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(Aus dem Ludwig Aschoff-Haus, dem P~thologischen Institnt der Universitat Freiburg i. Br. - - Direktor: Prof. Dr. F. Bi~chner.) Uber Veriinderungen der Retina naeh Hunger uM ihre Beziehungen zu gleiehartigen Veriinderungen des Zentralnervensystems (ZN8), Von Dr. Angelos Dgllaporta aus Argostoli, Griechenla,nd. Mit 7 Textabbildungem Biichner und [~t]t beschrieben im Jahre 1936 schwere Ver~Lnderungen der Ganglienzellen des ZNS an Meerschweinchen, die sie in einer Unter° druckkammer (U-Kummer) so lunge stark verdLinnte und dgdureh sauero stoffarme Luft atmen liel~en, his diese innerhalb yon 5--8 Tagen spontan starben. Der Druck der U-Kammer betrug etwa 250--280 mm Hg, was einer HShe yon 7500--8500 m fiber dem Meeresspiegel entsprieht. Die beschriebenen Ver£nderungen der Ga.nglienzellen entsprachen der ,,schweren Ganglienzellerkrankung" yon Nissl und st,ellen n~eh allen Erfahrungen der Neuropathologie eine schwerste irreversible ZelL seh~tdigung dar. B~gchner und Lu]t fanden diese Ver/~nderungen hsupt- s£ehlich an den um die Rautengrube liegenden Ganglienzellen der Medulla obtongata und den Pur#~in]e-Zelten des Kleinhirns. Die Stamm- g~nglien waren nur wenig befallen. Die" fibrigen PaTtien des ZNS. wiesen diese Ver~nderungen nieht ~uf. Rotter land dleselben Ver~inderuagen mit der gleiehen LokMisation - - in den Stammganglien quantitativ stgrker ausgeprggt - - bei Meerschweinehen, die er in einem Sauerstoff-S~siekstoffgemiseh ohne meehanisehen Unterdruek leben lie8, Der Sauerstoffgehalt dieses Gemisehes entspraeh dem Sauerstoffmangel der yon BiM~ner und Lu/t a.ngewandtert Luftverdiinnung. Wit konnten dann in einer grsl]eren Z~hl yon Un.tersuchungen zeigen, dab die oben gen~nnten Ver6mterungert der G~nglienzellen aneh in ~nderen Partien des ZNS a~ftr~ten, urtd zwar sehr stark ira Nucleus h~benulae und in der Fascia dent~ta, in der fa.st alle Zellen geschfidigt w~ren, und wenn auch weniger deutlieh im Ammonshorn und sp'~rlieh m tier Hirnrinde. Diese Ver~nderungen waren nur bei sotehen Ur~terdruek~ieren (U-Tieren) ~nfgetreten, wetehe naeh einem gr6Beren Gewichtsverlust yon durehschnittlieh 36% des Anfangsgewiehtes spontan stgrben° In weiteren Versuehen konnten wir linden, dab verhungerte Meer- sehweinehen qualitativ dieselben Ver/~nderungen in den Ganglienzellen bei f~st gleieher Lokalisgtion aufwiesen, wie die der Luftverd/inmmg as~sgesetz~en Tiere. In anderen bisher niehg verSffentliehten Experimenten untersuchten wir, ob aueh bei anderen Tierarten naeh Verhungern, in unserem Falle

Über Veränderungen der Retina nach Hunger und ihre Beziehungen zu gleichartigen Veränderungen des Zentralnervensystems (ZNS)

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Page 1: Über Veränderungen der Retina nach Hunger und ihre Beziehungen zu gleichartigen Veränderungen des Zentralnervensystems (ZNS)

(Aus dem Ludwig Aschoff-Haus, dem P~thologischen Institnt der Universitat Freiburg i. Br. - - Direktor: Prof. Dr. F. Bi~chner.)

Uber Veriinderungen der Retina naeh Hunger uM ihre Beziehungen zu gleiehartigen Veriinderungen

des Zentralnervensystems (ZN8), Von

Dr. Angelos Dgllaporta aus Argostoli, Griechenla,nd.

Mit 7 Textabbildungem

Biichner und [~t]t beschrieben im Jahre 1936 schwere Ver~Lnderungen der Ganglienzellen des ZNS an Meerschweinchen, die sie in einer Unter° druckkammer (U-Kummer) so lunge stark verdLinnte und dgdureh sauero stoffarme Luft atmen liel~en, his diese innerhalb yon 5--8 Tagen spontan starben. Der Druck der U-Kammer betrug etwa 250--280 mm Hg, was einer HShe yon 7500--8500 m fiber dem Meeresspiegel entsprieht. Die beschriebenen Ver£nderungen der Ga.nglienzellen entsprachen der ,,schweren Ganglienzellerkrankung" yon Nissl und st,ellen n~eh allen Erfahrungen der Neuropathologie eine schwerste irreversible ZelL seh~tdigung dar. B~gchner und Lu]t fanden diese Ver/~nderungen hsupt- s£ehlich an den um die Rautengrube liegenden Ganglienzellen der Medulla obtongata und den Pur#~in]e-Zelten des Kleinhirns. Die Stamm- g~nglien waren nur wenig befallen. Die" fibrigen PaTtien des ZNS. wiesen diese Ver~nderungen nieht ~uf.

Rotter land dleselben Ver~inderuagen mit der gleiehen LokMisation - - in den Stammganglien quantitativ stgrker ausgeprggt - - bei Meerschweinehen, die er in einem Sauerstoff-S~siekstoffgemiseh ohne meehanisehen Unterdruek leben lie8, Der Sauerstoffgehalt dieses Gemisehes entspraeh dem Sauerstoffmangel der yon BiM~ner und Lu/t a.ngewandtert Luftverdiinnung.

Wit konnten dann in einer grsl]eren Z~hl yon Un.tersuchungen zeigen, dab die oben gen~nnten Ver6mterungert der G~nglienzellen aneh in ~nderen Partien des ZNS a~ftr~ten, urtd zwar sehr stark ira Nucleus h~benulae und in der Fascia dent~ta, in der fa.st alle Zellen geschfidigt w~ren, und wenn auch weniger deutlieh im Ammonshorn und sp'~rlieh m tier Hirnrinde. Diese Ver~nderungen waren nur bei sotehen Ur~terdruek~ieren (U-Tieren) ~nfgetreten, wetehe naeh einem gr6Beren Gewichtsverlust yon durehschnittlieh 36% des Anfangsgewiehtes spontan stgrben°

In weiteren Versuehen konnten wir linden, dab verhungerte Meer- sehweinehen qualitativ dieselben Ver/~nderungen in den Ganglienzellen bei f~st gleieher Lokalisgtion aufwiesen, wie die der Luftverd/inmmg as~sgesetz~en Tiere.

In anderen bisher niehg verSffentliehten Experimenten untersuchten wir, ob aueh bei anderen Tierarten naeh Verhungern, in unserem Falle

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~ber Vergnderungen der Retina nach Hunger. 99

bei Kaninehen und Rat ten , dieselben Ver~nderungen wie bei ,Meer- sehweinchen auftreten. Die Tatsache, da6 die Netzhau t einen Teil des Gehirns darstellt, und zwar einen sehr empfindliehen; veranlal3te uns, auch sis auf ghnhche Ganglienzellveranderungen histolggisch zu untersuehen.

Vor kurzem erschien die Arbeit yon Leoz Ortin, die sieh mi~ Verande- rungen des Auges a n unterern/~hrten Menschen befal3t. Der Autor har t s Gelegenheit, viele solehe F/~lle wahrend des spanisehen Biirger- krieges zu beobachten. Subjektiv klagten die Pat ienten vor allen Dingen fiber starke Abnahme der Sehscharfe. Leoz Ortin fand in 5% der Falle zentrale und parazentrale Skotome; ophthalmoskopisch fa, nd er in 15 % der Falle starke t typeramie der Papille und der Netzhaut mit pinselstrieh: f6rmigen Blutungen, in 25 % der F/~lle 0deme und Triibung der Papille und Netzhaut . Die Mehrzahl der Falls (40%) zeigte alle Symptoms der oben erw/ihnten Art. Die Sehseh/irfe w a r meistens bis zu 1/5 o herab- gesetzt. I n schweren Fallen ersehienen die Papillen atrophiseh mit seharfen Grenzen.

Diese VerSffentliehung veranlagt uns die seinerzeit 1 an verhungerten Tiers gemaehten Beobach'tungen mitzuteilen.

Fiir die Versuehe wurden insgesamt 10 Tiere verwenflet. Die Gehirne der untersuehten Tiers wurden 15--60 Min. naeh dem Ted in 96%igen Alkohol fixiert, in Celloidin eingebettet, in Stufenschnitte zerlegt und naeh dem Nisslsehen Ver- fahren mit Toluidinblau gef/~rbt. Die Augen wurden 10--30 Min. naeh dem Ted in Zenkerscher L6sung ~ modifiziert naeh Birsch-Hirsch#ld - - fixiert and in Celtoidin eingebettet. Vor dem endgiiltigen Einbetten der Augen in Celloidin, wurden die vorderen Bulbusabsehhitte e~tfernt und die Sklera vorsiehtig~a.bgelSst, damit die Retina alMn in m6glichst dtinnen Schnitten naeh dem Nisslsehen Ver- fahren mit Toluidinblau bzw. mit Eisenh~matoxylin-van Gieson gef~rbt werden konnte.

Versuchsanordnung und Versuchsverlau/. Bei den Versuehen liet3en ~4r 6 Kaninchen und 4 I~a~ten verhungern. Drei

Kaninehen wurde Wasser in Form yon gggliehen intraperitonealen Injektionen von 10 ecru physiologiseher Koehsa!zl6sung zugefiihrt. Die Kaninchen wurden in Xafigen, die I~atten in mit Gitterdraht gut gedeekten Glasdosen gehalten.

1. Die Kard~chsn verhielten sieh, wie ja aueh sonst diese Tiers, sehr ruhig. Nit zunehmendem Verhungern wurden sis aber doeh auffallend ruhiger und sehlgfriger. Die Atmungsfrequenz nahm langsam ab. Wie sieh die Tiers in den Ietzten Stunden vor ihrem Ted verhielten, mSehten wir im eihzelnen dureh die Sehilderung des Todes sines Tieres (K. 44) beriehten: 8ehon 6 Stunden vor dem Ted ist das Tier so stark ersch6pft, dab es auI der Seite liegend gefunden Mrd. Die Vorder- und Hinterbeine machen andauernde Bewegungen wie die eines Radfahrers. Diese Bewegungen werc[en yon Pausen v611iger I~uhe und von hie und da auftretenden leiohten Krgmpfen tier :Beine mit stgrkerem Opisthotonus unterbroehen. Die Atmung wird immer sehwieriger und weniger frequent,, das Tier fiihlt sieh mit der Zeit etwas ktihler an. Es sind noeh 2 3 Stunden vor dem Ted. Die P-upillen sind eng, der Cornealreflex wird immer sehwgeher; die Radfahrbewegungen dauern

1 Die Untersuehungen wurden im Jahre 1938 durehgefiihrt, kormten abet aus gul~ei~n Griinden damals nieht ver6ffentlieht werden.

7*

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100 Angeles Dell~porta:

immer tmeh an, wenn sie auch etwas schw~eher geworden sind, Die A~mung geh~ langsam und uehwieriger, da, s Tier fifhlt sieh jetzt ganz kalt an (etwa 1 Stunde vor dem Tod), Ehm halbe Stunde vor dem Tod is~ das Tier v6Ilig erschSpit, maeh~ aber immer noch hie und dg sanfte Radfahrbewegungen; die Atmung ist sehr selten geworden, etwa 4--5 Atemziige in der Minute; der Cornealrefiex ist nicht mehr ausI6sbar; das Tier stirbt dana endlich nach einem leichter~ Krampfanfall an starker Erseh6pfung.

Dgs Verhalten der gnderen Kaninchen ist ein ghnliehes mit leiehten Abwando lungen, insbesondere was die Zeit des Auftref~ens und die Intensit~ der einen oder anderen pa, thologisehen Erscheinung betrifft. Ein Unterschied im Verhat~en der Tiere, welche Wasser bekommen haben, zu den anderen wax Lr~ keiner ~%ise fest- zustdlen. In der nachfolgenden Tabell6 wird das Verhal~en der Tiere im e inzelnen berichtet,

Tier Nr.

K. 158 K, 25 K. 130 K. 4:3 K. 44 K. 38

Go- schleeht

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . i

Anfangs- i gewicht

1500 i600 1800 1600 1500 :1300

Tabe l le 1.

.... ~ Hunger- Wasser~ dauer zufuhr

Stfl.

160 160 233 233

d0~ 171 I l l

End- Histologische Ver- gewicht finderungen

g Gehil~ t Retina

700 + I q- q- 920 7"°4- I ++

1020 q- + 4-d- 1020 q -+ + + 950 + + 840 + n.u.

Die Zahl der + veransehaulicht die Intensit/~t der Veranderungea bei den verschiedenen Tieren. n. u. = nicht untersueht, Durehsehnittliehe Gewichts- abnahme 40% des Anfangsgewiehtes. DurehsehnittIiehe ttungerdauer 178 Stunden.

1. Die Ratten verhielten sieh bei dem Versuch ~hnlieh wie die Kaninehen. Die im Begbm des Experimentes sehr lebhaften Tiere wurden naeh einigen T~gen sehr ruhig. Sie zeigten aber eine viel gr6Bere Ausdauer gegeniiber dem Verhungern als die Kaninchen. Das Ersehfpfungsstadium vor dem Tode war aueh 1/inger; sie zeigten diesetben Erseheinungen wie Radfahrbewegungen, Atmungsschwierig- keiten, Sehlgfrigkeit usw. ; die Kr/~mpfe und der Opistho$onus waren sehr sehwaeh und sehr selt~n zu beobachten. In folgender TabeIle wird iiber jedes Tier beriehte~,

Tabe t le 2.

Anfangs- Hunger- Tier Nr. Ge: gewieht Wasser ° dauer

schlecht zufuhr g , Std.

1~,. 1 c~ 195 0 186 110 d - + R,. 2 c~ 225 0 175 155 + q- R. 3 d~ l 205 0 169 140 q-+ R. 4 c~ 210 0 211 130 q-q-

Erlauterungen siehe Tabelle 1. Durchschnittliche Gewiehtsabn~hm~ Anfangsgewichtes. Durchsehnit.tliehe Hungerdauer 185 Stunden.

.End- Histologische Ver.- gewicht finderungen

g Gehirn Retina,

11.ll. ÷

+ + + +

36% des

Histologische Be/unde.

1. Kaninvhen. a) Gehirn. An zahtreichen Gangtienzellen finder ma~l charakteristische Ver/inderungen. Die groben Tigroidscho]len haben sich in einen feinen bis f e in s t en blaBbluu bzw. sehwarzblaa gef£rbten

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Uber Ver/~nderungen der Retina nach Hunger. 101

Staub umgewandelt, der auch in die Zetlforts/~tze eindringt und diese sichtbar macht. Der Zelleib ist stark angeschwollen, so da$ die normale polyedrische Ganglienzellform plump und abgerundet ist. In einem welter fortgesehrittenen Stadium sieht man an SteIle des normalen Pro- toplasmas dunkelbla, u ge- fitrbte Klumpen. Die auffallendsten Ver£nde- :* rungen, bieten abet die Gangtienzellkerne : die Kernblase ist im An- fangsstadium leicht ge- schrumpftundzeigteinen Abb. la. Kaninchen. Normale Ganglienzelle der Medulla

obloDgata. Man sieht deutlich die groben Tigroidsehollen, zaekigenl~and. Einfeiner die NeurofibNltenbahnen and die Kernblase mit den

:Kernk6rperchen. 0ti~:mersion. heller Ring um die Kern- blase 1/~Bt ihre friihere Ausdehnung im Zelleib erkennen. Der sieh normaler- weise mit den basisehen Anilinfarbstoffen kaum f/~rbende Kernblaseninhalt ist nun im Nissl-Pr~p~rat deut- lieh homogen blau f/irbbar, so- gar intensiver Ms das staubfOr- mig umgewandelte Proto- plasma. Diese Tats~che deutet auf eine grobe~tbioehemisehe Ver/~nderung des Kernblasen- inhaltes hin. ])as KernkOrper- ehen ist in diesem Stadium noeh deutlieh zu sehen und scheint nieht ver~ndert zu sein. ~' • I m fortgesehrittenen Stadium sehrumpft die Kernblase immer

Abb. lb. Fortgesehrittenes Stadiumeinerpatho- mehr, der Inhalt ist noeh inten- logisehen Zelle desselben Gebietes beim verhun- siver gef/£rbt, his endlich der gernden Kaninehen. Die Kernblase ist mit Kern-

k6rperchen zu einer dichten unregelm~$ig be- Kernblaseninhalt so dunkel er- grenzten Chroma£inmasse zusaaamengeschmolzen.

Sehwere Gangtienzellerkankung nach N i s s L seheint, da.B er nieht mehr yore 01immersiom Kernk6rperchen zu untersehei- den ist. Man sieht nur ein etwas vergrO$ertes diehtgef/irbtes Kern- kOrperehen.

Alte diese Ver,~nderungen entsprechen den verschiedenen Stadien der sehweren ,,Gangtienzellerkra, nkung" von Ni88l und ffihren zum Untergang der erkrankten Zelle 1 (Abb. 1--3).

1 Bei der endgiiltigen Auswer tung unserer his~ologischen Pr / tparate berttck- sichtigen wit ausschlieglieh die %ypischen Kentver/~nderungen. Derm einerseits sind diese die sehwersten u n d die charakter is t i schen dieser Erkrankun~ , anderer- sells lassen sie sich teicht auch bei p ro t0p l a smaa rmen Zellen nachweisen.

v. Graefes Archiv fiir Ophthalmologie. 1~6. Bd. 7~

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102 Angelos Dellapoita:

Die Nisslsehe Erkrankung ist bei den grol3en protopla,smgreichen Zellen, wie man sie in der Medulla oblongata finder, so augenf~llig, dM3 man die erkrankten

4,

.

Abb. 2, Normalc Fascia dentata beim Kaninchen. Die Kernblase und das geringc Protoplasma ist deutlieh zu sehen, 01immersion.

b

O

Abb. 3. Fascia den~afs, eines verhnngerten Xaninchens. ~fan sieht dentlieh dieverkiurnpten Xerne. Dazwlschen nut einige norraale Zellen. 0lirnmersion.

Zellen sehon mit schwacher Vergr6Berung erkennen kann. Bei den protoplasma- armen Zellen des Gehirns miissen wir uns bei ihrer Diagnose mit den Ver~inderungen des Kernels begn~igen. Die Verfinderungen an den iibrigen Zellbestandteilen sind bier nut andeutungsweise zu erkennem Da abet die versehiedenen Teile des

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~dber Ver/ind~ mt~lgen der Retina nach Hunger. ]03

Gehirns aus ein und demselben (~rundgewebe bestehen und die Vergnderungen in unserem Fall durch eine und dieselbe Sehidigung entstanden sind, haben wir keine Veranlassung zu glauben, dab Ganglienzellen mit geringem bzw. gar nicht sieht- barem Protoplasma nich~ in derselben Weise verandert worden sind.

Solehe k r a n k e n Zellen konn ten wit sehr zahlreieh in der Medulla oblongata , vor allen Dingen in den Par t ien , d i e um die Rau t eng rube liegen, l inden. Ebcnfal ls waren zahlreiehe Purkinje-Zetlen der Klein- h i rn r inde und Zellen im / ibrigen Kle inh i rn nnd in den S tammgangl ien , in ger ingem Umfang aueh in d e r Hi rn r inde um die Grol3hirnfm'che vergnder t . Des weiteren:'~ware n fast alle ~Zellen des Nucleus habenu lae und der Fasc ia d e n t a t a et:krankt. I n der folgenden Tabel le ist die In t en - s i tg t der E r k r a n k u n g in den verschiedenen Pa r t i en des NZS an diesen Versuchst ieren dargeste l l t .

Tabe l l e 3.

i Hirnrinde Tier Nr. Medulla Kleinhirn Purkinje- Stature- [ Nucleus Fascia [ (urn die

oblongat~ Zellen ganglien , habenulae dentata l~hirn- furehe)

K. 158 K. 25 K. 130 K. 43 K. 44 K. 38

0 ±

+ +

O 0 =L @

% ÷ + +

o 0 o o

0 Z + + + + +

+ + + + + +

+ + + ++0 + +0+ ++

+ ÷ + + ÷ ÷ + ÷ % + + ÷ +

0 ÷ + ÷ + + ÷

0 0

0 keine Ver/~nclerungen, + einige Zetlen ver~ndert, ÷ zahlreiche vorinderte Zellen, -k ÷ gr61]ere Kerngebiete vergnder~, ÷ -~ ÷ die meisten Zellen des genannten Gebietes verindert.

Aus dieser Tabel le geht hervor , dag a m s tg rks ten und regelmgBigsten die Fasc ia d e n t a t a und da lm der Nucleus habenu lae befal len waren, ein Zeichen, dab diese Zel lgruppen die empf indl ichs ten beim Hunge r tod sind. An zwei ter Stelle k o m m e n die S tammgangl ien , die Hi rnr inde , die Medul la oblongata , alas Kle inh i rn und die Purlcin]e-Zellen.

b) Retina. 1. Die nocmale Retinastruktur (_a/bb. 4a und 5) ist beim Kaninchen bei der=Eiseflhi~matoxylin-van Gieson folgende: Die Zellen tier Ganglienzellsehicht haben im allgcmeinen eine sehr feine Struktur; sic zeigen mgBigen Reichtum an feink6rnigem Protoplasma; die Tigroidsehollen sind rein, wenig gefirbt und um- sehliegen nicht immer den Kern g~nztich. Die Zellforts~ttze sind in seltenen Fgllen nur andeutungsweise zu erkennen; der Gr6ge nach sind sie den Zellen der St;amm- ganglien des ZNS ghnlich. Die Kernblase ist relativ grog, der Inhalt etwas gefiirbt, das Kemk6rperchen mittelgroB und intensiv gefi~rbt.

Die Zellen der inneren K6rncrsehieht sind ausgesproehen protoplasma- arme Zetlen. Man sieht nut hie unv[ da eine feine zackige Verdiekung der Kernblase, die das Vorhandensein yon Protoplasma ahnen liflt. Die Kernblase ist kleiner als bei den Kernen der Gartglienzellsehieht und etwas intensiver gefgrbt. ])as Kernk6rperehen ist mittetgro], deutlich grSller Ms bei den Kcrnen der Ganglien- zellschicht und intensiv gefirbt. Die Zellen dieser Schieht sind, was GrSge und Form anbelangt, ghnlich den Zellen der Fascia dentata and des Nucleus habenulae.

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104 Angelos Dell~porta:

Die Zellen der ttuSeren KOrnerschicht sind -~ullerst kleine Gebilde in drei- eekiger Form, mit unregelm~iNg zs~cMgen t{~ndern, wie die eines Zahnrades und intensiv gef/irbt.

Die St/tbehen- und Zapfenschieht sieht wie der Querschni~t eiiaes Sutures aus.

2. Die Netzhaut bei den Hungertieren (Abb. 4b und 6) : In den Zellen der Ganglienzellsehieht, die ungefghr so grol? sind, wie die mittelgrogen Zellen des ZNS z. B. der Stammgang!ien, sieht man genau dieselben Ver~mderungen wie dort. Das Protoplasma ist st aubfOrmig zerfallen und blab his intensiv violett.blau gef~rbt, die Kernblase ist zmn Teii nut gesehrmnpft und intensiver gefgrbt, abet noeh deutlieh vom I~Zern- kOrperehen zu unterseheiden, zum Tell sehon mit dem KernkOrperehen zusammengesehmolzen. Merkwiirdigerweise sietit man bei den erlcrankten

,19"

Abb. 4a. Nor rna le Gangl ienzel le der Gan- g l i ensch ieh t der t~e t ina b e i m K a n i n c h e n .

0 l i m m e r s i o n .

A b b . l b . Gangl ienzel le m i t v e r k l u m p t e m K e r n derse lben Sch ich t bei e inem v e r h u n g e r -

t e n K a n i ~ c h e n . 01 immers ion .

Zellen, wohl infotge der Chromolyse, v M besser die Ausdehnung des ProtopIasmas als bei den normalen, bei denen die gesamte Zellgr6Be selten direkt gesehen, sondern nur vermutet wird. Man sieh~ also hier alle Ver~nderungen, wie wir sie in den groSen Ganglienzellen des ZNS beschrieben haben. Freilieh kann man hier z. B. die feinen Ver~nde- rungen des Protoplasma und der Zellforts~tze nieht so gut wie dort feststellen.

In der inneren KSrnersehicht sind zahlreiehe Zellen (etwa s/~ der Gesamtzahl), die eine geschrumpfte deutlich intensiver als normal gefgrbte, um das Kernkbloerchen gelegene Kernblase haben. In fort- geschrittenen Fg]len ist nur ein ziemlich stark verdieh~etes Kernk6rper- chen zu sehen. Diese zwei Stadien der Ver/inderung des Kernes ent- sprechen Befnnden, wie wir sie in den protoplasmareichen Zellen der XVIednlla oblongata beschrieben haben. Die kranken Zellen dieser Sehicht sehen genau so aus, wie die erkrankten Zellen der Fascia dentata und des Nucleus habenulae des Gehirns.

Die unregelmgt3ig zackig begrenzten ch, eieckigen Kerne der gugeren K6rnersehieht haben sieh in kleinere, runde, sehr diehte K6rperehen

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Uber Verfinderungen der Regina naeh Hunger. 105

mi t g ta t te r K e r n m e m b r a n umgewandel t . Wi r mSchten annehmen, dag aueh bier wie bei den anderen Re t inaseh ieh ten ein ke rnverd ieh tender ProzeB s t a t tge funden ha t . Von dieser Ver/~nderung sind p rak t i seh alle Ze]len der/~uBeren K6rner - sehieht befallen.

Die St~behen- und Zapfen h a b e n sich in einen feinen homogenen kaum f&rbbaren S taub umgewa~?- delt , der feinste g i n g e bi ldet . Es is t sehr wahrseheinl ieh, dag bier eine ~hnliehe Chromolyse wie bei den gro- l?en Ganglienzel len des Ge- hi rns s t a t tge funden h a t Doch sind die Vergnde-

Abb. 5. Norma le Zellen der inneren gS rne r sch i eh t rungen dieser Sehieht mi t des Kaninchens , dml t I iche Kernb lase mi t XernkSr- l~fieksieht auf ihre grol3e perchen. NormaIe Zellen tier auileren K6rnerschicht

]nit gezahnter Kernbegrenzung. Otimmersion. Empf ind l i ehke i t gegeniiber

pos tmor ta ]en Ein~liissen (Mdler) mit grol?er Skepsis aufzunehmen (Abb 5. und 6).

Die folgende Tabel le 4 zeigt die Intensit /% der Ganglienze]lver/~nde- rungen der Ret inaschiehten .

Aus dieser Tabel le geht hervor , dal~ a m st/~rksten und regelmg- Bigsten die innere und ~iullere K6rnerseh ieh t ver/~ndert waren; an zwei ter Stelle k o m m t die Gangl ienzel lschieht und die St~ibchen- und Zapfensehieht .

2..Ratten. a) Gehirn. Im Gehh'n der Ratten

T a b e l l e 4.

Ganglien- St~bchen- und Zapfen- Tier Nr. zellschicht schicht

K. 158 K. 25 K. 130 K. 43 K. 44 K. 38

÷ ÷

+ + +

b

Innere ~uSere KSrner- K6rner- sehieht schicht

+ + ÷ ÷ ÷ ÷ + 2 + ÷ + + + ÷ +

%÷ nieht untersueht

÷ ÷ ÷ ÷

t

+ ÷ 0

Die Zahl der ~- bezieht sich auf die Menge der erkrankten Zelten in den versehiedenen Netzhaut- sehiehten.

finden wir an den verschiedensten Partien die charakteristischen Ver/~nderungen des Protoplasma and tier Kerne tier Ganglienzellen, wie wir sie im Gehirn der Kaninchen besehrieben haben. Hier sind auch wie dort alle Einzelformen und atle Stadien der oben ausffihrlich beschriebenen ,,schweren Ganglienze]lerkrankung" yon Nissl zu sehen. Wir finden zahlreiche erkrankte Zellen in den Stammganglienund imNucleus habenutae; in der Medull~ oblongata sind massenhaft solehe Zelten zu finden und im Kleinhirn sind fast alle Zellen erkrankt. In der Reihe der Purkin]e-Zellen und in der Hirnrinde finden wir nur wenige Zellen befallen. Die Zellen der Fasci~ den- tara weisen fiberhaupt keine Ver~nderungen auf. In der folgenden Tabelle wird im einzeb~en fiber die Lokalisation und die Intensit~t der Veri~nderungen in den versehiedenen Partien des Gehirns berichtet.

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106 Angelos Dellaporta:

T a b e l l e 5.

Medulla Ii(leinhir n Purkinje. Sta tu re -Nuc leus [ Fascia Kirn- Tier Nr. omonga~a t Zellen ganglien habenulae dentata rinde

1%1 g . 2 R. 3 g . 4.

+ + + + + + +

+ + + + + + + + + + + +

Er lgu te rungens ieheTabeI l e3 .

:5 + 0 +

÷ ÷ + o ° + + + 4 - ' + + ~ 0

++4- + + + ! 0

=k 0 0 0

Aus dieser Tabelle geht hervor, dug am stgrksten und regetmgtligsten die Zellen des Kleinhirns und die Medulla oblongata, an zweiter Stelle die Stamm- ganglien und der Nucleus habenulae erkrankt waren. Die Fascia dentata dagegen

war tiberhaupt nicht ver/~n- dert. ~ s hier null&lit, ist,

m~ dug diese schweren irrever- O :Ib siblen Vergnderungen bei

allen Versuchstieren ganz regelm~l]ig und mit gMcher Intensitgt and Lokalisation auftraten. Dies beruht wahr- seheinlieh auf der im atlge-

J meinen gr6Beren Zghigkeit der Rat ten dem Verhungern gegen~ber im VergMch zu den Kaninehen, wodurch eine interkurrente Todesur- saehe mehr oder weniger aus-

Abb. 6. Verhungertes Kaninehen: An den meisten Zellen gesehlossen wird. der inneren K6rnersehicht gesc'hrumpfter dicht gef/~rbter b) Retina. 1. ~rormale Kern. Dazwisehen einige normale Zellem Abrundung der Kerne in der guBeren IKSrnerschieht. Otimmersion. Retina der Ratlen bei der Ei-

senh/~matoxylin-van Gieson- F/irbung. Die Ganglienzellsehieht besteht aus kleinen Zellen mit sehr feiner Struktur. Der Kern ist selten und nur zum Teil yon Prot~plasma umgeben. Dieses hat eine /iugerst feine Struktur; NissIsehe Sehollen bezw. Neurofibrillenbahnen sind sehr schwer zu erkermen. Die Gr6Be der ganzen Zelle vermutet man fast immer nur durch die Grenzen des umgebendeu Gewebes. Zellfortsgtze sind nicht zu unterseheidem Die Kernblase ist mittetgrog, enth~lt ehte feinste, schwaeh gefgrbte Chromatinsubstanz; ein bzw. zwei sehr kleine Kernk6rperchen sind selten zu sehen.

Die innere K6merschicht besteht aus ausgesprochen protoplasmaarmen Zellen, die eine etwas kteinere Kernbtase wie die der Gangtienzellschieht zeigen, aber ohne eine Spur yon Protoplasma, Im Kern sieht man feinmaschiges, sehwaeh gefarbtes Chromatin; ein sehr kleines Kernk6rperchen ist in den meisten Fgllen nicht zu sehen. Die Zellen dieser Schicht sh~d, was Gr6ge und Form anbelangt,/~hnlieh den Zelten der Fascia dentat~ und des Nt~eleus habenulae.

Die ZeUen der guBeren K6rnersehicht, sind ldeine rund.e, intensiv gef/~rbte Gebilde mit einem unregelm~gig gebildeten zackigen Rand wie der eines Zahnrades.

Die St~ibehen- und Zapfenschieht sieht wie der Querschnitt eines etwas groben Samtes aus.

2. Die Netzhaut bei den Hungertieren. I n d e n Zel len de r Gangl ien- ze l l seh ich t s ieh t m a n d iese lben Ver/~nderungen, wie wir sie in den Zel len

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~Jber Vera.nderungen der Retina nach Hunger. 107

des ZNS und in der Retina der Kaninehen besehrieben haben (Abb. 7). Die Kernblase ist mehr oder weniger stark gesehrumpf~ und intensiv gef~rbt. Bei nicht sehr stark gesehrumpften Kernblasen sieht man bei starker VergrSl3erung, dab der Inhalt aus kleinsten, rundlichen, stark gef/~rbten KSrnehen besteht. Die merkwiirdige Tatsaehe, dab bei den erkrankten Zellen die Ausdehnung des Protoplasma viel besser als im Normalpr~parat zu unterseheiden ist, wiederholt sich hier in noch deutlieherer Form, als bei der Retina der Kaninehen. In den Normal- sehnitten kann man n~mlieh in den meisten F/~Hen die ganze Ausdehnung des Zelleibes nut dutch die Begrenzung des umgebenden Gewebes vet- tauten, Die Chromolyse r . . . . . . und die stgrkere F/~r- ~ bung der Zerfallspro- dukte des Protoplasmas werden w0hl aueh bier die Ursaehe des dent- , a lieheren Hervortretens sein. Wit sehen hier also dieselben Ver~nde- rungen, wie wir sie in den grol3en Gangtien- "~' P," ~ zellen des Gehirns der Kaninchen und Ratten, - , sowie in der Retina der "~ Kaninehen beobachtet laaben, wenn uns aueh Abb. 7. Gruppe yon Zellen der Ganglienzelisehicht einer

verhunger ten t ta t t emi t gesehrumpftem s ta rk gef£rbtem uncl bier die Armut an Pro- s taubfSrmig umgewande l t em Pro top lasma. Olimmersion. toplasma im Stieh l~13t und nut die wichtigen Kernver~nderungen deutlieh im Vordergrund stehen.

In der inneren K6rnersehieht linden wir zahlreiehe Zellen, die eine mehr oder weniger stark gesehrumpfte Kernblase zeigen. Aueh hier sieht man bei starker VergrSBerung, dab der Inhalt der geschrumpf~en Kernblase aus kleinsten, rundliehen dicht zusammengedrfingten, intensiv- gef~rbten KSrnehen besteht. Diese feinen Variationen in den Verfi, nde- rungen der Kern blase der Ganglienzell- und inneren KSrnersehicht der Rat ten im Vergleieh zur Kaninehenretina erkl~.ren sieh wohl dutch die Tatsaehe, dab wir bier keine siehtbaren KernkSrperchen haben.

Die Zellen der £ul3eren K6rnersehieht haben eine etwas diehtere Struktur und sind eine Spur Meiner als im Normalpr~parat. Die sonst einem Zahnrad £hnliche Grenzmembran ist hier ganz glatt. Diese Symptome weisen auf eine Sehrumpfung des Kernes hin, und wit glauben, dab auch hier ein kernverdichtender Vorgang stattgefunden hat. wie in den anderen Sehiehten.

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108 Angeles Dellaporlba:

In der St£behen- und Zapfensehieht sind keine sieheren patholo- gisehen Ver~nderungen zu sehen. Die folgende Tabelle 6 beriehtet tiber die Intensitat und Lokalisation der Ver/inderungen im einzelnem

Tabe!le 6.

Ganglien- Innere NuBere ! St~behen- K6rner- K6rner- und Zapfen-

Tier Nr. zellsehieht! sehicht sehieht sehieht

I l 1% I n ich t untersucht, g . 2 0 o o

+4- 0 R. 3 _+q_ t~. 4 / + + ~ . 0

t

Die Zahl der q- bezieht sich a u f die Menge der erkrank~e~ Zellen in den verschiedenen Netzhaut- schiehten.

Z,u,~ammen/a, sung, In den oben be-

sehriebenen Versuehen lieBen wit je eine Gruppe yon Kaninehen und Rat ten verhungern. Naeh 5--9 Tagen star- ben die Tiere an star- ker Erseh6pfung and unter den Zeiehen eines Atemstillstandes mit

mehr oder minder starken Kr/~mpfen der Rumpf- und Extremit~ten- muskulatur. Die histologische Untersuehung zeigte, dab zahireiehe Zellen der verschiedensten Gehirnpartien und der Retinasehiehten die ,,schwere Gangtienzellerkrankung" yon Nissl in ihren verschie- denen Stadien und vet allen Dingen die eharakteristisehen Ver/~nde- rungen des Kernes aufwiesen. Bei den Kaninehen waren am stgrk- sten und regelmgl~igsten yon den Ver/~nderungen die :Fascia, dentata und der Nucleus habenulae sowie die innere und anBere K6rnersehieht der Retina befallen. An zweiter Stelle kommen die St~tbehen- und Zapfensehieht der Retina bzw. die Stammganglien des ZNS und an dritt, er Stetle die Hirnrinde, da, s Kleinhirn und die ~iedulla oblongata. Bei den Rat ten sind an erster Stelle am st/trksten und am regelm/~gigsten die Medulla oblongata und das KMnhirn befallen, an zweiter Stelle die Stammganglien und der Nucleus habenutae sowie die innere und ~ugere KSrnersehieht der Retina; an dritter Stelle mit nur einigen ver- ~nderten Zetlen die Purkinje-ZeIlen und die Hirnrinde. Wit sehen hier, dab (tie Fascia dentata, die bei den Kaninehen das empfindliehste Gebiet ist, bei den Ratten iiberhaupt keine VergndermNen aufweist. Die Medulla oblongata und das Kleinhirn stellen bei den ga t t en die empfind- liehsten Gebiete dar, w£hrend sie bei den Kaninehen nut wenig be- fallen sind.

Es konnte somit gezeigt werden: 1. DaB das einfaehe Verhungern aueh im ZNS yon :Ratten und Kalfinehen die ,,sehwere Ganglien- zellerkrankung" yon NissI bewirken kann. 2. DaB die Retina ver- hungerter Ratten und Kaninehen gleiehartige Vergnderungen wie im ZNS in den versehiedenen getinasehiehten zeigt.

.Biichner und L @ , _Rotter und wir selbst besehrieben dieselben Ver- /tnderungen bei Meerschweinehen, die, wie sehon in der Einleit.ung gesagt, einem Sauerstoffmangel ausgesetzt waren, der eine H6he yon

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l~jrber Ver~inderungen der Retina nach Hunger. 109

7,5--8,5 km entsprach. Da diese Tiere eine hShere Gewichtsabnahme zeigten, kSnnte man annehmen, dal) die Ver/inderungen bei ihnen auf ein Verhungern zuriiekzuftihren seien. Merle abet konnte durch eine Reihe yon Experimente n dieselben Ver(inderungen bei Meersehweinehen nachweisen, die einer aUerdings hSheren (10--12 km) Luftverdiinnung ausgesetzt waren, ohne d e n geringsten Gewichtsverlust zu erleiden. Al tmann und Schubothe haben entsprechende Ganglienze]lveri~nderungen und andere irreversible Seh/iden des nerv6sen Gewebes an unterdruck- gesch/~digten Katzen mit nur geringem Gewichtsverlus~ beobaehtet. So mfissen wohl die Ver/inderungen der Tiere der vier erstgenannten Autoren auf das Zusammenwirken yon Hypox~mie und Hunger zuriick- gefiihr~ werden, ohne dag gesagt werden kann, welcher Anteil der einen oder anderen pathogenen Ursache zufiillt.

Wir haben die Gehirnver/~nderungen ausfiihrlich beschrieben, weft hier die Gr613e der Zellen einen besonders deutlichen Einblick in die pathologischen Vorgange erlaubt. Es ist einer der wenigen FNle, in denen wit dureh die gleiche Seh/~digung ~ den Hunger - - eine dissemi- nierte Erkrankung des gesamten ZNS und der Retina beobaehten b n n e n . Die geringe Gr6Be der Ganglienzellen der Retina erlaubt nut' die gr6bsten Kernver/~nderungen zu erkennen. In diesem Full abet haben wit als Kontrolle der feineren Ver/~nderungen die gleiehsinnig erkrank~en gro- ~en Ganglienzellen des Gehirns. Dies erlaubt uns, auf die V6ri~nde- rungen der feinen protoptasmaarmen Zellen, wie sie vor allem in der ICetina beobachtet werden, dutch das Studium der grol3en protoplasma- reiehen Gehirnzellen zu sehliegen. Wir haben, wie schon oben betont, keinen Anlag zu glauben, dab bei versehieden grogen Zellen, bei denen die Hauptvergnderungen die gteiChe~n sind, nieht auch die feinen Ver- /~nderungen fibereinstimmen. Trotzdem diese letzten sozusagen Neben- symptome der Erkrankung Mind, kann man dutch sie die Krankheit selbst genauer bestimmen und yon anderen kernverdichteten Prozessen der Ret.inazellen unterscheiden.

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