6
Planta, Bd. 47, S. 159--164 (1956) Aus dem Botanischen Institut der Technischen Hochschule Braunschweig UBER DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEg L'~IAgGE VON HAFERKOLEOPTILEN UND DER WACHSTUMS- GESCHWINDIGKEIT IHgER ISOLIEgTEN AUSSCHNITTE Von DIETIIARD KSHLEI~ Mit 6 Textabbildungen (Eingegangen am 7. Februar 1956) Die Wachstumsgesehwindigkeit isolierter Haferkoleoptilzy]inder ist eine Funktion der Wuchsstoffkonzentration. Sic entspricht nach Bo:N~g und Mitarbeitern fiber weite Konzentrationsbereiehe der geaktionsgeschwindigkeit eines Enzyms in Abhangigkeit yore Substrat. Folgerungen aus dieser Obereinstimmung sind nur dann verl~131ich, wenn die Wachstumsgesehwindigkeit der Zylinder in einer bestimmten Wuchsstoffkonzentration fiber li~ngere Zeit konstant bleibt. Eine solehe Konstanz fanden BEN:NET-CLARK und KEFFORD (1954) nieht; sie stellten vielmehr test, dab die Wachstumsgesehwindigkeit im Laufe des Versuchs gesetzm~gigen Schwankungen unterliegt. In einer sp~teren Arbeit zeigen dagegen Bo:N~ER und FOSTER (1955), dab die Wachstums- geschwindigkeit auch bei Messung in kurzen Intervallen konstant ist. Sic sprechen die Vermutung aus, dal~ die gegens~tzliehen gesultate auf Untersehieden in der ~ethodik beruhen. BEY:NET-CLARKund KEFFORD verwendegen kfirzere Koleoptilen und ungepufferte Wachs- tumsl5sungen ohne K-Ionen. Im fo]genden soll gezeigt werden, welehe yon den drei genannten Bedingungen die Inkonstanz der Wachstums- geschwindigkeit hervorruft. Methodik. Die Versuehe wurden in einer Klimakammer bei 260 C und got]ieht (Schott-Filter RG 1) mit Hafer der Sorte Goldkorn (Pommersche Saatzueht) durchgeffihrt. Die nichtentspelzten Hafer- kSrner wurden in Petrisehalen auf Filtrierpapier angequollen und naeh 24 Std mit der Kornbasis nach unten in feuchten Sand gesteekt. Naeh weiteren 40 bis 48 Std hatten die am weitesten entwiekelten Ko]eoptilen die gewtinschte Li~nge (Messung yon der Kornbasis ab) erreicht. 10 bis 12 Koleoptilen gleicher Li~nge wurden dann gleieh- zeitig so geschnit~en, dab die entstehenden Zylinder genau den Absehnitt yon 3 bis 8 mm unter der Spitze umfagten. Der Prim~rblattrest wurde entfern~ und die Zylinder auf einer Glaskapillare aufgereiht. Diese wurde dann in den einen Schenkel eines U-fSrmig gebogenen Glas- rohres gestellt. In diesen tropfte mit konstanter Geschwindigkeit die VersuehslSsung, naehdem sie vorher zur Versorgung mit Luftsauerstoff

Über die Beziehungen zwischen der Länge von Haferkoleoptilen und der Wachstumsgeschwindigkeit ihrer isolierten Ausschnitte

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die Beziehungen zwischen der Länge von Haferkoleoptilen und der Wachstumsgeschwindigkeit ihrer isolierten Ausschnitte

Planta, Bd. 47, S. 159--164 (1956)

Aus dem Botanischen Institut der Technischen Hochschule Braunschweig

UBER DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN D E g L'~IAgGE VON H A F E R K O L E O P T I L E N UND DER WACHSTUMS-

GESCHWINDIGKEIT I H g E R I S O L I E g T E N AUSSCHNITTE

Von DIETIIARD KSHLEI~

Mit 6 Textabbildungen (Eingegangen am 7. Februar 1956)

Die Wachstumsgesehwindigkeit isolierter Haferkoleoptilzy]inder ist eine Funktion der Wuchsstoffkonzentration. Sic entspricht nach Bo:N~g und Mitarbeitern fiber weite Konzentrationsbereiehe der geaktionsgeschwindigkeit eines Enzyms in Abhangigkeit yore Substrat. Folgerungen aus dieser Obereinstimmung sind nur dann verl~131ich, wenn die Wachstumsgesehwindigkeit der Zylinder in einer bestimmten Wuchsstoffkonzentration fiber li~ngere Zeit konstant bleibt. Eine solehe Konstanz fanden BEN:NET-CLARK und KEFFORD (1954) nieht; sie stellten vielmehr test, dab die Wachstumsgesehwindigkeit im Laufe des Versuchs gesetzm~gigen Schwankungen unterliegt. In einer sp~teren Arbeit zeigen dagegen Bo:N~ER und FOSTER (1955), dab die Wachstums- geschwindigkeit auch bei Messung in kurzen Intervallen konstant ist. Sic sprechen die Vermutung aus, dal~ die gegens~tzliehen gesultate auf Untersehieden in der ~ethodik beruhen. BEY:NET-CLARK und KEFFORD verwendegen kfirzere Koleoptilen und ungepufferte Wachs- tumsl5sungen ohne K-Ionen. Im fo]genden soll gezeigt werden, welehe yon den drei genannten Bedingungen die Inkonstanz der Wachstums- geschwindigkeit hervorruft.

Methodik. Die Versuehe wurden in einer Klimakammer bei 260 C und got] ieht (Schott-Filter RG 1) mit Hafer der Sorte Goldkorn (Pommersche Saatzueht) durchgeffihrt. Die nichtentspelzten Hafer- kSrner wurden in Petrisehalen auf Filtrierpapier angequollen und naeh 24 Std mit der Kornbasis nach unten in feuchten Sand gesteekt. Naeh weiteren 40 bis 48 Std hatten die am weitesten entwiekelten Ko]eoptilen die gewtinschte Li~nge (Messung yon der Kornbasis ab) erreicht. 10 bis 12 Koleoptilen gleicher Li~nge wurden dann gleieh- zeitig so geschnit~en, dab die entstehenden Zylinder genau den Absehnitt yon 3 bis 8 mm unter der Spitze umfagten. Der Prim~rblattrest wurde entfern~ und die Zylinder auf einer Glaskapillare aufgereiht. Diese wurde dann in den einen Schenkel eines U-fSrmig gebogenen Glas- rohres gestellt. In diesen tropfte mit konstanter Geschwindigkeit die VersuehslSsung, naehdem sie vorher zur Versorgung mit Luftsauerstoff

Page 2: Über die Beziehungen zwischen der Länge von Haferkoleoptilen und der Wachstumsgeschwindigkeit ihrer isolierten Ausschnitte

160 D I E T K A R D ] ~ 6 H L E R :

6

5 -

3

2

1

"den

i

60 120 rain /80

A b b . 1. ( U n t e r s c h r i f t zu A b b . 1 - - 3 s. S. 161)

6'0 12o 180 rain

A b b . 2

2~0

fig 1'20

A b b . 3

/80 min

Page 3: Über die Beziehungen zwischen der Länge von Haferkoleoptilen und der Wachstumsgeschwindigkeit ihrer isolierten Ausschnitte

L~,nge yon Haferkoleoptilen 161

fiber eine Filtrierpapierbriieke gelaufen war. Die an den Zylindern vorbeigestrSrate LSsung f]o13 aus dera anderen Schenkel des U-l~ohrs ab. Das Horizontalraikroskop wurde auf die obere Schnit*flache des obersten Zylinders eingestellt und der Zuwachs der gesaraten Zylinder- reihe in Abstanden yon einer bis einigen Minuten mit dera Okular- raikroraeter verfolgt. Der Ablesefehler war kleiner als ein hMber Teil- strich. Da die Streuung der Zuwachswerte der einzelnen Zylinder bei der gewiihlten Versuchsanordnung nicht festgestellt werden konnte, wurden alle Versuche raehrfach wiederholt. Die Ergebnisse sind graphisch dargestellt, auf der Ordinate der Zuwachs der gesaraten Zylinderreihe in Teilstrichen je Minute, auf der Abszisse die Zeit nach dera Schneiden der Koleoptilen in Minuten.

Ergebnisse. Die Abb. 1 zeigt den Waehsturasverlauf yon Zylindern aus 21 rata langen Koleoptilen in ra/75 KH2PO ~ (pa 4,5). Die Wachs- turasgeschwindigkeit steigt anfanglich an, wahrscheinlich auf Grund einer Einstellung auf die osraotischen Verhaltnisse der LSsung, und fallt dann wegen Verbrauchs der Wuchsstoffreserven bis zura Ende der zweiten Stunde nach dem Schneiden wieder ab. Der darauffolgende Anstieg ist der Tatigkeit der neugebildeten physiologischen Spitze zu- zuschreiben. Bei Zylindern aus 25 rata langen Koleoptilen ist dieser Anstieg raerklich verzSgert (Abb. 2), er erreicht such nicht die gleiche H5he wie bei den Zylindern aus kleineren Koleoptilen. Behandelt man jedoch solche Zylinder rait Tryptophan (Abb. 3 ffir 26 rara-Zylinder), so ist der Anstieg sogar erheblich st~.rker als bei den Zylindern aus viel kleineren Koleoptilen ohne Tryptophan (vgl. Abb. 1). Daraus ist zu folgern, da2 die etwa 2 Std nach dera Schneiden neu gebildete physiologische Spitze wahrscheinlieh nichts anderes ist als ein Enzym- system zur Bildung yon Indolessigsaure aus Tryptophan, und weiterhin, dal3 der geringere Wachsturasanstieg nach der zweiten Stunde bei Zylindern aus langeren Koleoptilen auf einera stiirkeren Mangel an Substrat ffir die Wuchsstoffproduktion beruht.

Die Koleoptilzylinder wuchsen in allen 3 Versuchen in KH2PO~, der pi~-Wert der LSsung entspricht also dera yon BONNER End FOSTER verwendeten, die keine Schwankungen in der Wachsturas- geschwindigkeit finden konnten. Darait sind die beiden Faktoren

Abb. 1--3. Wachstum isolierter l~oleoptilen-Abschnitte. Abszisse: Zeit nach denl Sehnei- den in Minuten. Ordinate: Zuwaehs einer Abschnittsreihe in Teilstrichen je Minute.

Versuchsdaten

Abbi l - I ( o l e o p t i l - d u n g e n I~nge S tof fe ill d e r V e r s u c h s l 6 s u n g

m m

21 I 1KH~PO~ m / 7 5 25 ~ K H 2 P O ~ m / 7 5 26 IKH2P04 m / 7 5 T r y p t o p h a n ~ �9 10 -~

Page 4: Über die Beziehungen zwischen der Länge von Haferkoleoptilen und der Wachstumsgeschwindigkeit ihrer isolierten Ausschnitte

162 DI*THiR. KOHLER:

60 120 SSO rain

A b b . 4. ( U n t e r s e h r i f t z u A b b . 4 - - 6 s. S. 163)

2 ~

Is

1

L______L 0 60 120

Ibb. 5

_ 1 180 rain Z ~

Is

60 120

i b b . 6

180 rnin 2~g

Page 5: Über die Beziehungen zwischen der Länge von Haferkoleoptilen und der Wachstumsgeschwindigkeit ihrer isolierten Ausschnitte

L/~nge yon Haferkoleoptflen :[63

p~-Wert und Mangel an K-Ionen als Ursachen der Inkonst~nz des Wachstums ausgesehaltet. Offenbar bestimmt die Lange der Koleoptflen die Stiirke des Wachstums der Zylinder nach der Wiederbildung der physiologischen Spitze: die Inkonstanz des Zuwachses beruht auf der Verwendung yon Abschnitten aus 15 bis 20 mm langen Koleoptilen (BElqlqET-CLARK), die Konstanz bei B o ~ g und FOST~g erkli~rt sich aus der Verwendung 30 mm langer Koleoptilen.

DaB der p~-Wert keine grunds~tzliche Rolle bei der Wiederbildung der physiologischen Spitze spielt, karm auBerdem aus der Abb. 4 abgelesen werden. Es handelt sich urn Zylinder aus 20 mm langen Koleoptilen in m/150 KH~POt q- m/150 Na~HPO~ (p~r 6,8). Gegeniiber den Ver- suchen bei p~ 4 ist lediglich die allgemeine Wachstumsgeschwindigkeit geringer (der OrdinatenmaBstab ist hier vergrSBert!). Gibt man solchen Zylindern Indolessigs/~ure (Abb. 5), so steig~ die Wachstumsgeschwin- digkeit an. Das Maximum tritt 30 min nach IES-Zugabe ein; ihm folgt ein Abfall bis zum Minimum, das kurz vor Ende der zweiten Stunde liegt, also zum gleichen Zeitpunkt wie bei der Kontrolle. Daran schlieBt sich der durch die Eigenbildung yon Wuehsstoff verursachte Anstieg bis zu einem Punkt (etwa 140 rain nach dem Schneiden), yon dem ab die Wachstumskurve spiegelbildlich zur Kontr011e verl/~uft. Von hier ab ist offenbar die Summe zugegebener ~ eigener Wuchsstoff iiberoptimal. Die stetige Zunahme des eigenen Wuchsstoffes /iuBert sich in einer immer sti~rker werdenden Wachstumshemmung. Die Lage des Umschlagspunktes ist abhi~ngig yon der Menge des yon auBen gegebenen Wuchsstoffes; er liegt bei der h6heren Konzentration yon Indolessigs/~ure ffiiher (Abb. 6). Das Waehstumsminimum vor Ende der zweiten Stunde ist auch nicht so ausgepr~g~ wie bei niedrigerer Konzentration. Eine IES-Konzentration, die zu dieser Zeit maximales Wachstum bewirkt, miiBte bei Beginn der Eigenproduktion solort iiberoptimal werden, die Wachstumsgesehwindigkeit also sofort ab- YlehlTlen .

Aus den beschriebenen Versuchen ergibt sich folgendes: Eine kon- stante Wachstumsrate yon Koleoptilzylindern in einer bestimmten Wuchsstoffkonzentration kann nur erwartet werden, wenn die Eigen- produktion an Wuchsstoff sehr schwach oder gleich Null ist. Dies

Abb. 4 - -6 . W a c h s t u m isolierter Koleoptf len-Abschni t te . • Zei~ nach dem Schnei- den in Minuten. Ordinate : Zuwachs einer Abschni t tsre ihe in Teilstr ichen je Minute.

Versuchsda ten

Abbil- ]~oleoptil- dungen 1/~nge Stoffe in tier Versuchsl6sung

m m

4 20 Ktt.oPO4 m/150 Na~HP04 m/150 5 20 KH2PO, m/150 Na2FIPO~ m/150 Indolessigs/iure 3,6 �9 10 -6 6 20 Ktt2PO4 m/150 Na2HPO4 m/150 Indolessigs/im~e 1,3 10 -~

Planta. Bd. 47 12

Page 6: Über die Beziehungen zwischen der Länge von Haferkoleoptilen und der Wachstumsgeschwindigkeit ihrer isolierten Ausschnitte

164 DIETHARD K6HImR: L~nge yon Haferkoleoptilen

trifft nicht zu bei den kurzen Koleoptilen, mit denen BENNET-CLARK und KEFFORD gearbeitet haben, wohl aber bei den yon BO~ER benutzten l~ngeren Koleoptilen, deren Zylinder ohne Wuchsstoffzugabe mi~ einer sehr geringen, einigermal~en konstanten Gesehwindigkeit waehsen. Kleine Abweiehungen der Waehstumsgeschwindigkeit fiber ]gngere Zeiten und sts Abweichungen in kurzen Zeitrgumen sincl bei der bisher verwendeten Methode und dem Verfahren, nicht das Wachstum in der Zeiteinheit, sondern den Gesamtzuwachs graphisch aufzutragen, nieht zu erkennen. Daher konnten BoN~E~ und FOSTER auch den bier gezeigten Anstieg der Waehstumsgeschwindigkeit nach Zugabe von IES nicht feststellen.

Zusammeniasslmg Die Wachstumsgeschwindigkeit yon Koleoptilzylindern ist eine

Funktion der Summe yon selbstgebildetem und zugegebenem Wuehs- Stoff. Sehwankt die Eigenbildung von Wuchsstoff und ist seine )/[enge gegen die Menge des yon der VersuchslSsung aufgenommenen Wuehs- stoffs nieht zu vernachl~ssigen, dann resultiert daraus eine sehwankende Wachstumsgeschwindigkeit. Je kleiner die Koleoptilen sind, desto mehr Wuchsstoff produzieren die aus ihnen gesehnittenen Zylinder naeh der Wiederbildung der physiologischen Spitze, desto schwankender ist also ihr Wachstum. Zylinder aus l~ngeren Kole0ptilen bilden kaum noeh eigenen Wuehsstoff, weft sie Mangel an Wuchsstoffvorstufe (Tryptophan) h~ben. Ihr eigener Wuchsstoff kann gegenfiber dem aufgenommenen Wuehsstoff vernachl~ssigt werden; das Wachstum solcher Abschnitte ist daher nahezu konstant.

Literatur BE~NET-CLA:RK, T. i . , and N~ P. K~y~o~D: J. of exper. Bot. 5, 293--304

(1954). - - BONN~, J., and 1%. J. FOSTer: J. of exper. Bot. 6, 293--302 (1955).

Dr. DIETH_~RI) K6m~m% Braunschweig, Humboldtstr. 1, Botan. Institut