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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 222, S. 474 481 (1954). Aus dem Institut fiir Pharmakologie u. Toxikologie der Humboldt-Universit~t zu Berlin (Direktor: Prof. Dr. F. Jc•o) und der Pharmakologisehen Abteflung des Instituts fiir Medizin und Biologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Uber Stoffwechselleistungen yon roten Blutk~irperchen. II. EinfluB methiimoglobinfreier Zellen auf die Meth~imoglobinriickbildung ~. Von F. JUNG,H. MATTHIES und K. ONNEN. Mit 4 Textabbildungen. (Eingegangen am 23. Februar 1954.) Die bei der lYieth~moglobinriickbildung beteiligten l~Ieehanismen scheinen durch die eingehenden Untersuchungen des HEUBNWRschen Arbeitskreises (JUNO [1939], GEL~NS]~I, KUNZ und vor allem M. KIESE [1944 und sparer]) wie einiger englischer und amerikanischer Arbeits- gruppen (H. R. GUTMANN, B. J. JANDORF u. O. BODANSKY, S. S. SPICER, CH. H. HANNA 11. A. 1~. CLARK, Q. H. GIBSON) hinreichend ge- kl~rt. Bereits bei Versuchen an jugendlichen BlutzeUen (Retikulocyten), deren StoffwechseUeistungen wir mit denen yon reifen Zellen vergleichen wollten, stieBen wir jedoch auf Unstimmigkeiten (H. MATTnZ]~S, F. JCNO u. K. O~N~,N), die sich -- wenigstens vorl~ufig -- nur als Hemm- effekte der Riickbildung in den reifen Zellen durch die anwesenden jugendliehen Ze]len deuten liel~en. Dies ist ein nachdriicklicher Hinweis, da{~ man fOr die studierten Prozesse nicht das rote BlutkSrperchen als isolierte Stoffwechseleinheit in einem N~hrmedium ansehen darf, son- dern dal3 sich zwischen den Zellen Vorg~nge abspielen. Dies wurde bis- her iibersehen, obwohl eine sorgf~ltigere Analyse der Befunde yon K~ES~ ~ihnliche Effekte erkennen l~l~t : Wahrend aus meinen friihercn Versuchen (Juno, 1939) zu entnehmen war, dab in vivo die Meth~moglobinriickbildung yon der absoluten Mcnge Meth~moglobin im Blur abh~ngig ist, wurde yon KIESE (2) auf Grund yon Versuchen in vitro eine voa der Meth~moglobinkonzentration unabh~ngige konstante Riickbildungs- geschwindigkeit angenommen. Die Erkl~rung fiir diese Konstanz sucht KIESE in einer Abs~ttigung der Fermentsysteme der roten Blutzellen beim Riickbildungs- prozeB. Die Richtigkeit der uns aus einem formal mathematisehen Grund unmSg- lich erscheinenden Versuehsergebnisse KIES~S miissen wir naeh einer Best~tigung durch andcre Autoren und einer eigenen Kontrolle anerkennen: Bei einer Reihe yon Substraten, vor allem Glucose (dagegen nicht Milchs~ure) ist der Riiekbildungs- verlauf praktisch linear. Linearit~t setzt aber voraus, dab alle beteiligten Ferment- * 1. Mitteilung: Dieses Archiv 221, 497--505 (1954).

Über Stoffwechselleistungen von roten Blutkörperchen

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Page 1: Über Stoffwechselleistungen von roten Blutkörperchen

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 222, S. 474 481 (1954).

Aus dem Institut fiir Pharmakologie u. Toxikologie der Humboldt-Universit~t zu Berlin (Direktor: Prof. Dr. F. Jc•o) und der Pharmakologisehen

Abteflung des Instituts fiir Medizin und Biologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.

Uber Stoffwechselleistungen yon roten Blutk~irperchen. II. EinfluB methiimoglobinfreier Zellen auf die

Meth~imoglobinriickbildung ~.

Von F. JUNG, H. MATTHIES und K. ONNEN.

Mit 4 Textabbildungen.

(Eingegangen am 23. Februar 1954.)

Die bei der lYieth~moglobinri ickbildung be te i l ig ten l~Ieehanismen scheinen durch die e ingehenden Un te r suchungen des HEUBNWRschen Arbe i t skre i ses (JUNO [1939], GEL~NS]~I, KUNZ u n d vor a l lem M. KIESE [1944 und sparer]) wie einiger englischer und amer ikan i scher Arbe i t s - g r u p p e n (H. R. GUTMANN, B. J . JANDORF u. O. BODANSKY, S. S. SPICER, CH. H. HANNA 11. A. 1~. CLARK, Q. H. GIBSON) h in re ichend ge- kl~rt . Bere i ts bei Versuchen a n jugendl ichen BlutzeUen (Ret ikulocyten) , deren StoffwechseUeistungen wir mi t denen yon reifen Zellen vergle ichen woll ten, stieBen wir jedoch a u f U n s t i m m i g k e i t e n (H. MATTnZ]~S, F . JCNO u. K. O~N~,N), die sich - - wenigstens vorl~ufig - - nur als H e m m - effekte der R i i ckb i ldung in den reifen Zellen durch die anwesenden jugendl iehen Ze]len deu ten liel~en. Dies is t ein nachdr i ick l icher Hinweis , da{~ m a n fOr die s tud ie r t en Prozesse n icht das ro te B lu tkSrpe rchen als isol ierte Stoffwechseleinhei t in e inem N~hrme d ium ansehen darf , son- dern dal3 sich zwischen den Zellen Vorg~nge abspie len. Dies wurde bis- her i ibersehen, obwohl eine sorgf~lt igere Ana lyse der Befunde yon K~ES~ ~ihnliche Ef fek te e rkennen l~l~t :

Wahrend aus meinen friihercn Versuchen (Juno, 1939) zu entnehmen war, dab in vivo die Meth~moglobinriickbildung yon der absoluten Mcnge Meth~moglobin im Blur abh~ngig ist, wurde yon KIESE (2) auf Grund yon Versuchen in vitro eine voa der Meth~moglobinkonzentration unabh~ngige konstante Riickbildungs- geschwindigkeit angenommen. Die Erkl~rung fiir diese Konstanz sucht KIESE in einer Abs~ttigung der Fermentsysteme der roten Blutzellen beim Riickbildungs- prozeB. Die Richtigkeit der uns aus einem formal mathematisehen Grund unmSg- lich erscheinenden Versuehsergebnisse KIES~S miissen wir naeh einer Best~tigung durch andcre Autoren und einer eigenen Kontrolle anerkennen: Bei einer Reihe yon Substraten, vor allem Glucose (dagegen nicht Milchs~ure) ist der Riiekbildungs- verlauf praktisch linear. Linearit~t setzt aber voraus, dab alle beteiligten Ferment-

* 1. Mitteilung: Dieses Archiv 221, 497--505 (1954).

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0-ber Stoffwechselleistungen von roten BlutkSrperchen. II. 475

systeme bis zum Ende der Reaktion gleiehma0ig beteiligt bleiben. Da es ganz un- wahrscheinlich ist, dab die Zellen alle primer denselben Ausgangsgehalt an Met- h~moglobin besitzen und genau dieselbe Aktivit~t ihrer riickbildenden Fermente haben, mfissen einige Zellen vor den anderen ihr Meth~moglobin riickgebildet haben. Da abet dann die Riickbildungsgeschwindigkei$ nicht abnimmt, mtissen diese Zellen weiterhin aktiv in den ProzeB eingeschaltet bleiben (vgl. hierzu JUNG, 1952). Auf das Ergebnis der Versuche in vivo wird unten noch eingegangen werden.

Das Zusammenwirken yon meth~moglobinhal t igen u n d meth~mo- globinfreien Zellen li~l~t sich in kfinstl ichen Mischungen einfach studieren. Folgende Versuche mSgen die Richt igkei t unserer theoret ischen Ab-

le i tungen belegen.

Methodik.

Die Untersuchungen wurden mit roten Blutzellen vom Menschen, Pferd und Kaninchen durchgefiihrt, die aus frischem, defibrinierten Blur dureh 3maliges Zentrifugieren und Waschen mit 0,9~o NaC1 gewonnen wurden. Die Hb(3)-haltigen Zellen wurden durch Behandlung des Vollblutes mit 2,4O/o NaNO 2 hergestellt, die fibrige Pr~tparation war die gleiche wie bei den Hb(3)-ffeien Zellen. Die Zellsuspen- sion ffir die Versuchsans~tze wurden mit 0,9~o NaC1 hergestellt; ihre Konzentration betrug in alien Fallen 4,0 × 109 Zellen/ml. Die Riickbildung des Hb(3) wurde mit der manometrischen Methode nach WARBURC aus der Abnahme des CO im Reaktionsgef~g durch seine Bindung an das bei derReduktion entstehendeHamo- globin (Hb[2]) bestimmt. Um eine meB- bare Beeinflussnng der Hb(3)-Reduktion in den Zellen zu erzielen, genfigten uns die Zellmengen nicht, die in die fib- lichen Seitenbirnen der Reaktionsge- f~i3e eingefiillt werden k6nnen. Wir liel3en deshalb ein Doppelgef~B neben- stehender Bauart herstellen (Abb. 1).

Dieses Reaktionsgef~l~ erlaubt uns, Mischversuche durchzufiihren, bei denen die Menge Hb(3)-freier Zellen genau so groB ist, wie die der Hb(3)-haltigen. Die Versuche verliefen meist so, da~ sich im Gef~t] A eine Suspension der rfick- bildenden Zellen befand, im Gef~I~ B eine Suspension der Hb(3)-freien Ery- throcyten. In Kontrollen wurde die CO- Absorption der gleichen Mengen Hb(3)- Abb. 1. und Hb(2)-Zellen getrennt gemessen. Reaktionsgefi i~. Die Eins~itze und Seitenblrnen Nach dem Einstellen der Versuchstempe- wurden bei diesen Versuchen nicht ben6t igt .

ratur (37 °) und dem Beginn einer gleich- m~Bigen Hb(3)-Reduktion (nach etwa 20--30 min) wurden die Zellen der beiden Gefai3e durch mehrmaliges Kippen gemischt. - - Unsere ersten Versuche wurden unter Verwendung yon Glucose als Stoffweehselsubstrat durehgeffihrt. Hier wird zunachst nur fiber Ergebnisse in Abwesenheit jeglicher Substrate berichtet, da dann die quantitativen Ergebnisse einfacher deutbar sind.

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476 F. Jv~G, H. MATTHIES und K. O~NE~:

Ergebnisse. a) Abb. 2 gibt einen typischen Versuch an Kaninchenzellen wieder.

Es wurden gleiche Mengen von Zellen desselben Tieres verwandt und beide Zellsorten nach einer kurzen Anlaufperiode zusammengemischt.

~t CO 150

lO0

50 .#

/

/

Hb(3)-Ze/len + Hb(2)-Zel len. . . .'~

., e 'S' ~ I

I

/

20 gO GO 80 /0O rain 120

Abb. 2. Beeinflusslmg der Hb(3)-Reduktion in roten Blut- zellen durch Hb(3)-freie Blutzellen. Kaninchenblutzellen, 4 × 10 ~ Zellen/ml. Gef~it~ A: Hb(3)-Zellen (mit NaNO~ vorbehandelt). Gef~iB B : Hb(2)-Zellen. Mischung 20 min nach Versuehsbeginn. In jedem Gef~tB je 3,0 ml der Zell- suspension. Kein Substrat. Abscisse: Zeit in Minuten.

Ordinate: Aufgenommenes CO als MaB fttr die Rfiekbildung des Hb(3).

Die Abbildung zeigt den po- stulierten Effekt wohl deut- lich. In der folgenden Tabelle ist eine Serie von Versuchen zusammengestellt (Anord- hung wie Abb. 2).

Praktisch heiBt dies so- mit, dab die Zugabe yon nor- malen Zellen zu meth/~mo- globinftihrenden Zellen zu einer Rtickbildungsbeschleu- nigung fiihrt, die bei gleichen iY[engen beider Zellsorten bis zu 100% betragen kann. Die zugegebenen normalenZellen schalten sieh also mit genau derselben Intensit/~t in die Meth/~moglobinriickbildung

ihrer vertinderten Nachbarzellen ein, als wenn sie se]bst Methtimoglobin enthalten wfirden.

Um dies noch genauer festzuhalten, wurde die Zahl der methtimo- globinffihrenden Zellen konstant gehalten und die Zahl der zugegebenen normalen Zellen variiert. Das Volumen des Ansatzes wurde konstant gehalten, da uns einige Parallelversuche gezeigt hatten, dab dieses (d.h.

Tabelle 1.

Versuch Hb(3)--Kontrol le I Hb(3) ÷ Hb(2) Beschleunigung Nr.

pl CO in 90 rain %

M1 M2 M3 M4 M5

65 125 60 128 59 112 63 127 60 128 l

90 110 90

100 110

die Zellkonzentration) nicht ohne EinfluB auf die Rfickbildungsge- schwindigkeit ist. Abb. 3 demonstriert das Ergebnis in einem Versuch, in dem normale Kaninchenzellen zu methi~moglobinfiihrenden Pferde- zellen gegeben wurden. Die Beschleunigung der Meth~moglobinreduktion in den Pferdezellen ist praktisch der zugegebenen Zellzahl proportional.

Page 4: Über Stoffwechselleistungen von roten Blutkörperchen

(~'ber Stoffwechselleistungen von roten BlutkSrperchen. II. 477

In einem weiteren Versuch wurde im Ansatz jeweils dieselbe Zellzahl an Kaninchenzellen gehalten, jedoch der Antei l an methi~moglobin- ffihrenden Zellen variiert. Dabei blieb die Riickbildungsgeschwindigkeit praktisch konstant. Auf Wiedergabe wird verzichtet. Dieser Versuch entspricht in der Technik praktisch den iiblichen Rfickbildungsversuchen, bei denen man w/£hrend des Versuchsab]aufs in den einzelnen Zellen verschiedene Mengen Meth~moglobin haben dfirfte und trotzdem die Rfickbildungsgeschwindig- keit konstant bleibt.

Der in Abb. 2 wiedergegebene Grund- versuch lgBt sich in verschiedener Weise variieren. Werden sehr grol3e Mengen normaler Zellen zugegeben, so steigt die Rfickbfldungsgeschwindigkeit nicht mehr proportional an.

b) Bereits der in Abb. 3 wiedergege- bene Versuch zeigt, dal3 sich der Effekt nicht nur auf das Blur einer Tierart be- schr~nkt, sondern auch an Zellen anderer Tiere deutlichwird.Im einzelnen mSge dies Abb. 4 belegen. Es wurden jewefls gleiche Zellzahlen miteinander kombiniert.

Rechnet man die Ergebnisse eines solchen Versuchs unter einigen Ver-

~[ CO/10min 5

J

0 I 2

f J

3.1o /r~

Abb. 3. Rfickbildung des Hb(3) in Pferdeblutzellen unter dem Einflu0 verschiedener Mengen normalerKanin- chenzellen. Abszisse: Zugesetzte Menge an Kaninchenzellen in l0 g

Zellen/ml. Ordinate: Rfickbildungsgesehwindigkeit a l s

~l CO 10 min angegeben.

einfachungen um, so erh~lt man die in der folgenden Tabelle zusammen- gestellten Ergebnisse :

Tabelle 2.

Hb(3) - - Zellen Art

Mensch . . . .

Kaninchen . . .

Kontrolle pl in 90 rain

44

101

+ menschl. Hb(2)

#1 in 90 min % +

60 36,4

143 42,6

+ KaninchenHb(2)

#1 in 90 rain % +

85 93,0

191 89,0

Es ergibt sich, dab die stgrkste beschleunigende Aktivitgt die ZeUen des Kaninchens haben, wesentlich schw~cher wirksam sind die des Pferdes und des Menschen. Relativ am sti~rksten werden durch Kanin- chenzellen die Zellen des Pferdes, etwa gleich stark die des Kaninchens und Menschen aktiviert.

Durch eingehendere derartige Versuche hoffen wir einen gewissen Ein- blick in die beteiligten Fermentsysteme zu gewinnen, da die Ausbildung derselben bei den Zellen verschiedener Tiere aul3erordentlich variiert.

Page 5: Über Stoffwechselleistungen von roten Blutkörperchen

478 F. JuNo, H. MATTHIES und K. O N ~ :

c) In einem weiteren Versuch wurde ein Kaninchen durch mehr- laches Ausbluten zur Bfldung zahlreicher Retikulocyten veranlal~t. Wir haben frfiher berichtet, dai~ das B]ut derartiger Tiere eine erhShte

~t cb 2S0

200

150

I00

50

E~ /

/ /

/

i /

,# /

/

f o / °

/ f

Hb (3) -Kam'nchenzellen ! +Hb(2)-Kaninchenzellen

, Hb(3)-Kam'nchenzellen + Hb (g)-Pferdezellen

~- Hb (3)-Kamhchenzellen /

I

, /

/ / "

f Hb (3)-PPerdezellen +Hb (2)-Kamhchenzel/en

" ' - - ' ~ ' Hb(3)-Pferdezellen ~ " . . . . . +Hb(2)-Pferdezellen

t I ---- ~ ~Hb (3)-P£erdezellen

20 #0 80 30 I00 rain 120

..,,tco ! 250

Hb ~3)-Kaninchenzellen + Hb (2)-Kam'nchengellen

200

/50

700

b / p~ t /

1

Y H b (3)-/fanlrzchgrlze//en I'/ ~ "" ' + H b (2)-Menschenzel/en

f l .I / /

/ t "" /~Hb(3)-Kaninchenzel len ,, 7 "

/ "/* / Hb(J)-Menschenzellen ii ,~ . t . / 0.~" ~"+Hb(z)-Kan/r/chenzellen

/ / I ~'" Hb(j)./~fenschenzellen . ~ ~ " '+ Hb(2)-Menschenzel/en

I / "~ ~' ~ Hb (3)-l~lenschenzellen

0 gO gO 60 go 100 mln ¢20

Abb. 4. Anordnung wie Abb. 2, abet 4.0 m| Ze]|suspension in jedcm GefR~. Kombination der Zellcn verschiedener Tierarten.

a) Kaninchcnzel lcn + P£erdczellen d ick ausgczeichnet : reine Hb(3)-Zellen b) Kaninchenzel len + Menschenzellen d~lnn ausgezeichnet : Mischung vont tb(2)-Zel len m i t Hb(3)-

Zellen.

Page 6: Über Stoffwechselleistungen von roten Blutkörperchen

~ber Stoffwechselleistungen yon roten BlutkSrperchen. II. 479

F/~higkeit zur Meth/imoglobinreduktion in Gegenwart yon Zucker oder bei Substratabwesenheit besitzt, l~berraschenderweise war die Fghigkeit des retikulocytenreichen Blurs zur Steigerung der Hb(3)-Rfickbildung bei Mischung normaler und methgmoglobinhaltiger Zellen nicht ver- mehrt, sondern eher etwas reduziert. Auch von hier aus l~Bt sich ein Hinweis auf den Wirkungsmechanismus unseres Stoffwechseleffektes ge- winnen.

Diskussion.

1. In einer Blutprobe, die aus meth~moglobinhaltigen Zellen und normalen Zellen zusammengesetzt ist, beteiligen sich auf Grund unserer Versuche alle Zellen relativ gleichm/~$ig an der Methi~moglobinreduktion. Die ftir die Reduktion notwendige Energie bzw. die notwendigen Re- duktionsvalenzen mfissen somit auf irgendeinem Weg von Zelle zu Zelle weitergegeben werden. DaB durch die Zellmembran hindurch - - ohne Diffusion des Oxydationsmittels - - solche Vermittlungen mSglich sind, hat ST~AVB gezeigt: ATP kann innerhalb der roten Blutzelle gebildet werden, wobei gleichzeitig auBerhalb der Zelle befindliches Ferricyankali reduziert wird. In unserem Versuch sind die Diffusionswege jedoch grSl3er, so dal3 an ein diffundierendes Reduktionsmittel gedacht werden mul3. Es wird notwendig sein, dutch systematische Versuche den von Zelle zu Zelle diffundierenden aktiven Metaboliten zu suchen.

Aus der Tatsache, dal3 die zur Atmung befRhigten Retikulocyten den Effekt nieht so ausgesprochen erzeugen diirften, sowie aus dem Verhal- ten der Pferdeerythrocyten, deren RiickbildungsvermSgen sehr empfind- lich auf Milchsgure reagiert, kSnnte man einen Hinweis auf eine Beteili- gung der Milchsiiure bei dem von uns beschriebenen Vorgang entnehmen. AndererseRs kSnnte auch an diffusible SH-Gruppen tragende Verbin- dungen gedacht werden. In einigen orientierenden Versuchen haben wir gesehen, dal~ im Suspensionsmedium normaler und 1 Std bei 37 ° be- briiteter Zellen eine akt ive Substanz enthalten ist. Jedoch ist deren Menge klein. Man mul~ aus diesem und anderen Griinden annehmen, dab sie yon normalen Zellen nur dann laufend und in grSgerer Menge pro- duziert wird, wenn sie sofort wieder entfernt wird. Die Identi t~t der Riickbildungskapazit~t der normalen und methi~moglobinftihrenden Zel- len ist ferner ein Hinweis, dal3 diese Substanz auch bei tier eigenen Rfiek- bildung durch die meth~moglobinbildenden Zellen beteiligt ist und zu- dem ihre Bildung der geschwindigkeitsbestimmende Prozel3 bei der Met- hi~moglobinreduktion sein dfirfte. Auch in stromafreiem Hiimolysat nor- maler Zellen haben wir reichlich aktives Produkt gefunden. Allerdings wissen wir nicht, ob man einfach jede - - die Rfickbildung in den Zellen fSrdernde und aus roten Blutzellen isolierbare - - Substanz mit unserem rgtselhaften Metaboliten zusammenbringen darf.

Arch. exper. Path . u. Pharmakol . , Bd. 222. 32

Page 7: Über Stoffwechselleistungen von roten Blutkörperchen

480 F. Ju~G, H. MATTHIES und K. O~¢NE~:

2. Unser Versuch ist ein nachhaltiger Hinweis, daI3 man die in vitro feststellbare Methi~moglobinriickbildung nicht ohne weiteres auf den Vorgang in vivo beziehen daft. Ebenso wie die normale rote Blutzelle sich in diesen Prozel~ innerhalb der krankhaft ver~nderten Blutzelle einschaltet, diirfte dies ffir jede Uferzelle des Kreislaufsystems gelten. Damit wird uns verst/~ndlich, dab man die in vitro beobachteten Gesetz- m/~13igkeiten ffir die Methi~moglobinrfickbildung nur mit iiuBerster Vor- sicht auf die Vorgi~nge in vivo fibertragen daft - - wenn dies fiberhaupt erlaubt erscheint. Nicht nur fiber die Substratlieferung (etwa Glucose oder Milchsi~ure) hinweg, sondern aueh fiber Stoffwechselzwischen- produk~e dfirften die Stoffwechsel aller mehr oder minder benachbarten Zellen aneinander gekoppelt sein. - - Wir vermuten, dab das yon uns beobachtete Beispiel nur als Modell ffir eine allgemeinere Gesetzlichkeit zu betrachten ist.

3. Da mit unseren Versuchen die Frage der Beteiligung der fibrigen Gewebe bei der Vergiftung mit Meth/£moglobinbfldnern wieder sehr akut wird, soll hier bereits auf ein fiber ~hnliche Effekte deutbares Phiinomen hingewiesen werden: die sogenannte Plateaubildung bei Vergiftung mit meth~moglobinbildenden Giften (etwa Anilin). Wird - - mit fortschrei- tender Verschlechterung der Sauerstoffversorgung - - bei einer solchen Vergiftung der Gewebsstoffwechsel im Sinne einer fortsehreitenden An- aerobiose modifiziert, so ist denkbar, da$ nunmehr anfallende anders- artige Stoffwechselproduk'~e die Rfickbildung des Methi~moglobins modi- fizieren bzw. beschleunigen. Damit w~re das sogenannte Flateau als eine besondere Form des biologischen Fliel3gleichgewichtes erkl~rt, indem mit fortschreitender Vergiftung auch die Riickbildungsgeschwindigkeit zunimmt - - solange, bis beide Prozesse sich die Waage halten, l~brigens kSnnte fiber solche Vorg~nge die eingangs berichtete Divergenz unserer Befunde in vivo gegenfiber den Ergebnissen in vitro eine einfache und einleuchtende Kl~rung finden (vgl. auch SAKURAI).

Zusammenfassung. 1. Die Meth~moglobinrfickbildung in den roten BlutkSrperchen ist

kein isoliert in der einzelnen Zelle ablaufender Prozefl, sondern eine kollektive Leistung der gesamten Blutprobe, an der sich die unveri~nder- ten Blutzellen in gleicher Weise beteiligen wie die meth~moglobinffihren- den Zellen.

2. Der Effekt ist auch zwischen Blutzellen verschiedener Tieraz¢cen mSglich.

3. Der Effekt ist bei Retikulocyten vermutlich vermindert.

4. Einige ffir den Mechanismus der Meth/~moglobinrfickbfldung in vitro und in vivo wichtige Folgerungen aus diesen Befunden werden

Page 8: Über Stoffwechselleistungen von roten Blutkörperchen

tJber Stoffwechselleistungen von roten Blutk6rperchen. II . 481

d i s k u t i e r t . Sie v e r m S g e n u n t e r a n d e r e m zu e iner Erkl i~rung de r P l a t e a u -

b i l d u n g be i V e r g i f t u n g e n m i t a r o m a t i s c h e n N i t r o - u n d A m i n o v e r b i n d u n -

gen b e i z u t r a g e n .

5. E s w i r d v e r m u t e t , dal~ m a n e iner S t o f f w e c h s e l k o p p l u n g y o n be-

n a e h b a r t e n Ze l l en f iber d i f fus ible S t o f f w e c h s e l z w i s c h e n p r o d u k t e h i n w e g

b i she r ganz a l l g e m e i n zu wen ig B e a c h t u n g g e s e h e n k t h a t .

Literatur.

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Prof. Dr. F. Juno , Berlin NW 7, Inst. fiir Pharmakologie und Toxikologie der Humboldt-Universit~tt.

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