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KULTUR / FERNSEHEN WESTFALEN-BLATT Nr. 73 Mittwoch, 27. März 2019 Geklauter Picasso gefunden 20 Jahre verschwunden – Hinweise aus der Unterwelt Amsterdam (dpa/WB). Ein vor 20 Jahren gestohlenes Gemälde von Pablo Picasso ist in Amster- dam gefunden worden. Dank prä- ziser Tipps aus der Unterwelt war der in der Kunstszene bekannte Kunstdetektiv Arthur Brand dem Bild auf die Spur gekommen. Die Polizei der Niederlande wurde von dem Detektiv informiert und nahm auch Kontakt zu den fran- zösischen Ermittlern auf. »Aber weil der Diebstahl verjährt ist, er- mitteln wir nicht mehr.« Picasso malte »Buste de Femme« (Büste einer Frau) im Jahr 1938. Sein Wert wird heute auf 25 Millionen Euro geschätzt. Unbe- kannte stahlen das Bild 1999 von der Jacht eines saudischen Scheichs im südfranzösischen An- tibes. Er soll einst vier Millionen Euro für den Picasso bezahlt ha- ben. Das Bild verschwand fast spurlos – fast, denn Brand hatte anfangs immerhin ein Foto, wenn auch ein schlechtes. Nun aber die Rückgabe: Ein Anonymus lieferte Brand den Pi- casso frei Haus – in zwei ineinan- dergesteckte Müllsäcke verpackt. Die Hände des Kunstdetektivs zit- terten, als er das Paket öffnete – aber da war das Bild in seiner gan- zen kubistischen Vollkommen- heit. »Das Gemälde ist noch in gu- tem Zustand«, sagte Brand. Damals, als der Picasso ver- schwand, setzte die Versicherung eine Belohnung von 400.000 Euro aus, doch von dem Kunstwerk fehlte lange Zeit jede Spur. 2015 bekam der Detektiv einen ersten Hinweis. Nach langer Suche stieß er dann auf einen Geschäftsmann, in dessen Besitz sich das Gemälde befand. Der Unternehmer soll das Bild als Bezahlung bekommen ha- ben. Er wollte es zurückgeben, als er von dem Diebstahl hörte – mittlerweile wurde das Bild der Versicherung übergeben. Zuerst aber bestätigten zwei Experten – darunter ein Mitarbeiter der New Yorker Pace-Galerie, deren Schild noch auf der Rückseite des Picas- sos klebte – seine Echtheit. Arthur Brand mit Picassos »Büste einer Frau« von 1938 – der Detek- tiv spürte das 25-Millionen-Euro-Werk auf. Foto: dpa Von Michael Robrecht Höxter/Köln (WB). An- lässlich ihres fünften Todesta- ges ehrt das Käthe-Kollwitz-Mu- seum in Köln die Fotografin Anja Niedringhaus (1965-2014). Die Arbeit der Höxteraner Pulit- zer-Preisträgerin wird in einer großen Einzelschau gewürdigt. Die Ausstellung, die an diesem Freitag eröffnet wird, ist eine be- sondere Auszeichnung zum Jah- restag der am 4. April 2014 in Af- ghanistan ermordeten damaligen AP-Cheffotografin. Darüber freue sie sich sehr, sie sei sehr bewegt, sagte Heide-Ute Niedringhaus, die Mutter der Journalistin, dem WESTFALEN-BLATT. Die Kölner Schau ist die erste größere posthume Retrospektive für die weltbekannte Fotoreporte- rin. Mehr als 80 großformatige Aufnahmen dokumentieren das Werk, das die »Bilderkriegerin« (Ausstellungstitel) schon zu Leb- zeiten zur Ikone gemacht habe, teilte ein Museumssprecher mit. Nahezu ein Vierteljahrhundert lang berichtete Anja Niedringhaus von Kriegsschauplätzen in aller Welt: vom Balkan, aus dem Irak und immer wieder aus Afghanis- tan. Als die Fotografin dort bei einem Reportage-Einsatz am 4. April 2014 im Alter von 48 Jahren von einem Attentäter im Auto er- schossen wurde, hinterließ sie ein beeindruckendes Œuvre. Im Auftrag von Nachrichten- agenturen wie der amerikani- schen Associated Press (AP) ent- standen legendäre Aufnahmen, die von den weltweit wichtigsten Magazinen und Zeitungen auf den Titelseiten gedruckt wurden und so im kollektiven Gedächtnis ver- ankert sind. Der umfangreiche Nachlass umfasst Bilder aus Kriegs- und Krisenregionen eben- so wie brillante Porträtaufnah- men und Sportfotografien. Die Kölner Ausstellung zeigt – erstmals durchgängig in Farbe – mehr als 90 großformatige Auf- nahmen, darunter 18 Originale aus dem Archiv der Fotografin sowie mehrere handsignierte Abzüge. Obgleich Anja Niedringhaus lange Jahre von zahlreichen Kriegsschauplätzen berichtete, lehnte sie den Begriff »Kriegsfoto- grafin« für sich ab. Ihre Aufnah- men, die oft unter Lebensgefahr an vorderster Front entstanden, reichen weit über die reine Doku- mentation von Ereignissen hinaus – ihre Arbeiten sind Aufrufe zum Frieden. »Sie wollen aufrütteln und mahnen, indem sie uns die Schrecken des Krieges vor Augen führen. Ihre Werke vereinen häu- fig starke Gegensätze: Sie zeigen einen Moment der Ruhe inmitten des Chaos und tiefe Menschlich- keit inmitten von brutaler Barba- rei«, so das Kollwitz-Museum. Die Tiefe ihres Werkes, darunter viele Sportfotos, beeindruckt Menschen über Kulturkreisgren- zen hinweg. Die Ermordung der Fotografin rief ein weltweites Me- dienecho hervor, Anja Niedring- haus war Thema in den Nachrich- ten. »Von der ›New York Times‹ bis hin zu russischen, griechi- schen und arabischen Medien war der Vorfall auf den Titelseiten zu lesen, Regierungen und Promi- nente aus aller Welt kondolier- ten«, sagt ihre Mutter Heide-Ute Niedringhaus, die in ihrem priva- ten Archiv in Höxter viele Beiträge gesammelt hat. Unter ihren Kolleginnen gilt An- ja Niedringhaus als Wegbereiterin in einem Beruf, in dem bis heute der Frauenanteil verschwindend gering ist. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2005 den ersten Pulitzer-Preis für eine deutsche Fotografin. Die Kölner Ausstellung wird von Sonya Winterberg kuratiert, die Anja Niedringhaus persönlich kannte. Mit Unterstützung der Erben konnte die Kuratorin auf das in seinem Originalzustand be- wahrte Archiv der Fotografin zu- rückgreifen. Es dokumentiert das gesamte Schaffen von Anja Nie- dringhaus und bietet die einmali- ge Möglichkeit, ihr Lebenswerk auch jenseits der bekannten Bil- der aufzuarbeiten und der Öffent- lichkeit zugänglich zu machen. Auf dieser Grundlage bereitet Sonya Winterberg in Kooperation mit Ziegler Film und im Auftrag des ZDF eine Verfilmung des Le- bens der Fotografin. Außerdem soll eine Biografie mit Werkver- zeichnis erscheinen. Bei der Medienpräsentation der »Bilderkriegerin« am Donnerstag sind außer Heide-Ute Niedring- haus auch Anjas Schwester Elke Niedringhaus-Haasper und die Fotografin Kathy Gannon, AP Se- nior Correspondent Pakistan/Af- ghanistan, Kollegin und Freundin von Anja Niedringhaus, die den Anschlag mit ihr im Auto schwer verletzt überlebte, dabei. Noch bis zum 10. Juni läuft, wie berichtet, eine weitere Ausstel- lung über Kriegsfotografinnen im Museum Kunstpalast in Düssel- dorf. Auch dort werden viele Nie- dringhaus-Fotos gezeigt. In Höx- ter ist das Forum Anja Niedring- haus im historischen Tilly-Haus im Aufbau. Dafür hat sich ein Ver- ein für journalistische und künst- lerische Fotografie gegründet. Infos und Programm Die Ausstellung »Anja Nie- dringhaus – Bilderkriegerin« läuft von diesem Freitag bis zum 30. Juni. Das Käthe-Koll- witz-Museum Köln (Neumarkt 18-24) ist dienstags bis frei- tags von 10 bis 18 Uhr, sams- tags/sonntags und an Feierta- gen von 11 bis 18 Uhr geöff- net. Ein Katalog und ein um- fangreiches Rahmenpro- gramm begleiten die Schau. 4. April: Talk im Forum (18.30 Uhr): Erinnerungen an Anja Niedringhaus – Lesung am 5. Todestag mit Sonya und Yury Winterberg. 8. Mai: Talk im Forum (18.30 Uhr): »Bilderkrieger – Kriegsfotografie im Faden- kreuz. Der Kampf um das beste Foto« – Sonya Winter- berg im Gespräch. 19. Juni: Talk im Forum (18.30 Uhr): »Making-of: Anja Niedringhaus – Die Bilder- kriegerin« – Werkstattge- spräch zur filmischen Biogra- fie von und mit Sonya und Yury Winterberg. Heide-Ute Niedringhaus aus Höxter (links) berichtet in Köln über ihre berühmte Tochter Anja Niedringhaus. Foto: M. Robrecht Ausdrucksstarke Bilder von Anja Niedringhaus: Das große Foto zeigt Zivilisten auf der Flucht (Basra, Irak, 2003). Die kleinen Motive dokumentieren (von oben) bettelnde Frau- en in Kandahar (Afghanistan, 2014), einen Jungen mit Spielzeugwaffe (Kabul, Afghanistan, 2009) und eine Razzia in Bagdad (Irak, 2004). Fotos: Anja Niedringhaus Bauhaus in der Glashütte Petershagen (WB). Mehr Licht, aber eine Stunde weniger? Pünkt- lich zur Zeitumstellung präsen- tiert die Glashütte Gernheim in Petershagen die Ausstellung »Leuchten der Moderne. Glaspro- duktion im Licht des Bauhauses«. Bis zum 25. August stehen Pro- duktgestaltung und Industriede- sign des frühen 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Unter der Klam- mer »Phänomen Licht« schlägt die Schau den Bogen von hitzebestän- digem Glas über das Art Déco, die Konzepte des Bauhauses bis zur »Neuen Sachlichkeit«. Vor allem László Moholy-Nagy, Lehrer am Bauhaus bis 1928, interessierte der Facettenreichtum des Lichts. Sein Licht-Raum-Modulator brachte Licht und Bewegung in die Form eines kinetischen Apparats. @ ____________________________ www.bauhaus100-im- westen.de Zwei Gemälde vor Restitution Düsseldorf (dpa). Der Bund soll zwei NS-Raubgut-Gemälde an die Erben zurückgeben; eines ist derzeit im Museum Kunstpalast in Düsseldorf zu sehen. Das gab die Kommission für die Rückgabe NS- verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter gestern bekannt. Be- troffen sind die »Ansicht des Zwingergrabens in Dresden« und »Ansicht der Karlskirche zu Wien« des als Canaletto bekannten italie- nischen Landschaftsmalers Ber- nardo Bellotto (1721-1780), die sich in Bundesbesitz befinden und an die Erben von Max James Emden restituiert werden sollen. Aktuell befindet sich die »Karlskirche« als Leihgabe in Düsseldorf. Der Streit dauert seit 15 Jahren an. Emden war ein aus Hamburg stammen- der Kaufhausmagnat, der wäh- rend der NS-Herrschaft als Jude seinen gesamten Besitz verlor. Preisgekröntes Buch vergriffen Leipzig (dpa). Nach dem Ge- winn des Preises der Leipziger Buchmesse ist der Roman »Schäf- chen im Trockenen« der Schrift- stellerin Anke Stelling vergriffen. Er werde Lieferschwierigkeiten geben, kündigte der Verbrecher- Verlag an. »Kein Verlag würde 20.000 Exemplare auf Vorrat dru- cken.« Gleichzeitig kündigte der Verlag an, bereits heute werde die vierte Auflage mit 3000 Exempla- ren aus der Druckerei kommen. In der kommenden Woche sollen dann weitere 15.000 Exemplare in fünfter Auflage folgen. Der Preis der Leipziger Buchmesse zählt zu den wichtigsten Literaturaus- zeichnungen in Deutschland. Stel- ling erhielt ihn in der Sparte Bel- letristik. In »Schäfchen im Trocke- nen« erzählt sie von der Mittvier- zigerin Resi, die mit ihrer Freun- desclique nicht mithalten kann. Bilder gegen den Krieg Zum fünften Jahrestag ihrer Ermordung: Anja-Niedringhaus-Ausstellung in Köln Engagement für Kapelle Meschede (epd). Die Kreuzweg- kapelle in Bestwig-Velmede bei Me- schede ist vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zum Denk- mal des Monats gekürt worden. Da- mit würdigte der LWL das Engage- ment der Dorfgemeinschaft für den Erhalt der Kappelle, wie der LWL in Münster mitteilte. Der kleine acht- eckige Kapellenbau markiert den Angaben zufolge den Beginn des Kreuzwegs, der seit 1860 den Berg- hang »Am Dorn« hinaufführe. Die Kapelle, die auf einem Privatgrund- stück steht, wurde in den Jahren 1885/86 auf die Initiative von Ein- wohnern Velmedes errichtet. Die Kapelle stehe stellvertretend für die vielen landschaftsprägenden Kapellen im Sauerland, die erhalten seien, weil Ehrenamtliche sie mit großem Engagement pflegten, er- klärte LWL-Denkmalpfleger Dirk Strohmann.

WESTFALEN-BLATT Nr. 73 Mittwoch, 27. März 2019 …...viele Sportfotos, beeindruckt Menschen über Kulturkreisgren-zen hinweg. Die Ermordung der Fotografin rief ein weltweites Me-dienecho

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Page 1: WESTFALEN-BLATT Nr. 73 Mittwoch, 27. März 2019 …...viele Sportfotos, beeindruckt Menschen über Kulturkreisgren-zen hinweg. Die Ermordung der Fotografin rief ein weltweites Me-dienecho

KULTUR / FERNSEHENWESTFALEN-BLATT Nr. 73 Mittwoch, 27. März 2019

Geklauter Picasso gefunden20 Jahre verschwunden – Hinweise aus der Unterwelt

Amsterdam (dpa/WB). Ein vor20 Jahren gestohlenes Gemäldevon Pablo Picasso ist in Amster-dam gefunden worden. Dank prä-ziser Tipps aus der Unterwelt warder in der Kunstszene bekannteKunstdetektiv Arthur Brand demBild auf die Spur gekommen. DiePolizei der Niederlande wurdevon dem Detektiv informiert undnahm auch Kontakt zu den fran-zösischen Ermittlern auf. »Aberweil der Diebstahl verjährt ist, er-mitteln wir nicht mehr.«

Picasso malte »Buste deFemme« (Büste einer Frau) im Jahr1938. Sein Wert wird heute auf 25Millionen Euro geschätzt. Unbe-kannte stahlen das Bild 1999 von

der Jacht eines saudischenScheichs im südfranzösischen An-tibes. Er soll einst vier MillionenEuro für den Picasso bezahlt ha-ben. Das Bild verschwand fastspurlos – fast, denn Brand hatteanfangs immerhin ein Foto, wennauch ein schlechtes.

Nun aber die Rückgabe: EinAnonymus lieferte Brand den Pi-casso frei Haus – in zwei ineinan-dergesteckte Müllsäcke verpackt.Die Hände des Kunstdetektivs zit-terten, als er das Paket öffnete –aber da war das Bild in seiner gan-zen kubistischen Vollkommen-heit. »Das Gemälde ist noch in gu-tem Zustand«, sagte Brand.

Damals, als der Picasso ver-

schwand, setzte die Versicherungeine Belohnung von 400.000 Euroaus, doch von dem Kunstwerkfehlte lange Zeit jede Spur. 2015bekam der Detektiv einen erstenHinweis. Nach langer Suche stießer dann auf einen Geschäftsmann,in dessen Besitz sich das Gemäldebefand. Der Unternehmer soll dasBild als Bezahlung bekommen ha-ben. Er wollte es zurückgeben, alser von dem Diebstahl hörte –mittlerweile wurde das Bild derVersicherung übergeben. Zuerstaber bestätigten zwei Experten –darunter ein Mitarbeiter der NewYorker Pace-Galerie, deren Schildnoch auf der Rückseite des Picas-sos klebte – seine Echtheit.

Arthur Brand mit Picassos »Büste einer Frau« von 1938 – der Detek-tiv spürte das 25-Millionen-Euro-Werk auf. Foto: dpa

Von Michael Robrecht

H ö x t e r / K ö l n (WB). An-lässlich ihres fünften Todesta-ges ehrt das Käthe-Kollwitz-Mu-seum in Köln die Fotografin Anja Niedringhaus (1965-2014). Die Arbeit der Höxteraner Pulit-zer-Preisträgerin wird in einer großen Einzelschau gewürdigt.

Die Ausstellung, die an diesemFreitag eröffnet wird, ist eine be-sondere Auszeichnung zum Jah-restag der am 4. April 2014 in Af-ghanistan ermordeten damaligenAP-Cheffotografin. Darüber freuesie sich sehr, sie sei sehr bewegt,sagte Heide-Ute Niedringhaus, dieMutter der Journalistin, demWESTFALEN-BLATT.

Die Kölner Schau ist die erstegrößere posthume Retrospektivefür die weltbekannte Fotoreporte-

rin. Mehr als 80 großformatigeAufnahmen dokumentieren dasWerk, das die »Bilderkriegerin«(Ausstellungstitel) schon zu Leb-zeiten zur Ikone gemacht habe,teilte ein Museumssprecher mit.

Nahezu ein Vierteljahrhundertlang berichtete Anja Niedringhausvon Kriegsschauplätzen in allerWelt: vom Balkan, aus dem Irakund immer wieder aus Afghanis-tan. Als die Fotografin dort beieinem Reportage-Einsatz am 4.April 2014 im Alter von 48 Jahrenvon einem Attentäter im Auto er-schossen wurde, hinterließ sie einbeeindruckendes Œuvre.

Im Auftrag von Nachrichten-agenturen wie der amerikani-schen Associated Press (AP) ent-standen legendäre Aufnahmen,die von den weltweit wichtigstenMagazinen und Zeitungen auf denTitelseiten gedruckt wurden undso im kollektiven Gedächtnis ver-ankert sind. Der umfangreiche

Nachlass umfasst Bilder ausKriegs- und Krisenregionen eben-so wie brillante Porträtaufnah-men und Sportfotografien.

Die Kölner Ausstellung zeigt –erstmals durchgängig in Farbe –mehr als 90 großformatige Auf-nahmen, darunter 18 Originale ausdem Archiv der Fotografin sowiemehrere handsignierte Abzüge.

Obgleich Anja Niedringhauslange Jahre von zahlreichenKriegsschauplätzen berichtete,lehnte sie den Begriff »Kriegsfoto-grafin« für sich ab. Ihre Aufnah-men, die oft unter Lebensgefahran vorderster Front entstanden,reichen weit über die reine Doku-mentation von Ereignissen hinaus– ihre Arbeiten sind Aufrufe zumFrieden. »Sie wollen aufrüttelnund mahnen, indem sie uns dieSchrecken des Krieges vor Augenführen. Ihre Werke vereinen häu-fig starke Gegensätze: Sie zeigeneinen Moment der Ruhe inmittendes Chaos und tiefe Menschlich-keit inmitten von brutaler Barba-rei«, so das Kollwitz-Museum.

Die Tiefe ihres Werkes, darunterviele Sportfotos, beeindrucktMenschen über Kulturkreisgren-zen hinweg. Die Ermordung derFotografin rief ein weltweites Me-dienecho hervor, Anja Niedring-haus war Thema in den Nachrich-ten. »Von der ›New York Times‹bis hin zu russischen, griechi-schen und arabischen Medien warder Vorfall auf den Titelseiten zulesen, Regierungen und Promi-nente aus aller Welt kondolier-ten«, sagt ihre Mutter Heide-UteNiedringhaus, die in ihrem priva-ten Archiv in Höxter viele Beiträge

gesammelt hat.Unter ihren Kolleginnen gilt An-

ja Niedringhaus als Wegbereiterinin einem Beruf, in dem bis heuteder Frauenanteil verschwindendgering ist. Sie erhielt zahlreicheAuszeichnungen, darunter 2005den ersten Pulitzer-Preis für einedeutsche Fotografin.

Die Kölner Ausstellung wird vonSonya Winterberg kuratiert, dieAnja Niedringhaus persönlichkannte. Mit Unterstützung derErben konnte die Kuratorin aufdas in seinem Originalzustand be-wahrte Archiv der Fotografin zu-rückgreifen. Es dokumentiert dasgesamte Schaffen von Anja Nie-dringhaus und bietet die einmali-ge Möglichkeit, ihr Lebenswerkauch jenseits der bekannten Bil-der aufzuarbeiten und der Öffent-lichkeit zugänglich zu machen.

Auf dieser Grundlage bereitetSonya Winterberg in Kooperationmit Ziegler Film und im Auftrag

des ZDF eine Verfilmung des Le-bens der Fotografin. Außerdemsoll eine Biografie mit Werkver-zeichnis erscheinen.

Bei der Medienpräsentation der»Bilderkriegerin« am Donnerstagsind außer Heide-Ute Niedring-haus auch Anjas Schwester ElkeNiedringhaus-Haasper und dieFotografin Kathy Gannon, AP Se-nior Correspondent Pakistan/Af-ghanistan, Kollegin und Freundinvon Anja Niedringhaus, die denAnschlag mit ihr im Auto schwerverletzt überlebte, dabei.

Noch bis zum 10. Juni läuft, wieberichtet, eine weitere Ausstel-lung über Kriegsfotografinnen imMuseum Kunstpalast in Düssel-dorf. Auch dort werden viele Nie-dringhaus-Fotos gezeigt. In Höx-ter ist das Forum Anja Niedring-haus im historischen Tilly-Hausim Aufbau. Dafür hat sich ein Ver-ein für journalistische und künst-lerische Fotografie gegründet.

Infos und Programm

Die Ausstellung »Anja Nie-dringhaus – Bilderkriegerin« läuft von diesem Freitag bis zum 30. Juni. Das Käthe-Koll-witz-Museum Köln (Neumarkt 18-24) ist dienstags bis frei-tags von 10 bis 18 Uhr, sams-tags/sonntags und an Feierta-gen von 11 bis 18 Uhr geöff-net. Ein Katalog und ein um-fangreiches Rahmenpro-gramm begleiten die Schau.

4. April: Talk im Forum (18.30 Uhr): Erinnerungen an Anja Niedringhaus – Lesung

am 5. Todestag mit Sonya und Yury Winterberg.

8. Mai: Talk im Forum (18.30 Uhr): »Bilderkrieger – Kriegsfotografie im Faden-kreuz. Der Kampf um das beste Foto« – Sonya Winter-berg im Gespräch.

19. Juni: Talk im Forum (18.30 Uhr): »Making-of: Anja Niedringhaus – Die Bilder-kriegerin« – Werkstattge-spräch zur filmischen Biogra-fie von und mit Sonya und Yury Winterberg.

Heide-Ute Niedringhaus aus Höxter (links) berichtet in Köln überihre berühmte Tochter Anja Niedringhaus. Foto: M. Robrecht

Ausdrucksstarke Bilder von Anja Niedringhaus: Das großeFoto zeigt Zivilisten auf der Flucht (Basra, Irak, 2003). Diekleinen Motive dokumentieren (von oben) bettelnde Frau-

en in Kandahar (Afghanistan, 2014), einen Jungen mitSpielzeugwaffe (Kabul, Afghanistan, 2009) und eine Razziain Bagdad (Irak, 2004). Fotos: Anja Niedringhaus

Bauhaus in derGlashütte

Petershagen (WB). Mehr Licht,aber eine Stunde weniger? Pünkt-lich zur Zeitumstellung präsen-tiert die Glashütte Gernheim inPetershagen die Ausstellung»Leuchten der Moderne. Glaspro-duktion im Licht des Bauhauses«.Bis zum 25. August stehen Pro-duktgestaltung und Industriede-sign des frühen 20. Jahrhundertsim Mittelpunkt. Unter der Klam-mer »Phänomen Licht« schlägt dieSchau den Bogen von hitzebestän-digem Glas über das Art Déco, dieKonzepte des Bauhauses bis zur»Neuen Sachlichkeit«. Vor allemLászló Moholy-Nagy, Lehrer amBauhaus bis 1928, interessierte derFacettenreichtum des Lichts. SeinLicht-Raum-Modulator brachteLicht und Bewegung in die Formeines kinetischen Apparats.

@ ____________________________www.bauhaus100-im-

westen.de

Zwei Gemäldevor Restitution

Düsseldorf (dpa). Der Bundsoll zwei NS-Raubgut-Gemälde andie Erben zurückgeben; eines istderzeit im Museum Kunstpalast inDüsseldorf zu sehen. Das gab dieKommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenerKulturgüter gestern bekannt. Be-troffen sind die »Ansicht desZwingergrabens in Dresden« und»Ansicht der Karlskirche zu Wien«des als Canaletto bekannten italie-nischen Landschaftsmalers Ber-nardo Bellotto (1721-1780), die sichin Bundesbesitz befinden und andie Erben von Max James Emdenrestituiert werden sollen. Aktuellbefindet sich die »Karlskirche« alsLeihgabe in Düsseldorf. Der Streitdauert seit 15 Jahren an. Emdenwar ein aus Hamburg stammen-der Kaufhausmagnat, der wäh-rend der NS-Herrschaft als Judeseinen gesamten Besitz verlor.

Preisgekröntes Buch vergriffen

Leipzig (dpa). Nach dem Ge-winn des Preises der LeipzigerBuchmesse ist der Roman »Schäf-chen im Trockenen« der Schrift-stellerin Anke Stelling vergriffen.Er werde Lieferschwierigkeitengeben, kündigte der Verbrecher-Verlag an. »Kein Verlag würde20.000 Exemplare auf Vorrat dru-cken.« Gleichzeitig kündigte derVerlag an, bereits heute werde dievierte Auflage mit 3000 Exempla-ren aus der Druckerei kommen. Inder kommenden Woche sollendann weitere 15.000 Exemplare infünfter Auflage folgen. Der Preisder Leipziger Buchmesse zählt zuden wichtigsten Literaturaus-zeichnungen in Deutschland. Stel-ling erhielt ihn in der Sparte Bel-letristik. In »Schäfchen im Trocke-nen« erzählt sie von der Mittvier-zigerin Resi, die mit ihrer Freun-desclique nicht mithalten kann.

Bilder gegen den KriegZum fünften Jahrestag ihrer Ermordung: Anja-Niedringhaus-Ausstellung in Köln

Engagement für Kapelle

Meschede (epd). Die Kreuzweg-kapelle in Bestwig-Velmede bei Me-schede ist vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zum Denk-mal des Monats gekürt worden. Da-mit würdigte der LWL das Engage-ment der Dorfgemeinschaft für den Erhalt der Kappelle, wie der LWL inMünster mitteilte. Der kleine acht-eckige Kapellenbau markiert den Angaben zufolge den Beginn des Kreuzwegs, der seit 1860 den Berg-hang »Am Dorn« hinaufführe. Die Kapelle, die auf einem Privatgrund-stück steht, wurde in den Jahren 1885/86 auf die Initiative von Ein-wohnern Velmedes errichtet.

Die Kapelle stehe stellvertretendfür die vielen landschaftsprägendenKapellen im Sauerland, die erhalten seien, weil Ehrenamtliche sie mit großem Engagement pflegten, er-klärte LWL-Denkmalpfleger Dirk Strohmann.