieren möchte und bei deren Produktion es über komparative Vorteile verfügt (u.a. Fruchtsäfte, Dosenobst, Äpfel, Wein).5 Gleichzeitig würde der Zollabbau sehr ungleichgewichtig verlaufen: Südafrika müßte 37% seiner Zölle im Handel mit Europa abbauen, während die EU ihrerseits nur die Zölle von 7% des eigenen Handels mit Pretoria beseitigen müßte. Unter diesen Umständen ist nicht mit einem Wachstums- schub für Südafrika aufgrund rasch steigender Exporte zu rechnen. Enttäuscht lehnte Südafrika diesen EU-Vorschlag im Januar 1997 ab.

Gleichzeitig hat das anvisierte Freihandelsabkommen finanzielle Auswirkungen auf die anderen Mitglieder der Southern African Customs Union, die einen erheblichen Anteil ihrer Budgeteinnahmen (zw. 20-50%) aus den gemeinsamen Zolleinkünften generieren. Bei vollständiger Zollfreiheit verlöre die SACU etwa 40% ihrer Einkünfte. Zudem würde sich der Wettbewerbsdruck durch europäische Importe auf die häufig noch in den Kinderschuhen steckende Industriezweige dieser Länder deutlich erhöhen. Diesen Bedenken seitens Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland muß bei den Verhand- lungen mit der EU Rechnung getragen werden (vgl. Boyle 1996).

4 Die Lokomotive kommt noch nicht in Schwung

Die Absicht Südafrikas, zur Lokomotive des südlichen Afrikas zu mutieren, ist seit Mitte 1996 Jahres erklärtermaßen vorhanden. Jedoch hapert es noch bei der konkreten Umsetzung von Maßnahmen, die dafür die Voraussetzungen bilden. Den Beispielen anderer erfolgreicher Transformationsländer - wie Polen oder Tschechien - folgend, sollte die Regierung vor allem die Privatisierung rascher vorantreiben, die Devisen- verkehrskontrollen für Inländer aufheben und eine Bildungsoffensive starten. Die Abnei- gung der jetzigen Regierung, wie schon derjenigen der NP, gegenüber der Inanspruch- nahme von Weltbank und IWF Mittel zur Absicherung der fragilen Liquiditätslage ist zudem unverständlich. Behält sie das momentane Reformtempo bei, dann sind Wachs- tumsraten von 5-7% nicht zu erreichen. Letztere wären aber nötig, um die Lokomotiv- funktion für die Nachbarstaaten über einen Importsog für Warenexporte oder höhere Einkommen für Wanderarbeiter erfolgreich zu übernehmen. Darauf können sich jedoch die anderen SADC-Mitglieder z.T. auch aufgrund ihrer einseitigen Exportgüterstruktur nicht verlassen. Ganz im Gegenteil, sie sollten eigene Anstrengungen unternehmen,

5 1995 hatte die - als Ausnahme vorgesehene - Gütergruppe einen Anteil von 4% der gesamten EU- Importe.

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Marc Piazolo

um ihre Wirtschaft auf Wachstumskurs zu bringen. Botswana und Mauritius sind zwei Beispiele für eine erfolgreiche Entwicklungsstrategie. Trotzdem ist die wirtschaftliche Abhängigkeit der Länder Lesotho, Mosambik, Namibia, Simbabwe und Swasiland zu groß, als daß sie nicht auf einen höheren Wachstumspfad des wirtschaftlichen Schwer- gewichts Südafrika zu hoffen wagen. Gleichzeitig müssen sie darauf dringen, daß ihnen durch das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Südafrika keine finanziellen Nachteile entstehen.

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Südafrika - Wachstumsmotor des südlichen Afrika?

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Summary The economic and politcal integration of South Africa into the world economy offers enhanced economic perspectives for its neighbouring countries. Though, South Africa has to overcome the economic legacy of its apartheid's past. These are structural imbalances like inward-orientation, low capital formation, state intervention or volatile capital flows. Besides rather diasppointing growth expectations for South Africa (+3-4%) the perspectives for for rapid regional integration in trade and capital flows are quite limited as well as skewed towards the more developed South African economy. African countries north of the Cape should rely more on their own comparative advantages after structural reforms - like the success stories Botswana and Mauritius have shown - rather than simply wait for South African growth to lift them up.

Resume L' integration öconomique et politique de I'Afrique du Sud dans l'öconomie mondiale präsente un elargissement des perspectives öconomiques pour les pays voisins. (Dependant, I'Afrique du Sud doit surmonter I heritage economique de son passö d apartheid, lls'agit lä de dösöquilibres structurels tels que I 'orientation vers I Interieur, la faiblesse de la formation de capital, I 'intervention de I' Etat et la deperdition de capital. En plus des provisions de croissance plutöt döcevantes (+3-4%), les perspectives d'integration regionale rapide en ce qui conceme le flux de commerce et de capitaux sont assez limtees ainsi qu'axäes surl'economie plus developpöe de I'Afrique du Sud. Les pays africains au nord du Cap devraient compter davantage surleurs propres av ant ages apres des r&ormes structurelles - ainsi que l'a montre le succes du Botswana et Mauritius - plutöt que d'attendre simplement que la croissance de I'Afrique du Sud les pousse dans leur ascencion.

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