Spektrum Augenheilkd (1997) 11/6: 255-257

Spektdume ,

Auger ieil-kunde

© Springer-Verlag 1997Printed in Austria

Zur Wirkungsdauer balneotherapeutischer MafJnahmen bei Patientenmit Beschwerden des „trockenen Auges"

G. Rieger, R. Winkler and E. Stoiser

Paracelsus Gesellschaft fur Balneologie and Jodforschung in Bad Hall

Zusammenfassung. An 64 Kurpatienten mit Beschwerdendes ,trockenen Auges", die in einer friiheren Studie fiberihre subjektiven Beschwerden vor and nach Kurbehandlun-gen der Augen in Bad Hall befragt worden waren, wurden inder Folge Fragebogen zur Ermittlung der Dauer der Wirkungder Therapie versandt. Die RUcklaufquote betrug 82,8%.Der weitaus Uberwiegende Teil der Patienten (71,7%)bewertete den Erfolg der Kur hinsichtlich der Beschwerdenals ,sehr gut", nur 3,8% gaben keinen Erfolg an. Die Dauerder Verbesserungen betrug in den meisten Fallen (47,2%)bis 6 Monate, bei einem groBen Teil (37,7%) bis zu einemJahr and in einigen Fallen (11,3%) sogar Langer als ein Jahr.Rund zwei Drittel der Befragten konnten nach der Kur volligauf die bisher verwendeten Augentropfen verzichten. DieserVerzicht konnte in den meisten Fallen (57,5%) bis zu 12Monate beibehalten werden, in 10,0% langer als ein Jahr. Inden weitaus uberwiegenden Fallen (80,4%) konnte der Trop-fengebrauch insgesamt reduziert werden.

Die Ergebnisse der Studie bestatigen, daB sich balneo-therapeutische Maf3nahmen bei Beschwerden des ,trocke-nen Auges" als sehr wirkungsvoll fur die Patienten erwiesenhaben.

Schlusselworter: Trockenes Auge, Jod-Kurbehandlungen,Wirkungsdauer.

The duration of the effects of balneological treat-ments in patients with dry eyesSummary. 64 visitors to a health resort with dry eye symp-toms who had taken part in an earlier interview about per-sonal complaints before and after an eye treatment in BadHall were asked about the duration of the effect of the thera-py subsequently. The rewind-rate was about 82.8%. The vastmajority of the patients (71.7%) judged the treatment refer tothe complaints successfully with „very good", just 3.8%were without success.

In most cases (47.2%) the duration of the improvementamounted to 6 months, for a big part (37.7%) until one yearand in some cases (11.3%) even longer than one year. Abouttwo third of asked patients could live without any prior usedeye-drops after treatment. In most cases (57.5%) this renun-ciation lasted until 12 months, in 10.0% longer than oneyear. The vast majority (80.4%) could reduce the drop-use inall. So the effectiveness of the balneotherapy could beproved for „dry eyes".

Key words: Dry eye, iodine cure-treatment, duration ofeffect.

EinleitungZu den haufigsten Erkrankungen des aulleren Auges zahlenheutzutage in der augenarztlichen Praxis die Benetzungs-storungen der auBeren Augenabschnitte [7, 9, 16, 17, 19,211.

Die stetig zunehmende Zahl der Patienten mit Beschwer-den des ,trockenen" oder ,chronisch gereizten" Augeserfordert die Anwendung immer groBerer Mengen von „Tra-nenersatzmitteln", die in den verschiedensten Zusammenset-zungen and Zubereitungen zur Verfiigung stehen.

Oftmals gelingt es erst nach dem Ausprobieren mehrererPraparate das fur den Patienten am besten vertragliche Mit-tel zu eruieren.

Fast immer aber ist eine Dauertherapie mit Tranenersatz-mitteln erforderlich, um den Patienten von semen subjektivoft als auBerst unangenehm empfundenen Beschwerden zubefreien oder die Symptome wenigstens zu lindern.

Dabei ist eine kausale Therapie sehr oft nicht moglich,and die symptomatische Behandlung mull zurn Erhalt einerintakten Augenoberflache Uber lange Zeit — wenn nichtsogar lebenslang — beibehalten werden.

Die in den Tranenersatzmitteln enthaltenen Konservie-rungsstoffe konnen bei Langzeittherapie jedoch auch negati-ve Auswirkungen z. B. auf das Hornhautepithel haben [ 1-6,10-14, 171.

Auf der Suche nach adaquaten Behandlungsmoglichkei-ten fur die von Beschwerden des ,Sicca-Syndroms" geplag-ten Patienten, haben wir auch balneotherapeutische Maf3-nahmen in unsere Behandlungsbemuhungen einbezogen[18]. Schliel3lich ist ja die Linderung der Beschwerden odereine moglichst vollige Beseitigung des Symptomenbildesunser Behandlungsziel and die subjektive Beurteilung derjeweiligen Beschwerdenslage durch den Patienten fur denBehandlungserfolg letztlich von entscheidender Bedeutung[16]. Nachdem in einer vorangegangenen deskriptiven Stu-die bei fast 94% der unter den Beschwerden des sogenannten,,trockenen Auges" leidenden Patienten nach der Kurbe-handlung (Augeniontophoresebehandlungen taglich) einedeutliche Verbesserung erhoben werden konnte (28,4% wur-den vollig beschwerdefrei) [18], war das Ziel dieser Folge-

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studie, Aussagen von Patienten uber AusmaB and Daueretwaiger gunstiger Nachwirkungen der Kurbehandlungen zuerheben. Dabei sollten unter anderem Hinweise auf die Zeitvolliger Beschwerdefreiheit bzw. verringerter Beschwerdenand damit auch auf eine etwaige Verringerung des Medika-mentenbedarfs erhoben werden.

Die durch eine Fragebogenaktion bei unseren Kurgastengewonnenen Daten werden im folgenden dargelegt.

Patienten and MethodenAn 64 Kurpatienten (34 Frauen, 19 Manner, Alter zwischen29a and 84a, MW: 65,34 Jahre), die wegen der Beschwerdeneines ,,Sicca-Syndroms" mehr als ein Jahr zuvor eine Augen-kur mit taglichen Ophthalmoiontophorese-Behandlungen inBad Hall absolviert hatten, wurden Fragebogen versandt.Die Fragen betrafen: die subjektive Bewertung des Erfolgesder letzten Kur in Bad Hall (sehr guter — guter — kein Erfolg),die Dauer der Verbesserung der Beschwerden(Wochen/Monate) and ein etwaiger Verzicht auf fruher not-wendige Anwendung von Augentropfen. Die Rucklaufquoteder Fragebogen betrug representative 82,8%. Das Ausfiillender Fragebogen erfolgte durch den Patienten bei sich zu Hau-se, demnach ohne jede Beeinflussung durch den Therapeutenbzw. den behandelnden Arzt etwa 1 1 /2 Jahre nach Absolvie-rung der Kur in Bad Hall.

Ergebnisse

Erfolg der Kurbehandlungen

Der weitaus riberwiegende Teil der Patienten (71,7%)bewertete den Erfolg der Kur hinsichtlich der Sicca-Beschwerden als ,sehr gut", 24,5% als „gut", nur 3,8%gaben ,keinen Erfolg" an (Tabelle 1).

Tabelle 1. Bewertung des Kurerfolgs durch den Patienten hinsicht-lich der Beschwerden

Anzahl %

Sehr gut 38 71,7Gut 13 24,5Kein Erfolg 2 3,8

Tabelle 2. Dauer der Verbesserung

Anzahl %

Kein Erfolg 2 3,8Bis 6 Monate 25 47,2Bis 12 Monate 20 37,7Langer als 12 Monate 6 11,3

Tabelle 3. Verzicht auf Augentropfen

Anzahl %

Ja 35 66Nein 17 32,1Keine Angaben 1 1,9

Tabelle 4. Bei Verzicht: wie Lange?

Anzahl %

Bis 7 Wochen 3 7,5Bis 12 Monate 23 57,5Langer als 12 Monate 4 10Keine genauen Angaben 10 25

Tabelle 5. Weniger Tropfen?

Anzahl %

Ja 37 80,4Nein 4 8,7Keine genauen Angaben 5 10,9

Dauer der Verbesserung der Beschwerden

Die Dauer der Verbesserungen betrug in den meisten Fallen(47,2%) bis zu 6 Monate, bei einem groBen Teil (37,7%) biszu einem Jahr and in einigen Fallen (11,3%) sogar langer alsei.n Jahr (Tabelle 2).

Verzicht auf die bisher notwendigen Augentropfen

Rund zwei Drittel der Befragten konnten nach der Kur vor-Ubergehend vollig auf die bisher verwendeten Augentropfenverzichten (Tabelle 3).

Dieser Verzicht konnte in den meisten Fallen (57,5%) biszu 12 Monate beibehalten werden, in 10% sogar Langer alsein Jahr (Tabelle 4).

In den weitaus uberwiegenden Fallen (80,4%) konnte derTropfengebrauch insgesamt verringert werden (Tabelle 5).

DiskussionTrotz unzahliger auf dem Markt befindlicher Tranenersatz-mittel der verschiedensten Zusammensetzung ist vielfacheine Kausaltherapie von Benetzungsstorungen der auBerenAugenabschnitte bis heute kaum moglich. Die Linderung derBeschwerden oder die Beseitigung der subjektiv oft alsauBerst unangenehm empfundenen Symptome ist somitletztlich das Ziel unserer Behandlungsbemuhungen. Die sub-jektive Beurteilung des Behandlungserfolges durch den Pati-enten selbst gewinnt damit ganz wesentlich an Bedeutung.

Als eine sehr wirksame Moglichkeit der Linderung oderBeseitigung der Beschwerden beim Sicca-Syndrom habensich balneotherapeutische MaBnahmen erwiesen.

Die fur den Patienten so wohituenden Behandlungen wir-ken zumeist viele Monate lang nach and machen oftmals dieTherapie mit Konservierungsstoffe enthaltenden Tranener-satzmitteln uber einen langeren Zeitraum entbehrlich. DaKonservierungsmittel bekanntermaBen zytotoxisch sind andsich auf die Permeabilitat and die Integritat des Hornhaut-epithels ungunstig auswirken, ja selbst allergisierend wirkenkonnnen [1-6, 10-14, 17], ist gerade bei mehrmals taglicherAnwendung and Langzeittherapie diese Problematik ganzbesonders zu beachten.

Ein Therapieverfahren, das ohne Konservierungsmittelauskommt and das fiber eine offensichtlich beachtlicheNachwirkungsdauer verfugt, wie z. B. die Balneotherapiemit Ophthalmoiontophorese, erlaubt es, fiber langere Zeit auf

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die ublichen Tranenersatzmittel zu verzichten oder derenGebrauch zu verringern.

Der — wenn auch manchmal nur vorubergehende — Weg-fall der haufigen, oftmals ununterbrochenen Tropftherapieermoglicht so eine Regeneration and damit eine Verbesse-rung der Integritat des Hornhautepithels.

Balneotherapeutische MaBnahmen konnen daher als einewertvolle Erganzung bei der Behandlung and Betreuung vonPatienten mit Beschwerden des ,chronisch gereizten" soge-nannten ,trockenen" Auges betrachtet werden.

Die Aufklarung des organischen ,objektiven" Substra-tes, das dieser so gunstigen Beeinflussung der ,subjektivenPatientenbefindlichkeit" zugrunde liegt, muB weiterenUntersuchungen vorbehalten bleiben.

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Korrespondenz: Prim. Dr. G. Rieger, Paracelsus-Gesellschaft furBalneologie and Jodforschung in Bad Hall, Dr.-Karl-Renner-StraBe6, A-4540 Bad Hall, Osterreich.