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ZPO – Fallstricke und Chancen Kongresshaus Zürich (1127.) 18. März 2014

ZPO – Fallstricke und Chancen · Brutto oder Netto 8. Währung 9. MWST 10.Prozessuale Anträge ZPO – Fallstricke und Chancen . Dr. iur. Martin Eckert | 9 . 1. Bestimmtheit (I)

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ZPO – Fallstricke und Chancen

Kongresshaus Zürich (1127.) 18. März 2014

Stolpersteine bei der Formulierung der Rechtsbegehren

Dr. iur. Martin Eckert Rechtsanwalt / Partner MME Partners

Vorbemerkungen

Dr. iur. Martin Eckert | 3

• Sicht Praktiker • Zürcher Optik • ohne Spezialrechtsgebiete (IP; Erbrecht; etc.) • ohne Rechtsmittelbegehren • ohne Schiedsgerichte

• Stolperstein?

ZPO – Fallstricke und Chancen

Inhalt

• Rechtsbegehren – Gedanken • Allgemeine Formulierungsgrundsätze • Einzelne Stolpersteine, jeweils mit

• Hinweisen • Entscheiden • Literaturangaben

Dr. iur. Martin Eckert | 4 ZPO – Fallstricke und Chancen

Rechtsbegehren - Gedanken

• Rechtsbegehren – Dreh- und Angelpunkt des Zivilprozesses • Prozessgegenstand (Relevanz; Behauptungs- und

Bestreitungslast) • Klageänderung eingeschränkt (Fixationswirkung) • Grundlage für Urteil/Urteilsdispositiv (materiell;

Dispositionsmaxime) • Grundlage für Vollstreckung • Grundlage für Kostenentscheide (Kostenvorschuss;

Kostenentscheid)

• Rechtsbegehren und Strategie Dr. iur. Martin Eckert | 5 ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
Das Rechtsbegehren kommt in folgenden Artikeln der ZPO vor: ZPO 82 I (Streitverkündungsklage) ZPO 91 I/II (Streitwert wird durch das Rechtsbegehren bestimmt; lautet das Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, falls sich die Parteien nicht einigen können) ZPO 94 I (Der Streitwert bestimmt sich nach dem höheren Rechtsbegehren, wenn sich Klage und Widerklage gegenüberstehen) ZPO 117 lit. b (Anspruch auf URP wenn die erforderlichen Mittel nicht vorhanden sind und das Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint) ZPO 125 lit. a (Zur Vereinfachung des Prozesses kann das Gericht das Verfahren auf einzelne Rechtsbegehren beschränken) ZPO 202 II (Im Schlichtungsgesuch sind u.a. die Rechtsbegehren zu bezeichnen) ZPO 209 II lit. b (Die Klagebewilligung enthält u.a. das Rechtsbegehren der klagenden Partei) ZPO 221 I lit. b (Die Klage enthält das Rechtsbegehren) ZPO 222 III (Das Gericht kann die beklagte Partei auffordern, die Klageantwort auf einzelne Rechtsbegehren zu beschränken) ZPO 235 I lit. d (Das Protokoll enthält u.a. die Rechtsbegehren) ZPO 244 I lit. b (Die Klage (vereinfachtes Verfahren) enthält die Rechtsbegehren) ZPO 290 lit. b, c und d (Die Scheidungsklage enthält das Rechtsbegehren, die Ehe sei zu scheiden sowie die Bezeichnung des Scheidungsgrundes) ZPO 308 II (Die Berufung ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mind. CHF 10‘000 beträgt) ZPO 383 (Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann das Schiedsgericht das Verfahren auch auf einzelne Rechtsbegehren beschränken) ZPO 384 I lit. d (Der Schiedsspruch enthält das Rechtsbegehren) ZPO 393 lit. c (Ein Schiedsspruch kann nur angefochten werden, wenn das Schiedsgericht Rechtsbegehren unbeurteilt gelassen hat.)

Formulierungsgrundsätze

• Bestimmtheitsgebot (vgl. hinten) • Begehren – nicht Begründung • Prozessuale Anträge separat • Rechtsbegehren am Anfang oder am Ende der

Rechtsschrift?

Dr. iur. Martin Eckert | 6 ZPO – Fallstricke und Chancen

Finden Sie die 6 Fehler

Dr. iur. Martin Eckert | 7

«Es sei festzustellen, dass die Beklagte gestützt auf Ziffer 3 des Aktienkaufvertrages der Klägerin den ihr zustehenden Betrag samt Zinsen herausgeben soll, sofern die Aktien im Urteilszeitpunkt einen Wert von über CHF 10 pro Stück aufweisen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.»

ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
Fehler: Feststellungsbegehren: Hier wäre eine Leistungsklage möglich Zu unbestimmt: welcher Betrag Bedingungsfeindlichkeit: sofern… Begründung gehört nicht ins Rechtsbegehren (Vertrag als Grundlage) Zinsen: Genauer Betrag und seit wann? Es fehlt: Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten der Beklagten Richtig wäre: «Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin CHF […] nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Januar 2014 zu bezahlen; �unter Kosten und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten der Beklagten.»

Stolpersteine – Übersicht (I)

1. Bestimmtheit 2. Bedingungen / Eventualbegehren 3. Feststellungsbegehren 4. Stufenklage 5. Teilklage 6. Vollstreckungsanordnungen

Dr. iur. Martin Eckert | 8 ZPO – Fallstricke und Chancen

Stolpersteine – Übersicht (II)

7. Brutto oder Netto 8. Währung 9. MWST 10.Prozessuale Anträge

Dr. iur. Martin Eckert | 9 ZPO – Fallstricke und Chancen

1. Bestimmtheit (I)

• Oberstes Gebot für die Formulierung eines Rechtsbegehrens • Bestimmtheitsgebot ergibt sich insb. aus:

• Dispositionsgrundsatz (Art. 58 ZPO) • Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 53 ZPO) • Leistungsklage: Verurteilung zu einem „bestimmten Tun, Unterlassen oder Dulden“ (Art. 84

ZPO) • Gestaltungsklage: „Begründung, Änderung oder Aufhebung eines bestimmten Rechts oder

Rechtsverhältnisses“ (Art. 87 ZPO). • Rechtsbegehren ist – soweit dies möglich ist – so präzise abzufassen, dass es bei

Gutheissung der Klage ohne Weiteres zum Urteil erhoben werden kann • So präzis, dass der Vollstreckungsbehörde auch ohne Lektüre des Urteils klar ist,

was Gegenstand der Vollstreckung bildet (vereinfacht Vollstreckung)

Dr. iur. Martin Eckert | 10 ZPO – Fallstricke und Chancen

1. Bestimmtheit (II)

• Klagen auf Geldzahlung müssen beziffert sein (inkl. Höhe Verzugszins) • Unbezifferte Forderungsklage (Art. 85 ZPO) als Ausnahme vom

Bestimmtheitsgebot – Anwendungsbereich: • Unmöglich oder unzumutbar, Forderung bereits zu Beginn des Prozesses (vor

Beweiserhebung/Edition/Auskunftserteilung) zu beziffern • Bundesrecht stellt die Bezifferung des Anspruchs in das Ermessen des Richters (z.B. Art

42 Abs. 2 OR) sog. Sachverhaltsfeststellungsermessen • [Str.] aber wohl auch zulässig bei Rechtsfolgeermessen (z.B. Art. 47 OR, Art. 336a Abs. 2

OR)

• Klagende Partei muss gemäss Art. 85 Abs. 1 ZPO Mindestwert angeben, der als vorläufiger Streitwert gilt

Dr. iur. Martin Eckert | 11 ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
ZPO 85: Ist es der klagenden Partei unmöglich oder unzumutbar, ihre Forderung bereits zu Beginn des Prozesses zu beziffern, so kann sie eine unbezifferte Forderungsklage erheben. Sie muss jedoch einen Mindestwert angeben, der als vorläufiger Streitwert gilt. 2 Die Forderung ist zu beziffern, sobald die klagende Partei nach Abschluss des Beweisverfahrens oder nach Auskunftserteilung durch die beklagte Partei dazu in der Lage ist. Das angerufene Gericht bleibt zuständig, auch wenn der Streitwert die sachliche Zuständigkeit übersteigt.

1. Bestimmtheit (III)

• Heikel bei Unterlassungsklagen: Was genau soll unterlassen werden? erforderlich ist ein eng und bestimmt umschriebenes Verhalten

• Heikel bei IP-Streitigkeiten: Verletzung ist so zu beschreiben, dass durch blosse tatsächliche Kontrolle ohne weiteres festgestellt werden kann, ob die verbotene Ausführung vorliegt. Tipp: Grafik verwenden

• Heikel bei Herausgabebegehren: Was genau muss herausgegeben werden?

Dr. iur. Martin Eckert | 12 ZPO – Fallstricke und Chancen

1. Bestimmtheit (IV)

Beispiel für ein bestimmtes Rechtsbegehren: • «Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 50’000 zuzüglich 5% Zins seit

8. Juli 2013 zu bezahlen.» Gutheissendes Urteilsdispositiv: «Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger CHF 50’000 zuzüglich 5% Zins seit 8. Juli 2013 zu bezahlen.»

Beispiel für eine bestimmte Unterlassungsklage: • «Es sei der Beklagten, unter Androhung der Bestrafung ihrer verantwortlichen

Organe gemäss Art. 292 StGB, mit sofortiger Wirkung zu verbieten, in der Schweiz die unter der Marke Y vertriebenen Präparate herzustellen, zu benutzen, anzupreisen, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst wie in Verkehr zu bringen oder bei entsprechenden Handlungen Dritter in irgendeiner Weise mitzuwirken.»

Dr. iur. Martin Eckert | 13 ZPO – Fallstricke und Chancen

1. Bestimmtheit (V)

Beispiele für unbestimmte Rechtsbegehren: • «Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin die streitige Maschine

zurückzugeben.» • «Die Beklagte sei zu verpflichten, sich aller übermässigen Einwirkungen auf das

Eigentum des Nachbarn zu enthalten.» • «Es sei der Beklagten zu verbieten, den Kläger in dessen Persönlichkeit zu

verletzen.» • «Dem Beklagten ist zu untersagen, der Klägerin Briefe, durch die sie in ihren

persönlichen Verhältnissen verletzt wird, zuzustellen bzw. zustellen zu lassen.»

Dr. iur. Martin Eckert | 14 ZPO – Fallstricke und Chancen

1. Bestimmtheit (VI)

• BGE 97 II 92, 93 f. (Unterlassungsklage) • BGE 112 Ib 334, 335 f. (Bezifferung Geldforderung) • BGE 116 II 215, 219 f. (unbezifferte Forderungsklage) • BGE 123 III 140, 142 (unbezifferte Forderungsklage) • BGE 128 III 271, 277 f. (Sachverhaltsfeststellungsermessen) • BGE 131 III 70, 73 f. (Unterlassungsklage) • BGE 131 III 243, 245 f. (unbezifferte Forderungsklage) • BGE 134 III 235, 236 f. (Bezifferung Geldforderung) • 5A_663/2011, E. 4.3, Urteil vom 20.1.2012 (Bezifferung Geldforderung)

Dr. iur. Martin Eckert | 15 ZPO – Fallstricke und Chancen

1. Bestimmtheit (VII)

• SUTTER-SOMM THOMAS, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2012, N 531 ff, 1032 ff.

• SPÜHLER KARL/DOLGE ANNETTE/GEHRI MYRIAM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, und Grundzüge des internationalen Zivilprozessrechts 9. Aufl., Bern 2010, § 33 N 58 ff.

• STAEHELIN ADRIAN/STAEHELIN DANIEL/GROLIMUND PASCAL, Zivilprozessrecht - Unter Einbezug des Anwaltsrechts und des internationalen Zivilprozessrechts, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, § 14 N 4 ff.

• SPÜHLER KARL, Art. 84 N 6 ff., in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2013

• MARKUS ALEXANDER R., Art. 84 N 12 4, in: Berner Kommentar - Schweizerische Zivilprozessordnung, Band I, Bern 2012

Dr. iur. Martin Eckert | 16 ZPO – Fallstricke und Chancen

2. Bedingungen / Eventualbegehren (I)

• Rechtsbegehren sind grundsätzlich bedingungsfeindlich – bedingte oder eventuelle Hauptklage ist nicht möglich

• Ausnahmen vom Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit: • Klage auf bedingt zu erbringende Leistung = unbedingtes Rechtsbegehren auf bedingten

Anspruch (vgl. zur Vollstreckung einer bedingten Leistung Art. 342 ZPO) • Klage auf Leistung Zug um Zug • Klage auf künftige oder suspensiv bedingte Leistungen (vgl. zur Vollstreckung Art. 342

ZPO) • Eventualbegehren

• Für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens • Zulässig, sofern sich Haupt- und Eventualbegehren gegenseitig ausschliessen • Kein Verbot, dass Eventualbegehren nicht weiter gehen darf, als Hauptbegehren

Dr. iur. Martin Eckert | 17 ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
Grund für Bedingungsfeindlichkeit von Rechtsbegehren: die Wirkungen der Klage, namentlich diejenige der Rechtshängigkeit, wären ungewiss. Klage auf suspensiv bedingte Leistung: Es handelt sich eigentlich um künftige Ansprüche; über den Eintritt der Bedingung, der Voraussetzung für die Vollstreckung bildet, kann noch nicht entschieden werden. Aufgrund des praktischen Bedürfnisses müssen solche Rechtsbegehren aber möglich sein.

2. Bedingungen / Eventualbegehren (II)

Klage auf bedingt zu erbringende Leistung: • «Es sei der Beklagte zu verpflichten, an den Unterhalt des gemeinsamen Kindes

der Parteien, Anna Laura, geb. 01. Januar 1987, zusätzliche monatliche Beiträge von CHF 300 zu bezahlen, falls und solange das Kind das Gymnasium «Alpenblick» in Zuoz oder eine andere auswärtige Lehranstalt mit internatsweiser Unterbringung besucht; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beklagten.»

Klage auf Leistung Zug um Zug: • «Es sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Aktien Nr. 100-150 der

Muster AG, Winterthur herauszugeben, Zug um Zug gegen Bezahlung von CHF 30’000.»

Klage auf künftige Leistungen: • «Es sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger bis spätestens 31. März 2014

CHF 45’000 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 15. September 2012 zu bezahlen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beklagten.»

Dr. iur. Martin Eckert | 18 ZPO – Fallstricke und Chancen

2. Bedingungen / Eventualbegehren (III)

Beispiel für Eventualbegehren: • «1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin das Bild «Rückkehr aus dem

Walde» des Künstlers XY herauszugeben. 2. Eventualiter sei die Beklagte zur Zahlung von 600’000 Franken zuzüglich 5% Zins seit dem 1. Januar 2005 an die Klägerin zu verurteilen. 3. Unter oben erwähnter Kostenfolge.»

Dr. iur. Martin Eckert | 19 ZPO – Fallstricke und Chancen

2. Bedingungen / Eventualbegehren (IV)

• 5P_387/2006, E. 3.2, Urteil vom 16.04.2007 • BGE 128 III 124 • MARKUS ALEXANDER R., Art. 84 N 4 ff., in: Berner Kommentar - Schweizerische

Zivilprozessordnung, Band I, Bern 2012 • FÜLLEMAN DANIEL, Art. 84 N 6, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], DIKE-

Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), Zürich St. Gallen 2011 • STAEHELIN ADRIAN/STAEHELIN DANIEL/GROLIMUND PASCAL, Zivilprozessrecht - Unter

Einbezug des Anwaltsrechts und des internationalen Zivilprozessrechts, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, § 14 N 8 f.

Dr. iur. Martin Eckert | 20 ZPO – Fallstricke und Chancen

3. Feststellungsbegehren (I)

• Besonderheit der Feststellungsklage ist das Rechtsschutzinteresse. Die klagende Partei hat dabei folgende Punkte nachzuweisen: • Ungewissheit über die Rechtslage • Unzumutbarkeit des Fortbestands der Unsicherheit • Unmöglichkeit, die Ungewissheit anders (insb. durch Leistungs- oder

Gestaltungsklage) zu beseitigen • Steht also dem Kläger auch eine Leistungsklage oder eine Gestaltungsklage offen,

so fehlt es grundsätzlich am Rechtsschutzinteresse für die Feststellungsklage (sog. Subsidiarität der Feststellungsklage = Stolperstein)

• Leistungsbegehren/Gestaltungsbegehren ist vor dem Feststellungsbegehren zu stellen.

• Wird eine Feststellungsklage eingereicht und wäre eine Leistungsklage bzw. Gestaltungsklage möglich, so erfolgt einen Nichteintretensentscheid.

Dr. iur. Martin Eckert | 21 ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
Feststellungsklage (ZPO 88) Die für den Begriff der Feststellungsklage wesentlichen Elemente sind das Begehren um eine autoritative Feststellung durch ein Gericht, die sich auf Rechte oder Rechtsverhältnisse beziehen muss, entweder zwischen Personen oder in Bezug auf das Verhältnis einer Person zu einem Gegenstand. Als Streitgegenstand sind bloss Rechte oder Rechtsverhältnisse zugelassen. Die Feststellung von Tatsachen ist kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage. Negative Feststellungsklage: v.a. zur Abwehr einer Teilklage: Die mit einer Teilklage konfrontierten Partei erhält durch die negative Feststellungsklage (i.S. einer Widerklage) eine Möglichkeit, den Prozess auszuweiten auf die umfassende Beurteilung des Sachverhaltes, der Gegenstand der Teilklage ist, und sich so ein Sachurteil mit Wirkung res iudicata für den gesamten Streitfall zu verschaffen. Verhältnis zu anderen Klagen der ZPO: Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage: diese Subsidiarität ist zu hinterfragen. Fehlt das Rechtsschutzinteresse bei einer Feststellungsklage, so wird nicht auf die Klage eingetreten (Nichteintretensentscheid). Zwischenfeststellungsklage: d.h. der Verbindung einer Leistungsklage auf einen Teil der geschuldeten respektive schon fälligen Leistung in Verbindung mit der grundsätzlichen Feststellung des der Leistung zugrunde gelegten Rechtsverhältnisses.

3. Feststellungsbegehren (II)

• Negative Feststellungklage und «forum running»: Ist das «forum running» ein genügendes Rechtsschutzinteresse?

• EuGVVO: «forum running» gilt als genügendes Rechtsschutzinteresse, d.h. eine früher erhobene negative Feststellungsklage hat Vorrang vor der später erhobenen Leistungsklage; dies dient der Chancengleicheit

• LugÜ sowie Binnensachverhalt: Gem. BGer gilt das «forum running» nicht als genügendes Rechtsschutzinteresse

Dr. iur. Martin Eckert | 22 ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
In BGE 136 III 523 ging es um die Frage, ob auf eine negative Feststellungsklage in internationalen Verhältnissen im Geltungsbereich des Lugano-Übereinkommens trotz fehlenden Feststellungsinteresses einzutreten sei. Der deutsche Bundesgerichtshof hatte gestützt auf die Rechtsprechung des EuGH festgehalten, dass es im Anwendungsbereich des EuGVVO keinen Vorrang der - später erhobenen - Leistungsklage unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls des Feststellungsinteresses für die Feststellungsklage gebe; auf die negative Feststellungsklage wurde somit eingetreten. In der Schweiz ist eine solche Klage in der Regel nicht möglich, denn gemäss Bundesgericht wird für eine negative Feststellungsklage auch in internationalen Verhältnissen im Geltungsbereich des LugÜ ein besonderes Rechtsschutzinteresse vorausgesetzt. In Ländern, in denen die Erhebung einer Feststellungsklage an keine besonderen Voraussetzungen gebunden ist, ist somit ein "forum running", d.h. die berechnende Auswahl des vorteilhaftesten Gerichts, zwecks Erhebung einer negativen Feststellungsklage möglich, während dies in der Schweiz nicht der Fall ist, da diese Klageart an besondere Voraussetzungen gebunden ist. Das BGer unterläuft damit den Grundsatz der Chancen- und Waffengleichheit, der Art. 27 LugÜ zugrunde liegt.

3. Feststellungsbegehren (III)

Beispiel für eine Leistungsklage: • «Es sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger CHF 100’000.– nebst Zins zu 5

% seit dem 1. Januar 2014 zu bezahlen; unter Kosten und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten des Beklagten.»

Und nicht: • «Es sei festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger CHF 100’000.- nebst Zins zu

5% seit dem 1. Januar 2014 schuldet; unter Kosten und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten des Beklagten.»

Dr. iur. Martin Eckert | 23 ZPO – Fallstricke und Chancen

3. Feststellungsbegehren (IV)

• BGE 135 III 378 • 5A_876/2010, Urteil vom 3. Juni 2011 • 1C_79/2009 E.3 f., Urteil vom 24. September 2009 • 136 III 523

• Botschaft ZPO BBl 2006, S. 7288 • SUTTER-SOMM THOMAS/HASENBÖHLER FRANZ/LEUENBERGER CHRISTOPH,

Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 88 N 12

• STAEHELIN ADRIAN/STAEHELIN DANIEL/GROLIMUND PASCAL, Zivilprozessrecht, Unter Einbezug des Anwaltsrechts und des internationalen Zivilprozessrechts, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013, § 14 N 25 f.

• MARKUS ALEXANDER R., Art. 88 N 12 ff., in: Berner Kommentar - Schweizerische Zivilprozessordnung, Band I, Bern 2012

Dr. iur. Martin Eckert | 24 ZPO – Fallstricke und Chancen

4. Stufenklage (I)

• In der Stufenklage wird ein Begehren um Auskunft oder Rechnungslegung (als Hilfsanspruch; 1. Stufe; materielles Editionsrecht) mit einer zunächst unbestimmten/unbezifferten Forderungsklage (Hauptanspruch; 2. Stufe ) verbunden.

• Die Stufenklage ist eine objektive „sukzessive“ Klagenhäufung: mehrere Ansprüche mit zeitlich (gestaffeltem) Ablauf

• Anwendungsfall der unbezifferten Forderungsklage (Art. 85 ZPO) • Streitwert bemisst sich nach dem Hauptanspruch

Dr. iur. Martin Eckert | 25 ZPO – Fallstricke und Chancen

4. Stufenklage (II)

So geht’s: • Klageeinleitung mit zweiteiligem Rechtsbegehren:

• Teil 1: Auskunfts- oder Rechnungslegungsbegehren (sog. Hilfsanspruch) • Teil 2: unbeziffertes Teilungs-/Herabsetzungs- oder Forderungsbegehren Empfohlen: Sistierung Teil 2 bis Entscheid über Teil 1 vorliegt

• Verfahren und Entscheid zuerst über Teil 1 in Form von Teilurteil mit entsprechenden Rechtsmitteln danach Bezifferung Teil 2 danach Verfahren und Entscheid über Teil 2

Dr. iur. Martin Eckert | 26 ZPO – Fallstricke und Chancen

4. Stufenklage (III)

• Hilfsanspruch setzt materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage voraus: • Auskunftsklagen des einen Ehegatten über das Einkommen, Vermögen und die

Schulden (Art. 170 ZGB) • Auskunftspflicht unter Miterben (Art. 607 Abs. 3 ZGB) • Pflicht zur Rechenschaftsablegung des Beauftragten (Art. 400 Abs. 1 OR) • gestützt auf Bereicherungsrecht (OR 62 ff.) • gestützt auf Geschäftsanmassung bei GoA (Art. 423) • [str.] Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechenschaftsablegung bei

unerlaubter Handlung ? Gestützt auf Treu und Glauben (Art. 2 ZGB) wohl zu bejahen

• Alternativ (bzw. auch kumulativ) kann klagende Partei die notwendige Auskunft über entsprechende Beweisanträge (prozessuale Edition) einfordern

Dr. iur. Martin Eckert | 27 ZPO – Fallstricke und Chancen

4. Stufenklage (IV)

Beispiele: • «1. Der Beklagte sei zu verpflichten, das Budget sowie die Bilanz und

Erfolgsrechnung für die Jahre 2000 und 2001 der Klägerin in beglaubigter Kopie herauszugeben. 2. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin den nach der Auskunftserteilung von der Klägerin zu beziffernde Betrag, mindestens aber CHF 10’000 zusätzlich Zins (…) zu bezahlen..»

• «1. Dem Beklagten sei zu befehlen, dem Kläger die Franchisenehmer-Abrechnung

für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31.7.1997, in der Form der bisherigen Abrechnungen, auszuhändigen; 2. Der Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger die nach Einreichung der in Ziff. 1 bezeichneten Abrechnung zu beziffernden Franchisegebühren, mindestens aber CHF 17'500 nebst Zins ( ... ) zu bezahlen.»

Dr. iur. Martin Eckert | 28 ZPO – Fallstricke und Chancen

4. Stufenklage (V)

• BGE 116 II 215, 219 f. • BGE 116 II 351 • BGE 123 III 140, 142 (E 2.b) • 4P.159/2006 E. 5.3, Urteil vom 24. Oktober 2006. • Urteil des Handelsgerichts Zürich vom 6. November 1998 (sic! 2001, S. 41, 46) • 4C.290/2005, Urteil vom 12. April 2006

• LEUMANN LIEBSTER PASCAL, Die Stufenklage im schweizerischen Zivilprozessrecht,

Diss., Basel 2005 • SUTTER-SOMM THOMAS, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl.,

Zürich/Basel/Genf 2012, N 539 ff. • SPÜHLER KARL, Art. 85 N 13 ff., in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler

Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2013 Dr. iur. Martin Eckert | 29 ZPO – Fallstricke und Chancen

5. Teilklage (I)

• Ist ein Anspruch teilbar, so kann auch nur ein Teil eingeklagt werden. • Nach der Dispositionsmaxime kann sich die klagende Partei damit begnügen,

einzelne fällige Raten eines teilbaren Anspruches oder allgemein einen nicht individualisierten Teilbetrag einer grösseren Gesamtforderung geltend zu machen

• Vorteile der Teilklage: Senkung der Prozesskosten (kleinerer Streitwert) • Abwehr der Teilklage: neg. Feststellungsklage als Widerklage • Echte Teilklage: Von einer echten Teilklage spricht man dann, wenn von einem

behaupteten Gesamtanspruch lediglich einen Teil eingeklagt wird. Beispielsweise von einer Schadenersatzforderung von gesamthaft CHF 100’000 nur CHF 20’000.

• Unechte Teilklage: Bei einer unechten Teilklage wird von verschiedenen Ansprüchen, die einem einzigen Rechtsgrund entspringen, nur einer davon eingeklagt. Beispielsweise wird von drei fälligen Monatslöhnen nur einer eingeklagt.

Dr. iur. Martin Eckert | 30 ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
Echte Teilklage: Von einer echten Teilklage spricht man dann, wenn von einem behaupteten Gesamtanspruch lediglich einen Teil eingeklagt wird. Beispielsweise von einer Schadenersatzforderung von gesamthaft CHF 100’000 nur CHF 20’000. Unechte Teilklage: Bei einer unechten Teilklage wird von verschiedenen Ansprüchen, die einem einzigen Rechtsgrund entspringen, nur einer davon eingeklagt. Beispielsweise wird von drei fälligen Monatslöhnen nur einer eingeklagt.

5. Teilklage (II)

• Muss im Rechtsbegehren darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine Teilklage handelt bzw. muss ein Nachklagevorbehalt («unter Vorbehalt der Nachklage) angebracht werden?

• Rechtsprechung: Ein Nachklagevorbehalt oder das Wort «teilklageweise» ist grundsätzlich gemäss OGer ZH im Rechtsbegehren nicht erforderlich. Es reicht auch hier, wenn dies aus der Klagebegründung hervorgeht

• Sicht der Lehre: Bei der echten Teilklage ist die klagende Partei gut beraten, ihre Teilklage mit einem Nachklagevorbehalt zu versehen. Denn ansonsten könnte ein stillschweigender Erlass hergeleitet oder eine erneute Teilklage als Verstoss gegen Art. 2 ZGB qualifiziert werden.

• WICHTIG: Aus der Begründung muss klar hervorgehen, welcher Teil gefordert wird. Sofern die klagende Partei also nur einen Teilbetrag geltend macht, muss sie angeben, welchen Teil jeder der Ansprüche sie in welcher Reihenfolge fordert.

Dr. iur. Martin Eckert | 31 ZPO – Fallstricke und Chancen

Vorführender
Präsentationsnotizen
OGer ZH LB090076 vom 13. Januar 2012 (Nachklagevorbehalt) Das OGer ZH hat in ZR 102 [2003] Nr. 45 (vgl. Anhang) hat folgendes festgehalten: „Die grundsätzliche Zulässigkeit einer Teilklage ist unbestritten. Sie kann insbesondere der Beschleunigung oder Kostenersparnis dienen (Frank et al., Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3.A., N. 20 zu § 17 ZPO). Unter einer Teilklage versteht man, dass sich eine klagende Partei nach der Dispositionsmaxime damit begnügen kann, einzelne fällige Raten eines teilbaren Anspruches oder allgemein einen nicht individualisierten Teilbetrag einer grösseren Gesamtforderung geltend zu machen (Frank et al., N. 17 zu § 54 ZPO). Der Vorbehalt einer Nachklage ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich (Frank et al., a.a.O., N. 17 zu § 54 ZPO). Die Möglichkeit der Erhebung einer blossen Teilklage kann aber nicht dazu führen, dass beim Vorliegen verschiedener Positionen diese im Sinne einer Auswahl der gerichtlichen Beurteilung anheimgestellt werden, wobei es dann Sache des Gerichts wäre, Position für Position in ihrer Gänze urteilsmässig abzuhandeln, idealiter so lange, bis der Betrag der Teilklage erreicht ist. Sofern die klagende Partei nur einen Teilbetrag geltend macht, muss sie angeben, welchen Teil jedes der Ansprüche sie in welcher Reihenfolge fordert. Ungenügend ist mithin die unterschiedslose Angabe mehrerer Schadenersatzansprüche ohne die betragsmässige Aufteilung auf das Rechtsbegehren (Baumbach/Hartmann, Zivilprozessordnung, 53. A., München 1995, N. 43 zu § 253 DZPO). Der Anspruch ist eben so zu begründen, dass über dessen Identität kein Zweifel entstehen kann (Frank et al., a.a.O., N. 3 zu § 113 ZPO). Lässt die Klägerschaft offen, welchen Schaden in welcher Höhe aus welchem Verhalten eingeklagt wird, so ist das Rechtsbegehren nicht ausreichend begründet. Sie alleine bestimmt, über welche Ansprüche das Gericht entscheiden soll (Kurt Schellhammer, Zivilprozess, 6. A., Heidelberg 1994, N. 55). Deshalb ist bei einer Teilklage auszuführen, welcher Anspruch aus welchem Lebensvorgang geltend gemacht wird. Dies ist erforderlich, damit eine spätere Klage über den noch nicht entschiedenen Teil möglich ist (Frank et al., a.a.O., N. 12 zu § 191 ZPO). Es liegt zusammengefasst bei Erhebung einer Teilklage, welche vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Positionen erhoben wird, an der klagenden Partei, die Reihenfolge und eingeklagte Höhe dieser Positionen anzugeben.“  

5. Teilklage (III)

Beispiele: • «Es sei der Beklagte [unter Vorbehalt des Nachklagerechts] zu verpflichten, dem

Kläger CHF 50’000.– nebst Zins zu 5% seit dem 1. Januar 2014 zu bezahlen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beklagten.»

• «Der Beklagte sei teilklageweise zu verpflichten dem Kläger CHF 50’000.– nebst Zins zu 5% seit dem 1. Januar 2014 zu bezahlen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beklagten.»

Dr. iur. Martin Eckert | 32 ZPO – Fallstricke und Chancen

5. Teilklage (IV)

• OGer ZH LB090076, Entscheid vom 13. Januar 2012 (Nachklagevorbehalt) • ZR 102 (2003) Nr. 45 S. 223 f. (Entscheid des OGer Zürich vom 13. Mai 2002)

• FÜLLEMANN DANIEL, Art. 86 N 4, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], DIKE-

Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), Zürich St. Gallen 2011 • MEIER ISAAK, Schweizerisches Zivilprozessrecht, eine kritische Darstellung aus der

Sicht der Praxis und Lehre, S. 222 • MARKUS ALEXANDER R., Art. 86 N 11, in: Berner Kommentar - Schweizerische

Zivilprozessordnung, Band I, Bern 2012

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6. Vollstreckungsanordnungen

• Vollstreckungsanordnung im Hauptsachenurteil • Auf Antrag der obsiegenden Partei kann bereits das erkennende Gericht in seinem Urteil

Vollstreckungsmassnahmen anordnen (direkte Vollstreckung; Art. 236 Abs. 3 und 337 ZPO) • Anordnungen Vollstreckungsgericht: Strafandrohung gem. Art. 292 StGB, Ordnungsbusse,

Zwangsmassnahmen (Art. 343 ZPO) • Im ordentlichen Verfahren kann der Antrag analog Art. 227 ZPO nachträglich bis zur

Hauptverhandlung ohne weitere Voraussetzungen gestellt werden. • In der Hauptverhandlung ist er nur noch zulässig, wenn er auf neuen Tatsachen und

Beweismitteln beruht (Art. 230 Abs. 2 lit. b ZPO) • Vollstreckung bei bedingten Leistungen (Art. 343 ZPO)

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7. Brutto oder Netto (I)

• Im Rechtsbegehren ist jeweils anzugeben, ob der geforderte Betrag brutto oder netto geschuldet ist. Dies ist insbesondere in Arbeitsprozessen relevant.

• Lohnforderungen sind brutto geltend zu machen • Entschädigungen für missbräuchlich Kündigung oder fristlose Entlassungen sind

dagegen netto geltend zu machen, weil es sich um eine Strafzahlung handelt.

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Vorführender
Präsentationsnotizen
- Strafzahlung: Betrag ist ohne jeden Abzug von Sozialversicherungsprämien rein netto auszurichten

7. Brutto oder Netto (II)

Beispiele: • „Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von brutto CHF X

zzgl. Zins von 5% seit dem 01.01.2014 zu bezahlen.“

• „Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Entschädigung für missbräuchliche Kündigung in Höhe von zwei Nettomonatssalären plus 5% Zins seit dem 01.10.2013 zu bezahlen.“

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7. Brutto oder Netto (III)

• Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich Kass.-Nr. AA040141/U/cap Zirkulationsbeschluss vom 7. Dezember 2004, E. 3.2

• BGE 123 V 5, E. 2b

• SREIFF ULLIN/VON KAENEL ADRIAN/RUDOLPH ROGER, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 31-326 OR, 7. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2012, Art. 322 N 14 und Art. 336a N 2

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8. Währung (I)

• Geldschulden sind in der geschuldeten Währung einzuklagen • Der Gläubiger einer Fremdwährung hat nur Anspruch auf Zahlung in der

geschuldeten Fremdwährung (Art. 84 Abs. 1 OR) • Klagt der Gläubiger der Fremdwährung auf Bezahlung in Inlandwährung, macht er

einen Anspruch geltend, der ihm materiell nicht zusteht • Rechtsfolge

• Klageabweisung aufgrund des Dispositionsgrundsatzes und erneute Klageerhebung in richtiger Währung überspitzt formalistisch?

• Mögliche Alternative: Ist das Vorbingen einer Partei (zur Währung) unklar, widersprüchlich, unbestimmt oder offensichtlich unvollständig, so gibt ihr das Gericht Gelegenheit zur Klarstellung und Ergänzung (Gerichtliche Fragepflicht; Art. 56 ZPO). ABER: ZPO kennt keine richterliche Aufklärungspflicht, sondern nur gerichtliche Fragepflicht (Art. 56 ZPO) Klageabweisung daher richtig

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8. Währung (II)

Vertragliche Geldleistungen • Geschuldete Währung ergibt sich i.d.R. aus dem Vertrag

Bestimmung des Preises ist essentialia negotii • Falls Vertrag ungenau: Währung des Zahlungsortes • Währungsoptionsklausel möglich, muss aber regeln, wer wählen kann • Vertragliche Schadensersatzpflicht nach gleicher Währung wie primärer Anspruch • Risiko der Geldwertverminderung liegt bei Gläubiger

Wertsicherungsklausel!

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8. Währung (III)

Ausservertragliche Geldleistungen • Geschuldete Währung ist i.d.R. Währung des Staates, in dem die Verletzung

des Rechtsgutes begangen worden ist Fremdwährungsschuld liegt nur dann vor, wenn der Schaden in einem ausländischen Staat eingetreten ist falls Fremdwährungsschuld bejaht: Ausgleich der Währungsschäden zugunsten des Geschädigten.

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8. Währung (IV)

• BGE 109 II 436, 438 • BGE 134 III 151, 154 f. • BGE 137 III 158, 161 f. • Kassationsgericht Zürich, Beschluss vom 24.07.2007 • GLASL DANIEL, Art. 58 N 17 f., in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], DIKE-

Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), Zürich St. Gallen 2011 • WEBER ROLF H., Art. 84 N 272 ff., in: Berner Kommentar – Obligationenrecht, Band

VI, Bern 2005

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9. MWST (I)

Mehrwertsteuer auf Prozessentschädigungen: • Dienstleistungen der Anwälte unterliegen seit 1.1.1995 grundsätzlich der MWST • Keine MWST bei Exportdienstleitungen (Klient im Ausland) • Ist Anwalt nicht MWST-pflichtig (Umsatz < CHF 100‘000), gibt es keinen MWST-

Zusatz • Anwaltshonorar als hauptsächlicher Bestandteil der Prozessentschädigung;

Prozessentschädigung soll entstandene Kosten und Umtriebe ganz vergüten • Prozessentschädigung richtet sich nach AnwGebV: AnwGebV berücksichtigt

MWST jedoch nicht MWST muss bei Prozessentschädigungsbegehren explizit gestellt werden (kein MWST-Zusatz ohne Antrag)

• Beantragt eine Partei einen MWST-Zusatz zur Prozessentschädigung und opponiert die Gegenpartei diesem Antrag nicht, ist ein solcher ohne weiteres zuzusprechen

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9. MWST (II)

Mehrwertsteuer bei Leistungsklagen: • Bezahlung der MWST als Teil der Leistung muss im Rechtsbegehren explizit

erwähnt werden • Angabe, auf welchen Betrag sich die MWST bezieht (keine MWST auf

Verzugszins) • Gericht kennt den aktuellen MWST-Satz von Amtes wegen (gerichtsnotorisch) • Partei, welche MWST-Zusatz ersetzt haben will, muss dies:

• Im Rechtsbegehren geltend machen; • nachweisen (i.d.R. mittels Rechnung, als Nachweis der MWST-Pflicht genügt i.d.R. Angabe

der MWST-Nummer) und • beziffern aufgrund komplizierter MWST-Abrechnungsmethoden () nicht immer einfach

• Keine MWST auf Schadenersatz oder Verzugszinsen

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9. MWST (III)

Beispiel Prozessentschädigung: • „Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten des

Beklagten.“

Beispiel für ein bestimmtes Rechtsbegehren mit MWSt: • «Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 49’000 zuzüglich

Mehrwertsteuer und zuzüglich 5% Zins auf CHF 49’000 seit 8. Juli 2013 zu bezahlen.»

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9. MWST (IV)

• ZR 104 (2005) Nr. 76, Entscheid des KGer Zürich vom 19. Juli 2005

• Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts über die Mehrwertsteuer vom 17. Mai 2006

• HONAUER NIKLAUS/PIETROPAOLO RAFFAELLO, Die Krux mit der Mehrwertsteuer, plädoyer 1/11, S. 73 f.

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10. Prozessuale Anträge

• Pro Memoria: Nicht zu vergessen und separat aufzuführen sind die prozessualen Anträge neben den eigentlichen Rechtsbegehren.

• Für den Kläger sind insbesondere folgenden prozessualen Anträge prüfenswert: • Gesuch um Sicherheit für die Parteientschädigung (Art. 99 ZPO) • Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Art. 119 ZPO) • Gesuch um vorsorgliche Beweisführung (Art. 158 ZPO) • Gesuch um Erlass von vorsorglichen Massnahmen nach Rechtshängigkeit in der

Hauptsache (Art. 261 ZPO) • Gesuch um Trennung, Vereinigung, Sistierung oder Überweisung des Verfahrens (vgl. Art.

125 ff. ZPO)

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Martin K. Eckert Rechtsanwalt / Partner MME – Meyer Müller Eckert Partners Kreuzstrasse 42, CH-8008 Zürich +41 44 254 99 66 [email protected] www.mmepartners.ch

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