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Aus der GroBherzogl. Universit/itsklinik ffir Ohren-, Nasen- und Kehl- kopfkranke in Jena. Uber die pathologisch-anatomischen und pathologisch- physiologischen Orundlagen der nichteitrigen Erkrankungs- prozesse des inneren Ohres und des H6rnerven. Von K. Wittmaack. Mit Tafel II/IX, In einer vor Io Jahren im 50. Band der Zeitschrift ffir Ohren- heilkunde erschienenen Arbeit fiber ,,Schwindel und Gleichgewichts- st6rungen bei nicht dutch eitrige Entziindungen bedingten Erkran- kungen des inneren Ohres und ihre differenzial-diagnostische Bedeutung" habe ich den Versuch gemacht, die bisher fast allgemein unter der Be- zeichnung der ,,nerv6sen Sehwerh6rigkeit" zusammengefaBten Erkran- kungsprozesse in die nicht eitrigen Erkrankungen des Labyrinthes (,,Labyrinthitiden") und die Erkrankungen des H/Srnerven spez. des Nervus cochlearis (,,Neuritis acustica")zu zergliedern. Ich stiitzte reich seinerzeit auf den einen yon mir ausftihrlich beschriebenen, auch patho- logisch-anatomisch sehr genau untersuchten Fall yon toxischer Neuritis acustica 1) und eine Reihe yon klinischen Beobachtungen, die vor allem darauf hinauszielten, durch vergleichende Priifungen der Cochlear- und Vestibularfunktion auch ldinisch die isolierten Cochlearerkrankungen (yon mir damals durchgehends als degenerative Neuritiden aufgefaflt) yon den Cochlear- und u (-con mir damals durch- gehends ials Labyrinthitiden gedeutet) zu sondern. Diese Bestrebung hat teilweise Anklang gefunden, teilweise ist sic auch auf Widersprueh gestoBen, So hat vor allem Manasse in einer kurze Zeit nachher erschienenen ausffilarlichen Arbeit fiber ,,chronische progressive laby- rinthiire Taubheit ''2) zu diesen Bestrebungen Stellung genommen. Vor- wiegend auf Grund seines pathologisch-anatomischen Materials weist er daraufhin, dab keineswegs s~imtliche vorliegende anatomische Befunde sich zwanglos in eine der yon mir seinerzeit aufgestellten Erkrankungs. 1) Zeitschrift tiir Ohrenheilkunde, 46. Band, ~) geitsclxrift /fir O/lrenheilkunde, 52. Barid. Archiv f, Ohren-~ Iqasen- u, Kehlkopfheilkunde. Bd. 99, 6

Über die pathologisch-anatomischen und pathologisch-physiologischen Grundlagen der nichteitrigen Erkrankungsprozesse des inneren Ohres und des Hörnerven

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Aus der GroBherzogl. Universit/itsklinik ffir Ohren-, Nasen- und Kehl- kopfkranke in Jena.

Uber die pathologisch-anatomischen und pathologisch- physiologischen Orundlagen der nichteitrigen Erkrankungs-

prozesse des inneren Ohres und des H6rnerven. Von K. Wittmaack.

Mit Tafel I I / IX,

In einer vor Io Jahren im 50. Band der Zeitschrift ffir Ohren- heilkunde erschienenen Arbeit fiber ,,Schwindel und Gleichgewichts- st6rungen bei nicht dutch eitrige Entziindungen bedingten Erkran- kungen des inneren Ohres und ihre differenzial-diagnostische Bedeutung" habe ich den Versuch gemacht, die bisher fast allgemein unter der Be- zeichnung der ,,nerv6sen Sehwerh6rigkeit" zusammengefaBten Erkran- kungsprozesse in die nicht eitrigen Erkrankungen des Labyrinthes (,,Labyrinthitiden") und die Erkrankungen des H/Srnerven spez. des Nervus cochlearis (,,Neuritis acustica")zu zergliedern. Ich stiitzte reich seinerzeit auf den einen yon mir ausftihrlich beschriebenen, auch patho- logisch-anatomisch sehr genau untersuchten Fall yon toxischer Neuritis acustica 1) und eine Reihe yon klinischen Beobachtungen, die vor allem darauf hinauszielten, durch vergleichende Priifungen der Cochlear- und Vestibularfunktion auch ldinisch die isolierten Cochlearerkrankungen (yon mir damals durchgehends als degenerative Neuritiden aufgefaflt) yon den Cochlear- und u (-con mir damals durch- gehends ials Labyrinthitiden gedeutet) zu sondern. Diese Bestrebung hat teilweise Anklang gefunden, teilweise ist sic auch auf Widersprueh gestoBen, So hat vor allem Manasse in einer kurze Zeit nachher erschienenen ausffilarlichen Arbeit fiber ,,chronische progressive laby- rinthiire Taubheit ''2) zu diesen Bestrebungen Stellung genommen. Vor- wiegend auf Grund seines pathologisch-anatomischen Materials weist er daraufhin, dab keineswegs s~imtliche vorliegende anatomische Befunde sich zwanglos in eine der yon mir seinerzeit aufgestellten Erkrankungs.

1) Zei tschrif t tiir Ohrenhei lkunde, 46. Band, ~) geitsclxrift /fir O/lrenheilkunde, 52. Barid.

Archiv f, Ohren-~ Iqasen- u, Kehlkopfheilkunde. Bd. 99, 6

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gruppen einreihen lassen. Er spricht sich vielmehr auf Grund seiner Beobachtungen gegen die yon mir angebahnte Zerlegung der ,,nerv6sen Schwerh6rigkeit" in zwei Gruppen yon Erkrankungsbildern aus und bleibt bei der e i n h e i t l i c h e n Zusammenfassung s~tmtlicher in Frage kommender Erkrankungsprozesse unter der Bezeichnung der ,,chronisch progressiven labyrinth~tren Schwerh6rigkeit". Freilich gibt er zu, dab diese Frage zurzeit noch nicht ganz spruclareif ist und weiterer klinischer und anatoniischer Untersuchungen bedarf.

Ich habe natiirlich adch meine anatomischen und klinisehen Unter- suchungen hieriiber fortgesetzt und mich an dem inzwischen gesammel-

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ten Material ebenfalls davon iiberzeugen mttsseg, dab die seinerzeit voti mir autgestel l teZweitei lung der hierher geh6rigen anatomischen Befunde in ,,Labyrinthitiden" und ,~Neuritiden" ftir s/imtliche unter- laufende Befunde zu keinem vollbefriedigenden Ergebnis fiihrt. W~thrend abet Man as s e auI Grund seiner Beobachtungen anscheinend mehr dazu neigt, im grofien und ganzen wenigstens an der Einheitlichkeit des Krankheitsbildes der nerv6sen Schwerh6rigkeit nut unter der ver~nder- ten Bezeichnung ,,chronisch progressive labyrinth~re Schwerh6rigkeit" festzuhalten, bin ich durch~us i m Gegensatz hierzu immer mehr in meiner f?befzeugung l~est~rkt worden, dab das gesamte einschl~gige anatomisehe Material dringend ether weiteren Zergliederung in zu- sammengeh6rige Krankheitsgruppen bedarf. Wenn sich die zun~.chst yon mir angebal~nte Zergli&derung als nicht v611ig befriedigend heraus- stellte, so lag dies m. E. nicht daran, dab wires mit einer einheitlichen Erkrankungsform zu tun haben und deswegen eine Zergliederung un- durchfiihrbar ist, sondern vielmehr daran, dab die zun~tchst angebahnte Z w e i t e i h n g sich- als ungeniigend erwies, da aul3er den in dieser Zwei- teilung ins Auge gefaBten Erkrankullgsprozessen noch weitere Er- krankungsformen vorkommen, die wiederum einer besonderen Ab- trennung bediirfen. Sie fibertreffen sogar zweifelloszum Tell an H~ufig- keit ihres Vorkommens die bereits abgegliederten Erkrankungsformen: die Labyrinthitis und die Neuritis.

Ich m6clite nun in folgendem, ohne mich zu welt in Litera~ur- Wiedergaben zu verlieren, eine Dafstellung zun/tchst der 'verschiedenen pathologisch-anatomischen Krankheitsbilder get)en, zu deren Auf- stellung ich im Laufe dieser Ioj~ihrigen Studien gekommen bin.

Ieh halte es fiir unbedingt notwendig, bet diesem Versuch yon der p a t h o l o g i s c h e n - : a n a t o m i s c h e n bezw. pa tho log i s 'Ch-phys io lo - g i s c h e n Grundlage auszugehen. Die Zergli'ederung der in Betracht kommenden Erkrankungen nach ihrer At_ i o 1 o g ie oder nach demZeitpunkt ihrer Entwicklung (ob kongenital, intrauterin oder im jugendlichen oder sp~teren Alter entstanden) ist m. E. eine durchaus unbrauchbare und unwissenschaftliche Methode. Sie ist ja auch in allen anderen Diszi-

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plinen fast allgemein verlassen worden und dutch eine vdssenschaftlich besser fundierte Einteilung ersetzt. Auch tiir das GehSrorgan mfisseh wir danach streben, immer mehr -con dieser Art der Einteililng abzu~ kommen. Es ist hinl/inglich erwiesen, dab einerseitg derselDe anato; mische Prozeg durch verschiedenartige Ursachen herv0rgerufen: werde~ kann und andererseits aber auch, dab unter Umst/inden ein und dieselbe Ursache als auslSsender Faktor fiir zwei durchaus versctiiederiartigo pdthologische Vdrgiinge in Betracht kommen kann. Es geht hi:eraus hervor, dab als Orundlage immer in e r s t e r Linie, der pathol0gisch6 Vorgang beii der Aufstellung v0n ti2rankheitsbildern dienen mfflt and dab die. ~tiologie und andere Faktoren erst zur we~teren Zerglied6r~tm~ der bereits auf Grund des pathologischen Prozesses als zusammen, gehSrig,erkannten Erkrankungsformen dienen kSnnen.

Ich stiitze mich bei meinenAusffihrungen in allererster Linie,auf eigene Untersuchungen, fiber die ich am Schlusse eine kurzgefaBte ~bersich~t gebe, f/dr einige seltenere Krankheitsbefunde. auch/auf einige in der Literatur niedergelegte Beobachtunge n. Ich bin mir dabei wohl bewuBt, dab ~ wesentlich neue ~ anatomisdh~ Befunde beizubringen kaum imstande bin. E s ist dies auch gar nicht meine Absicht.- M. E. reicht .die Zahl der in der Literatur niedergelegten einschl~igigen ana, tomischen Befunde zur F~tl!ung eines Urtei!s vollkommen..aus. Es isf auch kaum zu erwarten,: dab abgesehen~, gon eini~en Einzelheiten nocti viel Neues in derrein m0rphologischeg~eschreibung hinzukommen wird. Mir kommt es in den vorliegenden A~sfiihrun, gen ganz ausschlieglieh darauf an, zur S i c h ~ u n g des vorliegenden l~Iateriats beizutragen und die D e u t u n g der En! -wicklung der vor. l iegi~,nden,Befunde zu f6rdern, Die systematische Zergliederung, die Scheidung des Wesent7 lichen vom Unwesentlichen, des Primiiren vom Sekund~iren, kurzum die Aufstellung typischer zusammengeh6riger Krankheitsbilder ant Grund des vorliegenden Materials ist m. E. d a s Problem, das~ es jetzt ' zu 16sen gilt.~

Hierzu mul3 ich zun~ichst noch einmal auf die leitenden~ Gesichts= punkte zu sprechen kommen, die ich ja, zumTeil wenigstens, sehon bei dem :Zergliederungsversuch in Labyrinthitiden, und Neuritiden hervor- gehoben babe: Das inne re Ohr ist e in aus so v e r s c h i e d e n a r t i g e n . O e w e b s f o r m a t i o n e n a u f g e b a u t e s o r g a n , d a B , s c h o n dieSe r e in a n a t o m i s c h e "Erw~gung e s d u r c h a u s w a h r s c h e i n l i c h mar dab je nach der G e w e b s f o r m a t i o n , d ie :a l s :pr im/ i r , e~ Tr~ig6r des :~pathologi~chen,.Pr~ozesses in B e t r a : c h t kommG: sic& d,ie~'.im Ann~eren:Ohr absp iedenden Erk rankung~proze : s se

I ' ' N un, t e~rsche:lden :unct;ze,rglie.de,rn l a s s e n . m i i s s e n , , Es wird Mso, wenfi avir,laul .Grand dieser Erw/tgung eine Eiateilung tier: v, orliegenclea: anatomischen Befunde in z'usamme~g'eh6rige Krankheitsgrup~pen dtir.ch~

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f i ihren wollen, einmal darauf ankommen, die in Betraeht kommenden Gewebsformationen daraufhin zu prtifen, mit welchem Erkrankungs- prozel3 wir bei ihnen auf Grund allgemein-pathologischer bezw. patho- logisch-physiologischer Erfahrungen ine~sterLinie zu rechnenhaben und zweitens unter den vorliegenden Befunden die Entscheidung dariiber zu treffen, welchen Vorgang wir als wesentlichen, prim~ren und welchen als sekund~ren accidentellen zu betrachten haben.

Was die einzelnen Gewebsformationen selbst anbelangt, die hier in Frage kommen, so habe ich daran festgehalten, zun~ichst zwischen den Erkrankungsprozessen der Labyrinthmembranen ( A ) u n d denen des eigentlich nerv6sen Apparates - -Neuron und Sinnesendstelle - - (13) zu unterscheiden. Von den Erkrankungsprozessen der Knochenkapsel sehe ich bier ab, da diese ihrer klinischen Bedeutung naeh m. E, zweck- m~iBiger den Mittelohrprozessen zugez~ihlt werden.

A. Die Erkrankungsprozesse der Labyrinthmembranen.

I. Die s e r 6 s - f i b r i n 6 s e L a b y r i n t h i t i s .

Die Labyrinthmembranen k6nnen wir pathologisch-anatomisch am ehesten auf gleiche Stufe stellen mit den ser6sen H~.uten. Wit werden daher auch auf Orund allgemein pathologisch-anatomischer Erw~igung in erster Linie mit solchen Prozessen zu reehnen haben, die wir auch an den ser6sen H~tuten am h~iufigsten beobachten, n~tmlich mit e n t - z i i n d t i c h e n Vorg~ingen. Von den in Betracht kommenden Ent- ziindungsformen scheiden die eitrigen Entziindungen, die wohl fast s te ts mit einer ContJnuit~ttstrennung der Labyrinthumhiillung einher- gehen nnd damit zur direkten Kommunikation der Labyrinthfiiume mit d e n gleichzeitig Entziindungsprozesse aufweisenden Mittelohrr~iumen fiihren, fiir unsere Betraehtungen aus. Es kommt vielmehr fast ausschlieB- lich die weniger Schwere Entziin4ungsform in Betracht, die wir als ser6s- Iibrin6se Entziindung zu bezeichnen pflegen. Auch flit diese Entziin- dung ist ebenso wie fiir die eitrigen Entziindungsprozesse des Labyrinth- inneren die Bezeichnung ,,Labyrinthitis" die gegebene. Pathologisch- anatomisch ist diese Labyrinthitis ,,sero-fibrinosa" in erster Linie charakterisiert durch das Auftreten eines entziindlichen ser6s-fibri- n6sen Exsudates, das sich im mikroskopischen Bild durch das Vorhanden- sein e ines in e i n e m E i w e i B n i e d e r s c h l a g g e l e g e n e n z a r t e n f i b r i n 6 s e n N e t z w e r k e s m i t d a r i n e i n g e l a g e r t e n ze l l i gen El e m e n t e n zu e r k e n n e n g ib t . Weder das Auitreten yon EiweiB- lziederscM~gen allein, n0ch das Vorhandensein einzelner zelliger Be- s tandteile ~ Lymphoeyten, Leukocyten, Plasmazellen - - an der Ober- fl~iche:,:der Labyrinthmembranen 0hue gieichzeitiges Exsudat berechtigt re, E; ~tazG schonlvon eirier Labyrinthitis serosa oder fibrinosa zu reden.

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Es kann kaum mehr einem Zweifel unterliegen ~ dab namentlich homo- gene Eiweigausscheidungen ins Labyrinth besonders im ~Verlaufe schwererer am Allgemeinzustand zehrender Erkrankungsprozesse auch ohne entziindliche u gar nicht so selten erfolgen kSnnen. Auch k6nnen aus umliegenden Eiterungsprozesgen einzelne Wanderzellen - - Lymphocyten, Leukocyten - - i n die Labyrinthr~ume iibertreten,. ohne dab dieses Ereignis schon a!s Zeichen eines im Labyrinth selbst vorhandenen Entziindungsprozesses angesehen werden darf. Nur wo die fiir einen sero~fibrin6sen EntztindungsprozeB typische Kombina• yon fibrin6ser EiweiBausscheidung und Einlagerung yon zelligen Be- standteilen ira Labyrinthinneren vorliegt,.diirfen wir m. E. z~r Zeit auf Grund des pathologisch'anatomischen Befundes ~on einer Labyrin- thitis sprechen. Die Annahme einer .~,,rein ser6sen" Labyrinthitis aus- schlieBlich auf Grund einzelner Lymphocytenablagerung imLabyr in th inneren erscheint mir znm mindesten auBerordentlich gewagt. Es ist ihr gegeniiber hervorzuheben, dab zun~chst schon die Eigenartigkeit der Labyrinthr~ume, ihre Umgrenzung durch starre Knochenhfillen es ohne weiteres mit sich bringt, dab die im inneren Ohr eingeschlossene Fliissigkeit ohne vorl~er abflieBen ,zu kSnnen, der Einwirkung der Fixa- tionsfliissigkeit unterworfen ist ~und dab daher r ege lm~Big in der Labyrinthflttssigkeit vorhandenes'Eiweig sich auch durch entsprechen- den Niederschlag zu erkennen geben muB, selbst wenn es zu Lebzeiten noch in gel6ster Form im Liquor labyrinthi enthalten war. Da abet zur Annahme einer serSsen Labyrinthitis die Ausscheidung eines ,,Exu- dates.", also einer eiweiBhaltigen Fliissigkeit, eine unerl~Bliche Vorbe- dingung ist, kann sie m. E. ohne V0rhandensein eines deutlichen EiweiB- niederschlages im mikroskopischen Bild auf Grund des pathologisch- anatomischen Befundes kaum aufrecht erhalten werden.-Dazu kommt, dab es durhhaus fraglich erscheint, ob iiberhaupt i n der Labyrinth- kapsel intensivere 4 n t z i i n d l i e h e Ergiisse, d ie mehr durch die Quantitxt als durch die Qualit~t der ausgeschiedenen Fliissigkeit

charakterisiert sind, vorkommen kSnnen, da wir es im Gegensatz zu den Organen mit serSsen H~uten, in denen zweifellos exzessive entziindliche Ergiisse auffreten, mit einem n i c h t a u s d e h n u n g s - f~h igen Hohlraum zu t u n haben. Da nun in erster Linie jede entziindliche Exsudation yon der ungest6rten Fortdauer der Zirkula- tion und ganz besonders der Erweiterung der Kapillaren abh~ngig ist und die Ausscheidung des Exsudates doch wenigstens zum erheb- lichen Teile auf Diffusionsvorg~ngen beruht, so ist m. E. dutch d ie Unf~higkeit tier Labyrinthr~ume sich auszudehnen und durch die hier- durch bedingte schon nach relativ geringer Exsudation auftretende endolabyrinth~re Drucksteigerung die Quantit~t des abgesonderten Exsudates ganz v0n selbst einer Regulation unterworfen, die auf der

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Kompression des Gefiil3systems durch den erhShten Druck beruht und das Auitreten eines pr0fusen/serSsen Ergusses damit ver]aindert.

DaB unter Umstis a k u t einsetzende Vermehrnng des Liquor labyfinthi vorkommt, erscheint mir durchaus n ich t unwahrscheinlich, nur i s i e s m. E. bishgr noch keineswegs erwiesen, dab sie wirklich auf akut e n t k i i n d l i d h e r ' E x s ~ d a t b i l d u n g und nicht auf einfacher Ver- mehrung des Liquor labyrinthi i n t o l g e g e s t e i g e r t e n S e k r e t i o n s - r e i zes beralht. Ich trage daher Bedenken, ob iiir dieses Ereignis die Bezeichnung ,,akute serSse Labyrinthitis, ' der richfige Ausdruck ist. Ich neige vielmehr dazu, es auf eine LiquorsekrefionsstSrung zuriick- zufiihren, auf die ich noch zu sprechen kommen werde und ffir die ich die Bezeichnung ,,Hydrops labyrinthi" nach Analogie mit dem Hydro- eephalUs fiir zweckm~ifiiger hare . Die Tatsache, dab dieser Zustand zt/weilen a u c h als Begleiterscheinnng bezw. als Vorbote einer Laby- ri,ithifis ovorkomm[, scheint mir nicht im Widerspruch mit meiner Auf- fassung zu stehen, weil er meiner Uberzeugung nach auch noch auf andere als entziindliche Reizung hin fiir sich allein ohne nachfolgende bezw. begleitende gntziindung entstehen kann, ausschlieBlichbedingt dutch akut einsetzende Uberproduktion yon Liquor labyrinthi, wie wir sie auch im Tierexperiment - - i ch werde sparer hieriiber noch berichten - - leicht hervorrufen kSnnen. I)er g a n z w e s e n t l i c h e Unterschied zwischen der Annahme eines serSsen Ergusses als Ursache einer endo- labyrinthgren Drucksteigerung und der eines Hydrops labyrinthi beruht demnach darauf, dab es s ich im ersten Falle um eine durchaus neu- artige, rein pathologische,Erscheinnng handeln wiirde, w~thrend im zweiten Fall nur :eine exzessive Steigerung eines an s ich p h y s i o - l o g i s c h e n V o r g a n g e s vorliegen wiirde.

Da es weiterhin allch keinen rechten Sinn hat, der Labyrinthifis serosa, soweit sie a l s vielleicht nur wenige Stunden wShrendes u stadium einer eitrigen Labyrinfliitis in Betracht kommt, eine Sonder- stellung als selbst~ndiges Krankheitsbild einzurgumen, scheint es mir zurzeit wenigstens v611ig ausreichend, wenn wir zwischen den eitrigen Labyrinthitiden eJnerseits und der Labyrinthitis sero-fibrJnosa anderer- seits ats Hauptgruppen der entziindlichen Labyrintherkrankungen unter- scheiden. W/ihrend die erste mit ihren verschiedenen untergeordneten Formen, wie schon erw~thnt, fiir die vorliegende Besprechung nicht in Betracht kommt, mug die zweite bier Beriieksichtigung finden. �9 Fiir die Entwicklung der Labyrinthitis sero-fibrinosa kommen be-

kanntlich verschiedene Ursachen in Betrach• Wir k6nnen nnterscheiden die dutch Fortleitung aus der Umgebung entstandenen Form6n und die hgmatogen bedingten. Die letzteren zerfallen wieder je nachdem, ob diese Fort lei tung vom Mittelohr oder yon der Sch~idelkapsel aus erfolgte in tympanogen und meningogen bedingte. Bei der tympanogenen Ent-

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zihldung spielen in erster Linie akute Otitiden oder akute Exazerba- tionen chronischer Eiterung eine Rolle, bet der meningogenen Ent- ziindung die Entziindungsprozesse der Meningen, spez. die epidemische Cerebrospinalmeningitis, Eine h~imatogene Entstehung dieses Erkran- kungsprozesses Sehen wir im AnschluB an die Bluterkrankungen auf- treten, unter denen die Leuk~imie bet weitem an erster Stelle steM. In der Ubersicht des mir vorliegenden Materials findet sich je ein typisehes Beispiel ffir die beJ der Entstehung der Labyrinthitis in Betracht kom- menden drei M6glichkeiten (z. tympanogen, 2. meningogen, 3. h~ima- togen). Sie ierg~nzen sich insofern, als Fall 3 den ErkrankungsprozeB zweifellos im ersten Beginn zeigt, z und 2 dagegen etwas sp/itere Sta- dien. AuBerdem liegt indessen eine groBe Anzahl einschl/igiger Ver6ffent- lichungen sowohl fiber tympanogen als auch fiber meningogen und h~imatogen spez. durch Leuk~imie bedingte Labyrinthitiden vor, yon deren Aufz/iMung im einzelnen ich hier absehen kann, da ich sie ~vohl als bekannt voraussetzen darf .... Auch sie beziehen sich auf s~imtliche Stadien des Erkrankungsprozesses. Wir sind daher zurzeit sehr wohl imstande, uns im groBen und ganzen ein ann~thernd abschlieBendes Urteil fiber diesen pathologischen Prozeg zu bilden. Dazu kommt, dab wit die tympanogenen Labyrinthitiden auch miihelos experimentell dutch Fensterplombierung bezw. durch einfachere Methoden, fiber die ich in einiger Zeit berichten werde, hervorrufen und somit den ganzen Ablauf des Prozesses vom Anfang bis zum Ende verfolgen k6nnen. Wit wissen dies aus den Untersuchungen B l a u s l ) und Herzogs~). Da die ersteren zum Teil im Laboratorium der Jenaer Ohrenklinik vor- genommen wurden, babe ich Gelegenheit gehabt, sie selbst mit zu ver- folgen und stfitze mich daher bet Beschreibung des Krankheitsprozesses in erster Linie auct/ auf sie.

Wir k6nnen im Ablauf der Labyrinthitis sero-tibrinosa zwanglos drei Stadien unterscheiden. Das erste Stadium isL charakterisiert dureh die Ausscheidung des serSs-fibrinSsen Exsudates, das zweiLe durch die resorptiven, das dritte durch die sekundiiren regressiven Vorg/inge.

Das serSs-fibrin6se Exsudat ist gekennzeichnet dutch einen die Farbl6sung annehmenden Eiweil3niederschlag, der durchsetzt ist yon einem feinen fibrin6sen Netzwerk, in dem sich vereinzelte zellige Gebilde eingelagert linden. Wie schon oben hervorgehoben wurde, ist die An- nahme, dab ein entziindliches Exsudat vorliegt, nur da berechtigt, wo wirklich diese Trias yon Ver~nderungen vorhanden ist. Die Dauer des ersten Stadiums dfirfte meist nur wenige Tage betragen, da in der Regel sehr bald als Reaktion anf die Ausscheidung des Exsudates frisches,

1) ]31an: Verh. d. D. otol. Ges. z9o 5 u. i9o6 ; A.-I. O., Bd. 90. 2) H e r z o g : Passows Beitr~ge, Bd, VI ,

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zartes Organisationsgewebe in dasselbe, einzusprossen beginnt, und damit das zweite Stadium des Verlaufes einsetzt. Ich mug, was diesen Punkt anbelangt, durchaus den Ausfiihrungen Blaus hieriiber bei- pflichten und kann die yon He rzog zur Erkl~irung fiir das Auffreten dieser Gewebsbildung aufgestellte ,,AbschilferungstheorJe" nicht als zutreffend anerkennen. M. IE. kann es keinem Zweifel unterliegen, dab es sich hierbei nm typisches, zartes, neugeb i lc le tes Organisations- gewebe handelt, das in erster Linie yore Endost der Labyrinthkapsel in das ausgeschiedene Exsudat hineinw~ichst und So in d u r c h a u s ty - p i s c h e r Weise die Resorption des Exsuda~es einleitet u~d durchfiihrt.

Mit dem Einsprossen dieses Gewebes schwindet mehr und mehr das ausgeschiedene Exsudat. Je nach der Ausdehnung des Exsudates und je nach der Ablagerung desselben innerhalb der Labyrinthr~tume wird selbstverst~indlich die Gewebssprossung etwas verschiedenartig ausfhllen. Bei den tympanogenen Labyrinthitidenpflegt sie entsprechend der Zuleitung durch das runde Fenster, das bier ~ohl in erster Linie als Durchtrittsstelle ffir den Entziindungsreiz in Betracht kommt, am st~ksten in der Scala tympani der untersten Schneckenwindung auf- zutreten. Bei den h~imatogen bedingten in den abh~tngigen Bezirken des Vestibulums und bei den meningogenen naturgem~iB an der Ubergangs- stelle des Entziindungsprozesses auf das inhere Ohr (Porus acusticus internus bezw. dem Aquaeductus Yestibuli).

Dieses zweite Stadium pflegt wohl meist der Art des pathologischen Vorganges entsprechend etwas l~ingere Zeit, mehrere Tage bis Wochen anzuhalten, um allm~ihlich in das dritte Endstadium iiberzugehen, das zeitlebens bestehen bleibt. Dieses Endstadium gibt sich zu erkennen durch die sekund~tre Umwandlung des anfangs sehr zarten, weitmaschigen Organisationsgewebes in derbe, fibr6se Gewebsstr~inge bezw. Gewebs- netze oder auch, was bei schweren und ausgedehnteli Entziindungspro- zessen wohl stets der Fall ist durch die Neubildung appositionellen. Knochengewebes aus dem neuentstandenen Gewebsnetz. Da dieses seinen Ausgangspunkt in erster Linie yore Endost der Labyrinthkapsel nimmt, kann diese weitere Umwandlung keineswegs verwunderlich er- scheinen. Sie entspricht vielmehr clurchaus den biologisehen Eigen- sehaften des 1Kuttergewebes. Dieses Endstadium des Prozesses ist naturgem~iB am h~iufigsten beobachtet und beschrieben worden.

In allern~tehster Beziehung zu diesen EntztindungsvorgEngen im Labyrinth stehen die reaktiven Vorgiinge, die wir nach dem Auftreten gr6Berer Blutergiisse beobachten. Sie gleichen durchaus dell Yer~inde- rungen im zweiten und dritten Stadium der Labyrinthitis. Der die Sprossung des Organisationsgewebes ausl6sende Faktor ist in cliesem Fa-lle der ausgeschieden G zur Gerinnung gekommene BluterguB.

Wir k6nnen daher mit Recht yon einer traumatischen Labyrin-

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thitis sprechen, wie dies Man as s e 1) und Nag er 2) bereits getan haben, namentlich wenn die'Blutung, .w/~s wohl meist der Fall ist, dutch eine Verletzung spez. Schiidelbasisbruch --hervorgerufen wurde.

In einigen F~illen von.lenkiimischer Labyrinthitis wird ebenfalls nicht das Exsudat, sondern eine leuMimische Blutung als ausl6sender Faktor fiir die WeJteren Veriinderungen angesehen.

Immerhin muB an dieser Stelle hervorgehoben werden, dab zweifel- los nur grSl3ere und wohl meist nut mit ZerreiBung der Membran einher- gehende Blutungen diesen Ziistand herbeifiihren. Die Anwesenheit yon BlutkSrperchen im Labyrinthinneren berechtigt keineswegs und ohne weiteres zu der Annahme, dab unbedingt im Laufe der Zeit hier- .nach eine Labyrinthitis als Reaktion h~itte einsetzen miissen. Es gibt zweifellos Blutaustritte, die reaktionslos resorbiert werden k6nnen. Dieses gilt vor allem fiir die Blutungen per diapedesim. Hiervon habe ich: mich recht hiiufig bei meinen Umdrehnngs~ersuchen an Meer- schweinchen iiberzeugen kSnnen, da bei diesen Versuchen fast stets zuweilen aueh recht erhebliche Blutaustritte ins Labyrinth erfolgen, ohne dab sich weitere anatomisehe bezw. klinische Erscheinungen an- schlieBen. Es ist terner bekannt, dab Blutaustritte im Labyrinth- innezen bei konvulsivischem Absterben in der Agone eriolgen kSnnen (Wi t tmaaek~) , - Alexander4) , HeikeS)) . Diese Tatsaehe mahnt ~:Qr altem zur Vorsieht und Skepsis.beim Versuch, klinische Erschei- nungen auf diese anatomische Ursache zurfickzufiihren, wie dies in der Literatur wiederholt bei Meniereschen Attaken geschehen'ist. Ich werde hierauf noehmals welter unten zuriickkommen miissen.

In fast allen F~illen yon Labyrinthitis beobachten wit mit Einsetzen des Exsudates bezw. mit Entwicklung ides Organisationsprozesses einen degenerativen Vorgang an den Sinnesends~ellen und ferner recht h~ufig Verzerrungen der Labyrinthmembranen, bes0nders der Membrana ReiB- neri. Es kann auch wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dab die an den ErkrankungsprozeB sieh anschliel3enden Funktionsst6rungen in allererster Linie durch die degenerativen Ver~inderungen an den Sinnesendstellen ausgelSst werden. Trotzdem miissen wir m. E. das wesentliche Moment dieses Erkrankungsprozesses in den E n t z i i n d u n g s v o r g / i n g e n der Labyrinthmembranen suchen und diese als den prim~iren Vorgang auf- fassen. Die degenerativen Ver~nderungen w~ren dann erst als sekun- d~tre Folgezust~inde anzusehen. Hierfiir spricht vor allem auch die Tatsache, dab wir h~iufig bei beginnenden F~illen noch keinerlei deutliche

1) M a n a s s e : Virchows Archi,z, Bd. z89. e) N a g e r : Zeitschrife f/ir Ohrenheilkunde, Bd. 5 4 . 3) W i t t m a a c k : Pfliigers Archly, Bd. 95. 4) A l e x a n d e r : Archly fiir Ohrenheilkunde, Bd, 59. 3) H a i k e : Archly fiir Ohrenheilkunde, Bd. 63.

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Ver~inderungen an den Sinnesendstellen finden, obwohl der entziindliche ProzeB in vollster Ent~vicklung begriffen ist. Ferner ist zubeachten, dab zwis~hen der Intensit~it des entziindIichen Prozesses u n d d e r sekun' d~ren Degeneration der Sinnesendstellen keinerlei gesetzm~iBige u h~tltnisse bestehen. Wit k6nnen unter Umst~nden trotz relativ geringer entziindlieher Residuen recht erhebliche degenerative u linden, ode~r auch umgekehrt: trotz ausgesprochener Ausfiillung der Labyrinth- r~tume mit Organisationsgewebsnetzen noch intakte Sinnesendstellen beobaehten. Hieraufohat kiirzlich Z a n g e 1) bereits aufmerksam gemacht.

Die Art des Ablaufes dieser degenerativen Ver~nderungen gieicht im wesentlichen durehaus dem Verlauf der bei den niche entziindlichen Labyrintherkrankungen auftretenden degenerativen Prozesse, so dab auf die noch folgenden Besprechungen dieser verwiesen werden kann.

Beinahe spezifisch scheint mir ftir Labyrinthitis die sogenannte Ectasie des Ductus cochlearis zu sein, da sie otfenbar fast nut, wenn auch keineswegs regelm~Big, bei entziindlichen Prozessen Zustande- kommt, w~hrend alle reinen degenerativen Formen yon Labyrinth- erkrankungen, wenn iiberhaupt Volumver~nderungen im Ductus coch- learis auftreten, einen Kollaps zeigen. Diese Eigentiimlichkeit erkl/ir~ sich wohl in erster Linie aus einer Dehnung der ReiBnerschen Membran infolge Resorption und Schrflmpfungsvorgang in der anliegenden Scala vestibnli, mit Aufireten eines Unterdrnckes in diesen R~tumen. Es h~ngt dies wohl damit zusammen, dab die entziindlichen Ver~tnderungen allermeist ~ vielfach bedingt dutch die Art der Uberleitung - - in den perilymphatischen R~iumen welt ausgesprochener hervortreten als im endolymphatischen Raum. DaB eine u des Aquaeductns cochlae hierbei eine wesentliche Rolle spielt, wie dies H a b e r m a n n an- genommen hat, glaube ich nicht. Wit Iinden beim Menschen den Aquae- ductus recht h~iufig obliteriert. Auch kann ich mich der Ansieht nieht anschlieBen, dab die Perilymphe durch diesen Kanal in das innere ~Ohr hinein gelangt. M. E. wird auch sie durch die Lab~inthmembranen ausgeschieden. Daneben mag aber wohl auch zuweilen ein 1}berdruck im endolymphatischen Raum bedingt dutch Uberproduktion endo- lymphatischer Fliissigkeit bezw. dutch Yerlegung des Duetus endo- lymphaticus eine Rolle spielem Ab und zu k0mmt es dann ofienbar zu Verwachsungen der gedehnten Nembran mit den Wandungen der Scala vestibuli an den Beriihrnngsstellen, die den Fortbestand dieses Zu- standes bedingen, wghrend sonst wohl vielfach der Ectasie des Ductus cochlearis, anch bei den entziindlichen Prozessen ein Kollaps zu iolgen pflegt.

Ich bin mir wohl be~vuBt, dab ich mit der kurzen Ski:zzierung des

1) Z a n g e : Archiv fiir Ohrenheilkande, Bd. 93.

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~ber die patholog.-allatomischen und pa~holog.-physiologischen Grundlagen usw. 8 I

KranM1eitsbildes der Labyrinthitis sero-fibrinosa nichts NeUes gebracht b a b e . Ichlhabe durchaus den Eindruck gewonnen, dab abgesehen yon einigen unwesentlichen Pnnkten bei allen Autoren in den Anschauungen iiber alas Wesen und den Verlauf dieses Erkrankungsprozesses gute Ubereinstimmung herrscht. Ich babe deswegen auch g~inzlich davon Abstand genommen, durch mikroskopische Bilder dieses Krankheits- bild zu erl~utern, da m. E, in der Literatur reichlieh genug Befunde hieriiber niedergelegt s i n & Ich babe diese Erkrankung bier nut einerseits der Vollst~ndigkeit ha lber , andererseits aber vor allem deswegen beriicksichtigt, weil ich die Besprechung ihrer Eigentiimlich- keiten als Grundlage fiir die folgenden Austithrungen ben6tige. Und zwar scheint mir hierzu vor allem noch eine Frage besonders wichtig, n~mlich die, ob der entziindliche ProzeB im Labyrinthinnem mit nach- folgender Degeneration der Sihnesendstellen und hierdureh bedingter Funktionsst6rung auch vorkommen kann, ohne die H!nterlassung der charakteristischen Reaktion in Form yon Bindegewebsdurchsetzung der Labyrinthr~iume. Verneinen wir diese Frage, go wird eine relativ enge Umgrenzung dieses Krankheitsbildes auf Grund der pathologisch- anatomischen Untersuchungen in recht scharier Form durchttihrbar sein. Bejahen wir sie, so miissen wir zweifellos den ganzen Erkrankungs- begrifI der Labyrinthitis viel welter fassen, und die Entscheidung fiber das Wesen einer vorliegend'en Erkrankung auf Grund sp/iterer anato- mischer Untersuchung wird hierdurch h~ufig recht erheblich erschwert werden. Ich bin eine Zeitlang der Meinung ge~esen, dab diese Frage in der Tat zu bejahen sei und babe gerade auf Grund dieser Bejahung l~ingere Zeit hindurch auch rein degenerative Prozesse im Labyrinth- inneren ohne deutliche entziindliche Residuen in Form neugebildeter Bindegewebsnetze oder Knochenplat~en auch noch als Riickst~nde friiherer Labyrinthitis angesehen. Ich babe dementsprechend meine schon vor Jahren aufgestellte Zweigliederung der Erkrankungspro- zesse des inneren Ohres in entziindliche Labyrintherkrankungen einer- seits und in Nervenerkrankungen andererseits zun~ichst aufrecht zu erhalten versucht, indem ich alle die Cochlear, u n d Vestibularsinnes- endstellen betallenden Degenerationen aut eine abgelaufene Labyrinthitis zuriickfiihrte. Ich wurde in dieser Auffassung best~irkt dadurch, dab ich glaubte, auger den besprochenen auch noch andersartige Betunde, die ebenfalls als Residuen friiherer Entziindungen gedeutet werden konnten, erhoben zu haben. Hierzu z~hlte ieh einerseits zarte Gewebs- netze, im Winkel zwischen Canalis spiralis und Schneckenaehse, wie sie auch auf Fig. 2 (untere Windung rechts) zu erkennen sind. Auch S h i n - I z i - Z i b a 1) hat dieses Netz otfenbar in Ubereinstimmung mit

1) S h i n - I z i - Z i b a , Archly f. Obxenheilkunde, Bd; 8 7, S. 17.

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Manas s e ebenso gedeutet. Andererseits glaubte ich auch anscheinend erst relativ kurz entstandene Knochenapposition in den Nervenein- trfftszonen namentlich der Vestibularverzweigung als Zeichen entziind- licher u ansprechen zu diirfen. Ich babe reich indessen im Laufe der Zeit an einem gr6Beren Material zweifellos normaler SchlXfenbeine davon iiberzeugen miissen, dab die ebengenannten Veriinderungen als Zeichen frtiherer entziindlicher Prozesse nicht zu verwerten sind, son- dern dab es sich vielmehr um rein anatomisehe Eigentiimlichkeiten handelt , denen irgendwelche pathologische Bedeutung nicht zukommt. Da ich terner bet meinen verschiedenen Tierversuchen immer wieder beobachten konnte, wie enorm leicht u n d wie auffallend gesetzm~gig das Labyrinthinnere aut entziindliche Reize, die Exsudatausscheidungen hervorrufen, auch mit der sekund~tren Reaktion der Entwicklung yon Organisationsgewebe wenigstens in einigen Bezirken reagiert, bin ieh nunmehr zu der entgegengesetzten Uberzeugung gekommen, dab wir mit verschwindend seltenen Ausnahmen - - d e n n eine absolute Gesetz- mRgigkeit gibt es ja wohl iiberhaupt nicht in diesen Dingen - - n u r d a n h zur A n n a h m e , e t h e r L a b y r i n t h i t i s be r e e h t i g t s t u d , w e n n wir e n t w e d e r : f t i s ches E x s u d a t in der b e r e i t s oben s k i z z i e r t e n t y p i s e h e n B e s c h a f f e n h e i t ode r a b e r R e ~ k t i o n s - v o r g X n g e in F o r m von~ B i n d e g e w e b s - bezw. K n o c h e n n e u - b i l d u n g im L a b y r i n t h i n n e r e n n a c h w e i s e n k 6 n n e n .

Rein degenerative Ver~inderungen an den Labyrinthendstellen ohne die fiir ~rische, bezw. abgelaufene Labyrinthitis charakt~ristischen Merkmale diirfen m. E. nicht mit diesem ErkrankungsprozeB in Be- ziehung gebracht werden,~sondern stellen vielmehr eine Erkrankung eigener Art dar. Ich m6chte: sie fiir die folgende Besprechung mit der Bezeichnung der reinen ,,Labyrinthdegeneration" belegen.

II. Die L a b y r i n t h d e g e n e r a t i o n .

Dieses Krankheitsbild geh6rt demnach in die groBe Gruppe der Labyrintherkrankungen, und gliedert sich als zweite pathologisch- anatomisch gut differenzierbare Krankheitsform der zuvorbesprochenen Labyrinthitis an. Eine groBe Zahl der yon Manasse als ,,progressive labyrinth~tre Schwerh6rigkeit" beschriebenen Belunde deckt sich mit den yon mir hier elngereihten anatomischen Befunden. Doch hat Ma- nas se diesem Krankheitsbild der progressiven labyrin~h~ren Schwer- h6rigkeit auch FXlle, z. B. Fall 9 hinzugeziihlt, der m. E. ganz zweifellos als abgelauiene Labyrinthitis zu deuten ist und desgleichen F~lle, die ich den noch weiter ulrten zu besprechenden Krankheitsbildern des Nervenapparates einreihen mSchte. Er faBt also offenbar diesen Be- griff, wie schon e r w ~ n t , viet wetter und unbestimmter, als ich ihn unter

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i)~ber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. 8 3

der Bezeiehnung der Labyrinthdegeneration umrahmen m6chte. Das We s e n t lic h e dieses Erkrankungsprozesses erblicke ich der gew~hlten Bezeichnung entsprechend in der Degeneration der Sinnesendstellen. Diese s~ellt pathologisch anatomisch betrachtet m. E. den pr im~iren Vorgang-dar, und unterscheidet sich hierdureh wesentlich yon den sekund~i ren Degenerationen bei Labyrinthitis, wenn auch der patho- logische Ablauf des Prozesses hier und da im wesentlichen sich ganz analog vollzieht.

Betraehten wir zuniichst ein m~iBig weir vorgeschrittenes Stadium dieser Erkrankung (Fig. 2), so sehen wit, dab sich die anatomischen Ver~nderungen ausschlieBlieh auf die Sinnesendstellen beschriinken, und wiederum bier in der Regel wenigstens sowohl auf die des Cochlear- teils als auch auf die des Vestibularteils sich erstrecken. Wenn wir yon den oben berei~s skizzierten zuweilen auch bier unterlaufenden anatomischen Eigentiimlichkeiten absehen, so unterscheidet sich ira iibrigen der anatomische Befund des inneren Ohres in keiner Weise yore normalen; hSchstens mit einer einzigen Ausnahme ira Verhalten der ReiBnerschen Membran, das aber in so engem Verh~iltnis zu dem des Cortischen Organs steM, dab wit es unwillkiirlich mit diesem in direkte Beziehung bringen . . . .

Die auffallendsten Ver~nderu~gen linden sieh zweifellos an dieser Sinnesendstelle des Cochlearteils. Sie bestehen in .einem m~iBig weir vorgeschrittenen degenerativen Zerfall. Er gibt sich uns zu erkennen durch eine Yerflachung des Organs bei Fehlen der Sinneszellen. Anstell~ des hSchstdifferenzierten Sinnesendapparates sehen wit einen mehr oder weniger flachen Zellhiigel, der .sich aus mehr gleichfSrmigen nnd regel- m~iBig gelagerten Zellen zusammensetzt. Zuweilen sind noch Yfeiler4 zellen erkennbar. D ie se sind niedergedrfickt, liegen ihrer Unterlage giinzlich auf oder umgrenzen hSchstens noch einen stark verflaehteg Tunnelraum. Es handelt sich ira: wesentlichen um dieselben Veriinde- rungen, die uns yon der experimentellen Schallsch~idigung des Cortischen Organs bekannt s ind . Wirwerden daher wohl kaum Iehl gehen, wenn wir uns ihren Entwicklungsgang in ganz analoger Weise vorstellen. Ein wichtiger Unterschied besteht treilieh gegeniiber diesem Degenera- tionsprozeB im anatomischen Bild, auf dessen ~rkl~h'ung ich we iter unten noch zu sprechen kommen werde. W~ihrend n~imlich bei den auf Schallsch~digungen beruhenden Degenerationen meist eine Ver~nde- rung an der Cortischen und der ReiBnersehen Membran nicht vorhanden zu sein pflegt, so werden bei den in Frage stehenden Befunden diese Membranen entweder beide, oder wenigstens doch die eine ,con ihnen meist ebenfalls ver~indert. Die Membrana tectoria ist meist zusammen- gefallen und /iegt dem Epithelhiigel fest auf. Zuweilen hat sich diese stark nach hinten zuriiekgeschlagen und der ReiBnerschen Membran

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angelagert, d i e in diesem Falle mehr oder wen, iger straff gespannt ge- blieben ist, w~ihrend sie bei Auflagerung der Cortisctmn Membran eben- falls h~iufig einsinkt und mit der Coriischen Membran verklebt.

Dieses Einsinken der Reil3nerschen Membran kann sogar soweit gehen, dab sie sich den gegeniiberliegenden Wandungen des Ductus cochlearis anlegt, so dab dieser nunmehr auf weite Bezirke hin, ja event. sogar v/511ig obliteriert erscheint, und infolgedessen yon den 'Labyrinth, hohlr~iumen der Schnecke nur noch die perilymphatischen~;R/iume - - Scala tympani u n d Yestibuli - - vorhanden sind (Conf. Fig. 4, untere Windung).

Je weiter der Prozeg fortschreitet, um so stiirker ist im allgemeinen der Zerfall im Cortischen Orga~n. Finden wit bei leicMeren F~illen noch mehr oder weniger deutlich erkennbare Reste des Tunnelraumes und des Stiitzapparates, so wird 'mit Fortsehreiten des Prozesses der als Rest des Cortischen Organs noch stehengebliebene Epithelhiigel immer flacher und flacher, bis er scMieBlich vollstiindig verschwindet trod nunmehr die Membrana basilaris nnr noch als gleichm~iBig glatte Fl~iche vorliegt (Fig. ~3 u , ~4).

BeL diesen, schweren F~llen gesellt sich h~iufig noch eine weitere Ver~.nderung hinzu. Auch sie ist bereits beobachtet und wiederholt beschrieben worden und zwar als ,,Vakuolisierung" bezw. ,,hydropische Degeneration des Ligamentum sp i ra le" . Sie ist gekennzeichnet dutch das Auftreten gr/513erer Liicken, im Gewebe des Ligamentum spirale (conf. Fig. 4) und tri t t h~iufig kombiniert mit fibr6sen Schrumpfungs- vorg~ngen innerhalb dieser Gewebsstreifen auf. Das Ligamentum spirale erscheint hierdurch mehr oder weniger s tark verflaeht und kann bei besonders intensiven Vergnderungen sich in.leinen v611ig fibr6sen atrophischen Gewebsstrang umwandeln (conf. Fig. ~ Dieser liegt entweder der konkaven Knochenfl~che lest a n oder erscheint zuweilen auch in F o r m eines Dreieckes mit der Spitze im Ansatz der Membrana basilaris, dessen Innenraum wir uns dann wohl mit ser6ser Fliissigkeit erfiillL denken miissen, ebenso wie den der Lficken bei beginnender Va- kuolisierung. Ich m6chte indessen dahingestellt sein lassen, ob dieses mikroskopische Bild wirklich den Verh~ltnissen am Lebenden entspricht und nicht m6glicherweise auf Fixierungsein.fl~isse, die zur Abl6sung dieser a~trophischen Gewebsmembran fiihren, zuriickgeftihrt werden muB.

Diese Ge~ebsveriinderungen ~6nnen' m. E. nur ~ als atrophische Schrumpfungsvorg/inge gedeutet werden. Sie sind daher :als ausge- sprochene Sekund~rerscheinung~en der~h6heren Grade yon Labyrinth, degeneration aufzufassen. Ich h~tte:es tiir durchaus unzul~ssig, sie~mit entziindlichen Prozessen im: Labyrintliinneren in direkten ge~dtischen Zusammenhang zu bringen. Ihr sekund/irer Charakter ge'!~:daraus hervor, dab wir sie niemals bei leich%n bezw. beginnenden t)egenerationspro-.

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Ober die pafholog.-anatomischen und pa~holog,-physiologischen Gmndlagen usw. 8 5

zessen antreften, sondern stets nUi bei solchen F~illen finden~ bei denen die Degeneration schon einen hohen Grad erreicht hat.

In recht kontrastreichem Gegensatz zu diesem Verhalten des peri- pheren Organs steht bei den F//llen, die das in Frage stehende Krank- heitsbild in reiner Form zeigen, tier Befund im Nervenapparat, Trotz recht erheblicher Atrophie des Cortischen Organs fanden wir in der Regel keine merkliche Atrophie weder im Ganglienzellenlager noch an den Nervmlf~sern (conf. Fig. 2 u. 3). Nur die ganz schweren F/ille mit vollkommener Schrumpfung der Labyrinthmembran (conf. Fig. 4) zeigen e inen gewissen Grad yon Atrophie, besonders in den unteren Windungen, der aber ebenfalls meist kaum besonders hoch ist und ~viel- fach hinter der Nervenatrophie beim Krankheitsbild der peripheren Cochleardegeneration, anf das ich noch zu sprechen kommen werde, deutlich zuriicksteht. Ich muB dies deswegen hetonen, weil ich hierin

- - wohl bemerkt nur solange, als es sich um reine Krankheitsbilder handelt - - e i n e n wesentlichen Unterschied im ]3etunde gegeniiber dem noch zu besprechenden KrankheitsprozeB der Cochleardegeneration erblicke. Die Tatsache, dab wir eine groBe Zahl yon Befunden erheben k6nnen mit fast vollst~indiger Atrophie des Cortischen Organs bei v611ig erhaltenem Nervenapparat scheint mir weit wichtiger iiir die Beur- tei lung des pathologisehen Prozesses als die Tatsache, daB' zuweilen beide VerSnderungen auch kombiniert auftreten k6nnen, die ich keines- wegs in Abrede Stellen mSchte. Im ersten Falle haben wir m. E. das Krankheitsbild in reiner Form vor uns, im zweiten Falle handelt es sich um Verquickung zweier zwar verwandter und daher h/iufig miteinander vorkommender aber keineswegs unbedingt zusammengeh6riger pa tho- logischer Vorg~inge. Ubrigens ist diese auffallend geringe Atrophie bezw. das g~inzliche Fehlen einer solchen auch anderen Autoren bei den hierher geh6rigen anatomischen Befunden wiederholt aEfgefallen (z. B. A l e x - an:d er !)).

Neben den Ver~inderlmgen im Cortischen Organ linden, sich durchaus analoge Ver~inderungen an: den Sinnesendstellen im Vestibulum. Diese gleichzeitige Erkrankung s~imtlicher Sinnesendslellen - - wenigstens so welt der ErkrankungsprozeB etwas weiter fortgeschritten i s t ist m. E. durchaus charakteristisch fiia: die Labyrinthdegeneration und unterscheidet diesen Prozel3 wiederum yon der peripheren'Cochlear- degeneration. Auffallenderweise sind dieseAypigehen' Degenerations- bilder an den Sinnesendstellen des Vestibulums in":der Literatur vielfach relativ wenig beriicksichtigt worden, Wir finden sie zwar zweifellos wiederholt beschrieben und abgebildet,, wie ,z. 'B, b e i A l e x a n d e r : Zeitschrift f. Hlkde, .Tai. VI , Fig. I;~ Sieb~enmann: Zeitschri.ft I.

1) GehSrorgan der I~2ret:inen, &rchiv fflr Ohrenheilkunde, Bd. 78.,

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Ohrhlkde., 54. 13d. Doch kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dab sic auch recht hgufig nicht richtig gedeutet bezw. erkannt worden sind. Es hiingt dies wohl damit zusammen, dab sic einerseits nicht so deutlich ins Auge springen, wie die Vergnderungen an dem ja wesent- lich komplizierter aufgebauten Cortischen Organ und andererseits die Trennung der pathologischen Belunde yon den postmortalen Ver~inde- rnngen Schwierigkeiten bereitet hat. Wie L a u r o w i t s c h nnd ich in unserer Arbeit tiber agonale und postmortale Yefiinderungen hervor- gehobei~ haben, ist fiir den postmortalen ZeriallsprozeB an den Sinnes- endstetlen des Vestibulums charakteristisch das Auffreten yon deutlicher Liickenbildung zwisehen den einzelnen Zellen der Sinneszellenreihe und die relativ friih einsetzende Aufl{Ssung des gesamten Zellverbandes, die weiterhin zu ganz charakteristischer Abl6sung der Otolittienmembran bezw. der Cupula fi ihrt . Es beruht dieses vor allem darauf, dab die hoch- diiferenzierten Sinneszellen weft schneller als die weniger weitgehend differenzierten Epithelzellen postmortalen Einfiiissen unterliegen, die zur charakteristisehen Vergnderung ihrer Struktnr fiihren. Bemerkens- wert ist hierbei, dab die Otolithenmembran selbst und vielfach auch die Cupulae ihre Struktur und Zusammensetzung auch dann noch dentlich und durchaus unveriindert erkennen lassen, wenn der postmortale Um- setzungsprozeB bereits zu ihrer v611igen Abl6sung yon ihrer Unlterlage und bei der Otolithenmembran ev. sogar zur Zusammenrollung ~{~nd Senkung in die abhiingigen Partien des Yestibulums gefiihrt hat. Auch an dieser zusammengerollten Membran kann man in der Regel noch deutlich ihre Zusammensetznng aus einer Faser- und aus einer Stein- zone erkennen. Die typischen-Degenerationsbilder dagegen an den Vesti- bularendstellen zeigen statt dieser charaMeristischen Zusammensetzung der Otolithenmembran bezw. statt des zarten Faserauibanes der Cupula einen mehr oder weniger homogenen Decksaum, der entweder yon dem normalen Aufbau gar nichts mehr oder nur noeh schwache Andefitungen erkennen l~igt. Im Gegensatz zu dem postmortalen Befund liegt dieser stets der Zellunterlage lest auf. Diese wiederum zeigt entweder gar keine oder bei etwas weniger intensiven Yer~tnderungen jedenfalls eine aui- fallend geringe postmortale Liickenbildung beinnscharf erkennbarer bezw. g~inzlieh Iehlender Sinneszellreihe. Dazu komrnt selbstverst{indlich bei allen schweren F~llen eine deutliche Yerilachung der gesamten Sinnes- endstellen einschlieglich tier Nerveneintrittszonen (conf. Fig. 6 bis Io).

Wie am Cochlearteil, so kann es auch am u bei den allerschwersten Graden yon Degeneration znr ansgedehnten Atrophie sgmtlicher Labyrinthmembranen unter g~inzlichem Schwnnd des peri- lymphatischen Gewebsnetzes kommen (conf. Fig. 5), Ver~ndernngen, die durchaus den im Cochlearteil auftretenden analog und daher auch wie diese (conf. Seite 84) zu beurteilen sind.

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Uber die pa tho l og . - ana t omi schen u n d pa tholog . -phys io logischen Grundla~gen usw. 8 7

Wollen wir der Erkl~irung dieses Krankheitsprozesses n~iherkommen, miissen wir uns m. E. vor allem nach den ersten Anfiingen desselben umsehen. Durch schrittweise Verfolgung der Befunde an leichteren Stadien komme ich zu dem Resultat, dab sich u n s a m menschlichen Material der Beginn des Prozesses zuerst durch die Ver~nderungen an den Cuticulargebilden, der Membrana tectoria und Otolithenmembran deut- lich zu erkennen gibt. Noch ehe wir eine deut!iche Degeneration im Zellsystem der Sinnesendstellen feststellen k6nnen, fallen uns in der Regel bereits die Veriinderungen in diesen Gebilden auf. An der Corti- schen Membran erkennen wir sie daran, dab die Membran selbst zu- sammengefallen und verflacht erscheint. Sie zeigt nicht mehr die breite Entfaltung fiber dem Cortischen Organ mit deutlicher Zeichnung ihrer Faserung, wie unter, normalen Verh~tltnissen, sondern sie erscheint yon vornherein schmal, die Faserung eng geffigt und ist wenigstens in einigen Bezirken dem Cortischen Organ fest aufgelagert und zusammen- gesunken. Dieses ist zuweilen ebenfalls leicht eingesunken. Es erscheint wie eingedriickt yon der Schwere der aufgelagerten Membran. Gleich- zeitig linden wit auch schon in diesem Friihstadium h~iufig eine Ein- senkung der ReiBnerschen Membran. Ich muB auf das entschiedenste bestreiten, dab die eben geschilderten Veri/nderungen sich jemals als rein postmortale Zust~nde bei lebensfrisch get6teten Tieren bezw. eines pl6tzlichen Todes verstorbenen Individuen noch nach dem Tode aus- bilden k6nnen. DaB dies nicht der Fall ist, zeigen sehr deutlich unsere systematischen Untersuchungen fiber rein postmortale Ver~inderungen. Andererseits l~iBt sich sehr leicht durch Experimente nachweisen, dab sie unter bestimmten Bedingungen bei Einwirkung gewisser Faktoren, die noch besprochen werden sollen, in relativ kurzer Zeit ent- stehen, so dab es far nicht verwunderlich ist, wenn wir sie so h/iufig an menschlichen Leichen linden, falls der Tod infolge yon konstitutio- neller Erkrankungen ev. mit l~inger dauernder Agone erfolgte. Denn wir werden noch sehen, dab gerade diese Erkrankungsprozesse bei der Entwicklung des in Frage stehenden Krankheitsbildes eine groBe Rolle spielen. Aus diesem Grunde sind die Untersuchungen B r fih 1 s 1), wie ich dies bereits friiher schon betont habe, zur Beurteilung der Entwickhmg dieser VerSnderungen nicht zu verwerten. Ich bin der Uberzeugung, dab jedenfalls bei einem relativ groBen Teil der F~tlle diese ebengeschil- derten Ver~inderungen den Beginn des Erkrankungsprozesses darstellen. Die weitere Entwicklung ergibt sich ohne weiteres aus der Beschreibung der mittleren Stadien, mit denen wir die Bespreehung dieses Krankheits brides begonnen haben.

Fast noch deutlicher wie am Cortischen Organ treten die Ver~inde-

1) B r i i h l : Passows Beitr~ge, ]Bd. V.

Archiv f. Ohren-, l~asen- u. Kehlkopi~eilkunde. Bd. 99.

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rung an den Cuticulargebilden der Maculae hervor. Wir erkennen bier den Beginn des Prozesses deutlich am Zusammensintern der Steinzone der Otolithenmembran und dem Zusammenfall der diese Zone stiitzen- den Faserschicht. Dazu kommt, dab gleichzeitig die fiir postmortale Umsetzung charakteristische Tendenz zur L6sung der Otolithenmembran yon ihrer Unterlage auffallend gering wird bezw. auch bei relativ sp/it fixierten Felsenbeinen nicht mehr deutlich zu erkennen ist. Die post- mortale Liickenbildung am Sinneszellensaum kann in dieser Periode des Krankheitsprozesses noch deutlich hervortreten. Erst Jn etwas sp~iteren Stadien, in denen die ~Verilachung und Homogenisierung der Otolithen- membran schon sehr deutlich ausgesprochen ist, f~illt regelm~iBig auch die geringe Liiekenbildung am Zellsaum deutlich auf. Wir gelangen damit zu den Befunden, die oben bereits besprochen sin&

Ganz analog gestalten sich die Verhiiltnisse an den Cupulae, nur treten die Ver/inderungen hier wegen des einfacheren Auibaus und der st~irkeren Neigung dieser Gebilde zu r Zeriaserung nicht immer ganz so deutlich hervor, doch kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dab auch an den Cristen der Prozeg sich zuerst dutch ein Zusammensintern u n d eine Homogenisierung der Cupulae zu erkennen gibt (conf. Fig. Io).

Ich m6chte indessen betonen, dab ich damit keineswegs behaupte, dab diese uns am menscblichen Material als Aniangszeichen des in Frage stehenden Erkrankungsprozesses entgegentretenden Ver/~nderungen auch wirklich die allerersten anatomisch nachweisbaren Anf~nge desselben darstellen. Ich ha re es sehr wohl fiir m6glich, und sogar tiir wahrschein- lich, dab ihnen Ver~inderungen am ZellsysLem vorausgehen, die wir nur wegen der bei menschlichem Material stets in diesem System ausge- bildeten postmortalen Umsetzungsprozesse zu differenzieren nicht im- stande sind.

Ich komme damit zu der interessantesten Frage, n/imlich der nach der Entstehung dieses Erkrankungsprozesses. Soviel ich ersehen kann, herrscht hieriiber noch v611ige Unklarheit, DaB ich das Vorliegen einer Entziindung als Ursache dieses Erkrankungsprozesses nicht gelten lassen kann, babe ich bereits oben aaseinandergeset2t. Ich gill im folgenden versuchen, zur Kl~irung dieser Frage beizutragen, und m6chte hierzu die Aufmerksamkeit auf einen Punkt lenken, der m. E. yon groBer Bedeutung bei der Entstehung dieses Krankheitsprozesses is~ und der dennoch, soweit ich sehe, kaum bisher beriicksichtigt wurde. Ich tiihre dieses Krankheitsbild zuriiek a u f - , , L i q u o r s e k r e t i o n s - s t 6 r u n g " und glaube daher, dab die eigentliche Entstehung dieses Krankheitsbildes nicht auf pa tho log i sch -ana tomische r , sondern auf pa tho log i sch-phys io log i scher Grundlage zu erkl~iren is t. Der patho- logisch-anatomische Befund, den wir sehen, ist erst die Folge einer pa tho log i sch -phys io log i schen St6rung, die wir nicht sehen k6nnen,

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Uber die patholog.*anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. 8 9

auf die wir abet m. E. aus dem pathologisch-anatomischen Befund schlieBen miissen. Zu dieser Uberzeugung bin ich auf Grund folgender Erw~gungen gekommen.

Zuniichst die grundlegende Frage nach der Zusammensetzung des Liquor iiberhaupt. Eine exakte physiologiscb-chemische Unter- suchung wird bei der Sp~irlichkeit des .Liquors und der SchwierJg- keit ihn rein aufzufangen kaum m6glich sein. Wit sind also. darauf angewiesen, Riickschliisse a u f die Zusammensetzung des Liquors labyrinthi auf anderem Wege, durch sonstige Beobachtungen, Analogie- schliisse und dergl, zu ziehen. DaB er nieht, wie in ~ilteren Werken vielfach zu lesen ist, eine gallertartige Masse ist, davon k6nnen wit uns durch Er6ffnung des Labyrinthes jederzeit iiberzeugen. Ich glaube daher kaum, dab noch jemand daran zweifelt, d a g e r vielmehr eine w~issrige Fliissigkeit darstellt. Was seine chemische Zusammensetzung anbelangt, so k6nnen wir ferner mit recht groger Bestimmtheit be- haupten, dab ein nennenswerter Eiweil3gehalt nicht in ibm enthalten sein ka~m. Wir k6nnen uns, wie oben sehon erw~ihnt wurde, leicht am Tierexperiment davon iiberzeugen, dab EiweiB im Labyrinth regel- m~igig im mikroskopischen I3ild nachzuweisen ist, weil es bei der Fixie- rung mit ausgefgllt werden muB, und sich. dureh charakteristische Nieder- schl/ige, die den Farbstoff annehmen, zu erkennen gibt. Da derartige Niederschl~ige im normalen Labyrinth nieht auftreten, kann im Liquor EiweiB in nennenswerter Menge nieht vorhanden sein. Es bleibt also wohl nut noch die Annahme, dab es sieh nan eine diinne w~issrige Salzl6sung handelt, tibrig.

Nun zur t~eaktion: Auch diese Frag e ist m. E. au f Grund einer Tatsache zu entscheiden, .n~imlich der Existenz der kohlens~iurehaltigen Otelithenkristalle im Liquor labyrinthi. Es ist eine bekannte Tatsache, dab wir bei S//ureeinwirkung das Entweiehen'der im organischen Geriist- werk dleser Blristalle abgelagerten kohlensauren Salze unter dem Mi- kroskop erkennen k6nnem Wit werden dalier kaum fehlgehen, wenn wir hieraus schlieBen, dal3 der Liquor eine Schwachalkalische Reaktion aufweisen mug. Es bander sich demnach mit groBer Wahrscheinlich- keit um eine diinne w/issrige a l ka l i s che Fliissigkeit.

Bedenken wir weiterhin, dab diese Salzl6sung dutch den Porus acusticus und den Aquaeduc~us vestibuli in ausglebigem Mage mit dem Liquor cerebrospinalis in Verbindung stehf,:und beriicksichtigen wir femer die ganze Entwicklungsgesc15ichte ides inneren Ohres, so glaube ich wohl, dab wir dazu berechtigt Sind, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dab der Li@or labyrinthi und der Liquor cerebrospinalis, wenn nicht identisch, so doch zwei sehr/ihnlich zusammengesetzte Fltissigkeiten sind.

Ein wesentlicher Un~erschied, zwischen peril und endolympha- 7*

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thischem Liquor kann m. E. auch kaum bestehen. Bet der Zartheit der trennenden Membranen und der Gr613e der Beriihrungsiliichen muff selbst, wenn voriibergehend die in den perilymphatischen Raum aus- tretende Fliissigkeit yon der in den endolymphatischen Raum sich er- gieBenden sich chemisch unterscheiden sollte, sehr bald ein osmotischer Ausgleich zustande kommen, um so mehr, als wir kaum annehmen kiSnnen, dab schwer diffundierende Substanzen spez. EiweiBstofie im Liquor enthalten sind.

Weiterhin interessiert uns hier noch die Frage nach den u bet der Liquorsekretion. Schon auf Grund eines Analogieschlusses liegt es nahe, ~hnliche Verh/iltnisse anzunehmen, wie sie bet der Sekretion des Liquor cerebrospinalis in Betracht kommen: n~mlich einen kom- binierten Vorgang, bestehend einerseits aus ether Diiiusionskomponente, die in erster Linie die Fliissigkeitsgrundlage liefert und aus ether auf aktiver Zellt~itigkeit beruhenden Sekretionskomponente, die vor allem den Salzgehalt und hiermit auch die Reaktion des Liquors bestimmt. Es sind dies zwei Vorg/inge, die abgesehen yon einigen unwesentlichen Variati0nen wohl beinahe bet s~mtlichen sekretorischen Prozessen sich erg/inzen. Besonders die aktive Beteiligung einzelner Zellgruppen bet den Sekretionsvorg//ngen ist gerade in letzter Zeit immer deutlicher erkannt worden und auch fiir den Liquor labyrinthi lassen sich einige Tatsachen anfiihren, die fiir aktive Mitwirkung der Zellen bet der Liquor- sekretion sprechen. Zun/ichst nenne ich eine Tatsache, die gleichzeitig das durchaus analoge V.erhalten des Liquor cerebrospinalis iiberraschend deutlich zeigt. Sie betritit das Verhalten bet vitalen F~rbungsversuchen mit indigschweielsaurem Natron. W~thrend hierbei z. 13. die Organe der Bauchh6hle, das interstitielle Gewebe usw. in relativ kurzer Zeit tiei blau erscheinen, bleibt das Gehirn und der Liquor cerebrospinalis, ebenso wie der Liquor labyrinthi so gut wie Iarblos. Ich habe diese Versuche wiederholt vorgenommen, well ich gehotft hatte, ev. hierdurch Farb- reaktionen im inneren Ohr erhalten zu k6nnen, muBte mich abet jedesmal yon dem negativen Ergebnis iiberzeugen. Die u zeigen die aktive Zellt~tigkeit, wenn auch gewissermagen im negativen Bilde, da nur (lurch sie der Ubertritt der Farbstoffe in den Liquor verhindert werden kann.

Vor allem aber m6chte ich hier auf tolgende Erw~igung hinweisen, die den eigentlichen Ausgangspunkt Ii~r meine Auifassung, dab wir die in F)age stehenden Erkrankungsprozesse auf Liquorsekretion zuriick- iiihren miissen, gebildet hat. Wie ich schon oben hervorgehoben habe, gilt es als feststehende Tatsache - - und ich habe mich yon der Richtig- keit dieser Tatsache ebenfalls iiberzeugt -- , dab im organischen Geriist tier Otolffhenkristalle Kalksalze abgelagert sind, die bet S~tureeinwirkung in L6sung gehen. Ich frage nun, wie ist unter diesen Umst~nden die

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Ob er die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. 91

E n t s t e h u n g dieses Zustandes zu erkl/iren ? DaB in einem besfimmten Entwicklungsstadium der Liquor eine sauerreagierende Fliissigkeit mit gelSsten Kalksalzen sei und dann bei Obergang in die alkalische -Reaktion die Kalksalze ausgei~illt wiirden, ist deswegen gar nicht denk- bar, weil hierdurch niemals die Tatsache erkl/irt wiirde, dab sich die Kalksalze ausschlieBlich und gesetzm~iBig an der Faserschicht der Ma- culae absetzen und nicht fiberall im Labyrinthinnern. Fiir die erst- malige Entstehung der ersten Otolithenkristalle wird daher, soweit uns iiberhaupt die Lehrbiicher der Entwicklungsgeschichte hieriiber Aus- kunft g e b e n - die Angaben hieriiber sind auBerordentlich sp/iriich -- , allgemein zweifellos , , ak t i ve" Zellt/itigkeit, die zur Bildung der Kristalle fiihrt, angenommen. Wir miissen aber doch wie ffir alle Cuti- culargebilde so insbesondere auch ffir die Otolithenmembran und die Cupulae annehmen, dab sie einer st~indigen Abnutzung und dement- sprechend auch einer st/indigen Erg/inzung unterworfen sind und k6nnen uns doch kaum vorstellen , dab sie nur w/ihrend einer kurzen Entwick- lungsperiode entstiinden und yon dieser Periode an zeitlebens unver- /indert liegen blieben. Das w/ire m. E. geradezu eine biologische Un- m6glichkeit. Wir bediirfen also noch einer Erkl~irung daiiir, wie es m6glich ist, dab in einer zweifellos alkalischen Fliissigkeit als Decksaum auf einer Faserschicht Ablagerung yon Kalksalzen stattfinden kann. Sie ist m. E. P ur so zu geben, dab durch aktive ZelltMigkeit wahrscheinlich der h6her differenzierter/, zwischen den Sinneszellen eingelagerten Epithel- zellen Kalksalze in s a u r e r oder auch neutraler L6sung nach Art eines Sekretionsvorganges ausgeschieden werden, entlang der Fasermasse an die Oberfl/iche austreten und hier dutch den alkalischen Liquor zur Aus- scheidung kommen. Ich halte es sogar durchaus Iiir m6glich, dab die einzelnen Fasern der Faserzone direkt Ieinste Sekretkan/ilchen dar- stellen. Der anatomische Nachweis hierfiir ist mir freilich bisher noch nicht gelungen. 5Ian kann diesen Vorgang auf folgende Weise nach- ahmen: In eine feine Glaskapillare wird eine schwach anges/iuerte Chlor- kalziuml6sung aufgesogen. Sodann wird durch die Kapiilare ein feines RoBhaar eingefiihrt, das ein kleines Ende fiber die Spitze heraussteht und nunmehr dieses mit seiner ~iuBersten Spitze in eine Natrium car- bonicum-L6sung eingetaucht. Wenn die Verh/iltnisse richtig getroffen sind, so dab in der Tat ganz langsam entlang des RoBhaares die Calcium- L6sung in die Natrium carbonicum-L/Ssun~ iibertritt, so k6nnen wit nach einiger Zeit deutlich die Ausscheidung yon Kalksalzen an der Rol3haarspitze unter dem Mikroskop erkennen.

Ich bin also auf Grund dieser ~berlegung zu der Uberzeugung ge- kommen, dab wir ohne eine derartige Annahme einer auf aktiver Zell- t/itigkei• beruhenden Ausscheidung yon gel6sten KalksMzen das Fort- bestehen der Otolithenmenbran kaum werden erkl/iren k6nnen und ich

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glaube daher, dab wir berechtigt sind, bet der Liquorsekretion mit einem derartigen Faktor zu rechnen.

Ist diese Sekretionskomponente abet an den Maculae vorhanden, so liegt es weiterhin sehr nahe; auf Grund eines Analogieschlusses sie jedenfalls auch an den Cristen zu vermuten, und desgleichen auch einen ~ihnlichen Vorgang am Cortischen Organ in Erw~igung zu ziehen nur ohne kristallinische Ausscheidung yon Kalksalzen. Am Cortischen Organ ist es vor allem die TatSache, dab die Cortische Membran sich ausgebreitet und freischwebend fiber dem Cortischen Organ zu halten imstande ist, die m. E. die Aniiah.me einer FIiissigkeitsstr6mung in ihr nahelegt. Es wird j a freilich zuweilen noch angenommen, dab die Cortische Membran zu Lebzeilen dem Cortischen Organ aufliegt, und erst.durch Fixationseinfliisse die Abhebung, die wit fast stets im mikro~ skopischen Bild unter normalen Verh/iltnissen beobachten, entstiinde. Ich glaube aber -nicht, dab diese Annahme zutrifft. Denn auch mit unseren neuesten momentanen Fixationsmethoden erhalten wir das besprochene mikroskopische Bild, so dab mir der auch yon H e l d ver- tretene Standpunkt, dab die Membrana corti bet Erwachsenen yon der Sinnesf!~iche v611ig abgel6st fiber derselben schwebt, der richtige zu sein scheint. M. E. ist diese Haltung der Cortischen Membran bet weitem am einfachsten durch die Annahme zu erkl~ren, dab entlang der Faserung tier 1Viembran, wobei m~Sglicherweise diese als Sekretions- kanalsystem dient, eine Fliissigkeitsstr6mung ertolgt, die einen sEindigen Turgor der Membrana corti unterh~tlt, wodurch ihre freischwebende Haltung bedingt wird.

Fiir eine aktive Mitbeteiligung des Epithels bet der Liquorsekretion sprechen auch die yon Sh am b a u g h 1) mitgeteilten anatomischen Be- funde tiber typisches Sekretions- bezw. Dri~senepithel im Sulcus spiralis externus, dihnliche Befunde kann man auch am Limbus spiralis entlang der Ansatzstelle der Cortischen Membran erheben.

Wir mi~Bten demnach auch bet der Sekretion des Liquor labyrinthi neben der sich wohl in erster Linie im Gef~tBnetz der endolymphatischen Membranen abspielenden Diffusionskomponente noch eine weitere in erster Linie an den mit h6her differenzierten Epithel ausgestatteten Be- zirken der Sinnesendstellen vor sich gehende Sekretionskomponente annehmen. Nit Riicksicht aut das Verhalten dieser Komponente an den Maculae und ihrer Mitbeteiligung beim Otolithenersatz liegt es weiter- hin auBerordentlich nahe, ein gewisses antagonistisches Verhalten dieser beiden Komponenten vor allem beziiglich der Reaktion der ausgeschie- denen Fliissigkeit zu vermuten. Ich erblicke hierin eine Vorrichtung, die es dem Organismus erm6glicht, im ganz besonders exakten Mage

1) S h a m b a u g h : Zeitschrift ii~r Ohrenkeilkunde, Bd. 5 8.

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iJber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologis~hen Grundlagen usw. 93

tiber die Konstanz in der Reaktion des Liquor zu wachen und ev. zu- f~llige durch Schwankungen der Alkaleszenz im Blut bedingte St6rungen sofort wieder auszugleichen.

Selbstverst~ndlich kann dieser Ausgleich immer nur innerhalb ge- wisser normaler physiologiseher Grenzen stattfinden. Nimmt die Zu- sammensetzung des Blutes und damit auch die des auf dem Diffusions- wege austretenden Liquors pathoiogisch-physiologische Beschaffenheit an, so muB dies naturgem~ig auch eine Riickwirkung auf die Sekretions- komp0nente ausiiben. Diese ist es nun, die meiner Erberzeugung nach den AnstoB zur Entwicklung des in Frage stehenden Erkrankungs- prozesses gibt. Ein Blick auf die allgemeinen Erkrankungspr0zesse konstitutioneller und fihnliCher Art, in derei1 Verlauf sich die Labyrinth- degeneration mit Vorliebe entwickelt (Nephritis, Lymphomatos% Lues III. spez. auch heredit~re Lues, Cachexie verschiedenster Ursache usw.) lehrt uns, dal3 in allererster Linie Erkrankungsprozesge bier in Betracht kommen, bet denen gleichzeitig mit den lokalen Ver~indefungen, die sie hervorrufen, auch St6rungen allgemeiner konstitutioneller Art und damit auch Ver~/nderungen in der Blutzusammensetzung verbunden sind, und zwar haben alle beziiglich der Yer~inderung in der Blutzusammensetzung gemeinsam, dab sie zur H e r a b s e t z u n g der Alkaleszens infolge yon st~irkerer S~iurebildung fiihren. Auch die lokalen Prozesse im Mittelohr spez. die Cholesteatomeiterungen, die ebenfalls als gtiologischer Faktor fiir das Auttreten yon Labyrinthdegeneration - -b ie r yon einigen Autoren als Cholesteatomtaubheit bezeichnet - - in Betracht kommen, k6nnen infolge der st~irkeren Zersetzung des Eiters gerade bet dieser Form der Mi• und int01ge der Diffusionsm6glichkeit, die durch das Vorhandensein der runden ~Fenstermembran gegeben ist, eine Be- einflussuiag der Reaktion des Liquor labyrinthi verantassen. Das Gleiche gilt tiir die otosklerotischen Knochenherde, besonders wenn sie bis an das Endost der Labyrinthkapsel heranreichen. Die Aufl6sung der Knochen- substanz, die in diesen Herd en stattfindet, ist nur durch S~iureprod uktion der bet der Auil6sung beteiligten Zellen denkbar, So dab auch yon den Herden aus ein S~ureiibertritt in den Liquor labyrinthi wird stat~/- linden k6nnen. In jedem Fall muB diese Einwirkung darin bestehen, dab die vorwiegend aut dem Diffusionswege ausgeschiedene Liqu0rmenge eine schw~iehere Alkaleszenz ~ zeigt, als dies unter normalen Bedingungen der Fall ist. Nehmen wir, wie wir oben auseinandergesetzt haben, einen gewissen Antagonismus zwischen den beiden Komponenten an, der den Zweck hat, den Alkaleszenzgrad nach M6glichkeit konstant zu halten, so mug natiirlich eine Zunahme der Alkaleszens auch eine Zunahme der die saure Komponente erzeugenden Sekretionst~itigkeit bedingen und u m g e k e h r t . Wir h~itten also im vorliegenden Fall eine Herabsetzung des~ Sekretionsreizes tiir den auf aktiver Zellt/itigkeit beruhenden Vor-

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gang zu erwarten. Halten wir welter daran test - - um zun~ichst bei der Besprechung des Folgezustandes, der hieraus resultieren muB, am Corti- schen Organ ml beginnen --, dab die Membrana corti ihre Ireie Ent- faRung und freiscbwebende Haltung in erster Linie einem aut Fliissig- keitssekretion beruhenden Turgor verdankt, so muB infolge einer Herab- setzung dieser Fliissigkeitsstr6mung diese Membran zusammenfallen und trei im Lumen des Ductus cochlearis flottieren. Sie wird dann meist der Schwere nach hernntersinken und sich dem Cortischen Organ auf- lagern. Zuweilen wird sie sich indessen, vielleicht infolge gewisser nicht n~iher zu bestimmender Fliissigkeitsstr6mungen oder aus sonstigen Ursachen wohl auch nach oben umschlagen und der ReiBnerschen Membran anlegen k6nnen. Gleichzeitig hiermit wird iniolge Ausfallens bezw. Einschr/inkung der Sekretionskomponente eine Herabsetzung des Druckes im Ductus cochlearis auftreten miissen, die ihrerseits wiederum das Einsinken der ReiBnerschen Membran nach sich ziehen muB. Wit Nitten damit gerade die Ver~inderungen erkl~irt, die uns am Beginn des in Frage stehenden Prozesses entgegen treten. Sie wiirden demnach in erster Linie beruhen auf einer Beeinflussung des Sekretionsepithels, die selbst durch charakteristische Ver/inderungen der Zellen zu erkennen an menschlichen SchlMenbeinen, wie schon erw~ihnt, wegen der Uber- deckung durch postmortale Ver~inderungen yon vornherein kaum er- wartet werden kann. Der weitere Verlauf ergibt sich dann ohne weiteres als Folgezustand dieser Ver~inderungen und aus einer Zunahme der- selben. Er bedarf wohl kaum noch einer besonderen Erkl/irung.

Bemerkenswert erscheint mir h6chstens noch, dab mit d~eser Er- kl~irung sehr gut die Tatsache iibereinsfimmt, dab wit relativ h/iufig bei beginnenden Prozessen trotz Ver~inddrungen der 1Kembran und des Stiitzapparates die Sinneszellen relativ wenig, bezw. noch gar nicht mitbeteiligt linden, da sie eben bei diesen Erkrankungsprozessen im Gegensa tz zu den noch zu besprechenden erst s e k u n d ~ir in Mitleiden- schMt gezogen werden.

An den Maculae wird sich die Herabsetzung der Alkaleszenz im Liquor und die hiervon abh~ingige Einschr~inkung der Zellsekretions- komponente vor allem im Verhalten der Otolithenmembran zu erkennen geben. Ob vorfibergehend so starke Herabsetzung der Alkaleszenz m6glich ist, daB direkt eine L6sung der Kalksalze arts den Kristallen eintritt, lasse ich dahingestellt. Es dfirfte dies, wenn iiberhaupt, dann wohl nut ausnahmsweise vorkommen. Dagegen muB mit Herabsetzung der Sekretionskomponente der Otolithenersatz unbedingt eine EinbuBe erfahren und iniolgedessen im Laufe der Zeit die Steinzone zugrunde gehen bezw. anstatt ihres normalen Autbaues eine andersartige Gestal- tung annehmen. Desgleichen muB die Faserzone, deren aufrechte federnde Haltung wahrscheinlich ja /ihnlich, wie ich dies fiir die Mem-

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brana corti vermute, durch einen gewissen Turgor auf Grund einer Sekretionsstr6mung bedingt ist, mit Nachlassen dieses Vorganges zu- sammenfallen. Es miissen also auch an dieser Sinnesendstelle Ver/inde- rungen bei einer auf Alkaleszenzherabsetzung beruhenden Liquor- sekretionsst6rung resultieren, die sich in erster Linie an der kutikularen Deckschicht zu erkennen geben - - abgesehen yon am menschlichen Schl/ifenbein kaum nachweisbaren ZellverEnderungen im Sekretions- epithel. Dieses theoretisch konstruierte Bild kommt aber durchaus dem tats/ichlich bei den in Frage kommenden Befunden vorliegenden gleich.

In ganz analoger Weise mfissen wir uns ferner den Vorgang an den Cristen denken, auch bier werden wir als erste Folge der Sekretions- st6rungen auf Grund durchaus analoger Erw/igungen, wie wir sie fiir die Cortische Membran und liar den Otolithensaum angestellt haben, erwarten m0ssen, dab die Cupulae zusammenfallen und ihr ;Geriist zusammensintert - - Ver/inderungen, die tats~chlich ebenfalls im mi- kroskopischen Bild zu Beginn des Erkrankungsprozesses uns entgegen- treten. Wie beim Cortischen Organ, so bedarI auch bei den Maculae und Cristae der weitere Verlauf der Ver~inderungen keiner weiteren Erkl/irung, da er sich ohne weiteres als Folgezustand aus dem weiteren Fortschreiten des Prozesses ergibt.

Ich m6chte fibrigens reich keineswegs auf die Auffassung versteifen, dab null unbedingt regelm~Big nur auf dem indirekten Wege einer A1- kaleszenzherabsetzung des Blutes die besprochene Liquorsekretions- st6rung und die auf ihr fui3enden Ver~nderungen einsetzen mfiBten. Ich halte es vielmehr ffir durchaus m6glich, dab sie auch noch durch andere Ursachen hervorgerufen werden k6nnen. Ich habe diesen Weg nut deswegen zuerst ins Auge gefaBt, well er an die Erw/igung anknfipft, die reich fiberhaupt erst zu der eben geschilderten Auffassung fiber die Entwicklung des in Frage stehenden Erkrankungsprozesses gebracht hat. So k6nnte ich es mir auch sehr gut vorstel!en, dab gerade die auf aktiver Zellt~itigkeit beruhende Liquorsekretionskomponente dutch eine direkte Einwirkung yon im Blut zirkulierenden oder aus der Umgebung in den Liquor fibertretenden toxischen Substanzen anf das Sekretionsepithel bezw. aui die Nervenbahnen, denen dieser Vorgang untersteht, beeinfiul3t wird. So lassen sich z. 13. die Befunde, die K. Beck 1) experimenlell mit Diphtherietoxin bei seinen Versuchstieren erzeugte, m. E. zwanglos auch auf diesem Wege erkl~iren. Es kann wohl kaum zweifelhaft sein, dab es sich bier in der Tat in erster Linie um Ver/inderungen handelt, die das Anfangsstadium des ebengeschilderten Krankheitsbildes darstellen. Be- sonders das Einsinken der Membrana tectoria bei noch erhaltenen Sinnes- zellen ist, wie schon oben hervorgehoben, geradezu tfir den Beginn dieses

1) K. Beck : Zeitschfift fflr Ohrenheilkunde, J3d. 68,

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Erkrankungsprozesses charakteristisch. Interessant wbre es freilich fest- zustellen, ob m6glicherweise nicht auch hier die Veriinderungen infolge S~ureproduktion im Blute erfolgen. Ich habe genauere Mitteilungen fiber einen Einflug des Diphtherietoxins auI die Blutzusammensetzung bisher nieht finden k6nnen. Immerhin 1/il3t sich auf diese Weise - - s o oder so - - s e h r leicht die Tatsaehe erkliiren, dab Gifte verschiedenster Art nicht immer in erster Linie am Nervenapparat angreifen miissen, sondern unter Umst~inden auch andersartige Sehbdigungen der Sinnes- endstellen hervorzumfen imstande sind. Es wird eine Aufgabe ftir die Zukunft sein, die verschiedensten Giffstoffe hieraufhin durchzupriifen.

Die bisher besprochene Liquorsekretionsst6rung bezog sich in erster Linie aui qualitative Veriinderungen des Liquors und zwar aui Alka- leszenzschwankungen. Yon den beiden sich ergebenden M6glichkeiten haben wir zunbchst auch nur die eine, n~imlich eine Herabsetzung 'der Alkaleszenz verbunden mit dem analogen u im Blute ins Auge gelal3t. Ob auch eine umgekehrte St6rung vorkommt und diese weitere FolgezusL~inde im inneren Ohr nach sich ziehen kann, dariiber wage ic5 bisher noch nichts auszusagen. Mir scheint diese St6rung, falls sie tiber- haupt vorkommt, jedenialls weir hinter der ersten zurtickzutreten.

Dagegen m/behte ich neben den qualitativen auch den quantita- riven St6rungen der Liquorsekretion eine gewisse Bedeutung bei der Ausl6sung der in Frage stehenden Befunde zuerkennen. Fiir alle langsam fortschreitenden Prozesse ohne klinische Erscheinungen in Form ~on Dekompensationsst6rungen scheint mir die Annahme berechtigt, dab es sich in erster Linie um qualitative St6rungen in der Alkaleszenz des Liquors handelt. Fiir Erkrankungsprozesse da- gegen, die sich durch das pl6tzliche Einsetzen mehr oder weniger schwerer Ausfallsdekompensationserscheinungen vonseiten des Vesti- bularapparates, also durch sogenannte Menifiresche Anfblle zu erkennen geben, miissen wir m. E. der M6glichkeit, dab es sich bier aueh um quantitative Liquorsekretionsst6rungen handeln k6nnte, Unbedingt Rechnung tragen. Ich babe schon vor Jahren in der bereits zitierten Arbeit tiber Schwindel und Gleichgewichtsst6rungen bei nicht dutch eitrige Entztindung bedingten Erkrankungen des inneren Ohres die u ausgesprochen, dab ein Teil der Menigre-Anf~ille auf lymph- zirkulatorische St6rungen zurtickzuftihren sei und bill im Laufe der Jahre immer mehr in dieser Yermutung best~irkt worden. M. E. tehlt tiir eine grofie Zahl derartiger F~ille zurzeit immer noch eine befriedigende Er- klbrung des anatomischen Prozesses. DaB wir mit der Annahme yon Blutungen ins Labyrinth sehr vorsichtig sein mtissen, habe ich schon oben hervorgehoben. Wenn auch iiir einen Tell vielleicht die Erklgrung dutch Blutergtisse in den Nervenstamm zutrifft, so bleibt dennoch ein recht erheblicher Prozetltsatz yon F~tlen" tibrig, bei denen mal~gets

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jeder Ursache fiir das Zustandekommen einer derartigen Blutung diese Erklgrung kaum zul~issig erscheint. Ich babe daher den Gedanken, dab bei solchen F/illen eine pl6tzlieh einsetzelide, durch gewisse Reize bedingte Hypersekretion des Liquors und eine hierauf beruhende endo- labyrinth~ire Drucksteigerung die Ausl6sung dieser Erscheinungen hervorrufen k6nnte, st~indig festgehalten. Wie ich schon oben hervor- gehoben babe, m6chte ich fiir diesen Zustand die Bezeichnung Hydrops labyrinthi vorschlagen und diese Form des Ergusses yon den wirklich entziindlichen Erg~issen abtrennen. N i t Riicksicht darauf , dab die Labyrinthmembranen in eine starre, nicht ausdehnungsfghige Knochen- hiille eingeschlossen sind, erscheilit es m. E. durchaus ptausibel, dab schon relativ geringe Drucksteigerungen durch Kompression der Sinnes- endapparate bezw. der peripheren Nervenendigungen vorfibergehend Ausfallserscheinungen miissen hervorrufen k6nnen. DaB weiterhin im AnschluB an ein derartiges Ereigliis unter Umstiinden eilie Degeneration der Sinnesendstellen wird einsetzen k6nnen und, falls besonders inten- sive St6rungen vorliegen, sogar vielleicht auch eine Schrumpfung und Atrophie sgmtlicher Labyrinthmembranen sich wird anschlieBen k6nnen, erscheint mir auf Grund allgemein pathologischanatomischer Erw~i- gungen durchaus denkbar. Ich m6chte daher gerade ftir die besonders schweren mit Schrumpfung der Membran einhergehenden F/ille yon Labyrinthdegeneration die M6glichkeit, dab sie auI gleichzeitiger oder vielleicht auch ausschliel31ich auf quantitativer Liquorsekretionsst6rung beruhen, also als Folgezust~inde eines akuten Hydrops labyrinthi auf- zufassen sind, in den Kreis dieser Erw~igung mit einbeziehen.

Ich bin mir wohl bewuBt, dab diese Ausfiihrungen nicht ganz mit Unrecht in das Gebiet der grauen Theorie verwiesen werden k6nnen und erwarte daher auch keineswegs, dab sie sofort allgemeine Zu- stimmung und Anklang linden werden. Ich bitte aber zu bedenken, dab Hypothesen nicht immer ganz zu entbehren sind und dab schon wiederholt eine richtige Hypothese uns Richtlinien fiir weitere For- schungen gewiesen und damit die Grundlage fiir neue Forschungs- ergebnisse abgegeben hat. Ich wiirde wohl auch kaum jetzt mit dieser Hypothese vor die Otfentlichkeit getreten sein, obwohl sie sich schon l~ingere Zeit in meinem Hirn festgesetzt hat, wenn nicht einige als Probe aufs Exempel angestellte Versuche mit ihr ganz iiberraschend fiber- einstimmende Resultate ergeben hgtten. Es st6Bt auf gar keine Schwie- rigkeiten, gese tzm/iBig die oben gekennzeichneten Anfangsver/inde- rungen an der Cortischen und ReiBnerschen Membran his zur festen Autlagerulig auf das Cortische Organ und deutlicher Einknickung desselben experimentell dadurch hervorzurufen, dab wit durch Aus- fiillung der Pauke mit einer schwachen S~iurel6sung - - i c h w/ihlte zun/ichst 3--5~oige Eisessigl6sung - - a u f dem Wege der Diffusion

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durch die Membran des runden Fensters die Alkaleszenz des Liquor labyrin• herabdriicken. Ich zweifle auch kaum mehr daran, dab wir auI diesem Wege auch noch intensivere Ver~inderungen werden er- zeugen k6nnen. Deutliche Ausfallsdekompensationserscheinungen brauchen hierbei entsprechend dem klinischen Krankheitsbild der lang- sam pr0gredienten Labyrinthdegeneration nicht aufzutreten.

Dagegen gelingt e{ spielend leicht, durch Ausfiillung der Pauke mit L6sungen anderer chemischer relativ leicht diffundierender Sub- sianzen (z. B. ChlorkMzium- oder auch Chlorkaliuml6sung), falls diese nur richtig die Nische des runden Fensters ausffillen, und damit die M6glichkeit zum fJbertritt der Substanz aui dem Wege der Diffusion in den Liquor labyrinLhi gegeben ist, schon nach kijrzester Zeit typische Ausfallsdekompensationserscheinungen hervorrufen, die sich bei Fort- setzung der Einwirkung bis zu den h6chsten Graden steigern lassen, wie wir sie sonst bisher experimentell nur durch Zerst6rung des I.aby- rinthes hervorrufen konnten. Die hierbei auftretenden anatomischen Befunde im Beginn des Prozesses Iassen m. E. kaum eine andere Deutung als die einer enormen Sekretionssteigerung als Ursache der Erschei- nungen zu. Bei einer Henne konnte ich ausschlieBlich durch Einwirkung einer 5 ~oigen Chlorkalziuml6snng auf die Membran des runden Fensters e i n e r Seite eine d o p p e l s e i t i g e Nekrose des Labyrinthinnern ver- bunden mit enormen Gleichgewichtsst6rungen hervorrufen, ohne Zeichen entziindlicher Ver/inderungen weder im Mittelohr noch im inneren Ohre - - natiirlich abgesehen vonder geringen, bei der T6tung der Henne 8 Tage nach der Einwirkung bereits v6Uig abgeklungenen chemischen Reizung der Paukenschleimhaut aut der behandelten Seite. Warum ich zu- n~ichst gerade mit den genannten L6sungen experimentier~e und wie sich die Versuclle und die erhobenen Befunde im einzelnen gestalten, mug spEteren ausffihrlichen Mitteilungen vorbehalten bleiben. Ich konn• es mir aber nicht versagen, schon hier darauf hinzuweisen, dab es mir gegliickt ist, aui Grund der oben ausgefiihrten Hypothese experimentelle Tatsachen aufzudecken, die mir mit dieser Hypothese in vollem Einklang zu stehen scheinen und die meiner l_)berzeugung nach ganz gewil3 zur Erweiterung unserer Kenntnisse fiber die Patho- logie des inneren 0lares und besonders des in Frage stehenden Krank- heitsprozesses beitragen werden. Wenn mancl~es yon meinen Aus- fiihrungen im Laufe der Zeit voraussichtlich auch wird bericMigt werden miissen, so hoffe ich doch bestimmt, auf Grund der bereits vorliegenden Tatsachen, dab der Kern derselben sich als iruchtbringend erweisen wird.

Fasse ich noch einmal zusammen, was ich als charakteristisch fiir die reinen Krankheitsfiille yon labyrinth~irer Degeneration ansehe, so sind vor allem folgende Punkte hervorzuheben: Das Fehlen yon sicheren Zeichen abgelaufener Entziindung innerhalb des Labyrinthes bei Vor-

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handensein der oben besproehenen typischen Degenerationsbilder, das Auftreten der Degeneration in s/imtlichen Sinnesendstellen, vielleicht bier und da in etwas wechselnder Intensit~tt ; das Freibleiben des Nerven- apparates bei allen leichteren und mittelschweren F/illen und das Hinzu- tretea yon Ver~nderungen in den Nerventasern und Ganglionzellen in Form yon Atrophie und an der Labyrinthmembran in Form von Schrumpfung ausschlieBlicb erst bei schweren bezw. allerschwersten Formen des Erkrankungswozesses.

B. Die Erkrankungen des nerviisen Systems.

Neben den Erkrankungen der Labyrinthmembranen, die den nerv6sen Apparat erst s e k u n d / i r in Mitleidenschaft ziehen, gibt es indessen auch zweifellos noch p r i m/ir e Erkrankungen im Nervensystem. Wir miissen auch bier zwischen zwei Erkrankungsformen unterscheiden, die sich ohne weiteres aus dem anatomischen Aufbau des nerv6sen Systems aus Zwei Neuronen ergeben. Ich mug auch beziiglich dieses Punktes meine friiheren Ausfiihrungen insofern berichtigen, als ich in friiheren Jahren den Fehler begangen babe, diese beiden Erkrankungs- formen, auf die ich noch zu sprechen komme, durcheinanderzuwerfen. Erst im Laufe der Zeit habe ich mich immer mehr davon i,.iberzeugt, dab wir richtiger handeln, aueh bier zun/ichst wenigstens eine Zwei- teilung durchzuffihren, der sich natiirlich m6glicherweise sp/iterhin noch weitere Zergliederungen anschlieBen kSnnen. Ich unterscheide jetzt unter den Erkrankungen des nervSsen Systems die periphere (isolierte) Cochleardegeneration yon der Stammneuritis des Nerven und der kompletten Systemdegeneration, und werde daher im folgenden diese beiden Krankheitsbilder getrennt besprechen.

I. Die p e r i p h e r e C o c h l e a r d e g e n e r a t i o n .

Sie ist entschieden die am h/iufigsten vorkommende Form yon prim/irer Erkrankung im nerv6sen Apparat. Entsprechend der ge- wiihlten Bezeichnung bleibt der Prozel3 bei dieser Erkrankung auf das periphere Neuron beschr/inkt. Innerhalb dieses Neurons bef/illt er in der Regel s/imtliche drei dasselbe zusammensetzende Elemente, wenn auch Ireilich nicht immer ganz syncliron und ganz gleichm/iBig intensiv. Hierbei handelt es sich in erster LiMe um einen deg .enera- t i v e n Zerfall der nerv6sen Bestandteile. Die hierdurch entstandenen Liicken k6nnen natiirlich sekund/ir durch Fiillgewebe ersetzt werden. DaB neuritische, d. h. prim/ire entziindliche Vorg/inge im Bindegewebe der Nervenbiindel bezw. der Ganglionzellenlager eine nennenswerte Rolle beim Auftreten dieses Erkrankungsprozesses spielen, davon babe ich reich bisber noch nie an einem anatomischen t~efund iiberzeugen

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k6nnen. Anatomische Bilder vom Ganglionzellenlager, wie sie Shin- Izi-Ziba in der bereits zitierten Arbeit beschreibt, kann ich nicht die ihm vorn Autor gegebene Bedeutung zu erkennen. Ich hare diesen Be- fund fiir eine durchaus normale anatomische Eigentiimlichkeit im S~iug- lingsschl~fenbein und kann nicht zugeben, dab es sich bier urn neu- gebildetes Bindegewebe auf entziindlicher Basis handelt, ebenso wit ich diese Erkl~rung fiir die in derselben Figur abgebildeten zarten Gewebsnetze nicht mehr anerkennen kann. Ich babe daher auch iiir diesen ErkrankungsprozeB mit Absicht die Bezeiehnung Cochlear - - ,,De- generation" gew~ihlt, und die friiher yon mir gebrauchte Benennung ,,de- generative Neuritis" fitr diese Form der Neuronerkrankung fallen lassen.

Pathologisch-anatomisch am eingehendsten studiert ist zurzeit die periphere Cochleardegeneration durch Sehalleinwirkung, weil wir sie relativ leicht experimentell hervorrufen k6nnen. Der anatornische Beftmd ist etwas verschiedenartig je nach dem die Schallsch~digung auf dem Wege der Luftleitung oder durch K6rperleitung erfolgt. Im ersten Falle ist der anatomische Be fund gekennzeiehnet durch einen Zerfall der Sinneszellen mit ansehlieBendem Zerfall der Nervenfasern und Ganglionzellen und gleichzeitiger typischer Riickbildung des Cor- tischen Organs. Im anderen Fall dagegen tr i t t der degenerative Zerfall zuniichst all Nervenfasern und Ganglionzellen hervor, um sich dann weiterhin auch auf die Sinneszellen zu erstrecken, w~ihrend sonderbarer- weise der Stiitzapparat des Cortischen Organs noch relativ lange un- ver~indert stehen bleiben kann. Da ich erst kiirzlich in einer zusammen- fassenden Arbeit 1) nochmals fiber diesen ErkrankungsprozeB ausffihr- lich berichtet babe, so kann ich hier wohl auf diese verweisen.

Ferner liegen eine Reihe experimenteller Untersuchungen vor, die darauf hindeuten, dab es auch eine toxische periphere Cochleardegene- ration gibt. Ich habe vor Jahren als erster darauf hingewiesen, dab wit den Angriffspunkt gewisser Gifte im Geh6rorgan am nerv6sen Apparat speziell den Ganglionzellen des Ganglion cochleare zu suchen haben und durch experimentelle Hervorrnfung Yon Yergnderungen an den Nerven- zellen mit Hilfe der N ig l s chen F~trbemethoden diese Auffassung ge- stiitzt~). Analoge Versuche sind dann spgter yon B lau und H a i k e mit Natrium salycilicum angestellt und lieferten im wesentlichen das- selbe Resnltata). Hierzu kommen noch u yon B lau ~) mit Solutio arsenicalis Fowleri und yon Z y t o w i t s c h 5) mit Alkohol. Der

1) W i t t m a a c k : Passows ]3eitr/ige, ]3d. IX. z) W i t t m a a c k : Pfliigers Archiv Iiir die gesamte Physiol0gi e, Bd. 95. 3) B l a u : Archiv fiir 0hrenhei lkunde, Bd. 61. H a i k e : Archiv f i i r Ohrenheil--

kunde, 13d. 63. 4) B l a u : Archiv ffir Ohrenheilkunde, Bd. 65. 5) Z y t o w i t s c h : refefiert Archly fiir Ohrenheilkunde, Bd. 88, S. I4o.

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Uber die patholog.-ana• und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. IO I

Wert dieser Versuche ist in letzter Zeit dadurch etwas in Frage gestellt worden, dab sich unsere Anschauungen fiber die Beurteilung der feineren anatomischen Vergnderungen an Nervenzellen und Fasern nicht un- wesentlich ver~indert haben. Besonders die Aufdeckung der ,,agonalen" Ver~inderungen hat zur Nachpriifung dieser Versuche herausgefordert, um die Frage zu entscheiden, ob und inwieweit die festgestellten Be- funde aut gleichzeitigem Einsetzen solcher Ver;~inderungen zuriickzu- fiihren sind. So sind denn auch bereits inzwischen zwei Arbeiten er- schienen, die yon mehr oder weniger giinz!ich negativen Resu!taten bei diesen Versuchen berichten ( L i n d t 1) und H i n s b e r g - S c h r 6 d e r ~). Beide Autoren experimentierten mit Chinin und Salizyl. Dem stehen indessen gegeniiber eine Reihe wertvoller positiver Befunde yon K. B e c k a). Ich fasse bier ganz besonders seine Versuche mit Natrium salicylicum ins Auge, die eine deutliche Lichtung der Nervenzellen und der Nerven- fasern ergaben, also zweifellos einen degenerativen ProzeB erkennen lassen, wenn auch - - g a n z ~ihnlich offenbar wie bei den Schallversuchen - - anatomische Zeichen des Zerfalls an den einzelnen Nervenfasern und Zellen nicht mehr deutlich zu erkennen waren. Ferner fiihre ich hier die Untersuchungen yon N a k a m u r a 4) mit Alkoholvergiftung an, die eine deutliche Alteration s/imtlicher drei Bestandteile des peripheren Neurons durch das verabreichte Gift zeigten. Sowohl die Untersuchungen Be c ks , als auch die N a k a m u r a s wurden mit der neuen durchaus einwand- freien Durchspiilungsfixation angestellt und k6nnen daher kaum be- anstandet werden. Ich selbst babe vor einiger Zeit die Versuche mit Chinin wieder aufgenommen und hierbei mit subakut verl~ingerter Intoxikation ebenfalls unter Anwendung der Durchspiilungsfixation ganz unzweitelhafte Ver~inderungen an Nervenfasern, Ganglionzellen und zuweilen auch an den Sinneszellen und am Cortischen Organ hervor- rufen k6nnen. Ich muB daher daran festhMten, dab die friiheren Experimente und die aus ihnen gezogenen SchluBfolgerungen keines- wegs als ungiiltig zu bezeichnen sind. Die bei ihnen festgestellten Ver- /inderungen stehen, obwohl sie zum Teil erst agonal entstanden sind, dennoch mit der vorgenommenen Vergiitung in urs/ichlichem Zusammen- hang, wie ich dies schon friiher ausgefiihrt babe. Denn sie }anden sich ja bei normalen sonst ganz analog behandelten Kontrolltieren nicht. Nur die Beurteilung der Befunde bedarf einer gewissen Modifikation. Ich werde hierauf ausfiihrlich zu spreche n kommen, wenn ich meine neuen Chininversuche mitteile und werde dabei auch die Griinde aus- einandersetzen, warum die Versuche yon L i n d t und H i n s b e r g ~cX]~-

1) L i n d t : Correspondenzblat~ fiir SchweizerArzte i913, Nr. 45. ~) H i n s b e r g u. S c h r o e d e r : Zeitschrift fiir Ohrenheilkunde~ Bd. 78. ~) K. Beck : Zeitschrift fiir Ohrenheilkunde, Bd. 68. a) N a k a m u r a : Passows Beitr~ige, Bd. VIII.

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102 K. WITTMAACK,

d e r negativ ausfallen muBten. Es kommt eben doch sehr viel darauf an, wie man derartige Versuche anstellt.

Fast alle Autoren stimmen darin 'iiberein, dab zweifellos, wie ich dies ebenfalls schon vor Jahren betont habe, das Cochlearneuroll ungleich st/irker zu Veriillderungen disponiert wie der Vestibularis, so dab es kein Wunder nehmen kanll, wenn klinisch fast ausschlieBlich Erscheinungen vonseitell des Cochlearteils hierbei auftreten. Es hat sich ferner gezeigt, dab meist ausschlieBlich nur das periphere Neuron befallen wird.

In engster Beziehung zu diesen toxischen Degenerationen stehen natiirlich die infekti6sen. Auch hieriiber liegen bereits einige experi- mentelle Grundlagell in der wiederholt zitierten Arbeit roll K. Be c k vor.

An diese Gruppe wiirden sich dann noch die sellil-arteriosklero- tischen und kachektischen Degenerationen allschliel3en.

An menschlichen Schl~ifenbeinen klinischer F/ille k6nllen wit natiir- lich kaum darauf rechllen, namentlich bei akutell Prozessell mit Sicher- heft allaloge Ver/inderungen nachzuweisell, wie sie uns am Experiment entgegentretell, da sie meist zu stark durch postmortale Ver~nderullgen iiberdeckt sind. Hier wird uns ullverkenllbar deutlich der ProzeB immer erst danll entgegentretell, wenn er dutch Iortschreitenden Zerfall yon Nervellzellen und Nervellfasern zu einer deutlichen Lichtullg im Nerven- laser- und Gallglionzellelllager geftihrt hat, d. h. also, wenn sich bereits Zeichen eiller Atrophie im Nervell bemerkbar machen. An diese werdell wit ulls daher auch immer zun/ichst als weselltlichell Faktor bei der Beurteilung der anatomischen Befunde an menschlichen Schl~iien- beillen halten miissen.

Ob gleichzeitig Yeriinderullgell im Cortischell Organ vorliegen oder nicht, kommt erst in zweiter Linie ill Betracht. Wie bei den sekund/ir absteigenden Degeneratiollen am Nervenstamm durch Quetschung, so kann ganz zweifellos auch bei der prim~iren peripheren Cochteardege- neration, sobald diese langsam fortschreitend verl/iuft, der Stiitz- apparat des Cortischen Organs l allge Zeit intakt bleiben. Uber einen nach Analogie des zitiertell experimentellen Vorganges anzunehmenden gleichzeitigen isoliertell Sinneszellellausfall k6nnen wit leider wiederum beim menschlichell Schliifellbein llichts Bestimmtes aussagen, da auch hier die postmortalen Ver~tnderungen eill sicheres Urteil meist kaum mehr zulassen. Einen derartigen Befund reinster peripherer Cochlear- degeneration - - wahrscheinlich wohl auf arteriosklerotisch seniler Basis beruhend - - zeigt Fig. I I . Der Unterschied gegeniiber Fig. I (Normal- pr~parat) und Fig. 2 bis Fig. 5 (Labyrinthdegeneration) tri t t deutlich hervor. Die Cochleardegeneration hat mit dem Normalpr/iparat ge- meinsam das Vorhandensein eines regul~tr aufgebauten Cortischen Organs. Sie unterscheidet sich yon ihm dutch die Lichtung im Gang-

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~3ber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. ! 0 3

lionzellen- und Nervenfaserlager, Die Labyrinthdegeneration dagegen zeigt die gleichen vollen Nervenfaser- und Ganglionzellenlager, wie das Normalpr~parat, unterscheidet sich aber yon ibm durch die Atrophie des Cortischen Organs. Freil ich soll damit nicht behauptet werden, dal3 die Intaktheit des Cortischen Organs unbedingt zum Krankheits- bild der Coclaleardegeneration geh6rt. Wie bei der durch Lnftsch/idigung bedingten aknstisch-traumatischen Cochleardegeneration, so kann aueh bei der auf anderer Ursache beruhenden - - z. B. toxischen - - mit der Degeneration de r Sinneszellen eine Riickbildung im Cortischen Organ erfolgen, die dann der bei akustisch-traumatischer Degeneration aut- tretenden auBerordentlich gleicht. Von der Labyrinthdegeneration unterscheidet sich indessen das Krankheitsbild auch dann noch durch das Freibleiben der vestibularen Sinnesendstellen und des Vestibular- nerven einerseits und der st~irkeren Atrophie im Ganglionzellen- und Nervenfaserlager andererseits.

Ob sich der Stiitzapparat des Cortischen Organs trotz st/irkerer Atrophie im Nerven nnd Ganglionzellen auffallend lange Zeit hindurch intakt erh/ilt oder nicht, h/ingt wie schon erw~hnt, wohl in erster Linie davon ab, ob es sich um einen besonders langsam fortschreitenden De- generationsprozel3, wie bei der Altersschwerh6rigkeit, chronischer In- toxation usw. handelt, oder ob wires mit relativ schnell sich entwickeln- den und ablautenden VerSnderungen zu tun haben. Freilich mag zu- weilen dieser Unterschied auch noch dadurch bedingt sein, dab die Degeneration in einem Falle znn/ichst mehr an den Sinneszellen, im anderen Falle mehr an den Nerventasern bezw. Ganglionzellen einsetzt, je nach der Ursache, die sie hervorruft. Die akustisch-traumatische Degeneration kann hierfiir als Beispiel dienen, denn wie ich in meiner letzten Arbeit bewiesen habe und oben ebenfalls schon hervorhob, kommen bei dieser, je i~achdem die Sch/idigung durch Luft- oder durch Knochenleitung erfolgte, beide M6glichkeiten vor. Hierbei ist freiiich zu beriicksichtigen, dab im allgemeinen wohl die Lufttonsch/idigung sich schneller entwickelt als die Knochenleitungssch/idigung, so dab daneben m6glicherweise auch der obenerw/ihnte Faktor eine Rolle spielen kann. Immerhin scheint es mir zurzeit kaum zweckm/iBig, zwischen einer aufsteigenden und absteigenden Degeneration zu u!hter- scheiden, da die Grenzen dieser beiden Formen zu verwaschen sind und zweifellos beide direkt ineinander iibergehen k6nnen.

Eine isolierte periphere Vestibulardegeneration kommt m. E. nicht vor. Jedenfalls liegen bis jetzt noch keine einwandfreien ana- tomischen Beiunde vor, die zu dieser Annahme berechtigten.

Die Labyrinth- und die isolierte Cochleardegeneration sind wohl zweifellos die uns am h/iufigsten entgegentretenden Krankheitsbilder. Hieraus erkl~irt es sich, dab einschl/igige anatomische Befunde sehon

Archiv f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 99. 8

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in recht groBer Zah-1 vorliegen. Ich will hier indessen davon absehen, s~imtliche in der Literatur aufgez~ihlten Befunde daraufhin zu be- sprechen, in welche dieser beiden Krankheitsprozesse sie einzureihen sind, soweit sie sich durch das Fehlen yon Residuen entziindlicher Veriinderungen als nicht zur Labyrinthitis geh6rig herausgestellt haben. Fiir eine groBe Reihe ergibt sich die Eingliederung auf Grund meiner Ausfiihrungen ganz ohne weiteres, n~imlich soweit es sich um reine F~ille handelt. Daneben kommen freilieh Kombinationen beider Er- krankungsprozesse miteinander in Betracht, auf die ich unien noeh zu sprechen kommen ~erde,

2. Die S t a m m n e u r i t i s u n d die S y s t e m d e g e n e r a t i o n .

Wie ich bereits oben hervorhob, ist charakteristisch fiir die Peri- phere Cochleardegeneration, dab der DegenerationsprozeB auf das periphere Neuron beschr~nkt bleibt. Ein aufsteigendes 19bergreifen auf den Akustikusst atom ist jaauch yon vornherein auI Grund allgemein-neuro- logischer Erw~gung nieht sehr wahrscheinlich, wenn der Beginn des Prozesses in der Peripberie zu suchen ist. Neben dieser Form der Coch, learerkrankung gibt es aber zweifellos noch eine weitere, die im Coch- I e a r i s s t a m m einsetzt. WXhrend bet der Erkrankung des peripheren Neurons eigentlich nur das Auftreten degenerativer Vorg~inge sicher- gesteilt i s t , weswegen Jch zuniichst die Bezeichnung Degeneration gewXhlt habe, miissen wir fiir die Erkrankungsprozesse im Cochlearis- s tamm in erster Linle yon einer S t a m m n e u r i t i s sprechen.

Es handelt sich bier um ein zweifellos nicht h~iufig vorkommendes, trotzdem aber doch recht charakteristisches Krankheitsbild, das vor allem bet schwerer Beeintfiichtigung des Allgemeinzustandes meist infolge yon Infektionskrankheiten aufzutreten pfiegt. Als typisches Beispiel dieser Art fiihre ich den in meiner Arbeit fiber die toxische Akustikusneufitis beschriebenen Befund an 1). Wie die isolierte periphere C'ochleardegeneration , so zeigt auch diese Form der Akustikuserkrankung ein 'ungleich st~irkeres Befallensein des Coehlearteils, so dab auch hier im klinischen Krankheitsbild Erscheinungen vonseiten des u t eils stark zuriicktreten, bezw. iiberhanpt nicht vorhanden sind. Der ~tnatomische ProzeB spielt sich bet dieser Erkrankungsform in erster Linie im N e r v e n s t a m m s e l b s t ab und ist dadurch gekennzeichnet, dab sieh neben den Zeichen eines degenerativen Zerfalls der Nerven- fa'se~n deutliehe Zeichen entziindlicher bezw. exsudativer u finden, bestehend Jn st~trkerer Durchsetzung der Interstitien mit Rund- zetlen bezw. Leukozyten und Auftreten eines ser6sen bezw. fibrin6sen Exsudates. Ich bin auf Grund ether nochmaligen Durchsicht der Pr~-

l) W i t t m a a c k : Zei• fiir Ohrenheilkunde, Bd. 4 6.

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CTber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. 1:O 5

parate des beschriebenen Falles zu der Uberzeugung gekommen, dab ganz besonders die yore Nervenstamm wiedergegebenen Befunde keinen Zweifel darfiber zulassen, dab es sich hier um einen neuritischen Prozel3 gehandelt haben muff. Sie berechtigen namentlich im Hinblick auf die Vergleichspr~iparate vom Nervenstamm des Vestibularis und des Facialis sicher zu der Annahme, dab jedenfalls im Cochlearteil bereits zu Leb' zeiten ein ErkrankungsprozeB vorlag. Es scheint mir nicht zul/issig, diese Ver/inderungen als rein postmortal bezw. agonal entstanden anzusehen, so dab die Pr/iparate auch einer Kritik standhalten, die wir auf Grund der Fortschritte der letzten Jahre an ihnen iiben miissen.

Besonders wertvoll erscheint mir vor allem auch tier Nachweis exsudativer Ver~inderungen, die die wiedergegebenen Pr/iparate sehr deutlich zeigen. Ich babe auf sie ja auch in meiner Arbeit wiederholt hingewiesen. Ich kann fiberhaupt auf meine Ausfiihrungen in dieser Arbeit hier verweisen, da sic auch jetzt noch nach IO Jahren keiner wesentlichen Ab/inderung bediirfen, wenn wir sic, wie dies ja auch seinerzeit beabsichtigt war, nut auf dieses Krankheitsbild der Stature- neuritis anwenden und yon einer 13bertragung auI die periphere Coeh- leardegeneration absehen. Ganz besonders m6chte ich auch jetzt noch die Auffassung aufrechterhalten, die ich in dieser Arbeit fiber die Mit- beteiligung des interstitiellen Gewebes bezw. der Gef~tB- und Lymph- bahnen ge/iuBert habe. Ich glaube auch heute noch, dab bei diesem ErkrankungsprozeB der erste AnstoB durch zirkulatorische St6rungen gegeben wird.

Best/irkt werde ich in der Absonderung des Krankheitsbildes der Stammneuritis yon dem der peripheren Cochleardegeneration durch einen zweiten, dem vor Jahren beschriebenen und eben zitierten durch- aus analogen Befund, bei einem Fall typischer sogen. ,,Typhusschwer- h6rigkeit", dessen klinische Seite bier nicht besprochen werden soll. Ich verdanke diesen Fall der Liebenswtirdigkeit Herrn Dr. Caesar H i r s c h s aus Stuttgart. Es handelt sich um das typische Krankheits- bild einer relativ schnell zunehmenden, hochgradigen Schwerh6rigkeit im Verlaufe des Typhus w/ihrend des H6hestadiums des Erkrankungs- prozesses, dem der Patient kurze Zeit nachher erlag.

Die Verarbeitung der Schl/ifenbeine erfolgte diesmal nicht wie die meines ersten FaUes unter Herauspr~parieren der Nervenst~tmme und isolierter Untersuchung derselben, sondern in der allgemein iiblichen Weise unter Anlegung kontinuierlicher Serienschnitte durch das ganze Labyrinth. Wenn infolgedessen auch einzelne Feinheiten nicht so sch6n hervortreten wie in dem zitierten Fall, so hat diese Methode doch andererseits d e n Vorzug, dab das Labyrinth nicht zertrfimmert wird und daher auch ein Urteil fiber die Membranen des Labyrinthes und die Sinnesendstellen m6glich ist . Dazu kommt, dab die neueren

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mikroskopischen Untersuchungen auch an Labyrinthserienschnitten elektive F/irbungen im Nerven zulassen. Ich habe daher diesmal die Verarbeitung in Form kontinuierlicher Serien der friiheren Methodik vorgezogen.

Die mikroskopische Untersuchung beider Schl~ifenbeine ergibt anf beiden denselben Befund: Im Mittelohr keinerlei wesentliche patho- logische VerSnderungen, im inneren Ohr iiberall zarte Membranen, keine Exsudatausscheidung, die Sinnesendstellen zeigen typische post- mortale Ver~nderungen, sonst keine auffallenden Abweichnngen.

An den Nerven f~illt in erster Linie schon an den mR H~imatoxylin- Eosin gef/irbten Schnitten deutliche Zersetzung der Interstitien mit Lymphoz~en auf, die im Cochlearisstamm st/irker hervortritt als am Vestibularis und hier wieder kurz vor seinem Durchtritt durch die Schneckenspindel den h6chsten Grad erreicht (conf. Fig. 12 u. 13).

Die o s mie r t e n Pfiiparate zeigen deutlich zerfallende, stellenweise rosenkranz-~ihnlich ver/inderte Nervenfasern. Auch hier erreichen die Ver~inderungen am Cochlearteil auch beim Vergleich y o n durchaus in gleicher Tiefe gelegenen Zonen einen deutlich h6heren Grad als im Vestibularteil bezw. am Facialis (conf. Fig. 14 mit Fig. 15). Es i s t daher wohl auch fiir diese Ver~inderungen die Annahme berechtigt, dab sie nicht ausschlieBlich agonaler bezw. postmortaler Natur sein k6nnen, sondern dab bereits zu Lebzeiten eine Sch~idigung vorgelegen haben muB. Auch die GanglionzeUen des Ganglion cochleare zeigen die gleichen Ver/inderungen und denselben Untersctlied gegeniiber denen des Ganglion vestibulare, wie ich ihn in der zitierten Arbeit fiber die Neuritis acustica abgebildet habe. Doch m6chte ich hierauf weniger Wert legen wie auf die Ver~inderungen am Nervenstamm.

Es handeR sich also auch bei diesem Fall im wesentlichen durchaus um die gleichen Krankheitsvorg~inge, wie bei dem vor Jahren beschrie- benen Fall. DaB der erstere im Verlaufe einer schweren Tuberkulose, der andere w~ihrend eines schweren Typhus einsetzte, ist fiir die Be- urteilung des Prozesses unwesentlich. Wichtig ist, dab in beiden F/illen eine schwere infekti6s-toxische Sch~idigung n n t e r s t~ i rks te r Be- e i n t r ~ i c h t i g u n g des A l l g e m e i n b e f i n d e n s vorlag. Wie bei dem ersten Fall tr i t t auch tiier die st~irkere Beteiligung des Cochlearastes deutlich hervor. Ich habe in meiner ersten Arbeit bereits versucht, hierfiir eine Erkl~irung zu geben. Ich glaube, dab auBer den bereits angefiihrten Momenten noch ein weiterer Faktor mit hereinspielt, der auch trotz ev. nur gradueller Unterschiede im anatomischen Bild den- noch geeignet erscheint, den starken klinischen Kontrast im Verhalten des Cochlearis und Vestibularis vollauf zu erkl~iren. Er bezieht sich auf den Unterschied im Durchtritt der Nervenbfindel bei ihrem Eintrit t in die Labyrinthkapsel. W~thrend n~imlich die Schneckennerven durch

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eine groBe Zahl feinster siebf6rmiger Kan~ilchen (Tractus foraminosus) sich ihren Eintrit t in die Schnecke suchen mfissen, erfolgt der Durchtritt der Vestibular~iste dnrch einige wenige, wesentlich gr6bere Knochen- kaniile. Nehmen wir, wie dies nach dem anatomischen Beinnde kaum anders denkbar ist, eine 6demat6se DurchtrSnkungl beider Nerven- stiimme im H6hestadium des Erkrankungsprozesses an, so wird diese infolge dieses wichtigen anatomischen Unterschiedes die feinsten Bfindel- chen des Cochlearteils dutch Kompression bezw. Abknickung weit leichter zum Funktionsausfall bringen miissen, als die gr6beren Zweige des Vestibularis, so dab sich auch hieraus der groge Unterschied im klinischen Krankheitsbild gut erkl~iren l~iBt. Es ist durchaus wahr- scheinlich, dab auBer den u im Nervenstamm und im Ganglion cochleare, auch solche im Nervenkern vorliegen. Immerhin diirften diese, ebenso wie die Zellver~inderungen iln Ganglion h~infig nicht so dentlich hervortreten, dab sie sich gegeniiber den postmortalen und agonalen Ver~nderungen der Nervenzellen anliegender Nerven- kerne hinreichend scharf abheben. Es empfiehlt sich daher znr ana- tomischen Diagnose, sich in erster Linie an die Ver~inderungen des Nervenstammes zu halten und bier wiedernm besonders anf die Kom- bination yon interstitiellen Ver/inderungen mit gleichzeitigem Nerven- faserzerfall zn achten.

Der anatomische Ablanf dieses Erkrankungsprozesses ergibt sich aus den vorliegenden Befunden, auf Grund allgemein pathoiogisch- anatomischer Erw~igungen und auf Grund yon Analogieschliissen aus dem Verlaufe verwandter Prozesse an anderen Nerven. Es kommen m. E. drei M6glichkeiten in Betracht:

Zun~ichst muB zweife]los zugegeben werden, dab eine Wieder- herstellung erfolgen kann unter Rfickkehr normaler bezw. ann/ihernd normaler Verh~iltnisse, nnd Wiederkehr der Fnnktion. Hierffir wird es freilich schwer sein, einen anatomischen Nachweis zu erbringen, da schon ein ganz besonders glficklicher Zufali uns ein derartiges PrSparat in die H~inde spielen mfil3te. Ich bin indessen durch eine Reihe klinischer Beobachtungen an F/illen yon Typhusschwerh6rigkeit, auf die ich in einer anderen Abhandlung zu sprechen kommen werde, zu dieser Uber- zeugung gekommen.

Das andere E x t r e m i s t selbstverst/indlich tier Ubergang in kom- plette Atrophie des Nerven. Sie wird sich in allererster Linie entspre- chend der si~irkeren Beteiligung dieses Nervenzweiges am Erkrankungs- prozeB auI den Cochlearisast erstrecken. Innerhalb dieses wird sie das gesamte System, das ihn zusammensetzt, befallen. Sie mug sich also yon der ~iuBersten Peripherie, d.h. der Aufsplitterung des Nerven in der Lamina spiralis einschlieBlich der Sinneszellen fiber das Ganglion spirale und dnrch den ganzen Nervenstamm hindurch bis znm Kerngebiet des

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Akustikus ausdehnen. Es geht diese Ausbreitung als unbedingter Folgezustand Mler Cochlearisstammerkrankungen mit vollst~ndiger Leitungsunterbrechung aus meinen bereits zitierten experimentellen Untersuchungen 1) fiber Nervenquetschung hervor, die bewiesen haben, dab das periphere Neuron des Cochlearis nach Ausfall der Stammleitung im Gegensatz zu dem des Vestibularis ffir sich aUein nicht mehr lebensf~hig ist.

Ich habe bereits in meiner friiheren Arbeit iiber Neuritis acustica erSrtert, welche von den in der Literatur niedergelegten F~llen m6glicher- weise als derartige Folgezust~nde einer frfiheren Neuritis mit 13bergang in Atrophie anzusehen sind, und ich kann hier auf diese Ausfiihrungen verweisen. Freilich kommt yon den dort aufgez~hlten F~llen ein Teil deswegen in Wegfall, weil die Ausft~llung des Labyrinthes mit Binde- gewebe bezw. Knochen sie in die Gruppe der Labyrinthitis und zwar bei den in Frage stehenden F~llen der meningogen entstandenen ver- weist. Von den neueren Beobachtungen dieser Art scheint mir hSchstens der Fall yon P a n s e 2) (Nr. 3 rechtes Ohr) hierher zu geh6ren. Die ge- ringe Zahl dieser FXlle erscheint bei der relativen Seltenheit des Krank- heitsbildes einerseits und der zweifellos vorhandenen groBen Regenera- tionstendenz, die mir in ldinischen Beobachtungen entgegengetreten ist, anderseits nicht so arg verwunderlich.

Zwischen diesen beiden Extremen der vollst~ndigen Wiederher- stellung und der vollst~ndigen Atrophie im Gesamtsystem muB es natiirlieh noch eine groBe Reihe yon Uberg~ngen geben. Sie werden sich anatomiseh ebenfalls ganz vorwiegend bezw. ausschlieBlich im Cochlearteil abspielen, und zwar werden sie all diesen mit gr6Berer Deutlichkeit im peripheren Neuron hervortreten, wie im Stamm. Es ist n~mlich auf Grund der wiederholt zitierten Versuche mit experi- menteller Aussehaltung des Nervenstammes yon vornherein bei dem Einsetzen einer Stamlnneuritis zu erwarten, dab falls der Erkrankungs- prozeB etwas l~nger bestehen bleibt und infolgedessen die sekund~re Degeneration im peripheren Neuron eingesetzt hat, beim Abklingen des Prozesses eine Regeneration im Stature auch dann noch welt leichter wird erfolgen k6nnen, als im peripheren Neuron, well das zwischen- gelagerte Ganglion spirale mit seinen Nervenzellen offenbar weir schwerer als die Nervenfasern, ja wie es scheint iiberhaupt kaum zur Regeneration bef~higt ist. Diese F~lle werden uns dann sp~ter im anatomischen Bild der peripheren Cochleardegeneration entgegentreten, da die De- generation am Stature unter Umst~nden so gering sein kann, dab sie sich ganz unserer Erkenntnis entzieht. Wenn wir also im sp~teren Leben

1) \ u Verb. d. Deu~schen Otolog. Gesellschaft I911. 2) P a n s e : Archly ffir Ohrenhei lkunde, Bd. 7 o.

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auf abgelaufene F~ille dieser Art, entstanden im AnschluB an akute Infektionskrankheiten, stol3en, ist die Entscheidung der Frage, ob es sich urn prim~ire ausschliel31iche Erkrankungen des peripheren Neurons oder um eine sekund~ire periphere Cochleardegeneration nacli abge- laufener Stammneuritis gehandelt hat, aus dem anatomischen Befund kaum mehr mit Sicherheit zu f~illen. Auf die klinischen Gesichtspunkte, die flit.die Entscheidung dieser Frage unter Ums• yon Wert sein kSnnen, komme ich noch an anderer Stelle zu sprechen. Hierher geh6rt aus den am SchluB zusammengestellten F~illen vor allem der Fall 6.

Der anatomische Befund in diesem Fall yon Typhusschwerh6rig- keit steht daher keineswegs im Gegensatz zu dem des oben beschriebenen Falles. Er stellt vielmehr m. E. einen der drei in Betracht kommenden Folgezust~nde dar, die sich im Laufe der Zeit aus dem beschriebenen, auf der H6he des Prozesses zur Sektion gekommenen Befunde ent, wickeln k6nnen.

Die Art des soeben besprochenen pathologischen Prozesses bringt es mit sich, dab der ganze Verlauf sich relativ sctinell abspielt. Die Stammneuritis komrnt also, soweit wir bisher iiber sie unterrichtet sind, nur als aku*er ErkrankungsprozeB vor. Zu einem ganz pl6tzlichen Einsetzen dieses Prozesses wiirde es unter Umst~inden wohl durch eine akut erfolgende Zirkulationsst6rung kommen k6nnen. Sie k6nnte durch Zerreil~ung der zufiihrenden Arterie, dutch eine Embolie oder auch durch lokale Ver~inderungen an den Arterien selbst nach Analogie de r Ver~nderungen an den Kranzarterien bedingt sein. Auch durch den letzten ProzeB kanrt es ia, wie die Beobachtungen am Herzen zeigen, ohne dab eine Blutung erfolgt oder ein Embolus vorliegt, zur pl6tzlichen Ausschaltung des yon den erkrankten Gef~iBen versorgten Bezirkes kommen, falls ausreichende Anastomoseli ni~cht vorhanden sind. Das !etztere ist aber im inneren Ohr sicherlich nicht der Fall. V6lllg ein- wandsfreie anatomische Befunde clieser Art liegen in. E . bisher nicht v0r. Der aus meiner Klinik ver6ffentlichte Fall von Stfitzl). ergab leider in dieser Hinsicht kein ganz unzweideutiges Resultat. " Klinische Be0bachtungen sprechen indes doch sehr fiirdiese Annahme. Ob genuine n e u r i t i s c h e Prozesse chronischer Natur am H6rnerven auftreten, dariiber k6nnen wir zurzeit nichts Bestimmtes aussagen. Es scheint aber beinahe nicht der Fall zu sein: Dagegen miissen wir die M6glich- keit des Vorkommens chronischer, d. h. langsam fortschreitender de- g e n e r a t i v e r Prozesse im Gesamtsystem des H6rnerven zweifellos zu- geben. Ich denke hierbei vor allem an die Ertaubungen bei Tabes und glaube, dab m6glicherweise unter anderem der von Briihlt) beschrie-

1) S t f i t z : Zeitschrift ffir Ohrenhr Bd. 6 5. ~) B r f i h l : Werh. d. Deutschen Otolog. Gesellschaft i9o5.

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bene anatomische Fall yon H6rnervendegeneration hierher zu z/ihlen ist. Auch bei diesen Erkrankungsformen scbeint otfenbar der rCochlear- nerv in der .Regel stttrker befallen zu sein als der Vestibularnerv. Frei- lich m6chte ich die Berechtigung yon einer ,,Systemdegeneration" zu sprechen nur ffir solche F~ille anerkennen, bei denen wit wirklich den Gesamtstamm des Nerven gle ichmttBig atrophiert tinden. Die so- genannten ,,herdf6rmigen Degenerationen" im Acusticus bezw. Coch- learis kann ich auf Grund meines Materials nicht als sicheres patholo- gisch-anatomisch begriindetes Krankheitsbild ansehen. Ganz abgesehen davon, dab m. E. diese Herde im Nerven kaum imstande sein k6nnen, eine Leitungsunterbrechung und damit ein klinisches Krankheitsbild auszul6sen, kann ich auch ihre pathologische Natur nicht zugeben. Ich stehe vielmehr auf dem besonders von A l e x a n d e r und O b e r s t e i n e r vertretenen Standpunkt, dab es sich bier um die Auslttufer yon Neu- rogliagewebe handelt bezw. bier und da wohl auch um einzelne ver- sprengte Herde, dieser Gewebsart am Nervenstamm - - Verttnderungen, die nut als anatomische Eigentiimlichkeit anzusehen sind, wie die oben- erw/ihnten Zarten Gewebsnetze im Winkel des Rose n tha lschen Kanals und tthnliche Bildungen. Auch halte ich es durchaus nicht fiir berechtigt, aus der TatsaChe einer Atrophic im Ganglion schlieBen zu wollen, dab auch eine solche im Nervenstamm vorliegen k6nne, auch wenn sic sich uns im anatomischen Bild nicht zu erkennen gibt. Fiir f r i s c h e , auf der H6he des Erkrankungsprozesses entstandene Nervenfaser- und Gangtionzellenschtidigung ist die M6glichkeit des Vorliegens e iner solchen auch ohne deutlichen anatomischen Ausdruck zweifellos zu- zugeben. Bei a b g e l a u f e n e n F/illen dagegen muB, falls neben einer Atrophic im peripheren Neuron auch eine Atrophie im Nervenstamm angenommen werden soil, diese auch ebenso deutlich durch Ausfall von Nervenfasern hervortreten, wie im peripheren Neuron. M . E . handelt es sich bei fast allen Ftillen, bei denen diese Annahme gemacht wurde, und ebenso bei den Ftillen von herdf6rmiger Degeneration mit Atrophic im peripheren Neuron um typische Fttlle yon isolierter per i - p h e r e r Cochleardegeneration, nicht um eine Systemerk-ranknng. Auf die sekundttre Entstehung dieser nach Stammneuritis babe ich ja oben bereits hingewiesen. Die komplette Systemdegeneration ist zweifellos ein welt welt selteneres Krankheitsbild als die periphere Cochlear- degeneration.

Ich bin selbst - - das gebe ich ohne weiteres zu - - voriibergehend in manchem der besprochenen Punkte anderer Auffassung gewesen und habe vor allem diese Trennung keineswegs framer scharf durch- gefiihrt, habe mich abet dutch eingehendes weiteres Studimn mehr und mehr zu der in dieser Arbeit niedergelegten Uberzeugung durch- gerungen.

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~lber die patholog.-anatomischen und patholog,-physio]o#schen Grundlagen usw. I I I

Damit w~ire In. E. die Besprechung der hierher gehSrigen pa~ho- logisch-anatomisch gut charakterisierten Krankheitsbilder, die wJr zurzeit aufsteilen kSnnen, erschSpft. Es ksnnte nun hier noch ein- geschoben werden die Besprechung atypischer, d. h. rein sekund~irer Erkrankungen des H6rnerven und des Labyrinthes infolge Beeinflus- sung dieser Gebilde durcb Erkrankungsprozesse in ihrer Umgebung, besonders die Erkrankungen des HSrnerven infolge pachymeningitischer Prozesse oder sonstiger Erkrankungen der Meningen, die Kompressi0n des Nerven dutch Tumoren usw. Doch mSchte ich, da es sich um atypische und damit yon Fall zu Fall ev. wechselnde Krankheitsbilder bandelt, yon einer Beriicksichtigung dieser Prozesse bier absehen. Beziiglich der anatomischen Beeintlussung des HSrnerven werden wit uns auch hier vor allem an die yon der Nervenausschaltung abhgngigen sekund~ren degenerativen VorgRnge erinnern miissen. Wie bei der experimentellen Nervendurehquetschung miissen wir auch bei der Ausschaltung des Nerven durch Kompressio!~ damit rechnen, dab der bei den genannten Experimenten nachgewiesene Unterschied im Yer- halten des Cochlearteils und Vestibularteils sich wird geltend maehen miissen. Wir werden also erwarten miissen, dab der Cochlearteil bis zur/iul3ersten Peripherie einschlieNich der Sinneszellen zerf~illt, w/ihrend das periphere Neuron des Yestibularteils intakt bleiben kann. Dieses gilt natiirlich nur soweit, als nieht durch Einwachsen des Tumors oder Ubergang sonstiger pathologischer Prozesse b~s auf das Ganglion vesti- bulare selbst eine Miterkrankung auch des peripberen Neurons hervor- gerufen wird. Beziiglich der Ergebnisse meiner experimentellen Unter- sucbungen mit Nervendurchquetschung mSchte ich bier noch einfiigen, dab diese .Experimeme yon einem meiner japanischen Schiiler, Dr. Mishima, vor dem Kriege an einer gr613eren Zahl yon Hunden nach- gepriift wurden und dab auch diese Versuche im wesentliehenldurcbans das gleiche Resultat lieferten. Die ausfiihrliche YerSffentlichung dieser Versuche ist ireilich dutch den Kriegsausbruch auf unbestimmte Zeit vertagt. Ganz besonders zeigten sie uns ebenso deutlich wie meine Versuche, dab yon einer Verletzung der zufiihrenden Gef~iBe bei der Durchquetschung des Nerven keine Rede sein kann. Ich babe dieses ja auch bereits in meiner ersten Mitteilung besonders hervorgehoben und yon vornherein die ganze Versuchsanordnung so gew/ihlt, dab eine Verletzung der Gef/iBe so gut wie ausgeschlossen erschien. Trotzdem wurde seinerzeit dieser Einwand in der Diskussion zu meiner Mitteilung erhoben, abet yon mir sofort widerlegt und meine Pr~iparate wurden als Beleg hierftir zur Einsicht zur Verfiigung gestellt. Wenn nun Quix immer noch an diesem Einwand festb/ilt und damit die Beweiskralt dieser Versuche in Frage stellt, ja sogar behauptet, ich Nitte die Gef~iBe iiber- haupt niche beachte~ und obendrein noch die Richtigkeit der wieder-

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gegebenen Abbildungeri anzweifeltl), so richtet sich dieses Verfahren, seine vorgefaBte Meinung fiber die Tatsachen zu stellen und diese einiach wegleugnen zu woUen, selbst.

Ich kann raeine Ausfiihrungen nicht schlieBen ohne einen bei der Beurteilung der vorliegenden anatomischen Befunde sehr wichtigen Punkt noch beriihrt zu haben, n'~iralich die M/Sglichkeit yon Kombina- tionen der oben aufgez~hlten anatomischen Erkrankungsprozesse mit- einander. Ich habe wiederholt hervorgehoben, dab ieh zun~.chst nut reine F/ille bei raeinen Schilderungen ins Auge gefal3t habe, well ich der Meinung bin, dab wir uns zun~ehst als Grundlage an diese halten miissen. Ohne Beriicksichtigung der M6glichkeit einer Verquickung der verschiedenen Krankheitsprozesse raiteinander werden wir abet den tats/ichlich vorliegenden Verh/iltnissen sicherlich nicht voll ge- recht. I c h glaube sogar, dab derartige Korabinationen recht h~iufig sind. Die Erkl~rung hierfiir ist darin zu suchen, dab bei der AusI6sung der einzelnen Prozesse recht h~ufig dieselben ~tiologischen Faktoren in Betracht k0ramen. Der Vielgestaltigkeit der ira Verlaufe der in Frage koraraenden Allgeraeinerkrankungen auftretenden Koraplikationen und der Neigung dieser Erkrankungen, die verschiedenartigsten Gewebs- forraationen krankhaft zu beeinflussen entspreChend, sehen wit auch ira inneren Ohr und H6rnerven h~ufig raehrere Gewebsforraationen yon deraselben ErkrankungsprozeB in Mitleidenschaft gezogen. Es ist dies ja der wichtigste Grund, weswegen ich die Einteilung der Erkrankungs- prozesse nach der Atiologie nicht fiir zweekraiiBig halte, so dab ich dafiir eintrete, als Grundlage zu einer Einteilung der in Betracht kora- menden Erkrankungsforraen in erster Linie das Wesen des patho- logischen Vorganges zu nehraen. Wenn wit yon dieser Grundlage aus- gehen und wie dies ganz selbstverst~ndlich ist, die M6glichkeit yon korabinierten Wirkungen derselben Ursache im Auge behalten, st6Bt ra. E. die Erkl~rung der einzelnen vorliegenden anatoraischen Befunde kaum in einera einzigen Fall auf irgendwelche Schwierigkeiten. lch halte es daher fiir angebracht, irn Folgenden noch auf die am h~ufigsten vorkoraraenden Korabinationen etwas einzugehen.

Was zun/iehst den ErkrankungsprozeB der Labyrinthitis anbelangt, so spiett ra. E. be i der Ausl6sung des klinischen Krankheitsbildes und wahrscheinlieh auch bei der Entwicklung der sekund~ren Degenera, tion an den Sinnesendstellen der gleiche Vorgang, der zura Auftreten einer Labyrinthdegeneration fiihrt, n/iralich die Liquorsekretionsst6rung in der einen oder der anderen Form fast regelraSJ3ig rait herein. Auf die Unterschiede, die im Grade der Entziindung und der Degeneration recht h/iufig vorliegen, habe ieh bereits oben hingewiesen. Ich ra6chte

1) Qu ix : referiert Monatsscltrift fiir Oh~enheilkunde i9~ 5, 49. Jakrg., S. 545.

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l~lber die pat&olog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grulldlagon usw. I 13

hier ganz besonders an die yon Zange 1) unter der Bezeichnung der korrespondierenden degenerativen Atr0phie zusammengefaBte Gruppe erinnern, die dadurch gekennzeichnet ist, dab zwischen dem Grade der entziindliehenVer~inderungen und dem des Degenera• ins0fern ein gewisses MiBverh~iltnis besteht, als bei relativ gering ausgesprochenen entziindlichen Veriinderungen dennoch ein ungew6hnlich hoher Grad "con Degeneration der Sinnesendstellen vorliegt. Schon bei meinen oben kurz erw~ihnten Experimenten zur Hervorrufung v0n Liquor- sekretionsst6rungen ist es mir aufgefallen, dab bei der auBerordentlichen Disposition der Mittelohrschleimhaut zu entziindlichen Prozessen der gleichzeitige Ubertritt eines Entziindungsreizes ins Labyrinth nicht immer v611ig zu vermeiden ist. Wir werden daher auch diese kombi- nierte Wirkung yon Entziindungsreiz und Liquorsekretionsst6rung noch ganz systematisch im Tierexperiment verfolgen, um so mehr, als ihr m. E. auch bei der Ausl6sung eines Teils der eitrigen Labyrinthitiden eine ganz besondere Bedeutung zukommt und ein Teil der vorliegenden anatomischen Befunde an menschlichen Schl~tfenbeinen nur auf dieser Grundlage richtig zu deuten und zu verstehen ist.

DaB die Labyrinthitis sich auch mit einer peripheren Cochlear- degeneration infolge gleichzeitiger Sch~tdigung des Nerven durch die- selbe Ursache paaren kann, bedarf kaum weiterdr Hervorhebung und Begr/indung.

Aber auch ihr Zusammentreffen mit der Stammneuritis erscheint mir nicht iiberraschend. Da, wie ich oben bereits hervorhob, gerade bei dieser Erkrankungsform des H6rnerven zweifellos ausgesprochen interstitielle entziindliche Ver/tnderungen vorhanden sind, kann es nicht Wunder nehmen, dab dieser ProzeB sich in einzelnen F/illen auch auf das Labyrinthinnere fortsetzt. Aber auch ohne dab eine direkte Fort- leitung angenommen wird, ist das gusammentreffen dieser beiden Affektionen nichts Uberraschendes. Denn eine Affektion, die einen interstitiellen EntziindungsprozeB im Nervenstamm hervorzurufen im- stande ist, wird selbstverst/indlich auch unabh/ingig yon dieser die ser6sen H~iute des Labyrinthes in gleicher Weise beeinflussen k/Jnnen. Hieraus erkl~irt es sich zweifellos, dab neben den oben zitierten Be- tunden yon Stammneuritis des Nerven bei Typhus auch ein yon ibm abweichender anatomischer Befund einer unzweifelhaft abgelaufenen Labyrinthitis nach Typhus vorliegt"). Die Neuritis des Acusticus ent- spricht dem bei Typhus sicherlich nicht selten vorkommenden Neuri- tiden anderer Nerven, die Labyrinthitis den ebenfalls im Verlaufe des Typhus h~iufig zu beobachtenden Periostitiden, Gelenkerkrankungen

~) Zange : Archiv ffir Ohrenheilkunde, Bd. 93. ~) M a n a s s e : Archly f/ir Ohrenheitkunde, Bd. 79.

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und dergl. Wie der Typhus, so verhalten sich auch noch eine groBe Reihe anderer Infektionskrankheiten und verwandte Erkrankungsprozesse.

Die bei weitem h~tufigste Kombination, der wir an unserem ana- tomischen Material begegnet sind, ist aber offenbar die Paarung einer Labyrinthdegeneration mit einer peripheren Cochleardegeneration. DaB gerade diese beiden Erkrankungsprozesse so h~ufig nebeneinander her- gehen, ist bei der h~tufig so gleichartigen ~tiologie, die ihnen zugrunde liegt, ebenfalls nicht verwunderlich. Sie sind ja daher auch bis jetzt vielfach gar nicht voneinander getrennt worden. Trotzdem glaube ich doch, dab die oben anseinandergesetzten, recht erheblichen Unterschiede, die die reinen Erkrankungsiormen aufweisen uns wohl dazu zwingen mfissen, sie als zwei differente Prozesse anzusehen. Es liegt auch keineswegs bei dem kombinierten Vorkommen dieser Prozesse immer eine gleichzeitige Entwicklung beider vor, Wit k6nnen vietmehr aus der Intensitg• der Ver~flderungen oder dem klinischen Krankheitsbild recht h~tufig den Schlul3 ziehen, dab urspriinglich vorwiegend jeden- ialls nm- der eine oder der andere ErkrankungsprozeB vorlag und erst im spgteren Leben sich der zweite hinzugesellte. So sehen wit zum Beispiel gar nicht so selten lange Zeit station~tr gebliebene Labyrinth- degenerationen, die in jugendlichen Jahren du rch irgendwelche In- Iektionskrankheit oder konstitutionelle Erkrankungen entstanden waren, sich im h/Sheren Alter dutch Hinzutreten einer isolierten peripheren Cochleardegeneration als Alterserseheinung oder auch auf Grund anders- artiger Atiologie recht erheblieh verschlimmern. Und umgekehrt kgSnnen wir auch h~ufig an unseren anatomischen Befnnden feststellen, dab sich offenbar zu einer bereits l~ingere Zeit hindurch bestehenden, dutch die Atrophie gekennzeichneten Cochleardegeneration eine relativ frische, noch in den ersten AnfSngen befindliehe offenbar mit der Todesursache in direktem Zusammenhang stehende Labyrinthdegeneration hinzu- gesellte. Auch bei Unseren experimentellen Intoxationen kommen zweifellos derartige kombinierte Wirkungen vor, so dab wit neben der Alteration der Ganglionzellen und Nervenfasern auch auf Liquor- sekretionsstSrnng, namentlich qualitativer Art beruhende Yerlage- rungen der Membranen beobachten.

D ie Kombination yon Cochleardegeneration und Stammneuritis habe ich bereits oben besprochen.

Selbst dreifache Kombinationen, z. 13. Stammneuritis, Cochlear- degeneration, Labyrinthdegeneration oder LabyrinthitiS, Labyrinth- degeneration, Coehleardegeneration k6nnen vorkommen und lassen sich aus den oben besprochenen gigentiimlichkeiten tier einzelnen patho- logischen Prozesse gu t erkl~ren. Wir miissen hierbei nut immer yore Wesen der reinen Prozesse ausgehen und nicht yon den Ursachen und Anst6Ben, die sie hervorrufen.

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Was die H/iufigkeit des Vorkommens der einzelnen Erkrankungs- prozesse anbelangt, so gibt hiertiber die Zusammenstellung am SchluB der Arbeit kein Mares Bild: Ich glaube zwar bestimmt annehmen zu k6nnen, dab die Labyrinthdegeneration und n/ichst ihr die periphere isolierte Cochleardegeneration an H/iufigkeit des Vorkommens auch die Labyrin- thitiden erheblich iibertrifft; doch ist dies w o n nicht in dem Mal3e der Fall, wie es nach der Tabelle scheinen k6nnte. Es ist hierbei doch zu beriicksichtigen, dab eine ganze Reihe Anfangsbefunde yon Labyrinth- degeneration auf Grund der Todesursache mit angefiihrt sind, die wir bei der Labyrinthitis deswegen nicht erheben kSnnen, weil ihr Auf- treten nicht in dem Grade an konstitutionelle bezw. Allgemeinerkran- kungen gebunden ist, wie dies bei der Labyrinthdegenerat ion der Fall ist. DaB die Stammneuritis zweifellos ein relativ selten vorkommendes Krankheitsbild ist, habe ich schon hervorgehoben.

Die klinische Seite der in dieser Abhandlung beschriebenen Krank- heitsbilder wird in einer besonderen Mitteilung behandelt. Wir miissen n~mlich bei der Besprechung der klinischen Diagnose noch etwas welter ausholen, als es zur Besprechung der pathologisch-ana- tomischen bezw. pathologisch-physiologischen Grundlagen erforderlich war, u n d auch die dasselbe Kardinalsymptom, n/imlich Schwerh6rig- keit, aufweisenden Mittelohrerkrankungen, deren pathologisch-ana- tomische Grundlage uns bereits gut bekannt ist, beriicksichtigen. Ich ziehe es daher vor, hierauf in einer besonderen Mitteilung zuriickzu- kommen.

I. 3 F/ i l le y o n L a b y r i n t h i t i s s e r o - f i b r i n o s a .

I. St. K., 36 Jahre. -~ Kleinhirnabzel3. ~ i t t e l o h r : Starke hyperplastische Schleimhaut mit intensivem Entzt~ndungsprozet3 und reichlich eitrigem Ex- sudat. Inhe res Ohr ((Membranen): Zartes perilymphatisches Gewebsnetz fehlt fast gS~nzlich, start dessen einzelnere gr6bere Bindegewebsbr/icken: Aufier- dem verschiedentlich quer die endo- und perilymphatischen R~ume durch- setzende netzfSrmig angeordnete neugebildete Bindegewebsstr~nge. Im Vesti- bulum kein Exsudat mehr. Ductus cochlearis: Cortisches Organ in flachen Epithelwulst verwandelt i ohne differenzierbare Sinneszellen mit starken, flach gedrtickten Pfeilerzellen fest aufgelagerter Membrana tectoria und gleichfalls aufgelagerte r Reil3nerschen Membran, So dab Ductuscochlearislumen fast vSllig fehlt. Ves tib u lum (Sinnesendstellen) : Auf Maculae, statt Otolithenmembran m~it3ig hoher glatter homogener Saum. Darunter gleichf6rmige kubische Epithel- schicht aus mehreren Lagen bestehend, ohne d ifferenzierbare Sinneszellen. Cristen analog verS~ndert, Cupula fehlt. Auch hier start dessen homogener, m~t3ig hoher Saum. Cochlearnerv: M~tt3ig starke, vorwiegend postmortale Ver~tnderungen an Nervenfasern und Ganglien. Ves t ibu la rnerv : Ann~thernd gleichartig ver~ndert wie Cochlearnerv. Innere r Geh6rgang: Ohne Be- sonderheiten, speziell ohne entztindliche Ver~nderungen. Bemerkungen: Wurde klinisch beobachtet. Es handelt sich um einen abgelaufenen Prozet3 unter Zurticklassung fibr6ser Gewebsnetze, otogen entstanden.

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2. Unbekannt. -~ Cerebrospinale Meningitis, M i t t e l o h r : Ohne wesentliche Abnormit~ten. In n e r e s Oh r: Starkes, zartes, neugebildetes Bindegewebsnetz, sowohl in peri- als auch stellenweise in den endolymphatisehen R~iumen, in Schneeke und Vestibulum kein Exsudalc mehr. D u c t u s c o e h l e a r i s : Nur leicht eingedrtiekt, sonst noch erhalten, Membrana tectoria und stellenweise aueh Reit3nersche Membran lest aufgelagert. V e s t i b u l u m (Sinnesendstellen): u Cutieulargebilde. Sinneszellensaum erhalten und differenzierbar. Ziemlich starke Deformation dureh Einsinken der endolymphatischen 3/Iem- branen. C o e h 1 e a r n e r v: M~t3ig starke, vorwiegend reine postmortale Ver~tnde- rungen an Nervenfasern und Ganglion. V e s t i b u l a r n e r v : AnnS~hernd gleich- artig ver~indert, wie Coehlearnerv. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Exsudatreste, binde- gewebige Verdiekung des Periostes und neugebildetes Organisationsgewebe. B e m e r k u n g e n : Es handelt sich um einen im Abklingen begriffenen Prozefl meningogen entstanden.

3. Unbekannt. -~Leuk~imie. M i t t e l o h r : Ohne wesentliche Abnormitliten. I n n e r e s O h r ( lembranen) : Reichliche Lymphozytenausscheidung vorwiegend in peritymphatischen R~umen, vielfach Durehsetzung mit zartem Netzwerk friseh gebildeten Organisationsgewebes, stellenweise spez. in Bogeng~ingen sehon etwas festeres Bindegewebe. D u c t u s c o c h l e a r i s : Stark postmortal veriindert, aber Cortisches Organ zweifellos nicht degeneriert. Reiflnersche Membran aus- gebuchtet (Ectasie des Ductus coehlearis). V e s t i b u l u m (Sinnesendstellen): Desgl. starke postmortale VerSmderungen an Sinnesendstellen. Otolithenmembran postmortal abgel6st. Cupulae stark postmortal zerfasert. C o c h 1 e a r n e r v: Starke postmortale Ver~nderungen, reichliche Lymphozytendurehsetzung im ganzen Verlauf. V e s t i b u l a r n e r v : AnnS~hernd gleiehstarke postmortale Ver~inde- rungen wie im Cochlearteil, desgI, reichlich Lymphozytendurchsetzung. I n n e r e r Geh/Srgang: Zeigt ebenfalls stellenweise Lymphozytenherde. Periost binde- gewebig verdickt. Kein Organisationsgewebe. B e m e r k u n g e n : Es handelt sich um einen ganz frisehen, beginnenden Prozefl. Sinnesendstellen noch nicht degeneriertl H~imatogen entstanden.

II . 50 F~il le y o n L a b y r i n t h d e g e n e r a t i o n .

i. G. M., 32 dahre. "~ Cholesteatom, Sinusthrombose, KleinhirnabszeB. M i t t e l o h r : Rechts: Operationswundh6hle nach Radikaloperation bei Cho- lesteatom. Links: Keine wesentliche VerS~nderungen. I n n e r e s Ohr (Mem- bra~aen und Lumen): Rechts: Im ganzen zart ohne Abnormit~ten, nirgends Zeiehen entztindlicher Residuen. Lig. spirale und Stria-vascularis nur in oberen Windungen, stark verflacht und fibr/3s ver~ndert (m~ifiig ,,atrophisch"). Links: Analog wie rechts. Keine Atrophie im Lig. spirale. D u c t u s c o c h l e a r i s (Corti und Membrana tectoria): Rechts: Cortisches Organ stark abgeflaeht m ein- gedriickt - - , Pfeilerzellen eingekniekt noch erkennbar, Tunnelraum so gut wie aufgehoben, $inneszellen nicht zu differenzieren. Membrana tectoria lest aufgelagert. Reiflnersche Membran stark eingesunken; stellenweise lest ver- klebt mit Unterlage. Links: Ganz analoge, aber im ganzen wesentlich gering- f~gigere Ver~tnderungen. Cortisehes Organ stellenweise wesentlich h6her. Ve s t i b u lum (Maculae und Cristae) : .Rechts: Flache teilweise homogenisierte Otolithenzone, bei deutlich differenzierbarer Faser und Sinneszellenzone auf Maculae. Desgl. auffallend homogene niedrige Cupulae. Keine postmortale Abl~Ssung der Otolithenmembran, trotz relativ starker sonstiger postmortaler VerS~nderungen, dagegen postmortale Auflockerung der oberen Zellschiehten. Links: Ganz analog dem rechten Ohre. C o c h l e a r n e u r o n : Rechts: Starke

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i3ber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. I I 7

postmortale Ver~nderungen an Nervenfasern und Ganglienzellen. Links: Ganz analog dem rechten. V e s t i b u l a r n e u r o n : Rechts: Ann~thernd gleich- starke postmortale Ver~tnderungen wie im Cochlearteil. Links: Ganz analog dem rechten. I n n e r e r GehOrgang: Reehts: M~tt3ig frische Exsudatbildung und leichte Entwicklung frisehen organisatorischen Bindegewebes. Links: Ohne Besonderheiten. Be rne rkungen : Es handelt sieh um eine sogenannte Cholesteatomschwerh6rigkeit.

2. Miinnlieh, 6o Jahre. j" Allgemeine Thrombosierung. M i t t e l o h r : Durchaus normal, gut pneumatisiert. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Zart ohne wesentliche Abnormit~tten; nur in obersten Windungen. Lig. spirale leicht verflaeht und leieht fibr/Ss. Vielfach stark eingesunken (postmor~al arteficietl)i D u e t u s eoeh lea r i s (Corti und Niembrana tectoria): Noeh gut differenzierbar, doch deutlich, wenn aueh leicht eingedrtiekt Membrana tec- toria tiberall s~ark verflacht und lest dem Corti aufliegend, trotzdem Sinnes- zellen noeh zu erkennen , m~13ig postmortal veriindert. ReiBnersche Membran nut stellenweise etwas eingesunken und Limbus spiralis mit Unterlage verl6tet. Ve s t ib u 1 u m (Maculae und Cristae) : Zellsaum m~Big postmortal aufgelockert, Sinneszellenschicht tiberall deutlieh. Otolithenmembran zeigt dtinne Stein- zone, stellenweise start ihrer homogenen Saum. Cupulae stark postmortal zerfasert. C o c h l e a r n e u r o n : M~flige, aber deutliche Verdtinnung der Gang- lienzellen und Nervenfasern in unterster Windung, sonst vorwiegend post- mortale VerS~nderungen mittleren Grades. V e s t i b u l a r n e u r o n : AnnXhernd analoges Verhalten wie das Cochlearneuron, nur keine Atrophie. I n n e r e r Geh0rgang : 0lane Abnormit~tten. B e m e r k u n g e n : Es handelt sieh um einen beginnenden, wahrscheinlich wenige Tage alten Prozet3 bei bereits eL'was l~nger bestehender Cochleardegeneration (Lichtung der Ganglienzellen).

3- Dr., beiderseits gleichartig verS~ndert, t Hiimorrhagische Diathese, akute Lymphat-LeukS~mie. M i t t e l o h r : Normal bei guter Pneumatisation. Inne re s Ohr (3/Iembranen und Lumen): Im ganzen zart, nur im Lig. spirale der oberen Windung Verflaehung und leichte fibr0se Umwandlung. Keinerlei entzfind- liche VerS~nderungen, keine Blutung. Duc t u s coch lea r i s (Corti und 2r brana tectoria): Stark eingesunken. Pfeilerzellen platt gedrtickt; stellenweise im Epithelwulst nieht mehr zu differenzieren. Keine Sinneszellen mehr vor, handen. Tunnelraum g~tnzlich verstrichen. Membrana tectoria v611ig zusammen, gefallen und verflacht dem Epithelwulst lest aufliegend. Rei/3nersche Membran entlang des Limbus verklebt yon da a n straff gespannt. Ves ti b u-1 u m (Macutae und Cristae): Nacula deutlich verflacht. Zellsaum besteht aus gleiehf6rmigen kubischen Zellen, keine Sinneszellen vorhanden. Start Otolithenmembran homogener Deeksaum. Cristae durchaus analog ver~tndert. C o c h l e a r n e u r o n : Vorwiegend postmortale Ver~tnderungen, keine Atrophie. V es t ib u 1 a r n e u r o n: Wie Cochlearneuron. I n n e r e r Geh6rgang : Ohne Besonderheiten. Be- m e r k u n g e n : Der Fall zeigt, dat3 aueh bei Leukiimie reine Labyrinthdegenera- tion vorkommt.

4. Weiblich, 2 Jahre. j- Diphterie. M i t t e l o h r : Normal bei guter Pneuma- tisation. Inne re s Ohr (Nembranen und Lumen): Durchgehends deutlich atrophisch, perilymphatisehes Gewebsnetz fast v611ig geschrumpft. Auch im Lig. spirale der oberen Windungen Verflaehung und fibr6se Umwandlung. In unteren Windungen Hohlraumbildung (,,Vakuolisierung"). D u e t u s c o eh- lear is (Corti und Membrana tectoria): Corti fehlt v611ig. Statt seiner glatter Epithelstreifen oder flacher Epithelwulst, auf dem die verflachte Membrana teetoria lest aufliegt, wfihrend die ReiBnersche Membran ebenfalls m i t den

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Wandungen des Ductus cochlearis lest verschmolzen ist, so dab das Lumen desselben v611ig verstriehen ist. V e s ti b u lu m (Maculae und Cristae) : Maculae deutlich verflacht und fibr~Ss ver~indert. Glatter Epithelsaum yon niedrigen Zellen gebildet, die von schmalem glatten homogenen Saum bedeckt sind. Cristae durchaus analog ver~indert. C o ch le ar ne u r o n : St~irkere postmortale Vergnderungen an Fasern und Zellen. V e s t i b u l a r n e u r o n : Wie Cochlear- neuron. Innerer . Geh/Srgang: Ohne Besonderheiten. B e m e r k u n g e n : Ist nicht uninteressant zum Vergleieh mit den yon Beck experimentell durch Diphtetietoxin erzeugten Befunden.

5. M. A., 27 Jahre. Cholesteatom, Sinusthrombose, LungenabszeB (28. I. II). M i t t e l o h r : Radikaloperationswundh6hle. I n h e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen zart, keine Zeichen entztindlicher Vorg~inge. Kein EiweiBniederschlag. D u c t u s eoch lea r i s (Corti und Membrana tectoria): Stark zusammengefallen. Pfeilerzellen platt gedrtickt. Tunnelraum verstrichen. Zellen gleichf~rmig. Membrana tectoria ebenfalls zusammengefallen, meigt den Resten des Cortischen Organes aufgelagert, zuwe.ilen nacti oben zurtiekge- schlagen und mit der bis zum Limbus mit diesem verklebten, yon da straff gespannten Reit~nerschen lViembran verklebt. V e s t i b u l u m (iVlaculae und Cristae): ~aculae mgBig verflacht. Relativ niedriger Zellsaum; geringe post- mortale Ltickenbildung. Sinneszellen nicht mehr deutlich zu differenzieren. Start Otolithenmembran homogener glatter Deeksaum. Cristae analog vet. gndert. Co ch le a rne uro n: Erhebliche vorwiegend postmortale Ver~inderungen. Keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e n r o n : Wit Cochlearneuron. I n n e r e r Ge- h~Srgang: Ohne Abnormit~tten. B e m e r k u n g e n : Es handelt sich um einen Fall sogenannter Cholesteatomschwerh6rigkeit.

6. L. K., 45 Jahre. t Progressive Paralyse. Mit te lohr~ Verdicktes Trom- melfell, m~tBig hyperplastische Schleimhaut mit fibr{Sser Umwandlung bei kompaktem Warzenfortsatz. I nhe re s Ohr (Membranen und Lumen): Durch- gehends zart. Keine Zeichen oder Residuen entztindlicher Vorggnge, kein Eiweifiniederschlag. D u c t u s coch lea r i s (Corti und Membrana tectoria): Mitt3ig stark eingesunken. Pfeilerzellen geknickt. Tunnelraum verflaeht. Im Sinneszellenlager gleichf6rmige Epithelzellen ohne postmortale Ltickenbildung. IViembrana tectoria zusammengefallen und lest aufgelagert. Auch ReiBnersche Membran einw~irts gebuchtet und stellenweise mit Membrana tectoria und Resten des Cortisehen Organs verklebt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Deutlich verflacht. Relativ niedriger, gleichf6rmiger Epithelsaum ohne postmortale Ltiekenbildung. Statt Otolithenmembran homogener glatter Decksaum. Cristae durchaus analog ver~indert. Auch hier start Cupula flacher glatter Saum. C o e h l e a r n e u r o n : Postmortal mit agonater Komponente. Nur in unterster Windung leiehte Lichtung der Ganglienzellen und Nervenfaser. V e s t i b u l a r - ne u ron : Wia Cochlearneuron. I n n e r e r Geh{Srgang: Ohne Besonder- heiten. B e m e r k u n ge n: Kombination mit geringftigiger Coehleardegeneration. Klinisch beobachtet.

7. Kind, 8 Wochen. "~ Lues hereditaria. M i t t e l o h r : Normal dem Alter entsprechend pneumatisiert. I nne re s Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen deutlieh atrophisch. Perilymphatisehes Gewebsnetz gr~Sber als normal. Auch im Lig. spirale der oberen und mittleren Windung fibr/Sse Vergnderungen, stellenweise Hohlraumbildung. D u c t u s coch lea r i s (Corti und lVlembrana teetoria): Stark eingefallen, stellenweise nur noch flacher Epithelhtigel bzw. Epithelstreifen vorhanden. Pfeilerzellen stellenweise noeh v611ig platt gedriiekt auf Membr. basilaris differenzierbar. Membr. tectoria v~511ig zusammengefallen

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Uber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. I 19

und mit Unterlage fest verklebt. Ebenso die ReiBnersche Membr. Ductus coch- learis vSllig verstrichen. V e s t i b u l u m (Naculae und Cristae): 1Viaculae deut- lich verflacht, fibr6s vertindert. Niedriger, aus kubisehen Zellen zusammen- gesetzter Epithelsaum mit gtatter homogener Deckschicht, Cristae analog vertindert. C o c h l e a r n e u r o n : MtiBig stark postmortal vertindert. Keine Atrophie im Nerven und Ganglien. V e s t i b u l a r n e u r o n : Wie Cochlear- neuron. I n n e r e r GehiSrgang: Ohne Besonderheiten.

8. Kind, 6 Wochen. ~- Lues hereditaria. Mi t t e loh r : Stiuglingsotitis bei intaktem Trommelfell. Inne res Ohr (Membranen und Lumen): Durehgehends zart. Keine Zeichen entztindlicher Vorgttnge, kein EiweiBniederschlag. D u c t u S c o c hi e a ri s (Corti und Membrana tect0ria) : Leicht eingesunken. Pfeilerzellen geknickt. Epithel zeigt postmortale Verttnderungen. Sinneszellen stellenweise noch differenzierbar. Membr. tectoria verflacht nach unten gesunken und dem Corti lest aufgelager.t. ReiBnersche Membran entlang des Limbus verklebt, yon da an sVraff gespannt. V e s t i b u l u m (lVlaculae und Cristae): Epithelsaum zeigt postmortale Ltickenbildung. Sinneszellen noch differenzierbar; Oto- lithenmembran vertindert in unregclmtiBige Ktirnchen und Kiigelchenzone und homogenen glatten Decksaum. Cristae analog vertindert. Cupulae in Homo- genisierung. C o c h l e a r n e u r o n : Starke postmortale Vergnderungen, keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Wie Cochlearneuron. I n n e r e r GehSr- gang: Ohne Besonderheiten. B e m e r k u n g e n : Die andere Seite zeigt fast rein postmortale Ver~nderungen. Es muff hieraus geschlossen werden, dab es sich um einen beginnenden i n t r a v i t a l eingesetzten Vorgang handelt.

9. Kr. -~ Eklampsie, Nephritis. Mi t t e loh r : Normal bei guter Pneuma- tisation. In n e r e s Oh r (Membranen Und Lumen) : Durehgehends zart. Keinerlei entztindliche Vergnderungen, kein EiweiBniederschlag. Keine Blutungen. D u c t u s coch lea r i s (Corti und Membrana tee toria): Corti m~iBig stark ein- gesunken. Pfeilerzellen geknickt. Tunnelraum verflacht. Sinneszellen nicht mehr differenzierbar. Epithelhtigel aus gMchf6rmigen Zellen zusammengesetzt. Membr. teetoria zusammengefallen, dem Epithelhtigel fest aufgelagert. ReiBner- sche Membran meist ebenfalls bis zu diesem mit Unterlage verklebt, yon da s~raff gespannt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Deutlich verflaeht. Epithelsaum aus gleichfSrmigen kubisehen Zellen gebildet ohne postmortale Ltickenbildung. Otolithenmembran deutlich ver~tndert. Start Faserzone homogene, hyalin~hnliche Sehicht bedeckt yon glattem dunkler gef~rbten, der Steinsehicht entsprechenden Decksaum. Cristae durchaus analog verS.ndert. C o c h l e a r n e u r o n : M~it3ig starke postmortale Ver~nderungen mit deutlicher agonaler Komponente. V e s t i b u l a r n e u r o n : Im ganzen wie Cochlearneuron, nur etwas weniger intensiv verS~ndert. I n n e r e r GehSrgang: Ohne Besonder- heiten.

IO. J. A., 64 Jahre. ~ Unbekannt. Mi t t e loh r : Normal bei guter Pneuma- tisierung. In der Stapesgegend typischer ,,Otoskleroseherd", der bis an Endost der Labyrinthkapsel hereinreicht. I nne re s Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart, keinerlei entztindliche Ver~inderungen. Kein Eiweit3- niederschlag. D u e t u s coch lea r i s (Corti und Membrana teetoria): Erhebiich eingesunken. Pfeilerzellen stark geknickt und platt gedrtickt. Tunnelraum stark verflaeht, stellenweise verstrichen. Gleichf6rmige Epithelschicht ohne postmortale VerS.nderungen. 3/Iembr. tectoria stark zusammengefallen, lest dem Epithelwulst aufgelagert. Reil3nersche Nembran meist entlang des Limbus verklebt, sonst frbi gespannt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Deutlieh verflacht. GleichfSrmiger Epithelsaum ohne postmortale Li]ekenbildung.

Arcbiv f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilknnde. Bd. 9c~. 9

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�9 t 2:0 K,. WITT, MAACK,

..Statt Otolithenmembran homogener glatter Decksaum. Maeulae und Cristae gleiehartig ver~indert. C o c h l e a r . n e u r o n : M~iBig postmorta! ver~ndert. Keine Atrophie im Nerven und Ganglion. V es t i b u I a r n e u r o n :~ Wie Cochlear- ?neuron. I n n e r e r G e h { 3 r g a n g : Ohne Besonderheiten. B e m e r k t i n g e n : Ob die Labyrinthdegeneration im vorliegenden Fall eine Folge der Otosklerose wa§ oder auf allgemeiner k0nstitutioneller Ursaehe beruhte, mug dahihgestellt bleiben.

: : I_T. J . E . , I4~ Jahrei:-~.Kleinhirnabszet~ (nieht otogen?)., Ni: t telohr: . :Atrophische Sehleimhaut und atrophisches Trommelfell bei kompaktemWarzen- fortsatz, i I n h e r e s Ohr (Nembranen und Lumen): Durchgehends stark atro- phiseh und geschrumpft. Kein perilymphatisches Gewebsnetz mehr. Labyrinth- membranen:erscheinenl als gu/3erst donne straffe Strgnge. Auch Lig. Spirale namentlich in oberen Windungen in dtinnen festen Str.ang verwandelt. Vom ,Endost stellenweise losgel~Sst, in unterenWindungen Hohlraumbi!dung. D u ct u s e o c h l e a r i s (Corti Und Membrana tect0ria): Fehlt v611ig, start dessen leieht wellenf6rmig erhobener Epithelsaum, stellenweise plattgedr0ckter Limbus mit auf Membr. basilaris aufgeklebter, ganz flacher M'embrana tectoria. Ductus coehlearis vNlig verstrichen. ReiBnersche Membran yon den stark fibr~Ss ver- griderten Wandungen desselben nicht mehr:zu trennen. V e s t i b u l u m (Ma- culae und Cristae): Stark verflachte Macula mit fibr/Sser Umwandlung. Niedriger glatter Epithelsaum mit niedrigem glatten Deeksaum. Cristae durehaus analog veriindert. C o c h l e a r n e u r o n : Erheblieh postmortal verS~ndert, doch nut ge r i nge A t r o P h i e in N e r v e n f a s e r n und G a n g l i e n z e l l e n der u n t e r s t e n W i n d u n g . V e s t i b u l a r n e u r o n : Wie Cochlearneuron. I n n e r e r GehOr- ga ng : Ohne Besonderheiten,

12. Ki. -~ Nephritis. M i t t e l o h r : Normal bei guter Pneumatisation. I n h e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen zart, nur im Lig. spirale :obere Windungen leieht verflacht und fibr6s ver~ndert. D n ct us co chle ar is (Corti und Membrana tectoria): Stark eingesunken. Pfeilerzellen p l a t t auf Membrana basilaris gedrtickt. Tunnel verstriehen. Epithelwulst gleichf6rmiger Zellen ohne differenzierbare Sinneszellen keinerlei postmortale Vergnderungen. Membrana teetoria zusammengefallen und festmit Unterlageverklebt. Reigner- sche Membran entlang des Limbus verklebt. V e s t i b u l u m (Maculae u. Cristae) : Maeulae deutlich verflacht. Niedriger kubischer Epithelsaum ohne postmortale Ltiekenbildung. Keine Sinneszellen differenzierbar. Otoli thenmembran in glatten Decksaum umgewandelt. Cristae analog vergndert. C o c h 1 e a rn e u r on: Mggig postmortal vergndert: Keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Wie .Coehlearneuron. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne Besonderheiten,

13. Kind, neugeboren. ~- unmittelbar postpartum. M i t t e l o h r : Ohne Besonderheiten. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart, nirgends Zeiehen eines entzOndlichen Vorganges. 'K e in Eiweigniederschlag, nut glatter hyaliner Saum an der t y m p a n a l e n FlS~ehe der Membrana basi- laris. D u c t u s c o c h l e a r i s (Corti und Membrana ' tectoria): Deutlich einge- sunken. Pfeilerzellen geknickt. Membrana teetoria zusammengefallen, lest aufliegend.: Zellsaum zeigt postmortale Ltiekenbildung. Sinneszellen meist noch differenzierbar. Auch ReiBnersche Membran halbmondf{Jrmig eingesunken, meist mit Membrana teetoria verklebt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Zellsaum zeigt postmortale Lt~ekenbildung bei differenzierbaren Sinneszellen. Otolithenmembran verS.ndert in K{Jrner-Kiigelchen-Schieht und homogenen glatten Decksaum. Cristae durchaus analog vergndert. C o e h l e a r n e u r o n : Zeigt m{iBige postmortale Veriinderungen mit agonaler Komponente. Keine

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~ber die patholog.-anatomischen und patholog,-physiologischen Grundlagen usw. 1 2 I

Atrophie im NerVen und Ganglion. Vest ibul~;rneuron: Zeigt anaIoges Verhalten. Innere r GehSrgang: Blutaustritte, sonst keine Besonderheiten. BemerkUngen : Der Fall ist wichtig, weil er zeigt, dab sieh dieseVer~inde:- rungen bereits i n t r a u t e r i n bzw. w~hrend der G e b u r t einleiten kSnnen.

14. M. t Karzinom des Oberkiefer. Mit te lohr : Ohne Besonderheiten bei guter Pneumatisation. t~nneres Ohr (Membranen Und Lumen): Durch: gehends zart. Keine Zeichen entztindlicher Vorg~inge. Kein EiweiBniederschlag. D u c t u s ~ cochlear is (Corti und Membrana tectoria}: Deutlieh eir~gesunken. Pfeilerzellen geknickt. Membr, tectoria zusammengefallen, dem Corti :fest aufgelagert. Zellsaum zeig t postmortale Ltickenbildung. Einzelne Sinnes~ zellen noch differenzierbar. Auch Reiflnersche Membran meist halbmondf6rmig eingefallen~ Ves t ibu lum (Maculae und Cristae): Zellsaum zeigt postmortale Liiekenbildung. Sinneszellen meist noch differenzierbar, start Olithenmembran KSrner-Kiigelchen-Schicht m i t annS, hernd hom0ge, nem :dunklen Deeksaum. s durchaus analog Ver~Lndert. Cupulae in Homogenisierung. Cochlear- neuron: Vorwiegend postmortale Ver~inderungen. Kein~iAtroph~e, Vesti- bu la rneuron : Wie Coehlearneuron. I n n e r e r GehSrgang: Ohne Be- sonderheiten. Bemerkungen : Andere Seite noeh geringffigiger ver~indert. Beginnender Prozefi.

I5.: I M,, 14 jahre, -~ Osteomyelitis. Mittelohr:: Leicht hyperplastische Schleimhaut mit fibr6ser :Vergnderung,'sonst iohne :Besonderheiten. Innei%s Ohr (Membranen und Lumen): Durehgehends Zart. Keine Zeichen entztind~ ticher Vorg~inge. Kein Eiweigniedersehlag Duetu s c o c h l e a r i s (Cord Und Membrana tectoria): Cortisches Organ erheblich eingesunken. PfeilerZellen piattgedrtiekt, Tunnelraum annihernd vei:stri~ Start :SinneSzellen gleich, f6rmiger Epithelwulst%hne postmortale Lugkenbildung.: Membr. rector, fest auf Corti aufgelagert und misammengefallen. R'eil3nersche Membran~ebenfalls vielfach v611ig eingesunken, mit Unterlage fe~t verklebt. V e s t i b u l u m (Ma- culae und Cristae): M~culae Mcht Verflacht..: ~Epithelsaum rel:ativ nie:drig. Sinneszellen nur vereinzelt differenzierbar, !sonst gleiehf6rmige, wenig post- mortal ver~nderte: Zetten. Star t Otolithenmembran rn~itlig hoher ho~ogener Decksaum. Cristen durchafi~s' analog ver~ndert. Cochlearneuron: M~ttlig vorwiegend postmortal ver~ndert. Keine Atrophie. Ves t ibu la rneuron : Wie Cochlearneuron. Innere r Geh6rgang:, Ohne Besonderheiteil, �9 16. Moos. "~ Sinusthrombose (nieht operierte Seite). Mit te lohr : Stark hyperplastische Sehleimhaut mit hohem Flimmerepithel, entsprechend vert diektes Trommelfell. Kein Exsudat. Warzenfortsatz kompakt. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart. Nirgends entztindliehe Ver~inde- rungen. Kein EiWeit3niederschlag. Duetus eoehlear is (C0rti und Membrana tectoria): Deutlich eingesUnken. Pfeilerzelien gekniel~t. Epithel zeigt leiehte postmortale Ltickenbildung. Sinneszellen nieht deutlieh differenzierbar. Mem- brana teetoria zusammengefallen. Fest aufgelagert. Reil3nersche Membran entlang des Limbus verklebt t sonst straff gespannt. Ves t ibu lum (Macula e und Cristae): Zellsaum zeigt postmor~ale Ltickenbildung. Sinneszellen ver- einzelt differenzierbar. Start Otolithenmembran ksrneliche Sehieht mit an- n~ihernd homogenem dunkten Decksaum, Cristae durchaus analog ver~indert. Cochlearneuron: Postmortale Ver~inderungen. Keine Atrophie. Westi- b u l a r n e u r o n : Wie Cochlearneurom. Innere r Geh'0"rgang': Ohne Be- sonderheiten.

17. M611er, Otto, 2o Jahre. -~ Sepsis. Mit telohr- Normal bei guter Pneu, matisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart.

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122 I~. WITTMAACK,

K:einerlei Zeichen entztindlicher VorgS~nge. Kein EiweiBniederschlag. D u c t u s eoch lea r i s (Corti und Membrana tectoria): Leicht eingedriickt. Pfeilerzellen gekniekt. Tunnelraum leicht verflaeht. Zellsaum l~iBt stellenweise Sinnes- zellen noch erkennen, postmortale Ltickenbildung. Membrana tectoria zu- sammengefallen und fest aufliegend. ReiBnersche Membran straff gespannt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Zellsaum mit postmortaler Liickenbildung. Sinneszellen differenzierbar. Otolithenmembran zeigt stark verwaschene, stellenweise nur noch k6rnelich erscheinende Faserzone mit deutlich in Homo- genisierung begriffener Steinzone. Cristae durchaus analog ver~indert. Cupulae in Homogenisierung. C o c h l e a r n e u r o n : M~iBig postmortal verS~ndert. Mit agonaler Komponente. Keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Im ganzen wie Cochlearneuron. I n n e r e r Geh6rgang : Ohne Besonderheiten. Be- m e r k u n g e n : Beginnender ProzeB.

18. Mtiller, I ~ Jahr. "~Tuberkulose. M i t t e l o h r : Normal bei dem Alter entsprechender Pneumatisation. I nne re s Ohr (Membranen und Lumen): V611ig zart, ohne Zeiehen entztindlicher Vorg~inge. Kein Eiweigniederschlag. D u c t u s coch lea r i s (Corti und Membrana tectoria): Cortisehes Organ zeigt starke postmortale Ver~tnderungen. Aufloekerung und postmortaler Sinnes- zellenzerfall. Membrana teetoria frei herausstehend, gut entfaltet. ReiBnersche Membran straff gespannt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Zellsaum zeigt postmortale Liiekenbildung bei differenzierbaren Sinneszellen. Otolithen- membran zeigt stark verwaschene Faserzone, die vorwiegend aus Kiigelchen und K6rnchen besteht und homogenisierte Steinschieht. Ke ine pos t -

m o r t a l e Abl6sung . Cristae analog ver~indert. Cupulae deutlieh in Homo- genisierung. C o c h I e a r n e u r o n: St~irker postmortal ver~indert. Keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Im wesentlichen wie Cochlearneuron. I n n e r e r Ge- hSrgang : Ohne Besonderheiten. B e m e r k u n g e n : Der Fall erscheint mir bemerkenswert , well die ersten AnfSmge des Pr0zesses an Maculae und Cristae bereits deutlich erkennbar sind, w~thrend das Cortisehe Organ noch unverS~ndert nur postmortal beeinfluflt erseheint.

I9. Mtiller, Adotf. -~ Pseudoleuk~tmie. M i t t e l o h r : FibrSs ver~indert auf hyperplastischer Grundlage bei kompaktem Warzenfortsatz und verdicktem Trommelfell. I nne re s Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen zart, nur im Lig. spirale namentlich der oberen Windungen deutliehe Verflachung und fibr6se Umwandlung. D u c t u s coch lea r i s (Corti Und Membrana teetoria): Ziemlich erheblich r und reduziert. Pfeilerzellen platt gedriickt. Tunnelraum verstriehen. Gleiehf6rmiger Epithelhtigel ohne differenzierbare Sinneszellen. Membrana tectoria zusammengefatlen, lest aufgelagert. ReiBner- sche Membran meist bis zum Limbus verklebt, dann straff gespannt. Ves t i - b u l u m (Naeulae und Cristae) : M~ifiig verflacht, leicht fibrSs ver~indert. Epithel- saum relativ niedrig, gleichffSrmig. Sinneszellen nicht zu differenzieren. Statt

Otolithenmembran glatter homogener Decksaum. Cristae im ganzen analog verSmdert. C o c h l e a r n e u r o n : Postmortal verandert. Keine Atrophie. Ves t i , b u ! a r n e u r o n : Wie Coehlearneuron. I n n e r e r Geh6rgang : Ohne Be- sonderheiten.

2o. Kind, mannlieh, Io Monate. M i t t e l o h r : Sguglingsotitis bei hyper- plastischer Schleimhaut ohne Trommelfellperforation. Inne re s Ohr (Mem- branen und Lumen): Durchgehends zart, keinerlei entziindliche Vergnderungen. Kein Eiweigniederschlag. D u c t u s coch lea r i s (Corti und Membrana tectoria) : Cortii nur postmortal Ver~indert. Auflockerung und postmortaler Zerfall der Sinrieszellen, sonst hochgefiigt. Membrana tectoria ganz leieht zusammen.

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Uber die patholog.-anatomischen und patholog-physiologischen Grundlagen usw. I2 3

gefallen und locker dem Corti aufliegend. Reii3nersche Membran straff gespannt Ves t i bu lum (Maculae und Cristae): Maculae zeigen postmortale L/icken- bildung im Decksaum bei gut differenzierbaren Sinneszellen. Statt 0tolithen- membran relativ niedrige Cuticularbedeckung bestehend aus einer K6rnchen- Ktigelchen Zone, mit glattem schmalen Decksaum. Cristae analog ver~ndert. Cupulae zusammengefallcn in homogene Kappe verwandelt. Cochlearneuron: Postmortale Ver~nderungen. Keine Atrophie. Ves t i bu l a rneu ron : Wie Cochlearneuron. Innerer GehSrgang: Ohne Besonderheiten. Bemer- kungen: Der Fall zeigt einen beginnenden Degenerationsprozel3 an Maculae und Cristae bei noch Unver~tndertem Cortischen Organ.

2I. W. K., 7 Jahre. t unbekannt. Mittelohr: ' Ohne Besonderheiten gut pneumatisiert. Inheres Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehend deutlieh atrophisch. Perilymphatisches Lymphnetz fehlt so gut wie v611ig. Das Lig. spirale besonders in oberen Windungen verflacht und fibr/Ss verS.ndert. Nirgends Zeichen oder Residuen entztindlicher Vorg~tnge, nirgends Eiweit3- n~ederschl~ige. Duc tus eochlear is (Corti und Membrana tectoria): Corti vollig flach, stellenweise nur noch aus Epithelstreifen, stellenweise aus flachem Epithelhtigel bestehend, an dessen �9 die g~tnzlich plattgedrtickten Pfeilei:: zellen noch differenzierbar sind. Membrana tectoria lest aufgetagert und vOllig zusammengefallen, desgl, die Reit3nersche Membran, so daft der Ductus coeh- learis vollkommen verstrichen ist. Ves t ibu lum (Maculae und Cristae): 5Ia- culae stark verflacht. Relativ niedriger gleiehfOrmiger Epithelsaum i ohne differenzierbare Sinneszellen. An Stelle der Otolithenmembran platter niedriger homogener Decksaum. Cristae durchaus analog ver~indert. Cochlearneuron: M~it3ige postmortale VerS.nderungen. Sonst keine wesentliche Anomalie, keine Atrophie. Ves t ibu l a rneu ron : Analog dem Cochlearneuron. Innerer GehSrgang: Ohne Abnormit~ten.

22. M~nnlich, 12 Jahre. -~ Lues hereditaria. Mit.telohr: Leicht hyper- plastisch-fibrOs ver~nderte Schleimhaut mit. erheb!icher Reduktion der Pneuma- tisation. Inneres Ohi~ (Nembranen und Lumen): Im ganzen zart, nur Lig. spirale der oberen Windungen leicht verflacht und fibrOs ver~tndert Nirgends Zeiehen oder Residuen entztindlicher VorgS.nge, keine Eiweiflniederschl~tge. D u c t u s cochlear is (Corti und Membrana tectoria): Corti m~tflig stark ein- gedrtickt. Pfeilerzellen geknickt. Tunnelraum verflaeht. Sinneszellen nicht differenzierbar, start ihrer Complex gleichfSrmigercr Zellen. hlembrana tectoria fest aufgelagert und zusammengefallen. Reif3nersche Membran bis zum Corti mit Unterlage verklebt, yon da an schr~tg gespannt. Ves t ibu lum (:Maculae und Cristae): Naculae leicht verflacht. Epithelsaum zeigt postmortale Ltickeial- bildung. Vereinzelt noeh Sinneszellen differenzierbar. Otolithenmembran ver- ~tndert in K6rner-Ktigelschen-Schicht und in Homogenisierung begriffenem glatten dunkelgef~trbten Decksaum. Cristae anaIog verS.ndert. Cupulae homo- genisiert und zusammengefallen. Cochlearneuron: MSA3ig postmortal ver- ~tndert. M~l?ige Lichtung der Ganglienzellen und Fasern in unterster Windung. Ves t i bu l a rneu ron : Aut3er postmortalen Ver~inderungen keine Besonder, heiten. Innerer GehSrgang: Ohne Abnormit~iten. Bemerkungen : Wie

aus der Lichtung der Ganglienzellenlager hervorgeht, handelt es sich um eine Kombination mit Cochleardegeneration.

23. H. E., 6o Jahre. "~ Karzinom der Blase. Mit te lohr : Ohne wesen/c, liche Abnormit~tten bei guter Pneumatisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): M~t3ig, aber deutlich atrophisch. Das perilymphatische Lymph' netz wesentlieh gr6ber. Stellenweise fehlt es. Das Lig. spirale in obereri

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Windungen verflacht und fibr6s verS~ndert. Nirgends Zeichen oder Residuen entztindlicher Prozesse. Kein Eiweifiniederschlag. Ductus cochlearis (Cord und Membrana tectoria): Cortisches Organ v/511ig p lattgedrtickt. Pfeilerzellen fief eingeknick6 Tunnelraum verstrichen. Membrana teetoria und Reit3nersehe Membran eingesunken und oder Unterlage fest aufliegend. Vestib ulum (Ma- culae und Cristae):.Maeulae erheblich verflacht und fibr/3s ver~ndert. Relativ niedriger, gleichf6rmiger kubisch~er Epithelsaum, ohne Sinneszellen, ohne post- mortale Ltiekenbildung bedeckt yon ganz sehmalem platten, homogenen Saum. Cristae analog ver~ndert. Coehlearneuron: Postmortale Ver~tnde- rungen mittleren Grades. Keine Lictitung in Fasern und Ganglienzellen. Vesti- bu la rneuron : Analog: dem Cochlearneuron ver~indert. Innerer Geh6rgang: Ohne wesentli~he AbnormitS~ten.

24. M. W.: linkes Ohr, 87 Jahre. "~ Idiotie. Mi t te lohr : Stark hyper- plastische Sctileimhaut mit starker fibrtiser Verwandlung des subepithelialen Gewebes und periostaler. Knochenapposition bei verdicktem Trommelfell und v611ig kompaktem sklerotischen Warzenfortsatz. Verzerrung der-Stapesplatte und Fixation dureh neugebildbten Knochen (Adh~sivprozefi). Inheres Ohr (Membranen und Lumen): Du)Chgehend zarte Membranen. Nirgends Zeichen oder Residuen entztindlieher-Vorg~inge. Kein. Eiweigniedersehlag. D uetus cochlear is (Cord und Membrana~tectoria): Cortisches Organ leicht einge- drtir Pfeilerzellen ein wemg geknickt. Sinneszellen stellenweise noeh diffe- renzierbar. Zellkomplex zeigt postmortale Liickenbildung. Membrana tectoria fest aufgelagert und zusammengefallen. ReiBnersehe Membran entlang der Membrana tectoria mit dieser verklebt: yon da an sehdig gespannt. Vesti- bulum (Maeulae und Cristae): Maeulae Mcht verflaeht. Epithelsaum zeig~ postmortale Liickenbildung bei differenzier:baren Sinneszellen. Otolithen- membran deutlieh ver~ndert in K6rner-Ktigelschen-Zone bei stark verwaschner Faserzeichnung:mit ann~ihcrnd'homogenem dunkeln Decksaum. Crist~e durch- aus analog ver~tndert. Start regul~irer Cupula homogener platter Decksaum. Coehlearneuron: Erhebliche pos~mortale Ver~nderungen. MS~t3ige Lichtung in Fasern und Ganglienzellen, vor allem der unteren Windungen. Vest ' ibutar- neuron: Analog dem Cochlearneuron. Nur keine deutliehe Atrophie. Inne re r Geh6rgang! Ohne wesentliche Abnormiditen. Bemerkungen: Dieser Fall ist besonders interessant, weil die andere Seite ein intaktes inneres Ohr zeigt. Trotz analoger Ver~nderungen im Nerven zeigen die Sinnesendstellen, Corti- sehes Organ, Maculae und Cristae typisch rein postmortale Ver~nderungen, frei entfaltete Membrana tectoria, straff gespannte Reiflnersehe Membran, typische Otolithenmembran und C u p u l a e - ein weiterer Beweis, datl diese Ver~inderungen links nicht postmortaler Natur sind, da beide Felsenbeine durehaus analog behandelt wurden. Dazu kommt, dab rechts normale , l inks d e u t l i c h he rabgese t z t e kalor ische Reak t ion zu Lebze i ten f e s t g e s t e l l t wurde . .

25. Weiblich, 18 Jahre. -~ Sarcomatose. Mit te lohr : Normal bei guter Pneumatisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehend zart. Keine Zeiehen oder Residuen entztindlicher Vorg~nge. Keine' EiweiBnieder- Schl~ige. Ductus cochlearis (Cord und Membrana teetoria): Stark verflaeht und eingedriiekt. Pfeilerzellen platt gedrtickt auf Membr. basilaris. Tunnel- raum g~inzlieh verstrichen. Keine Sinneszellen differenzierbar. Membrana tectoria zusammengefallen und auf Rest des Cortischen Organs fest aufgelagert. Reitlnersche Membran bis hierher ebenfalls verklebt, yon hier schr~g gespannt. Ves t ibu lum (Maculae und Cristae): Deutlich verflaeht. Relativ niedriger

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Uber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. I'~ 5

Zellsaum mit geringer postmortaler Lfickenbildung. Sinneszellen nicht diffe- renzierbar. Statt Otolithenmembran m~iBig hoher homogener Sautn. Maeutae und Cristae annXhernd analog ver~indert. Coeh l ea rneu ron : M~t3ig vor- wiegend postmortale Ver~tnderungen bei vollem lVaser - und Zellgehalt. Vest i - bu la rneuron : Wie Cochlearneuron. Innerer Geh6rgang: oOhne Abnormi- tliten. Bemerk;ungen: Beide Ohren durchaus gleichm~tBig:verS~ndert.

26. B. Th., 56 Jahre. ~ Sepsis. Mit te lohr : Normal bei guter Pneuma- tisation.. Inheres Ohr (Membranen Und Lumen): Leicht atrophisch. Peri- lymphatisches Gewebsnetz etwas grob. Auch das Lig. spirale in oberen Win- dungen verflacht und :fibr6s verS~ndert. Starke (artefizielle?) AblOsungen. Due tus cochlear is (Corti und Membrana tectoria): Corti stark verflacht. Pfeilerzellen platt gedrtickt. Tunnelraum verstriehen. 3dembrana tectoria und ReiBnersche Membran zusammengefallen: und Membrana basilaris und Rest des Corti-Organs fest aufgelagert. Ves ti b ul um (Maeulae und Cristae) ! Stark. verflacht, fibr6s ver~ndert. Relativ niedriger gleichf6rmiger Zellsaum mit platter Deekschieht. Maeutae u~d Cristae gleichf6rmig ver~ndert. Coeh- learne uron : Erhebliche postmortale VerS~nderungen, Keine Atrophic. Ves ti- bu l a rneu ron : Wie Cochlearneuron.. Innerer GehSi-gang: Ohne wesent- liehe AbnormitS~ten.

27. B. J., 21 h Jahore, rechtes Ohr. -~ Scharlaeh. Mit te lohr : Akute, nicht nekrotisierende Otitis bei stark h~yperplastischer Schleimhaut. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehend zart. Nirgends Zeichen entztindlicher Vorg~nge. Kein Eiweiflniederschlag. Duc tus coehtear is (Corti uncl Mem- brana tectoria): Corti im ganzen gut erhalten. Zellen postmortal ver~ndert. Sinneszellen in voller Zahl differenz:ierbar. Pfe i le rze l len le:icht einge-' drtiCktl 3dembrana tecicoria zusammengefalle::n und l e s t aufge- lagert. A u c h ReiBnersehe Membran t ief e ingesunkeni indessen noch n icht les t aufgelager t . ~Testibulum (Maculae und Cristae): Ma- culae und Cristae zeigen typisehe postmortale Ver~inderungen mit gut diffe- renzierbaren Sinneszellen, deutlieher Zeidhnung der Otolithenmembran; und der Cupulae. Cochlearneuron: M~iBig rein postmortal ver~indert. Keine Lichtung der Fasern und Ganglienzellen. Ves t ibu la rneurof i : Durchaus analog dem Cochlearneuron. Innerer Geh6rg~/ng: Ohne Abnormit~tten. Bemerkungen : Ieh ftihre den Befund hier an, well die andere Seite die ge- sehilderten Ver~nderungen im Cortisehen Drgan n i ch t zeigt trotz durchaus analoger Behandlung und sonst absolut identisehem Verhalten. o Ich deute sic daher als die allerersten Anf~inge des in den anderen Befunden bereits welter vorgeschrittenen Degenerationsprozesses.

28. F. R. IV,~ 36 Jahre. -~ Dementia paralytica. Mi t te lohr : Normal; gute Pneumatisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen. zart. Nirgends Zeichen entziindlicher Prozesse. Keine:EiweiBniederschl~ige: Duc tus coehlear is (Corti und Membrana teetoria): Cortisches Organ deutZ lieh eingedrackt. PfeilerzelIe stark eingeknickt. Tunnetraum mehr oder weniger verstrichen. Sinneszellen nicht mehr deutlich differenzierbars Zellkomplex ziemlich erheblieh postmortal ver~tndert. Membrana tectoria verflaeht und dem Corti lest aufliegend. ReiBnersche Membran bis zum Corti verklebt mif Limbus und Membrana tectoria, yon hier schr~ig gespannt. Vest ibuluml (Maculae und Cristae): 3daeuIae zeigen leieht zerfaserte Oberfl~tche mit erheb-'- lichen postmortalen Zellver~tnderungen, bier und da differenzierbaren Sinnes- zellen. Otolithenmembran abgel6st. Gristae des oberen und horizontalen zeiger~ wesentlieh geringer postmortal ver~inderten Zellsaum ohne differenzierbare

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Sinneszellen mit glattem homogenen Decksaum. Crista des unteren vertikalen zerfasert mit differenzierbaren Sinneszellen. C o c h l e a r n e u r o n : Erheblieh postmortal ver~indert mit agonaler Komponente. Indessen keine Atrophie an Fasern und Ganglienzellen. V e s t i b u l a r n e u r o n : Analog dem Cochlear- nerv verS.ndert. I n n e r e r Geh~irgang: Ohne wesentliche Abnormit~tten. B e m e r k u n g e n : Reehte und linke Seite annS~hernd gleichf6rmig verS~ndert. Es handelt sich offenbar um einen beginnenden Prozefi, der im Vestibulum noch nicht sfimt!iche Sinnesendstellen deutlich feststellbar ergriffen hatte.

29. H., I 5 ~ Jahre. ~- Meningitis nach Cholesteatomeiterung und Laby- rintheiterung. Rechte nicht operierte Seite. M i t t e l o h r : Total defekt. Gr/5tlten- teils tiberh~utete Mittelohrschleimhaut mit stark hyperplastischer Grundlage. I n ner e s O h r (Membranen und Lumen) : Durchaus zart. Am Endost stellenweise leichten Lymph0- und Lenkozythenbelag. K e i n e Eiweif ln iederschlS~ge. K e i n e F i b r i m n e t z e . D u c t u s c o c h l e a r i s (Corti und Membrana teetoria): Cortisches Organ leicht eingesunken. Pfeilerzellen eingeknickt. Tunnel- und Nuelseher Raum erhalten. Trotz erheblicher postmorta!er Zellver~inderungen Sinneszellen noeh differenzierbar. M e m b r a n a t e e t o r i a z u s a m m e n g e f a l l e n und Cor t i f e s t a u f l i e g e n d . Reit3ner-Membran regulSx gespannt. Ves t i - b u l u m (Maculae und Cristae): Maculae zeigen erhebliche postmortale Ver- 5~nderungen im Zellsaum. Sinneszellen differenzierbar. Schichtung der Oto- lithenmembran verwaschen. Oberste Lage in Homogenisierung. Keine Ab- 16sung. Auch die Cupulae der Cristen zeigen auffallend homogene Beschaffen- heit bei sonst analogem Verhalten der Zellen wie in den Maculae. C o c h l e a r - n e u ro n: Erhebliche postmortale Ver~nderunge n. Auflerdem leichte Lympho- zytendurchsetzung. V e s t i b u 1 a r n e u r o n: Dem Cochlearnerv analog verXndert. I n n e r e r GehtSrgang: M~fiige Eiterzelleninfiltration besonders im Periost und den Interstitien der NervenstSmme. B e m e r k u n g e n : Es tiandelt sieh m. E. um die allerersten Anf~inge einer Labyrinthdegeneration, nicht um ,,ser6se Labyrinthitis".

3o. F. R. II, 39 Jahre. "~Paranoia. M i t t e l o h r : Ohne wesentliche Abnormi- t~iten. Leicht hyperplastische fibr6s ver~tnderte Sehleimhaut mit irregul~trer Pneumatisation. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Durehgehend zart. Nirgends Zeiehen oder Residuen entztindiicher Vorg~tnge. Keine Eiweitlnieder- schl~ige. D u c t u s e o c h l e a r i s (Corti und Membrana tectoria): Cortisehes Organ m~ttlig bi, stark eingedrtiekt. Pfeilerzellen geknickt. Tunfiehaum fast verstrichen. Sinneszellen nicht differenzierbar. Im vorhandenen Epithelhtigel leiehte postmortale VerS.nderungen. Membrana teetoria stark zusammenge- fa l lenundCort i fes taufgelager t . Nur in u n t e r s t e r W i n d u n g nach o b en g e s e h l a g e n und der Reit3nerschen Membran an l i eg en d . Diese meist mit Nembrana tectoria verklebt und von Corti an sehr~ig gespannt. V e s t i b u l u m (Macula und Cristae): Maeulae zeigen leicht verflachten, postmortal veriinder- ten Epithelsaum. Sinneszellen stellenweise noch differenzierbar. Otolithen- membran deutlich verwandelt in K6rner- und Kfigelsehen-Schieht mit glattem homogenen, dunkelgef~trbten Decksaum. Cristae durchaus analog vefiindert, start Cupulae glatte homogene Deekschicht. C o c h l e a r n e u r o n : MS.gig post- mortal ver~indert, sonst ohne wesentliche Abnormit~ten. Keine Atrophie in Fasern und Zellen. V e s t i b u l a r n e u r o n : Durchaus analog dem Cochlear- neuron ver~tndert. I n n e r e r Geh t i rgang : Ohne wesentliehe Abnormit~ten. B e m e r k u n g e n : Linke Seite durchaus analog der rechten ver~indert, nur etwas leichter.

31. F. R. I , 39 Jahre. "~ Dementia praeeox. M i t t e l o h r : Linke Seite:

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1Jber die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw, 127

Normal bei guter Pneumatisation. Rechte Seite: Wie links. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Links: Durchgehend zart. Nirgends Zeichen oder Residuen entztindlieher Vorg~tnge. Rechts: Wie links. Ductus cochlearis (Corti und Membrana tectoria): Links: Corti erheblieh eingedrtickt. Pfeiler- zellen stark geknickt. Sinneszellen nieht differenzierbar. Leichte postmortale Ver~tnderungen im Zellhiigel. Membrana tectoria zusammengefallen. Corti lest aufgelagert. Reiffnersehe Membran bis in H6he des Corti ebenfalls mit Unter- lage verklebt, yon bier an schr~tg gespannt. Rechts: Corti ganz leicht einge- drfickt. Sinneszellen noch differenzierbar, postmortal ver~tndert. Membrana tectoria zusammengefallen und fest dem Corti aufliegend. Reil3ner-Membran stellenweise wie links verklebt. Ves t ibu lum (Maculae und Cristae): Links: Maculae leicht verflacht. Epithelsaum m~tBig postmortal verandert. Sinnes- zellen nicht mehr differenzierbar. Otolithenmembran in K6rner-Kfigelsehen- Schicht mit glattem dunkelgef~trbten Decksaum umgewandelt. Cristae durch2 aus analog ver~indert. Rechts: Maculae zeigen gut differenzierbaren Sinnes- zellensaum mit Zerfaserung an der Oberfl~tche und abgel6ster zusammenge- rollter Otolithenmembran. Auch Crista des unteren vertikalen B0genganges zeigt zerfaserte gut differenzierbare Cupula. Cristen der anderen beiden Bogen- ggnge lassen Sinneszellen und Cupulae unseh/irfer hervortreten. Cochlear- neur o n: Links: Mgffig fast rein postmortal vergndert. Keine Atrophie. Rechts: Wie links. Ves t ibu la rneuron : Links: Wie Cochlearneuron. Rechts: Wie links. Innerer Geh6rgang: Links: Ohne~ Abnormit/iten. Rechts: Wie links. Bemerkungen: Im vorliegenden Fall ist der Vergleich der rechten Seite mit der linken besonders interessant. Die rechterseits stellenweise noch deutlich erkennbaren, rein postmortalen Vergnderungen zeigen, dab linkerseits

sicherlich ein intravitaler Prozeff vorgelegen haben muff, besonders an der Otolithenschicht der Naculae. Die leichten Ver~nderungen rechts am Corti und einigen Cristen mtissen danach als erster Beginn des gleichen Prozesses aufgefafft werden.

32. Kind, 12 Jahre. t unbekannt. Mit te lohr : Ohne wesentliehe Ab- normit~ten mit guter Pneumatisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen) i Im ganzen miiffig, aber deutlieh atrophisch, perilymphatisches Gewebsnetz vielfach geschwunden. Lig. spirale namentlieh in oberen Windtmgen verflaeht und fibr6s verS~ndert. Nirgends Zeichen oder Residuen entztindlicher Vorg~nge. Ductus eochlearis (Corti und Membrana tectoria): Cortisches Organ stark verflaeht, platt gedrfickt. Pfeilerzellen noch differenzierbar. Tunnelraum gSmzlich verstrichen. Keine postmortalen Ver/~nderungen im flaehen Epithel- wulst, der an Stelle des Cortischen Organs nut noeh vorhanden. Membrana teetoria zusammengefallen und diesem lest aufgelagert. GrSt3tenteils auch Reiflnersche Membran eingesunken und mit Unterlage verklebt. V es t ibu lum (Maculae und Cristae): N[aculae ebenfalls deutlich verftacht. Epithelsaum besteht aus relativ niedriger Schicht gleichf6rmigen, kubischen, postmortal nicht ver~tnderten Epithels. An Stelle der Ototithenmembran homogener flaeher glatter Decksaum. Cristae durehaus analog vergndert. Cochlear- neuron: Mfil3ig starke postmortale Ver~tnderungen mit agonaler Komponente. Keine Atrophie. Ves t ibu la rneuron : Anolog dem Cochlearneuron. Innerer GehSrgang: Ohne wesentliche Abnormit~tten.

33. M~tnnlich, 4 Jahre. j" 0sophagusver~tzung, Peritonitis post opera- tionem. Mit te lohr : M~tt3ige Schleimhauthyperplasie mit Adh~sionsbildung bei reduzierter Pneumatisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Fast durchweg deutlich atrophisch. Auch Lig. spirale namentlich in oberen

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Windungen in dtinnen fibri~sen Gewebsstrang verwandelt. In un~eren Win- dungen zart und annSahernd normal. Perilymphatisches Lymphnetz ,zielfach noch erhalten. D u e t u s e o c h 1 e a r i s (Corti und Membrana tectoria) : Cortisches Organ so gu t wie v611ig geschwunden statt seiner gtatter Epithelstreifen, auf dem die geschrumpfte und zusammengefallene Membr. tect. lest aufgelagert ist. i Reif3nersche Membran teilweise aufgelagert, teilweiae schlaff das Lumen durehziehend. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): MaCUlae stark verflacht und fibr6s ver~ndert. Epithelsaum niedrig aus gleichf6rmigen kubisehen Epi- thelzellen bestehend. Start Otolithenmembran homogener glatter :Deeksaum. Cristae ga~z analog ver~ndert. C o c h l e a r n e u r o n : M~tfiige, rein postmortale VerS~nderungen. Keine Atrophie. Ve s ti b u la r n e u r o n : Analog dem Cochlear- neuron: I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne wesentliche Abnormitgten.

34- V. E. , 51 Jahre. -~ BulbS.rparalyse, Morbus Basedow. 3 / i i t t e loh r : Ohne wesentliche Abnormit~tten, gut pneumatisie}t. In n e r e s O h r (Membranen und Lumen): Im ganzen zart, nur das Lig. spirale oberste Windung leicht verflacht und fibrSs ver~indert. D u c t u s c o c h l e a r i s (Corti und Membrana teetoria): Corti m~gig stark eingedrtickt. Pfeilerzellen geknickt. Tunnelraum stark verflacht. Sinneszellen nicht deutlich differenzierbar. Membrana tec- toria zusammengefallen; dem Corti lest _aufgelagert. Membrana Reigneri stellenweise desgteichen, stellenweise nur bis zum Limbus verklebt,: yon da quer gespannt . V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Maeulae m~tgig ver- f tacht . Epithelsaum besteht aus ~leichf6rmigen kubischen Zellen. Sinnes- zellen nicht mehr deutlich differenzierbar. Start Otolithenmembran KSrner- Ktigelchen-Schicht mit gtattem Decksaum. Cristae analog ver~tndert. Cu- pulae homogenisiert und verflaeht. C o c h l e a r n e u r o n : Mgfiige, fast rein postmortale Vergnderungen. Keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Analog dem Cochlearneuro n. I n n e r e r G e h 5 r g a n g: Ohne wesentliche Abnormitgten. B e m e r k u n g e n : Beide Seiten fast ganz gleichmS]3ig verandert.

35. St. W., 64 Jahre. -~ Lymphatische Leuk~mie. Rechtes Ohr. Mi t t e l - ohr: Residuen naeh An~rotomie bei Mucosusotitis, sehr stark verdicktes Trom- melfell, reichliche Adh~tsionsbildung, s tark hyperplastisches Schleimhautpolster. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen zart, nur im Lig. spirale der oberen Windungen leichte Verflaehung und fibr6se Verhnderung. D u c t us c o c h l e a r i s (Corti und Membrana tectoria): Cortisches Organ stark einge- drtickt mit eingeknickten Pfeilerzellen und verstrichenem Tunnel- und Nuel- schen Raum. Sinneszellen sind nieht mehr differenzierbar, statt ihrer mehr gleichf6rmiger Epithelhtigel. Membrana tectoria lest aufgelagert und ver: flaeht. Reif3nersche Membran tiber Lirabus mit diesem verklebt, sonst straff gespannt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Maculae zeigen m~gig hohen, gleichfSrmigen Epithelsaum mit nur geringftigiger postmortaler Liickenbildung. Er ist bedeekt mit m~t3ig hoher Zone homogener Ktigelchen, die wiederum yon gla:ttem homogenen Saum tiberlagert sind. Sinneszellen und normale Schichtung der Otolithenmembran sind nicht mehr zu differenzieren. Cristae ganz analog verS~ndert. Statt Cupulae mS]3ig hohe Kuppe einer homogenen Masse mit glatter Oberfl~che. C o c h l e a r n e u r o n : Zeigt keine Lichtung bei ausgesprochen postmortalen Ver~nderungen in Ganglienzellen und Nervenfasern mit agonaler Komponente. V e s t i b u l a r n e u r o n : Im ganzen analog verS~ndert wie der Coehlearnerv. I n n e r e r G e h S r g a n g : Ohne wesentliche Abnormit~tten. B e - m e r k u n g e n : Klinisch beobachtet . - - Linkes Ohr. M i t t e l o h r : Deutlich f[brSs= atrophisehe Schleimhautauskleidung mit sekundSxer Knochenapposition. Stapes- platte stellenweise knSehern fixiert. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen):

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Uber die patholog.-anatomischen und pathol0g.-physiologischen Grnndlagen usw. r29:

Durchgehends ausgesprochen atrophisch (dtinn und fibr6s), perilymphatisches Ge- websnetz grN3tenteils geschwunden. Nirgends neugebildetes Organisationsgewebe oder deutliche Zeichen einer abgelaufenen Entztindung. Auch Lig. spirale stark verflacht und fibr6s Ver~ndert, stellenweise auch Hohlraumbildung. D u c t u s c o e h- learis, (Corti und Membrana teetoria): In niedrigen Epithetsaum verwandelt. Membrana tectoria glatt a~ufgelagert und geschrumpft. Desgleiehen ReiBnersche Membran nut in einzelnen Bezirken noch schrS.g gespannt. V e s t i b u 1 u m (Maculae und Cristae) : Maculae bestehen ebenfalls nui noch aus leicht erh6htem Epithelsaum mit schmaler, glatter, homogen aufgelagerter Sehicht. Cristae durchaus analog ver~indert. C o c h l e a r n e u r o n : Nur in unterster Windung leichte Liehtung in Nervenfasern und Ganglien, sonst ganz analog der rechten Seite ver~indert. Ves t ib ul a rne u ron : I m ganzen analog dem Coehlearnerv, nur keine Liehtung de1' Fasern und Zellen. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne wesentliche Abnormi- t~tten.

36: M~tnnlich, 15 Jahre. t Osteomyelitis, Sepsis. M i t t e l o h r : Otine wesentliche Abnormit~iten; gute Pneumatisation. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart, ohne irgendwelche Abnormit~tten. Keinerlei entzt~ndliche u D u c t u s c o c h l e a r i s (Corti und Membrina tectoria): Cortisches Organ m~Big eingedriickt. Pfeilerzellen eingekniekt bei verfiaejatem, aber noch erhaltenen Tunnel, und Nuelschen.Raum. Sinneszellen stellenweise noeh differenzierbar. Erhebliehe postmortale Ver~tnderungen. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Maeulaesinneszellensaum ebenfalls post- mortal aufgelockert mit Ltiekenbildung. Sinneszellen stellenweise auch noeh: zu differenzieren. Otolithenmembran niclit mehr deutlich zu differenzieren, stellenweise abgehoben, an andern Bezirken umgewandelt in m~it3ig hohe Zone von Kagelehen und flaehen glatten homogenen Oberfl~chensaum. Cristae analog ver~ndert. Cupulae ebenfalls hom0genisiert. C o c h l e a r n e u r o n : Starke postmortale Ver~nderungen in Fasern und Zellen, sonst keine Abnormi- tiiten. V e s t i b u l a r n e u r o n : Analog dem Cochlearneuron. I n n e r e r G e h 6 r - gang: Ohne wesentliehe Abnormit~iten.

37. M~innlich, 4 Wochen alt. -~ Herzmit?bildung, Niereninsuffizienz. Mi t t e l - ohr : Ohne Abnormitiiten. Keine S~uglingsotitis. I n n e r e s Ohr (Membrane n und Lumen): Im ganzen zart. Nirgends Zeichen entztindlieher Prozesse. Stiir- kere artefizielle Abl~sungen. D u c t u s c o c h l e a r i s (Corti und Membrana tectoria): Corti stark abgeflacht. Membrana tectoria und ReiBnersehe Membran lest aufgelagert. V e s t i b ul um (Maeulae und Cristae) : Maculae ebenfalls ver- flaeht, relativ niedriger, gleichf6rmiger Epithelsaum. Keine Sinneszellen diffe- renzierbar. Als Deckschicht glatter homogener Saum. Cristae analog ver~indert. C o e h l e a r n e u r o n : Erheblich postmortal ver~tndert, sonst ohne wesentliehe Abnormit~ten. V e s t i b u l a r n e u r o n : Analog dem Cochlearnerv. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne wesentliche Abnormit~ten. B e m e r k u n g e n : Rechtes und linkes Ohr ganz gleiehm~it3ig ver~indert.

38- W., 69 dahre, t SchlSfenlappenabszefl links. Reehtes Ohr. Mi t t e 1 o h r: Stark hyperplastische Sehleimhaut mit reichlieher Cystenbildung yon queren Gewebsnetzen und m~tt3ig fibr6ser Ver~inderung der Submucosa bei kompaktem Warzenfortsatz (,,Adhlisivproze/Y'). I n h e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen zart, nur in einzelnen Bezirken Sehrumpfung im perilymphatischen Gewebsnetz und in oberer Windung leichte Verflachung des Lig. spirale. Keine Hohlraumbildung hier; keinerlei Zeichen entztindlicher Vorg~inge. D u c t u s c o c h 1 e a r i s (Corti und Membrana teetoria) : M~/3ig stark eingedrtiekt mit flaeh- gedrtickten Pfeilerzellen und ann~ihernd verstrichenem Tunnel. Sinneszellen

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13 ~ K. WITTMAACK,

nicht mehr deutlich zu differenzieren, m~ftig postmortale Auflockerung im Zelllager. Membrana tectoria lest aufliegend, stark verflacht. Reiflnersche Membran stellenweise, desgleichen in anderen Bezirken nur his zum Corti verklebt, dann schr~g gespannt. Ves t ibu lum (Maculae nnd Cristae): Leicht verflacht. Sinneszellen nicht deutlich zu differenzieren. M~Big hoher, mehr gleichfSrmiger, postmortal aufgelockerter Epithelsaum, bedeckt yon einer Schicht homogener Ktigelchen, die wiederum yon glattem homogenen Saum tiberlagert ist. Cristae und Maculae gleichfSrmig ver~ndert. Cochlearneuron: M~Big postmortale Ver~nderungen, sonst keine auffallenden Abnormit~ten. Vesti- bu la rneuron : Analog dem Cochlearneuron ver~ndert. Innerer GehSr- gang: Ohne wesentliche Abnormit~ten. Bemerkungen: Reehte Seite zeigt im wesentlichen analoges Verhalten.

39. P. -~ Friedl~nder-Otitis. AbszeB an der Sch~delbasis , links eitrige Meningitis. M i t t e 1 o h r: RadikaloperationswundhShle. In Nischen noch starke, vielfach hyperplastische Schleimhautreste. Eitriges fibrinSses Exsudat. AuG lagerungen, keine Bogengangsarosion oder Fensterdefekte. Inheres Ohr (Membranen und Lumen): Im ganzen durchaus zart. Endostschicht stellen- weise mit einzelnen Lympho- und Leukozythen bedeckt. Nirgends EiweiB- aussehe idung , n i rgends fibrSse Gewebsnetze im Lumen. Ductus cochlearis (Corti und Membrana tectoria): Corti leicht eingesunken. Pfeiler- zellen leicht eingeknickt. Membrana tectoria zusammengefallen und fest auf Corti aufgelagert. Tunnel und Nuelraum erhalten. Sinneszellen nicht differen- zierbar, doch deutliche postmortale Auflockerung der Zellen des Corti-Organs. Reii3ner-Membran his zum Corti eingesunken und fest aufgeragert, von hier schr~g gespannt. Ves t ibu lum (Maculae und Cristae): Maculae zeigen leicht verflachten, aus gleichfSrmigen Zellen bestehenden Zellsaum ohne Differen- zierbarkeit von Sinneszellen bei auffallend geringer postmortaler Auflocke- rung. Otolithenmembran ver~.ndert in Schicht homogener Ktigelehen mit glattem dunklen homogenen Decksaum. Cristae analog ver~ndert. Statt hochgeft~gter Cupulae homogener Decksaum mit freiem glatten Rand. Coch- lea rneuron: M~Big postmortal ver~indert mit agonaler Komponente in Fasern und Zellen. Keine Lichtung. Ziemlich starke Eiterzellendurchsetzung im Stature bis zur Spindel herauf. Ves t ibu l a rneu ron : Im wesentlichen durchaus analog dem Cochlearneuron ver~ndert. Innerer GehOrgang: Starke eitrige In- filtration des Periostes und der Interstitien der einzelnen Nervenst~mme. Bemerkungen : Obwohl die rechte Seite durchaus die gleichen Ver~nderungen an L a b y r i n t h m e m b r a n e n im Cochlear- u. Vesti- bu l a rneu ron und im inneren GehSrgang zeigt , fehlen die Ver- ~nderungen an den S innesends te l l en vSllig. Hier durchau's ty- pische, rein pos tmor t a l e Ver~nderungen.

40. Weiblich, 21/4 Jahre. -~ Verbrennung. Mit te lohr : Leichte entztind- liche Ver~tnder;ungen bei leicht hyperplastischer SChleimhaut. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends stark atrophiseh-fibrSs. -Perilympha- tisches Gewebsnetz geschwunde n. Auch im Lig. spirale starke Verflachung und fibrSse Ver~nderungen. Hier und da Hohlraumbildung. Starke Verzer- rungen (artefizielle?). Ductus eochlearis (Corti und Membrana tectoria): Corti in flachen Epithelstreifen verwandelt mit fibr6ser Umwandlung der Mem- brana basilaris. Membrana tectoria dieser fest aufgelagert. Desgleichen racist die Reit3nersche Membran. Ves t ibu lum (Maculae und Cristae): Sinnesend- stMlen ebenfalls stark verflacht, geschrumpft und fibrOs ver~.ndert. An der Oberfl~che niedriger kubischer Epithelsaum mlt schmalem homogenen, dunkel-i

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{)bet die patholog.-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen u-~w. I $1

gef~trbten Decksaum. Cristae und Maculae durchaus analog verSmdert. Coch- Iearn e u ro n: Ausgesprochen postmortale Ver/inderungen mit deutlieh agonaler K0mponente. Keine Atrophie in Fasern und Zellen. V e s t i b u l a r n e u r o n : Fast ebenso stark und analog dem Cochlearneuron verS, ndert. I n n e r e r Ge- hSrgang : Ohne wesentliche Abnormit/~ten. B e m e r k u n g e n : Beide Seiten durehaus gleiehm~tJ3ig ver&ndert.

4I. P. H., 2I Jahre. ~ Herzfehler, Nephritis. Mi t t e loh r : Links: GrSBere Perforation mit epidermisierter Paukenschleimhaut bei m/~13ig starker Reduktion der Pneumatisation. Rechts: Radikaloperationswundh6hle fast v6Ilig tiber- h~tutet. I nhe re s Ohr (Membranen und Lumen): Links: Durchgehends zart, nirgends entztindliche VerS.nderungen. Rechts: Wie links. Du c t u s coch lea r i s (Corti und Membrana tectoria): Links: Corti leieht eingedrtiekt. Sinneszellen stellenweise noeh differenzierbar, postmortal Ver/~ndert. Membrana teetoria fest aufgelagert. ReifJnersehe Membran bis zum C0rti verklebt, yon bier schrSg gespannt. Rechts: Durchaus analoge Vergnderungen wie links, nur merklich intensiver. V e s t i b u l u m (Maeulae mid Cristae): Links: Leicht verflacht. Sinneszellen kaum mehr differenzierbar. Start Otolithenmembran Schicht homogener Ktigelehen mit glattem dunklen, homogenen Deeksaum. Cristae analog ver/~ndert. Statt Cupula homogene Kappe. Rechts: Durehaus analoge Ver~inderungen wie links, nur merklieh intensiver. C o c h l e a r n e u r o n : Links: Vorwiegend postmortal, ziemlich erh~blich ver~indert. Keine Liehtung in Fasern und Ganglienzellen. Rechts: Wie links. V e s t i b u l a r n e u r o n : Links: Fast analog dem Co chlearneuron vergndert. Reehts: Wie links. In n ere r Geh/Srgang: Links: Ohne wesentliehe Abnormit~tten. Reehts: Wie links.

42. W. Fr., 57 Jahre. -~ unbekannt. M i t t e l o h r : M~tBig hyperplastisch, fibrSs verSmderte Sehleimhaut mit vereinzelten Adh~isionen. Inne re s Ohr (Membranen und Lumen): Durchaus zart. Nirgends Zeichen oder Residuen entztindlicher Vorg~tnge. Keine EiweiBniederschlfige. Du e t n s coeh lea r i s (Corti und Membrana tectoria): Cortisehes Organ erheblieh eingedrtiekt. Pfeiler- zellen geknickt. Tunnelraum verflacht. Membrana tectoria zusammengefallen und lest aufliegend. Stellenweise noeh Sinneszellen differenzierbar in unteren Windungen. Reit3nersche Membran in oberen Windungen ebenfalls v611ig ein- gesunken und lest aufliegend, in untersten Windungen nut bis zum Corti ver- klebt, von da schr&g gespannt. Ver~nderungen in oberen Windungen deutlich intensiver wie in unteren. V e s t i b u ! u m (Maeulae und Cristae): Macutae zeigt zerfaserten, postmortal ver~tnderten Epithelsaum mit differenzierbaren Sinnes- zellen. Otolithenmembran abgelSst und zusammengerollt. Crista des unteren vertika]en ~hnlich ver~indert, w/ihrend auf den Cristen des oberen vertikalen und horizontalen Bogenganges ein homogener glatter Decksaum liegt bei ge- ringerer postmortaler Lackenbildung im Epithelsaum und schwerer zu differen- zierenden Sinneszellen. C o c h l e a r n e u r o n : Rein postmortal ver/indert. Keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Analog dem Cochlearneuron. I n n e r e r Geh6rgang : Ohne Abnormit~tten. B e m e r k u n g e n : Es handett sich m. E. um einen in fortschreitender Entwicklung begriffenen ProzeB, der die Macula6 und Cristae des unteren Vertikalen noch nicht deutlieh ergriffen hat, w/~hrend ,Corti und die beiden anderen Cristen bereits deutliehe Ver~inderungen zeigen.

43. S. V., 28 Jahre. t Epilepsie. M i t t e l o h r : Leicht fibr6s ver~tnderte Schleimhaut bei Reduktion der Pneumatisation, sonst ohne Besonderheiten. Inne re s Ohr (IMembranen und Lumen): Durchgehends zart. Keine Zeicher~ oder Residuen yon Entztindungsvorg~tngen. Kein EiweiBniederschlag. D u c t u s coch lea r i s (Cord und 1Vlembrana teetoria): Fast vtillig geschwunden, auch

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132 K~ WITT.MAACK,

Pfeilerzellen nicht mehr erkennbar. Statt seiner glatter Epithelsaum mit fest aufgelagerter Meml~rana tectoria. Stellenweise ist die Membrana tectoria auch :nach oben geschlagen und liegt der Reit3nerschen Membran an, die hier regular gespannt ist. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Maculae deutlich verflacht. Relativ niedriger Epithelsaum aus gleichf6rmigen Zellen. Wenig postmortal ver~indert. Sinneszellen nicht differenzierbar.. Statt Otolithenmembran relativ schmale r homogener Decksaum. Crista. analog ver~ndert. Hier und da noch einzelne Sinneszellen differenzierbar bei homogenisierter Cupula. Coch le ar- n e u r o n : Zeigt postmortale Ver~nderungen mit agonaler Komponente. Keine deutliche Atrophie.: V e s t i b u l a r n e u r o n : Ist analog dem Cochlearneuron ver~ndert. I n n e r e r G e h S r g a n g : Ohne Besonderheiten. B e m e r k u n g e n : Beide Seiten zeigen im ganzen gleichm~it3igen:Befund.

44- Tr. Fr., 28 Jahre. t Tuberkulose. ~Mit te lohr : Fibr6se Schleimhaut bei kompaktem Warzenfortsatz, sonst ohne Besonderheiten. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart. Nirgends :Zeichen oder Resi- duen von entziindlichen Vorg~ingen. Kein Eiweiflniederschlag. D u c,t us: c o c h- l ea r is (Corti und Membrana tectoria): Cortisches Organ zusammengesunken. Pfeilerzellen geknickt. Tunnel- und Nuelscher Raum verflacht. Zellen post- mortal ver~indert.: Hier und da noeh einzelne Sinneszellen differenzierbar. Membrana tectoria zusammengefallen, dem Corti fest aufliegend. Reifinersche Membran meist straff gespannt. Beginnende Verklebung am Limbus. Ves t i - b u l u m (Maculae und Cristae): Kaum verflaeht. Zellsaum noch ann~ihernd normal hoch mit postmortaler Ltickenbildung. Sinneszellen meist zu differen- zieren. Otolithenmembran deutlich ver~ndert. Statt Faserzone mehr homogene granulierte Schicht mit fehlender oder verwaschener Faserzeichnung. Des- gleichen die Steinzone durch dunklen homogenen, glattrandigen Decksaum ersetzt. Cristae analog ver~indert. Cupulae homogenisiert und zusammen- gefallen. C o c h l e a r n e u r o n : Vorwiegend postmortal ver~ndert ohne deutliche Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Analog dem Cochlearneuron. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne Besonderheiten.

45- Fr. Sch., 36 Jahre. 7~ Sinusthrombose, Sepsis. Mi t t e 1 o h r: Akute Otitis media bei stark hyperplastiseher Schleimhaut. I n n e r e s Ohr: (Membranen und Lumen): Durchgehends zart. Keine Zeichen oder Resicluen yon entztindlichen Vorgiingen. Kein Eiweii3niederschlag. D u c t trs c o c h 1 e a r i s (Corti und Membrana tectoria): Cortisches Organ eingedrtickt. Pfeilerzellen geknickt. Tunnel- und Nuelscher Raum verflaeht. Sinneszellen vereinzelt differenzierbar, postmortale Ltickenbildung. Membrana tectoria zusammengefallen, fest aufgelagert. Reifi- nersche Membran meist entlang dem Limbus verklebt, von da straff gespannt. Ve s ti b u lure (Maculae und Cristae) : Kaum verflacht. Postmortale Liickenbil- dung im Epithelsaum. Sinneszellen noch differenzierbar. Otolithenmembran deutlich inbeiden Schichtenhomogenisiert. Cristae analogver~ndert. Cupulae zusammengefallen und homogenisiert. C o c h l e a r n e u r o n : Postmortale Ver- ~inderungen mit agonaler Komponente. Keine Atrophie. V e s t i b n l a r n e u r o n : Wie Coehlearneuron. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne Besonderheiten.

46. S., 16 Jahre. ~ Miliartuberkulose. M i t t e l o h r : Ohne wesentliehe Abnormit~Lten. Leieht hyperplastisehe Schleimhaut mit guter kleinzelliger Pneumatisation. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart ohne irgendwelche Abnormit~,iten. Keine Eiweifiniederschl~ige. D u e t u s coch-

�9 l ea r i s (Corti und Membrana teetoria): Cortisehes Organ miiflig eingedrtiekt. Pfeilerzellen geknickt. Sinneszellen differenzierbar. Membrana tectoria zu- sammengefallen, fest aufgelagert. H i e r und da aueh Reii~nersche Membran

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Llber die patholog~-anatomischen und patholog.-physiologischen Grundlagen usw. 13 3

eingesunken. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Maculae postmortal ver- ~ndert. Sinneszellen differenzierbar. Otolithenmembran abgel6st und zu- sammengerollt. Cristae ebenfalls mit postmortaler Ltickenbildung. Cupulae zusammengefallen; in Homogenisierung. C o c h l e a r n e u r o n : Vorwiegend postmortale Ver~tnderungen. Keine Atrophie. Ves ti b u l a r n e u r o n : Wie Coeh- learneuron. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne Besonderheiten. B e m e r k u n g e n : Es handelt sich m. E. um eirten in friseher Entwicklung begriffenen Prozet3, so dab die VerS~nderungen im Vestibulum noch nicht deutlich herv0rtreten.

47. Sch. E., 76 Jahre. ~- Dementia senilis. M i t t e l o h r : Norrnal bei guter Pneumatisation. Inne res Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart.. Nirgends Zeichen oder Residuen entztindlicher Vorg~inge: Kein Eiwei/3nieder- schlag. D u c t u s eoch lea r i s (Corti und Membrana teetoria): Corti erheblich eingesunken. Pfeilerzellen platt gedrtickt. Sinneszellen nicht differenzierbar. Tunnelraum fast v611ig verstriehen. Membrana tectoria zusammengefallen und lest aufgelagert. Reit3nersehe Membran entlang des Limbus mit diesem ver- klebt, von da straff gespannt. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Leicht verflacht. Epithelsaum relativ niedrig aus gleichf6rmigen Zellen bestehend. Sinneszellen nicht differenzierbar. Geringftigige postmortale Ltickenbildung. Statt Otolithenmembran m~i/3ig hoher, v611ig glatter Deeksaum. Cristae dureh- aus analog ver~indert. C o c h l e a r n e u r o n : Deutlich postmortal ver~indert, sonst keine auffallende Abnormit~it, selbst die untersten Windungen zeigen noeh volles Ganglienzellenlager. V e s t i b u l a r n e u r o n : Postmortal ver~indert, sonst ohne Besonderheiten. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne Besonderheiten.

48. P. O., 12 Jahre. -~ Hydrocephalus. 3di t te lohr : Atrophisches Trommel- fell. Fibr6se Schleimhaut. Kompakter Warzenfortsatz. Sonst ohne Besonder- heiten. Inne re s Ohr (Membra~nen und Lumen): Im ganze n zart. Perilympha- tisehes Lymphnetz normal. Auch im Lig. spirale der oberen Windung deut- liche Verflachung und fibr6se Um*andlung. Nirgends Zeiehen oder Residuen entziindlieher VorgS.nge. Kein Eiweit3niedersehlag: D u c t u s coch lea r i s :(Corti und Membrana tectoria): Stark eingesunken. Pfeilerzellen v611ig platt- gedriiekt. Tunnelraum ~tnzlich verstrichen, nur noch niedriger Epithelhtigel aus gleiehf6rmigen Zellen bestehend. Membrana teetoria zusammengefallen.

.und v611ig mit der Unterlage verklebt. Reiflnersche Membran meist nur bis zum Limbus verklebt, yon da an straff gespannt. V e s t i b u l u m (Maeulae und Cristae): Deutlich verflacht und fibr/Js ver~tndert. Relativ niedriger Epithel- saum aus gleichf6rmigen Epithelzellen. An Stelle der Otolithenmembran glatter homogener Decksaum. Cristae durchaus analog verS.ndert. Co ch lear- ne u ron : Vorwiegend postmortale Ver~tnderungen ohne Atrophie. Ves ti b u lar- n e u r o n : Wie Cochlearneuron. I n n e r e r Geh6rgang : Ohne Besonderheiten.

49. P;, 52 Jahre. -~ 0sophagus-Narzinom. Mi t t e loh r : Normal bei guter Pneumatisation. Inhe re s Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart. Keinerlei Zeiehen entztindlieher VorgS~nge. Kein EiweiBniederschlag. D u e t u s eoeh lea r i s (Corti und Membrana tectoria): M~flig eingesunken. Pfeilerzellen geknickt. Tunnelraum verflaeht. Sinneszellen nicht mehr deut- lich differenzierbar. Sehr geringe postmortale Ltickenbildung. Membrana teetoria zusammengefallen, mit Unterlage festverklebt. Reiflnersehe Membran regular gespannt.. V e s t i b u l u m (Maculae und Cristae): Leieht verflaeht. Epithelsaum zeigt nut sehr geringe postmortale Ltickenbildung. Sinneszellen sind nur vereinzelt differenzierbar. Start Otolithenmembran eine aus ineinander (ibergehender granulierter und einer homogenen glatten Deckschieht zusammen- gesetzte Deckmembran. Cristae analog ver~ndert. Start regul~trer Cupula

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homogenisierte Kappe. C o c h l e a r n e u r o n : Nur postmortal ver~indert. Keine Atrophie. V e s t i b u l a r n e u r o n : Wie Cochlearneuron. I n n e r e r G e h 6 r g a n g : Ohne Besonderheiten.

5o. T. Oh., 73 Jahre. "~ Imbezillitiit. M i t t e l o h r : Durchaus normal, gut pneumatisiert. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Oberall deutlieh atrophisch. In Schnecke Lig. spirale stark verflacht und fibrSs verS~ndert, nament- lich in oberen Windungen. Hier und da yore Endost gel/Sst mit gr6Beren Hohl- rS~umen. Im Vestibulum fehlt meist perilymphatisehes Netzwerk. Membranen diinn und fibr6s. Nirgends neugebildete Gewebsnetze oder deutliehe Resi- duen abgelaufener entztindlicher Prozesse. D u e t u s c o c h l e a r i s (Corti und Membrana tectoria): Stark verflacht. Meist glatter, nur leicht gewulsteter flacher Zetlsaum an seiner Si;elle. Membrana teet'o.ria v611ig abgeflaeht und lest der Membrana basilaris bezw. den Zellresten des Corti aufgelagert, desgleichen meist die Reit3nersche Membran, nur an einigen Stellen diese noch schrS~g ge- spannt. Ve s t ib u lum (Maeulae und Cristae) : Sinnesendstellen ebenfalls stark abgeflacht, mit relativ niedriger gleichf6rmiger Zellschicht, yon glattem homo- genen Saum bedeckt. Nerveneintrittszone fibrils atrophiseh. Cristae und Ma- culae durehaus gleichartig ver~ndert. C o c h l e a r n e u r o n : Zeigt nut in unterster Windung deutliche, wenn aueh m~itlige Verdfinnung der Zell- und Nerven- fasern, sonst keine deutliehe Atrophie. Daneben meist st~irkere post- mortale Ver~inderungen. V e s t i b u l a r n e u r o n : Keinerlei Atrophie. Sonst analog dem Cochlearneuron veriindert, t n n e r e r G e h S r g a n g : Ohne Abnormi- t~iten. B e m e r k u n g e n : Kliniseh beobachtet mit Cochleardegeneration k0m- biniert.

I I I . 6 F~i l le y o n i s o l i e r t e r p e r i p h e r e r C o c h l e a r d e g e n e - r a t i o n .

i. Or. Frl., 91 Jahre. -~ Alterschw~che, Apoplexie. M i t t e l o h r : Durchaus normal. Gute Pneumatisation. I n n e r e s Ohr (Membranen und Lumen): Durehaus zart, ohne irgendwelche Abnormit~iten. D u c t u s c o e h l e a r i s (Cord und Membrana tectoria): Erseheint postmortal ver~ndert. Auflockerung der Zellen. Sinneszellen nicht mehr deutlieh differenzierbar. Pfeilerzellen hoch- gefiigt. Tunnelraum und Nuelseher Raum erhalten. Membrana tectoria frei herausstehend. Reifinersche Membran gut gespannt. V e s t i b u l u m (Maeulae und Cristae): Starke postmortale Auflockerung. Otolithenmembran post- mortal abget6st. Cupula stark postmortal zerfasert. Sinneszellen stellenweise noch differenzierbar. C o c h lea r n e u r o n : Sehr erhebliche Lichtung der Gang- lienzellen und der Nervenfasern in der ganzen Schneckenspindel, besonders in unterenWindungen. Daneben erhebliche postmortaleVeriinderungen. Im Stature Atrophie weniger deutlich. V e s t i b u l a r n e u r o n : Zeigt keine deutliche Lieh- tung (Atrophie) an Fasern und Ganglienzellen. I n n e r e r GehOrgang : Ohne Abnormit~iten. ]3 e m e r k u n g e n: Klinisch beobachtet mit genauer H6rprtifung. - - Linkes Ohr zeigt durehaus analogen Befund.

2. K. Fr., 9 2 Jahre. -~ Arteriosklerose. M i t t e l o h r : Normal bei guter Pneumatisation. Innei 'es Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart. D u c t u s c o e h l e a r i s (Cord und Membrana tectoria): Cortisehes Organ zeigt vorwiegend postmortale Ver~tnderungen leiehten Grades. Membrana tectoria frei entfaltet. Reignersche Membran straff gespannt. Sttitzapparat auffallend gut erhalten, dagegen Sinneszellen in AbRisung yon ihrer Unterlage. Vielfach auffallend sp~irlich. V e s t i b u l u r n (Maculae und Cristae): Ausschliel3-

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Uber die. patholog:-anatomischen- und pa~cholog.-physiologischen Grundlagen usw. "I~35

lich postm0rtMe Vergnddrungen m~igigen Grades. LiJckenbildung i m Ep!thel- saum bei gut differenzierbaren Sinneszellen. Gut gezeichnete Otolithenmembran

ound Cupulae. C0chlearneui, on: Auffallend starke, bis in obere WindUng erkennbare; in unteren wesentlieh st~trker ausgesproehene Atrophie i m Gang- lion und peripheren Nerven bei mgBig postmortalen Vergnderungen. Vest i - b u l a r n e u r o n : Postmortale Ver~tnderungen wie im Cochlearneuron. Gang~ ilion vestibulare anscheinend ebenfMls leicht atrophisch. Innerer Geh6rgang: ohne Besonderheiten. : 3. M.; 60 Jahre. -~ Arteri0sklerose, Phtise, Cachexie. Mit te lohr : Normal

bei guter Pneumatisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Durch- .gehends zart, ohne Abnormit~tten. Duc tus eochlear is (Corti imd Membrana tect6ria): Gut erhalten. Membrana teetoria frei enffaltet Reiflnersche M6m~ bran straff gespannt. Leichte postmortale Zell;cer~tnderungen. LosliJsung der Sinneszellen von Unterlage. Anscheinend leichte .Lichtung im Sinneszelten- lager (?). Ves t ibu lum (Maculae und Cristae): Ausschlieglich postm0rtale Ver~tnderungen. Ltickenbildung im Epithel bei gut differenzierter Otolithen- membran und klar gezeichneter Cupula. C o ch 1 e a r n eur o n: Deutliche Lichtung im Ganglienzellenlager und im periptierem Nerven, namentlich i~n unterster Windung. Relativ leichte postmortale Vergnderungen, leichte: agonale Korea ponente. Ves t i bu l a rneu ron : Postmorl~al ver~tndert, wie Cochlearneuron. Keine deutliehe Liehtung im Nerven und Ganglion. Innerer Geh6rgang: Ohne: Besonderheiten. Bemerkungen : Klinisch beobachtet mit genauer H6rprtifung kurz ante mortem.

4. K. M., 53 Jahre. -~ Apoplexie. Mi t te lohr : Normal beiguter Pneuma- tisation. Inneres Ohr (Membranen und Lumen): Durchgehends zart, ohne Besonderheiten. Due tus eoehlear is (Corti und Membrana teetoria): Corti gut erhailten. Membrana teetoria frei entfaltet. Reit3nersehe Membran straff gespannt. Deutliehe postmortale Zellaufl6sung im Sinneszellenlager. Vest i- bulum (Maeulae und Cristae): Ausschlieglieh postmortale Ver/inderungen bei gut erhaltener, postmortal aufgerollter Otolithenmembran und ebenfalls gut gezeichneter, aber postmortal zerfaserter Cupula. Cochlearneuron: Deutliche Liehtung im Ganglienzellenlager und im peripheren Nerven, vor- wiegend in unterster Windung. Bei ziemlich erheblichen postmortalen Ver- ~tnderungen an Nervenfasern und Zellen. Vestibularneuron: Ziemlieh erhebliche postmortale Ver~inderungen wie im Coehlearneuron. Keine deutliehe Atrophie. Innerer Geh6rgang: Ohne Besonderheiten.

5. 3/I. E., 63 Jahre. Mit te lohr : Normal bei guter Pneumatisation. In- n e r e s O h r (Membranen und Lumen) : Durehgehends zart, ohne Besonderheiten. Duc tus eochlear i s (Corti und Membrana teetoria): Ganz leieht eingesunken. Membrana teetoria leieht zusammengefallen auf Corti aufgelagert. Aueh Reit3- nersehe Membran stellenweise entlang des Limbus verklebt. Sinneszellen tiberall noch difIerenzierbar, nur relativ leiehte postmortale VerS~nderungen. Ves t i bu lum (Maculae und Cristae)) Aussehlieglieh relativ leieht postmortal ver~tndert. Ltiekenbildung im Zellsaum. Otolithenmembran schari gezeiehnet, nicht abgel/Sst. Cristae und Maculae gleichf6rmig vergndert. Cupulae ebenfalls Mar gezeichnet. Leieht durch postmortale Lfiekenbildung im Zellsaum ab- gehoben. Coehlearneuron: MSA3ig postmortal ver~tndert in Nervenfasern und Ganglienzellen. Deutliehe Liehtung im Ganglienzellenlager un d peri- pheren Nervenfasern in unterster Windung. Ves t i bu l a rneu ron : Post- mortal ver~tndert wie Cochlearneuron. Keine Atrophie. Innerer Ge- h6rgang: Ohne Besonderheiten. Bemerkungen: Der Fall geh6rt trotz

Archly f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfheilkunde. Bd. 99. IO

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I36 I~. WITTMAACK[ 13bet die patholog.-~natomischen Grundlagen usw.

der geringftigigen Ver/~nderungen im Corti-Organ hierher, well die Atrophie im Nerven zweifellos ~tlteren Datums ist wie der ProzeB am Corti, der wohl als allererster Anfang einer erst kurz ante mortem sich einleitenden auf die Coeh- leardegeneration aufgepfrop[ten Labyrinthdegeneration zu deuten ist.

6. L. J., 44 Jahre. Niehteitrig erkranktes Ohr mit Schwerh6rigkeit nach Typhus seit vielen Jahren. -~ Labyrintheiterung, MeningitiS. Mi t t e lohr : Atrophische Schleimhaut und atrophisches Trommei[ell. Inheres Ohr (Mem- branen und I.m~nen): Durchgehends zart. Nirgends Zeichen entzandlicher Prozesse. Hyalin~hnliche Ausseheidungen vorhanden. Due tus eochlear is (Corti und Membrana teetoria): Cord leicht eingesunken. Zellht~gel postmortal ver~ndert. Keine Sinneszelten zu differenzieren. Membrana teetoria zusammen- gefallen und aufgelagert. Reit3nersehe Membran ebenfalls stellenweise einge- sunken. Ves t i bu lum (Maculae und Cristae): Maculae und Cristae ziemlieh stark postmortal ver~ndert. Sinneszelien meist noch differenzierbar. Otolithen- membran postmortal abgel~Sst und zusammengerollt. Cupulae desgleiehen postmortaI abgehoben und zerfasert. Coehlearneuron: Starke vorwiegend postmortale Veranderungen mit agonaler Komponente. M~gige At roph ie im Gangl ion und Nerven speziel l der u n t e r s t e n Windung. Vest i - b u l a r n e u r o n : Im ganzen wie Coehlearneuron verS.ndert. Keine Atrophie. Innere r Geh6rgang: Zeigte eitrige Infiltration im Endost und den Inter- stitien der NervenstS~mme. Bemerkungen : Der Fall mug m. E. so gedeu~cet werden, dab yon dem vor Jahren ttberstandenen Typhus die auch klinisch festgestellte Cochleardegeneration vorlag (Atrophie im Nerven ,,posttyph~s"). Daneben hat sieh kurz ante mortem eine beginnende noeh auf das Cortlsche Organ besehr~tnkte Labyrinthdegeneration entwickelt (Einsenkung des Cord, Auflagerung .der Membrana).