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Vorlesung zu BCh/BChLA 1.2
Prof. Dr. Robert Glaum
„Charakteristisches Reaktionsverhalten der
Hauptgruppenelemente“
[email protected] http://www.glaum.chemie.uni-bonn.de
Anorganische und Analytische Chemie I
2
Anorganische und Analytische Chemie
Warum ist das Erlernen der theoretischen und praktischen
Grundlagen der "klassischen" Analytik heute noch wichtig?
1. Stoffchemische Basis; Faktenwissen zur Chemie
2. Erkennen komplexer chemischer Zusammenhänge
und Reaktionsfolgen
3. Sauberes, exaktes und reproduzierbares Arbeiten
(Grundlage für alle chemischen Tätigkeiten)
4. Einfache und objektive Überprüfbarkeit (Benotung)
Charakteristische Reaktionen der Hauptgruppenelemente
Aufgaben der Analytischen Chemie
Analyse (Zerlegung)
Messung (Erkennung der Eigenschaften)
Synthese (Zusammenfügung)
Qualitative Analyse
Quantitative Analyse
(Strukturanalyse)
(ökologische, ökonomische und juristische Bedeutung
der erhaltenen Ergebnisse)
Erkenntnisgewinn; allg. Behandlung von Problemen
Analytische Chemie als Selbstzweck
Historisches
Ägyptischer Papyrus (1200 v. Chr.): Ag aus Ag/Au-
Legierung mit NaCl entfernbar (Bildung von AgCl)
Bronzezeit (2200 bis 800 v. Chr.): Erze von Cu u. Sn mit
Holzkohle reduzierbar
Georg Agricola (1494 - 1555): De re metallica
J. J. Berzelius (1779 - 1868): Lötrohranalyse (um 1810)
C. R. Fresenius (1841): H2S-Trennungsgang
Kirchhoff u. Bunsen (1859): Spektralanalyse
Böttger (1925) u. W. Fischer (1940): verbesserter
Trennungsgang
Organische Fällungsreagenzien: Ilinski (1884, Co mit
a-Nitroso-b-Naphthol), Hahn u. Berg (1926, 8-Hydroxy-
chinolin), Tschugaeff (1905, Dimethylglyoxim)
Vorgehen bei einer Analyse (1)
1) Probennahme:
repräsentativ (Durchschnitt), ggf. “Pickanalyse” (Vorsicht!),
Nachträgliche Veränderung der Probe möglich?
2) Vorproben:
Flammenfärbung [Alkalien, Erdalkalien (Ca, Sr, Ba), Tl],
Reaktionen “auf trockenem Wege”: Lötrohr, Salzperlen
3) Löseversuche (Lösen bzw. Aufschließen):
a) Lösen in H2O (wenn lösl. sind viele Stoffe auszuschlies-sen),
b) HNO3, verd., c) HCl, verd. (wenn keine schw. lösl. Chloride),
d) H2SO4, verd.(wenn keine schw. lösl. Sulfate),
e) konzentrierte Säuren, f) Königswasser, g) Schmelzauf-
schlüsse (z. B. Soda-Pottasche, KHSO4)
Vorgehen bei einer Analyse (2)
4) Kenntnis der Anionen:
Wichtig! Mögliche Störung des Kationentrennungsgangs.
Erste Informationen aus den Löseversuchen:
Alle Nitrate sind leicht löslich.
Schwerlösliche Chloride (weiß; Ag+, Pb2+, Tl+, Hg22+)
Schwerlösliche Sulfate (Ba, Pb, Sr, Ca)
Viele schwerlösliche Sulfide (chrakteristische Farben)
schwerlösliche Carbonate, Oxide und Hydroxide
pH-Wert der Lsg. (des wässrigen Auszugs der Analyse)
überprüfen!
Anionenanalyse (kein eigener Trennungsgang) nach
geeigneten, speziellen Verfahren
Vorgehen bei einer Analyse (3)
5) Trennungsgang der Kationen:
a) HCl-Gruppe, b) H2S-Gruppe, c) NH3-Gruppe,
d) NH4HS-Gruppe, e) Erdalkali-Gruppe,
f) Alkali-Gruppe (Lösliche Gr.)
6) Kontrolle:
Kritische Diskussion aller Beobachtungen! “Passen” die
verschiedenen Beobachtungen zusammen?
Cl und Ag+ schließen sich in einer wasserlöslichen Probe
gegenseitig aus, ähnlich auch Ba2+ und SO42 od. PO4
3
7) Bericht (Protokoll):
Eigene (!) Beobachtungen bei der Durchführung;
Zusammenfassung der Beobachtungen und Ergebnisse mit
vollständigen Reaktionsgleichungen!
Analyse der Anionen (Sodaauszug)
Aufschlämmen der gepulverten Ursubstanz mit der zwei- bis
dreifachen Menge an Na2CO3 (Soda), evt. kochen (Vorsicht:
Zerstörung / Vertreibung einiger Anionen); Filtrieren od.
Zentrifugieren, Nachweis der Anionen im Filtrat (Zentrifugat);
Metallhydroxide und Carbonate im festen (Filter-)Rückstand des
SA.
Es existiert kein brauchbarer Anionentrennungsgang!
Verschiedene Gruppenreaktionen geben erste Hinweise
Ansäuern des SA: amphotere Hydroxide fallen aus (z. B.
Al(OH)3, Sn(OH)2; auch VO43 u. MoO4
2 ),
evt. auch Schwefel (verschiedene Redoxreaktionen)
Analyse der Anionen (Sodaauszug)
Fällung weicher (HSAB) Anionen mit AgNO3/HNO3:
Halogenide u. Pseudohalogenide bilden
AgX Ndd. (Cl: weiß, Br: blaßgelb, I: gelb)
Fällung harter (HSAB) Anionen mit CaCl2/HAc:
SO42, MoO4
2, WO42, PO4
3, VO43, H3BO3, F
, SO32 (nicht zu
sauer machen) bilden weiße Ndd.
Nachweis von oxidierenden Anionen mit KI/Stärke-Lsg.:
ClO, CrO42, AsO4
3, MnO4, NO2
, NO3, H2O2 aber auch Cu2+
u. Fe3+ rufen Blaufärbung hervor
Nachweis von reduzierenden Anionen mit KMnO4-Lsg.:
wird in saurem Medium in der Hitze entfärbt durch Br, I, SCN,
S2, SO3
2, NO2
Charakteristische Reaktionen von Gruppen von Anionen
Das HSAB Prinzip (1)
HSAB: hard soft acid base
Gesucht: DRH für eine Lewis-Säure-Base-Reaktion
nach: R. G. Pearson, Chemical Hardness, Wiley-VCH, 1997.
A + lB A—B DRH = ?
Beobachtung:
Häufigkeit von oxidischen und sulfidischen Mineralien
bestimmter Metalle; Vergleich der Sublimationsenthalpien
DsublH für die Reaktion: MX(s) M(g) + X(g)
Co
Das HSAB Prinzip (2)
Weitere Beobachtungen:
a) Schwarzenbach et al.: Unterteilung von Metallionen in zwei
Klassen je nach relativer Bevorzugung von Liganden mit
unterschiedlichen Donoratomen in wässriger Lösung (Lage
von Komplexaustauschgleichgewichten)
b) Edwards: Unterteilung von Metallionen nach relativer
Bevorzugung von Liganden bestimmter Protonensäurestärke
oder Oxidierbarkeit; auch Kinetik von Ligandenaustauschrk.
nach: R. G. Pearson, Chemical Hardness, Wiley-VCH, 1997.
”hart” ”weich”
Das HSAB Prinzip (5)
Harte Säuren und harte Basen halten Elektronen fest, sind
also schwer polarisierbar. Weiche Säuren und Basen hal-
ten Elektronen weniger fest und sind leicht polarisierbar.
Harte Säure-Base Wechselwirkungen sind primär ionisch,
weiche Säure-Base Wechselwirkungen dagegen vorwie-
gend kovalent.
Die Wechselwirkungen hart/hart bzw. weich/weich sind
günstiger als hart/weich.
nach: R. G. Pearson, Chemical Hardness, Wiley-VCH, 1997.
Beeinflussung der Wechselwirkung:
Lösungsmitteleffekte
Größe der wechselwirkenden Teilchen (direkt und indirekt)
Elektronegativität
Ionisierungsenergie
Das HSAB Prinzip (6)
Douglas, McDaniel & Alexander, Concepts and Models of Inorganic Chemistry,
Wiley & Sons, 1994.
χMulliken = (IE + EA) / 2
ηabsolute Härte = (IE EA) / 2
IE: Ionisierungsenergie; EA: Elektronenaffinität
Y+ + e = Y DRH = IE
Y + e = Y DRH = EA
Y+ + 2e = Y DRH = IE + EA
Y+(g) + Z(g) = YZ = Y(g) + Z+(g)
Absolute Chemische Härte
Das HSAB Prinzip (7)
Douglas, McDaniel & Alexander, Concepts and Models of Inorganic Chemistry,
Wiley & Sons, 1994.
Absolute Chemische Härte
EHOMO IE; ELUMO EA “Koopman’s Theorem”
Das HSAB Prinzip (8)
Douglas, McDaniel & Alexander, Concepts and Models of Inorganic Chemistry,
Wiley & Sons, 1994.
Absolute Chemische Härte
= χ (Tendenz zur Elektronenabgabe)
Das HSAB Prinzip (9)
Douglas, McDaniel & Alexander, Concepts and Models of Inorganic Chemistry,
Wiley & Sons, 1994.
Härte von Lewis-Säuren (Kationen)
Das HSAB Prinzip (10)
Douglas, McDaniel & Alexander, Concepts and Models of Inorganic Chemistry,
Wiley & Sons, 1994.
Anwendung des HSAB Prinzipes
Abschätzung des Verlaufs von doppelten Umsetzungen
(Metatheserkt.) allgemein: AX + EZ = AZ + EX
Fällungsreaktionen:
AgNO3(aq) + NaCl(aq) AgCl(s) + NaNO3(aq)
Klassischer Photographischer Prozess:
AgBr(s) + 2S2O32–(aq) [Ag(S2O3)2]
–(aq) + Br−
Soda-Pottasche Aufschluß:
BaSO4(s) + Na2CO3(l) BaCO3(s) + Na2SO4(l)
Ligandenaustauschreaktionen im weitesten Sinne!
Vorproben (Ursubstanz) mit Schwefelsäure
verd. H2SO4 (starke Säure, Verdrängungsreaktionen):
Die starke Säure vertreibt die schwächere!
CO2(g) aus Carbonaten, HCN (Cyanide), H2S (Sulfide), SO2
(Sulfite), NO/NO2 (Nitrite)
konz. H2SO4 (sehr starke Säure, Oxidationsmittel, und
wasserentziehend):
Beachte: Wenig Säure reicht aus, ggf. Erhitzen! Olfaktori-
scher Nachweis der gasförmigen Reaktionsprodukte!
Alternative: Feuchter Filterpapierstreifen mit Reagenzlösung
getränkt innen an das obere Ende des Reagenzglases kleben.
Nachweisreaktionen gängiger Anionen (1)
OH bzw. H+: Lackmuspapier wird blau od. rot
Cl: Ansäuern mit 2m HNO3, Zugabe von AgNO3-Lsg.
käsiger Nd. von AgCl, lösl. in NH3-Wasser
Ag+ + Cl AgCl(s)
AgCl(s) + 2NH3(aq) [Ag(NH3)2]+ + Cl
SO4 2 : Ansäuern mit 2m HCl, Zugabe von BaCl2-Lsg.
feinkristalliner Nd. von BaSO4
Ba2+ + SO42 BaSO4(s)
CO3 2 : Ansäuern d. Ursubstanz mit HCl od. HNO3
Gasentwicklung, prüfen mit Ba(OH)2,
"Barytwasser", auf CO2
CO32 + 2H+ H2O + CO2(g)
Ba2+ + CO2(aq) + 2OH BaCO3(s) + H2O
Nachweisreaktionen gängiger Anionen (2)
NO3 : Ansäuern mit 1m H2SO4, Zugabe von frischer
FeSO4-Lsg., Unterschichten mit konz. H2SO4
brauner Ring von [FeIII(H2O)5(NO)]2+
3Fe2+ + HNO3 + 3H+ 3Fe3+ + NIIO(aq) + 2H2O
[FeII(H2O)6]2+ + NIIO(aq)
[FeIII(H2O)5(NIO)]2+ + H2O
Nitrit-freie Lsg. mit 1m HAc ansäuern, Sulfanil-säure
zugeben und einen Kristall 1-Naphthyl-amin, dann
(!) Zn-Pulver Rotfärbung durch Azofarbstoff
Zn + NVO3 + 2H+ Zn2+ + NIIIO2
+ H2O
2HNIIIO2 + OC(NH2)2 N2(g) + CO2(g) + 3H2O
Zerstörung von Nitrit mit Harnstoff!
Nachweisreaktionen gängiger Anionen (3)
NO3 : Nachweis mit Devarda-Legierung (Al: 44−46%, Cu:
49−51%, Zn: 4-6% Zink); Red. von Nitrat zu
Ammoniak
3NO3– + 8Al(s) + 5OH– + 18 H2O
3NH3(g) + 8[Al(OH)4]–
S2 : Ansäuern mit HCl Geruch nach faulen Eiern
(H2S)
Na2S(s) + 2H+ + 2Cl– 2Na+ + 2Cl– + H2S(g)
PO43 : Ansäuern mit HNO3, Zugabe von (NH4)6Mo7O24
4H2O-Lsg. nach Erhitzen gelber Nd., Keggin-
Anion: [P(Mo3O10)4]3–
PO43– + 3NH4
+ + 12MoO42–
+ 24H+
(NH4)3[P(Mo3O10)4](s) + 12H2O
Nachweisreaktionen gängiger Anionen (4)
PO43 : Zugabe von MgCl2-Lsg., dann ammoniakalisch
machen weißer Nd., MgNH4PO4 6H2O, lösl. in
Säuren
Mg2+ + NH4+ + PO4
3– + 6H2O
3NH4MgPO46H2O
Fällung mit ZrOCl2-Lsg. aus stark salzsaurer Lsg.
weißer Nd.
ZrO2+ + 2HPO42– Zr(HPO4)2H2O(s)
Kein „Zr3(PO4)4“!!!!!!
Flammenfärbung / Spektralanalyse (1)
Vorgehensweise:
Die entleuchtete Flamme des Bunsenbrenners wird von
den Alkalimetallen, den Erdalkalimetallen, sowie einigen
anderen Elementen und Molekülen in charakteristischer
Weise gefärbt. Im Einzelfall ist eine Unterscheidung bzw.
der Nachweis mehrerer Elemente nebeneinander nur mit
dem Handspektroskop möglich.
Erklärungen / Vorgänge in der Flamme:
1) Verdampfung des Analyten (z. B. NaCl) in der Flamme:
NaCl(s) {NaCl(l)} NaCl(g)
2) Dissoziation der gasförmigen Moleküle in Atome oder
Ionen; z. Tl. auch Rekombination mit e in der Flamme:
NaCl(g) Na(g) + Cl(g)
NaCl(g) Na+(g) + Cl(g)
Na+(g) + e Na(g)
Flammenfärbung / Spektralanalyse (3)
3) Thermische Anregung der elektronischen Energie der
Atome (nur Valenzelelektronen); Rückfall in elektro-
nische Zustände niedrigerer Energie unter Aussendung
charakteristischer Strahlung „Linien“
Emissionsspektren
Na(g) Na*(g) (thermisch); Na*(g) Na(g) (h)
Übergänge: 3p1 3s1; (32P1/2, 32P3/2) 32S (Dublett)
4) Bei Einstrahlung der charakteristischen Wellenlänge
kann diese von gasförmigen Atomen auch absorbiert
werden Atomabsorptionsspektroskopie AAS;
Flammenphotometrie
Flammenfärbung / Spektralanalyse (4)
5) Halogenide leichter anregbar als Oxoverbindungen;
Alkalimetalle leichter anregbar als Erdalkalimetalle; Ionen
viel schwerer anregbar als neutrale Atome (vgl. Gang der
Ionisationspotentiale)
Auch Moleküle können in der heißen Flamme
elektronisch angeregt werden (Bsp.: CaO, CuX, BF3)
„Bandenspektrum von CaO(g)“
Die lösliche Gruppe
Am Ende des Kationentrennungsgangs können nach Fällungen mit HCl,
Hydrazin, H2S, NH4OH (Urotropin), NH4HS und Carbonat noch die Elemente
Mg, K, Rb, Cs, Li und Na im Filtrat vorliegen.
Auftrennung:
1) Aus ammoniakalisch gepufferter Lsg. kann Mg2+ als gelbes Oxinat
Mg(Ox)2∙2H2O gefällt werden; nach Verglühen und Lösen des Rück-stands
verschiedene Nachweisreaktionen ( MgNH4PO4∙6H2O)
2) Ansäuern des Filtrats und Zusatz von Perchlorsäure HClO4 liefert Nd. von
KClO4, RbClO4 und CsClO4 ( Verglühen liefert die Chloride, von denen
nur KCl in alkoh. HCl unlöslich ist)
3) Überschüssige Perchlorsäure im Filtrat nach 2) mit KOH fällen und
abfiltrieren, anschließend Kaliumaluminat-Lsg. K[Al(OH)4] zusetzen:
LiH(AlO2)2.
4) Fällungsreaktionen für Na+: Zusatz von K[Sb(OH)6)] Na[Sb(OH)6)] in
essigsaurer Lsg. Zusatz von Uranyl-acetat und Mg2+
NaAc∙MgAc2∙3 UO2Ac2∙9H2O
5) Flammenfärbung von Li, Na, K, Rb, Cs
Charakteristische Reaktionen von Mg
Trennung von Mg2+ von den Alkalien durch Hydroxid-Fällung prinzipiell
möglich, aber hohes Absorptionsvermögen von Mg(OH)2; als Fällungs-
reagenz besser HgO (Achtung: NH3 bzw. NH4+ muß entfernt worden sein!)
Identifizierung von Mg(OH)2:
1) Adsorption an ausgefälltem Mg(OH)2: I2 gibt rot-braune Farbe; Farblacke
mit Titangelb, Magneson oder Chinalizarin
2) Fällungsreaktionen mit charakteristischer Kristallform: MgNH4PO4∙6H2O,
sargdeckelförmige Kristalle; auch hier konkurrieren wieder verschiedene
Gleichgewichte bei der Fällung miteinander
3) Fällung mit organischen Komplexbildnern: Beispiel Oxin HOx
(Schrägbeziehung zu Aluminium). Fällungsform: Mg(Ox)2∙2H2O
Reaktionen der Alkalimetalle (1)
Lithium:
1) Schrägbeziehung zu Mg2+: schwerlöslich sind Li2CO3, Li3PO4 und LiF
2) LiCl löst sich in vielen polaren org. Lsgm., Trennung von den anderen
Alkalimetallchloriden durch Extraktion mit Amylalkohol; LiCl ist auch in konz.
HCl löslich im Unterschied zu den anderen ACl
konz. HCl [H9O4]+Cl; 1 l konz. HCl: 1,18 kg, davon 0,37 kg HCl,
0,81 kg H2O, n(HCl) : n(H2O) = 1 : 4,5.
3) Fällung mit [Fe3+(IO6)]2 (Fe3+ + KIO4 + KOH; keine Fällung von
Fe(OH)3!) als weißliches LiK[Fe(IO6)].
Lithium ist das unedelste Metall (E (Li/Li+) = –3,05 V)!
Natrium:
Kaum schwerlösliche Verb. vom Na+; Na[Sb(OH)6] Reaktion aber sehr
störanfällig; Doppel- bzw. Tripel-Salze mit Uranylacetat sind
charakteristisch durch gelbe Farbe, Kristallform und Fällungsbedingungen
(aus der Ursubstanz ist der Nachweis nach Kochen mit MgO spezifisch!)
Redox-Potentiale der Alkalimetalle
A(s) + H+(aq) A+(aq) + ½ H2(g) E° (A/A +)
Teilreaktionen: Sublimation, Ionisierung und Hydratation!
A(s) A(g)
Gesamtreaktion:
A(g) A+(g) + e(g)
A+(g) A+(aq)
D subH °298
(kcal/mol)
IE
(kcal/mol)
D hydrH °298
(kcal/mol)
n (H2O) E ° (V)
Li +37,07 +125,7 119,3 25 3,05
Na +25,98 +119,8 93,2 17 2,71
K +21,51 +101,2 73,0 11 2,93
Rb +20,51 +97,4 67,1 --- 2,93
Cs +18,83 +90,8 59,2 10 2,92
Reaktionen der Alkalimetalle (2)
Kalium (NH4+ verhält sich sehr ähnlich):
1) Fällung als KClO4, dieses kann mit KMnO4 angefärbt werden; der
Mischkristall K(ClVII, MnVII)O4 ist stabil gegen Entfärben mit H2O2 (z. B. aus
verkochen von S2O82)
2) Fällung als Tripel-Nitrit (keine Störung durch Natrium)
Fällung mit NaNO2 u. Co2+ aus essigsaurer Lsg.
Mischkristallreihe: K3[CoIII(NO2)6] – K2Na[CoIII(NO2)6] ist sehr schwer löslich,
Na3[CoIII(NO2)6] ist leichtlöslich; umfangreiche Substituier-barkeit der A+- und
Ü-Kationen; "K2AgCoIII" gelb, "KPbCoII" grünlich-gelb, "K2PbCoII" schwarz,
"K2PbCuII" schwarz-braun, "Cs2NaBiIII" farblos, "Cs2NaLaIII" farblos.
3) Fällung aus schwach (!) salzsaurer Lsg. mit Na-Pikrat:
Kristallstruktur der Tripelnitrite vom Typ
KK2[CoIII(NO2)6]
Chromophor: [CoN6]
kubische Elementarzelle
zwei kristallographisch
unterschiedliche K+
sind nur durch Sauer-
stoff koordiniert
Reaktionen der Alkalimetalle (3)
Fortsezung Kalium:
4) Fällung mit Na-tetraphenyloborat "Kalignost" aus essig-saurer Lsg.:
K[B(C6H5)4] . Ähnliche Rk. durch: Rb+, Cs+, NH4+, Ag+, Tl+
Keine Störung durch Li+, Na+, Mg2+, Ca2+, Sr2+, Ba2+, SO42, PO4
3, ClO4
5) Weitere schwerlösliche K-Salze: K2[PtCl6] gelb; K2[SiF6]; K[BF4];
K3[Bi(S2O3)3] fällt gelb aus alkoholischer Lsg. ("Carnot'sche Reaktion"),
analog blaues K3[CoIII(S2O3)3], Nachweis aus Ursubstanz nach Fällung
störender Kationen mit Na2HPO4 od. MgO (heiß), wenig empfindlich; saures
K-Tartrat: KH(C4H4O6) Weinstein
Zusammensetzung der Oxide der Alkalimetalle gehorcht nicht den
einfachen Valenzregeln!!!
44
Binäre Oxide der Alkalimetalle (1)
Bekannte Zusammensetzungen:
Metall AnO
(Suboxide)
A2O
(Oxid)
A2O2
(Peroxid)
AO2
(Hyperoxid)
AO3
(Ozonid)
Li Li2O Li2O2
Na Na2O Na2O2 NaO2 NaO3
K K2O K2O2 KO2 KO3
Rb Rb6O, Rb16O3,
Rb9O2
Rb2O Rb2O2,
Rb2O3
RbO2 RbO3
Cs Cs7O, Cs4O,
Cs11O3, Cs3O
Cs2O Cs2O2,
Cs2O3
CsO2 CsO3
Entsteht beim Verbrennen an Luft
45
Binäre Oxide der Alkalimetalle (2)
Strukturierte Anionenformeln und chemische Bindung:
Suboxide O2 Oxidionen in einer metallischen Umgebung
Oxide O2
Ionische Verbindungen aus O2 und A+
Peroxide O22
Ionische Verbindungen aus O22 und A+
Sesquioxide
A2O3
O22, O2
Ionische Verbindungen aus A+ und zwei
unterschiedlichen Anionen O22 und O2
Hyperoxide O2
Ionische Verbindungen aus A+ und dem
Radikalanion O2
Ozonide O3
Ionische Verbindungen aus A+ und dem
Radikalanion O3
Wie könnte man zwischen Peroxid- und Hyperoxidanionen unterscheiden?
Wie sehen die Lewis-Formeln von Peroxid, Hyperoxid und Ozonid aus?
Reaktionen der Alkalimetalle (4)
Rubidium / Cäsium:
1) Rb+ und Cs+ verhalten sich in den meisten Fällen ähnlich wie K+, sind
jedoch schwerer löslich
2) Dodekamolybdatosilicate und –phosphate bilden gelbe, schwerlösliche
Oktaeder Rb4[Si(Mo3O10)4] bzw. Rb3[P(Mo3O10)4] in Analogie zu NH4+
3) Trennung Rb+/Cs+ von K+ durch Säulenchromatographie an
(NH4)3[P(Mo3O10)4] in 0,1 – 0,5n HNO3; schwach saure Probelösung auf die
Säule bringen K+ läuft durch, Rb+ und Cs+ werden festgehalten; durch
„Waschen“ mit NH4NO3-Lsg. werden die schweren Alkalielemente wieder
freigesetzt
Verschiebung der Verteilungsgleichgewichte; Nernst’scher Verteilungs-satz:
M+fl = M+
fest; K = a(M+fl) / a(M+
fest
Reaktionen der Alkalimetalle (5)
Fortsetzung Rubidium / Cäsium:
4) Zusatz einer Lsg. von CoSO4 + K3[FeIII(CN)6] zur Analysenlösung ergibt
einen dunkelvioletten Niederschlag: ACoII[FeIII(CN)6] (A = Rb, Cs),
allerdings ist auch Co3II[FeIII(CN)6]2, rot, schwer löslich (Störung!)
5) In salzsaurer Lsg. entstehen aus H[AuCl4] (Au gel. in Königswasser, dann
mit HCl abgeraucht) und festem AgCl dunkelrote Prismen von
Rb6Ag2Au3Cl17; der Nachweis wird nicht (!) durch Cs+ gestört. Mit den
Bromiden zeigen Rb+ und Cs+ dagegen die gleiche Reaktion.
Kristallchemisches Konzept:
Stabilisierung großer Anionen mit großen Kationen
(Rb+, Cs+, NR4+)
Reaktionen der Alkalimetalle (6)
Cäsium:
1) Cs4[Si(W3O10)4] fällt aus 6n HCl, die Rb-Verbindung ist löslich.
2) Weitere schwerlösliche Verbindungen von Cäsium: Cs[BiI4] . CsI,
leuchtend rot (Tl+ stört); Cs[PbI3], grünliche Prismen, Nachweis wird nur
durch NH4+ gestört; aus 20%iger HCl fallen Cs2[SnCl6] und Cs3[SbCl6], die
Cs-Verbindungen sind schwerer löslich als die Rb-Verbindungen.
3) Komplexbildung bei den Alkalimetallen:
Lockere Bindung (z. B. Hydrate); Kristallwasser bevorzugt bei
Na-Verbindungen
Org. Komplexbildner überführen A+ in die org. Phase, z. B.: Salicyaldehyd
oder Acetylaceton
Kronenäther: Maßschneidern der Ringgröße für ein bestimmtes Alkaliion.
Die Ammoniumcarbonat-Gruppe
Aufarbeitung des Filtrats der NH4HS-Gruppe: verkochen von Sulfid,
Oxidation von NH4Cl mit Brom (Reihenfolge! Vorsicht: nicht Sulfid zu Sulfat
oxidieren!); es sollten nur noch die Elemente der ersten und zweiten
Hauptgruppe (ohne Be) vorliegen (farbloses Filtrat!)
Bemerkungen:
1) Verwendung von "(NH4)2CO3" anstatt Na2CO3: weniger basisch; geringere
CO32-Konzentration (Konkurrenzreaktion, dadurch nur Fällung von sehr
schwerlöslichen Carbonaten CaCO3, SrCO3, BaCO3)
2) Nur Carbonate der Alkalimetalle sind gut löslich, deshalb Carbonat-Fällung
wenig spezifisch und erst gegen Ende des Trennungsgangs
3) Ammoniumcarbonat (Hirschhornsalz): Ammoniumcarbaminat
(Ammonium-amido-carbonat) + Ammoniumhydrogencarbonat;
in wässriger Lsg. Einstellung mehrer Gleichgewichte:
Carbonat-Fällungen
1) Die Carbonatfällung ist die am wenigsten spezifische Abtrennung im
Trennungsgang; nur die Alkalimetalle (abgesehen von Li+,
Schrägbeziehung Li+ / Mg2+) bilden leicht lösliche Carbonate.
2) Na2CO3 bzw. (NH4)2CO3 fällen allerdings nicht immer Carbonate:
a) Fe3+, Mn2+/3+, Cr3+, Al3+ fallen als Hydroxide
b) Ag+ und Cu2+ fallen aus heißer Lsg. als Oxide; in der Kälte Ag2CO3
bzw. bas. Kupfercarbonat; lösl. Carbonatokomplexe vom Silber
c) UO22+ fällt aus konz. Lsg. als Na2U2O7
3) Basische Carbonate: Cu2(OH)2CO3 u. Cu3(OH)2(CO3)2 (Malachit u.
Azurit); Be2+, Mg2+, Zn2+, Cd2+, Pb2+ (i. d. Kälte PbCO3), Sb3+, Bi3+: alle
farblos; Co2+ rötlich; Ni2+ grünlich; Hg2+ rotbraun; Hg22+ braungelb (dunkler
durch Disp.)
4) Carbonate oxidierbarer Kationen: MnCO3 MnO(OH)2 (farblos
braun; FeCO3 Fe(OH)3 (farblos bis grünlich rot-braun)
5) Lösliche Hydrogencarbonate: Auflösung der Carbonate bei Sättigung
der Lsg. mit CO2
MCO3(s) + CO2(aq) + H2O = M2+(aq) + 2HCO3(aq)
Die Ammoniumcarbonat-Gruppe (2)
Löslichkeiten von Salzen der Erdalkalimetalle Mg – Ba (in moll–1):
1) Sulfate, Chromate und Carbonate zeigen den gleichen Gang der Löslichkeiten.
2) Die Hydroxide und Fluoride zeigen einen abweichenden Gang in ihren Löslich-
keiten (Komplexbildung und Schwerlöslichkeit laufen gegeneinander).
3) Die Oxalate verhalten sich ähnlich wie die Fluoride (harte EPD).
4) Mit Ausnahme der Sulfate sind alle Fällungen pH-abhängig (in Säuren löslich).
Konkurrenzreaktion zur Fällung ist die Protonierung des Anions
5) CaF2 und CaC2O4 sind jeweils besonders schwer löslich!
Anion Mg Ca Sr Ba
CO32 2,410–3 1,510–4 7,510–5 8,610–5
SO42 2,8 1,510–2 6,010–4 8,610–6
CrO42 4,4 1,410–1 5,910–3 1,610–5
2 F 1,410–2 2,110–4 9,610–4 9,110–3
2 OH 1,410–4 1,610–2 5,710–2 2,010–1
C2O42 6,210–3 3,110–5 2,610–4 3,910–4
Die Ammoniumcarbonat-Gruppe (3)
Charakteristische Reaktionen von Ca – Ba:
1) Auflösen der Carbonatfällung mit NH4Cl bzw. Salzsäure; evt. auch mit Essigsäure
( "Chromat-Trennung").
2) Unterscheidung Ba, Sr von Ca: mit "Gipswasser" (gesättigt über CaSO42H2O) fällt
sofort nach der Zugabe BaSO4, danach Fällung von SrSO4.
3) Unterscheidung Ca von Sr, Ba: In der Siedehitze mit verd. H2SO4 fällen ( SrSO4,
BaSO4), heiß filtrieren und Filtrat abkühlen lassen; Zusatz von H2SO4 + Ethanol
gallertartige Fällung (Gipsnadeln).
4) Verhalten von Ca, Sr, Ba gegen Chromat: aus alkal. Lsg. fällt mit K2Cr2O7-Lsg.
BaCrO4 schnell, SrCrO4 langsamer; aus essigsaurer Lsg. fällt nur BaCrO4 (Verschie-
bung des Chromat/Dichromat-Gleichgewichts durch Säurezusatz, Eisessig löst
auch BaCrO4; CaCrO4 bleibt in allen Fällen gelöst
5) Nachweis von Ba und Sr mit Rhodizonsäure: schwerlösliche Rhodizonate {Sr(rho):
braunrot; Ba(rho): rotviolett}; Sr(rho) löst sich in Salzsäure; Ba(rho) bleibt ungelöst
und verändert seine Farbe nach hellrot; BaCrO4 ist stabiler als Ba(rho); SrCrO4
ist weniger Stabil als Sr(rho)
Die Ammoniumcarbonat-Gruppe (4)
Charakteristische Reaktionen von Ca – Ba:
1) Löslichkeitsunterschiede wasserfreier Salze in Alkohol u. Ether: CaCl2 u. SrCl2
löslich in abs. Alkohol, BaCl2 ist hier unlöslich; die Nitrate von Sr und Ba sind
unlöslich in Alkohol oder Alkohol + Ether.
2) Anmerkung zu Gips: Gips CaSO42H2O; Hemihydrat CaSO41/2H2O; Anhydrit CaSO4;
oberhalb von 66°C kristallisiert aus wässriger Lsg. Anhydrit, bei hohen Salzkonzen-
trationen auch schon oberhalb von 30°C (Salzlagerstätten der Norddeutschen Tief-
ebene: Wechsel von Gips und Anhydrit).
3) Anmerkung zur Wasserhärte: Gehalt an Hydrogencarbonat ( temporäre Härte,
Carbonathärte) fällt beim Kochen aus (Kesselstein).
CaCO3(s) + CO2(aq) + H2O = Ca2+(aq) + 2 HCO3–(aq)
Permanente Härte ist nicht durch Erhitzen fällbar (hauptsächlich Chloride und
Sulfate von Ca u. Mg).
1 deutscher Härtegrad °d = 0,18 mmoll–1 Ca2+ od. Mg2+ (10 mgl–1 CaO)
4) Flammenfärbung von Ca, Ba und Sr: Nur im Spektroskop sicher nachweisbar;
Ca: gelb-rot; Sr: ziegelrot; Ba: grün; Problem: nur die Halogenide der Erdalkalien
sind leicht flüchtig (Voraussetzung für die Flammenfärbung!); Oxoverbindungen
der EA schwer verdampfbar; langes Glühen bei möglichst hoher Hitze erforderlich;
Vorteil: Anregung erfolgt nacheinander
Stickstoff und Phosphor: Ein Vergleich
1) Elementar: N2(g) und P(s); mehrere Allotrope bei Phosphor
2) Oxide: NO(g) und NO2(g); P4O6(s) bis P4O10(s) mit Adamantanstr.
3) Stabilisierung der ungepaarten Elektronen (Radikale) bei Stickstoff
4) HNO3 und Nitrate sind starke Oxidationsmittel; H3PO4 und Phosphate
wirken kaum oxidierend
5) Tautomerie bei Phosphoriger Säure: H2PIIIO3H
6) In Ammoniak (NH3) (H,N,H) = 107,3°, in Phosphan (PH3)
(H,P,H) = 93,4°; besonderes Ligandenverhalten von PH3 und PR3
7) Sehr viele Polyphosphane (vgl. Schrägbeziehung zum Kohlenstoff), aber
keine polymeren Stickstoffverbindungen mit N-N Bindungen
8) Verschiedene monomere und polymere Oxosäuren beim Phosphor; nur
Monomere beim Stickstoff
Experimentelle Befunde
Stickstoff und Phosphor: Ein Vergleich (2)
1) Doppelbindungsregel: E=E Doppelbindungen sind nach der
2. Periode ungünstig (lange s-Bindung und damit kaum Orbital-
Überlappung)
2) Einfachbindung N–N weniger stabil als P–P (stärkere Abstoßung der
Atomkerne bei N)
3) Diskontinuität in den Elektronegativitäten (N: 3,07; P: 2,06; As: 2,20;
Sb: 1,82; Bi: 1,67) bei Phosphor
4) Stabile Oxidationsstufen: (8 – 2N)-Regel Vermeidung von Radikalen
5) Begünstigung von sp3-Hybridorbitalen bei Stickstoff; p-Orbitale mit
ungepaarten Elektronen bei den schwereren Homologen
6) Höhere Koordinationszahlen als 4 bei Phosphor und den schwereren
Homologen (z. B.: PF6–)
Konzepte zum Verständnis der Chemie der Nichtmetalle
Ähnliche Verhältnisse in den Hauptgruppen 4 bis 7!