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Beitriige zur Klinik der Tuberkulose 130, 347--357 (1965) Aus dem Sehwarzwald.Sanatorium, Klinik der Bundesbahn-Versicherungsanstalt, Sch6mberg, Kr. Calw (Chefarzt: OMP~Dr. G. Klein) Ver~inderungen im Stoffwechsel und im Elektrolyt- und Wasserhaushalt bei lungenchirurgischen Eingriffen * Von W. QUARZ (Eingegangen am 14. M~irz 1965] Bei jeder Operation bilden intakte Regulationsmeehanismen des Organismus die Voraussetzung fiir einen ungest6rten intra- und postoperativen Verlauf. Die Lungenehirurgie kann daher ~ieht als begrenztes Organtrauma mit einer voriiber- gehenden Beeintri~chtigung des Gasaustausches betraehtet werden, sondern sie mul~ unter dem Gesiehtspunkt einer umfassenden StSrung des gesamten Organis- mus gesehen werden, die eine Vielza.hl yon geaktionen auslSst. So werden nicht nur Atmung und Stoffwechsel ver~ndert, sondern es kommt aueh zu Versehiebun- gen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt. Diese komplizierten, in ihren Einzelheiten schwer fiberschaubaren und dia- gnostiseh nicht leicht zu erfassenden Vorg/inge zeigen bei einem unkomplizierten Operationsverlauf ein eharakteristisches Verhalten, das sich nach MOORE in iblgende Stadien einteilen 1/iBt: ])as erste Stadium ist das der adrenergisch-kortikoiden Phase. Es kann schon kurz vor der Operation oder zu Anfang der Anaesthesie beginnen und dauert bis zum 3. Tag nacb dem Eingriff. Es ist gekennzeiehnet durch eine erhShte Aktivit.at des Nebennierenmarkes. Die wichtigsten klinischen Symptome sind: PulsbesehIeu- nigung, BlutdruekerhShung, Vasokonstriktion und Sehwitzen. Der Patient hat~ nur geringes Interesse an seiner Umgebung. Charakteristisch ist ferner am 1. Tag eine Oligm'ie von 500 ecru, die Harnmenge steigt jedoeh in den beiden folgenden Tagen auf 1000--1500 ccm an. W/ihrend der ersten 12--24 Stunden besteht nur eine geringgradige Peristaltik, sie wird aber am 3. Tag kr'£ftiger. Ver/inderungen der Elektrolyte und der KSrperfifissigkeiten sind w/~hrend dieser Zeit gering. Das Volumen der K6rperfliissigkeit /indert sieh kaum, wenn die Infusionst.herapie die zur Aufrechterha.ltung einer ausgeglichenen Bilanz not- wendige Menge an ])~lfissigkeit weder fiber- noeh unterschreitet. Was die Natrium- konzentration im Serum angeht, so sehein~ eine Beziehung zu bestehen zwischen der Hyponabri/imie und dem Trauma, und zwar in dem Sinne, dab ein gr6Beres Trauma auch einen st/irkeren Abfall des Serumnatriums bedingt; es handelt sich dabei um Ver/£nderungen, die sieh selbst ausbalaneieren und normalerweise keiner Korrektur yon auBen bediirfen. Die renale Natriumausseheidung geht aufgeringe * Frl. A. PorP bin ich filr die zaMreichen Laboruntersuchungen zu besonderem Dank verpflichtet.

Veränderungen im Stoffwechsel und im Elektrolyt- und Wasserhaushalt bei lungenchirurgischen Eingriffen

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Page 1: Veränderungen im Stoffwechsel und im Elektrolyt- und Wasserhaushalt bei lungenchirurgischen Eingriffen

Beitriige zur Klinik der Tuberkulose 130, 347--357 (1965)

Aus dem Sehwarzwald.Sanatorium, Klinik der Bundesbahn-Versicherungsanstalt, Sch6mberg, Kr. Calw (Chefarzt: OMP~ Dr. G. Klein)

Ver~inderungen im Stoffwechsel und im Elektrolyt- und Wasserhaushalt bei lungenchirurgischen Eingriffen *

Von

W. QUARZ

(Eingegangen am 14. M~irz 1965]

Bei jeder Operation bilden intakte Regulationsmeehanismen des Organismus die Voraussetzung fiir einen ungest6rten intra- und postoperativen Verlauf. Die Lungenehirurgie kann daher ~ieht als begrenztes Organtrauma mit einer voriiber- gehenden Beeintri~chtigung des Gasaustausches betraehtet werden, sondern sie mul~ unter dem Gesiehtspunkt einer umfassenden StSrung des gesamten Organis- mus gesehen werden, die eine Vielza.hl yon geakt ionen auslSst. So werden nicht nur Atmung und Stoffwechsel ver~ndert, sondern es kommt aueh zu Versehiebun- gen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt.

Diese komplizierten, in ihren Einzelheiten schwer fiberschaubaren und dia- gnostiseh nicht leicht zu erfassenden Vorg/inge zeigen bei einem unkomplizierten Operationsverlauf ein eharakteristisches Verhalten, das sich nach MOORE in iblgende Stadien einteilen 1/iBt:

])as erste Stadium ist das der adrenergisch-kortikoiden Phase. Es kann schon kurz vor der Operation oder zu Anfang der Anaesthesie beginnen und dauert bis zum 3. Tag nacb dem Eingriff. Es ist gekennzeiehnet durch eine erhShte Aktivit.at des Nebennierenmarkes. Die wichtigsten klinischen Symptome sind: PulsbesehIeu- nigung, BlutdruekerhShung, Vasokonstriktion und Sehwitzen. Der Pat ient hat~ nur geringes Interesse an seiner Umgebung. Charakteristisch ist ferner am 1. Tag eine Oligm'ie von 500 ecru, die Harnmenge steigt jedoeh in den beiden folgenden Tagen auf 1000--1500 ccm an. W/ihrend der ersten 12--24 Stunden besteht nur eine geringgradige Peristaltik, sie wird aber am 3. Tag kr'£ftiger.

Ver/inderungen der Elektrolyte und der KSrperfifissigkeiten sind w/~hrend dieser Zeit gering. Das Volumen der K6rperfliissigkeit /indert sieh kaum, wenn die Infusionst.herapie die zur Aufrechterha.ltung einer ausgeglichenen Bilanz not- wendige Menge an ])~lfissigkeit weder fiber- noeh unterschreitet. Was die Natrium- konzentration im Serum angeht, so sehein~ eine Beziehung zu bestehen zwischen der Hyponabri/imie und dem Trauma, und zwar in dem Sinne, dab ein gr6Beres Trauma auch einen st/irkeren Abfall des Serumnatriums bedingt; es handelt sich dabei um Ver/£nderungen, die sieh selbst ausbalaneieren und normalerweise keiner Korrektur yon auBen bediirfen. Die renale Natriumausseheidung geht aufgeringe

* Frl. A. PorP bin ich filr die zaMreichen Laboruntersuchungen zu besonderem Dank verpflichtet.

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Werte zurfick (5--12 mval./1). Das Chlorid verh~lt sich analog zum Natr ium. Die Kal iumkonzentrat ion im Set, am bleibt unver£ndert, dagegen erhSh~ sich die Kaliumausseheidung fiber die Niere und die Transpiration, die bis zu 70 - - 150 reval./1 am 1. Tag erreichen kann. Sie n immt am 2. und 3. Tag wieder ab. Es be- s teht also zun~ehst eine negative, aber nicht korrekturbedfirftige Kaliumbilanz. Die Kalorienanfnahme ist am Operationstag auBerordentlieh niedrig, sie lieg~ bei etwa 300--500 Kalorien, die fast ausschliefilich fiber die intraven6se Infusion mi t Traubenzucker zugeffihrt werden. Es ist aueh nnwahrseheinlieh, dab der Organismus in diesem friihen postoperativen Stadium mehr Kalorien verwerten kann.

Dieses 1. Stadium geht am 3.--5. postoperativen Tag allm~hlieh in die kortikoide Riickbildungsphase fiber, die 2- -3 Tage anhi~lt. Sie is~ klinisch gekennzeichnet (lurch eine gr5Bere Aktivi t£t des Patienten mi t regem Interesse an seiner Um- gebung. Die Peristaltik kommt kr~ftig in Gang, das Urinvolumen steigt weiter an, womit der bereits in der 1. Phase einsetzende Gewichtsverlust noch starker wird. t t inzu k o m m t eine Natriumdiurese mi t der Elimination der vorher retinierten Natrinmmenge. Die im 1. Stadium zu beobachtende negative Kaliumbilanz schl~gt in eine positive urn. Chlorid und Bikarbonat bleiben unver£ndert . Die KSrperflfissigkeit n immt insgesamt etwas ab, wird aber dann in dem nun folgenden, ctwa am 6.--8. Tag einsetzenden 3. Stadium, der anabolischen Phase, wieder grSl3er. Diese Phase ist charakterisiert durch eine Normalisierung des Verhaltens and der Funktionen des Pat ienten mi t ausgegliehenen Elektrolytbi]anzen. Es ist au f eine ausgeglichene Di~t WerfG zu legen mi t einer tiigliehen Zufuhr yon 2000 bis 3000 Kalorien, mi t einem Anteil yon ca. 50% Kohlenhydrat , 28% Eiweilt und 22% FeLt. Die Stickstoffbilanz, die ira 1. Stadium stark nega~iv ist, im 2. Stadium ausgeglichen wird, erreieht nun positive Werte. Die unmit telbar nach der Ope- ration zu beobachtende vermehrte Stickstoffausscheidung steht in einem direkten Verh/~ltnis zur Gr6l~e des Traumas. Der 3 - -5 Tage anhaltende, aber sti~ndig geringer werdende Stickstoffverlust s t ammt wahrscheinlich aus dem intrazellu- 1/~ren Protein. Der Versuch, durch Zufuhr yon Aminos/iuren die negative Bilanz in eine positive umzuwandeln, ffihrt lediglieh zu einer vermehrten Stickstoffaus- seheidung. Ers t in der zweiten Phase l/il3t sieh der nachlassende Stickstoffverlust durch vermehrte perorale oder intravenSse Aufnahme yon Eiweig weiter redu- zieren, tI ierin k o m m t die Verringerung des intrazellul/iren EiweiBabbaus und der langsame Beginn yon anabolischen Prozessen mi t einer geringgradigen Kompen- sation des Gewichtsverlustes zum Ausdruck. Ers t im vierten Stadium, der Phase der Fettzunahme, die frfihestens am 10. postoperativen Tag einsetzt und Wochen oder Monate anh/~lt, bringt eine deutlichc Zunahme des KSrpergewiehtes mi t roller Wiederherstelhmg der k6rperlichen Leistungsf/thigkeit.

Die einzelnen Stadien werden fiber eine neuroendokrine Regulation gesteuert, bei der dem t Iypothalamus, der Hypophyse und der Nebenniere eine besondere Bedeutung zukommt.

Dieser normale Ablauf kann durch zahlreiche StSrungen unterbrochen werden. Sie lassen sieh in 3 Gruppen unterteilen:

a) Resl)iratorische Stgrungen 1. prim/ir, 2. sekundiir als Fo]ge einer metabollschen Ver/inderung.

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Stoffwechselver~nderungen bei lungenchirurgischen Eingriffen 349

b) Metabolische St6rungen 1. prim£r, 2. sekund~r als Folge einer respiratodschen Ver£nderung.

c) StSrungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt.

Grul~pe a): Die prlmiiren respiratorischen StSrunyen, sei es im Sinne einer intra- oder postoperativen Azidose oder Alkalose, die in kompensierter oder nicht- kompensierter Form bestehen kSnnen, mfissen im Rahmen dieses Themas un- berficksichtigt bleiben.

Bei den 6.ekundiiren respiratorlschen Ver~nderungeu handelt es sich um die Kompensation einer primi~r metabolischen StSrung, wie z.B. einer metabolischen Alkalose, bei der durch Hypoventilat ion mit einer COz-Retention der pH-Wert der Norm gen£hert wird. Eine metabolische Azidose kann dagegen durch Hyper- ventilation teilweise oder vollstiindig kompensiert werden.

Gruppe b): Die prim~iren metabolischen Ver~nderungen gehen mit einer Ver- minderung oder ErhShung yon Standardbikarbonat einher. Sinkt das Standard- bikarbonat unter die Norm yon 22,0 royal./1, so liegt eine metabotisehe Azidose vor, steigt es fiber die obere Normgrenze yon 26,2 royal./1, so handelt es sieh um eine metabolische Alkalose.

Ffir die primdre metabolische Alkalose gibt es eine ganze Reihe von Ursachen. In der Lungenchirurgie kann sie sieh postoperativ dutch anhaltendes Erbrechen und bei der Magenatonie entwiekeln, wenn Magensekret fiber die Sonde abgesaugt wird. Die Alkalose ist dureh den VeEust yon Chlor- und Kaliumionen bedingt. Weiterhin muB mit zunehmender Anwendung yon Cortikoiden in der Therapie yon Lungenprozessen mit einer H£ufung der postoperativen metabolisehen Alkalose gereehnet werden. Sie entsteht auf dem Boden einer Hypokali~imie und einer Hypoehlor~mie, wobei es fiber den Austauseh von intrazellul£rem Kalium mit extrazellul£ren Natrium- und Wasserstoffionen zu einer intrazellul£ren Azidose und einer extrazellul~ren Alkalose kommt.

Die 8ekunddre metabolische Alkalose entwiekelt sich nach einer kompensierten odor teilweise kompensierten respiratorischen Azidose, wenn mit Normalisierung der respiratorischen Verh/iltnisse die Elimination der retinierten Kohlens/iure schneller erfolgt als die Ausscheidung des zur Kompensation erhfhten Bikar- bonates. Man beobaehtet derartige Veriinderungen sowohl bei der Spontan- atmung wie auch bei der Respiratorbeatmung. Dar/iber hinaus entsteht sie naeh einer prim/iren metabolischen Azidose, wenn spontan oder dureh eine erh6hte Bikarbonatzufuhr eine l~berkompensation eintritt.

Die h£ufigste Ursache der prim~iren metabolisehen Azidose ist der Diabetes mellitus. Infolge des durch die Operation bedingten h6heren Insulinbedarfs zeigen sicb_ auch bei klinisch komplikationslosem intra- und postoperativem Verlauf leichte Stoffwechselveritnderungen mit pH-Werten zwischen 7,280 und 7,350 bei Standardbikarbonatwerten um 18,0 mval./l. Ihre friihzeitige Diagnose und Thera-

p i e kann ffir die Rekonvaleszenz yon grol]er Bedeutung sein. Diese leichten, meist partiell kompensierten Azidosen sind mit der iiblichen Diabetestherapie leieht zu korrigieren.

Anders liegen die Verh~ltnisse bei schweren Azidosen, die aul]er mit Altinsulin und Laevulose bzw. Glukose u. U. noch mit Elektrolytlfsungen behandelt werden

Bcitr. Klin, Tuberk,, Bd. 130 25

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350 W. Qvxaz:

mfissen, um einer drohenden intra, und extrazellul~ren Dehydration entgegen- zuwirken.

Eine weitere Ursache der metabolischen Azidose ist der Sehock. In der Lungen- ehirurgie steht der Blutungsschock im Vordergrund, bei dem ein Anstieg des Milchs~ure- und Brenztraubens~urespiegels und ein Abfall der Bikarbonat- konzentration und des pt t -Wertes im Serum beobaehtet werden. Kommt es spontan oder dureh therapeutisehe MaBnahmen zur Normalisierung des Krels- laufes, so stellt sieh nicht selten eine leichte ~berkompensierung mit einer m~Bigen metabo]ischen Alkalose ein. Eine prim~re metabolisehe Azidose kann so in eine sekund~re passagere Alkalose iibergehen (BLAND, DI~RR, FLEISC~E~ und FROEHLICH, QUARZ, SCHWAB und KffHNS, SNIVELY und SW~E~EY).

Die Situation ~ d in der Therapie sehwieriger und in der Prognose ungiinstiger, wenn sich als Folge des Blutungsschocks eine akute Niereninsuffizienz entwickelt. Die pathologisch-anatomischen Veri~nderungen bestehen in einer Nekrose der Tubuszellen. Aber selbst in weitgehend geseh~idigten Nieren k6nnen Nephren nnversehrt und fnnktionstfichtig bleiben. Daher triSt h~iufiger eine Oligurie auf, settener eine Anttrie. Nach ungei~ethr 10--14 Tagen stellt sich eine sti~rkere Diurese ein, vorausgesetzt, da~ sich das Tubulusepithel regeneriert hat. Die akute Niereninsuffizienz ffihrt zu einer Reihe yon funktionellen und metabolisehen St6rungen. W~hrend der Oligurie steigen Harnstoff, Harnsi~ure, Kreatinin und andere Bestandteile des Reststiekstoffes an. Beim Ubergang yon der Oligmie zur Diurese werden groBe Mengen eines unverdiinnten Hams ausgeschieden, da die regenerierten Tubuluszellen ihr Konzentrationsverm6gen erst allm~hlieh wieder- erlangen. Die Niere ist w£hrend dieser Periode nicht in der Lage, Wasser zu retinieren und selbst dann, wenn kein Wasser zugeffihrt wird, bleibt das Ham- volumen grolL So entwickelt sich eine Dehy&'ation. Weiterhin sind die Tubuli fiber l~ingere Zeit unf~hig, Natrium, Kalium und Chlorid zuriickzuhalten und Wasser- stoffionen zu binden. Der versthrkte zelluli~re Abbau £fihrt ebenfalls zu einer Anh~ufung und Retention yon fixen S~uren mit einer Vemninderung der Bikarbonatkonzentration im Blut und zu einer Verschiebung des pH-Wertes zur sauren Seite. Die bei der akuten Niereninsuffizienz auftretende metabolisehe Azidose ist also die Folge des verst~rkten Natriumverlustes und der Erh6hung saurer Stoffwechselprodukte.

Darfiber hinaus i~ndert sieh die Kaliumkonzentration in der extrazellul~ren ~lfissigkeit, und zwar wird einmal dutch den Abbau des zellul~ren Proteins ]~alium vermehrt freigesetzt und zum anderen stetlt sich eine HyperosmolaritSt der intrazellulhren Flfissigkeit tin, wobei Kalium aus den Zellen heraustri t t und dureh Natrium- und Wasserstoffionen ersetzt wird. Ob es dabei zu einer Erh6hung der Kaliumkonzentration im Serum kommt, h~ngt davon ab, inwieweit die der Hyperkaliiimie entgegenwirkenden Kr~fte wirksam werden. Es sind dies die fiber den Verdammgstrakt gehenden Kaliumverlustc, die verst~irkt bei der Nieren- insuffizienz auftreten und die bei der Verwertung yon Kohlenhydraten bestehende Reduzierung des Kaliums in der extrazellul£ren Flfissigkeit (BLAND, MERILL).

Aus dieser kurzen Darstellung der akuten Niereninsuffizienz und der damit einhergehenden Fnnktionseinbul~e mit ihrer Auswirkung auf Elektrolyt- und Wasserhaushalt wird deutlich, welche Gefahr dem Organismus droht, wenn bei lungenchirurgischen Eingriffen das Organ, dem die Kompensation operations

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Stoffweehselver~inderungen bei lungenchirurgischen Eingriffen 351

bedingter respiratorischer StSrungen obliegt, in seiner Funktion gest6rt ist. Das trifft in ganz besonderem MaBe ffir Patienten mit chronisch reduzierter Lungen- lelstung zu. Sie sind dar/iber hinaus auch kaum in der Lage, eine nephrogene metabolische Azidose dutch Hyperventilation zu kompensieren.

Die sekund(ire metabolische Azidose ist bei Lungenoperationen kein seltenes Ereignis. Sis tritt dann auf, wena bei der Anaesthesie, besonders bei jungen und manuell beatmeten Patienten, hyperventiliert wird und der pIt-~Vert durch ]3ikarbonatabfall in der Normn~he gehalten wird. Unmittelbar nach der Operation steigt bei der Spontanatmung die Kohtens/iurespannung auf normale oder hffolge des naehwirkenden Barbiturates und Muskelrelaxans auf leicht pathologische ~rerte an, ohne dab sich die Bikarbonatkonzentration in gleiehem MaBe erhSht. Diese St~rungen sind unter normalen Verh~ltnissen sehr flfichtig und bediirfen keiner Therapie (QtT.~I~z).

Bei der Gruppe c) handelt es sieh urn Ver£nderungen der Elektrolyte und des ~Vasserhaushaltes, wobei beide Systeme nur unter dem Gesichtspunkt der funk- tionellen Einheit betrachtet werden kSnnen, well es sieh bei der K6rperflfissigkeit, soweit sie nicht chemisch gebunden is~, um eine isotonisehe LSsnng mit relativ konstantem Elektrolytgehalt handelt. Ver/~nderungen der einen Komponente beeinflussen zwangsl/~ufig die andere und umgekehrt.

Aus praktischen Grfinden ist es zweckm£Big, der weiteren Einteilung die lqatriumkonzentration im Serum zugrunde zu legen.

Die in der Literatur angegebenen Normwerte stimmen nieht vollkommen fiberein. Withrend WIEMERS eine breite Streuung yon 120,0--150,0 mval./l als Normbereieh ansieht, sind nach den Angaben yon BLAND Konzentrationen yon 137,0--147,0 royal./1, naeh GAMBLE yon 136,5--142,0 royal./1 und nach PETERS Yon 134,6--141,4 reval./1 als Normwerte anzusehen. Nach S~IVELY und SWEE~V,Y sprechen Iqatriumkonzentrationen yon fiber 147,0 reval./1 ffir einen l~atrium- iiberschuB, bei Werten unter 137,0 royal./1 ist bei entsprechenden klinisehen Symptomen eine therapeutische Korrektur angezeigt. Sinken die Natriumwerte unter 130,0 mval./1, so muff nach ihrer Auff~ssung aueh beim Fehlen klinischer Symptome mit entsprechenden LSsungen substituiert werden. Bei unseren Unter- suchungen finden sieh Normwerte zwisehen 130,0 uncl 145,0 mval./l.

Beim Wasserhaushalt kann es sieh um einen Mangel oder um einen ~bersehuB an KSrperflfissigkeit handeln, also um eine Hypo- oder Hyperhydration. In Ver- bindung mit der lqatriumkonzentration ergeben sich folgende Veri~nderungen:

kypotone ............. 1 (Na+ unter 130'0 reval'/1) I

]-Iypohydra~ion- --- isotone -Hyperhydration ! (l~a + 130,0--145,0 reval./1) ! hypertone

(Na + fiber 145,0 mval./l)

Mi~ zahlreiehen Laborwerten, die sp/~ter im einzelnen besprochen werden, haben wir bei 331 chirurgischen Eingriffen an der Lunge, an der Thoraxwand und am Mediastinum das Verhalten des EIektrolyt- und Wasserhaushaltes verfolgt. Dabei zeigt sich bei 141 Patienten im postoperativen Verlauf eine leichte hypotone Hyperhydration. Die Natriumwerte im Serum bewegen sieh zwischen 120,0 und

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130,0 mvM.]l, tier niedrigste Wert betr£gt 115,0 mval./1, bei 5 Patienten bestehen Konzentrationen z~@chen 115,0 und 120,0 reval./1. Da klinisehe Symptome fehlten, unterblieb eine Substitutionstherapie.

Der hypotonen Hyperhydration folgt mit 80 F/ilIen die isotone Hyperhydration. Dabei f~llt auf, dab sich fast alle Natriumwerte im unteren Normbereieh yon 130,0 his 135,0 mvM./1 bewegen. 221 Hyperhydrationen stehen 51 ttypohydi-a- tionen gegen/iber, davon sind 44 hypoton und 7 isoton. Bei den isotonen IIypo- hydrationen liegen ebenfalls die Natriumwerte an der unteren Normgrenze. Bei 9 Patienten besteht zun~iehst eine isotone Hypohydration, die spiiter in eine leichte Ityperhydration fibergegangen ist, nnd zwar hat es sieh sechsmaI um hypotone und dreimal um isotone Ver/inderungen gehandelt. In 23 F/illen zeigt sich lediglich eine tIyponatriitmie geringen Grades mit Serumwerten zwisehen 130,0 und I20,0 mval./1. Bei 14 Patienten flnden sieh postoperativ keine ~nderungen der Natrium- werte, es besteht ebenfalls kein Anhalt fiir StSrungen im Wasserhaushalt. In 13 F/illen sind die Ergebnisse aus teehnisehen Griinden nieht zu verwerten.

Es werden also vorwiegend hypotone Ver/inderungen gefunden, abet aueh bei den isotonen sind die Natriumwerte an der unteren Normgrenze. Sie dauern durch- sehnittlich 5--6 Tage und entspreehen damit der physiologisehen postoperativen Hyponatri~imie.

Die groBe Zahl yon Hyperhydrationen macht deutlieh, dab die einem chirur- gischen Eingriff folgende physiologisehe Antidiurese bei der intra- und post- operativen Iiffusionstherapie berficksichtigt werden mull Offenbar liegt bei uns die Zufuhr natriumfreier oder natriumarmer LSsungen geringgradig fiber dem Bedarf. Lassen sieh Hyperhydrationen nieht dutch eine fiberm/igige Flfissigkeits- zufuhr erkl~ren, so kommt als Ursache die Wassel~etention bei oder naeh der An- wendung v on Kortikoiden in Frage, an die wir in zunehmendem MaBe denken mfissen.

Beim Kalium zeigen sieh im Serum in der postoperativen Phase charakteristische Werte. Die Konzentration slnkt in den ersten 3--4 Tagen leieht ab, und zwar dureh- schnittlich um 0,5--1,0 reval./1. Sie steigt aber am 4. oder 5. Tag wieder an, wobei der obere Normbereich aber hie iibersehritten wird. Eine therapeutische Korrektur ist in keinem Fall notwendig gewesen. Es muB allerdings darauf hingewiesen werden, dab wir nach der ersten Urinproduktion LSsungen infundieren, die einen Kaliumgehalt z~dsehen 5,0 und 25,0 royal./1 aufweisen. Diese Konzentration liegt fiber dem lVlinimalbcdarf und erbeblich unter der Maximaltoleranz.

Mit welchen Untersuchungsmethoden lassen sich metabolische StSrungen und Ver~nderungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt aufdeeken ~.

Da die metabolisehe Azidose oder Alkalose als Zustand mit erniedrigter bzw. erhShter Standardbikarbonatkonzentration im Serum definiert ist, setzt die laufende intra- und postoperative Uberwaehung des Stoffwechsels die M5glichkeit einer schnellen und einfachen Bestimmung der Bikarbonatwerte voraus. Hier hat sich die blutgasanalytische Mikromethode yon AST~UP bew/ihrt, mit der neben dem Standardbikarbonat das aktuelle Bikarbonat, die arterielle Kohlens/~urespannung, das Blut-pH und das S~ure/Basen-Defizit ermittelt werden k6nnen. Damit ist nicht nur eine qualitative Diagnostik im Sinne einer klaren Differenzierung zwisehen respiratorischen und metabolisehen Ver/~nderungen m6glich, sondern auch eine quantitative mit genauen Angaben fiber das Ausmag der vorliegenden St6rung,

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Stoffweehselver~nderungen bei lungenehirurgischen Eingriffen 353

wobei der Siiure/Basen-Defizitwert neben der Standardbikarbonatkonzentrat ion die wichtigste Gr6Be bei Abweiehungen im Stoffwechsel darstellt (Aswgtre und Mitarb., FELDER, QUARZ).

Von der Methodik her gesehen ist die Ermit t lung der Natr ium- und Kalium- konzentration im Serum mi t dem Flammenphotometer ebenso einfach wie die Astrupsche Untersuchung. Sie l~Bt sich in jedem mittleren Labor vornehmen. Es hat sich als zweckmiiBig herausgestellt, bei der Untersuchung ein Kontrol lserum mi t bekannter Natr ium- und Kaliumkonzentrat ion (Lab-Trol) mitlaufen zu lassen.

Ver~nderungen hu Wasserhaushalt lassen sich mit einer Reihe yon ~Verten verfolgen, t t ierhin geh6ren: H~mogtobingehalt des Blutes, Zahl, Volumen und H~moglobingehalt der Ery throzyten sowie das GesamteiweiB im Serum. Das mittlere Erythrozytenvolumen erh~lt man, indem der H~matokri twert durch die Zahl der Erythrozyten dividiert wird. Der mitt lere Hamoglobinwert pro Ery- throzyt ergibt sich aus dem Hi~moglobin/tIi~matokrit-Quotienten.

Tabelle

Hypotone Isotone Normwerte ]typer- De- tlyper- De-

hydration hydration

145 _ _ 130 mval/l ~

49,9: i' 35 ,91%

12,01gO/o ........... v ~ .................................................

4,1 Mill

92,0 78,0 t ~m2 33,5 31,5 ~ g

8,6! t 6,0g%

Natrium

Haematokrit

Hb-Gelmlt

Erythrozytenzahl

Mittleres Ery-Volumen

Mittlerer Hb-Gehalt der Erythrozyten

Proteingehalt .~ ~ ..... -

t

= erhSht

-I .~ = erniedrigt

Hypertone Hyper- De-

hydration

t

¢ T

¢

- - = unver~indert

Wie sich die einzelnen Werte bei Verschiebungen im Wasserhaushalt verhalten, geht aus der Tabelle hervor. Ferner mfissen Flfissigkeitsverluste gemessen bzw. gesch/itzt werden. Gemessen werden die Urinmenge mit dem spez. Gewicht und dem pH-Wert , ferner die fiber die Thoraxdrainage und ggf. die bei einer be- ginnenden Magen- und Darmatonie fiber den Magenschlauch abgcsaugten Sekret- volumina. Geschi~tzt werden die unsichtbaren Verluste fiber die H a u t und die Lungen, die am Tage mehr als 1000 ml/qm K6rperoberfl~,che bei erh6hter Tempe- ra tur oder gesteigerte Atmung betragen k6nnen. GleichgroBe Verluste treten u. U. bei starker Transpiration ein, die nieht nur yon der K6rper temperatur , sondern aueh yon der Tempera tur und Luftfeuchtigkeit des Krankenzimmers abhitngen (BLAND, Fr~V.ISCHER und F•OEHLICrl, SCHWAB und K~)H~S).

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Die Bedeutung der Laborwerte ist ffir die Therapie der hier besproehenen Ver- /~nderungen untersehiedlich. Sie ist zweifellos am gr6t~ten bei respirat.orisehen St6rungen. So mug eine respiratorisehe Azidose u. U. schon vor dem Auftreten klinischer Sympbome behandelt werden. Bei der metabolisehen Azidose oder Alka- lose wird man eine Korrektur nur unter Berficksichtigung des klinischen Brides einleiten, wenn es sich nicht um ])iabetiker oder um schwerkranke und alte Patienten handelt, bei denen eine spontane Kompensation nicht zu erwarten ist. Bei Verschiebungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt steht der ldinische Befund ira Vordergrund; die Laborwerte sind hier yon zweitrangiger Bedeutung, zumindest was den Beginn der Therapie angeht. Es soll nach M6glichkeit die spontane Normalisierung abgewarbe~ werden, die bei peroraler Nahrungsaufnahme und aus- reichender Nierenfunktion praktisch immer eintritt.

In den wenigen F/illen, wo auf Grund einer ausgepritgten klinischen Sympto- matologie therapeutisch eingegriffen werden muB, sind einige Formeln yon prak- tischem Weft .

1. Bei me~abolischen StSrungen haben ASTRUt' und M~LLEI~IGAARD zur Be- reehnung der Menge yon Natriumbikarbonat bzw. Ammoniumchlorid oder einer iiquivMenten LSsung, die zur Korrektur notwendig ist, folgende Formel angegeben:

~enge (mwl./1) = 0,3 × KSrpergewicht/kg × ~J S~ure-Base .

Der Faktor 0,3 wurde experimentell ermittelt. Beispiel: Metabolische Azidose bei einem 70 kg sehweren Patienten mit folgeu-

den, nach Astrup ermittelten Werten: pH: 7,250, pC02:40,5 mm Hg., aktuelles Bikarbonat : 17,5 reval./1, Standardbikarbonat: 17,5 mval./1, A S~ure-Base : 6,0 mval.]l.

Die zur Korrektur notwendige Menge yon basischen Valenzen betr~gt:

0,3 × 70,0 × 6,0 ---- 126,0 mval./1.

2. Im Fa]le einer Dehydration kann die Gr58e des ~Vasserdefizits auf Grund der ErhShung des Natriumspiegels im Serum gesch~tzt werden. Dazu wird folgende Formel angegeben ( W ~ s ~ s und KER~):

Na.Is~-Wert -- Na-Normwert × extrazelluI. Fliissigkeitsmenge It20-Defizit ( 1 ) ~ Na-Normwert

JBeispiel: Normalerweise liegt der Anteil der Extrazellularfliissigkeit am K6rper- gewicht bei Erwaehsenen und Jugendliehen um 15 %, bei Kleinstkindern um 25 %. Bei einem 70 kg schweren ~atienten betr~gt die Natriumkonzentration im Serum 163,0 royal.]l, die Extrazellularfliissigkeit 10,5 1. Das Wasserdefizib betriigt dann:

(163 -- 143)- 10,5 20- 10,5 - - - - 1 , 4 6 1 . 143 143

3. Das Gesamtnatxiumdefizit t~gt sich nach S~IV~Lr und SWEENEY auf folgende Weise ann~ihernd berechnen:

Na-Defizit ~ (Na-Normwert - - Na-Ist-Wert) × extrazellul. Fliissigkeitsvolumen.

Beispiel: Bei einer 60 kg schweren Patientin besteht eine iNatriumkonzentration im Serum von 120,0 mval./l.

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Stoffwechselver~nderungen bei lungenchirurgischen :Eingriffen 355

Gesamt-Na-Defizit (mval./1) = (143 -- 120). 9,0 = 207,0 mva]./1.

4. Das zum Ausgleich des Gesamtnatriumdefizites notwendige Volumen einer L6sung mit bekannter Elektrolytkonzentration ergibt sich nach den oben an- gegebenen Autoren aus folgender Beziehung:

Gesamtnatriumdefizit i. d. Extrazellularflfissigkeit × 1000 Volumen (ml) ~ Na-Gehalt der LSsung (mval./1)

Beispiel: Ein Gesamtnatriumdefizit von 207,0 mval./1 bei normalem extra- zeltul/irem F1/issigkeitsvolumen soll durch eine 3 %ige KochsalzlSsung ausgegliehen werden. Das erforderliche Volumen betr/~gt:

207 × 1000 513 = 403,5 ml.

Besteht gleichzeitig eine Dehydration, so werden beide Defizite durch Zufuhr einer grSl]eren LSsungsmenge mit niedrigerem Natriumgehalt korrigiert, z. B. mit einer LSsung, die 140,0 mval./1 ~qatrium enth/~lt. Die erforderliche LSsungsmenge betragt dann:

207 × 1000 140 -- 1478,5 ml.

Die an Hand dieser Formeln erreehneten Werte k6nnen bei der komplexen Natur der besproehenen Ver/inderungen nieht als exakte GrSBen im mathe- matischen Sinne angesehen werden. Die Formeln sind als Faustregeln aufzufassen, deren Ergebnisse eine Vorstellung fiber das Ausmal~ einer StSrung vermitteln, aber nur in Verbindung mit dem klinisehen Bild gewertet werden sollen.

Es hat sieh bei der Therapie als zweckm/illig erwiesen, zun/~chst die tI/flfte der errechneten Volumina oder Valenzen zu infundieren und die weitere Behandlung von den Ergebnissen einer zweiten oder dritten Untersuchung abh/ingig zu maehen.

Allgemein 1/iBt sich feststellen, da6 gezielte therapeutische Matnahmen zur Korrektur von St6rungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt bei lungenehirur- gischen Eingriffen selten notwendig sind, well in der Regel eine spontane Normali- sierung eintritt, vorausgesetzt, dab die Infusionsbehandlung und die perorale Ern/~hrung den besonderen intra- und postoperativen Verh/~ltnissen gerecht werden uncl die Nierenfunktion intakt bleibt.

Dies trifft aueh ffir jene Patienten zu, die wegen einer postoperativen respira- torisehen Insuffizienz tracheotomiert und 1/~ngere Zeit mit dem Respirator beatmet werden mfissen.

Betraehtet man die Lungenchirurgie allein unter dem Gesichtspunkt der hier besproehenen pathophysiologischen Vorg/~nge, so stehen die respiratorisehea StSrungen, was das Operationsrisiko angeht, weitaus im Vordergrund. Es folgen die metabolischen Ver/~nderungen und schlieBlieh die Abweiehungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt. So haben in der postoperativen Uberwaehung die bIutgas- analytisehen Untersuehungen den Vorrang vor den M[ai]nahmea zur Kontrolle der Elektrolyte und des ~Vasserhausha]tes.

Zusammenfassung In der Chirurgie sind intakte Regulationsvorg/~nge die Voraussetzung ffir einen

ungestSrten intra- und postoperativen Verlauf. Lungenchirurgische Eingriffe

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356 W. QgARZ:

kSnnen daher nieht nur unter dem Gesichtspunkt eines isolierten Organtraumas betraehtet werden, sondern sic miissen als Eh:bruch in die Funktionen des ge- samten Organismus gesehen werden. So werden nicht nur Atmung und Stoffweehsel, sondern aueh tier Elektrolyt- nnd Wasscrhaushalt beeinflul~t.

Bei einem unkomplizierten intra- und postoperativen Ablauf lassen sieh vier charakteristische Phasen unterseheiden: 1. Die adrenergisch-kortikoide Phase, 2. die kortikoide Rfiekbildungsphase, 3. die anabolisehe Phase und 4. die Phase der Fet tzunahme.

Dieser normale Verlauf kann dureh respiratorische und metabolische StSrungen sowie durch Ver/tnderungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt unterbrochen werden, auf die im einzelnen eingegangen wird. Von grSBter Bedeutung sind zweifellos die respiratorischen StSrungen, es folgen die metabolischen. Verschie- bungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt werden h/iufig beobachtet, doeh k o m m t es in der Regel zur spontanen Kompensation.

lgs werden diagnostische und methodische Fragen besprochen sowie einige Formeln angegeben, die fiir die Therapie yon praktischem Wert sind.

Summary

In tac t regulatory processes are prerequisite for an uncomplicated course during and after surgery. Lung surgery should, therefore, not be considered only from the viewpoint of simple, isolated t rauma to a single organ, but ra ther as an insult to the functioning of the entire organism. Thus, not only is the respiration and metabolism influenced, but also the electrolyte and water balance.

Four characteristic phases may be differentiated during an uncomplicated intra and postoperat ive course : 1. the adrenergic corticoide phase, 2. the corticoide regression phase, 3. the anabolic phase, 4. the phase of fat increase.

This normal progression of events can be interrupted through respiratory and metabohc disturbances as welt as through changes in electrolyte and water balances. Details have been included and elucidated in the text. The repiratory disturbances are doubtless of prime and importance with the metabolic disturban- ces following. Shifts in electrolyte and water balances are often observed, but spontaneous compensation occurs as a rule.

Diagnostic and technical questions are discussed and some formulas are given as practical aids for therapeutic purposes.

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Klinik der Bundesbahn-Versieherungsanstalt