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IV. Aus der Chemisch-pharmakologischen Abteilung des Hauptlaborato- riums in der Chemischen Fabrik auf Aktien (vorm. E. Schering)~ Berlin. Uber die pharmakologische Wirkung der drei Stereoisomeren des Kampfers und einiger Kampferderivate auf die glatte Muskulatur. Von l~ax Dohrn. (Mit 12 Kurven.) Entsprechend der klinischen H~uptindikation des Kampfers- der Herzwirkung- bef~Bten sich die meisten pharmakologischen Ar- beiten fiber den Kampfer mit dessen Wirkung auf dieses Organ. Sie nahmen ihren Ausgang yon den Untersuchungen O. He ub ner s 1) und suchten die klinisch beobachtete erregende Wirkung des Kampfers, besonders die auf die Reizerzeugung, zu best~tigen und zu ~nalysieren. Diese ~nscheinend dureh Experimente best~tigte Beobaehtung blieb allerdings nieht unwidersprochen und so wird neuerdings die klinisch ~ls Erregung gedeutete Kampferwirkung am Herzen als Folge einer L~hmung bestimmter tterz~bschnitte zu deuten versucht2). Die ge- samte Pharmakologie des Kampfers erhielt aber eine neue Riehtung, der Kampfer selbst ein neues Indikationsgebiet durch die Beob~ch- tung Wieehowskis3)~ d~B der Kampfer und die meisten ~nderen ~therischen ()le eine l~hmende Wirkung auf die glatte Mus- knlatur besitzen. D~mit land die kliniseh beob~ehtete Wirkung der sogenannten Karminativa, die ja vorwiegend ~therisehe ()le darstellen, sowie deren 1) 0. Heubner, Uber die Wirkung des Kampfers und die Leistung des Froschherzens. Archiv der Heilkunde 1870, 11. Jahrg., Bd. 334. 2) Wiechowski, Zweite Tagung der deutschen pharmakologischen Ge- sellschaft, Freiburg i. Br. 1921. 3) Derselbe, Verhandlungen der Waffenbriiderlichen Vereinigung, 0ktober 1917 (s. Meyer-Gottlieb, 4. Aufl., S. 230).

Über die pharmakologische Wirkung der drei Stereoisomeren des Kampfers und einiger Kampferderivate auf die glatte Muskulatur

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Page 1: Über die pharmakologische Wirkung der drei Stereoisomeren des Kampfers und einiger Kampferderivate auf die glatte Muskulatur

IV.

Aus der Chemisch-pharmakologischen Abteilung des Hauptlaborato- riums in der Chemischen Fabrik auf Aktien (vorm. E. Schering)~

Berlin.

Uber die pharmakologische Wirkung der drei Stereoisomeren des Kampfers und einiger Kampferderivate auf die glatte Muskulatur.

Von

l~ax Dohrn.

(Mit 12 Kurven.)

Entsprechend der klinischen H~uptindikation des K a m p f e r s - der H e r z w i r k u n g - bef~Bten sich die meisten pharmakologischen Ar- beiten fiber den Kampfer mit dessen Wirkung auf dieses Organ. Sie nahmen ihren Ausgang yon den Untersuchungen O. He ub n e r s 1) und suchten die klinisch beobachtete erregende Wirkung des Kampfers, besonders die auf die Reizerzeugung, zu best~tigen und zu ~nalysieren. Diese ~nscheinend dureh Experimente best~tigte Beobaehtung blieb allerdings nieht unwidersprochen und so wird neuerdings die klinisch ~ls Erregung gedeutete Kampferwirkung am Herzen als Folge einer L~hmung bestimmter tterz~bschnitte zu deuten versucht2). Die ge- samte Pharmakologie des Kampfers erhielt aber eine neue Riehtung, der Kampfer selbst ein neues Indikationsgebiet durch die Beob~ch- tung Wieehowskis3)~ d~B der Kampfer und die meisten ~nderen ~therischen ()le eine l ~ h m e n d e W i r k u n g auf die g l a t t e Mus- k n l a t u r besitzen.

D~mit land die kliniseh beob~ehtete Wirkung der sogenannten Karminativa, die ja vorwiegend ~therisehe ()le darstellen, sowie deren

1) 0. Heubner, Uber die Wirkung des Kampfers und die Leistung des Froschherzens. Archiv der Heilkunde 1870, 11. Jahrg., Bd. 334.

2) Wiechowski, Zweite Tagung der deutschen pharmakologischen Ge- sellschaft, Freiburg i. Br. 1921.

3) Derselbe, Verhandlungen der Waffenbriiderlichen Vereinigung, 0ktober 1917 (s. Meyer-Gottlieb, 4. Aufl., S. 230).

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tiber die pharmakologische Wirkung der drei Stereoisomeren usw. 39

spasmolytische Wirkung, eine pharmakologische Erklarung. S t roB und W i e c h o w s k i 1) haben diese~ Wirkung des Kampfers und einiger atherischer Ole genauer pharmakologisch untersucht und in der aus- fiihrlichen Bearbeitung dieser Frage kommt dann StroBe) zu dem Ergebnis, dab tier Angriffspunkt solcher Stoffe die glatte Muskulatur selbst ist und d al~ auf die i~berlebende glatte Muskulatur des Darmes, der Gallenblase, der Harnblase, der Bror~chien, der Arterien, der Kampfer l~hmend wirkt. Ferner haben atherische Ole bzw. deren Bestandteile verschiedener chemischer Konstitution dieselbe Wirkung, die als karminativ und expektorierend gewisse Krampfzustande zu be- seitigen vermSgen. Unabhangig yon dieser Untersuchung kam G u n n 3) zu im wesentlichen gleichlautenden SchluBfolgerungen. 'Diese theo- retisch wie auch praktisch klinisch wichtigen Feststellungen schufen, wie eingangs erwahnt, dem Kampfer ein neues~ weitgehendes Indika- tionsgebiet und es lag die Frage nahe, ob hierfiir der Kampfer schlechthin als Spasmolytikum dieser Art bewertet werden diirfte oder ob die verschiedene optische Aktivitat des Kampfers nicht auch eine verschiedene pharmakologische Wirkung nach dieser Riehtung bin zur Folge babe. Eine pharmakologische Untersuchung dieser Frage erschien um so berechtigter, als bekanntlich nach Einfiihrung des synthetischen Kampfers, der im Gegensatz zum natiirlich vor- kommenden Japankampfer, optisch inaktiv ist, auch erst dessen phar- makologische Gleichwertigkeit bewiesen werden mufSte.

Die Priifung der Kampferisomeren war bereits fr~iher schon Gegenstand pharmakologischer Untersuchungen gewesen, doch bezogen sich diese, wie einleitend erwahnt wurde, fast stets a~uf die Herz- w i r k u n g - gelegentlich auf die Beeinflussung des Zentralnerven- systems.

Wahrend so L an g ga ar d und Ma a B 4) das Zentralnervensystem durch 1-Kampfer starker beeinfluBt sahen als durch d-Kampfer und den razemischen Kampfer in der Mitre stehend bezeichnen, und wahrend ferner PariS) und Brunia) beim Yergleich yon 1- und

1) Stro$ und Wiechowski, Zweite Tagung der deutschen pharmakolo- gisehen Gesellschaft Freiburg i. Br. 1921.

2) Stro$, Beitr~ge zur Pharmakologie des Kampfers. DiesesArehiv 1922, Bd. 95, S. 304.

3) Gunu, Journ. of pharm, and exp. therap. 1920, Bd. 16, S. 39. 4) Langgaard und Maal3, Uber razemischen Kampfer. Therapeutische

Monatsheffe 1907, S. 573. 5) Pari, Gazz. degli ospedal'i e dello cliniehe 1908, Bd. 29, S. 329 (Malys

Tierchemie 1908, S. 118). 6) Bruni, Gazzetta ehim. ital. 1908, Bd. 38, II, S. 1.

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~0 IV. MAx Dom~N.

d-Kampfer den 1-Kampfer fiir 13 mal giftiger halten als den d-Kampfer, konnte Sassenl ) eine Differenz zwisehen 1- and d-Kampfer nieht finden. Am ehloralisierten Froseherzen haben L a n g g a a r d and MaaB ebenso wie B a e h e m 2) yore 1-Kampfer geringere Wirkung gesehen als yore d- und razemisehen Kampfer, H~im~l~inen~) ge- ringere Wirkung vom 1-Kampfer als vom d-gampfer and P o u l s s e n ~) geringere Wirkung vom d:Kampfer als vom 1-Kampfer, dagegen sahen L e y d e n and yon den Velden~) keine Versehiedenheit zwisehen 1- und d-Kampfer und gar keine Frosehherzwirkung yore optisch in- aktiven. Demgegeniiber konnte J o a e h i m o g l u bei intraperitonealer Injektion an der Katze and ebenso am normalen Frosehherzen keinen Untersehied der drei isomeren feststellen. Zu dem gleiehen Resultat kommt er hinsiehtlich ihrer antiseptisehen Wirkung and ihrer er- regenden Wirkung auf die glatte Muskulatur des Blategels%

Diese Untersuehungen lassen eine Einheitliehkeit nicht erkennen, was nieht iiberrasehen kann, wenn man~ wie gesagt, beriieksichtigt, dug ja eben eine erregende Kampferwirkung im Experiment keines- wegs konstant und eindeutig zu reprodazieren ist. Diese Frage soll uns im folgenden atteh nicht weiter beschi~ftigen, vielmehr soll es unsere Aufgabe sein, die drei Isomeren des Kampfers ausschlieglieh hinsiehtlieh ihrer Wirkang auf die glatte Muskulatur zu priifen, um zu erforsehen, ob aueh fiir dieses Indikationsgebiet der inaktive~ synthetische Kampfer als pharmakotogisch gleichwertig bezeiehnet werden kann.

Methodik.

Als Priifungsobjekt kam ausschliel~lich der Diinndarm in Be- tracht, der naeh den Angaben yon M a g n u s am Kymographion schrieb.

Die drei Isomeren des Kampfers warden in grSgter Reinheit dargestellt. Zu dem Zweck wurde tier 1-Kampfer dureh Oxydation

1) Sassen, Dissertation Bern 1909. 2) B achem, Zur Anwendung des synthetischen Kampfers. Medizinische

Klinik 1915, Nr. 15. 3) H~m~ilEinen, Uber die Wirkung des d-, r- and 1-Kampfers and des

durch Chloral vergifteten Froschherzens. Skandinavisches Archiv fiir Physio- logie, 1908, Bd. 21, S. 64.

4) Poulss on, Lehrbuch der Pharmakologie 1909. 5) Leyden nnd yon den Velden, Dieses Archiv Bd. 80, S. 24. 6) Joachimoglu, Vergleichende Untersuehungen fiber die Wirkungen des

d-, l- and i-Kampfers. I. Mitteilung: DiesesArchiv 1917, Bd. 80, S. 1. IL Nit- teilnng: Ebenda 1917, Bd. 80~ S. 259. III. Mitteilung: Ebenda 1917, Bd. 80, S. 282. IV. Mitteilnng: Ebenda 1920, Bd. 88, S. 364.

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Korrigierter Schmelz- punkt . . . . . . .

Erstarrungspunkt . Optische Drehung in

Uber die pharmakologisehe Wirkung der drei Stereoisomeren usw. 41

des aus dem sibirischen FichtennadelS1 erhaltenen 1-]3orneols bereitet und dieses sodann ebenso wie die reinen d- und razemischer Kampfer fiber das Semikarbazon gereinigt and ~us Petrol~ther und Alkohol umkrist~llisiert.

i'azemischer 1-Kampfer d-Kampfer Kampfer

178--179 ~ 177--178 ~ 177--178 ~ 177 ~ 177 ~ 177 ~

10~ Alkohol . . . - - 36:0 ~ bei 13 ~ -~- 36,67~ 18 ~ Q- 1,12 ~ bci 18 ~

Man sieht aus diesen Zahlen die interessante Tatsach% dab Schme[z - und Erstarrungspunkte der optisch aktiven Isomeren mit den synthetischen gut fibereinstimmen, und dab die optische Aktivitgt vom 1- und d-Kampfer fast genau derjenigen optischer Antipoden entspricht. Da die verschiedenen zur Untersuchung herangezogenen Kampferderivate sich untereinander und yore Kampfer beziiglich ihrer LSslichkeit betr~ichtlich unterschieden, so muBte mSglichst nach einem gemeinsamen LSsungsmittel gesucht werden. Als solches kam 50o/oiger Alkohol in Betracht, der auf den isolierten Darm (in 75 cem Tyrode- 15sung aufgespannt) ohne Tonus~nderung entweder gar nicht oder nur mit kurzer~ voriibergehender Steigerung wirkt. Diese Steigerung tritt bei Gegenwart stark l~hmend wirkender Substanzen nicht in Er- scheinung. Allgemein wurden lO/0 ige LSsungen in 50 O/o igem Alkohol verd[innt mit TyrodelSsung benutzt und yon solchen LSsungen meist je 0~5 ccm der Badfliissigkeit zugesetzt. U m b e i der Untersuchung der Kampferisomeren auch die eventuelle Mitwirkung des Alkohols auszuschlieBen, wurde die Methode dahin gegndert , dab die Isomeren in' Tyrodel5sung durch Schiitteln gel5st wurden und dem Darmstfick zustrSmten. Dabei wurde besonders auf eintretende Temperatur- schwankungen geaehtet, die leicht eine Einwirkung ausl5sen kSnnten. Zu dem Zweck wurden Badflgssigkeit und Zulaufl5sung mit fiber- einstimmenden Thermometern gemessen and zmn UberfluB noch in der Badfliissigkei~ in ttShe des Darmes ein Thermometer'angebracht, um wghrend des Zulaufs auf diese Weise die geringste Temperatur- schwankung zu kontrollieren und auszuschlieBen.

Die experimentelle Untersuchung der drei isomeren Kampfer- priiparate wurden so begonnen, dab zungehst die Minimalkonzentra- tionen festgestellt wurden, die aber noch eine sichtliche Wirkung zeigten. In Konzentrationen yon 0~0025 O/o und 0,0033 o/o und 0:005 s/o waren iiberhaupt keine Wirkungen zu konstatieren, so dab die Kon-

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42 IV. I~IAx DOHRN.

zentration yon 0,020/0 bei dieser Art der Methodik als Ausgangs- konzentration in Anwendung kam.

Wie aus den Kurven 1, 2 und 3 hervorgeht, tritt bei allen drei Isomeren die yon W i e c h o w s k i , Strog~ und Gunn beobachtete L~h- mung in gleicher Weise in Erscheinung. Diese L~hmung ist voll- kommen reversibel und l~gt sich durch Auswaschen des Darmstiickes

Kurve 1. l-Kampfer in Konzentration yon 0,020/o in Tyrodel[isung. Bei der Marke Beginn des Zulaufs.

i Kurve 2. Razemischer Kampfer in Konzentration von 0,020/0 in TyrodelSsung.

Bei der Marke Beginn des Zulaufs.

Kurve 3. d-Kampfer in Konzentration yon 0,020/0.

mit frischer Tyrodeltisung beseitigen. Wie zu erkennen ist, vermag die Konzentration yon 0,02% eine vollstiindige Liihmung nicht her- vorzurufen. Der in seiner Ti~tigkeit sowohl hinsichtlich Tonus als attch Pendelbewegung stark gehemmte Darm schreibt noch, wenn auch nur sehr gering. Ein Vergleich der Wirkung unter Beriick- sichtigung der optischen Aktivitat dieser Pri~parate li~l~t auf den Kurven einen besonders starken Unterschied kaum erkennen, denn weder in der Art der Wirkung noch in tier Schnelligkeit des Eintritts

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l)ber die pharmakologischo Wirkung dor drei Stereoisomeren usw. 43

derselben besteht ein wesentlicher Unterschied. Vergleichen wir jedoch den Endeffekt, d. h. jenen Zustand, in welchem der Darm unver~ndert gleichm~gig schreibt (vergleiche die Enden tier Kurven), dann zeigt sich doch ein Unterschied darin, dag die GrSge der Pendelbewegung yore d-Kampfer (Kurve 3) sichttich diejenige des 1-K~mpfers (Kurve 1) iibertrifft, wiihrend der razemische Kampfer in der Mitre steht. Das heigt also, dag bei prinzipieller pharmakologischer Gleichartigkeit der 1-Kampfer am st~rksten, der d-Kampfer am schw~chsten wirkt, tier inaktive, synthetische Kampfer dagegen entsprechend seinem Ge- halt an 1- und d-Kampfer in der Mitte zwischen beiden steht. Es sei bier schon betont, dab diese quantitativen Unterschiede, die wle wir noch sehen werden, pharmakologisch yon grol~em Interesse sind, praktisch ohne Bedeutung bleiben.

Die Kurven 4, 5 und 6 zeigen Konzentrationen yon 0,030/0 in TyrodelSsung und sind bier einer Besonderheit wegen wiedergegeben.

Kurve 4.1-Kampfer in Konzen- tration yon 0,03% in Tyrode- liisung. Zulauf bei der Marke.

Kurve 5. Razemischer Kampfer in Konzentration yon 0,030/0 in Tyrodel(isung. Zulauf bei der

Marko.

Kurve 6. d-Kampfer in Konzentration' yon 0,03o/0 in TyrodeRisung. Zulauf bei der Marke.

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4Zi IV. HAX DOHRN.

Nicht jene allm~hliche Abnahme der Pendelbewegungen, sondern ein plStzliches AufhSren derselben ist zu erkennen, im Gegensatz zu den Versuchen mit der geringeren Konzentration, jedoch nach Einsetzen tier Wirkung eine eigenartige Tonuszunahme, die allerdings rasch abklingt und auch r~sch zu einem vollst~ndigen Stillstand der Darm- t~tigkeit fiihrt. Erw~ihnt sei, dag auch diese vollst~ndige L~hmung dutch hohe Konzentration reversibel ist und durch Ausw~sehen mit reiner TyrodelSsung beseitigt werden kann. Diese v'oriibergehende Tonuszunahme ist yon den oben zitierten Autoren vermutlich aus dem Grunde nicht beobachtet, well die Konzentration der yon ihnen be- nutzten LSsungen geringer war. Von einem Erkl~rungsversuche dieser Erscheinung sei bier abgesehen. Das eine kann jedoch ges~gt werden, dag diese Tonuszunahme .nicht mit der erregenden Wirkung des Kampfers auf die Maskulatur des Blutegels (Joachimoglu) oder tier gleichsinnigen Wirkung auf den Regenwurm (Dohrn-St rog) gleichgesetzt werden kann, d~ diese eben bei kleinen und bei grogen Dosen auftritt und als solehe bestehen bleibt, w~hrend bier bei der Wirkung auf die glatte Muskulatur des Warmbliiters doch die eigent- liche I-Iauptwirkung, die L~hmung ~ selbst n~ch dieser vor[ibergehen- den Tonusste igerung- rasch eintritt.

Die bisher mitgeteiltenVersuchsergebnisse zeigen, dag die l~hmende Wirkung in gleicher Weise allen drei Isomeren des Kampfers zukommt und die Unterschiede filr die ph~rmakother~peutische Anwendung dieser Stoffe qu~ntitativ bedeutungslos sind: Der 1 -Kampfer wirkt am s t~ rks t en , der inakt ive , s y n t h e t i s c h e K u m p f e r s teht se iner Z u s a m m e n s e t z u n g gem~ig um ein Ger inges nach , der d - K ~ m p f e r wirkt am schw~chsten .

Im Zusammenhang mit vorstehenden Untersuchungen wurde auf die Wirkung einiger Derivate des Kampfers auf die glatte Muskulatur untersucht. Mit Riicksicht auf die ira allgemeinen schlechtere W~sser- 15slichkeit der Derivate mugte start der Zulaufmethode die Methode der tropfenweisen Zufiigung alkoholischer LSsungen im Vergleich der entspreehenden. Alkoholwirkung allein zur Anwendung gelangen.

Der i-Aminokampfer war bereits friiher 1) Gegenstand pharmako- logischer Untersuchung, gewesen und zwar hinsichtlich seiner Wirkung auf alas tterz~ was zum Vergleich fiir unsere Untersuchungen nicht herangezogen werden kann. D~ der Aminokampfer in TyrodelSsung

1) L. Lowin, Zur Pharmakologie der Kampfergruppe. Dieses Archiv 1890, Bd. 27, S. 235.

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~dbor die pharmakologische Wirkung der drei Stereoisomeren usw. 45

hinreichend 15slich ist, kam auch hier wie beim Kampfer die Zulauf- methode in Anwendung. Das Bild der Kurve entspricht prinzipiell der des reinen Kampfers, doch ist der Aminokampfer quantitativ wesentlich schw~cher wirksam, genau wie friiher beziiglich seiner Herz- wirkung beobachtet war. Eine Konzentration yon 0,050/o fiihrt wohl zu einer starken Herabsetzung yon Tonus und Pendelbewegung, doch st diese bei weitem nicht so stark wie eine Kampferkonzentration yon 0,02%.

Kurve 7. i-Aminokampfer in 0,05o/o in TyrodeliJsung. Bei der Marke Beginn des Zulaufs.

Der Aminok~mpfer ist eine sehr unbestiindige Subst~nz 1), die schnell in Dihydroc~mpfenpyrazin I iibergeht, das durch Reduktion Dicamphanpiperazin I I liefert.

CH N C

H z C ~ cH2

H z C ~ C H z

C N CH I CH

Dihydrocampfenpyrazin I.

Wie aus den Kurven 8 und 9 hervorgeht, l~hmen beide in charakteristischer Weise die gl~tte Muskulatur, und zwar in erheblich stiirkerer Weise als Kampfer, wenigstens in Beriicksichtigung gleicher Gewichtskonzentration, indem zum Vergleich auf Kurve 10 verwiesen sei, bei tier Kampfer in gleicher Weise und gleicher Konzentration und LSsung der Badfliissigkeit direkt zugesetzt wurde.

1) Dudeii, Uber synthetische Basen der Terpen- und Kampfergruppen. Annalen der Chemie 1899, Bd. 307~ S. 207.

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46 IV. ~AX DOHRI~,

l-lzC

HzC

cy3 CH HH C ~ CHz

CHz

C HH CH I

CH3

Dicamphanpiperazin II.

Kurve 8. Dihydrocampfenpyrazin 0,5 eem einer 50O/oigen Alkohol-Tyrodel(isung. Bei der Marke

Zugabe.

Kurve 9. Dicampfenpipe- razia 0:5 ccm einer 500/oigen Alkohol-TyrodelSsung. Zu-

gabe bei der Marke.

X

Kurve 10. Razemischor Kampfer 075 cem einer 50o/oigea Alkohol-TyrodelSsung.

Schon S t r o B hatte die l~hmende Wirkung vom Bromkampfer erw~hnt. Als ganz erheblich~ etwa 10 mal wirksamer~ erwies sich der Bromnitrokampfer. Auch Kampferchinon I I I und besonders Methyl- dicampforylcarbinol IV 1) waren stark wirksam.

1) ~I alm g r e n, Synthese in der Kampfergruppe mittels ~agnesiumpulvers. Berichte d. deutseheu Chem. Gesellsch. 1903, Bd. 36, S. 2635.

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(~ber die pharmakologische Wirkung der drei Stereoisomeren usw. 47

CH

HzC ~ C O

H2C L'.~L/~CO C I CH3

Kampferchinon III.

CH

HzC ~ C H ?~. - - H C

rlzC CO CH3 OH OC C

CH ~ CH 2

CH z

C ~ I

CH 3

Methyldicampforylcarbinol IV.

Auffallend ist die Giftigkeit des Oxymethylenkampfers V, yon dem die Konzentmtion geniigt, in der Bromkampfer erst eine deut- liche Wirkung zeigte, um d~s Darmstiick zum Absterben zu bringen. Von allen untersuchten Derivaten des Kampfers war allein die Wir- kung yore Oxymethylenk~mpfer dureh Auswaschen nicht mehr re- versibe].

CH H2c c=c< H C

Oxymethylenkampfer V.

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48 IV. MAX Do~m

Auch Kampferhal"nstoff und Derivate wurden untersueht. Camp- fory]earbamid VI 1) und Campforyl-~p-earbamid VIIi) unterscheiden sieh dadurch, dab in VI der freie Harnstoffrest vorhanden ist, in VII dagegen die beiden Amidogruppen des garnstoffs ringfSrmig an der

C H 2 - CO-Gruppierung am Kampfer gebunden sind.

CH H,2C ~ CH-NH-CO-NH2

HzcL~~ CO

C

Campforylcarbamid VI.

C I

H2C f ~",hCH ~NH ICH3.C. CH3{ >CO

HzC L~~C(OH)~NH C

ch3 Campforyl-p-earbamid vii.

W[~hrend bei VI stets eine Tonussteigerung bei fast gleich ge- bliebener Pendelbewegung, wie aus nachfo]gender Kurve 11 ersicht- lich, ohne li~hmende %Virkung zu sehen ist, fehlt solche bei VII.

Ebenso wie die Aminogruppe im Aminokampfer auffallenderweise die Wirkung vom Kampfer bedeutend abschwi~cht, zeigt auch die Ein- fiihrung einer Aminogruppe in VII keine andere Wirkung, denn das Campforyl-~-semicarbazid VIII ist wirkungslos.

1) l%upe, l]ber Imidazolone und ihre Spaltungsprodukte (III). Berichte der Deutschen Chem. Gesellsch. 1895, Bd. 28, S. 277.

2) Forster und Fierz, Studies in the Camphane Series. Chem. Soc. 1905, Bd. 87, S. 110, 722, 826.

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Uber die pharmakologische Wirkung der drei 8tereoisomeren usw. 49

CH j H H 2

C

Campforyl-~k-semiearbazld VIII.

Kurve 11. Campforylcarbamid 0,5 ccm einer 50O/oigen Alkohol-TyrodelSstmg.

Wesentlich anders verh~lt sich Dicampforylcarbamid IX. Denn wie Kurve 12 zeigt, tritt prompt L~Lhmung ein.

CH CH H2C ~CH-- N H--C0-- tIH--HC~ ~CH2 [CHs'~" CH31 ICH3" C" CH31

I C~j CH a

Dieampforylearbamid IX.

Interessant zur Frage yon Konstitution und Wirkung ist hier ein Vergleich der Wirkungen yon VI, VII und IX, indem bei VII, dem ringfSrmig gebundenen Harnstoff keine Wirkung zu sehen ist,

Arehiv f. experiment;. Pagho/. u. P h a r m a k . Bd. 97. 4

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50 IV. MAx Dom~.

bei V:[, dem Monocampforylh~rnstoff, sich eine Tonussteigerung zeigt und erst bei dem Dieampforylharnstoff IV eine stark li~hmende Wir- kung uuftritt, und zwar in erheblich gesteigertem Ma•e als bei Kamp- fer selbst, in gleicher LSsung und Konzentration.

Kurve 12. Dicampforylcarbamid 0,5 ccm einer 500/oigen A. lkohol-TyrodelSsnng Zugabe bei der Marke.

Ergebnisse :

Die pharmakologische l)riifung tier drei Stereoisomeren des Kampfers auf die glatte Muskulatnr ergab, dab allen drei die gleiehe l~hmende Wirkung zukommt. Genaue Messung der einmal wirksamen Konzentrationen zeigten ein geringes aber deutliches Uberwiegen des 1-Kampfers gegeniiber dem d-Kampfer. Als praktisehe Sehlui~folge- rung ergab sich welter, dab der razemische~ synthetische Kampfer ~nfo]ge seines Gehaltes an 1- und d-Modifikation eine Mittelstellung zwischen beiden einnimmt und daher dem natiirlichen in seiner Wir- kung auf die glatte Muskulatur praktiseh vollkommen gleichwertig ist.

Von den untersuehten Kampferderiv~ten erwies sich der Amino- kampfer als bedeutend schwi~cher wirksam. :Bei den Harnstoffderi- vaten hing die Wirksamkeit vollkommen yon der Konstitution der Verbindung ab.