Upload
b-pfeifer
View
218
Download
2
Embed Size (px)
Citation preview
Xl.
Zu der Erwiderung yon Herrn Prof. Dr. Schuster auf meine Arbeit tiber ,,Psychische Sti rungen
bet Hirntumoren". (Heft 3, B~nd 47 dieses Arehivs.)
Von
Prof. B. P f e i f e r (Halle a. S.).
I n seiner Erwiderung auf racine Arbeit fiber ,psyehische St6rungen bei tlirntumoren ~ in Heft 3~ Band 47 dieses Arehivs weis~ S c h u s t e r darauf hin t dass ich bet Erw/ihnung seines Buehes Polgerungen und Sehliisse bekS~mpft hab% die cr selbst vorsichtiger Weise zu ziehen unterlassen habe. Er glaubt~ dass ich die Sehlussfolgerungen der einzelnen Kapitel, sowie die allgemeinen Schlussfolgerungen seiner Arbeit insofern missverstanden habe, als ich die- selben nicht lediglieh als statistisehe Peststellungen 7 sondern als aus den statistisehen Ergebnissen gezogene Sohliisse fiber die physiologisehen Funk- tionen tier in Frage kommenden Hirnterritorien auffasste, was er in dem Vor- wor~ seiner krbeit ausdrficklioh abgelehnt babe.
Ein dementspreehender Passus ist allerdings in dem Vorwor~ S ch us ters enthalten. Dem gegeniiber mSehte ich abet einig'e Stellen aus den Schluss- folgerungen der einzelnen gapitel und aus den allgemeinen Schiussfolgerungen S c h u s ~ e r s hervorheben z. B. S. 204: ,,Die relativ hohe Zahl yon Erregungs- zusti~nden und yon losychisehen St6rungen aktiver Art/iberhaup~ . . . . maeht es wahrscheinlieh, dass ein Toil tier bet den Hypophysengeschwfilsten vor- kommenden geistigen Symp~ome auf das Frontalhirn zu beziehen ist:-' oder S. 351 ,,Es hat sich niimlich gezeig~, dass das numer~sehe Verh~ltnis, welches zwischen der Snmme der sg~mtliehen mit aktiven psychischen Symptomen ein- hergehenden StSrungen und der Summe allot mit einfaeher geistiger L~hmung einbergehenden F~lle besteht, in den einzelnen Hirnregionen kein zuf~illiges, sondern ein anseheinend gesetzm~ssiges ist. Hierdurch wird~ -- wenn aueh nur indirekt und in ganz allgemeinen Ziigen - - die Abhiingigkeit der Eigenar~ der psyehisehen StSrung yon dem Sitze des Tumors bewiesen. Beim Lesen dieser Si~tze gewinnt man meines Eraehtens doeh den Eindruck~ dass hier aus den statistisohen Feststellungen auch gewisse Schlussfolgerungen patho-physio- logischor Art gezogen werden.
Archly L Psychiatric. Bd. 48. Heft 1. ~9
450 Prof. B. Pfeifor,
Der zuletzt angeffihrto Satz seheint mir auch die in meiner Arbeit zum Ausdruck gebrachte Kritik der speziellen Schlussfolgerungen S c h u s t e r s be- ziiglich der psychischen StOrungen bei [fleinhirntumoren einigermassen zu rechtfertigen. Es ist dooh da klar und doutlich ausgesprochen~ dass die Eigen- art der psychisehen St6rung veto Si~ze des Tumors abhgnge. Nun sehreibt S c h u s t e r in dem Kapitel iiber die Kleinhirntumoren S. 245 und 246: ,Das betreffs der Beteiligung des Wurms dargelegte Zahlenverhgltnis differiert yon dem zwischen der Gruppe A und B vorliegenden numerischen Verhgltnis so betriichtlieh, dass man hieraus einen Schluss ziehen kann: n~imlich den~ dass bei Geschwiils~en, wclcho den Wurm in irgend einer Kombination ergriffen haben, etwaige psychisehe StSrungen sich am hiiufigste% und zwar noch kon- stanter~ als wenn nut" die Kleinhirnhenfisphiiren ergriffen wgren~ in Form der einfaehen~ affektlos verlaufenden geistigen LS, hmung ~ussern. hus dem Ge- sagten fo/gt schon~ dass umgekehrt unter den mit aktiven psychischen Momenten einhcrgohenden FS~llen die reincn ttemisphiirentumoren das Uebergewicht haben." Wer diesen Sa~z unbefangen liest~ kann doch~ wie mir scheint, be- senders im [tinblick auf die oben zitier~e Aeusserung fiber die Abh~ingigkeit der Eigenart der psychischen Stiirung vom Sitze des Tumors sehr wohl zu der Ansicht kommen~ dass hier~ wic ich reich in meiner Arbeit ausdriiekt% der Versuch gemacht wird~ bestimmte psychische Krankheitsgruppen mit dem Sitze der Geschwulst im Kleinhirn in Beziehung zu bringen. In merkwfirdigem Gegensatze mit der oben angeffihrten sehien mir frei!ich eine spiiter folgende Bemerkang Seh u s t e r s zu stehen: ,Es sol jedoch schon bier das Resultat der diesbezfiglichen Betrachtungen vorweg'genommen~ nach welchen eine bosondere Bedeutung des Kleinhirns fiir die psychischen Punktionen aus nnserem kasu- istischen Material nieht gefolgert werden l~ann."
Bezfiglich tier Stellungnahme S c h u s t e r s zu den F leehs igschen hssoziationszentren finde ich in S c h u s t e r s Buch ausser den drei yon ihm selbst in seiner Erwiderung auf racine Arbeit angefiihrten Aeusserungen~ wo- bei er einmal yon einer gewissen Berechtigung der Verwertung der betreffenden Fiille im Sinne F l e c h s i g s ~ einm~l yon einem Nichtausreichen derselben zu ernsthafter Bewcisfiihrung z~gunsten P lech s igs trotz bes~ehender Ueberein- stimmung spricht und ein drittes Mal es ffir wenigstens denkbar erklii, rt~ dass bestimmte Partien des Gehirns im Sinne F l e c h s i g s Beziehungen zu ganz be- stimmten geistigen Funktionen hi~tten~ noch eine vierte auf Seite 138, we er betont, class das Ueberwiegen der Gruppe u (Unruh% Verwirrtheit usw.) unter den F//llen yon Occipitaltumoren zur Stiitze der F lechs igsehen hn- sichten herangezogen werden l~Snnte. Ich selbst habe reich hierzu zweimal in meiner Arbeit ge/iussert und zwar folgendermassen S. 4: , Des weiteren hiilt er ( S c h u s t e r ) es fiir wahrseheinlich~ class gewisse Hirnregionen imSinne F1 e eh s igs Beziehungen zu bestimmten hSheren geistigen Funktionen hiitten"; und S. 77: , S c h u s t e r fiihrt nnter seinen Fiillen yon Occipitaltumoren eine Anzahl yon Yerwirrtheitszustgnden an t yon welchen er meint, class sie sich mit einer gewissen Berechtigung mit dem Krankheitsbilde in Einldang bringen lassen, welches F l e c h s i g ffir die Erkrankung seines hinteren grossen Asso-
Psyebische StSrungen bei Hirntumoren. 451
ziationszentrum postuliert." Ieh kann nieht finden, dass ieh hierbei ~us S e h u s t e r s Worten vial mehr herausgelesen hab% als sic tats~chlich besagen. Das eine Nal ist maine Ausdru@sweise mit der seinigen identisch, das andere Mal w~re es wohl zutreffender gewesen, yon MSglichkeit: statt yon Wahr- seheinliehkeit zu sprechen. Aber wenn S c h u s t e r auch nut' die MSgliehkeit yon Assozia~ionszentren im Sinne F l e e h s i g s zugibt, so stellt er sich damit in einen gewissen Gegensatz zu einer Aeusserung, die er auf Seite 60 seines Buches macht: we er hssoziationzentren wenigstens im anatomischen Sinne verwirft: indem er es als feststehend erklih't, dass tier Thalamus opt[cus sehr reichliehe direkte Verbindungen mit der Grosshirnrind% und zwar mit dam Stirnlappen, dam Scheitel-, Sehli~fen- und ftinterhauptlappen habe. Aus der Erwiderung S c h u s t e r s auf maine Arbeit ersehe ieh nun mit Befriedigung, dass er keineswegs, wie es bei der Lektiire der eben zitierten Stellen seines Buches den Anschein erwecken kSnnt% ein Anh'~nger der F l echs ig schen Lehre im psychologischen Sinne ist;
Was den Baye r tha l schen Fall angeht, so zog S c h u s t e r aus dam Wag- fall der psychischen Stgrungen nach der Operation den Schluss: class der Tumor hier nicht nut die l~olle eines auslSsenden Momentes gespielt haben k6nn% dagegen sprach er sich meines Wissens fiberhaupt nicht dariiber aus, ob er die psyehischen StSrungen in diesem Falle als Allgemein-oder Lokal- symptom betraehtet. Ieh selbst babe bei Besprechung des Falles den Stand- punkt vertreten und ngher begriindet: class die psyehischen S~Srungen hierbei als Allgemein- und nicht als Lokalsymptom aufzufassen seien~ habe jedoeh nicht behauptet, dass S ch u st er dieselben als Lokalsymptom aufgefasst habe.
Aus S c h u s t e r s Schlusssiitzen geht hervor~ class er den Begriff des IIerdsymptomes ungewShnlich wait fasst: indem er auch yon einem psychisch selbst ganz indifferenten Ort aus ausgelSste Fernsymptome den Iterdsymptomen dieses Ortes zurechnet. Von diesem besonderen Standpunl~te aus betraehtet, den ieh jedoeh nicht teilen mScht% erseheinen aueh die Ausffihrungen S c h u s t e r s fiber alas Auf~reten verschiedener Psychosenformen bei Tumoren des Wurms und tier Kleinhirnhemisphiiren in einem anderenI.iehte als dies bei dam Studium seines Kapitels fiber die psychischen StSrungen bei Kleinhirn- tumoren selbst der Fall ist.
29 ~