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Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitgt Basel. (Vorsteher: Prof. Dr. H. Staub.) Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukopenie und Leukocytose nach intraveniiser Glykogenzufuhr. IX. Mitteilung tiber Blutglykogen. Von H. Bueher und H. Staub. Mit 5 Textabbildungen. (Eingegangen am 14. Januar 1940.) Die vorliegende Arbeit bringt weitere Yersuche zur Pharmakologie intravenSs zugeffihrten Glykogens am Kaninchen. Vor allem sollen die nachstehenden Ergebnisse noch genauere Einsicht in den M e c h a nis m u s der Leukopenie im zirkulierenden Blut nach intravenSser Glykogenzufuhr geben. Staub, Mezey und Golandas(1) haben dieses Phgnomen der peripheren Leukopenie naeh intraven6ser Zufuhr kolloidaler KoMehydrate (Glykogen, Stgrke, Gummi arabieum) bei Ka- ninehen und Hunden gefunden und auf seine allgemeine biologisehe Be- deutung hingewiesen. Staub (1) hat die Theorie aufgestellt, dal~ diese Leukopenie immer dann auftritt, wenn blutfremde Makromolekiile oder Molekiilaggregate in die Blutbahn gelangen. Die Makromolektile werden yon den Leukoeyten adsorbiert oder phagoeytiert; die Leukocyten Werden dadureh in ihrer Struktur dahin vergndert, dab sie sieh dem engen Lumen der Kapillargefgl~e weniger gut anpassen k6nnen und in den Haargefggen steekenbleiben. Bei einem solehen Meehanismus der Leukopenie im zirknlierenden Blur miissen zuerst hauptsiiehlieh die grogen myeloischen Formen steekenbleiben, und tatsiiehlieh haben ja unsere Versuehe aueh ergeben, dal~ in erster Linie die myeloisehen Zellen (manehmal bis auf 0%) und in geringerem ~ die kleinen Lymphoeyten aus dem zirkulierenden Blur versehwinden. Aus weiteren experimentellen Befunden yon Staub und Bucher (2), Bueher (3) ging hervor, dag die Lunge das spezifische Organ ist, das die Leukoeyten zurtiekhglt. Es konnte gezeigt werden, dag die Lunge aueh dann die Leukocyten retiniert, wenn sie nieht erstdurchstrSmtes Kapillar- gebiet fiir das glykogenangereieherte Blur ist. Sowohl am S t a r li n g' sehen Herz-Lungenprgparat, wie an isoliert durehstr6mter Lunge konnte das Leukopeniephgnomen naehgewiesen werden.

Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukopenie und Leukocytose nach intravenöser Glykogenzufuhr

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Page 1: Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukopenie und Leukocytose nach intravenöser Glykogenzufuhr

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitgt Basel. (Vorsteher: Prof. Dr. H. Staub.)

Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukopenie und Leukocytose

nach intraveniiser Glykogenzufuhr. IX. Mi t t e i l ung tiber B l u t g l y k o g e n .

Von H. Bueher und H. Staub.

Mit 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am 14. Januar 1940.)

Die vorliegende Arbeit bringt weitere Yersuche zur Pharmakologie intravenSs zugeffihrten Glykogens am Kaninchen. Vor allem sollen die nachstehenden Ergebnisse noch genauere Einsicht in den M e c h a nis m u s der L e u k o p e n i e im z i r k u l i e r e n d e n B l u t nach i n t r a v e n S s e r G l y k o g e n z u f u h r geben. S t a u b , Mezey und Golandas(1) haben dieses Phgnomen der peripheren Leukopenie naeh intraven6ser Zufuhr kolloidaler KoMehydrate (Glykogen, Stgrke, Gummi arabieum) bei Ka- ninehen und Hunden gefunden und auf seine allgemeine biologisehe Be- deutung hingewiesen. S t a u b (1) hat die Theorie aufgestellt, dal~ diese Leukopenie immer dann auftritt, wenn blutfremde Makromolekiile oder Molekiilaggregate in die Blutbahn gelangen. Die Makromolektile werden yon den Leukoeyten adsorbiert oder phagoeytiert; die Leukocyten Werden dadureh in ihrer Struktur dahin vergndert, dab sie sieh dem engen Lumen der Kapillargefgl~e weniger gut anpassen k6nnen und in den Haargefggen steekenbleiben. Bei einem solehen Meehanismus der Leukopenie im zirknlierenden Blur miissen zuerst hauptsiiehlieh die grogen myeloischen Formen steekenbleiben, und tatsiiehlieh haben j a unsere Versuehe aueh ergeben, dal~ in erster Linie die myeloisehen Zellen (manehmal bis auf 0%) und in geringerem ~ die kleinen Lymphoeyten aus dem zirkulierenden Blur versehwinden.

Aus weiteren experimentellen Befunden yon S t a u b und B u c h e r (2), B u e h e r (3) ging hervor, dag die Lunge das spezifische Organ ist, das die Leukoeyten zurtiekhglt. Es konnte gezeigt werden, dag die Lunge aueh dann die Leukocyten retiniert, wenn sie nieht erstdurchstrSmtes Kapillar- gebiet fiir das glykogenangereieherte Blur ist. Sowohl am S t a r li n g' sehen Herz-Lungenprgparat, wie an isoliert durehstr6mter Lunge konnte das Leukopeniephgnomen naehgewiesen werden.

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Weitere Untersuchungen zum 2r der Leukopenie usw. IX. 507

Wir konnten ferner zeigen, dal~ die Leukocyten nut voriibergehend in der Lunge retiniert werden. Naeh wenigen Minuten gibt die Lunge die Leukoeyten wieder ab. (Versuehe an isoliert durchstrSmter Lunge und am Herz-Lungenprgparat.) Dureh wiederholte Injektionen yon Glykogen gelang es, Leukocytosen yon 50000 und mehr hervorzurufen. Die Hyper- leukocytose wurde als tibersehiel~ende Reaktion des Knochenmarkes gedentet; dasKnoehenmark reagiert offenbar auf die akute Hypoleukoeytose mit vermehrter Abgabe yon z. T. unreifen weigen Blutzellen.

Die naehstehenden Untersuchungen besehgftigen sich vorwiegend mit der Verteilung des Glykogens auf die verschiedenen Blutbestandgeile, mit dem gerhalten des Glykogens im Blut und mit Transportfunktion der Lenkoeyten.

I. Teil. Methodik.

Alle Versuche sind am Kaninchen vorgenommen. Zur genaueren Feststellung der Glykogenverteilung auf die ver-

schiedenen Blutbestandteile mul~te eine besondere Nethodik ausgearbeitet werden. Zu diesem Zweck wurden die Bestimmungen von Go landas (4) tiber den normalen Blutglykogengehalt yon Kaninchen und tiber das Ver- halten yon Glykogen im B1ut beim Stehen in vitro wiederholt.

BlutglykogengehMt niichterner normaler Kaninchen: 4,9 4,8 3,6 4,5 4,4 4,8 4,4 3,9 3,2 3,9 3,2 5,2 4,8 6,4 6,6 6,8 3,2 6,9 4,5 D ~ 4,7 mg%

Der durchschnittliche Glykogengehalt im Blur des unbeei~flul3ten, niichternen Kaninchens betrggt 4,7 rag%. Golandas land bei 70 Bestim- mungen einen Durchsehnittswert yon 9,1 mg~o am Kaninchenvollblut. I)en Unterschied dieser beiden Durchschnittswerte kSnnen wit uns nicht erkl~ren. Methodische Unterschiede bestehen nicht, vielleicht kommen andere Ernghrungsweise oder andere Kaninchenrassen in Frage.

Wit haben welter das Yer- halten des Blutglykogens beim Stehen in vitro noehmals unter- sucht (vgl. Tabelle 1). Sofolt

Dre i s t i i nd iges S tehen in Prot.-~r. bestimmt v i t ro ~nder t d e m n a c h den rag~176 G l y k o g e n g e h a l t des B lu t e s 2~a 4,9 n f i ch te rne r , unbeeinf lu l~ter 4/b 4,5 K a n i n c h e n nicht . 5 4,2

Der Befund stimmt mit demjenigen yon Golandas (4)

Tabelle 1. Glykogenwerte des Niichtern-Blutes unbeeinilul3 ter

Kaninchen.

Naeh 3 Std. bes t immt

IngO~o

4,8 4,6 4,3

s. Tabelle 8 der Arbeit yon Golandas) iiberein, der nach 8 Stunden Stehen keine wesentliehe Anderung im normalen Glykogengehalt yon Mensehenblut fan&

Im Weitern wird das Verhalten des in vivo mit Glykogen angereicherten Blutes beim Stehen in vitro untersueht (vgl. Tabelle 2).

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508 X. BUC~E~ und H. STAUB:

Tabelle 2. G l y k o g e n z u f u h r i n v i v o ; Verha l t en des erhShten Blutgly-

kogens in vitro.

Prot.-Nr.

2/a 2Jb 4/b 5 5 5

Dieselbe Probe

Sofort Nuch 1 Std. mgO/o mgOlo

66,5 26,0 34,8 20,6 36,7 20,4 68,4 28,0 31,4 24,6 20,2 19,0

Dazu wird n0ehternen Kaninehen intravenSs Glykogen injiziert; 5 Mi- nuten naeh der Injektion wird das Blut entnommen. In einer ersten Probe wird der Olykogengeha.lt sofort be- stimmt, in einer zweiten erst nach ein- stCmdigem Stehen in vitro bei Zimmer- temperatur. Die Gerinnung wird mit Na-Citrat oder Heparin verbindert.

Durch intravenSse Glykogen- zufuhr glykogenangereiehertes K a- n i n e h e n b l u t h a t d ie F g h i g - k e i t , beim Stehen in vitro bei Zimmertemperatur innerhalb einer

:Stunde G l y k o g e n in e r h e b l i c h e m M a g e z u m V e r s e h w i n d e n zu b r i n g e n . Dabei ist die Gesehwindigkeit des Abbaues offenbar abh~ngig yon der Glykogenkonzentration.

In der f01genden Versuchsreihe (s. Tabelle 3) wird gezeigt, dag das Xaninchenblut nieht nur bei Glykogenzufuhr in vivo, sondern aueh bei Glykogenzusatz in vitro ein wesentliehes AbbauvermSgen far Glykogen besitzt.

Das friseh entnommene Kaninehenblut wird far diese Versuehszweeke zu 1/s mit einer 3,8~ blutisotonisehen Ng-CitratlSsung versetzt und zu dieser Blut-Citratmisehung Glykogen zugegeben. Die Menge des Glykogens ist in mg% angegeben (100 mg~ bedeuten 5 mg Glykogen auf 5 ecru des Gemisehes). Naeh einstiindigem Stehen einer Kontrollprobe, zusammen mit der mit Glykogen ver- setzten Probe, wird in beiden der Glykogengehalt bestimmt, angegeben in mg~ .

Tabelle 3.

Glykogengehalt im Blut-Ciiratgemiseh nach 1 Std. Stehen Zugefiihrtes in vitro bei Zimmertemperatur in mgO[o

Prot.-Nr, Glykogen . Naeh C-lykogenzusatz in mgO[o Kontrolle ohne

Glykogenzusatz Sollwert Gefundener Weft

62 75 6,4 81,4 31,4 12/4 20 4,3 24,3 6,5 12/4 20 5,1 25,1 8,1 12/3 100 4,8 104,8 18,0

D e m n a c h i s t n o r m a l e s K a n i n c h e n b l u t i m s t a n d e , in v i t r o z u g e s e t z t e s G l y k o g e n in v i t r o a u s g e d e h n t z u m V e r s e h w i n d e n zu b r i n g e n (his zu etwa 80% innerhalb der ersten 8tunde).

Methode zur Bes t immung des relat iven Glykogengehal tes der einzelnen Blutbestandteile.

Aus den ~usgefiihrten Vorversuchen ist ersichtlich, da[~ irt vitro oder in vivo dem Blur zugegebenes Glykogen, beim Stehenlassen solchen Blutes auGerhalb des K6rpers, mit betrgchtlicher Gesehwindigkeit versehwindet.

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Dieser, offenbar fermentative Glykogenabbau im Blur in vitro, l~$t es als reeht schwierig und unzu~erl~ssig erseheinen, die Glykogenverteilung auf die einzelnen Blutbestandteile direkt zu bestimmen. W~hrend der Trennungsmethoden (Zentrifugieren, Abpipettieren, Waschen) wird n~mlich fortwahrend Glykogen abgebaut.

Die hier beschriebene Methode bestimmt nun nicht d ie absoluten Glykogenwerte der einzelnen Blutbestandteile im Moment der Blu t - e n t n a h m e , sondern die Glykogenwerte nach gleichlangen vorbereitenden MaBnahmen bis zum Einbringen der isolierten Blutbestandteile in die heil~e 60 %ige Kalilauge. Wir erhalten deshalb zu niedrige Glykogenwerte, aber eine richtige Relation in der Glykogenverteilung auf die einzelnen Blut- bes~andteile.

Das Glykogen in Vol]bl'u L Plasma und Erythrocyten wurde direkt bestimmt; der Leukocyten-Glykogengehalt als Differenz zwischen Plasma + Erythroeyten-Glykogengehalt einerseits und Glykogengehalt des Voll- blutes andererseits errechnet.

Die ,Differenz-Methode" wurde der eventuell m6glichen direkten Bestimmung des Leukocytenglykogengehaltes vorgezogen, well im un- beeinflul]ten Blur die Erythrocyten, im glykogenangereicherten Blu~ das Plasma iiberwiegend glykogenreich ist und die Leukocyten deshalb sehr sorgf~ltig gereinigt werden miil]ten. Die Dauer dieses Isolierprozesses wiirde einen eventuellen Glykogengehalt der Leukocyten meist zum Verschwinden bringen. Zudem ist im Stadium der peripheren Leu- kopenie mit 300 und weniger Zellen ira cram die Sehieht der weil]en BlutkSrperchen zu fein, als dal] sie gesondert abgehoben werden k6nnte. Die Genauigkeit der Methode steht und f~illt mit der Zuverlassig- keit der Bestimmung der Plasma/Erythroeyten-Relation, denn die quanti- tative Bestimmung des Glykogengehaltes der isolierten Blutbestandteile hat eine geniigend grol3e Genauigkeit. Damit die Plasma-Erythr0cyten- Relation mSglichst genau festgestellt werden konnte, wurde diese Beziehung immer an der fiir Kaninchen groBen Menge yon 6 ccm Blur bestimmt.

Die richtige Bestimmung der Verteilung auf die einzelnen Blutbestand- teile ist fi~r die vorliegende Fragestellung fiber den Verbleib der Makro- molekel im Blur d~s wesentliche; deshalb kann auf absolute Werte im Moment der Blutentnahme verziehtet werden.

Techuische Einzelheiten der Methodik.

In einen Zylinder mit eingeschliffenem Glasstopfen wird mit einer Pipette eine genau bek~nnte Menge (beispielsweise 2,5 ccm) einer 3,8~ (Kaninchenblut-isotonischen) 5~atrium-CitratlSsung gebracht. Dazu wird aus der Kaninchenohrvene Blur zugetropft, bis das Verh~ltnis Blur zu CitratlSsung etwa 5 zu 1 is~. (Je mehr CitratlSsung vorgelegt wird, um so sicherer wird die Gerinnung verhindert, aber um so grSl~er wird auch der

Arch ly f. e x p e r i m e n t . Pa th . u. P h a r m a k o l . Bd. 19t. 35

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510 K. BUc]tE~ und H. S ~ t u B ;

eventuelle Umrechnungsfehler.) Nun wird der oberste Meniskusrand mit feiner Feile am Zylinder markier t so dal~ sparer wieder bis zur Marke mit einer entsprechenden Plasma-Citratl5sung nachbiirettiert und somit zu- geftihrte Blutmenge und Verdiinnung genau bestimmt werden kSnnen.

Der Vorteil des Verdiinnens mit einer isotonischen CitratlSsung lieg~ darin, dal~ das Blur nicht h~molysiert, kein Fibrin sich bildet und beim Zentrifugieren eine saubere Schichttrennung zwischen Plasma, Leukocyten und Erythrocyten erreicht wird.

Durch 6fteres sor~gltiges Drehen und Kippen des Zylinders, ohne dal3 Schaumbildung auf~ritt, wird gut gemischt (eventuell mit Glasstab), und dann die Proben fiir die Bestimmung des V o l l b l u t - G l y k o g e n - g e h a l t e s entnommen. Bei Normalblut werden Proben yon 1,0 ecru ent- nommen; mug man bei hSherem Glykogengehult weniger vorlegen, dann wird

100 r~g%

80

zg

. . . . _ P / a s m a

-~ s s I

Abb. 1.

#/d

immer unmittelbar vor Zusetzen der 60%igerl K O H mit Ringer- 15sung auf 1,0 ccm erganz~, dami~ die en~stehende KOH-Konzentra- tion immer die gleiche ist. (Die Proben werden vorl~ufig bei Zimmer- temperatur beiseite gestellt.) Nun werden in Bin englumiges, mSglichst langes Zentrifugierglas beispiclsweise 6ccm der h o m o g e n e n Blut- mischung abpipettiert und bei 3500 Touren 10 Minuten zentrifu- giert. Z u g l e i c h w e r d e n die P r o b e n fiir das V o l l b l u t m i t -

z e n t r i f u g i e r t . Die Wichtigkeit dieser Ma~nahme, n~mlich das Mit- zentrifugiercn der Vollblutproben, erhellt aus Abb. 1 und Tabelle 4.

Zu Abbildung 1. Es wurden zu 5,0 ccm 3,8~oige NatriumcitratlSsung 20 ccm Blur flieBen gelassen, die Emulsion homogenisiert und die Hglfte davon seharf abzentrifugiert. Jetzt setzten wit zu acht Proben Blut-Citratgemisch von 1,0 corn und zu acht Proben Plasma-Citratgemisch yon 0,7 ccm je 0,2 ecru einer 1,5% oigen, isotonisch gemachten GlykogenlSsung. Die Proben werden dureh Schiitteln gut gemisoht und in der Folge je naeh einer u eine Probe mit KOH versetzt und gekoeht. Das Verhgltnis 1,0 Vol]blut zu 0,7 Plasma wurde so gew~hlt, weft sieh gezeigt hat, dab durchschnittlieh 1 ecru des mit 1/5 CitratlSsung verdiinnten Blu~es 0,3 corn Erythroeyten enthglt. Dadurch ist in beiden Proben der Prozentgehalt des Plasma an Glykogen ungefghr derselbe. Dies scheint allein maBgebend zu sein, da, wie spgter gezeigt wird, die Erythrocyten selbst im glykogen- angereieherten Blur ihren Glykogengehalt kaum gndern.

Die Kurven zeigen, dab der Verlauf des Glyk0genabbaues im glykogen- angereicherten Citratplasma etwas verschieden ist, je nachdem das Plasma im Verein mit Formelementen des Blutes abbaut oder nicht.

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Tabelle 4. Einem l(aninchen wird etwa 200 mg% Glykogen intravenSs injiziert. Nach 5 Minuten wird Blut entnommen (zu 3,8% CitratlSsung fliel~en gelassen). Etwa die ttalfte der Mischung wird sofort zentrifugiert und das Plasma abpipettier~. Nach 1 und 2 Stunden wird j e der Glykogengehalt bestimmt, und zwar des Plasma, das erst kurz vor der Bestimmung aus dem Vollblut abzentrifugiert wurde, und des Plasma, das yon Anfang an separiert war.

Tabelle 4.

Plasma yon Pro~.-Nr. P lasma jewei ls Anfung an ohne I

arts u FormeIemente j

48/a 85,6 68,5 51,0

74,1 [ 53,3 [

Ausgangswert i Std. } 2 Std. Stehen bei Zimmertemp.

Wiederum Jst ersichtlich, dal~ Plasma + Formelemente zugefiihrtes Glykogen etwas schneller abbauen als Plasma allein.

Abb. 2.

Die Vollblutproben werden also mitzentrifugiert, damit wir alle Proben nach gleich langem Stehen unter genau gleichen Bedingungen zur Glykogen- bestimmung bringen kSnnen. Auf diese Weise wird immer die urspriing- liche und richgige Relation im Glykogengehal~ der einzelnen Blutbestand- teile erhalten; denn wenn nile P r o b e n sa t gleiehen Zei~ zentrifugiert werden und isolierte Erythrocyten zur gleichen Zeit mit K OH versetzt werden, spiel~ der eben konstatierte Prozel] des rascheren Glykogenabbaues im Vollblut nicht mehr stSrend in die Bestimmung der richCigen Relation hinein. (Vgl. dazu auch Versuch zu Abb. 3.)

Die Bestimmung geht nun welter so vor sich, dab nach dem Zentri- fugieren genaue Mengen reines Plasma und reine Erythrocyten separiert werden. Am Zentrifugierglas, das die 6 cem homogene BlutlSsung en~hMt, wird mit feiner Feile die HShe der Erythroeytenschicht marldert und zur Volumkontrolle auch eine Marke am oberen Meniscus des Plasmas eingefeilt (s. Abb. 2).

Zu Abb. 2. Nachburettier~ wird sp~iter mit Plasma-Citratgemisch. Da die Erythrocytenschich~ keinen Meniskus bildet, sondern nach oben bin eben abscM:iel~t,

35*

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512 K. BtcHE~ und H. STAUB:

wird zur genauen Volumbestimmung das Zentrifugierglas mit pulverisiertem Quarz bis zur selben H6he hart angestopft, 2,0 Plasma-Citratgemiseh dazugegossen, markiert und dann naehbiirettiert. Dieses ,,Anstopfen" erfolgt am besten dureh Zentrifugieren einer Suspension yon Quarz in Wasser. Ist der gewiinsehte Stand der festen Substanz erreicht, dann wird das iiberstehende Wasser abgesaugt.

Jetzt wird das Plasma zum gr61~ten Teil abpipettiert und daraus Proben fiir die Bestimmung des Plasmaglykogengehaltes entnommen.

Dal3 aus diesem iiberstehenden Plasma-Citratgemiseh tats~iehlieh der riehtige Glykogengehalt des unverdiinnten Plasmas zu erreehnen ist, wird dutch Abb. 3 bewiesen.

In r ive glykogenangereiehertes Kaninehenblut wird zu 1/~ mit 3,8% Citrat- 16sung versetzt; yon der Misehung etwa 6 eem in einem engen, m6gliehst langen Zentrifugierglas w~hrend 10 Minuten seharf zentrifugiert. Nach dieser Prozedur wird das Zentrifugierglas samt Inhalt unver~indert 1 Stunde bei Zimmertemperatur stehengelassen. Naeh A.blauf dieser Stunde werden yon oben naeh unten fort- schreitend Plasmaproben abpipettiert und auf ihren Glykogengehalt untersueht.

P 7 - t 2 2 - 2 - 2"f5 ~ 3 - 1 2 3

~ 5 - 72r , . - 5 - 722 ~ Y - f2~

~ d~ - fR3

s

A b b . 3.

v ,~

'| Abb. 4.

I I

I i

I

�9 r 1 6 2

DerVersuch (Abb. 3) ergibt, dab das C i t r a t - P l a s m a naoh dem Zen t r i - f u g i e r e n e ine h o m o g e n e G l y k o g e n l 6 s u n g ist und dag de rAbbaudes Gly- kogens nieht selmeller vet sieh geht Ms wenn das Plasma Mlein sttinde. (Sonst miiBte doeh wohl in Probe 8 weniger Olykogen zu finden sein als in Probe 1.)

Der iiberstehende Rest des Plasma wird nun abgesaugt, ebenso die ganze Leukoeytensehieht und die oberste Sehieht der Erythroeyten. Darauf wird yon den Erythroeyten soviel als m6glieh abpipettiert. (Pi- pettenspitze am Boden des Zentrifugierglases, damit keine Plasma- oder Leukoeytenreste naehflie~en.) Die Pipette wird in ein schlankes Zentri- fugierglas entleert. Das Zentrifugierglas wird etwa 5 Minuten zentrifugiert, 2,0 eem Ringer dazugegeben, markiert und spgter naehbtirettiert (s. Abb. 4).

Die Erythroeyten lassen sieh mittels Glasstab (vermeide Schaum- bildung) leieht homogen suspendieren. Von dieser Suspension werden P r o b e n yon 1,0 ecru en tnommen.

J e t z t werden a l l e P r o b e n z u g l e i e h (Vollblut, P lasma, E ry th ro - eyten) mi t 1,0 ecm 60%iger K O t t versetzt , gekoeht und das g l y k o g e n naeh i ibl ieher Methode b e s t i m m t * . Zur Bes t immnng k o m m e n b e k a n n t e

* 3,8~ CitratlSsung oder RingerlOsung geben, bei gleiehem Vorgehen wie bei der 01ykogenbestimmung, den Leerwert 0.

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Weitere Untersuehungen zum Mechanismus der Leukopenie :usw, IX. 513

Nengen yon Vollblut, Plasma und Erythrocyten. Die volumetrische Re- lation P1./E. kann errechneg werden (s. Abb. 2); die Genauigkeit dieser Berechnung illustriert Tabelle 5. Da- bei wurden je zwei beliebige Mengen verschiedener Blur- Citratgemische abzentrifugiert. Die wesentlichen Volumina naeh Abb. 2 best immt und die Relation P1./E. errechnet.

Bereehnungsbe i sp ie l (Prot.-Nr. 50).

Tabelle 5. Die Rela t ion P1./E. des- selben Blutes in zwei versehiede- nenZen t r i fug ie rg l~se rn bes t immt.

I IX Prot.-Nr.

P1 ~E PI.IE.

62 12/4 b 12/3 a 12/3 b

65/~5 60/40 63[37 59/41

64/36 60/40 63/37 59/41

2,5 ecru CitratlSsung q- Blur = 10,25 eem; darin 4200 Leukoeyten in emm. ],0 ccm der Vollblut-Citratmischung enthalten 3,65 rag% Glykogen. 1,0 ccm der Plasma-Citratmisehung enthalten 1,00 mg~o Glykogen. 1,0 ecru der Erthroeyten-Ringersuspension enthalten 2,90 rag% Glykogen. 10,25 7,75- = 1 , 3 2 �9 Vollblut enthatt 3,65 - 1,32 = 4,82 mg% Glykogen.

Effektive Leukoeytenzahl pro cram = 4200.1,32 = 5500. )0) 6,0 ccm Blut-Citratgemiseh enthalten \ 7,75 - . = 4,53 cem Blur.

Darin 1,60 Erythrocyten. Also 2,93 Plasma. Verh~ltnis P1./E. ~ 2,93/1:60 = 0,65/0,35.

(4,40" x ) Effektiver Plasmaglykogengeha]t : \2,93 -- 1~ : 1,50 rag%.

Erythroeytenglykogengehalt = = ~ a ! = 9,72 mg~o. \0,8o In 1,0 cem Blur befinden sich 55-105 Leukocyten.

Ein Leukocyt hat ein durchschnittliches Volumen yon 0,0000009 cram (bei der Annahme durchschnittlicher Leukocytenzah]en yon 60 % Grann- lierten, 30 % Lymphocyten, 10 % Monocyten und durchschnittlicher Durchmesser der Granu]ierten yon 13 Mikren, der Monocyten yon 16 Mikrea und der Lymphocy ten yon 8 Mikren). Das Volumen der Gesamtleukocyten eines ecm Blur betr~gt in diesem Falle e~wa 5 cram.

Da nun im Verh~ltnis P1./E. im Plasma aueh die Leukocyten :mit- eingerechnet sind, mul~ die Menge Glykogen, die 5 cram Plasma entspricht, veto Plasmagehalt eines ccm u abgezogen werden. Die Differenz, die entsteht, wenn man diesen korrigierten P]asmawert und den Weft ffir die Erythrocyten von dem Glykogengehalt eines ccm Vollblut abzieht, ergibt den Glykogengehalt der Leukocyten pro ] ccm Vo]lblut.

Drei Beispiele soleher Berechnungen sind in Tabelle 6 aufgefiihrt. Dabei entsprieht Versueh Nr. 50 einem unbeeinflul~ten, normalenKaninchen~ blur; Versuch Nr. 12/1 ist Blur eines Kaninehens, 3 Minuten nach einer

* 4,40 ist die Menge ver dfinnten Plasmas, die dureh Subtraktion des Eryt:hro- cytenvolumens (6,0--1,60) erhalten wird.

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514 K.B~c~Eg und H. STAuB:

intravenSsen In jekt ion voa 100 rag% Glykogen en tnommen; Versuch Nr. 32 ist Blur eines mi t Adrenalin vorbehandel ten Kaninehens, 5 Minuten naeh einer intravenSsen Glykogeninjektion yon 100 rag% entnommen.

Tabel]e 6.

Pro t . -Nr . 50 ! 12/1 32 i

mg~o Vollblut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4,82 65,60 39,78 mg~ Plasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1,50 92,40 42,53 rag% Erythroeyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9,72 11,60 10,58 Verhiltnis P1/E. (in Vol ~ . . . . . . . . . . . . . ~ 65/35 67 /33 76/24

1,0 ccm Vollblu~ enthglt Glykogen in mg (. 10-~) . . . . . 482 16560 Leukocytenzahl in ecru (. 10~) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , 55 I 12 Leukocytenvolumen im ccm (in cram) . . . . . . . . . . . . . . . 5 1

entspricht an Plasma-Glykogengehalt in mg (- 10 -4) 0,7 9 Bleib~: Glykogengeh~lt des in 1 ccm Vollblut befind- 6181

lichen Plasm~ in mg (-10 -t) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Glykogengehalt der Erythrocyte~. in 1 ecru Vollblut in

mg (. 10 -4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 382 Differenz = GlykogengehMt der Leukocyten in I ccm

Vollblut in mg (- 10 -4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 0

3978 4 0,3 i,5

3231

254

493

1 Leukocyt enth~ilt Glykogen in mg (. 10 -9) . . . . . . . . . . 0,8 0 123,2

20 71 9 0

Prozentua.ler Anteil des Plasma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozentualer Anteil der Erythroeyten . . . . . . . . . . . . . . . . Prozentualer Anteil der Leukocygen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81 6

12

Fiir alle folgenden Versuche sind die Berechnungen in der gieiehen Weise wie in Versuch Nr. 50 und Tabelle 6 ausgefiihrt. Zur besseren ~dbersieh~ sind aber jeweils nur die wesentliehen Resul tate angeftihrt.

Kurze Diskuss ion der Methodik.

U m eine hinreichende Genauigkeit der Methode zu erzielen, sind in erster Linie folgende Punk~e zu beach~en:

1. Gutes Mischen der Proben. (Die Kontrol len miissen genau iiberein- stimmen.)

2. Schnelles Arbeiten, dami t mSglichst wenig Glykogen abgebaut wird. Von der E n t n a h m e des Blutes bis zum Versetzen mit K 0 H benS~igten wir immer e i n e S t u n d e . Die Zeit mu6 eingehalten werden, damit bei erhgh~en Glykogenwerten die Resul ta te verschiedener Versuelte vergliehen werden kSnnen. I n Versuehen mit normalem Blut-Glykogengehal t sind die Werte wohl absolut (vgl. Tabelle 1).

3. M6gliehst grol~e Mengen yon Blur oder Blutbestandteilen vorlegen, damit eine groBe Genauigkeit e rha l ten wird.

4. Immer in der gleichen K O H - K o n z e n t r a t i o n und gleich lang, d. 11. 1 Stunde, kochen.

Page 10: Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukopenie und Leukocytose nach intravenöser Glykogenzufuhr

Weitere Un~ersuchungen zum Mech~nismus der Leukopenie usw. IX. 515

Der GlykogengehMt des Vollblutes, des Plasma und der Erythrocyten wird gesondert d i r e k t bes t immt . Das Volumenverh/iltnis P1./E., das ebenfalls direkt gemessen wird, gestattet den Glykogengehalt der Leuko- cyten als Differenz ind i r ek t zu erreohnen. Der Versuch, den Glykogen- gehalt der Leukocyten ebenfalls direkt zu bestimmen, gelingt wohl bei Leukoeytenzahlen yon etwa 5000 und mehr pro cram. Dagegen 1/iftt sieh bei Leukoeytenzahlen von ]000 oder weniger, wJe sie im Verlauf der Versuche vorkommen, naeh dem Zentrifugieren eine sogenannte ,,Sehieht" der Leukocyten nieht gesondert entnehmen. Urn in beiden Fgllen unter den gleichen Bedingungen zu arbeiten, wurde immer die in- direkte Bestimmung angewandt. Wenn dann z. B. in Tabelle 6 ein Leukoeyt des Versuehs Prof. Nr. 12/1 kein Glykogen enthglt und ein Leukoeyt des Versuehs Prot. Nr. 32 enth~lt 123,2 (. 10-9) rag, so gibt dieses Resultat den gewtinsehten Anfsehlul3, ngmlieh da$ die Leukoeyten des letzten Versuehs m e h r Glykogen enthalten. In den folgenden Versuehen werden, was den Leukoeytenglykogengehalt betrifft, nur wesentliehe Untersehiede be:riiek- siehtigt, um anzunehmen, da$ im einen Falle mehr , im anderen weniger Glykogen in den Leukoeyten vorhanden ist.

Da Blur allein zugefiihrtes Glykogen raseh abbaut (s. Tabelle 2 und 3), kann man im glykogenangereieherten Blur keine a b s o l u t e n Glykogen- werte bestimmen, weft wghrend der Vorbereitungen zur Bestimmung fortwghrend Glykogen versehwindet. Wesentlieh ist, dal3 die relalbiven Glykogenwerte, trotz des fortwi~hrenden Abbaues yon Glykogen, richtig sind, dann kann aueh der Glykogengehalt der Leukocyten als Differenz errechnet werden. Die Relation der Glykogenwerte der einzelnen ]31ut- bestandteile entsprieht aber der urspriingliehen im Blur vorhandenen, w e n n

a) die Proben fiir die Bestimmung des Vollblutes zuerst entnommen und mit der Menge, die der Oewinnung yon Plasma und Erythroeyten dient, zugleieh zentrifugiert werden,

b) alle Proben desselben Blutes zu gleieher Zeit mit KOH versetzt und gleieh lang gekoeht werden.

II. Tell. Ergebnisse.

A. In einer e r s t en Ver suchs re ihe sind mit der beschriebenen Methode im Blur n f i eh te rne r , u n b e e i n f l u B t e r K a n i n c h e n die p r o z e n t u a l e n Ante i le des P lasma , der E r y t h r o e y t e n und der L e u k o e y t e n am G e s a m t g l y k o g e n g e h a l t des Blu tes bes~immt (vgl. Tabelle 7).

Die Befunde bes t / t t igen die f r i ihere F e s t s t e l l u n g yon Staub und Golandas (5), daft der Groftteil des Glykogens im unbeeinflul]ten Kaninehenblut in den Formelementen naehzuweisen ist (vgl. Tabelle 7). Am meisten Glykogen enthalten die Erythroeyten, deren Glykogenge:halt

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516 K. BUC~tEIr und H, STAUB:

Tabelle 7. Glykogenver te i lung im normalen K~ninchenblut .

Prot,-Nr.

53 5O 62 57 61 32 i

4.5 19 12/1

12/3 5 4/5 2/a 23

gore Gesamt-Glykogen im gollblut sind in O]o enthalien in:

Plasma I Erythroeyten

13 51 20 71 39 I 61 34- I 66 40 60 23 , 77 14- 83 23 ) 77 % j 75 16 ~ 84- 16 ] 84 20 70 30 70 15 64- 24 76 17 83

Leukocyten

Leukocyten- zahl im cram

36 9 0 0 0 0 3 0 0 0 0

10 0

21 0 0

6600 5500 6100 8900 6000 7000 3200 4400 3700 3600 5300 5900 2000 4800 2500 2500

1 Leukocyt enth~lt

Glykogen in mg (- 10-9)

2,8 0,8 0 0 0 0 0,6 0 0 0 0 0,7 0 2,2 0 0

D = 23 % ] 72 % 5 ~o 4800 0,4

Durehschnittlieher Glykogengehalt pro 100 ecru Erythrocyten = 10,16 mg.

in den angefiihrten Beispielen nut wenig urn einen Durehsehnittswert yon 10,16mg% schwankt (10,16mg pro 100ecru Erythroeyten). Die L e u k o e y t e n des u n b e e i n f l u B t e n K a n i n c h e n b l u t e s sind meist g l y k o g e n f r e i .

Naeh diesen Ergebnissen ist der Sehlul] gestattet, dal~ individuelle Unterschiede im Blutglyk0gengehalt vorwiegend auf )[nderungen im Glykogengehalt des Plasma und der Leukoeyten zuriiekzufiihren sind, da ja der Erythrocytenglykogengehalt die erwghnte, auffallende Kon- stanz zeigt.

B. In einer z w e i t e n V e r s u e h s r e i h e wurde die G l y k o g e n - v e r t e i l u n g auf die einzelnen Blutbestandteile bestimmt, n a e h An- r e i e h e r u n g des B l u t e s in v i t r o mit G l y k o g e n . Normalen, niieh- ternen Kaninehen wurde Blur entnommen und mit ~/5 Vol. Citratl6sung versetzt. Von dieser Blut-CitratlSsung wurden je eine Kontrollprobe a und eine glykogenangereieherte Probe b 10 Minuten unter 5fterem Um- riihren stehengelassen und naehher in iiblieher Weise die Glykogem verteilung bestimmt. Das in B zugesetzte Glykogen ist in der Tabelle 8 in rag% angegeben. Die Resultate sind in Tabelle 8 zusammengestellt.

Die Leukocygen des unbeeinfluBten Kaninehenblutes zeigen keine Tendenz in vitro zugefiihrtes Glykogen aufzunehmen; die geringgradige Erh6hung des Glykogengehaltes des einzelnen Leukoeyten ist nieht signifikant. Eine elektive Anreieherung yon Glykogen in den Leukoeyten hat nieht stattgefunden, sonst w~re der prozentuMe Anteil der Leukocyten am Gesamtglykogengehalt gegeniiber den normalen Kontrollen zumindest

Page 12: Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukopenie und Leukocytose nach intravenöser Glykogenzufuhr

Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukol3enie usw. IX.. 517

Tabelle 8. Glykogenver te i lung im Kaninchenblu t nach Glykogen- anreicherung in vitro:

Prot.-Nr. Zugesetztes

Olykogen in rag0/0

Vom Gesamtglykogengehalt im Vollblut sind in Olo enthalten in:

Plasma [ Erythrocyten ] Leukoeyten

Leuko- cytenzahl im cmm

1 Leu.kocyt enth~lt

Glykogen in

mg (. 10-9)

62 12/4 12/4 12/3 D =

62 12/4 12/4 12/3 / ) =

75 20 20

100 I

Durchschnittlicher

a) NormMe Kontrollen. 39 61 0 16 84 0 36 64 [ 0 20 70 Jl 10 27,5 70 I 2,5

b) Glykogenangereichertes Blur. 78 20 2 45 50 5 60 40 0 80 20 0 66 32 1,8

Gehalt der Erythrocyten yon b =

6100 5S00 1400 5900 4700

6100 5300 1400 5900

(] 0 0 0,7 0,18

1,0 0,6 0 0

4700 0,4

11,42 rag%.

nicht gesunken. Wenn das zugeffihrte Glykogen eine besondere Affinit/it zu den Leukocyten h'gtte, mfil~te ferner erwartet werden, dal~ im Versuch mit h6chster Glykogenkonzentration aueh am meisten Glykogen in. den Leukocyten sieh finder, das ist abet nicht der Fall. Auffa]lig ist der geringe Anstieg des Erythroeytenglykogengehaltes.

Aus den VersuchSresu]taten ist zu sehliel3en, dal] in vitro glykogen- angereichertes Kaninchenblut das zugeffihrte Glykogen fast aussehlieglich im Plasma enth/ilt; deshalb" nimmt mit steigendem Glykogengehalt des Vollblutes der prozentua]e Plasmaanteil zu.

C. Die folgende Versuchsreihe gibt Aufschlul3 fiber die Verteilung des Glykogens auf die einze]nen Blutbestandteile naeh A n r e i c h e r u n g des B l u t e s in v ivo m i t G l y k o g e n .

Niiehternen Kaninchen werden verschiedene Mengen Glykogen intravenSs zugefiihrt. Die injizierte Glykogenmenge wird in rag% an- gegeben, berechnet auf sine Gesamtblutmenge yon 1/ls des KSrper- gewichtes. In friiheren Versuchen haben wir gefunden, dal~ e~wa 3 Minuten nach Glykogeninjektion der Leukocytentiefstand erreicht ist, deshalb wird meist 3 Minuten, einigemal 5 Minuten nach der Injektion Blut aus der Ohrvene zur Bestimmung der Glykogenverteilung entnommen. - - Gleiche Versuche sind aueh an zwei eviszerierten Tieren vorgenommen (s. Prot.-Nr. 1 und 5 in Tabelle 9).

Tabelle 9 zeigt, dM~ diejenigen Leukoeyten, die naeh der intravenSsen Glykogenzufuhr im peripheren Leukoeytentiefstand noeh im zirkulierenden Blur vorhanden sind (vorwiegend Lymphocyten), ke in G l y k o g e n auf- genommen haben. Bei dem stark erh5hten Glykogengehalt des Vollblu~es

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518 K. BUOHEI~ und H. STAUB:

Tabelle 9. Glykogenver te i lung im Kaninchenblu t nach @lykogen- anre icherung in vivo.

Prot.-Nr.

12/4 12/3 4/b 2/b 2/b

45 48 19 12/1

D =

Zugefiihrtes Glykogen in mgO/0

q

20 I00 i00 I00 I00 I00 I00 30

I00

Glykogenverteilung in o]0 auf: I

Plasma

36 83 71 87 77 86 84 46 94

74

Erythro- cyten

i Leukocyten

64 0 17 0 19 10 13 0 23 0 14 0 16 0 54 0 6 0 !

25 i 1 l

Leukocytenzahl

Yor ] Bei der Glykogen- injektion Entnahme

5 300 1400 5 900 1500 4800 800

11900 1300 11900 1300

440O 1100 ? 2200

3 700 2400 3G00 1200 6 400 1400

1 Lenkocyt enth~lt

Glykogen in

mg (. 10-9)

0 0

27,0 0,5

0 0 0 0 0

3,0

Total eviszerierte Tiere. 1 120 93 6,5 I 0,5 ~ 3200 1800 2,8 5 100 85 15 0 2000 500 0,6

Glykogengehalt der Erythrocyten pro 100 ecru Erythroeyten = 11,19 rag.

ist der prozentuale Anteil der Leukocyten am Glykogen stark gesunken {Versuchs-Prot. Nr. 4/b ist nur ein scheinbarer Ausfall; vgl. Normalwert von 4/b in Tabelle 7). Auch bei eviszerierten Tieren ist der Effekt derselbe (vgl. die zugehSrigen Normalwerte in Tabelle 7).

Die n a c h i n t r a v e n S s e r G l y k o g e n z u f u h r im S t a d i u m d e r p e r i p h e r e n L e u k o p e n i e n o c h im z i r k u l i e r e n d e n B l u r v o r - h a n d e n e n w e i B e n B l u t k S r p e r c h e n hal~en s ich n i c h t m i t Gly- k o g e n b e l a d e n .

Wiederum fgllt der geringe Anstieg des Erythrocytenglykogengehaltes auf; der prozentuale Plasmaanteil mug deshalb mit steigendem Glykogen- gehalt des Vollblutes ansteigen.

Die Befunde in Tabelle 9 stiitzen unsere Annahme, dab die Leukocyten (in erster Linie die granulierten Formen) nach intravenSser Glykogen- zufuhr voriibergehend in der Lunge retiniert werden, wahrscheialich eben deshalb, well sie sich mit Glykogen beladen haben. Die Versuche an eviszerierten Tieren sind besonders beweiskr~ftig. Aadererseits bleiben Leukocyten (vorwiegend Lymphocyten), die sich nicht mit Makromolekeln beIaden haben, auch nicht in den Lungenkapillaren stecken.

Ein kausaler Zusammenhang zwischen Leukopenie und Glykogen- transport durch die Leukocyten ist auch dann wahrscheinlich, wenn elne gewisse Proportionalitgt zwischen dem Verschwinden der Leukocyten und dem Verschwinden des Glykogens aus dem peripheren Blur nach- gewiesen werden kann, wie sie der Versuch in Abb. 5 zeigt.

F e r n e r w u r d e u n t e r s u c h t , ob n i c h t in e i n e m b e s t i m m t e n Z e i t p u n k t n a c h de r G l y k o g e n z u f u h r L e u k o c y t e n im z i rku -

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Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der Leukopenie usw. IX. 519

] i e r e n d e n B l u r zu f i n d e n s ind , die t a t s i i e h l i c h G l y k o g e n ge- s loe icher t haben . Da es etwa 3 Minuten dauer~, bis der Leukocyten- tiefstand erreicht ist - - d.h. ein Vielfaches der Blutmnlaufszeit --, besteh~ die MSglichkeit, eventuell w~ihrend dieser ersten 3 Minuten glykogen- angereicherte Leukocyten im zirkulierenden Blur zu finden.

Einem Kaninchen wurden deshalb 30 rag% Glykogen i.v. ge- geben und vorher und 1, 2 und 3 Minuten nach der Injektion die Gly- kogenverteilung verfolgt. (Es wurden nur 30 rag% Glykogen injiziert, um eine eventuelle Glykogenanreicherung in den Leuk0cyten um so deut- licher nachweisen zu k6nnen, wenn der Plasmaglykogengehalt niedrig ist.)

800~

6006

~r

200~

26

~12 /

@6 / !

6 A 2

,kogen

e;//ro~/en

M/n.zach lnjekY/an Abb. 5. Verlauf yon Glykogen~imie und Leukocytose nach 20 mg% Glykogen intraven6s.

Kurve G = Glykogengehalt~ im Gesaratblut. Kurve J5 = periphere Leukocytenzahl.

Tabelle 10. G lykogenver t e i lungund Leukocytose innerhalb der ersten 3 Minuten nach i. v. @lykogenzufuhr.

Blat- Glykogengohalt entnahme in mgO[o

Prot.-Nr. naeh der Injektion Vollblut Erythro- in Min. cyten

3,94 8,20 i 6,20 8,17 I 5,73 8,17

5,24 9,00

19 vor 1

Prozentuale Verteilung yon Glykogen auf:

Plasma

25 62 58 46

Erythro- Leuko- cyten cyten

75 o 38 4 2 0 54 0

1 Leukocyt Leuko- I e~thalt cyten ! Glykogen zuhl

im cmm ' in m g ) 10-9)

3700 0 3000 0 2900 0 2400 0

In Tabe]le 10, Kaninchen Nr. 19, sind die Versuchsresultate zusammen- gestellt. Das wesentliche Resultat ist, dal] die Leukocyten, die allm~hlich an Zahl abnehmen, keineswegs eine Glykogenanreicherung zeigen, sondern auch w~hrend dieser ersten 3 Minuten stets g l y k o g e n a r m sin& Die weir- gehende Konstanz des Erythrocytenglykogengehaltes ist auch in diesem Versuch zu sehen.

Aus friiheren Versuchen haben wit gesehlossen, dal~ die mit Glykogen beladenen Leukoeyten voriibergehend in der Lunge steekenbleiben und nachher, nachdem sie ihr Glykogen ganz oder teilweise abgegeben haben,

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520 K. BuclcEI~ und H. STAUB:

wieder ins zirkulierende Blut zuriiekkehren. Die Riickkehr dieser Leuko- cyten setzt offenbar ein, wenn der Leukocytentiefpunkt iiberschritten ist. Zuerst wird allerdings der reaktive Naehsehub aus dem Xnochenmark dis Leukocytenzahl im peripheren Blur wieder erhShen und wahrscheinlieh erst in spaterem Zeitpunkt werden sich auch die aus der Lunge zuriiek- kehrenden Leukoeyten wieder im peripheren Blur zeigen. In den folgenden Versuchen (s. Tabelle 11) wurde die Glyk0genverteilung im Stadium des Wiederansfieges der Leukocyten, d.h. 12r-60 Minuten naeh Glykogen- injektion von je 100 mg% (in Versuch I~r. 19 nut 30 rag%) untersucht. Wir vermuteten, da]~ aus der Lunge wieder zuriickkehrende Leukocyten eventuell noch glykogenreich sein kSnnten.

Tabel le 11. G l y k o g e n v e r t e i l u n g i m K a n i n c h e n b l u t i m S t a d i u m d e s W i e d e r a n s t i e g s d e r L e u k o c y t e n z a h ] .

Blur- Glykogenverteilung in olo auf: Leukocytenzahl entnahme Vollbl~t- gor der I Bei der

Prot.-Nr. nach der Glykogen Erythro- Leuko- G]ykogen- 2. Blut- Injektion in mg0Jo Plasma cyten cyten injektion in Min. entnahme

50 30 11,04 72 28 0 5500 3300 45 12 23,10 85 15 0 4400 2500 45 60 6,30 44 56 0 4400 2800 19 30 3,90 46 54 0 3700 2400 12/1 30 11,60 75 25 0 3600 2700 12/1 60 6,50 59 41 0 3600 3800 5 15 24,60 85 15 0 2000 700 5 30 19,00 84 16 0 2000 4100

Durchschnittlicher Gehalt der Erythrocyten pro I00 tom Erythrocyten

1 Leukocyt enthglt

Glykogen in

mg (- 10-9)

0 0 0 0 0 0 0 0

= 9,71 mg.

Die in Tabelle 11 zusammengestellten Versuehe zeigen aber, dab die Leukoeyten auch im Stadium des Wiede*anstieges glykogenarm sin& Wenn in diesem Stadium iiberhaupt schon Leukocyten, die voriibergehend in der Lunge retiniert waren, im zirkulierenden Blut vorhanden sind, so weist das Versuchsresultat darauf hin, dal3 sie ihr Glykogen in der Lunge voll- standig abgegeben haben.

Die Versuche in Tabelle 11 lassen wieder den ziemlich konstanten Erythrocytenglykogengehalt erkennen. Je langer das Intervall zwischen Glykogeninjektion und Blutentnahme ist, um so starker steigt der pro- zentuale Anteil des Erythrocytenglykogens am Gesamtblutglykogen wieder, an.

D. In allen vorausgehenden hier mitgeteilten Versuchen ist es nie gelungen, glykogenangereicherte Leukocyten im zirkulierenden Blur zu bestimmen. Ein direkter Beweis, dab die Leukoeyten sich mit Glyko.gen beladen und Transpm~funktion fiir die Makromolekiile iibernehmen, fehlt demnach. Wit kSnnen vermuten, dab die mit Glykogen beladenen Leuko- cyten bei der ersten Lungenpassage steekenbleiben and deshalb keine

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Weitere Untersuehungen ~um Mechanismus der Leukopenie usw. IX. 521

aolehen glykogenhaltigen weifien Blutk6rperehen im zirkulierenden venSsen Blur naehweisbar sind.

Die vorstehenden Versuehsprotokolle lassen aueh ersehen, dal3 in der Regel aueh dann keine glykogenangereieherten Leukoeyten im peripheren Blur naehweisbar sind, ,wenn naeh der Glykogeninjektion der Glykogen- gehalt im Plasma noeh hoeh ist und noeh 1000 und mehr Leukoeyten im mm 3 Nut zirkuliefen (vgl. Tabelle 9 und 11). Wenn trogz erhShgem Glykogengehalt des Plasma nieht alle Leukoeyten im zirkulierenden Blur sieh mit Glykogen beladen und vorabergehend in der Lunge ver- sehwinden, so ist anzunehmen, dal3 nieht alle Leukoeyten in gleiehem Mage die Fiihigkeit besitzen, Glykogen aufzunehmen oder zu adsorbieren. Dal~ die Granulocyten offenbar raseher Glykogen aufnehmen a][s die Lymphoeyten, geht aus unseren fraheren Versuehen hervor, in denen gezeigt wurde, dab naeh Glykogenzufuhr in erster Linie die Granule,eyten nnd weniger ausgesproehen die Lymphocyten verschwinden [vgl. S taub , Mezey und Golandas (1) und Bueher (3)]. 3 Minuten naeh einer intra- ven6sen Injektion von 100 rag% Glykogen ist naeh der Tabelle 2 in der Arbeit von Bueher (3) der Granuloeytengehalt des Blutes praktiseh Null; die Lymphbcytenzahlen sind absolut ebenfalls zurackgegangen, aber nur his auf i/a--i/10 des Ausgangswertes; die noeh zirkulierenden Lyrapho- cyten sind aber nieht glykogenangereichert.

In den Versuehen in Tabelle 11 hat sich ferner gezeigt, dab aueh dann, wenn die Leukoeytenzahl 12--60Minuten naeh der Glykogeninjek~ion wieder zu steigen beginnt, diese Leukoeyten, trotz noeh erh6htem Glykogen- gehalt des Plasma, das Glykogen nieht aufnehmen. Wir haben fraher naehgewiesen, dal3 bei der Wiederherstellung der normalen Leukoeyten- zah], naeh der Glykogenleukopenie, eine Linksverschiebung im Granulo- eytenbild auftritt. Diese Reaktion deuteten wit als eine reaktive Abgabe yon weiBen Zellen aus dem Knoehenmark. Wenn diese Leukoeyten kein Glykogen aus dem Plasma anreiehern, so is~ eventnell der Sehlul~ erlaub~, .dab junge Granuloeyten die Fghigkeit, Makromolekiile zu phagoeytieren oder zu adsorbieren, noeh nicht oder nur in geringerem Mage besitzen.

Um nun eventuell doeh glykogenreiehe Leukoeyten ira zirkulierenden Blur nachweisen zu kSnnen, haben wit eine subeutane Adren:~lin- i n j e k t i o n mit der intraven6sen Glykogenapplikation kombiniert. Wir stellten uns vor, dab beim zeitliehen Zusammenfallen yon Adrenalin- granuloeytose mit Glykogenleukopevie vielleieht nieht alle reifen Granulo- cyten aus dem peripheren Blur verschwinden und dann glykogen- angereieherte Granuloeyten naehweisbar warden.

Adrenalinversuehe.

Nachterne Kaninehen erhalten 1,0ecm l~ Adrenalin-hydro- ehloridlSsung subcutan. Naeh 27Minuten wird 100mg3/o Glykogen intravenSs verabreieht; 3 Minuten spgter Blu~ entnommen. Leukoeyten-

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522 K. Bucg]~R und H. STAy]3:

Tabelle 12. Kombinierte Adrenalin-Glykogenversuehe.

1 Leukoeyt Glykogenverteilung in O]o a u f : Leakoeytenzahl enth~itt

Prot.-Nr. Glykogen in

Plasma Erythrocyten Leukocyten mg (. 10-9) 27 Min. 30 Min.

18800 11500 9900 400

11000 10 300 13000 7000

3 77 12 11 3,5 32 82 6 12 123,2 1 90 5 5 5,8

D 83 8 9 44,0

zahlen sind unmittelbar vor der Glykogeninjektion und bei der Blut- entnahme bestimmt.

Aus der Tabelle 12 geht hervor, dal~ naeh Adrenalin- und Glykogen- zufuhr tats~ehlieh mit Glykogen beladene Leukoeyten im zirkulierenden, venSsen Blur anftreten. Dieser Befund sprieht abet nieht mit Sieherheit dafiir, dab unter dem Einflul3 yon Adrenalin nun tats/iehlieh Leukoeyte~ im strSmenden Blur sieh mit dem injizierten Glykogen beladen Mtten. Wir haben vielmehr als wabrscheinlieh anzunehmen, dag unter Adrenalin- wirkung glykogenangereieherte Granuloeyten aus der Leber in das zirku- lierende Blut gelangt sind. Eine solehe Auffassung ist dureh friihere Ver- suehe yon Staub und Golandas (6) belegt, in denen naeh Adrenalingaben allein eine Glykogenanreieherung in den Formeleme~ten des Blutes ge- funden wurde.

In einer weiteren Versnchsreihe haben wir einer Erstinjektion yon Glykogen einige Minuten sparer eine zweite folgen lassen, weil wir ver- muteten, dab die Leukoeyten, die naeh der ersten Glykogeninjektion aus der Lunge wieder in Zirkulation gelangen, sieh eventuell mit dem Glykogen der zweiten Dosis beladen kSnnten und im zirkulierenden Blur naehweisbar wiirden.

Versnehe mit zweimal iger Glykogeninjektion.

Niichternen Kaninchen wird eine bestimmte Menge Glykogen injiziert (Erstinjektion). Naeh einigen Minuten wird eine zweite intraven6se Injektion yon 100 mg% Glykogen verabreieht (Superinjektion). Einige Minuten naeh der Superinjektion wird Blut zur Glykogsnbestimmung entnommen.

Die Versuehe in Tabelle 13 geben in der Mehrzahl der F~lle einen erh6hten prozentualen Anteil der Leukoeyten am Glykogengehalt des Vollblutes; die einzelnen Leakoeyten sind glykogenangereichert.

In drei yon den vier Versuchen der Tabelle 13 ist auf die zweite Glykogeninjektion die Leukoeytenzahl entweder nieht mehr auffgllig gesunken (Versueh Nr. 50) oder angestiegen (Versuch Nr. 45 und 48). Im Versueh Nr. 1 ist dagegen auf die Superinjektion die periphere Leuko- eytenzahl noch welter eindeutig abgefallen. Es ist nun zu ersehen, dag in den drei Versuehen, in denen die zweite Glykogeninjektior~ keinert

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Weitere Untersuehungen zum Mechanismus der Leukopenie usw. IX. 523

Tabelle 13. Versuche mit zweimaliger ~lykogeninjektion.

Erstinjektion

Superinjektion

Erstinjektion

Superinj ek~ion

Erstinje ktion

Superinjektion

Erstinjektion

Superinjektion

,I [ Prot . - / Zeit Glykogen

I Nr. / in Mi'n. in mgO]o

I 50 0 i

+ 30 I 10

+ 100

I 1 o + 100

4 100

12

45 o + 100

8 +100

12

48 0 �9 -,- 100

4: + 100

8

Leuko- cyten- zahl

)ro cram

5500

1800

1200

3200

!800

1200

4400

800

2300

5800

2200

3000 Durchschni~t:

Glykogenverteihmg in % auf:

Erythro- Leuko- Plasma cy~en cyten

I

85 8 7

71 29 0

83 8 9

88 7 5 82 13 5

1 Leukocyt en~hiilt

Glykogen : [ n

gig (. ]0-9)

2]',3

28,5

11,0 1G7

weiteren Leukocytensturz oder einen Leukocytenanstieg hervorrief, auch eine Glykogenanreicherung der wei6en Blutk5rperehen eintritt. Die G l y k o g e n - L e u k o c y t e n r e a k t i o n is t also dureh die Doppel - b e l a s t u n g mi t G lykogen i rgendwie ve r i inder t worden.

Zur Erklgrung sind die anderen Yersuehsergebnisse beizuzie;hen. Wir haben in den u in Tabelle 11 (S. 520) zeigen kSnnen, dag die Leukocyten auch dann nicht glykogenangereichert sind, wenn die Leukoeytenzahl nach dem Tiefpunkt der Glykogenleukopenie wieder zu steigen beginnt. Da der Wiederanstieg der Leukocyten in erster Linie dutch Nachlieferung yon Leukocyten aus dem Knochenmark (Links- verschiebung}, iD zweiter Linie durch die weil]en BlutkSrperchen, die aus der Lunge wieder in das zirkulierende Blur zuriickkehren, hervorgerufen wird, kSnnen wir schliel~en, dal] weder die ]ungen Granulocyten aus dem Knochenmark, noch die urspr[inglich im zirkulierenden Blur vorhandenen Leukocyten sich im peripheren Blute re_it Glykogen anreiehern. - - Die einzige Versuchsanordnung, die nns sonst noeh bis jetzt glykogen- angereieherte Leukocyten im peripheren Blute ergab, waren die Adrenalin- injektionen (vgl. Tabelle 12, S. 522). Wir haben angenommen, da~ diese glykogenangereicherten Leukocyten unter der Adrenalinwirkung aus der Leber in das zirkulierende Blut gelangen. Vielleicht spielt beim Anftreten

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524 K. BUCHEI~ und H. STAUB:

yon glykogenbeladenen Leukoeyten im peripheren Blute nach Doppel- belastung mit Glykogen such eine Adrenalin-Leberfunktion mit. Wir werden diesem Phgnomen weitere Beaehtung sehenken, weil die MSglieh- keit einer Inkretkorrelation durehaus besteht.

Besprechung der Ergebnisse.

In Tabelle 14 sind die gefundenen Durehschnittsresultate iibersichtlieh zusammengestellt.

T a b e l l e 14.

NormMwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glykogenzugaben in vitro ......

Glykogenverteilung in o]o auf:

i Erythro-{ Leako- Plasma I cyten I cyten

I I I

23 72 5 66 32 1,8

t Leukocyt enth~lt

Glykogen in

mg (. 10-o)

0,4 0,4

Befunde nach intraven6sen Glykogeninjektionen. Im Zeitpunkt des peripheren

Leukocy tentiefstandes . . . . . . . ~Nach Adrenalinvorbehandlung ..

Wghrend und nach Leukoeyten- wiederanstieg im peripheren Blug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Nach 2. Glykogeninjektion . . . . . .

74 83

82

% 1 8 ~ 3,0 . 44,0

13 0 0 5 16,7

Glykogen gehak der

Erythrocyten pro 100 ecm Erythrocyten

in mg O[o

10,t6 11,42

Ii,~9

9,71

Ein Hattptziel der vortiegenden Untersuchungen war, in vitro oder in vivo glykogenbeladene Leukoeyten naehz-aweisen. Wit wollten damit beweisen, dag den wei~en BlutkSrperehen Transportfunktion fiir Nakro- molekiile zttkommt. Naeh unserer bisherigen Auffassung sollten sich die Leukoeyten im peripheren, strSmenden Blur mit dem intravenSs upplizierten Glykogen beladen und dann infolge Volumenzunahme oder Versteifung des Leukoeytenplasma und damit geringerer Flexibilitgt der Zelle in den Lungenkapillaren steekenbleiben (Staub). Es ist uns aber dureh die verschiedensten Versuchsano~dnungen bis jetzt nieht gelungen, weder in vitro noeh in vivo die weigen BlutkSrperchen an Gly- kogen anzureichern; einzig Adrenalin and sine zweite Injektion yon Gly- kogen fiihrten zum Anftreten yon glykogenbeladenen Leukocyten.

Auf Grund dieser V e r s u e h s r e s u l t a t e ist unsere b isher ige Theor ie abzugndern . Wir h a b e n j e t z t a n z u n e h m e n , dal~ die i n f o r m yon Glykogen in t r avenSs app l i z i e r t en Makromolekf i le im B l u t p l a s m a zur Lunge t r anspo r t i e r~ werden und d e f t die S t r S m u n g s v e r h g l t n i s s e dah in ver~tndern, dal3 die L e u k o e y t e n in der t~eihenfolge des grSl~eren znm k le ine ren Ze l lvo lumen s teekenble iben .

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Weitere Untersuehungen zum Fiechanismus der Leukopenie usw. IX. 525

Wir h a b e n uns we l t e r vo rzus t e l l en , dal3 die L e u k o c y t e n , sowei t sic n i ch t in der Lunge selbs t ze r fa l len , wieder in das p e r i p h e r e z i r k u l i e r e n d e Blur zu r i i ekkehren , wenn u n t e r der W i r k u n g der F e r m e n t e ira L u n g e n g e w e b e oder der F e r m e n t e de r s t e e k e n g e b l i e b e n e n L e u k o e y t e n die Makromoleki i le ab- g e b a u t und v e r k l e i n e r t sind.

Die Leukopenie nach Injektion yon Makromolekiilen w~ire nach dieser Auffassung eine sekund~ire, dutch die primate Ver~inderung der StrSmungsverh~iltnis.se in den Lungenkapillaren durch die Glykogen- applikation bedingte Erscheinung. Diese mechanisch hervorgerufene Retention der weigen BlutkSrperchen in tier Lunge bedingt dann offenbar auch noeh einen raseheren Abbau der Makromolekiile dutch leucocytenr eigene Fermente.

Wenn, wie S taub und Golandas (5) schon festgestellt hatten, nach Adrenalin eine Glykogengmie auftritt, und dieses Glykogen naeh den vorliegenden Versuchen im strSmenden Blur sich in den Leukocyten findet, so miiltten wir in diesem Falle wohl einen anderen Meehanismus der Gly- k0genanreieherung in den weil3en BlutkSrperchen annehmen. Es ist dabei an die MBglichkeit zu denken, da~ die glykogenangereieherten Leukoeyten aus der Leber stammen und alert beladen warden. In diesern Spezialfalt h~itten wir tats/ichlieh eine Transportfunktion der Leukocyten anzunehmen, die mit der Adrenalinleukoeytose zusammen aueh quantitativ reeht wirksam w~ire. Die glykogenhaltigen Leukocyten im zirkulierenden Blute k~imen also naeh dieser Auffassung aus der Leber, und fiir die glykogenangereicherten Leukocyten im peripheren Blute naeh Doppelbelastung mit Glykogen diirfte ein ~hnlieher Mechanismus in Frage kommen.

Die Leukocytose nach wiederholter Glykogenzufuhr ist ein Additions- effekt der iiberschiegenden Reaktion des Knochenmarkes (Links- verschiebung) d- aus der Lunge zuriickkehrenden Leukocyten d- Leuko- eyten aus anderen Blutdepots (glykogenangereichert).

Wir werden in weiteren Untersuchungen festzustellen haben, ob die tntensitgt der Leukopenie vonder Gr6.f~e der Makromolekiile abh~ngt und ob die Retention der Leukoeyten in den Lungenkapillaren pharma,- kologiseh beeinflul3bar ist.

Zusammenfas sung . 1. Es wird eine Methode. angegeben, die erlaubt, den Glykogengehalt

yon Plasma, Erythroeyten, Leukocyten und deren Anteil am Glykogen- gehalt des Vollblutes zu bestimmen. Die Versuche sind durchwegs an Kaninehen ausgefiihrt.

2. Die Leukocyten des unbeeinflul~ten Blutes sind meist glykogenfrei. Der Grol3teil des Blutglykogens ist an die Erythroeyten gebunden; ihr Glykogengehalt ist bei den verschiedenen Tieren ann~ihernd konstant. De r GlykogengehaIt des Piasmas ist normalerweise niedrig.

A r c h i v f. expe r imen t . Pa th . u. P h a r m a k o l . Bd. 194. 36

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526 K. BueH~ und H. STAUB : Weitere Untersuoi~ungen zum 5iechanismus usw.

3. Kaninchenblut hat die Fghigkeit, m vitro oder in vivo zugesetztes Glykogen abzubauen.

4. In vitro zu Blur zugesetztes Glykogen bleibt im Plasma, eine nennenswerte Anreieherung in Leukoeyten oder Erythrocyten konnte nieht gefunden werden.

5. Untersehiede im Blutglykogengehalt im Normalzustande oder unter bestimmten experimentellen Bedingungen sind auf Anderungen im Glykogengehalt des Plasmas oder der weigen BlutkSrperehen zuriiek- zufiihren, da der Glykogengehalt der Erythroeyten eine weitgehende Konstanz aufweist.

6. Naeh Adrenalin sind im zirkulierenden Blute glykogenangereieherte Leukoeyten naehweisbar.

7. Naeh zweimaliger intraven6ser Glykogenzufuhr sind im zirku- lierenden Blute ebenfalls mit Glykogen beladene Leukoeyten zu linden.

8. Es wird eine Theorie entwiekelt, naeli der die pr imiire Ursaehe der Glykogenleukopenie oder allgemein der Leukopenie naeh intravenSser Applikation blutfremder Makromolekiile, in einer E r s e h w e r u n g oder Ve r l angsamung des B h t s t r o m e s in den L u n g e n k a p i l l a r e n zu suchen ist. Sekundgr bleiben dann offenbar die L e u k o e y t e n in der geihen- folge der GrSl3e ihres Durchmessers in der Lunge vo r i i be rgehend s teeken. Eine Transportfunktion der Leukoeyten ist unter diesenVersuehs- bedingungen nicht naehgewiesen.

Fiir das Auftreten yon glykogenbeladenen Leukocyten nach Adrenalin oder Doppelinjektion von Glykogen ist ursgehlieh eine Transportfunktion der Leukoeyten mSglieh; die Leukoeyten beladen sich in diesen Fgllen vielleieht in der Leber.

Literatur. 1) Staub, Mezey u. Goland~s: ~lin. Wschr. 43, 1501 (1938). 2) Staub

u. Bucher: Ebenda 44, 1555 (1938). -- 3) Bucher: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 191, 587 (1939). -- 4) Golandas: Pfltigers Arch. 236, 230 (1935). -- 5) Staub u. Golandas: Ebenda 236, 355 (1935). -- 6) Staub u. Golandas: Sehweiz. med. Wsehr. 33, 969 (1938).