1
77 MMW-Fortschr. Med. Nr. 1 / 2013 (155. Jg.) PHARMAFORUM Mehrdimensionale Therapie der Depression Agomelatin verbessert Stimmung und Alltagsfunktionalität _ Um bei Patienten mit unipolarer De- pression ein möglichst gutes Therapieer- gebnis zu erzielen, ist eine alleinige Ver- besserung der depressiven Stimmung nicht ausreichend, berichtete Prof. Sidney H. Kennedy, Toronto/Kanada. Es sollten auch kognitive und neurovegetative Di- mensionen adressiert werden. „Eine Ver- besserung in diesen drei klinischen Dimen- sionen führt letztendlich auch zu einem besseren funktionellen Outcome“, so Kennedy. Unter einer Therapie mit konven- tionellen Antidepressiva verspüren die Patienten zwar eine Linderung der ge- drückten Stimmung, entwickeln aber häu- fig ein „emotional blunting“, eine emotio- nale Abflachung. Patienten, die mit SSRIs behandelt werden, berichten laut Kennedy besonders häufig über dieses Phänomen. Die Ergebnisse einer Head-to-Head-Stu- die mit Agomelatin (Valdoxan®) vs. einem SSRI bei 66 Patienten mit Depression zei- gen, dass ein „emotional blunting“ bei den mit dem melatonergen Antidepressivum behandelten Patienten deutlich seltener auftrat als in der SSRI-Gruppe (Abb. 1). Au- ßerdem habe sich Agomela- tin in direkten Vergleichsstu- dien mit konventionellen Antidepressiva in Bezug auf die Verbesserung von Anhe- donie, Angstsymptomen und der Fähigkeit, wieder klar denken zu können, als sehr effektiv erwiesen, be- richtete Kennedy. Zusam- men mit der unter Agomela- tin beobachteten Normali- sierung des Nachtschlafes, Reduktion der Tagesmüdig- keit und Verbesserung der Aufmerksamkeit sowie ei- nem i. d. R. günstigen Verträglichkeitsprofil hebe sich Agomelatin deutlich von den etablierten Antidepressiva ab. Agomelatin induziere i. d. R. keinen Ge- wichtsanstieg, keine Störungen der Sexual- funktion, keine Sedierung und habe ein mit Placebo vergleichbares Verträglich- keitsprofil. Kontrollen der Lebertransami- nasen (GOT, GPT) sind entsprechend der Fachinformation durchzuführen. Außer- dem zeichnet sich die Substanz durch ei- nen schnellen Wirkeintritt aus. Bereits nach einer Woche wurde eine gegenüber Place- bo signifikante Verbesserung der depres- siven Symptomatik beobachtet (Stahl SM et al. J Clin Psychiatry 2010; 71: 616–626). Abdol A. Ameri Quelle: Satellitensymposium „A new chapter in the history of depression“, ECNP-Kongress, Wien, Oktober 2012 (Veranstalter: Servier) Chronische Hepatitis C Triple-Therapie erhöht die Heilungschancen _ In der Behandlung der chronischen He- patitis C Genotyp 1 kann die Triple-Thera- pie mit Telaprevir (Incivo®) und Peginterfe- ron alfa/Ribavirin (PR) die Heilungsraten, definiert als anhaltende Virusfreiheit (su- stained virological response, SVR) im Ver- gleich zu der früheren Zweifachtherapie deutlich erhöhen. Unter der Dreifachkom- bination gelinge es, bei nicht vorbehandel- ten Patienten zu 70–80% eine Heilung zu erreichen im Vergleich zu 40–50% unter PR, berichtete Prof. Michael P. Manns, Han- nover. Zudem reiche in zwei Drittel der Fäl- le eine sechsmonatige Therapie aus. Die Chancen auf eine SVR sind aller- dings abhängig vom Fibrosegrad. In der ADVANCE-Studie erreichten therapienaive Patienten ohne bzw. mit nur geringfügig ausgeprägter Fibrose (F0–F2) unter der Triple-Therapie mit Telaprevir/PR höhere SVR-Raten als Patienten mit fortgeschritte- ner Fibrose oder kompensierter Zirrhose. Dennoch dürften die potenziellen Erfolge bei fortgeschrittener Leberfibrose im Ver- gleich zu einer Zweifachtherapie mit PR nicht unterschätzt werden, betonte Manns. Förderung der Adhärenz Das Management der neuen Triple-Thera- pie sei deutlich komplexer als das der dualen Therapie, gab Dr. Peter Buggisch, Hamburg, zu bedenken. Zusätzlich zu den bereits bekannten Nebenwirkungen der bisherigen Standardmedikation müsse un- ter der Triple-Therapie mit weiteren uner- wünschten Wirkungen gerechnet werden, insbesondere mit einer weiteren Verstär- kung der Ribavirin-induzierten Anämie, Hautausschlag und analer Juckreiz. Daher sei es wichtig, die Patienten zu Therapiebe- ginn intensiv über die Chancen, aber auch über die möglichen Nebenwirkungen auf- zuklären und engmaschige Kontrollunter- suchungen durchzuführen. Die dermalen Symptome seien meist mild bis moderat und bei sorgfältiger Hautpflege gut be- herrschbar. Bei Anämie könne die Ribavi- rin-Dosis reduziert werden, ohne die SVR zu beeinträchtigen. Abdol A. Ameri Quelle: Pressekonferenz „Chronische Hepatitis C: Ein Jahr Triple-Therapie mit Telaprevir“, DGVS-Kongress, Hamburg, September 2012 (Veranstalter: Janssen-Cilag) 60 50 40 30 20 10 0 53% 28% Agomelatin N = 36 Escitalopram N = 30 Agomelatin N = 36 Escitalopram N = 30 16% p = 0,063 p = 0,024 Anteil der Patienten, die in Woche 24 die Aussagen bejahten „Meinen Emotionen fehlt die Intensität“ „Dinge, um die ich mich vor meiner Erkrankung gekümmert habe, scheinen jetzt nicht mehr wichtig für mich zu sein.“ 60% Abbildung 1 Abb. 1 Agomelatin reduziert die emotionale Abflachung. Nach: Corruble E. et al. Europ Psychiatry 2011; 20: P02–24

Triple-Therapie erhöht die Heilungschancen

  • Upload
    abdol-a

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

77MMW-Fortschr. Med. Nr. 1 / 2013 (155. Jg.)

PHARMAFORUM

Mehrdimensionale Therapie der Depression

Agomelatin verbessert Stimmung und Alltagsfunktionalität_ Um bei Patienten mit unipolarer De-pression ein möglichst gutes Therapieer-gebnis zu erzielen, ist eine alleinige Ver-besserung der depressiven Stimmung nicht ausreichend, berichtete Prof. Sidney H. Kennedy, Toronto/Kanada. Es sollten auch kognitive und neurovegetative Di-mensionen adressiert werden. „Eine Ver-besserung in diesen drei klinischen Dimen-sionen führt letztendlich auch zu einem besseren funktionellen Outcome“, so Kennedy. Unter einer Therapie mit konven-tionellen Antidepressiva verspüren die Patienten zwar eine Linderung der ge-drückten Stimmung, entwickeln aber häu-fig ein „emotional blunting“, eine emotio-nale Abflachung. Patienten, die mit SSRIs behandelt werden, berichten laut Kennedy besonders häufig über dieses Phänomen.

Die Ergebnisse einer Head-to-Head-Stu-die mit Agomelatin (Valdoxan®) vs. einem SSRI bei 66 Patienten mit Depression zei-gen, dass ein „emotional blunting“ bei den mit dem melatonergen Antidepressivum behandelten Patienten deutlich seltener auftrat als in der SSRI-Gruppe (Abb. 1). Au-

ßerdem habe sich Agomela-tin in direkten Vergleichsstu-dien mit konventionellen Antidepressiva in Bezug auf die Verbesserung von Anhe-donie, Angstsymp tomen und der Fähigkeit, wieder klar denken zu können, als sehr effektiv erwiesen, be-richtete Kennedy. Zusam-men mit der unter Agomela-tin beobachteten Normali-sierung des Nachtschlafes, Reduktion der Tagesmüdig-keit und Verbesserung der Aufmerksamkeit sowie ei-nem i. d. R. günstigen Verträglichkeitsprofil hebe sich Agomelatin deutlich von den etablierten Antidepressiva ab.

Agomelatin induziere i. d. R. keinen Ge-wichtsanstieg, keine Störungen der Sexual-funk tion, keine Sedierung und habe ein mit Placebo vergleichbares Verträglich-keitsprofil. Kontrollen der Lebertransami-nasen (GOT, GPT) sind entsprechend der Fachinformation durchzuführen. Außer-

dem zeichnet sich die Substanz durch ei-nen schnellen Wirkeintritt aus. Bereits nach einer Woche wurde eine gegenüber Place-bo signifikante Verbesserung der depres-siven Symptomatik beobachtet (Stahl SM et al. J Clin Psychiatry 2010; 71: 616–626).

■ Abdol A. AmeriQuelle: Satellitensymposium „A new chapter in the history of depression“, ECNP-Kongress, Wien, Oktober 2012 (Veranstalter: Servier)

Chronische Hepatitis C

Triple-Therapie erhöht die Heilungschancen_ In der Behandlung der chronischen He-patitis C Genotyp 1 kann die Triple-Thera-pie mit Telaprevir (Incivo®) und Peginterfe-ron alfa/Ribavirin (PR) die Heilungsraten, definiert als anhaltende Virusfreiheit (su-stained virological response, SVR) im Ver-gleich zu der früheren Zweifachtherapie deutlich erhöhen. Unter der Dreifachkom-bination gelinge es, bei nicht vorbehandel-ten Patienten zu 70–80% eine Heilung zu erreichen im Vergleich zu 40–50% unter PR, berichtete Prof. Michael P. Manns, Han-nover. Zudem reiche in zwei Drittel der Fäl-le eine sechsmonatige Therapie aus.

Die Chancen auf eine SVR sind aller-dings abhängig vom Fibrosegrad. In der ADVANCE-Studie erreichten therapienaive Patienten ohne bzw. mit nur geringfügig

ausgeprägter Fibrose (F0–F2) unter der Triple-Therapie mit Telaprevir/PR höhere SVR-Raten als Patienten mit fortgeschritte-ner Fibrose oder kompensierter Zirrhose. Dennoch dürften die potenziellen Erfolge bei fortgeschrittener Leberfibrose im Ver-gleich zu einer Zweifachtherapie mit PR nicht unterschätzt werden, betonte Manns.

Förderung der AdhärenzDas Management der neuen Triple-Thera-pie sei deutlich komplexer als das der dua len Therapie, gab Dr. Peter Buggisch, Hamburg, zu bedenken. Zusätzlich zu den bereits bekannten Nebenwirkungen der bisherigen Standardmedikation müsse un-ter der Triple-Therapie mit weiteren uner-wünschten Wirkungen gerechnet werden,

insbesondere mit einer weiteren Verstär-kung der Ribavirin-induzierten Anämie, Hautausschlag und analer Juckreiz. Daher sei es wichtig, die Patienten zu Therapiebe-ginn intensiv über die Chancen, aber auch über die möglichen Nebenwirkungen auf-zuklären und engmaschige Kontrollunter-suchungen durchzuführen. Die dermalen Symptome seien meist mild bis moderat und bei sorgfältiger Hautpflege gut be-herrschbar. Bei Anämie könne die Ribavi-rin-Dosis reduziert werden, ohne die SVR zu beeinträchtigen.

■ Abdol A. AmeriQuelle: Pressekonferenz „Chronische Hepatitis C: Ein Jahr Triple-Therapie mit Telaprevir“, DGVS-Kongress, Hamburg, September 2012 (Veranstalter: Janssen-Cilag)

60

50

40

30

20

10

0

53%

28%

AgomelatinN = 36

EscitalopramN = 30

AgomelatinN = 36

EscitalopramN = 30

16%

p = 0,063 p = 0,024

Ante

il de

r Pat

ient

en, d

ie in

Woc

he 2

4 di

e Au

ssag

en b

ejah

ten

„Meinen Emotionen fehlt die Intensität“

„Dinge, um die ich mich vor meiner Erkrankung gekümmert habe, scheinen jetzt nicht mehr

wichtig für mich zu sein.“

60%

– Abbildung 1

Abb. 1 Agomelatin reduziert die emotionale Abflachung.

Nac

h: C

orru

ble

E. e

t al.

Euro

p Ps

ychi

atry

201

1; 2

0: P

02–2

4