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Page 1: Blasenmole und gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasien; Hydatidiform moles and gestational trophoblastic neoplasia;

Gynäkologe 2013 · 46:817–822DOI 10.1007/s00129-013-3166-2Online publiziert: 7. November 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

J. Salmen1 · B. Rack2 · D. Varga1 · J. Huober1 · W. Janni1

1 Universitätsfrauenklinik Ulm2 Frauenklinik der LMU München, Frauenklinik Maistraße, Campus Innenstadt, München

Blasenmole und gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasien

Definition

Die Trophoblasttumoren sind eine hetero­gene Gruppe von Tumoren unterschied­licher Genese und Ausprägung. Unter­schieden werden die nichtgestationel­len und die gestationellen Trophoblast­erkrankungen, die schwangerschaftsasso­ziierten Formen sind deutlich häufiger. Im englischen Sprachraum werden sie auch als „gestational trophoblastic disease “ (GTD) oder „gestational tropho blastic tumors“ (GTT) bezeichnet. Zu dem Formenkreis zählen unter anderem die Partial mole, die komplette Blasenmole , die invasive Blasenmole, das Chorion­karzinom, der Plazentabetttumor („pla­cental site trophoblastic tumor“, PSTT) und der epitheloide Trophoblasttumor („epitheloid trophoblastic tumor“). Die vier letztgenannten Krankheitsbilder ge­hören zu den gestationsbedingten tropho­blastären Neoplasien (GTN; [1]).

Epidemiologie und Risikofaktoren

Weltweit findet sich eine unterschiedli­che Verteilung. Die Inzidenz für eine Bla­senmole liegt zwischen 23–1299/100.000 Schwangerschaften, GTN treten deutlich seltener auf. In Nordamerika und Euro­pa beträgt ihre Häufigkeit 1/1000–1500 Schwangerschaften, in Asien und Latein­amerika liegt sie mit 1–12/500 Schwanger­schaften höher [2].

Die beiden Hauptrisikofaktoren für das Auftreten einer gestationsbedingten Trophoblasterkrankung sind das mütter­liche Alter sowie eine gestationsbeding­te Trophoblasterkrankung in der Eigen­

anamnese. Sowohl Frauen <20 Jahre als auch Frauen >35 Jahre haben ein erhöh­tes Risiko. Mit Erreichen des 50. Lebens­jahres steigt die Inzidenz nochmals deut­lich an [3, 4].

Hatte die Patientin eine Partialmole , eine komplette Blasenmole oder eine Tro­ phoblastneoplasie in der Vorgeschichte , liegt das Wiederholungsrisiko in Folge­schwangerschaften bei 1% [5]. Deutlich höher, bei 23,1%, liegt das Wiederholungs­risiko bei 2 molaren Schwangerschaften in der Anamnese [6]. Auch eine familiäre Häufung wird beschrieben. Eine Erklä­rung für das familiär gehäufte Auftre­ten von Trophoblasterkrankungen kann der Nachweis einer genetischen Mutation bei diesen Familie zu sein. Insbesondere NLRP7­Mutationen gehen mit einem er­höhten Risiko für eine Blasenmole ein­her [7]. Weitere Risikofaktoren sind Rau­chen (>15 Zigaretten/Tag), vorausgegan­gene Aborte, die mütterliche Blutgruppe A, B oder AB, die längerfristige Einnahme oraler Kontrazeptiva und ein Vitamin­A­Mangel [2, 8, 9].

Blasenmole

Symptome

Ein häufiges Symptom bei der Erstvorstel­lung ist die vaginale Blutung, die in selte­nen Fällen mit dem Abgang von Bläschen verbunden sein kann. Differenzialdiagno­stisch sind in der frühen Schwangerschaft Abortformen zu berücksichtigen (Ab­ortus imminens, Abortus inci piens, Ab­ortus completus, Abortus incompletus). Desweiteren kann eine Blasenmole über

einen intensiv wachsenden Uterus diag­nostiziert werden, d. h. es zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen Schwan­gerschaftsalter und Uterusgröße.

»  Bei nicht zeitgerechter Uterusgröße sind auch Polyhydramnion und Mehrlingsgravidität auszuschließen

Bei deutlich vergrößertem Uterus sollte immer ausgeschlossen werden, dass die­ser aufgrund einer falschen Terminbe­rechnung, eines Polyhydramnions oder einer Mehrlingsschwangerschaft vorliegt. Laborchemisch fällt ein deutlich erhöh­ter β­HCG(humanes Choriongonadotro­pin)­Wert auf. Bedingt durch die hohen β­HCG­Werte können die Patientinnen an einer Hyperemesis gravidarum oder an einer Hyperthyreose leiden oder Sympto­me eine Präeklampsie aufweisen. An den Ovarien können Thekaluteinzysten auf­treten, die in seltenen Fällen mit einem Aszites verbunden sind.

Diagnostik

Goldstandard bei der Diagnostik sind die Bestimmung des β­HCG sowie die Sonographie. Zu beachten ist, dass bei der partiellen Blasenmole der β­HCG­ Wert teilweise nur leicht erhöht ist. Bei der kompletten Blasenmole ist er hin­gegen deutlich erhöht, oft weist er Wer­te >200.000 IU/l auf. Sonographisch stellt sich eine vergrößerte Plazenta dar, sie kann von blasigen Strukturen durchsetzt

Leitthema

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RedaktionK. Friese, MünchenF. Kainer, Nürnberg

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Zusammenfassung · Abstract

Gynäkologe 2013 · 46:817–822   DOI 10.1007/s00129-013-3166-2© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

J. Salmen · B. Rack · D. Varga · J. Huober · W. Janni

Blasenmole und gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasien

ZusammenfassungHintergrund.  Trophoblasttumoren stellen eine heterogene Gruppe von Tumoren dar. Zu dem Formenkreis zählen unter anderem die Partialmole, die komplette Blasenmole, die invasive Blasenmole, das Chorionkarzi-nom, der Plazentabett – Tumor und der epi-theloide Trophoblasttumor. Die vier zuletzt genannten Krankheitsbilder gehören zu den gestationsbedingten trophoblastären Neo-plasien (GTN).Ziel der Arbeit.  In der vorliegenden Arbeit wird eine Übersicht über Symptome, Diag-nostik und Therapie der Blasenmole und der GTN gegeben.Klinische Symptome.  Die häufigsten klini-schen Symptome sind die vaginale Blutung sowie eine deutlich erhöhte Konzentration an humanem Choriongonadotropin (HCG). Da-neben kann ein intensiv wachsender Uterus zur Diagnosestellung führen. Seltener treten Beschwerden aufgrund einer bereits stattge-fundenen Metastasierung auf.Diagnostik.  Goldstandard sind die Vaginal-sonographie sowie die Bestimmung des HCG. Eine histologische Sicherung ist erforderlich. 

Bei der Diagnose einer GTN ist ein Staging zur Detektion von Metastasen erforderlich.Therapie.  Die Therapie der Wahl bei der partiellen oder kompletten Blasenmole ist die operative Intervention. Bevorzugt wer-den sollte die Saugkürettage, da sie mit der geringsten Perforationsgefahr einhergeht. Bei den gestationsbedingten trophoblastä-ren Neoplasien richtet sich die Therapie nach dem Stadium der Erkrankung. Je nach Sta-dium wird eine Mono- oder eine Polychemo-therapie verabreicht.Fazit.  Auch wenn die Inzidenz der Tropho-blasterkrankungen gering ist, kann diese Er-krankung mit einer relevanten maternalen Morbidität assoziiert sein. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Diagnosestellung und eine stadiengerechte Therapie von entschei-dender Bedeutung für die Prognose.

SchlüsselwörterHydatiforme Mole · Trophoblasttumor ·  Chorionkarzinom · Gestationsbedingte  trophoblastäre Neoplasie · Humanes  Choriongonadotropin

Hydatidiform moles and gestational trophoblastic neoplasia

AbstractBackground.  Trophoblastic diseases includ-ing hydatidiform moles (complete or partial), choriocarcinoma, placental site trophoblas-tic tumor and epithelioid trophoblastic tumor are a heterogeneous group of tumors also re-ferred to as gestational trophoblastic neopla-sia (GTN).Aim of this paper.  An overview on the clin-ical manifestations, diagnostics and the cur-rent treatment of GTN is provided in this ar-ticle.Clinical manifestations.  The most common clinical symptoms are vaginal bleeding or an enlarged uterus. Serum human chorionic go-nadotropin (HCG) levels are elevated. In the rare case of metastases these symptoms can lead to the primary tumor.Diagnostics.  Ultrasound of the uterus in combination with determination of serum HCG levels is the gold standard for the diag-

nosis. Once a malignancy is suspected histo-logical confirmation is necessary. If a GTN is diagnosed a screening for distant metastases is recommended.Therapy.  The recommended therapy of hy-datidiform moles is ultrasound-guided vac-uum curettage. Depending on the stage of a GTN the treatment varies between single agent and polychemotherapy.Conclusion.  Although trophoblastic malig-nancies are rare tumors, maternal morbidity is considerable high. Early diagnosis and ad-equate stage-oriented therapy increase the prognosis for patients.

KeywordsHydatidiform mole · Choriocarcinoma ·  Trophoblastic disease · Human chorionic  gonadotropin · Gestational trophoblastic neoplasia

sein. Bei der Partialmole ist in der Regel ein Embryo oder Fet entwickelt, der je­doch unterschiedlich schwere Fehlbildun­gen aufweist. Bei der kompletten Blasen­mole zeigen sich nur zystische Strukuren ohne den Nachweis einer Fetalanlage.

Neben dem Uterus sollte den Ovarien besondere Beachtung bei der Sonographie geschenkt werden, um eventuell vorhan­dene Thekaluteinzysten zur Diagnosestel­lung mit heranzuziehen.

Therapie

Bei Verdacht auf eine partielle oder kom­plette Blasenmole ist eine operative The­rapie indiziert. Diese dient der histologi­schen Sicherung, der Linderung der Be­schwerden der Patientin und der Vermei­dung von Sekundärkomplikationen.

Präoperativ sollte der β­HCG­Wert als Ausgangswert für die folgenden Kontrol­len bestimmt werden. Daneben sollten ein Blutbild erstellt sowie Elektrolyte, Leber­/Nierenwerte und Schilddrüsenparameter bestimmt werden. Auf das eventuelle Vor­liegen einer Präeklampsie sollte geachtet werden. Ferner zum Standard zählen die Bestimmung der Blutgruppe sowie die Bereitstellung von Bluttransfusionen für den Fall des Auftretens von starken Blu­tungen. Auch wenn bei einer komplet­ten Mole kein Fetus darstellbar ist, ist die Gabe des Anti­Rh­Immunglobulins bei Rh­negativen Frauen indiziert, da auch das Trophoblastgewebe das Rh­Antigen exprimiert.

Mittel der Wahl zur schonenden Ute­rusentleerung ist die Saugkürettage, da

sie mit der geringsten Perforationsge­fahr einhergeht. Sie kann unter sono­graphischer Kontrolle durchgeführt werden. Im Vergleich mit der medika­mentös induzierten Ausstoßung geht die Saugkürettage mit einer deutlich

höheren Rate an kompletter Uterusent­leerung und weniger verstärkten Blu­tungen einher [10]. Bei abgeschlosse­ner Familienplanung kann die Hyster­ektomie eine alternative Therapieoption sein. Sie schützt vor einer lokalen Inva­

Tab. 1  FIGO: anatomisches Staging. (Nach [14])

FIGO-Stadi-um

Lokalisation

I Erkrankung auf den Uterus  begrenzt

II Tumor außerhalb des Uterus, jedoch auf den Genitaltrakt begrenzt  (Adnexe, Vagina,  Ligamentum latum)

III Pulmonale Metastasierung mit oder ohne Einbeziehung des  Genitaltraktes

IV Vorliegen weiterer Metastasierung (mit oder ohne Lungenmetasta-sen)

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sion, jedoch nicht vor einer Fernmetas­tasierung.

D Eine Adnexektomie ist nicht erforderlich; nur bei großen, symptomatischen, Thekaluteinzysten kann eine laparoskopische Zysten-exzision diskutiert werden.

Postoperativ sind regelmäßige β­HCG­ Kontrollen erforderlich. Ziel der Kont­rolluntersuchungen nach Therapie einer Blasenmole ist das Erkennen einer nach­folgend auftretenden GTN, die 18–28% der Patientinnen mit einer kompletten Mole entwickeln [11]. Nach einer Par­tialmole ist das Risiko deutlich geringer. Wöchentliche Bestimmungen sind bis zu dem Zeitpunkt erforderlich, an dem drei­mal hintereinander normale Werte aufge­zeigt werden. Im Anschluss sollte über 6 Monate einmal pro Monat eine β­HCG­Kontrolle erfolgen. Persitierende oder an­steigende β­HCG­Werte machen eine weitere Behandlung erforderlich.

Bei Patientinnen mit kompletter Mole und dem Vorliegen zusätzlicher Risikofak­toren, definiert als HCG >100.000 IU/ml, Thekaluteinzysten mit einem Durchmes­ser >6 cm oder einem deutlich vergrößer­ten Uterus, kann aufgrund des erhöhten Risikos für das Auftreten einer nachfol­genden GTN die prophylaktische Gabe einer Chemotherapie diskutiert werden [12, 13].

Gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasie

Eine GTN kann nicht nur nach einer vor­herigen molaren Gravidität diagnostiziert werden, sie kann prinzipiell nach jeder Form einer Schwangerschaft auftreten.

Nach den FIGO­Kriterien liegt eine GTN vor, wenn mindestens eins der fol­genden Kriterien nach Ausräumung einer Blasenmole erfüllt ist [14]:Fvier oder mehr HCG­Werte mit Pla­

teaubildung in den letzten 3 Wochen (Tag 1, 7, 14, 21),

FAnstieg des HCG um 10% oder mehr bei drei oder mehr Kontrollunter­suchungen in den letzten 2 Wochen (Tag 1, 7, 14),

Fhistologischer Nachweis eines Chorion karzinoms,

Fpersistierend erhöhter HCG­Wert 6 Monate nach Therapie einer molaren Schwangerschaft

Eine GTN kann auf den Uterus begrenzt sein, auf den Genitaltrakt außerhalb des Uterus übergreifen oder eine Fernmetas­tasierung hervorrufen. Eine Fernmetasta­sierung findet sich am häufigsten in der Lunge (80% der Metastasen), seltener in der Vagina (30%), im Gehirn (10%) oder in der Leber (10%; [15]).

Klinik

Ein Kardinalsymptom kann die vaginale Blutung sein. Diese kann vom Uterus, der sonographisch inhomogen erscheint, sel­ber ausgehen oder von Metastasen im Be­

reich der Vagina, welche eine hohe Blu­tungsneigung aufweisen. Vaginale Me­tastasen können sowohl bei der invasiven Blasenmole als auch beim Chorionkarzi­nom vorkommen. Auftreten können dif­fuse Unterbauchschmerzen. Weitere Be­schwerden können durch die Lokalisa­tion einer möglichen Fernmetastasierung verursacht sein: Patientinnen mit pulmo­nalen Metastasen können über Dyspnoe, Husten, Hämoptoe oder atemabhängige Thoraxschmerzen klagen. Durch zereb­rale Metastasen können Kopfschmerzen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Krampfanfälle oder Synkopen auftreten. Eine hepatische Metastasierung kann u. a. mit laborchemischen Veränderungen der Transaminasen, Leberkapselschmerz oder einem Ikterus einhergehen.

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Zur Festlegung der Ausbreitung sollte Folgendes durchgeführt bzw. sicherge­stellt werden [15]:Fkörperliche Untersuchung,FHCG­Bestimmung im Serum,FVorliegen des histologischen Untersu­

chungsergebnisses,FSonographie des kleinen Beckens,FRöntgenuntersuchung des Thorax,

eventuell Computertomographie (CT) des Thorax (in 40% der Fälle Mikrometastasen, die in der Röntgen­

untersuchung nicht detektiert wer­den),

Fbei Vorliegen eines Chorionkarzi­noms oder von vaginalen Metastasen: Bildgebung von Abdomen und Ge­hirn,

Fbei Resistenz gegenüber der Chemo­therapie: PET(Positronenemissionsto­mographie)­CT zur Lokalisation von weiteren Tumorherden.

Folgende FIGO­Stadien werden unter­schieden ([14], .Tab. 1):

Zur Therapiefestlegung wird neben dem Stadium der Erkrankung der FIGO­Risiko­Score herangezogen (.Tab. 2; [14]).

Patientinnen mit einem Score ≤6 wer­den der Low­risk­Gruppe zugeordnet, mit einem Score ≥7 der High­risk­Gruppe [15].

Therapie 

MonochemotherapiePatientinnen mit einer GTN im Stadium I oder low­risk Stadium II oder III (FI­GO Score ≤6) zeigen eine hohe Sensitivi­tät gegenüber einer Monochemotherapie. Auf eine wiederholte Dilatation und Kü­rettage des Uterus sollte verzichtet wer­den. Die Eingriffe reduzieren nicht die Notwendigkeit einer Chemotherapie, ge­

hen aber mit einem deutlich erhöhten Ri­siko für Blutungen, Perforation oder In­fektionen einher [15]. Standardsubstan­zen bei den Zytostatika sind Methotrexat (MTX) und Actinomycin D (ACT­D). Für die MTX­Verabreichung existieren ver­schiedenen Schemata, einige von ihnen sind in .Tab. 3 exemplarisch aufgezeigt [16, 17, 18, 19].

Auch für die Verabreichung des Acti­nomycin D gibt es verschiedene Möglich­keiten ( [20, 21, 22]; .Tab. 4).

In Deutschland wird oft MTX als Mit­tel der Wahl verabreicht. Im Vergleich zu Actinomycin D, das hoch emetogen ist und mehr Neutropenien verursacht, ist es deutlich besser verträglich. Zudem tritt unter MTX keine Alopezie auf. Bei Patientinnen mit schweren unerwünsch­ten Reaktionen auf MTX, reduzierter he­patischer Funktion oder MTX­Resistenz kann Actinomycin D jedoch eine wirk­same Alternative sein. Deutlich seltener werden 5­Fluoruracil und Etoposid zur Monotherapie genutzt, doch für beide konnte eine Wirksamkeit gezeigt werden [23, 24, 25].

D Ist die Familienplanung ab-geschlossen, kann bei einer GTN im Stadium I alternativ eine Hyster-ektomie durchgeführt werden.

Perioperativ sollte jedoch ein Zyklus Chemotherapie appliziert werden. Die­ser dient der Elimination okkulter Metas­tasen sowie der Verhinderung einer int­raoperativen Verschleppung von Tumor­zellen [15].

PolychemotherapieIndikationen für eine Polychemothera­pie bestehen bei fehlendem Ansprechen auf eine Monochemotherapie, bei high­risk GTN (definiert als Stadium IV oder Stadium II oder III mit einem FIGO­Risi­koscore ≥7) und bei Vorliegen eines Pla­zentabetttumors. Regime der Wahl ist das EMA/CO­Schema (.Tab. 5).

Die Zyklen finden alle 2 Wochen statt und werden bis zur Remission durchge­führt. Im Anschluss sollten noch 3 weitere Zyklen appliziert werden [15]. Eine Alo­pezie tritt bei allen Patientinnen auf, doch höhergradige Toxizitäten manifestieren sich selten. Es besteht eine geringe Gefahr

Tab. 2  FIGO-Risikoscore. (Nach [14])

Score 0 1 2 4

Alter (Jahre) <40 ≥40    

Art der vorausge-gangenen Schwan-gerschaft

Mole Abort Term-Gravidität  

Intervall zwischen vorausgegangener Schwangerschaft und Therapiebeginn (Monate)

<4 4–<7 7–<13 ≥13

Serum-HCG vor The-rapiebeginn (IU/ml)

<103 103–<104 104–<105 ≥105

Größter Tumor-durchmesser (ein-schließlich Uterus; cm)

  3–<5 ≥5  

Lokalisation der Metastasen

Lunge Milz, Niere Gastrointestinal Leber, Gehirn

Zahl der Metastasen   1–4 5–8 >8

Anzahl der voraus-gegangenen Che-motherapien

    Monochemo-therapie

2 oder mehr ver-abreichte Subs-tanzen

Tab. 3  Schemata für die Verabreichung von Methotrexat (MTX)

– MTX 50 mg i.m. Tag 1, 3, 5 und 7 und Folin-säure 7,5 mg p.o. Tag 2, 4, 6 und 8

– MTX 1 mg/kg i.m. Tag 1, 3, 5 und 7 und Fo-linsäure 0,1 mg/kg p.o. Tag 2, 4, 6 und 8

– MTX Bolus mit 100 mg/m2 über 30 min i.v., gefolgt von 200 mg/m2 über 12 h i.v. und insgesamt 4 Gaben Folinsäure 15 mg p.o. alle 12 h, beginnend 24 h nach der 1. MTX-Gabe

– Wöchentlich MTX i.m.; initial 30 mg/m2, wenn keine höhergradige Toxizität auftritt wöchentliche Steigerung um 5 mg/m2 bis maximal 50 mg/m2

Tab. 4  Möglichkeiten für die Verabrei-chung von Actinomycin

– Actinomycin D 1,25 mg/m2 q2w i.v.

– Actinomycin D 12 µg/kg i.v. Tag 1–5

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für das Auftreten von sekundären Malig­nomen, z. B. von Leukämien. Eine Modi­fikation des Schemas wird bei Patientin­nen mit zerebralen Metastasen empfoh­len: Für sie sollte an Tag 1 das Methotre­xat auf 1 g/m2 gesteigert werden. Manche Patientinnen profitieren zusätzlich von einer adjuvanten Radiotherapie des Ge­hirns [15].

Standardtherapie bei Versagen einer Therapie mit dem EMA/CO­Schema (d. h. bei persistierender GTN oder bei Auftreten eines Rezidivs) ist das EMA­EP­Regime. Bei diesem werden an Tag 8 Cyclophosphamid und Vincristin durch Cisplatin und Etoposid ersetzt. Daneben existieren verschiedene weitere alternative Therapieoptionen, wie z. B. BEP (Bleomy­cin, Etoposid, Cisplatin), ICE (Ifosfamid, Carboplatin, Etoposid) und VIP (Etopo­sid, Ifosfamid, Cisplatin). Bei Patientin­nen mit einer Resistenz gegenüber ver­schiedenen Therapieschemata kann ggf. eine operative Therapie in kurativer Ab­sicht durchgeführt werden. Diese kann neben einer Hysterektomie die Resek­tion von solitären Metastasen beinhalten. Auch eine Embolisation von hepatischen Metastasen kann in Einzelfällen diskutiert werden [15].

Nachsorge

Nach erfolgter Therapie sind wöchentli­che Kontrollen des β­HCG erforderlich, bis es dreimal im normalen Bereich gele­gen hat. Bei Patientinnen mit einer GTN im Stadium IV sind im Anschluss monat­liche β­HCG­Kontrollen über einen Zeit­raum von 24 Monaten erforderlich, um einen späten Rückfall zu detektieren. Bei den anderen Stadien sind Verlaufskon­trollen über 12 Monate ausreichend [15].

Nachfolgende Schwangerschaften

Nach Applikation einer Chemotherapie für eine GTN liegt die Rate der sekun­dären Infertilität bei etwa 7% [5]. Das Ri­siko für eine erneute molare Schwanger­schaft steigt von 1/1000 auf 1/100. Aus die­sem Grunde ist eine sorgfältige Überwa­chung der Gravidität indiziert. Im 1. Tri­menon sollten früh eine Kontrolle des β­HCG und eine Vaginalsonographie er­folgen. 6 Wochen postpartal ist ebenfalls die Kontrolle des β­HCG erforderlich, um eine okkulte Trophoblasterkrankung aus­zuschließen [15].

Fazit für die Praxis

FAuch wenn die Inzidenz der gesta-tionsbedingten Trophoblasterkran-kungen gering ist, kann diese Erkran-kung mit einer signifikanten Morbidi-tät einhergehen. 

FWährend die komplette und die par-tielle Blasenmole lediglich mit dem Risiko einer persitierenden Tropho-blasterkrankung einhergehen, zeich-nen sich die gestationsbedingten trophoblastären Neoplasien durch eine gesteigerte Proliferationsten-denz aus und können in andere Organe  metastasieren. 

FUm die Prognose der Patientin zu op-timieren, ist eine frühzeitige Diagno-sestellung erforderlich. 

FEin Staging ist bei den GTN erforder-lich, um stadiengerecht therapieren zu können. 

FIn der Regel ist bei den GTN eine Mono- oder eine Polychemotherapie erforderlich. 

FDie frühzeitige Detektion einer Me-tastasierung ist wichtig, da in vielen 

Fällen trotz bereits aufgetretener Me-tastasierung ein kurativer Therapie-ansatz möglich ist.

Korrespondenzadresse

Dr. J. SalmenUniversitätsfrauenklinik UlmPrittwitzstr. 43, 89075 [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  J. Salmen gibt an, dass kein Inte-ressenkonflikt besteht.

Literatur

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15.  May T, Goldstein DP, Berkowitz RS (2011) Current chemotherapeutic management of patients with gestational trophoblastic neoplasia. Chemother Res Pract 806256

Tab. 5  EMA/CO-Schema

Medikament Dosierung Tag(e) der Ver-abreichung

Etoposid 100 mg/m2 i.v. über 30 min 1+2

Methotrexat 100 mg/m2 i.v. als Bolus, gefolgt von 200 mg/m2 über 12 h 1

Dactinomycin 0,5 mg i.v. als Bolus 1+2

Calcium-folinat

15 mg p.o. alle 12 h, beginnend 24 h nach MTX-Gabe, insge-samt 4 Gaben

2+3

Cyclophos-phamid

600 mg/m2 i.v. über 30 min 8

Vincristin 1 mg/m2 i.v. als Bolus 8

821Der Gynäkologe 11 · 2013  | 

Page 6: Blasenmole und gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasien; Hydatidiform moles and gestational trophoblastic neoplasia;

16.  Homesley HD et al (1988) Weekly intramuscular methotrexate for nonmetastatic gestational trop-hoblastic disease. Obstet Gynecol 72(3 Pt 1):413–418

17.  Garrett AP et al (2002) Methotrexate infusion and folinic acid as primary therapy for nonmetasta-tic and low-risk metastatic gestational trophoblas-tic tumors. 15 years of experience. J Reprod Med 47(5):355–362

18.  Khan F et al (2003) Low-risk persistent gestational trophoblastic disease treated with low-dose me-thotrexate: efficacy, acute and long-term effects. Br J Cancer 89(12):2197–2201

19.  Growdon WB et al (2009) Evaluating methotrexate treatment in patients with low-risk postmolar ge-stational trophoblastic neoplasia. Gynecol Oncol 112(2):353–357

20.  Osborne RJ et al (2011) Phase III trial of weekly me-thotrexate or pulsed dactinomycin for low-risk ge-stational trophoblastic neoplasia: a gynecologic oncology group study. J Clin Oncol 29(7):825–831

21.  Petrilli ES et al (1987) Single-dose actinomycin-D treatment for nonmetastatic gestational tropho-blastic disease. A prospective phase II trial of the Gynecologic Oncology Group. Cancer 60(9):2173–2176

22.  Kohorn EI (2002) Is lack of response to single-agent chemotherapy in gestational trophoblas-tic disease associated with dose scheduling or che-motherapy resistance? Gynecol Oncol 85(1):36–39

23.  Song HZ, Yang XY, Xiang Y (1998) Forty-five ye-ar’s experience of the treatment of choriocarcino-ma and invasive mole. Int J Gynaecol Obstet (60 Suppl)1:S77–S83

24.  Mangili G et al (1996) Management of low-risk ge-stational trophoblastic tumors with etoposide (VP16) in patients resistant to methotrexate. Gyne-col Oncol 61(2):218–220

25.  Hitchins RN et al (1988) Single agent etoposide in gestational trophoblastic tumours. Experience at Charing Cross Hospital 1978–1987. Eur J Cancer Clin Oncol 24(6):1041–1046

822 |  Der Gynäkologe 11 · 2013

Marc DäumlerSocial Media für Praxis und AlltagEin praktischer Leitfaden  für Einsteiger

Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft  2013, 1. Auflage, 175 S., (ISBN 978-3954660032), 14,00 EUR

Mit Facebook, Twitter und Xing können 

Ärzte neue Patienten gewinnen, das Image 

ihrer Klinik oder Praxis pflegen und so ge-

zielt zum Erfolg eines Unternehmens bei-

tragen. Doch viele trauen sich an Facebook 

und Co. noch nicht ran. Sei es aufgrund 

ungeklärter Fragen bezüglich Datensicher-

heit und Privatsphäre oder weil schlicht 

das Know-how im Umgang mit Sozialen 

Netzwerken fehlt. Und genau hier setzt das 

Buch Social Media für Praxis und Alltag an.

Welche Möglichkeiten Social Media für 

eine Praxis oder eine Klinik bieten, wie man 

Twitter oder Facebook im Alltag schnell 

realisiert und wie Sie Xing individuell ein-

setzen können, erklärt der Autor Marc 

Däumler, langjähriger PR-Berater für Ärzte 

und Kliniken. Im praktischen Kitteltaschen-

format führt er in einfachen Schritt für 

Schritt Anleitungen Anfänger und auch 

Skeptiker verständlich an die neuen Me-

dien heran.

Locker und verständlich formuliert widmet 

der Autor je ein Drittel seines Buches den 

Themen Facebook und Twitter, im dritten 

Teil schneidet er Themen wie Xing, YouTube 

oder Flickr an. Mit vielen Bildern und durch 

klare Hervorhebung der wichtigsten Fakten 

kann der Leser danach in 45 min. seinen 

eigenen Facebook-Account einrichten. Und 

bereits nach 20 min. kann er mit seinen 

Patienten twittern – oder sich über aktuelle 

Nachrichten aus der Gesundheitspolitik 

unter https://twitter.com/aerztezeitung 

und der Medizin unter https://twitter.com/

SpringerMedizin informieren.

I. Wolff (Heidelberg)

Buchbesprechung

Therapie der Folgekrankheiten kindlicher Adipositas

Immer mehr Kinder und Jugendliche in 

Deutschland leiden unter Übergewicht 

oder Adipositas. Neben den Therapiean-

sätzen zur Gewichtsreduktion sollten auch 

die Folgekrankheiten kindlicher Adipositas 

bereits im Kindes- und Jugendalter gezielt 

behandelt werden. Je nach Art der Folge-

krankheit sind hierbei Ärzte und Ärztinnen 

verschiedenster Fachrichtungen gefragt. 

Die Ausgabe 

04/2013 der Zeit-

schrift Bundes-

gesundheitsblatt 

zeigt die unter-

schiedlichen 

Therapieansätze für 

die verschiedenen 

Folgekrankheiten kindlicher Adipositas im 

Kontext der Gesamtbehandlung auf. Das 

Schwerpunktheft „Therapie der Folgekrank-

heiten der kindlichen Adipositas“ enthält 

u.a. Beiträge zu folgenden Themen:  

F  Kardiovaskuläre Risikofaktoren 

F   Hormonelle Folgestörungen, Pubertäts-

entwicklung 

F  Nichtalkoholische Fettlebererkrankung 

F   Störungen des Kohlenhydratstoffwech-

sels, Diabetes mellitus Typ2

F  Dermatologische Probleme 

F  Psychosoziale Folgen 

F  Folgen für den Bewegungsapparat 

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