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Versorgungsforschung in der Dermatologie – aktuelle Bestandsaufnahme und Perspektiven

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Page 1: Versorgungsforschung in der Dermatologie – aktuelle Bestandsaufnahme und Perspektiven

Schlüsselwörter• Versorgungsforschung• Versorgungsqualität• Dermatologie• Hauterkrankungen• Allergien

Keywords• Health services research• quality of care• dermatology• skin diseases• allergies

ZusammenfassungHintergrund: Die Kenntnis des Versorgungsbedarfes und der Versorgungsqualitätist für die zukünftige medizinische Versorgung der Haut- und Allergiekranken inDeutschland von großer Bedeutung. Ziel der vorliegenden Bestandsaufnahmeist eine umfassende Zusammenstellung der verfügbaren Versorgungsdatenund -forschungsaktivitäten für die Dermatologie in Deutschland.Methoden:Zur Erfassung der aktuellen Aktivitäten zur Versorgungsforschung in derDermatologie wurde eine Literaturrecherche in PUBMED sowie eine Handsuchedurchgeführt.Des Weiteren erfolgte eine postalische Abfrage von 114 Hautklinikenund 52 in der Versorgungsforschung tätigen Institutionen in Deutschland.Ergebnisse: Der Rücklauf der Erhebungsbogen betrug 81 %. Es wurden aus insgesamt 30 Kliniken und 5 Institutionen Hinweise auf Projekte gegeben,davon die meisten zu den Bereichen Epidemiologie, Lebensqualität, Ökonomieund Prävention. Diese führten zur Dokumentation von 101 Projekten der Versorgungsforschung. Aus diesen Quellen sowie aus den Internet- und Handrecherchen wurden ferner 216 wissenschaftliche Publikationen zur Versorgungsforschung an Hautkrankheiten und Allergien in Deutschland ermittelt. Nur wenige Projekte fanden sich zur Implementierung von Leitlinienund zur Qualität der Versorgung. Studien zu Bedarf und Inanspruchnahme von hautärztlichen Leistungen und zu Arbeitsbedingungen von Ärzten undMitarbeitern fehlen fast gänzlich.Schlussfolgerungen: Es zeigt sich, dass für einige wichtige Bereiche der Versor-gungsforschung in der Dermatologie erhebliche Defizite bestehen.Um zukünftigeine effiziente und qualifizierte dermatologische Versorgung in Deutschland sicherzustellen, sind vermehrt Projekte zur Bedarfs-, Inanspruchsnahme- undQualitätsforschung erforderlich.

SummaryBackground: An in depth knowledge of the demands on health care resourcesand the quality of health care provision is of major importance for the futurecare of skin and allergy patients. We present a comprehensive summary of allavailable health care data and research activities in dermatology in Germany.Methods: A standardized electronic literature search was performed usingPUBMED as well as a manual search to identify activities in the field of healthservices research in dermatology. Furthermore, questionnaires were sent to 114 dermatology hospitals and to 52 health service research institutions in Germany.Results: The overall return rate of the survey was 81 %.Hints on projects were gi-ven by 30 hospitals and 5 institutions. Most of these projects were in the field of

Versorgungsforschung in der Dermatologie –

aktuelle Bestandsaufnahme und Perspektiven

Health services research in dermatology – current update and

perspectives

Lisa Zimmer, Angela Schommer, Matthias AugustinCompetenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), Klinik für Dermatologie und Venerologie,Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

JDDG; 2007 • 5:482–488 Eingereicht: 3.7.2006 | Angenommen: 15.1.2007

482 Originalarbeit DOI: 10.1111/j.1610-0387.2007.06294.x

JDDG | 6˙2007 (Band 5) © The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag, Berlin • JDDG • 1610-0379/2007/0506-0482

English online version at www.blackwell-synergy.com/loi/ddg

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EinführungDie Gesundheitspolitik wird im Hinblickauf die immer begrenzter werdenden fi-nanziellen Mittel in der gesetzlichenKrankenkasse zukünftig medizinischeLeistungen rationieren und rationalisie-ren müssen. Eine hierfür notwendigeVoraussetzung ist die Verfügbarkeit ver-lässlicher Daten, mit denen der Versor-gungsbedarf und die Versorgungsqualitätbeurteilt werden können. Die hierzubenötigten Planungsdaten liefert die Ver-sorgungsforschung. Sie wird definiert alsein fachübergreifendes Forschungsge-biet, das a) die Kranken- und Gesund-heitsversorgung sowie ihre Rahmenbe-dingungen beschreibt und kausal erklärt, b)zur Entwicklung wissenschaftlich fun-dierter Versorgungskonzepte beiträgt, c)die Umsetzung neuer Versorgungskon-zepte begleitend erforscht und d) dieWirksamkeit von Versorgungsstrukturenund -prozessen unter Alltagsbedingun-gen evaluiert [1]. Nach Definition derBundesärztekammer [2] untersucht dieVersorgungsforschung die „Versorgungs-realität unter Alltagsbedingungen“.Wichtige Teildisziplinen der Versor-gungsforschung sind die Bedarfs-, die Inanspruchnahme- und die Organisati-onsforschung sowie Health TechnologyAssessment, Versorgungsökonomie, Qua-litätsforschung und Versorgungsepide-miologie [1]. Bislang wurde die Versor-gungsforschung in Deutschland nureingeschränkt gefördert [3], so dass hiererhebliche Defizite für die zukünftige Pla-nung bestehen. In den derzeit laufendenFörderprojekten sind dermatologischeFragestellungen bislang nicht vertreten[4, 5]. Vor diesem Hintergrund wurde am Uni-versitätsklinikum Hamburg-Eppendorfzum 1.10.2005 das CompetenzzentrumVersorgungsforschung in der Dermato-logie (CVderm) mit dem Ziel eingerich-tet, die Versorgungsforschung bei Haut-und Allergiekrankheiten zu fördern.

Zu den ersten Projekten des CVdermzählte eine aktuelle Bestandsaufnahmezur Versorgungsforschung in der Derma-tologie in Deutschland.

MethodenZur Erfassung der aktuellen Projekte zurVersorgungsforschung in der Dermato-logie in Deutschland sowie zur Bestand-saufnahme der aktuellen Publikationenaus deutschen Arbeitsgruppen wurdenzwei Zugangswege gewählt, zum eineneine systematische Online-Recherche,zum andern eine strukturierte Befragungvon Einrichtungen der Versorgungsfor-schung und dermatologischen Klinikenin Deutschland.Die Online-Recherche in PUBMED (bisNovember 2005) wurde zunächst unterden Keywords „Health Services ResearchAND skin diseases, economy AND skindiseases und quality of life AND skin di-seases“ durchgeführt. Zusätzlich wurden weitere Online-Re-cherchen in PUBMED (bis März 2006)unter den Keywords „epidemiologyAND skin diseases NOT breast“ und un-ter den Keywords „allergies NOT asthmaAND epidemiology“ durchgeführt.Die Auswertung der Literaturrechercheerfolgte primär anhand der Publikati-onstitel und bei Unklarheiten sekundärunter Einbeziehung der Abstracts. Un-terstützend zur Literaturrecherche wur-den eine Online-Recherche mit Google(November 2005) unter den Keywords„Versorgungsforschung, Projekte, Der-matologie, Deutschland“ durchgeführt.Im Rahmen einer Handrecherche wur-den relevante Sekundärliteratur und dieHinweise auf Publikationen aus derpostalischen Abfrage berücksichtigt. Um auch noch nicht veröffentlichte odersich in Planung befindliche Projekte zurVersorgungsforschung in der Dermato-logie in Deutschland zu erfassen, erfolgteeine postalische Befragung mit struktu-rierten Erhebungsbögen an 114 derma-

tologische Kliniken und an 52 in derVersorgungsforschung tätigen Institutio-nen. Es wurden alle universitären, städti-schen und Reha-Hautkliniken inDeutschland angeschrieben mit der Bitteum Informationen zu Projekten zur Ver-sorgungsforschung bei Hauterkrankun-gen und Allergien. Um die Erhebung zuerleichtern und die zur Versorgungsfor-schung zählenden Teildisziplinen zu ver-deutlichen, wurde eine Checkliste mitden wichtigsten Schlagwörtern zur Ver-sorgungsforschung beigefügt (Tabelle 1).Ferner wurden die im Forum Versor-gungsforschung des Ärztlichen Zen-trums für Qualität in der Medizin(ÄZQ) aufgelisteten Institutionen ange-schrieben.51 dermatologische Kliniken und 26 inder Versorgungsforschung tätige Institu-tionen wurden nach zwei Monaten we-gen fehlender Rückläufe erneut ange-schrieben.Durch die postalische Befragung ergabensich weiterhin Verweise auf einige Regi-ster und Netzwerke zu dermatologischenErkrankungen, so dass zusätzlich eineSekundärrecherche mit Google zur Er-fassung dieser Einrichtungen durchge-führt wurde.

ErgebnisseDie aktuelle Online-Recherche inPUBMED ergab nach Zusammen-führung aller Suchergebnisse der ver-schiedenen Keywords und nach Aussor-tierung von Irrläufern und Duplikaten216 Literaturstellen zur Versorgungsfor-schung in der Dermatologie in Deutsch-land (Abbildung 1). Unter den Keywords„Health Services Research AND skin di-seases“ kam es zu insgesamt 186 Treffern,wobei es sich nur in vier Fällen um deut-sche Arbeiten handelte. Weiterhin fielauf, dass auch im internationalen Um-feld nur wenige Studien durchgeführtwerden, die die Qualität der Versorgungdurch Dermatologen versus Nicht-Der-

epidemiology, quality of life, economy and prevention. Finally, the search iden-tified 101 health services research projects in Germany. In addition, material ga-thered from internet and secondary citations from scientific journals produceda total of 216 publications. Only few projects were found on the working condi-tions of physicians and employees, on the implementation of guidelines, onneeds and use of dermatological services and on the quality of care.Conclusions: The findings demonstrate that there are substantial deficiencies insome important areas of health services research in dermatology.To provide ef-ficient and qualified dermatological health care in Germany in the future, moreresearch projects on the needs, demands and quality of health care are needed.

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matologen untersuchen (n = 16). Die ak-tuelle Online-Recherche in PUBMEDunter den Keywords „EpidemiologyAND skin diseases NOT breast“ führtenach Ausschluss von Irrläufern zu 588Treffern, wovon es sich in 45 Fällen umdeutsche Arbeiten handelte. Eine zusätz-lich durchgeführte Literaturrechercheunter den Keywords „Allergies NOTasthma AND epidemiology“ erbrachte52 weitere Literaturstellen zu deutschenArbeiten. Die Google-Suche ergab unter anderemHinweise auf die Förderinitiative derBundesärztekammer zur Versorgungsfor-schung, das Forum Versorgungsfor-schung des ÄZQ, das Zentrum für Ver-sorgungsforschung Köln (ZVFK) sowiedie Förderung der Versorgungsforschungdurch das Bundesministerium für Bil-dung und Forschung (BMBF). Derma-tologische Projekte zur Versorgungsfor-schung in Deutschland konnten mittelsder Google-Suche nicht ermittelt wer-den.Der Rücklauf der postalischen Aussen-dung betrug 134 (81 %). Es wurden ausinsgesamt 30 dermatologischen Klinikenund 5 Instituten Hinweise auf Projektezur Versorgungsforschung in der Derma-tologie gegeben (Tabelle 2). Diese Hin-weise führten zur Dokumentation von101 Projekten zur Versorgungsforschungin der Dermatologie in Deutschland.Von diesen sind 30 Projekte bereits fertiggestellt, 65 Projekte befinden sich in derDurchführungs- und 6 Projekte in derPlanungsphase. Schwerpunktthemen derProjekte sind Fragen der Ökonomie, derLebensqualität, der Epidemiologie undder Prävention (Tabelle 1). AtopischesEkzem, Allergien und Psoriasis sind diehäufigsten dermatologischen Erkran-kungen, zu denen Projekte geplant oderdurchgeführt werden (Tabelle 3). Dem-gegenüber bestehen Defizite bezüglichStudien zu Arbeitsbedingungen von Ärz-ten und Mitarbeitern, zur Implementie-rung von Leitlinien, zu Bedarf und Inanspruchnahme von hautärztlichenLeistungen sowie bezüglich Studien, diedie Qualität der hautärztlichen Versor-gung evaluieren (Tabelle 1).Im Rahmen der postalischen Befragungsowie der nachfolgenden Sekundärre-cherche zeigte sich, dass zu den seit lan-gem etablierten Registern wie demDeutschem Register Morbus Adaman-tiades-Behçet [6], dem ZentralregisterMalignes Melanom [7], dem Deutschen

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Tabelle 1: Abgefragte Checkliste mit Teilbereichen der Versorgungsfor-schung und dazu geplante oder durchgeführte dermatologische Projekte(Mehrfachnennungen möglich).

Teilbereiche der VersorgungsforschungAnzahl derProjekte

(n)

Arbeitsbedingungen von Dermatologen in Klinik und Praxis 1

Bedarf und Inanspruchnahme von hautärztlichen Leistungen 1

Compliance und Patientenzufriedenheit 7

Epidemiologie/Prävalenz von Hauterkrankungen 22

Lebensqualitäts-Studien 14

Ökonomische Studien 14

Praktische Anwendung von Leitlinien 5

Präventionsstudien 10

Qualität der Versorgung durch Dermatologen vs. Nicht-Dermatologen

3

Studien zur Methodenentwicklung 8

Therapiestudien unter Alltagsbedingungen 7

Versorgungsstand dermatologischer/ allergologischer Erkrankungen 7

Patienten-seitiger Nutzen 5

Summe 104

Abbildung 1: Gesamtergebnis der Literaturrecherche.

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Kutanen Lymphomregister, dem Doku-mentationszentrum schwerer Hautreak-tionen (dZH) [8] und dem Überwa-chungssystem für Kontaktallergien desInformationsverbundes Dermatologi-scher Kliniken (IVDK) [9, 10] weitereRegister für Hauterkrankungen inDeutschland hinzugekommen sind (Tabelle 4). So wurde das Zentralregistermelanozytärer Nävi mit Sitz an der Uni-versitäts-Hautklinik in Lübeck etabliert[11]. Zum anderen existiert seit Juni2002 das vom BMBF geförderte Kom-petenznetzwerk HIV/AIDS und seit Ok-tober 2003 die ebenfalls vom BMBF ge-förderten Kompetenznetzwerke fürEpidermolysis bullosa (EB), Ichthyosenund verwandte Verhornungsstörungen(NIRK) sowie das Deutsche Netzwerkfür systemische Sklerodermie [12]. ImRahmen von Teilprojekten wurden in al-len vier Kompetenznetzwerken krank-heitsspezifische Datenbanken erstellt.Weiterhin wurde im Jahr 2005 nach dem

Vorbild des Zentralregisters für das mali-gne Melanom ein spezialisiertes Registerzur Dokumentation des Merkelzell-Kar-zinoms aufgebaut (Tabelle 4).

DiskussionZiel der vorliegenden Arbeit war dieAnalyse der aktuellen Versorgungsdatenund -studien für die Dermatologie inDeutschland. Dabei wurde ein dualerAnsatz verfolgt, um zum einen die inter-nationale Literaturlage zu erfassen undzum anderen in einer Direktbefragungdie laufenden Aktivitäten zu versor-gungsrelevanten Themen in Deutsch-land zu detektieren. Wichtige Projekte zur Versorgung fan-den sich im Bereich der Onkologie undden Registern für seltene Erkrankungen.Ein Beispiel effektiver Versorgungsfor-schung ist die aktuelle Bestandsauf-nahme der Versorgung im operativen Be-reich [13], mit der die herausragendeVersorgungsfunktion der Hautärzte ein-drücklich belegt wird.Unter den häufigen Erkrankungen wur-den erste Studien zur Versorgung der Al-lergien im Kindesalter durchgeführt,darunter die seit 1991 in Sachsen-Anhaltlaufende Schulanfängerstudie [14]. Eineversorgungsnahe Studie zu Wundenwurde im Rahmen einer multizentri-schen Erhebung des Patienten-seitigenNutzens der Vakuumversiegelungsthera-pie (VAC-Therapie, VVT) bei Patientenim ambulanten und stationären Rou-tine-Einsatz realisiert [15]. Diese Studieist aus zwei Gründen von besondererVersorgungsrelevanz: Zum einen wurdenbisher weder in klinischen Studien nochin systematischen Übersichtsarbeiten zurVVT bei Wunden die Lebensqualitätoder der Patienten-definierte Nutzen er-hoben. Zum anderen ist die Nutzenbe-wertung der VVT Gegenstand eines Auf-

trages des Gemeinsamen Bundesaus-schusses (GBA) an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Ge-sundheitswesen (IQWiG), dessen Ab-schlussbericht zur Nutzenbewertung derVVT Anfang März 2006 an den GBAeingereicht wurde [16]. Die vorliegendeStudie war eine der Grundlagen für eineExpertise zur Versorgungsnotwendigkeitder VVT, die das CVderm für die An-hörung im GBA erstellt hat.Die vorliegenden Ergebnisse zeigen je-doch, dass für wichtige Bereiche der Ver-sorgungsforschung in der Dermatologieerhebliche Defizite bestehen, etwa beiUntersuchungen zur Versorgungsqua-lität und Unterversorgung dermatologi-scher Patienten, zur Arbeitszufriedenheitund zu Arbeitsbedingungen der Ärzteund Mitarbeiter, zur Implementierungvon Leitlinien und zu Bedarf und Inan-spruchnahme hautärztlicher Leistungen. Insbesondere die Qualität der dermato-logischen Versorgung wurde in Deutsch-land bislang nicht systematisch unter-sucht. Dies spiegelte sich auch in denErgebnissen der postalischen Aussen-dung wider, die zeigten, dass aktuell nurdrei Projekte zur Versorgungsqualität derdermatologischen Patienten in Deutsch-land in der Planungs- und Durch-führungsphase sind. Um zukünftig die Qualität der fachärzt-lich-dermatologischen Versorgung inDeutschland darzustellen, werden Un-tersuchungen zur dermatologischen Ver-sorgungsqualität und Versorgungsfunk-tion von entscheidender Bedeutung sein.Vergleichende Studien aus den USA[17], Kanada [18], Belgien [19] und Ita-lien [20] weisen bereits darauf hin, dassdie fachärztlich-dermatologische Versor-gung hautkranker Patienten gegenübereiner nicht-dermatologischen Versor-gung eine höhere Effizienz und Qualität

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Tabelle 3: Häufigste dermatologi-sche Erkrankungen, zu denen Pro-jekte geplant oder durchgeführt wer-den (Mehrfachnennungen möglich).

Diagnosen Projekte (n)

Atopisches Ekzem 20

Allergien 13

Psoriasis 16

Hauttumoren 9

Traumen, Wundheilung

8

Berufsdermatosen 5

Andere 43

Summe 114

Tabelle 2: Ergebnisse der postalischen Aussendung zur Erfassung von Projekten zur Versorgungsforschung in derDermatologie (* Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl an Aussendungen pro Adressat).

AdressatenAussendunggesamt (n)

Rückmeldungengesamt (n)

%*

Rückmeldungen (n)

Projekte bekannt

%*Keine

Projekte%*

Kliniken 114 90 79 30 26 60 53

Institutionen 52 44 85 5 10 39 75

Summe 166 134 81 35 21 99 60

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Tabelle 4: Deutsche Netzwerke und Register zu Hauterkrankungen.

Netzwerk/Register Erkrankung Ort Leiter Website

Deutsches Register M.Adamantiades-Behçet

Morbus Adamantiades-Behçet

Hautklinik & Immunologisches Zentrum, StädtischesKlinikum Dessau

Prof. Dr. C.C. Zouboulis www.behcet.de/

Zentralregister melanozytäre Nävi

Kongenitale melanozytäre Nävi

Klinik für Dermatologie,Allergologie und Venerologie im UniversitätsklinikumSchleswig-Holstein,Lübeck

Dr. S. Krengelwww.naevus-netzwerk.de/

Dokumentationszen-trum schwerer Hautreaktionen (dZh)

Toxisch epidermaleNekrolyse (TEN), Stevens-Johnson-Syndrom (SJS),Erythema exsudativummultiforme majus(EEMM)

Universitäts-Hautklinik,Freiburg

Dr. M. Mockenhaupt

regiscar.uni-freiburg.de/index.htmlwww.doc-agent.de/scarpatients www.orpha.net/actor/EuropaNews/2006/060124.html

Deutsches Netzwerkfür systemische Sklero-dermie

Systemische Sklerodermie

Klinik und Poliklinikfür Dermatologie undVenerologie, Klinikumder Universität zu Köln

Prof. Dr. Dr. T. Krieg www.sklerodermie.info/

InformationsverbundDermatologischer Kliniken (IVDK)

Allergische Kontaktdermatitis

Universitäts-HautklinikGöttingen

Prof. Dr. A. Schnuch www.ivdk.gwdg.de/

Zentralregister Malignes Melanom

Malignes MelanomUniversitäts-HautklinikTübingen

Prof. Dr. C. Garbewww.medizin.uni-tuebingen.de/itz/

Lymphomregister Kutane Lymphome

Klinik für Dermatologie,Allergologie und Venerologie, Charité-Universitätsmedizin,Berlin

Dr. C. Assaf www.derma.charite.de/

Merkel-Register Merkelzell-Karzinom

Klinik und Poliklinikfür Dermatologie, Venerologie und Allergologie, UniversitätsklinikumWürzburg

Prof. Dr. J.C. Beckerwww.ado-homepage.de/index.php?ID=70

Netzwerk für Ichthyosenund verwandte Verhor-nungsstörungen(NIRK)

Ichthyosen und verwandteVerhornungsstörungen

Universitäts-Hautklinik Münster

Prof. Dr. H. Traupewww.netzwerk-ichthyose.de/

Netzwerk Epidermolysisbullosa (EB)

Epidermolysis bullosaUniversitäts-Hautklinik, Freiburg

Prof. Dr. L. Bruckner-Tuderman

www.netzwerk-eb.de/

KompetenznetzwerkHIV/AIDS

HIV/AIDS

Klinik für Dermatologieund Allergologie,Ruhr-Universität Bochum

Prof. Dr. N. H. Brockmeyer

www.kompetenznetz-hiv.de/

CompetenzzentrumVersorgungsforschungin der Dermatologie(CVderm)

Alle Hauterkrankungenund Allergien

Klinik und Poliklinikfür Dermatologie und Venerologie, UniversitätsklinikumHamburg-Eppendorf

Prof. Dr. M. Augustin www.cvderm.de/

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aufweist. Als Ursache hierfür werden diehöhere diagnostische Genauigkeit [18,20, 21] sowie die effizientere Auswahlder geeigneten Therapeutika [18] undoperativen Therapien bei Hauttumorer-krankungen [21] genannt. Mittels der gewählten Keywords wurdebeabsichtigt, die Teilbereiche der Versor-gungsforschung im dermatologischenBereich möglichst weit zu erfassen. Aller-dings kann nicht mit Sicherheit festge-stellt werden, ob durch die gewähltenKeywords die Literaturlage vollständigabgebildet wurde. So fokussierte die Li-teraturrecherche neben den „skin disea-ses“ auf den Terminus „allergies“, dernicht alle allergie-relevanten Arbeiteninsbesondere im Grenzbereich zu den al-lergischen Schleimhauterkrankungen er-fasst. Auch ist die Versorgungsforschungmit dem Begriff „health services rese-arch“ in den Online-Datenbanken nurunvollständig repräsentiert. Dies wurdedurch die Verwendung weiterer Suchbe-griffe wie „Quality of Life“, „Economy“und „Epidemiology“ ausgeglichen. Um Missverständnissen seitens derHautkliniken bezüglich der Definitionder Versorgungsforschung vorzubeugen,wurde der Aussendung an die Hautklini-ken eine Checkliste mit den wichtigstenSchlagwörtern zur Versorgungsfor-schung beigefügt. Missverständnisse be-züglich der Definition der Versorgungs-forschung traten dennoch auf, so dass beieiner erneuten Abfrage diese Problema-tik berücksichtigt werden muss.Die Versorgungsforschung befindet sichin der Dermatologie in Deutschlandnoch im Initialstadium. Die aktuelle Be-standsaufnahme zeigt, dass derzeit nur ineinzelnen Zentren und in stark fokus-sierten Studien Ansätze der Versorgungs-forschung im engeren Sinne verfolgtwerden. Um zukünftig eine effizienteund qualifizierte dermatologische Ver-sorgung in Deutschland sicherzustellenund um die Versorgungsdaten als sinn-volle Steuerungs- und Argumentations-instrumente in gesundheitspolitischenDiskussionen einsetzen zu können, isteine Intensivierung des Forschungsauf-kommens, insbesondere die Durch-führung von Projekten zur Bedarfs-, In-anspruchnahme- und Qualitätsforschungdringend erforderlich. Als Ansätze hierzuplant das CVderm die Durchführung ei-ner Studie zur Versorgungsqualität undleitliniengerechten Versorgung chroni-scher Wunden sowie eine Prognosestudie

zum Versorgungsbedarf bei Hautkrank-heiten und Allergien 2006 bis 2030.Weiterhin ist die Einrichtung eines Patienten-Registers ,,PsoBest“ zur Doku-mentation von Langzeitverläufen der Biologika- und System Therapie bei mit-telschwerer bis schwerer Psoriasis vorge-sehen. Diese Beispiele zeigen, dass eineeffiziente Versorgungsforschung nur un-ter Beteiligung vieler dermatologischerZentren möglich ist. Es wäre wünschens-wert, wenn sich möglichst viele Derma-tologen in Kliniken und Praxen anzukünftigen Studien zur Versorgungsfor-schung beteiligen. <<<

InteressenskonfliktDas CVderm wird von der DeutschenDermatologischen Gesellschaft und demBerufsverband der Dt. Dermatologen fi-nanziell unterstützt.

KorrespondenzanschriftDr. L. ZimmerCompetenzzentrumVersorgungsforschung in der Dermatologie(CVderm)Klinik für Dermatologie und VenerologieUniversitätsklinikum Hamburg-EppendorfMartinistraße 52D-20246 HamburgTel.: +49-40-42 80 3-36 37Fax: +49-40-42 80 3-53 48E-Mail: [email protected]

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griffsbestimmung, Gegenstand undAufgaben, 2003; http://www.versor-gungsforschung.nrw.de/content/e54/e207/e264/object269/Pfaff_H_2003_Versorgungsforschung-Begriffsbestim-mung.pdf

2 Bundesärztekammer, „Arbeitskreis Ver-sorgungsforschung“ beim Wissenschaft-lichen Beirat der Bundesärztekammer,Argumente zur Förderung der Versoru-gungsforschung durch die Bundesärzte-kammer, Fragen und Antworten, 2005;http://www.bundesaerztekammer.de/30/Versorgungsforschung/30Argumenta-tion/ArgumentationV.pdf

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