4
P. P16sz: Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins etc. 153 Erhaltener humor aqueus klar, farblos. Die Gesammtmenge des auf- gefangenen Secrets betrug 0,2 Cem. Zuckerreaetion deut]ieh. Hiermit enden wir die Reihe der yon uns anzuffihrenden Ex- perimente. Die mitgetheilten gentigen weitaus zum Beweise des Satzes, dass die Secretion des humor aqueus eine directe Function des arteriellen Blutdrucks ist. Da die vordere Augenkammer aber einen Lymphraum darstellt, 'dessen Inhalt aus anatomisehen und chemisehen Grfinden unbedingt als Lymphe angesprochen werden muss, so gilt derselbe Satz ersiehtlieherweise aueh fttr die Secretion der Lymphe. Wir halten uns deshalb zu dem Sehlusse berech~igt, dass die gegentheiligen Angaben yon Pasehutin und yon Em- min gh au s zur Au~stellung eines die Lymphbildung betreffenden allgemeinen Gesetzes nicht verwerthet werden dtir~en. Zum Sehlusse er~fille ich hiermit die angenehme Pflieht, meinem hoehverehrten Lehrer, tterrn Pro~. Dr. A. Gruenhagen, ffir die gfitige Unterstfitzung bei vorliegender Arbeit me.inch in- nigsten Dank auszusprechen. Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins im thierischen Organismus. Von P. Pl6sz. Die Frage tiber die Umwandlung des Glycerins im Organis- mus hat durch die Untersuehungen yon Luehsinger ~) eine er- hShte Wichtigkeit erlangt, indem dieselbe dadureh mit der Frage fiber die Bildungsweise des Glycogens in Zusammenhang gebracht wurde. Bei einer Reihe yon Ffitterungsversuchen, die das Ziel hatten yon ~euem zu untersuchen~ ob es nicht denn doeh gelingen wiirde, 1) Pfliiger~s Archiv f. Physiol. VIII. S. 289.

Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins im thierischen Organismus

  • Upload
    p-plosz

  • View
    212

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins im thierischen Organismus

P. P16sz: Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins etc. 153

Erhaltener humor aqueus klar, farblos. Die Gesammtmenge des auf- gefangenen Secrets betrug 0,2 Cem. Zuckerreaetion deut]ieh.

Hiermit enden wir die Reihe der yon uns anzuffihrenden Ex- perimente. Die mitgetheilten gentigen weitaus zum Beweise des Satzes, dass die Secretion des humor aqueus eine directe Function des arteriellen Blutdrucks ist. Da die vordere Augenkammer aber einen Lymphraum darstellt, 'dessen Inhalt aus anatomisehen und chemisehen Grfinden unbedingt als Lymphe angesprochen werden muss, so gilt derselbe Satz ersiehtlieherweise aueh fttr die Secretion der Lymphe. Wir halten uns deshalb zu dem Sehlusse berech~igt, dass die gegentheiligen Angaben yon P a s e h u t i n und yon Em- min gh au s zur Au~stellung eines die Lymphbildung betreffenden allgemeinen Gesetzes nicht verwerthet werden dtir~en.

Zum Sehlusse er~fille ich hiermit die angenehme Pflieht, meinem hoehverehrten Lehrer, tterrn Pro~. Dr. A. G r u e n h a g e n , ffir die gfitige Unterstfitzung bei vorliegender Arbeit me.inch in- nigsten Dank auszusprechen.

Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins

im thierischen Organismus.

Von

P . P l 6 s z .

Die Frage tiber die Umwandlung des Glycerins im Organis- mus hat durch die Untersuehungen yon L u e h s i n g e r ~) eine er- hShte Wichtigkeit erlangt, indem dieselbe dadureh mit der Frage fiber die Bildungsweise des Glycogens in Zusammenhang gebracht wurde.

Bei einer Reihe yon Ffitterungsversuchen, die das Ziel hatten yon ~euem zu untersuchen~ ob es nicht denn doeh gelingen wiirde,

1) Pfliiger~s Archiv f. Physiol. VIII. S. 289.

Page 2: Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins im thierischen Organismus

154 P. Pl6sz:

nach Eingeben verschiedener glycogenvermehrender Stoffe Glycogene yon versehiedenen ehemischen oder physikalischen Eigenschaften zu erha]ten, stellte ieh auch Versuche mit Glyeerinfiitterung an; und hatte dabei Gelegenheit einige Beobachtungen zu machen, die mir bemerkenswerth genug scheinen, um sie sehon jetzt~ noch vor Abschlnss der Versuche zu verSffentlichen.

Neben anderen Wirkungen des Glycerins~ auf die ieh noch zurtickkommen werde, land ich namlich, dass riach ffrSsseren Dosen im Harne constant Bin sehr energisch reducirender KSrper erseheint. Es ist mir bisher nicht gelungen, diesen K0rper yon den iibrigen Harnbestandtheilen zu trennen~ so dass ich augenblicklich bloss die Reactionen des denselben enthaltendenHarns besehreiben kann.

Der den KSrper enthaltende Harn reducirt in alkalischer Fliissigkeit Kup~eroxyd, Wismuthoxyd und Silberoxyd; ist die Substanz in grSsserer Menge vorhanden~ dann erfolgt die Aus- scheidung des Kupferoxyduls sofort~ w~ihrend bei Gegenwart ge- ringerer Mengen die Ausseheidung 5fters erst beim Erkalten der Fliissigkeit vor sich geht. Die LSsung der Substanz braunt sieh beim Erhitzen mit Natronlauge; der KSrper verhfilt sich demnach auch in dieser Richtung dem Traubenzuckcr ~hnlich; unterscheidet sich jedoeh yon demselben dadurch~ dass er nicht g~hrungsf~hig und optisch inactiv ist. Die Substanz scheint such zersetzlicher zu sein und welt energischer zu reduciren als der Traubenzucker. Ich habe wenigstens beobaehtet, dass nach 2--3sttindigem Stehen bei Zimmertemperatur schon sehr deutliche Reduction mit Aus- scheidung yon Kupferoxydul statt[and. Der KSrper ist 15slich in Alkohol, unlSslieh in Aether. Die Hauptschwierigkeit seiner Rein- darstellung wird durch dessen Zersetzlichkeit bedingt.

Die chemische Beschaffenheit betreffend ist es sowohl nach den Reactionen als aueh nach seiner Entstehungsweise sehr,wahrsehein- lieh, dass derselbe identisch ist mit j ener Substanz die yon Be r the- lot ') aus Glycerin durch G~hrenlassen mit Hodenparenehym ge- wonnen und yon ihm ftir Zueker angesehen wurde. Sparer wurde yon diesem KSrper durch Huppert-~), K i r c h n e r und Meissner'~), van Deen~), Pe r l s 5) und durch H e y n s i u s s) naehgewiesen, dass der-

1) Ann. Chem. Phys. [3] S. 369. Auch Watfi 's Dictionery of Chemistry. 2) Jahresber. lib. d. Fortsehri~te d. Anat. Physiol., herausg, v. Henle ,

Me i s sne r , K e f e r s t e i n . 1861. 3), 4), 5), 6) Ebenda.

Page 3: Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins im thierischen Organismus

Wirkung und Umwandlung des Glycerins im thierisehen 0rg~nismus. 155

selbe aus Glycerin dutch versehiedenartige 0xydationen, some aueh dutch Eleetrolyse erhalten werden kann I and mit dcm Traubenzueker nieht identiseh ist, da derselbe sieh nicht g~hrungsfahig und optiseh inactiv zeigt. Der KSrper nnterseheidet sieh nach den Angaben tier genannten Forscher in mehreren Punkten aueh yon der zuerst yon D e b u s 1) erhaltenen Glyeerins~ure. Die Zusammensetzung nnd ehe- mische Beschaffenheit dieses Glycerinderivates .ist bisher trotz der verschiedenen Arbeiten nieht ermittelt. Die Substanz ist sehr zer- setzlieh und dem unzersetzten Glycerin bei jeder Darstellungsweise immer nur in geringer Quantitltt beigemengt. Sowohl den Reaetionen als der Entstehung naeh ist es sehr wahrseheinlieh, dass die Sub- stanz ein Aldehyd des Glycerins darstellt, wie das zuerst dutch Than~) wahrseheinlich gemaeht wurde.

W~irdc sieh die Saehe wirklieh so verhalten, dass ~amlieh die reduciren~le Substanz, die naeh dem EinfUhren yon Glycerin im Harne au~tritt, das erste Aldehyd des Glycerins darstellte, dann ware die yon L u c h s i n g e r beobaehtete Vermehrung des Leber- glycogeus naeh Glyeerineinfuhr auch theoretiseh erkl~rtieh, denn es wiirde dann auch die Bildungsweise des Glycogens aus dem Glycerin erkliirbar sein. Es k~nnte dann aus dem Glycerin, CaHsOs, das erste Aldehyd desselben, C3H6Os, und aus diesem dureh Condensation unter Austreten yon H~O, C6Hlo05 entstehen.

Die naeh ihren Reactionen beschriebcne Substanz erseheint nach Einf|ihren grSsserer Mengen Glycerin constant im Harne. Naeh kleineren Dosen dagegen feh]t sic in einzelnen FNlen. Bei Hunden habe ieh dieselbe naeh Eingeben yon 4--6 grm Glycerin pro Kilo Thier niemals vermisst. Im Pferdeharne erseheint der KSrper schon naeh viel geringerer Gabe. So land ich denselben bei P~erden sehon nach I00-a00 Cam Glycerin. Im Kaninchen- harne ist der KSrper gewShnlieh sehwerer naehweisbar, da dieser Harn die Eigenseha~t, das gebildete Oxydul in LSsung zu erhalten, in sehr hohem Grade besitzt.

Ausser der eben besehriebenen Eigenthamliehkeit desHarnes ~and ieh, dass das Glycerin, in etwas grSsserer Dosis gereieht, sch~dliche Wirkungen auf den Organismus ~ussert. Meine dies-

1) Debus: Ann. Chem. Pharm. CIX. Socoloff: Daselbst CVI. Auch W a t t s, Dictionary of Chemistry.

2) Meines Wissens bisher bloss in ungarischer Sprache in den Berichten der ungarischen Akad. d. Wissensch. erschienen. Bd. IIL Nr. VL 1872.

Page 4: Ueber die Wirkung und Umwandlung des Glycerins im thierischen Organismus

156 P. P15sz:

bezti~liehen Beobaehtungen stimmen im Ganzen mit den in neuester Zeit yon D u j a r d i n - B e a u m e t z und Audigd") verSffentliehten Resultaten tiberein, so dass ich reich bei Besehreibung derselben kurz fassen kann. Nach der Dosis yon 8--10 grm pro Kilo Thier tritt der Tod beim Hunde in ca. 24 Stunden~ beim Kaninehen ge- wShnlich schneller ein. Fr~sche brauehen relativ etwas mehr. Nach 12--15 grm~lgro Kilo er~olgt beim Siugcthier der Tod in ca. 4 Stunden. Bemerkenswerth ist es, dass das Pferd re|ativ viel weniger vertrigt; nach Eingeben yon 300 Cem (ca. 360 grin) ver- endete ein Pferd yon 300 Kilogramm KSrpergewicht in 27 Stun- den. Die Verg'i~tungserscheinungen treten fast sofort auf, und kSnnen, wenn die Gabe keine tSdtliehe gewescn ist~ in 5--6 Stun- den wieder verschwinden. Es treten sehr bald naeh dem Eingeben der nsthigen Menge htheln- und Pulsbeschleunigung, grosse Muskelschwache, Muskelzittern, Kriimpfe, beim Pferde Symptome der Kolik, Erbreehen (beim Hund) uud bei beiden I-Iamaturie auf. Die KSrpertcmperatur steigt sehr sehnell naeh dem Eingeben, er- reicht im Maximum eine bedeutende HShe und sinkt dann spitter bei Eintritt der Somnolenz und Bcfitubung vor dem Tode. Die Maximaltemperatur, die ieh beim Pferde (ira Mastdarme gemessen) 5 Stunden nach dem Eingeben beobaehtete, war 41,2 o C.; was beim Pferde, dcssen Normaltemperatur 37 o C. betrligt, sehr hoch genannt werden muss. Naeh 100 Ccm Glycerin (subcutan) entstand bei einem anderen Pferde bloss eine ErhShung yon 0~7 Grad, wo- bei die Temperatur 5 Stunden nach der Eingabe wieder aut 37 o gesunken war. Hamaturie ist nur nach grosset Gabe zu beob- achten; der Tod tritt beim HuM wenigstens 5fters auch ohne H~maturie Bin. Ebenso ist die Gegenwart des reducirenden KSrpers nicht an die Gegenwart yon Blutfarbstoff gebunden. Die Hitma- turie ist zum Theil wenigstens jedenfalls die Folge der Eigensclaaft des Glycerins den Blut~arbstoff der BlutkSrperchen zu 15sen, wie man alas tibrigens aueh beim Vermengen yon Blut und Glycerin ausserhalb des Organismus sieht. Bei der Section finder man ausge- dehnte ttyperiimie, katarrhalisehe, selbst eroupSse Entzttndung tier Darmschleimhaut; Hyper~tmie, Oedem, h~tufig auch hypostatische Entziindung der Lunge, Hyper~mie der Leber, dasselbe, mit albu- minSser Triibung in der Niere.

1) D u j a r d i n - B e a u m e t z et Audig6 Union medicMe 1876. No. 143, 145~ 147. Aucla Chem. Centralbl. 1877. No. 17.