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XXV. (Aus dem patholog. Institut des st~idtischen Krankenhauses im Friedrichshain, Berlin. Prosektor: Prof. Dr. v. Hansemann.) Ueber die primitren Enchondrome der Lunge. Von Dr. Carl Hart. Das Vorkommen primarer Knorpelgeschwtilste in den Lungen ist hin- 15nglich bekannt~ wenngleich es iibereinstimmend in allen Lehrbiichern der pathologischen Anatomie als selten bezeichnet wird. Wir kennen der- artige knorplige Gewachse in zwei Formen~ einmal als teils platte, diffuse oder auch zirkumskript% knollig% nach dem Bronchiallumen gerichtete Auswiichse, welche yon der normalen vorgebuchteten Schleimhaut fiber- zogen werden, dann aber ferner als im Lungengewebe selbst uIld nicht immer in der unmittelbareu Nachbarschaft eines gr(isseren Bronchus gele- gene knollige Tumoren bis zur seltenen GrSsse einer Walnuss~ fiir ge- wShnlich leicht ausschlilbar und yon gleichmi~ssig scharfer Begrenzung. Eine intrabronchiale Knorpelgeschwulst ist z. B. von Siegert be- schrieben worden in einem mittleren Bronchus des rechten Mittellappens~ und man wird sich vorstellen kSnnen~ dass in solchen kleineren Bronchial- listen gelegentlich aus einer Verlegung des Lumens ffir das betreffende Individuum recht gefahrvolle Zustande erwachsen kSnnen. Solche intra- bronchialen Knorpelgewi~chse sind vSllig analog zu setzen jenen hliufigeren Auswfichsen der Knorpel des Kehlkopfes und der Trachea~ welche ja ganz bekannt sind als flache oder auch polypSso, von Schleimhaut fiberzogene Knoten yon selten grSsserem Umfange. Damit ist diese Art der Knorpelgewiichse der Lunge eigentlich ohne Weiteres als eine Ekchondrose gekennzeichnet~ welche Virchow bekannt- lich yon dem wahren Enchondrom trennt% indem er unter letzterem nur eine heterologe Geschwulst verstand, welche nicht aus praexistierendem Knorpel~ sondern durch eine Aenderung in dem Bildungstypus aus einer

Ueber die primären Enchondrome der Lunge

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XXV.

(Aus dem patholog. Institut des st~idtischen Krankenhauses im Friedrichshain, Berlin. Prosektor: Prof. Dr. v. Hansemann.)

Uebe r die p r imi t r en E n c h o n d r o m e der Lunge. Von

Dr. Carl Hart .

Das Vorkommen primarer Knorpelgeschwtilste in den Lungen ist hin- 15nglich bekannt~ wenngleich es iibereinstimmend in allen Lehrbiichern der pathologischen Anatomie als selten bezeichnet wird. Wir kennen der- artige knorplige Gewachse in zwei Formen~ einmal als teils platte, diffuse oder auch zirkumskript% knollig% nach dem Bronchiallumen gerichtete Auswiichse, welche yon der normalen vorgebuchteten Schleimhaut fiber- zogen werden, dann aber ferner als im Lungengewebe selbst uIld nicht immer in der unmittelbareu Nachbarschaft eines gr(isseren Bronchus gele- gene knollige Tumoren bis zur seltenen GrSsse einer Walnuss~ fiir ge- wShnlich leicht ausschlilbar und yon gleichmi~ssig scharfer Begrenzung.

Eine intrabronchiale Knorpelgeschwulst ist z. B. von S iege r t be- schrieben worden in einem mittleren Bronchus des rechten Mittellappens~ und man wird sich vorstellen kSnnen~ dass in solchen kleineren Bronchial- listen gelegentlich aus einer Verlegung des Lumens ffir das betreffende Individuum recht gefahrvolle Zustande erwachsen kSnnen. Solche intra- bronchialen Knorpelgewi~chse sind vSllig analog zu setzen jenen hliufigeren Auswfichsen der Knorpel des Kehlkopfes und der Trachea~ welche ja ganz bekannt sind als flache oder auch polypSso, von Schleimhaut fiberzogene Knoten yon selten grSsserem Umfange.

Damit ist diese Art der Knorpelgewiichse der Lunge eigentlich ohne Weiteres als eine Ekchondrose gekennzeichnet~ welche Vi rchow bekannt- lich yon dem wahren Enchondrom trennt% indem er unter letzterem nur eine heterologe Geschwulst verstand, welche nicht aus praexistierendem Knorpel~ sondern durch eine Aenderung in dem Bildungstypus aus einer

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nicht knorpeligen Matrix entsteht. Auch R i n d f l e i s e h 1) hat in ganz ahn- licher Weise definiert und Or th uad viele Andere sprechen yon einfachen Ekchondrosen. Alleia schon u und neuerdings auch B o r s t haben darauf hingewiesen, wie sehwer mitunter eine Grenze zwischen solchen einfach hyperplastischen Wucherungen und echten geschwulstmiissigen Chondromen yon grSsserer Selbst~tndigkeit und Wucherungsfiihigkeit zu ziehen ist. Die ursprfinglich flachen und mit breiter Basis gewShnlich yon der inneren Lage des Perichondriums ausgehenden K~orpelgewlichse kSnnen sich oft ganz und gar yon ihrem Mutterboden losl5sen und den Eindruck erwecken~ als seien sie frei in der Schleimhaut entstanden, und indem ihre anfangs hyaline Grundsubstanz in einen Faser- oder Netzknorpel um- gewandelt wird, kanu auch das histologisehe Bild einen selbstii.ndigeren Charakter aufweisen.

Ich erinnere null aber gegeniiber den reinen intrabronchialen Knorpel- gewachsen an jene hochinteressanten F'~lle, wie sie z. g. C h i a r i be- schrieben hat, der zweimal in einer Bronchiektasie eine intrabronchiale Mischgeschwulst aus Lipom, Chondrom und Adenom auffinden konnte. Hier handelt es sich doch offenbar um echte geschwulstm~issige Bildungen, welche sich yon den einfachen Ekchondrosen gewissermassen nur dutch ihre komplizierte Zusammensetzung aus mehreren unter sich ebenbiirtigen Komponenten unterscheiden.

Neben diesen intrabronchialen Knorpelgewi~chsen, welche zum Tell als einfache Ekchondrosen, zum Teil aber auch als echte Geschwulstbil- dungen aufzufassen sind, kommen nun noch jene im Lungenparenchym selbst gelegenen primaren Knorpelgeschwfilste vor. Sie liegen sehr hliufig in der Niihe des Hilus aussen einem grossen Bronchus anliegend, oft aber auch ohne solche Beziehungen mitten im Gewebe eines Lappens; sie sind knollig derb, oval oder rund und lassen sich infolge eines rein expansiven Wachstums und Bildung einer Art Kapsel aus komprimiertem und verdich- tetem Lungengewebe leicht ausschalen. Diese Geschwfilste sind stets als echte Chondrome zu bezeichnen, denn der Nachweis einer unmittelbaren Beziehung selbst kleiner Knoten zum Knorpel eines Bronchus ist V i r c h o w und vielen anderen Untersuchern nicht gelungen und im allgemeinen wird der Ausgang auf einen versprcngten Teil eines Bronchialknorpels zurfick- geffihrt, wfi.hrend V i r c h o w noch der Entstehung aus einer entziindlichen Bindegewebswucherung das Wort redete. Sicher jedenfalls handelt es sich um echte Geschwfilste, welche entstanden sind an einem Ort, wo keine legitime knorpelige Matrix vorhanden sein sollte.

So auffallend an und ffir sich schon das Vorkommen primlirer Enchon- drome in den Lungen ist, um so interessanter scheint uns die Beobachtung,

l) Zitiert nach Borst.

580 C. Har t , Die primiiren Enchondrome der Lunge.

dass diese Knorpelgeschwiilste, welche fiir gew6hnlich einen reinen Charak- tel" tragen, oft als gemischte oder Kombinationsgeschwfilste auffreten, in bunter Zusammmlsetzung nicht nut aus allen mSglichen Geweben der Binde- substanzreih% sondern sogar epitheliale Formationen aufweisen, wolche ge- radezu an Teratome erinnern. ]n dieser Hinsicht kmm es zu einer grSsseren Aehtflichkeit zwischen den Enchondromen der Lunge und denen anderer Weichteile, so der weiblichen Brustdriise und der Submaxillaris kommen. Zwei yon mir nliher untersuchte Falle von prim~irem Enchondrom der Lunge geben mir die u auf diesen teratoiden Charakter besonders hin- zuweisen.

Beide Geschwfilste zeigen im ~esentlichen dieselbe Zusammensetzung. Der erste haselnussgrosse Tumor fand sich zuffillig bei der Sektion eines im diabetischen Korea verstorbenen 67jlihrigen Mannes (J.-No. 637. 06). Er snss mitten im rechten Unterlappen, wurde bei der Schnittlegung ge- troffen und sprang aus dem Gewebe heraus; sein ursprfinglicher Sitz blieb durch eine mit dfinner grauweisser Membran ausgekleidete HSlfle gekenn- zeichnet, ein gr6sserer Bronchus war nicht utmfittelbar anliegend. Der Tumor selbst war von knolliger, sehr derbelastischer Beschaffenheit und nur unter einem grossen Kraftaufwand mit dem Knochenmesser zu durch- schneiden; die Schnittflache zeigte in den peripheren Teilen einen leicht erkennbaren lappigen Bau, streifiges, mattgrauweisses opaleszierendes Aus- sehen, im Zentrum braungelbe Farbe und steinharte Konsistenz.

Auch die mikroskopische Betrachtung ]/isst den knollig-lappigen Bau des Tumors aufs SchSnste erkennen; die Schnittfi/iche setzt sich aus zahl- reichel b aus Knm'pelgewebe bestehenden runden odor ovalen ]nseln zusam- men, welche dutch lockeres Gewebe verschiedener Natur yon einander ge- trennt sind. Es stellt die gauze Geschwulst gewissermassen ein Multiplum kleinster Knorpelgeschwfilste dar und zeigt demnach ill durchaus eharak- teristiseher Weise die Wachstumsart der Chondrome.

Betrachten wir null das Bild etwas genauer~ so muss vor allem die grosse Mannigfaltigkeit der Gewebe betont werden; neben dem Knorpel- gewebe findet sich Fettgewebe, streifiges Bindegewebe, Partien yon myxo- mat6sem Charakter und endlich, was am auff/~lligsten erscheint, verschie- denartige Drfisenformationen. Vorherrschend ist das Gewebe yon myxoma- tSsem Charakte U welches iiberaus reich an strotzend geffillten Blutkapillaren ist und alle Zwischenraume zwischen den Knorpelinseln eimfimmt, -indem es sich vielfach zu ,festeren fibrSsen Zfigen verdichtet dadurch, dass die Form der Zellen deutlicher spindelig und die Zwischeusubstanz durch Zusammen- schieben einen ausgesprocheneren fibrillfiren Charakter annimmt. Dieses ]ockere Gewebe kann man geradezu als (lie Matrix des Knorpels bezeichnen, denu es llisst sich allenthalben verfolgen~ wie seine Zellen nach der Peri- pherie der Knorpelinseln zu immer vollsaftiger werden, aufquellen und

C. Hart~ [lie primgren Enchondrome der Lunge. 581

schliesslich als echte Knorpelzellen in einer faseriggenetzten Grundsubstanz liego~. Diese Grundsubstanz selbst ist niehts anderes~ als die hochgradig verdiehtete~ weitmaschige Zwischensubstanz des lockeren Gewebes. Knor- pelkapseln sind nur selten deutlich ausgebildet, sie enthalten meist nur eine, seltener zwei oder drei Zellen. "Im Innern des Tumors ist es zu einer totalen Verkalkung gekommen. Zwischen den Knorpelinseln schieben sich ferner in das myxomatSse Gewebe unregelmassig zerstreut grSssere und kleinere Fettgewebsziige ein. In dem derartigen lockeren myxo-fibro-lipo- matSsen Gewebe findet sieh nun eine gauze Anzahl yon epithelialen For- mationen. Zun~ichst begegnen wit haufig langgesweckten Zellschlauchen mit vielfachen seitIiehen Abzweigungen~ welehe einfachen und mehrschich- tigen niedrigzyliMrisehen Zcllbelag ohne scharf ausgepr~igte Wandung zeigen; sie seheinen das lockere Grundgewebe nach allen Richtungen bin zu durch- setzen. Daneben flnden sich an vielen Stellen solide Zellstr~tng% zwei- und einreihig, meist parallel nebeneinander verlaufend. Die driisigen Schl'~uche erfahren oft Ausbuchtm~gen, welche zum Tell mit desquanlierten Epithelien erfiillt sind M-roche cystisch erweiterten Hohlrliume mit stark abgeplattetem einschichtigem Zellbelag und ohne Wandung enthalten eine geronnene homogene, yon der Wand retrahierte Masse, sie finden sich zu- weilen zu mehreren mitten im n~yxomatSsen Gewebe~ doch konnte ich auf Schnittserien weder einen Zusammenhang, noch Ausfiihrungsg~nge nach- weisen. Endlich muss ieh noch g~anz kleine Driisenbildungen erwahnen, welche einzeln oder zu mehreren beisammen oft im Fettgewebe ]iegen~ ein hohes helles Zyliuderepithel und ganz enges Lumen zeigen

Der zweite Tumor fand sich nur wenige Tage darauf gleichfalls rein zuf~illig bei der Sektion eines 68jlihrigen Diabetikers (J.-No. 681, 06). Er war van WallnussgrSsse und lag in der unmittelbaren N~he des Lungen- hilus im linken Unterlappen; dicht daneben jedoch ohne nachweisbaren Zusammenhang verlief der Hauptbronchus des Lappens. Die Begrenzung war eine scharfe, der Bau knollig derb, die Sehnittflitche grauweiss, opa- leszierend mit gelbbraunlichem steinharten Zentrum.

Mikroskopisch unterscheidet sich dieser Tumor yon dem ersten nur dutch die Zusammensetzung der einzelnen Gewebe. Das Gewebe yon myxo- matSsem Charakter tr ig sehr zurfick, an seiner Stelte findet sich ein zell- reiche G an vielen weiten und strotzend geffillten Blutkapillalen reiches fibrillltres Geweb% aus welchem sich die einzelnen Knorpelinseln entwickeln. Fettgewebe ist tiberall reichlich eingesprengt~ es grenzt oft unmittelbar an die Knorpelsubstanz an und liegt sogar hier und da scheinbar einge- schlossen in ihr. Aus den Blutkapillaren ist es an einigen Stellen zu recht ausgedehnten Blutungen in das Gewebe gekommen und die Ablagerung alten Blutpigmentes weist darauf hin, dass dieser Vorgang sich schon 5fter wiederholt haben muss. An drfisigen Formationen ist der Tumor viel

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armer als der zuerst beschriebene und es finden sich nicht die cystisch erweiterten Hohlraume und die zuletzt erwahnten engen Driisenschl~uche.

Wir haben somit zwei fast gleichartige prim~ire Geschwiilste der Lunge vor uns~ fiir welche sich nach ihrer Zusammensetzung am besten die Be- zeichnung ,Adeno-Fibro-Lipo-Chondroma myxomatosum" empfiehlt. Wir haben uns nicht dazu entschliessen kSnnen 7 die Partien yon myxomatiisem Charakter als ebenbfirtig den anderen Geschwulstkomponenten an die Seite zu stellen~ da dies nur dann statthaft wgre~ wenn ein echtes autonomes Myxomgewebe, welches im extrauterinen Leben nicht vorkommt~ vorliegen wfirde. Bei sorgfaltigem Stadium werden aber die diesem zukommenden Charaktere vermisst~ die Zellen sind statt sternfSrmig deutlich spindlig und ebenso wie die fadigschleimige Grundsubstanz deutlich in parallelen sich durchfiechtenden Zfigen angeordnet. Borst betont ja auch besonders~ dass in vielen Geschwfilsten der Bindesubstanzreihe Schleimgewebe sekund~tr dm'ch eine Art you Metaplasie auftritt.

Der knorpelige Bestandteil der Tumoren~ welcher das Hauptcharak- teristikum dieser darstellt, ist ein elastischer Fasernetzknorpel. Diese Be- schaffenheit, mehr noch die bunte Zusammensetzung der Geschwfilste aus zahlreichen Gewebsarten ist~ wenn auch nicht unerh5rt~ so doch immerhin recht auffallend; die Literatur verzeichnet keinen ganz analogen Fall Meist sind die primaren Lungenenchondrome: wie ich selbst schon beobachten konnte, rein and bestehen wie in and~ren Weichteilen aus hyalinem Knor- pel~ es ist aber besonders ao den intrabronchialen Knorpelgew~ichsen ein Uebergang in Fasern und Netzknorpel beobachtet worden.

Von einer Umwandlung eines ursprfinglieh hyalinen Knorpels in der- artiger Weise kann in unseren Fallen nicht die Rede sein, es entwickelt sich yon Anbeginn der Fasernetzknorpel aus der myxomatSs-fibrillaren Grundsubstanz: welche offenbar als seine Matrix anzusprechen ist.

Schwierig zu erkl~ren bleibt die Herkunft des Fettgewebes. In dem einen von Chia r i s F~illen bildete gleichfalls Fettgewebe einen Bestandteil des Tumors und Chiar i leitete es yon dem zuweilen in der Submukosa der grossen Bronchien vorkommenden Fettgewebe ab; R o k i t a n s k y hat sogar ein submuk6ses Lipom des linken Hauptbronchus beschrieben, welches das Bronchiallumen fast ganz erffillte; ein submuk6ses Lipom des Kehl- kopfes hat Se i fe r t 1) beschrieben. In diesen Fallen handelt es sich um grosse Aehnlichkeit mit den submuk6sen Lipomen des Darmtraktus undes scheint uns, als mfisse man entweder an versprengte Fettgewebskeime den- ken oder aber die M6giichkeit zugeben, das Fettgewebe habe sich aus dem fibrillliren Bindegewebe entwickelt.

Sonst ist aber Fettgewebe in der Lunge nicht gefunden worden bis

l) Zit. nach Borst.

C. Hart~ Die prim~iren Enchondrome der Lunge. 583

auf einige FMle subpleuraler Fettanhliufung bei allgemeiner Fettsucht~ welche ich besti~tigen kann, aber nur an den scharfen Riindern gefunden habe. Dass auf eine Beziehung zur Markbildung~ wie bei echter VerknS- cherung der Chondrome nicht zurfickgegriffen werden kann~ brauche ich nicht zu betonen~ da in unseren beiden Fi~llen keine VerknScherung~ son- dern nur einfache Yerkalkung vorliegt.

Jedenfalls macht schon diese bunte Zusammensetzung der Tumoren es unmSglich~ ihre Entstehung auf irritative Prozesse zuriickzuffihren~ wie V i r c h o w es fiir fast alle reinen und gemischten Enchondrome der Weich- teile tat. Auch eine Beziehung zu Gefassanomalien kommt nicht in be- tracht. Eine solche mag vorliegen bei den Chondromen der peripheren Extremit~ttenknochen, wie v. R e c k l i n g h a u s e n annimmt, aber sowohl ffir die Ekchondrosen wie ffir die wahren Enchondrome der Lunge vermSgen wir nicht, wie S i e g e r t , daran zu denken. Damit soll nicht in Abrede gestellt sein, dass gelegentlich Gefassabnormiti~ten auch bei den prim~iren Enchondromen der Lunge sehr in den Vordergrund treten kSnnen~ wie der yon V i r c h o w als Enchondroma teleangiectodes beschriebene Fall lehrt.

Es bleiben uns also nur noch zwei ErklarungsmSglichkeiten. Die Knorpelgeschwfilste kSnnen yon den Bronchialknorpeln bzw. deren Peri- chondrium oder aber yon versprengten Knorpelkeimen ausgehen. Kauf - m a n n schreibt~ dass besonders Chondrome, welche am Hilus sitzen, gern auf die Bronchialwand als Ausgangspunkt bezogen werden. So w~re auch diese MSglichkeit besonders in unserem zweiten F~tlle bei dem unmittelbaren Sitz des Tumors neben einem grossen Bronchus nicht ohne weiteres yon der Hand zu weisen, abet es ist uns selbst wie allen denen ergangen, welche solche Geschwiilste beschrieben haben~ so F o e r s t e r , W a g n e r l ) ~ V i r c h o w , L e s s e r , wir haben eine engere Beziehung zur Bronchialwand nicht feststellen kSnnen. L e s s e r nahm mit Wahrscheinlichkeit das peribronchiale Bindegewebe als Matrix des Knorpels an. F/Jr unsere Fiille, besonders ffir den ersten, scheint uns dies nicht angi~ngig~ wir glauben zum mindesten auf eine entwickelungsgeschichtliche Versprengung yon Knorpelkeimen zurfickgreifen zu mfissen~ wie sie fiir die meisten Weichteilenchondrome angenommen wird und nach B o r s t wohl auch ffir die primaren Lungenenchondrome am wahrscheinlichsten ist. [)ass diese Geschwfilste sich sehr frfihzeitig entwickeln, schliesst Bor s t aus einem Falle, in welchem bei sehr erheblicher Anthrakose des Lungenge- webes im Tumor selbst jedes Lungenschwarz fehlte. Uns will es scheinen~ als seien hierffir mehr die WachtumsverhMtnisse der Chondrome verantwort- lick zu machen.

Kann aber die Versprengung eines einfachen Knorpelkeimes und dessen

1) E. Wagner , Archiv f. Heilkunde. 1861. Bd. lI. Zit. nach Sieger t .

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geschwi~lstm~issige Wucherung die Tumorbildung ill unseren Fallen er- kl~iren? Dies scheint nicht mSglich, mall mfisste denn fiberhaupt an die Versprel~gung eines Keimes in so frfiher Zeit und yon so unvollkommener Differeltzierung denken, dass er als die Matrix aller im Tumor auftretender Gewebe zu bezeichnen ist. Wenn man sich bisher darauf beschr~tnkt hat, die embryonale Versprengung eines einfachen Knorpelkeims anzunehmen, so geniigt diese Erkl~rung in unseren F~llen unmSglich, denn wir haben keine einfache Knorpelgeschwulst voruns , sondern finden in den Tumoren die ganze Bronchialanlage enthaltea. Die drfisigen Gebilde zeigen nicht nur das den Bronchien zukommende Epithel~ sondern auch die Schleim- drfisen sind in vollkommenster Weise zur Ausbildung gelangt.

Wir mussten uns natfirlich die Frage vorlegen, ob die drfisigen Formationen auch wirkliche Bestandteile der Geschwulst selbst darstelieu und nicht erst sekund~ir etwa durch Umwachsung normaler Anlagen iu diese eingeschlossen worden sind. Dagegen spricht alles. ~'ir k6nnen nirgends eine wirkliche Bronchialwand nachweisen, ~ie sie der GrSsse der drfisigen Bildungen entsprechen wfirde, es bleibt das einzelne Auftreten mitten in Fettgewebe eingeschlossener, den Schleimdrtisen gleichender Schl~tuche unerkl~irt, endlich l~isst die Farbung auf elastische Fasern nirgends ein entsprechendes Geriistwerk erkennen. Gerade der letzte Be- fund schien mir aueh garnicht anders zu erwarten, indem fiir die primaren Chondrome der Lunge ganz im Gegensatz zu den metastatischen ein vor- ~iegend expansives Wachstum in Betracht kommt unter einfaeher u dr~ingung des benachbarten Bindegewebes, welches infolge atelektatiseher Induration eine Art Kapsel um die Geschwulst bildet. Es l~isst sich diese Expansion auch ganz vereinen mit dem charakteristischen Wachstumsmodus der Chondrome, welcher in einer immer neuen Anbildung koordinierter L~tppchen beruht. Ffir dieses Wachstum kommen" die zentralen verkalkten Partieu natfirlich nicht in Betracht, man ist aber auch nicht berechtigt, u und YerknSchernngsprozesse fiir die Erfahrungstatsaehe ver- antwortlieh zu machen, dass die Lungenenchondrome nie eine besondere Gr0sse erreichea. In der Peripherie ist noch wueherungsf~thiges Material genug vorhanden, hier sehen wir zwischen den Knorpelinseln im lockeren Gewebe neue sich bilden. Wie Bor s t so ist auch mir in meinem zweiten Falle der scharfe Gegensatz zwischen der weissen Geschwulst und dem stark aathrakotischen Lungengewebe aufgefallen, den ich mir allein aus der Wachstumsart des Tumors erkl~irt babe.

Da es sich nun in unseren F~llen nicht um einfaehe Chondrome, sondern um Geschwulstbildungen handelt, welche eine ganze Bronchial- anlage entha]ten, so mfissen wir diese als wirkliche t e r a t o i d e Geschwfilste ansprechen. 2Neben den reinen Chondromen sind sie sicher sehr selten und erreichen scheinhar nie eine besoadere Gr0sse. Es macht aber den

C. Hart~ Dio prim~iren Enchondrome der Lunge. 585

Eindruck, als standen diese Geschwulstbildungen in naher Beziehung zu anderen Geschwfilsten~ welche sich mehrfach am Lungenhilus gefunden haben und gleichfalls einen teratoiden Charakter aufwiesen. So beschrieb z. B. L i n s e r einen in der linken PleurahShle gelegenen Tumor, welcher dutch einen Zweig der linken Arteria bronchia]is ernlthrt wurde und ohne Zusammenhang mit der Lunge war~ als ein kongenitales Lungenadenom~ well er neben Knorpelinseln und glatten Muskelfasern vor allem epitheliale Gebilde fand~ welche ganz Bronchialbildungen entsprachen. Ich selbst hatte einmal Gelegenheit, ein orangegrosses Teratom vom Lungenhilus eines Kalbes zu untersucheu, in welchem Knorpel mit echtem Knochen 7 Schleim- und Fettgewebe und vor allem epitheliale Formationen sich fanden~ welche ganz und gar einer Bronchialanlage entsprachen. Manche Teratome des Mediastinums~ welche wir in maligner Entartung antreffen, mSgen hierher z~ihlen.

Herrn Professor v. H a n s e m a n n spreehe ich fiir die Ueberlassung der FMle auch an dieser Stelle meinen Dank aus.

Literaturverzeichnis.

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