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Transaktionsmonitor Energiewirtschaft www.pwc.de/de/energiewirtschaft.html M&A-Aktivitäten in der Energiewirtschaft Ausgabe 4, April 2016 Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Leser, wir freuen uns, Ihnen die vierte Ausgabe unseres Newsletters Transaktionsmonitor Energiewirtschaft übersenden zu können. In den zurückliegenden Monaten hat sich in der deutschen Energiebranche viel getan. Nach E.ON plant nun auch RWE die Aufspaltung seiner Geschäftsbereiche in zwei Unternehmen. Bei Vattenfall ist unterdessen die Angebotsfrist für den Verkauf des hiesigen Braunkohlegeschäfts ausgelaufen – während die Übernahme von Energy from Waste durch Beijing Enterprises für einen Betrag von € 1,4 Milliarden darauf hindeutet, dass chinesische Investoren allmählich auf dem Energiemarkt in Deutschland Fuß fassen. Viel Bewegung herrscht allerdings auch abseits der großen Deals. Der vielleicht auffälligste Trend besteht momentan darin, dass erneuerbare Energien immer stärker im Fokus institutioneller Investoren stehen. Diese Entwicklung ist vor dem folgenden Hintergrund zu betrachten: Weil die Renditen auf klassische Anlagen wie Staatsanleihen immer weiter sinken, suchen Fonds, Versicherungen oder Pensionskassen nach alternativen Anlagemöglichkeiten. Das steigende Interesse an Wind- oder Solarparks führt nun allerdings dazu, dass auch hier die Margen sinken; unter Experten ist längst von einem „Verkäufermarkt“ die Rede. Die Auswahl der richtigen Projekte wird deshalb für Investoren immer schwieriger, umfangreiche Due Diligences sind wichtiger denn je. Eine weitere Investorengruppe sind übrigens Bürger, die sich beispielsweise über Anleihen an „Bürgerwindparks“ beteiligen. Auch dieses Phänomen halten wir für spannend – denn eine finanzielle Teilhabe an den Erträgen der Energiewende könnte helfen, mögliche Vorbehalte in der Bevölkerung gegen entsprechende Projekte abzubauen. Interessante Neuerungen gibt es auch auf der gesetzgeberischen Ebene zu vermelden. Ihre Aufmerksamkeit möchten wir in diesem Newsletter auf die Änderung von Paragraf 46 ff. des EnWG sowie auf die anstehende EEG-Novelle lenken. Die im Transaktionsmonitor Energiewirtschaft zusammengestellten Daten und die daraus abgeleiteten Einschätzungen basieren ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Informationen. Eine angenehme Lektüre wünscht Ihnen Dr. Jan-Philipp Sauthoff Partner Transactions Energy

Transaktionsmonitor Energiewirtschaft - PwCInstrument der Bürgerbeteiligung kann helfen, die Akzeptanz von Wind- und Solarparks zu steigern. Pilotprojekte wie in Münster oder Sailershausen

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Transaktionsmonitor Energiewirtschaft

www.pwc.de/de/energiewirtschaft.html

M&A-Aktivitäten in der Energiewirtschaft

Ausgabe 4, April 2016

Vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir freuen uns, Ihnen die vierte Ausgabe unseres Newsletters Transaktionsmonitor Energiewirtschaft übersenden zu können.

In den zurückliegenden Monaten hat sich in der deutschen Energiebranche viel getan. Nach E.ON plant nun auch RWE die Aufspaltung seiner Geschäftsbereiche in zwei Unternehmen. Bei Vattenfall ist unterdessen die Angebotsfrist für den Verkauf des hiesigen Braunkohlegeschäfts ausgelaufen – während die Übernahme von Energy from Waste durch Beijing Enterprises für einen Betrag von € 1,4 Milliarden darauf hindeutet, dass chinesische Investoren allmählich auf dem Energiemarkt in Deutschland Fuß fassen.

Viel Bewegung herrscht allerdings auch abseits der großen Deals. Der vielleicht auffälligste Trend besteht momentan darin, dass erneuerbare Energien immer stärker im Fokus institutioneller Investoren stehen. Diese Entwicklung ist vor dem folgenden Hintergrund zu betrachten: Weil die Renditen auf klassische Anlagen wie Staatsanleihen immer weiter sinken, suchen Fonds, Versicherungen oder Pensionskassen nach alternativen Anlagemöglichkeiten. Das steigende Interesse an Wind- oder Solarparks führt nun allerdings dazu, dass auch hier die Margen sinken; unter Experten ist längst von einem „Verkäufermarkt“ die Rede. Die Auswahl der richtigen Projekte wird deshalb für Investoren immer schwieriger, umfangreiche Due Diligences sind wichtiger denn je. Eine weitere Investorengruppe sind übrigens Bürger, die sich beispielsweise über Anleihen an „Bürgerwindparks“ beteiligen. Auch dieses Phänomen halten wir für spannend – denn eine finanzielle Teilhabe an den Erträgen der Energiewende könnte helfen, mögliche Vorbehalte in der Bevölkerung gegen entsprechende Projekte abzubauen.

Interessante Neuerungen gibt es auch auf der gesetzgeberischen Ebene zu vermelden. Ihre Aufmerksamkeit möchten wir in diesem Newsletter auf die Änderung von Paragraf 46 ff. des EnWG sowie auf die anstehende EEG-Novelle lenken.

Die im Transaktionsmonitor Energiewirtschaft zusammengestellten Daten und die daraus abgeleiteten Einschätzungen basieren ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Informationen.

Eine angenehme Lektüre wünscht Ihnen

Dr. Jan-Philipp Sauthoff Partner Transactions Energy

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Transaktionsmonitor Energiewirtschaft Ausgabe 4, April 2016 2

Inhalt

Auf einen Blick ........................................................................................................................ 3

Transaktionen im Bereich der erneuerbaren Energien ........................................................ 4 Beteiligung von institutionellen Investoren an der Energiewende ...................................... 4 Bürgerbeteiligungen und -anleihen als Finanzierungsinstrument ...................................... 6

Aktuelle Themen der Energiewende ...................................................................................... 7 Geplante Änderungen bei der Vergabe von Konzessionen .................................................. 7

Überregionale Energieversorger ............................................................................................ 9 Strategiewechsel bei E.ON und RWE .................................................................................... 9 Vattenfall sucht Käufer für Braunkohlegeschäft, Chinesen erwerben EEW ..................... 10

Regionale Energieversorger bzw. Stadtwerke ...................................................................... 12 Wie machen sich Deutschlands Stadtwerke fit für die Zukunft? ........................................ 12

Ausblick ..................................................................................................................................14

Service .................................................................................................................................... 15 Veröffentlichungen ................................................................................................................ 15 Veranstaltungen .....................................................................................................................16

Über uns ................................................................................................................................. 17 Ihre Ansprechpartner ............................................................................................................ 17 Redaktion .............................................................................................................................. 18

Bestellung und Abbestellung ................................................................................................ 18

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Transaktionsmonitor Energiewirtschaft Ausgabe 4, April 2016 3

Auf einen Blick

Angesichts des steigenden Margendrucks wird die Due Diligence bei Investitionen in Wind- und Solarparks immer wichtiger

Netzagentur und BMWi erkennen endlich die zentrale Rolle der Netzbetreiber bei der Umsetzung der Energiewende an

In Zeiten niedriger Zinsen investieren auch institutionelle Anleger wie Versicherungen oder Pensionskassen verstärkt in erneuerbare Energien

Wenn sich Bürger an Windparks finanziell beteiligen dürfen, steigert das die Akzeptanz für die Energiewende

An chinesische Investoren wird sich die deutsche Energiewirtschaft vermutlich gewöhnen müssen

Die Neuvergabe von Konzessionen bei kommunalen Netzen dürfte sich in Zukunft deutlich beschleunigen

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Transaktionen im Bereich der erneuerbaren Energien

Beteiligung von institutionellen Investoren an der Energiewende

Der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung in Deutschland ist im Jahr 2015 auf einen neuen Rekordwert von voraussichtlich 30% (vorläufiger Wert) gestiegen. Damit hat sich der rasante Ausbau der erneuerbaren Energien der letzten Jahre weiter fortgesetzt. Auch institutionelle Investoren, wie zum Beispiel Versicherungen und Pensionskassen, beteiligen sich neben Finanzinvestoren und Energieversorgern zunehmend an der deutschen und europäischen Energiewende.

Dass Investitionen in erneuerbare Energien mittlerweile verstärkt in den Fokus gerückt sind, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass seit etwa 2-3 Jahren vermehrt auch traditionell konservative Anleger in Wind- und Solarparks investieren. Während die Energiewende anfänglich in erster Linie von Landwirten und privaten Kleinanlegern getragen wurde, treten nach Energieversorgern, Stadtwerken und Finanzinvestoren zunehmend auch institutionelle Anleger, wie Versicherungen und Pensionskassen, als Eigenkapitalinvestoren und Fremdkapitalgeber auf. Deren Motivation liegt einerseits in der Diversifizierung ihrer Investments begründet, andererseits aber auch in dem Wunsch, langfristig stabile und attraktive Renditen erwirtschaften zu können. Während risikoarme Staatsanleihen derzeit nur sehr geringe Renditen erwirtschaften, bieten erneuerbare Energien-Projekte die Möglichkeit, in potenziell ertragreichere Anlagen zu investieren.

Allerdings führt der steigende Wettbewerb unter den Kaufinteressenten von Windparks – insbesondere bei der Onshore-Windenergie – derzeit zu einem erhöhten Druck auf die Renditen, da Projektanbieter im vorherrschenden Verkäufermarkt oft in der Lage sind, ihre Margen zu optimieren. Tendenziell lassen sich dabei zunehmend progressivere Investitionsannahmen seitens der Käufer beobachten, indem beispielsweise von längeren Projektlaufzeiten, höheren Winderträgen oder steigenden Marktpreisen für den erzeugten Strom ausgegangen wird. Der Plausibilisierung dieser Annahmen im Rahmen von Transaktionsprozessen kommt daher eine zunehmend große Bedeutung zu. Umfangreiche Due Diligences und die laufende Überprüfung von Risikoeinschätzungen werden dabei immer wichtiger, zumal auch politische und regulatorische Rahmenbedingungen einem stetigen und teils schnellen Wandel unterliegen (Beispiele hierfür sind Solvency II und die EEG-Novelle 2016).

Darüber hinaus erfordern auch die zunehmend aufkommenden „Partnering-Modelle“, in denen Projektentwickler, Energieversorger und Investoren langfristig eng zusammenarbeiten, neue Strukturierungsansätze und Lösungen, die oft weit über die bisher üblichen Strukturen in der Branche („Entwickeln, Bauen, Verkaufen, Betreiben“) hinaus gehen. Insbesondere gilt dies für den Bereich der Offshore-Windenergie, wo die schiere Projektgröße und die größeren technischen Herausforderungen weit höhere Anforderungen an alle Projektbeteiligten stellen, als dies bei der Onshore-Windenergie und der Solarenergie der Fall ist. Durch die ab 2017 geplanten Ausschreibungen ist bei allen Technologien eine weitere Zunahme der Komplexität zu erwarten.

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Nachfolgend haben wir beispielhaft einige der in den vergangenen Monaten abgeschlossenen Transaktionen in den Bereichen Onshore- und Offshore-Windenergie aufgeführt.

Mai 2015: Portfolio von acht Onshore-Windparks in Deutschland, Käufer: HANSAINVEST/SIGNAL IDUNA Gruppe, Verkäufer: wpd (beide Deutschland), Kapazität: über 100 MW;

Mai 2015: Onshore-Windpark Lilbourne (Großbritannien), Käufer: Union Investment, Verkäufer: Energiekontor (beide Deutschland), Kapazität: 10 MW;

Juni 2015: PNE WIND UK inkl. gesamter Projektpipeline (Großbritannien), Käufer: Brookfield (Kanada); Verkäufer: PNE Wind (Deutschland), Kaufpreis: rd. € 141 Millionen;

Juli 2015: Portfolio von vier Onshore-Windparks in Österreich, Käufer: Allianz Capital Partners (Deutschland); Verkäufer: ImWind (Österreich), Kapazität: 65 MW;

September 2015: Anteilige Fremdfinanzierung des Offshore-Windparks Gode Wind 1 für Global Infrastructure Partners, Käufer: TALANX Asset Management und verschiedene Ko-Investoren, Verkäufer: DONG Energy (Dänemark), Bondvolumen: € 556 Millionen;

Dezember 2015: Onshore-Windpark Klettwitz (Deutschland), Käufer: John Laing Group (Großbritannien), Verkäufer: Ventotec (Deutschland), Kaufpreis: rd. € 200 Millionen

Dezember 2015: Portfolio von zwei Onshore-Windparks in Schweden, Käufer: MEAG MUNICH ERGO AssetManagement (Deutschland); Verkäufer: Eolus Vind (Schweden), Kapazität: 38 MW;

Januar 2016: Solarpark Lynt Farm (Großbritannien), Käufer: MEAG MUNICH ERGO AssetManagement; Verkäufer: BayWa (beide Deutschland), Kapazität: 27 MWp

Fazit Das Feld der Investoren im Bereich der erneuerbaren Energien unterliegt einem stetigen Wandel und wird aktuell zunehmend durch das Auftreten institutioneller Investoren geprägt. Diese sind in Zeiten niedriger Zinsen zunehmend gezwungen, neue Investitionsmöglichkeiten zu finden. Dabei akzeptieren sie häufig niedrigere Renditen auf ihr eingesetztes Kapital, als dies bei anderen Investorengruppen bisher der Fall war. Dabei stehen alle Investoren jedoch vor der Herausforderung, auch im aktuellen Verkäufermarkt risikoadäquate Renditen bzw. Zinsen sicherzustellen.

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Bürgerbeteiligungen und -anleihen als Finanzierungsinstrument

Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie in der Bevölkerung auf breite Zustimmung trifft. Wer die Akzeptanz von Wind- und Solarparks erhöhen will, sollte daher versuchen, die Bevölkerung frühzeitig in die Projekte einzubeziehen – womöglich sogar durch eine finanzielle Beteiligung. Diesen Weg gehen inzwischen immer mehr Projekt-gesellschaften. Die ersten Erfahrungen sind ermutigend. In Städten wie Münster engagieren sich die Bürger mit Millionensummen.

Neben den Investitionen von Fonds, Versicherern, Pensionskassen und Energieversorgern in erneuerbare Energien Projekte spielen zwischenzeitlich auch Bürgerbeteiligungen in diesem Zusammenhang eine immer größere Rolle. In absoluten Zahlen ist deren Anteil zwar gering und wird dies voraussichtlich auch bleiben. Trotzdem sollte man die Rolle, die Bürgerbeteiligungen in den kommenden Jahren bei Investitionen in Windkraftprojekte spielen könnten, nicht unterschätzen. Denn wenn sich Unternehmen und Projektgesellschaften für eine finanzielle Beteiligung der Bürger öffnen, dürfte das die Akzeptanz für die Energiewende deutlich steigern.

Wie solche Modelle in der Praxis aussehen, zeigt sich beispielhaft in Münster. Dort werden die Bürger an drei neuen Windparks mit einer Gesamtleistung von 7,2 Megawatt beteiligt. Als Vehikel gründeten die Stadtwerke eine Genossenschaft unter dem Namen „Unsere Münster-Energie“. Bis zu zehn Genossenschaftsanteile zum Preis von je € 500 durften Bürger zeichnen; binnen 48 Stunden waren die Papiere vergriffen. Daneben konnten sich die Kleinanleger auch über festverzinsliche Nachrangdarlehen mit bis zu € 25.000 pro Person beteiligen. Auch hier war das Zeichnungskontingent rasch ausgeschöpft. Alles in allem kam ein Viertel des Investitionsvolumens von € 12 Millionen von den Bürgern. Es handelt sich also keineswegs nur um eine symbolische Beteiligung.

Neben den regionalen Versorgern versuchen auch andere Akteure am Energiemarkt, die Bürger finanziell einzubinden – die Bandbreite reicht vom Energieversorger EnBW bis hin zur Umweltorganisation Greenpeace. Wenn die Wind- und Solarparks bei den Menschen vor der Haustür stünden, dann sei es nur fair, den Menschen auch entsprechend Beteiligungsangebote zu machen, sagt EnBW-Chef Frank Mastiaux zu dieser Strategie. In einem Pilotprojekt bot das in Baden-Württemberg beheimatete Unternehmen Kleinanlegern schon Ende 2014 die Möglichkeit, in einen Pool von 17 Windparks mit rund 156 Megawatt zu investieren; der Konzern spricht von der Energiewende als „Mitmach-Bewegung“.

Um ein ähnliches Mitmach-Projekt handelt es sich auch beim Bürgerwindpark Sailershausen (Franken), der von Planet Energy, einer Tochter der genossenschaftlichen Ökostromfirma Greenpeace Energy, initiiert wurde – und der kürzlich ans Netz ging. Dort beteiligten sich 447 Kleinanleger mit insgesamt € 3 Millionen an den Eigenmitteln in Höhe von € 12 Millionen. Zudem holte Planet Energy viele umliegende Städte und Gemeinden sowie zwei regionale Energieunternehmen ins Boot. Dadurch sei das Projekt „wirtschaftlich wie ideell mit der Region verwurzelt“, sagt Planet-Energy-Geschäftsführer Sönke Tangermann.

Fazit Auch wenn es unter dem Strich um vergleichsweise kleine Summen geht: Das Instrument der Bürgerbeteiligung kann helfen, die Akzeptanz von Wind- und Solarparks zu steigern. Pilotprojekte wie in Münster oder Sailershausen zeigen, dass viele Menschen bereit sind, sich finanziell zu engagieren. Wichtig wird es auf mittlere und lange Sicht sein, die Bürger an den Renditechancen fair partizipieren zu lassen – und nicht die Risiken einseitig dem Kleinanleger zuzumuten. Ansonsten nämlich könnte sich die eigentliche Intention rasch ins Gegenteil umkehren.

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Aktuelle Themen der Energiewende

Geplante Änderungen bei der Vergabe von Konzessionen

Das Bundeskabinett hat Anfang Februar einige wichtige Änderungen bei der Vergabe von Konzessionen für kommunale Versorgungsnetze auf den Weg gebracht. Im Kern geht es bei der Novelle darum, die Ausschreibungen zu konkretisieren und die Rechtssicherheit für alle Parteien zu erhöhen. Die wichtigste Neuerung betrifft die Ermittlung des Kaufpreises. Dabei müssen sich Alt- und Neukonzessionär in Zukunft am objektivierten Ertragswert der Netze orientieren.

Tausende Konzessionen für kommunale Strom-, Gas- und Wärmenetze werden in den kommenden Jahren neu ausgeschrieben – schließlich laufen die Nutzungsrechte nach 20 Jahren grundsätzlich aus. In der Vergangenheit kam es in solchen Fällen wiederholt zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den alten und den neuen Konzessionsinhabern. Besonders die Frage, wie der Kaufpreis zu ermitteln ist, war immer wieder umstritten. Die unklare Rechtslage und die Gefahr kostspieliger juristischer Auseinandersetzungen hatten zur Folge, dass sich viele Akteure erst gar nicht um die Konzessionen bewarben. Gerade manchen Stadtwerken waren die Risiken zu hoch.

Mit der Novelle von Paragraf 46 ff. des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) will die Bundesregierung die Verfahren nun konkretisieren. Das Bundeskabinett hat die Veränderungen kürzlich beschlossen. Tauchen im weiteren Gesetzgebungsverfahren keine unerwarteten Schwierigkeiten auf, könnten die Neuerungen im Laufe des Jahres in Kraft treten. Die wichtigste Änderung betrifft die Berechnung des Netzkaufpreises. Zwar sollen die Parteien über die Höhe des Kaufpreises auch in Zukunft frei verhandeln. Sollte es jedoch zu keiner Einigung kommen, legt die EnWG-Novelle, dem Kaufering-Urteil folgend, eindeutig den objektivierten Ertragswert eines Netzes als angemessenen Kaufpreis fest - und nicht den Sachzeitwert. Der mit dem objektivierten Ertragswert verbundene Rückgriff auf die Regulierungsregime von StromNEV und GasNEV stellt für die Netzbewertung eine sachgerechte, neutrale und objektivierte Basis sicher. Diese Klarstellung wird den Druck, zu einer Verhandlungslösung zu kommen, deutlich erhöhen.

Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Auskunftspflicht der aktuellen Netzbetreiber. In Zukunft sollen die Konzessionsinhaber den Kommunen spätestens ein Jahr vor Beginn der Ausschreibung alle wesentlichen Informationen zur Verfügung stellen. Dadurch bekommen potenzielle Erwerber frühzeitig ein konkretes Bild über den technischen und wirtschaftlichen Zustand des Netzes – was den reibungslosen und fristgerechten Übergang vom alten auf den neuen Konzessionär erleichtern dürfte. In dieselbe Richtung zielt eine weitere Änderung: Ziehen sich die Verhandlungen zur Übernahme des Netzes in die Länge, war die Regelung zur Fortzahlung der Konzessionsabgabe bislang auf ein Jahr beschränkt. Kam es zu keiner fristgerechten Einigung, brachen den Kommunen vorübergehend die Einnahmen weg. Durch die Gesetzesnovelle wird die Fortzahlung der Konzessionsabgabe zu einer unbeschränkten Pflicht erklärt. Auch dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer raschen Einigung.

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Auch zwei weitere Neuerungen sollen die Interessen der Kommunen stärken – könnten aber im Ergebnis auch dazu führen, die Verfahren für alle Beteiligten zu beschleunigen. Dabei geht es einmal darum, dass die Belange der „örtlichen Gemeinschaft“ bei der Auswahl des Unternehmens, das die neue Konzession erhält, stärker berücksichtigt werden sollen. Bei der anderen Änderung handelt es sich um die zeitlich gestaffelten sogenannten Rügeobliegenheiten: Sieht sich ein Unternehmen im Vergabeverfahren benachteiligt, muss es gegenüber der Kommune künftig innerhalb festgelegter Fristen eine Rüge vorbringen – ansonsten erlischt die Möglichkeit, gegen eine mögliche Rechtsverletzung im Vergabeverfahren vorzugehen. De facto werden die Klagefristen also beschnitten.

Fazit Die Gesetzesnovelle bringt eindeutige Vorteile mit sich. Durch die konkreten Vorgaben zur Kaufpreisermittlung, die Pflichten zur Offenlegung von Informationen, die unbefristete Fortzahlung der Konzessionsabgabe im Streitfall und die Beschneidung der Klagefristen dürfte sich die Neuvergabe der Konzessionen deutlich beschleunigen. Die Rechtsrisiken sinken, was es gerade für kommunale Versorgungsunternehmen einfacher macht, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen.

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Überregionale Energieversorger

Strategiewechsel bei E.ON und RWE

Das rasante Wachstum im Bereich der erneuerbaren Energien und der Verfall des Stromgroßhandelspreises setzen vor allem den beiden Großkonzernen E.ON und RWE zu und veranlassen sie, zu handeln. Die Reaktion der beiden Dax-Unternehmen ist einschneidend: E.ON spaltet die konventionelle Stromerzeugung und den Energiehandel in eine neue Firma namens Uniper ab, während RWE die erneuerbaren Energien, die Netze und den Vertrieb in einer neuen Tochtergesellschaft bündelt. Voraussichtlich werden beide neuen Unternehmen einen Börsengang vollziehen. Wie werden die Investoren reagieren?

Ende 2014 hatte bereits E.ON mitgeteilt, sich in zwei Geschäftsbereiche aufspalten zu wollen. Um den Herausforderungen der neuen und der alten Energiewelt entsprechend zu begegnen, sah E.ON die Notwendigkeit einer strategischen Differenzierung des Konzerns gegeben. Anders als bei RWE verbleiben der Bereich der erneuerbare Energien, Netze, Vertrieb und Kundenlösungen in der Altgesellschaft E.ON SE – während das konventionelle Erzeugungsgeschäft aus Wasser, Erdgas und Kohle sowie der Energiehandel in ein neues Unternehmen mit dem Namen Uniper übertragen wurden.

Seit dem 1. Januar 2016 hat E.ON die operative Trennung erfolgreich vollzogen, so dass Uniper zwar derzeit noch als Tochter der E.ON SE, aber erstmals eigenständig tätig ist. Zeit für einen ersten Zwischenstand:

• Der Spin-Off: Die Aufspaltung wurde zum größten Teil 2015 vorangetrieben, um den

operativen Geschäftsbeginn von Uniper zum 1. Januar 2016 zu gewährleisten. Dennoch ist das Projekt bis zum eigentlichen Börsengang noch nicht abgeschlossen. Mit der Aufspaltung ist ein großes Projektteam betraut; alles in allem mussten nach Angaben des „Handelsblatts“ mehr als 1.000 Tochtergesellschaften auf die beiden Konzerne verteilt werden. Rund 43.000 Mitarbeiter verbleiben bei E.ON, wohingegen rund 14.000 Mitarbeiter Uniper zugeordnet wurden. Die E.ON-Mitarbeiter zogen von Düsseldorf nach Essen in die neue Zentrale um. Uniper und dessen Mitarbeiter lassen sich hingegen am Sitz Düsseldorf nieder.

• Die „neue“ E.ON: Das Geschäftsmodell von E.ON wird zunächst auf den europaweit

33 Millionen Strom- und Gaskunden sowie auf dem Netzbetrieb, dessen Netz eine Gesamtlänge von ca. 1 Mio. km fasst, beruhen; beide Bereiche versprechen stabile Erträge. Daneben plant E.ON, das Anlagenportfolio von erneuerbaren Energien, welches derzeit eine Leistung von 4,4 Gigawatt umfasst, in den kommenden Jahren weiter deutlich auszubauen. Ursprünglich war vorgesehen, die deutschen Kernkraftwerke ebenfalls an Uniper zu übertragen. Allerdings verblieben diese Kraftwerke bei E.ON – insbesondere um dem von der Bundesregierung neu geplanten Gesetz zur langfristigen Konzernhaftung im Kernenergiebereich Rechnung zu tragen.

• Uniper: Die „neue“ Firma mit dem „alten“ Geschäft ist mit rund 180

Kraftwerksblöcken ausgestattet, die zusammen über etwa 40 Gigawatt Leistung verfügen. Nach eigener Auskunft will Uniper „auch künftig einen wesentlichen Beitrag zur Transformation der Energiesysteme leisten“ und weiterhin seine starke Position im internationalen Energiehandel ausbauen. Der nächste wichtige Meilenstein ist der Spaltungsbericht, der der Öffentlichkeit mit der Einladung zur Hauptversammlung am 8. Juni 2016 vorgestellt wird. Er legt detailliertere

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Informationen über die Geschäftsmodelle, Vermögensverteilung, Investitions- und Wachstumspläne von E.ON und Uniper dar und zeigt auf, in welchem Verhältnis die bisherigen E.ON-Aktionäre an Uniper beteiligt werden. Sofern schließlich die E.ON-Hauptversammlung die Aufspaltung am 8. Juni 2016 erwartungsgemäß beschließt, könnte Uniper bereits im zweiten Halbjahr 2016 an die Börse gebracht werden.

Nach dem Konkurrenten E.ON hat im Dezember 2015 auch RWE eine Aufspaltung des Konzerns angekündigt. Hierzu werden die Bereiche erneuerbare Energien, Netze und Vertrieb in einer neuen Tochterfirma gebündelt. Zehn Prozent dieser Gesellschaft sollen Ende des Jahres im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung an der Börse platziert werden. Die Platzierung von weiteren Anteilen aus dem RWE-Bestand ist möglich. Der Konzern erhofft sich von dem Schritt „neue Finanzierungs- und zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten“. Auf dem ersten Blick scheint das Konzept für den Strategiewechsel, dass beide Großkonzerne E.ON und RWE gewählt haben, nahezu identisch zu sein, da eine ähnliche Aufteilung der Geschäftsfelder vollzogen wurde. Auf dem zweiten Blick fallen jedoch die Unterschiede auf: E.ON verlagert die konventionelle Stromerzeugung und den Energiehandel in die Tochterfirma Uniper, wohingegen RWE diese Geschäftsbereiche sowie die Stromerzeugung aus Kernkraft im Mutterkonzern belässt. E.ON plant den Spin-off von Uniper an die Aktionäre, RWE sieht allerdings einen Initial Public Offering (IPO) der Tochtergesellschaft vor und wird in naher Zukunft einen höheren Anteil als E.ON an der Tochter halten. Inwieweit die Unterschiede der gewählte Konstrukte gewisse Vorteile oder Nachteile nach sich ziehen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Fazit Was vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen wäre, wird nun binnen weniger Monate umgesetzt: Die beiden großen börsennotierten Energieversorger spalten sich auf. Der Lackmustest steht mit den geplanten Börsengängen an.

Vattenfall sucht Käufer für Braunkohlegeschäft, Chinesen erwerben EEW

Wegen der sogenannten Greening-Politik der schwedischen Regierung will Vattenfall sein deutsches Braunkohlegeschäft veräußern. Anfang März lief die Angebotsfrist aus; als Favorit gilt derzeit das tschechische Unternehmen EPH. Der Finanzinvestor EQT findet unterdessen einen potenten Abnehmer für den Recyclingspezialisten Energy from Waste – und zwar aus China.

Der schwedische Energiekonzern Vattenfall steckt mitten im Verkaufsverfahren für sein Braunkohlegeschäft in Sachsen und Brandenburg. Anfang März ist die Angebotsfrist offiziell ausgelaufen. Von den zuletzt vier möglichen Interessenten – darunter neben dem nordrhein-westfälischen Traditionskonzern Steag, die drei tschechischen Firmen Energetický a Průmyslový Holding (EPH), Czech Coal Group und die teilstaatliche CEZ – haben laut Presseberichten Steag und CEZ kein verbindliches Angebot abgegeben. Der Ausstieg aus dem Bieterprozess wurde u.a. mit der ungünstigen Entwicklung der Stromgroßhandelspreise und weiteren Risiken begründet. Laut öffentlich verfügbarer Quellen ist EPH der bevorzugte Käufer. Zum EPH Konzern gehört u.a. auch die Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft Mibrag, die Braunkohletagebaue in Sachsen und Sachsen-Anhalt betreibt. Im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung von Vattenfall am 17. April 2016 soll nach Pressberichten über den Verkauf des deutschen Braunkohlegeschäfts entschieden werden.

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Insgesamt geht es um vier Tagebaue, drei Kraftwerke und rund 8.000 Mitarbeiter. Hintergrund des Verkaufsverfahrens ist die sogenannte Greening-Politik der Regierung in Stockholm. Sie hat zum Ziel, die Emission klimaschädlichen Kohlendioxids drastisch zu reduzieren. Als staatliche Unternehmen kommt Vattenfall bei der Umsetzung dieser Strategie eine Schlüsselrolle zu. Ursprünglich war geplant, die Braunkohlesparte bereits 2015 zu veräußern. Der Verkaufsprozess verzögerte sich allerdings, unter anderem wegen der zwischenzeitlichen Überlegung in der deutschen Politik, eine Klimaschutzabgabe für Kohlekraftwerke zu erheben.

Während sich das eine Verkaufsverfahren vergleichsweise schwierig gestaltet, ist ein anderes abgeschlossen: Anfang Februar 2016 verkündete die chinesische Firma Beijing Enterprises den Kauf des Müllverbrennungsspezialisten EEW Energy from Waste, der bislang zum Portfolio des schwedischen Finanzinvestors EQT gehörte. Der Kaufpreis für das im niedersächsischen Helmstedt angesiedelte Unternehmen beträgt nach Pressinformationen rd. € 1,4 Milliarden. Die einstige E.ON-Tochter hat nach eigenen Angaben 1.050 Mitarbeiter. Die Firma betreibt 18 Anlagen in Deutschland und im benachbarten Ausland, in denen jährlich rd. 4,7 Millionen Tonnen Abfall energetisch verwertet werden. Die erzeugte Energie wird u.a. zu Prozessdampf für Industriebetriebe, Fernwärme für Wohngebiete und Strom für Haushalte umgewandelt.

Bei der Energy from Waste Transaktion handelt es sich um die bislang größte Direktinvestition eines chinesischen Unternehmens in Deutschland. Dass ausgerechnet im Energiesektor eine solche Transaktion stattfindet, ist durchaus bemerkenswert – schließlich zeigten chinesische Bewerber in diesem Sektor schon häufiger Interesse, kamen bislang aber kaum zum Zug.

Fazit Angesichts der fallenden Großhandelspreise für Strom gerät die konventionelle Energieerzeugung immer tiefer in die Krise – dies scheint auch seine Auswirkungen auf den Verkaufsprozess von Vattenfall bezüglich des Braunkohlegeschäfts zu haben. Beim Müllverbrennungsspezialisten Energy from Waste lief der Verkaufsprozess dagegen reibungslos. Dies signalisiert zugleich, dass mit chinesischen Investoren in der deutschen Energiebranche verstärkt zu rechnen ist.

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Regionale Energieversorger bzw. Stadtwerke

Wie machen sich Deutschlands Stadtwerke fit für die Zukunft?

Mehr Wettbewerb auf Vertriebsseite, fehlende Wirtschaftlichkeit auf der Erzeugerseite: Der Umbruch auf dem Energiemarkt macht auch vielen Stadtwerken zu schaffen. Daher liefern die Bereiche Verteilnetze (Strom, Gas oder Wärme) und erneuerbare Energien wichtige Ergebnisbeiträge für regionale Energieversorger. Doch reicht dies auf Dauer?

Der Preisverfall bei den Stromgroßhandelspreisen setzt nicht nur Energieversorgern wie E.ON oder RWE zu – sondern auch vielen der noch immer mehr als 800 deutschen Stadtwerke. Auf der Vertriebsseite lässt der zunehmende Wettbewerbsdruck, der nicht zuletzt durch Vergleichsportale wie Verivox ermöglicht wird, die Margen sinken. Noch stärker allerdings machen sich bei vielen kommunalen Versorgern die Probleme auf der Erzeugungsseite bemerkbar. Durch den dynamischen Ausbau der erneuerbaren Energien und die niedrigen Stromgroßhandelspreise ist die Wirtschaftlichkeit konventioneller Kraftwerke in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Dasselbe gilt zum Beispiel auch für die Kraft-Wärme-Kopplung. Stadtwerke, die in den vergangenen Jahren in neue Erzeugungsanlagen investierten, gerieten häufig in Schwierigkeiten. Die entsprechenden Fälle sind vielfach beschrieben worden, bekannte Beispiel sind Darmstadt, Ulm oder die Stadtwerke Gera; letztere mussten sogar Insolvenz anmelden. Aus den einstigen Cashcows der Kommunen sind vielerorts Problemfälle geworden.

Auf der Suche nach neuen Erlösquellen bemühen sich viele Stadtwerke daher nun um Konzessionen für kommunale Strom-, Gas- oder Wärmenetze (siehe auch Artikel weiter oben). In den vergangenen Monaten waren wieder einige Konzessionsübernahmen zu beobachten. So übernahmen die Stadtwerke Heiligenhaus (Nordrhein-Westfalen) von RWE die Konzession für das Stromnetz auf ihrem Stadtgebiet. Die in kommunaler Hand befindliche Darmstädter Entega wiederum betreibt nun das Stromnetz in Gernsheim (Hessen). Und die Stadtwerke Bad Vilbel (ebenfalls Hessen) erwarben die Konzession für das Stromnetz im Stadtteil Gronau. Die Kalkulation dahinter liegt auf der Hand: Die Rendite des Netzbetriebs ist stabil; die kommunalen Versorger erhoffen sich von den Transaktionen daher gut berechenbare Renditen und Skaleneffekte für die bestehenden Netze.

Einen weiteren Ausweg aus der schwieriger werdenden Situation sehen viele Stadtwerke darin, in Wind- oder Solarparks zu investieren und damit von den Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu profitieren. Auch für diese Strategie gab es in den vergangenen Monaten Belege. So erwarben beispielsweise die Stadtwerke Stuttgart für € 25 Millionen den Windpark Dinkelsbühl (13,2 Megawatt), während die Stadtwerke Tübingen € 18,8 Millionen für den Windpark Oberkochen (9,6 Megawatt) bezahlten.

Weitere Beispiele für Investitionen in erneuerbare Energien Projekte:

Januar 2015: Onshore-Windpark Zölkow (Mecklenburg-Vorpommern), Käufer: RheinEnergie, Kapazität: 40 MW;

April 2015: Onshore-Windpark Mangelsdorf (Sachsen-Anhalt), Käufer: enercity, Verkäufer: BOREAS Energie, Kapazität: 12 MW;

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Juni 2015: 12%-Anteil am Onshore-Windpark Ullersdorf (Brandenburg), Käufer: Stadtwerke Solingen, Verkäufer: STEAG, Kapazität: 43 MW;

Juni 2015: 12,5%-Anteil am Onshore-Windpark Erksdorf (Hessen), Käufer: Stadtwerke Langen, Verkäufer: HSE, Kapazität: 7 MW;

November 2015: Onshore-Windpark Groß Eilstorf (Niedersachsen), Käufer: enercity, Kapazität: 52 MW;

November 2015: Onshore-Windpark Lieskau I und II (Brandenburg), Käufer: Stadtwerke Stuttgart, Verkäufer: UKA Umweltgerechte Kraftanlagen, Kapazität: 21 MW

Fazit Vor dem Hintergrund der derzeitigen Marktbedingungen erscheinen Netzinvestitionen im Wege des Konzessionserwerbs sowie Investitionen in Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien für viele Stadtwerke attraktiv. Diese Geschäftsfelder sichern den Stadtwerken kalkulierbare und vergleichsweise sichere Renditen zu.

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Ausblick

Findet Vattenfall einen Käufer für sein Braunkohlegeschäft? Werden die geplanten Börsengänge der Tochtergesellschaften von E.ON und RWE erfolgreich sein? Und werden die Stadtwerke ihre Investitionen in Wind- und Solarparks fortsetzen? Die kommenden Monate versprechen viel Spannung, zumal auch durch den Gesetzgeber weitere Bewegung in den Energiemarkt kommt. Da ist zum einen die beschriebene EnWG-Novelle, die mehr Rechtssicherheit in die Konzessionsverfahren bei kommunalen Energienetzen bringt.

Zum anderen verspricht aber auch eine weitere Gesetzesnovelle Spannung, die für die kommenden Monate erwartet wird – nämlich die teilweise Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Sie hat dem vorliegenden Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Folge, dass die Fördersätze für On- und Offshore Windenergieanlagen sowie für große Photovoltaikanlagen zukünftig mittels Ausschreibungsverfahren ermittelt werden sollen. Dadurch sollen die durch die Förderung entstehenden Kosten für die Verbraucher möglichst gering gehalten werden. Ob die Ausschreibungen allen Akteuren einen fairen Marktzugang ermöglichen, bleibt abzuwarten. Vermutlich wird die Rentabilität von Investments in Wind- und Solarparks durch die EEG-Novelle tendenziell sinken.

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Service

Veröffentlichungen

Regulierung in der deutschen Energiewirtschaft, 4. Auflage Praxishandbuch zum Energiewirtschaftsgesetz Autoren: Ein interdisziplinäres Fachautoren-Team von rund 70 Beratern und Wirtschaftsprüfern der PricewaterhouseCoopers AG WPG sowie Rechtsanwälten der PricewaterhouseCoopers Legal AG. Dezember 2015 Das Buch kann über den Buchhandel bezogen werden. Preis: € 149 Power & Renewables Deals - 2016 outlook and 2015 review (Mergers and acquisitions activity within the global power, utilities and renewable energy market) Von Norbert Schwieters, Global Energy, Utilities & Mining Leader, Andrew McCrosson, Global Power & Utilities Transaction Services und Rob McCeney, Global Power & Utilities Transaction Services

Januar 2016 PwC-Studie: M&A-Deals bei erneuerbaren Energien erreichen 2015 Rekordwert. Die Studie finden Sie hier zum Download. Deutschlands Energieversorger werden digital Von Felix Hasse, Axel von Perfall, Helge Maas, Antonius Willms Januar 2016 PwC-Studie: Deutschlands Energieversorger werden digital. Studie zur Digitalisierung der deutschen Energiewirtschaft

Die Studie finden Sie hier zum Download. Delphi Energy Future 2040 Herausgeber: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, PricewaterhouseCoopers AG WPG März 2016 Delphi-Studie zur Zukunft der Energiesysteme in Deutschland, in Europa und in der Welt im Jahr 2040 Den Ergebnisband finden Sie hier zum Download. Der vollständige Studienband folgt in Kürze.

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Veranstaltungen

Das KWKG 2016 – wir zeigen Ihnen, welche wesentlichen Neuerungen die KWK-Novelle mit sich bringt und wie sich Ihr Geschäftsmodell entwickeln kann Individuelle Workshops Seit dem 1. Januar 2016 gilt das novellierte KWKG 2016. Hierdurch kommen neue Herausforderungen auf Anlagen- und Netzbetreiber zu. Für bestehende Anlagen und geplante Investitionen verändern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gravierend. Weitere Informationen erfragen Sie bitte bei Hanno Ribbing, Tel.: +49 211 981-1535, [email protected]. Update Strom- und Energiesteuer - Wir bringen Sie auf den neusten Stand 27. April 2016, München In diesem Frühjahr stellen wir Ihnen die wichtigsten Änderungen des Energie- und Stromsteuerrechts in 2016 vor, geben Ihnen Praxishinweise zum Umgang mit den neuen Regelungen und informieren Sie umfassend über die aktuelle und künftige Rechtsentwicklung. Hierzu zählen insbesondere die Umsetzung der EU-Transparenzvorschriften sowie die geplanten Änderungen der Energiesteuer- und der Stromsteuer-Durchführungsverordnungen. Außerdem sorgen das Strommarktgesetz und die Auswirkungen des EU-Beihilferechts, insbesondere im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Stromsteuerbefreiung für EEG-Anlagen bis zu einer elektrischen Leistung von zwei Megawatt, für erheblichen Zündstoff. Daneben sind noch weitere gesetzliche Änderungen geplant. Weitere Informationen erhalten Sie hier oder von RA Ralf Reuter, Tel.: +49 211 981-4763, [email protected]. PwC-Energieforum – Netz und Vertrieb 14. bis 15. Juli 2016, Köln Im sechsten Jahr nach der Ankündigung des beschleunigten Ausstiegs aus der Kernenergie haben sich die Herausforderungen für Energieversorger weiter konkretisiert. So hält die Energiewende nun auch auf dem Wärmemarkt Einzug. Als einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen gerät dieser zunehmend in den Fokus des Gesetzgebers. Dies geht einher mit Verschärfungen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) und der Energieeinsparverordnung (EnEV) sowie zahlreichen neuen Klimaschutzgesetzen auf Landesebene. Zugleich entdecken zunehmend nicht nur Energieversorger das Geschäftsfeld der dezentralen Energieversorgung für sich. Darüber hinaus ist derzeit das Stichwort "Digitalisierung“ in aller Munde – sowohl mit Blick auf den Energievertrieb als auch im Kontext des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende und des Messstellenbetriebsgesetzes (MsBG). Wir möchten Ihnen im Rahmen unseres diesjährigen Energieforums von den aktuellen Entwicklungen rund um diese Themen berichten, Ihnen unsere Lösungsansätze vorstellen und diese mit Ihnen diskutieren. Auf dem Programm stehen zahlreiche interessante Fachvorträge unserer Experten und spannende Beiträge externer Referenten. Der erste Veranstaltungstag wird durch ein Abendprogramm abgerundet, bei dem Sie Gelegenheit haben, sich mit den anderen Teilnehmern weiter auszutauschen. Weitere Informationen erhalten Sie hier oder von RA Christian Teßmann, Tel.: +49 211 981-4787, [email protected].

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Über uns

Ihre Ansprechpartner

Deutschland

Dr. Jan-Philipp Sauthoff Transactions Energy Partner Tel.: +49 211 981-2135 [email protected]

Dr. Norbert Schwieters Global Energy Leader Partner Tel.: +49 211 981-2153 [email protected]

Dr. Alexander von Friesen M&A Energy Partner Tel.: +49 69 9585-5487 [email protected]

Andreas Koletzko Transaction Services Energy Partner Tel.: +49 211 981-7427 [email protected]

Dr. Rolf Müller Valuations Energy Partner Tel.: +49 711 25034-5311 [email protected]

Heiko Stohlmeyer Finance & Regulation Director Tel.: +49 40 6378-1532 [email protected]

Frank Leiber Valuations Energy Senior Manager Tel.: +49 711 25034-5317 [email protected]

Christoph Berten Valuations Energy Manager Tel.: +49 211 981-1633 [email protected]

Oliver Moß Finance & Regulation Senior Manager Tel.: +49 40 6378-1734 [email protected]

Schweiz

Dr. Marc Schmidli Leiter des Branchensektors Energie, Versorgung und Bergbau Advisory Schweiz Partner Tel.: +41 58 792-1564 [email protected]

Österreich

DI Michael Sponring Energy Leader Österreich Director Tel.: +43 1 501 88-2935 [email protected]

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Redaktion

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Thomas Hermanns Valuations Energy Senior Consultant Tel.: +49 211 981-2337 [email protected]

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Quellen: PwC Analyse & Research (Unternehmensinformationen, Presse, mbi-infosource.de, mergermarket.com)

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