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Planta (Berl.) 88, 311--320 (1969) Ober die Veriinderungen des Flavonol- und Anthocyaningehahes wiihrend der Mikrosporogenese* 1~. WI~gMANN Botanisehes Institut der Universitiit Miinster Eingegangen am 10./24. Juni 1969 Changes o] Flavonol and Anthocyanin Content during Microsporogenesis Summary. The changes in the content of flavonols, anthocyanins, and caro- tenoids which can be observed in the anther during microsporogenesis were followed in Narcissuspseudonarcissus and in the Darwin tulip "Apeldoorn". The investigations revealed a distinct relationship between the process of pigmentation and the cytologic development in the anther. A marked increase in the production of flavonols occurs during and immediately after the separation of the microspores of the tetrad and seems to be connected in some specific manner with the presence of the immature pollen. In Narcissus, the total flavonol content of the anthers and their pollen and tapetum fraction reaches its highest value during the enclosure of the bud by the bulb and remains more or less unchanged until the flowers open. In contrast, an intense synthesis of flavonols does not begin in the tulip before the flower-bud has left bulb; then the flavonol content increases continuously until anthesis is reached. The colouring of the pollen by anthocyanins does not occur until the final stages of maturation. Without exceptions the production of carotenoids takes place after the separa- tion of the microspores of the tetrad. A. Einleitung Das stoffwechselphysiologische Geschehen in der Anthere ist in besonderem MaBe geprs dureh den Ablauf der Meiosis und der sich daran anschlieBenden Mikrosporogenese. Es hat nieht an Versuchen gefehlt, die damit verbundene Vielfalt der biochemischen und physio- logischen Ereignisse, die sieh ws der Determinierung, Differen- zierung und dem Waehstum des Pollens in der Anthere abspielen, zu verfolgen (vgl. CooPw~, 1952; LnCsKw~Cs, 1956, 1958; TAYLOtr 1957; LINSKE~S und SC~nAVW~N, 1963; CA~Nn~L, 1963). Nach den Ergeb- nissen vorausgegangener Untersuchungen (WI~MA~, 1968) muB fest- gestellt werden, dab verschiedene Phenylpropanderivate, voran die flavonoiden Verbinduugen, bedeutenden Antefl an der stofflichen Zu- sammensetzung des Pollens haben kSnnen. Den Phenylpropanmeta- bolismus, der sich augenf/illig in einem unterschiedlichen Pigmentierungs- modus des Pollens manifestiert, kommt demnach eine besondere Be- deutung bei den Stoffums/itzen in der Anthere zu. Der Verlauf des * Untersuchungen zum Phenylpropanstoffwechsel des Pollens. II. 21"

Über die Veränderungen des Flavonol- und Anthocyaningehaltes während der Mikrosporogenese

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Planta (Berl.) 88, 311--320 (1969)

Ober die Veriinderungen des Flavonol- und Anthocyaningehahes wiihrend der Mikrosporogenese*

1~. WI~gMANN

Botanisehes Institut der Universitiit Miinster

Eingegangen am 10./24. Juni 1969

Changes o] Flavonol and Anthocyanin Content during Microsporogenesis Summary. The changes in the content of flavonols, anthocyanins, and caro-

tenoids which can be observed in the anther during microsporogenesis were followed in Narcissus pseudonarcissus and in the Darwin tulip "Apeldoorn".

The investigations revealed a distinct relationship between the process of pigmentation and the cytologic development in the anther. A marked increase in the production of flavonols occurs during and immediately after the separation of the microspores of the tetrad and seems to be connected in some specific manner with the presence of the immature pollen. In Narcissus, the total flavonol content of the anthers and their pollen and tapetum fraction reaches its highest value during the enclosure of the bud by the bulb and remains more or less unchanged until the flowers open. In contrast, an intense synthesis of flavonols does not begin in the tulip before the flower-bud has left bulb; then the flavonol content increases continuously until anthesis is reached.

The colouring of the pollen by anthocyanins does not occur until the final stages of maturation.

Without exceptions the production of carotenoids takes place after the separa- tion of the microspores of the tetrad.

A. Einle i tung

Das s toffwechselphysiologische Geschehen in der An the re is t in besonderem MaBe geprs dureh den Ablauf der Meiosis und der sich da ran anschlieBenden Mikrosporogenese. Es h a t n ieht an Versuchen gefehlt , die d a m i t ve rbundene Vielfal t der b iochemischen und physio- logischen Ereignisse, die sieh ws der Determinierung, Differen- zierung und dem W a e h s t u m des Pollens in der An the re abspielen, zu verfolgen (vgl. CooPw~, 1952; LnCsKw~Cs, 1956, 1958; TAYLOtr 1957; LINSKE~S und SC~nAVW~N, 1963; CA~Nn~L, 1963). Nach den Ergeb- nissen vorausgegangener Un te r suchungen ( W I ~ M A ~ , 1968) muB fest- ges te l l t werden, dab verschiedene Pheny lp ropande r iva t e , vo ran die f lavonoiden Verb induugen , bedeu tenden Antef l an der stoffl ichen Zu- sammense tzung des Pol lens haben kSnnen. Den P h e n y l p r o p a n m e t a - bolismus, der sich augenf/illig in e inem unterschiedl ichen P igment ie rungs- modus des Pol lens manifes t ier t , k o m m t demnach eine besondere Be- deu tung bei den Stoffums/i tzen in der An the re zu. Der Verlauf des

* Untersuchungen zum Phenylpropanstoffwechsel des Pollens. II.

21"

312 R. WI]m~-~N~l :

Phenylpropanstoffwechsels w~hrend der Mikrosporogenese ist bis heute ungekls es wurden lediglieh bei Lythrum salicaria Beobachtungen fiber den EinfluB einiger Witterungsfaktoren auf die Pollenfi~rbung angestellt (ScI~OCI~-BoDM~R, 1939).

Da unter den Phenylpropanen des Pollens die Flavonole und gele- gentlich aueh Anthoeyanine eine hervorragende Rolle spielen, haben wir versueht, an speziellen Beispielen Aufschliisse fiber die J~nderungen im Gesamtgehalt dieser Stoffe w~hrend best immter Phasen der Mikro- sporogenese zu erhalten.

Diese Untersuehungen wurden begonnen mit dem Fernziel, genaue Kenntnis fiber den Ablauf des Phenylpropanmetabolismus in der Anthere und fiber die Steuerung der Ums~Ltze zu erlangen. Die Antheren stellen insofern ein interessantes Versuehsobjekt dar, als einerseits in vielen F/~llen eine exakte Synchronisierung im Ablauf der Pollenentwieklung vorliegt, so dab best immte bioehemisehe Zust~nde leicht zu korrelieren sind, andererseits lessen die Ums~tze zwisehen Tape tum und Meiocyten/ Pollen und die eigentfimHehe eytologisehe Entwieklung des Pollens besondere Bildungsprinzipien der Phenylpropane erwarten. Der Versueh, die sieh bei der Synthese der Phenylpropane zwisehen Tapetum und Meiocyten/Pollen abspielenden Vorg/~nge aufzukl~ren, sell nicht zuletzt dazu dienen, Einblieke in den Funktionsmeehanismus des Tapetums zu gewinnen.

B. Material und Methoden

Auswahl der Ob]ekte. Als Versuehspflanzen dienten Narcissus pseudonarcissus (ev. Golden Harvest) und die Darwintulpen-Hybride ,,Apeldoorn". Diese Objekte sind f/Jr die K1Erung der vorliegenden Probleme besonders gut geeignet, well 1. die Farbgebung des Pollens durch die Betefligung yon Anthoxanthinen, Anthoeyaninen und Carotinoiden 1 reicklieh differenziert ist; well 2. der Anteil der genalmtea Stoffe im Pollen dieser Arten so hoeh ist, dab sie bei den geringen Ausgangsmengen, die jeweils nur zur Verfiigung stehen kSnnen, hinreiehend gut naehweisbar sind und im Rahmen einer quantitativen Analyse erfaBt werden k6nnen; weil 3. der Antheren- inhalt (Pollen- + Tapetum-Fraktion) leieht dureh Auspressen gewonnen werden kann (vgl. LI~s~Ez~s, 1956, 1958; LINSKElqS U. SCtmA17WEN, 1963).

Kultur. Die Kultur der Pflanzen, die yon der Fa. lqebelung, M/lnster, bezogen wurden, erfolgte in Anzuehtkiisten mit je 40--60 Individuen, zum Teil im Freiland, zum Tefl miter Glas. In Vorversuchen wurden die Verfahren auf Vergleieh- mid Reproduzierbarkeit geprfift.

Pr~iparation. Bei der PrEparation der Antheren wurde so verfahren, daft am Morgen des jeweiligen Untersuehungstages 40--60 Blfitenknospen gesammelt und je 1 (bis 2) Anthere(n) aus mehreren Blfitenknospen fiir die eytologisehe Unter- suehung entnommen wurde(n). Naeh der Liingenmessung der Antheren erfolgte die eytologisehe Charakterisierung (Karmin-Essigs~urequetschmethode). Die yon

1. Wenn die Carotinoide in diesem Zusammenhang Bertieksiehtigung finden, dann nut aus dem Grunde, weft sie in charakteristiseher Weise an der Pigmentie- rung des Pollens beteiligt sind.

Veri~nderungen des Flavonol- und AnthoeyaningehaItes 313

LINSKENS U. SCHR~_UWE~ mitgeteilte Erfahrung, dab die Teilungsvorg~nge inner- halh einer Knospe weitgehend synehron verlaufen, liel3 sich aufgrund unserer Befunde best~tigen.

Ein Tell der Antheren wurde gewogen und Ifir die quantitative Bestimmung aufbereitet. Der grSBte Teil wurde vorsichtig ~usgepreBt und der Anthereninhalt gefriergetrocknet.

Extraktion. Im Hinblick auf die quantitative Gewinnung yon Flavonolen zeichnet sich die Heil3wasserextraktion zwar durch den Vorteil einer ersch6pfenden Extraktion aus, w~hrend dot Extraktionsdauer (15 min) k6nnen allerdings im qualitativen Bereich Ver~inderungen eintreten, indem in geringem 1Vfal~e eine Spaltung hochglykosidierter l~lavonolverbindungen erfolgt. Derartige Ver~nde- rungen wirken sieh auf die durehzuffihrenden quantitativen Bestimmungen nieht aus. Wegen der ergiebigeren ExtraktionsmSglichkeit wurde daher der Heil3wasser- extraktion der Vorzug gegeben.

Vor der Extraktion wurden die Antheren bzw. das geffiergetroeknete Material des Anthereninhaltes (oder der rei~e Pollen) mit Quarzsand zerrieben. Die IIeiB- wasserextraktion kam dann in der Weise zur Anwendung, wie sie yon KUBITZKI u. REZ~X (1967) besehrieben wurde.

Um die Anthocyanine ersehSp~end extrahieren zu kSnnen, wurden die eben~alls zerriebenen Antheren bzw. PollenkSrner mit einer 0,1%igen methanolischen Salz- s~ure behandelt und fiber Naeht in der Kfihltruhe (--18~ aufbewahrt. Das Homogenat wurde ansehlie~end zentrifugiert and die Extinktion des klaren Uber- standes bestimmt.

Zur Isolierung der Carotinoide wurde das gefriergetrocknete, mit Quarzsand zerriebene Material mit Aeeton extrahiert und ansehliel3end in Petrol~ther fiberffihrt.

Extinktionsmessung. Die Extinktionsmessung an den versehiedenen F]avonol- extrakten erfolgte naeh Zusatz von einigen Tropfen Aluminiumehlorid am Spektral- photometer PMQ I I der Fa. C. Zeiss bei dem langwelligen Absorptionsmaximum, das vorher am Spectronie 505 yon Bausch & Lomb ermittelt wurde. Da es im Rahmen dieser Untersuchung nur auf Relativwerte ankara, konnte darauf verzichtet werden, diese mit Extinktionsbestimmungen genau definierter Rutinmengen in Beziehung zu setzen.

Die Extinktionsmessungen an den Carotinoidextrakten wurde, wie oben be- sehrieben, am PMQ I I und Speetronie 505 bei der jewefligen Absorptionsbande des langwelligen Nebenmaximums ( ~ 468---470 nm) vorgenommen. Auf die Angabe des absoluten Mengenanteils wurde wiederum verziehtet.

Bei der Darstellung der an Antherenextrakten gemessenen Extinktionswerte wurde sowobl das Frisehgewicht der Antheren als auch das Antherenindividuum als Bezugssystem gew~hlt. Bei den Extinktionswerten, die an Extrakten aus dem Pollen bzw. Anthereninhalt gewonnen warden, liegt das Troekengewieht als Bezugseinheit zugrunde.

C. Ergebnisse Der kolor is t ische E i n d r u c k des Pol lens wird bei dem ausgew/~hlten

Objek t Narcissus pseudonarcissus und bei tier D a r w i n t u l p e n - H y b r i d e , ,Apeldoorn" ganz en tsche idend du tch die A k k u m u l a t i o n yon F lavonol - g lykosiden, An thocyan inen u n d Carot inoiden bes t immt . Es soll te daher versuch t werden, den Ausp igment ie rungsvorgang in der An the re durch Messung des Gesamtf lavonol- , An thocyan in - und Caro t ino id-Gehal tes w/~hrend einiger m a r k a n t e r entwicklungsgeschicht l icher S tad ien tier

314 R. WI~I~A~N: Ver~nderungen des Flavonol- und An~hocyaningehaltes

Mikrosporogenese zu erfassen. Dabei wurde so verfahren, alas tier Pigmen- tierungsgrad der Gesamtanthere und des Anthereninhaltes (Pollen- ~- Tapetum-Fraktion) bestimmt wurde.

Die Ergebnisse sind in den folgenden Abbildungen (Abb. 1 4) zu- sammengefaSt. Im Rahmen dieser quantitativen Analysen haben wit uns darauf besehr/~nkt, nur diejenigen entwieklungsgesehiehtlichen Zu- st/~nde zu ber~icksiehtigen, die in den Abb. 1 u. 3 (D) aufgefiihrt warden. Das mag, gemessen an dan zahlreiehen eytologisehen Ereignissen, die in der Anthere ablaufen, und angesiehts der vielen damit verbundenen physiologischen und biochemischen Zustands/~nderungen (vgl. LI~csx~s, 1956, 1958, 1966; LINSXENS U. Scg~AUW~, 1963), eine sehr grobe Gliederung skin. Wir konnten uns jedoeh in Vorversuchen davon fiber- zeugen, dab im ttinbliek auf unsere Fragestellung dureh die Erfassung weiterer Entwicklungsstadien keine detafllierteren Aussagen gemacht warden kSnnen, so dab der Ansatz in tier vorliegenden Form gereeht- fertigt sein diirfte.

Die en~wicklungsgesehiehtliehen und biochemisehen Ereignisse ver- laufen bei Narcissus pseudonarcissus einfach und fibersiehtlich (Abb. 1,2). Der Tetradenzerfall erfolgt unmittelbar nach der Tetradenbildung und leitet die postmeiotischen Differenzierungs- und Waehstumsprozesse des Pollens tin.

W/s der Mikrosporogenese kommt as in den Antheren zu drasti- sehen Ver~nderungen im Flavonolgehalt. Vergleicht man aufgrund der vorliegenden Darstellung den Verlauf der Flavonolsynthese in den Antheren und im Anthereninhalt, dann zeichnet sich ein gleichartiges Verhalten ab. Der Flavonolgehalt der Gesamtanthere dfirfte also weit- gehend von der F]avonolproduktion im Anthereninhalt bestimmt sein. Sowohl in der Anthere ats anch im Anthereninhalt sind Flavonole w/~h- rend der pr~meio~isehen und meio~isehen En~wicklungsphase nicht nach- weisbar. Erst mit dem Tetradenzerfatl erfolgt die ,,eruptiv" einsetzende Flavonolsynthese. Es wird in kfirzester Zeit ein Flavonolgehalt erreieh~, der bei dam nachfolgenden Waehstum des Pollens mehr oder weniger konstan~ bleibt und schon weitgehend demjenigen der reffen Anthere bzw. des reifen Pollens entspricht.

lqieh~ so ,,eruptiv", aber ebenfalls mit einem deutlichen Anstieg, erfolgt die Carotinoidproduktion im Anthereninhalt w~hrend der fr/ihen Phasen der postmeiotischen Mikrosporogenese (vgl. auch HESLOP- HAI~RISO~, 1968a, b).

Mit diesen eytologisehen und biochemischen Prozessen gehen weitere Zustands/~nderungen parallel, yon denen im l~ahmen dieser Unter- suchungen das Antheren- und Pollenwachstum erfaBt wurden. Die GrSBenzunahme der Antheren erfolgt bei Narcissus pseudonarcissus

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Abb. 2. Narcissus pseudonarcissus. Der relative Carotinoidgehalt des An~hereninhaltes wikhrend ein- zelner Stadien der Mikrosporo- genese (Bezugseinheit: Troekenge- wieht; 8--11Beobaeh~ungsda~en,

s. Abb. 1)

Abb. 1 A ~ . Narcissus pseudonar. cissus.Verkknderungen des Flavonol- gehaltes in den Gesamtantheren und im Anthereninhalt (Pollen- -~ Tapetum-Fraktion) wi~hrend der Mikrosporogenese. A Gesamtan- theren (bezogen auf 18 Antheren- Individuen). B Gesamtantheren (bezogen auf das Frischgewicht). C An~hereninhalt (bezogen auf das Trockengewicht). D Schema- tische Darstellung zum Ablauf der cyt~logisehen En~wicklungspro- zesse in den Antheren. E Verlauf des Streckungswachstums der An- theren. F Verlauf des Streckungs- wachstums des Pollens. Unten: Entwieklungsstadien tier Pflanze wikhrend der Untersuchungszeit. 1--11 Beobachtnngsdaten. 1. 22. 9. 67, 2. 26. 9. 67, 3. 2. 10. 67, 4. 4. 10. 67, 5. 16. 10. 67, 6.3. 11.67, 7. 7. 11.67, 8.9.1. 68, 9. 19.1.68,

10. 30. 1.68, 11.7.2.68

316 R. WI~.R~A~Zr Ver/inderungen des Flavonol- und Anthocyaningehaltes

nieht linear, sondern vollzieht sich in zwei Sehfiben (vgl. dazu LI~SK~,NS, 1956, 1958; SCHWA~UTZ, 1967). Die erste deutliche Streekung der An- theren zeiehnet sieh in der meiotisehen bis frfihen postmeiotischen Ent- wicklungsphase ab. Nach einem vorfibergehenden Waohstumsstillstand kommt es zu einer weiteren GrSi~enzunahme gegen Ende der Pollen- reifung. Die PollenkSrner zeigen wie die Antheren ein schubartiges Wachstum. Die Entwieldnng bis zur EndgrSi~e ist gekermzeichnet durch eine deutliche GrSBenzunahme nach dem Tetradenzeffall sowie durch eine zweite Streekungsphase unmittelba, r vor der Anthese.

Bei der Darwintulpen-Hybride ,,Apeldoorn" ist die Pigmentgarnitur des Pollens und der Anthere durch das Auftreten yon Anthoeyaninen bereichert. Auch die cytologischen Differenzierungsvorgange in der Anthere sind gegenfiber Narcissus pseudonarcissus modi~izier~. Ein beson- tiers signifikanter Unterschied in der Entwieklung ist dadurch gegeben, daI] nieh~ unmittetbar auf die Tetradenbfldung der Zerfall erfolgt. Es zeigt sieh vielmehr, da• die Tetraden naeh Abbau tier Callosehiille fiber einen langeren Zeitraum, in dem es nut ganz vereinzelt zum Tetradenzerfall kommt, im Verband verharren. Der Ausfarbungsproze$ seheint bei Tulipa dementsprechend variiert zu sein. Ubereinstimmende Zfige im Ablauf des Pigmen~ierungsvorga, nges bes~ehen zwisehen Nar- cissus und Tul@a insofern, als es wahrend der Pr~meiose und Meiose bis zur Tetradenbildung weder in der Gesamtanthere noch im Antheren- inhalt zu einer naehweisbaren F1avonolproduktion kommt (Abb. 2, 4). In der Gesamtanthere wie auch im Anthereninhalt laBt sieh dagegen ein leiehter Anstieg des Flavonolgehaltes im frfihen Tetradenstadium naeh Abbau der Callosehiille beobaehten.

Die eigentliehe Auspigmentierung aber, die dutch eine intensive Flavonol-, Anthocyanin- und Carotinoidsynthese gekennzeiehnet ist, effolgt mit dem endgiiltigen Tetradenzerfall. W/~hrend die Flavonol- akkumula~ion unmittelbar mit dem Tetradenzerfall einsetzt, beginnt die Anthoeyan/nbilctung erst in tier Endphase der Blfitenentwieklung. Dabei zeigt sich, dal] die An~hocyanverfs von den Epidermis- zeIlen der Anthere ausgeht; sie greif~ auf die darunterliegenden Wand- schiehten fiber und effaftt erst danaeh den Anthereninhalt, und zwar in der Entwieklungsphase, in der die Tapetumzellen weitgehend degene- riert sind (WIERMA~N U. WEI~E~T, 1969).

Die Carotinoidsynthese wird ebenfalls erst naeh dem Tetradenzerfall eingeleitet. Der Carotinoidgehalt nimmt dann in den naehfolgenden Entwieklungsstadien bis zur Anthese deutlich zu.

Der Verlauf des Antherenwaehstums ist mit den Ergebnissen, die bei Narcissus erzielt wurden, gut vergleiehbar; es lassen sieh wiederum zwei deutliehe Streekungsphasen nachweisen. I)er Anteil des in der

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I I I I I Beginn d, Meiose his zur TetrGdenbi/d~ng I I I I I Tetrade~stodium

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: , ] . ! ; IIIII Z8. 9A0.13. Stadium

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~. 5.'8. 9, ' '~-~ '-----~ 10. 13.Stadium

Abb. 4. Tu l ipa cv. ,,Apeldoorn". Der relative Carotinoidgehalt des Anthereninhaltes w~hrend einzelner Stadien der Mikrosporo- genese (Bezugseinheit: Trockenge- wicht; 4 ~ 1 3 Beobach~ungsdaten ,

s. Abb. 3)

Abb. 3 A - - E . Tu l ipa cv. , ,Apel- doom". Ver~nderungen des Fla- vonol- und Anthocyaningehaltes in Gesamta, ntheren und im Anthereninhal~ (Pollen- + Tape- tum-Fraktion) w~hrend der Mikro- sporogenese. A Gesamtan~heren (bezogen auf 18 Antheren-Indivi- duen, A Flavonole, [] Antho- cyanine). B Gesamtan~heren (be- zogen auf das Frischgewicht, �9 Flavonole, B: Anthocyanine). C Anthereninhal~ (bezogen auf das Trockengewicht, o Flavonole �9 An- thocyanine). D Schematische Dar- s~ellung zum Ablauf der cytologi- schen Entwicklungsprozesse in den Antheren. E Verlauf des Strek- kungswachstums der Antheren. Unten: Entwicklungsstadien der Pflanze w~hrend der Untersu- chungszeit. 1 - - 1 3 Beobaehtungs- daten. 1.5. 10. 67, 2. 10. 10. 67, 3. 24. 10.67, 4. 30. 10.67, 5. 14. 11. 67, 6. 4. 1.68, 7. 8. 2. 68, 8. 13. 2. 68, 9. 22. 2. 68, 10. 28. 2. 68, 11. 2. 3. 68, 1 2 . 4 . 3. 68, 13. 7. 3. 68

318 R. WI~R~L~:

Entwicklung gehemmten sterilen Pollens ist bei der Darwintulpen- ttybride ,,Apeldoorn" sehr hoeh. Da das Wachstum der PollenkSrner dementspreehend nneinheitlich und gest6rt verl&uft, haben wir darauf verziehtet, das L~ngenwachstum der einzeInen Pollenk6rner zu veffolgen.

D. Diskussion

Wghrend der Ontogenese 1/~uft in vielen Organen und Geweben ein intensiver Phenylpropanstoffwechsel ab. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die mit diesem Stoffwechsel in Verbindung stehenden Umsiitze unter Berficksichtigung entwicklungsgeschiehtlieher Momente zu er- fassen. So geben die yon Rnz?cIK (1961), HEss (1963), PECXET (1967), J. H. MinLn~, P. M. MILLnl~ und DEAL (1967) und RVMrEXtIO~ST (1968) durchgeffihrten Untersuchungen Aufschlul3 fiber die Phasen der Flavonol- und Anthocyaninbildung bei Bliitenbliittern und Keimlingen.

Die yon uns vorgelegten Ergebnisse haben gezeigt, dag sich in der Anthere w/ihrend der Mikrosporogenese beachtliehe Verinderungen im Flavonol-, Anthocyanin- und Carotinoidgehalt feststellen lassen. Die Diagramme, die den Verlauf der Flavonolfiihrung in den Antheren und im Anthereninhalt widerspiegeln, differieren zwischen den untersuchten Objekten insofern, als der Zeitpunkt der intensiven Flavonolakku- mulation gegeniiber der Endphase der Bliitenentwicklung deutlich ver- lagert ist. Die wesentlichen Schritte der Flavonolsynthese spielen sich bei Narcissus in der Zwiebel w/~hrend der im Herbst beginnenden Vege- tationsperiode ab; demgegenfiber erfolgt bei Tulipa die eigentliche Flavonolproduktion ers~ nach dem Durchbruch der Blfitenknospe im Frfihjahr.

l~lbereins~immung zwisehen den beiden Objekten besteht darin, dag die intensive t~lavonolsynthese w/~hrend bzw. unmittelbar nach dem Tetradenzerfall einsetzt. Es kommt in keinem Fall zur Akkumnlation yon Flavonolen, solange die Tetraden noch yon einer gemeinsamen Callosehfille umgeben sin& Die Flavonolproduktion in der Anthere ist also in besonderer Weise an die Bildung des Pollens gebunden und stellt einen integrierenden Bestandteil der stoffwechselphysiologischen Pro- zesse w/ihrend der postmeiotischen Mikrosporogenese dar. DaB das Ein- setzen tier F]avonolsynthese an die unmittelbare Pri~sens des Pollens gebunden ist, wird eindriicklich durch das Beispiel Tulipa demonstriert : Anders als bei Narcissus ist der endgfiltige Zerfall der Tetraden fiber einen l~ngeren Zeitraum verzSgert, und dementsprechend scheint die Bildung yon Flavonolen ,,gehemmt '~ zu sein. Die Prage, ob die Akku- mulation der Flavonole allein auf charakteristische physiologische und/ oder cytologische Bedingtheiten des jungen Pollens nach dem Tetraden- zerfall oder ebenso bzw. ausschlie61ich auf eine korrelativ mit dem

Vergnderungen des Flavonol- und Anthocyaningehaltes 319

Zeffall der Tetraden effolgende physiologisehe Umst immung im Tapetum zurfickgeffihrt werdea kann, mu~ vorerst often bleiben.

Die Untersuchungen an Tulipa-Antheren haben gezeigt, da~ die Bildung yon Anthocyaninen erst in den Endstadien der Mikrosporo- genese beginnt.

Die vorliegende Sequenz im Ablauf der Veff~rbung (Flavonol- -> Anthocyaninsynthese) findet eine gute Parallele in den Pigmentie- rungsphasen, die w/ihrend der Bliitenentwieklung yon Primula obconica (l~Ez~Iz, 1961) beobaehtet werden konnten. Es zeigt sich auch, dab das Einsetzen der Flavonolsynthese mit den Waehstumsphasen der Antheren bzw. des Pollens kongruiert.

Aufgrund entwicklungsgeschichtlicher Studien an Ultradiinnschnitten konnte gezeigt werden, dal~ die Synthese der Anthocyanine unmittelbar naeh Degeneration des Tapetums beginnt (WIn~MA~N U. W~IN~nT, 1969). Unter Berfieksiehtigung der dem Pollen eigenen Funktion wurde die Anthoeyanveff/h'bung daher mit den Abbauprozessen bei der AuflSsung des Tapetums in Verbindung gebracht.

Solange nieht eine getrennte Analyse yon Antheren-Tapetum und Pollen erfolgt ist (LI~SK~NS u. SC~I~AVW~, 1963; L I~SK~s , 1966), kann nieh~ entsehieden werden, wo sich wi~hrend der postmeiotischen Wachstumsphase des Pollens ein intermedi~rer Phenylpropanpool bflde~ und wo schliel~lich die Flavonol- bzw. Anthoeyansynthese ein- geleitet wird.

Dariiber sollen z.Z. lanfende Untersuchnngen Anskunft geben.

Fri~ulein V. SCI~0LAND danke ich ftir ihre zuverli~ssige Mitarbeit.

L i t e r a t u r

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Dr. R. WIER~AN~ Botanisches Institut 44 Mfinster i. Westf., Schlol3garten 3