Gynäkologe 2013 · 46:817–822DOI 10.1007/s00129-013-3166-2Online publiziert: 7. November 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
J. Salmen1 · B. Rack2 · D. Varga1 · J. Huober1 · W. Janni1
1 Universitätsfrauenklinik Ulm2 Frauenklinik der LMU München, Frauenklinik Maistraße, Campus Innenstadt, München
Blasenmole und gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasien
Definition
Die Trophoblasttumoren sind eine heterogene Gruppe von Tumoren unterschiedlicher Genese und Ausprägung. Unterschieden werden die nichtgestationellen und die gestationellen Trophoblasterkrankungen, die schwangerschaftsassoziierten Formen sind deutlich häufiger. Im englischen Sprachraum werden sie auch als „gestational trophoblastic disease “ (GTD) oder „gestational tropho blastic tumors“ (GTT) bezeichnet. Zu dem Formenkreis zählen unter anderem die Partial mole, die komplette Blasenmole , die invasive Blasenmole, das Chorionkarzinom, der Plazentabetttumor („placental site trophoblastic tumor“, PSTT) und der epitheloide Trophoblasttumor („epitheloid trophoblastic tumor“). Die vier letztgenannten Krankheitsbilder gehören zu den gestationsbedingten trophoblastären Neoplasien (GTN; [1]).
Epidemiologie und Risikofaktoren
Weltweit findet sich eine unterschiedliche Verteilung. Die Inzidenz für eine Blasenmole liegt zwischen 23–1299/100.000 Schwangerschaften, GTN treten deutlich seltener auf. In Nordamerika und Europa beträgt ihre Häufigkeit 1/1000–1500 Schwangerschaften, in Asien und Lateinamerika liegt sie mit 1–12/500 Schwangerschaften höher [2].
Die beiden Hauptrisikofaktoren für das Auftreten einer gestationsbedingten Trophoblasterkrankung sind das mütterliche Alter sowie eine gestationsbedingte Trophoblasterkrankung in der Eigen
anamnese. Sowohl Frauen <20 Jahre als auch Frauen >35 Jahre haben ein erhöhtes Risiko. Mit Erreichen des 50. Lebensjahres steigt die Inzidenz nochmals deutlich an [3, 4].
Hatte die Patientin eine Partialmole , eine komplette Blasenmole oder eine Tro phoblastneoplasie in der Vorgeschichte , liegt das Wiederholungsrisiko in Folgeschwangerschaften bei 1% [5]. Deutlich höher, bei 23,1%, liegt das Wiederholungsrisiko bei 2 molaren Schwangerschaften in der Anamnese [6]. Auch eine familiäre Häufung wird beschrieben. Eine Erklärung für das familiär gehäufte Auftreten von Trophoblasterkrankungen kann der Nachweis einer genetischen Mutation bei diesen Familie zu sein. Insbesondere NLRP7Mutationen gehen mit einem erhöhten Risiko für eine Blasenmole einher [7]. Weitere Risikofaktoren sind Rauchen (>15 Zigaretten/Tag), vorausgegangene Aborte, die mütterliche Blutgruppe A, B oder AB, die längerfristige Einnahme oraler Kontrazeptiva und ein VitaminAMangel [2, 8, 9].
Blasenmole
Symptome
Ein häufiges Symptom bei der Erstvorstellung ist die vaginale Blutung, die in seltenen Fällen mit dem Abgang von Bläschen verbunden sein kann. Differenzialdiagnostisch sind in der frühen Schwangerschaft Abortformen zu berücksichtigen (Abortus imminens, Abortus inci piens, Abortus completus, Abortus incompletus). Desweiteren kann eine Blasenmole über
einen intensiv wachsenden Uterus diagnostiziert werden, d. h. es zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen Schwangerschaftsalter und Uterusgröße.
» Bei nicht zeitgerechter Uterusgröße sind auch Polyhydramnion und Mehrlingsgravidität auszuschließen
Bei deutlich vergrößertem Uterus sollte immer ausgeschlossen werden, dass dieser aufgrund einer falschen Terminberechnung, eines Polyhydramnions oder einer Mehrlingsschwangerschaft vorliegt. Laborchemisch fällt ein deutlich erhöhter βHCG(humanes Choriongonadotropin)Wert auf. Bedingt durch die hohen βHCGWerte können die Patientinnen an einer Hyperemesis gravidarum oder an einer Hyperthyreose leiden oder Symptome eine Präeklampsie aufweisen. An den Ovarien können Thekaluteinzysten auftreten, die in seltenen Fällen mit einem Aszites verbunden sind.
Diagnostik
Goldstandard bei der Diagnostik sind die Bestimmung des βHCG sowie die Sonographie. Zu beachten ist, dass bei der partiellen Blasenmole der βHCG Wert teilweise nur leicht erhöht ist. Bei der kompletten Blasenmole ist er hingegen deutlich erhöht, oft weist er Werte >200.000 IU/l auf. Sonographisch stellt sich eine vergrößerte Plazenta dar, sie kann von blasigen Strukturen durchsetzt
Leitthema
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RedaktionK. Friese, MünchenF. Kainer, Nürnberg
Zusammenfassung · Abstract
Gynäkologe 2013 · 46:817–822 DOI 10.1007/s00129-013-3166-2© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
J. Salmen · B. Rack · D. Varga · J. Huober · W. Janni
Blasenmole und gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasien
ZusammenfassungHintergrund. Trophoblasttumoren stellen eine heterogene Gruppe von Tumoren dar. Zu dem Formenkreis zählen unter anderem die Partialmole, die komplette Blasenmole, die invasive Blasenmole, das Chorionkarzi-nom, der Plazentabett – Tumor und der epi-theloide Trophoblasttumor. Die vier zuletzt genannten Krankheitsbilder gehören zu den gestationsbedingten trophoblastären Neo-plasien (GTN).Ziel der Arbeit. In der vorliegenden Arbeit wird eine Übersicht über Symptome, Diag-nostik und Therapie der Blasenmole und der GTN gegeben.Klinische Symptome. Die häufigsten klini-schen Symptome sind die vaginale Blutung sowie eine deutlich erhöhte Konzentration an humanem Choriongonadotropin (HCG). Da-neben kann ein intensiv wachsender Uterus zur Diagnosestellung führen. Seltener treten Beschwerden aufgrund einer bereits stattge-fundenen Metastasierung auf.Diagnostik. Goldstandard sind die Vaginal-sonographie sowie die Bestimmung des HCG. Eine histologische Sicherung ist erforderlich.
Bei der Diagnose einer GTN ist ein Staging zur Detektion von Metastasen erforderlich.Therapie. Die Therapie der Wahl bei der partiellen oder kompletten Blasenmole ist die operative Intervention. Bevorzugt wer-den sollte die Saugkürettage, da sie mit der geringsten Perforationsgefahr einhergeht. Bei den gestationsbedingten trophoblastä-ren Neoplasien richtet sich die Therapie nach dem Stadium der Erkrankung. Je nach Sta-dium wird eine Mono- oder eine Polychemo-therapie verabreicht.Fazit. Auch wenn die Inzidenz der Tropho-blasterkrankungen gering ist, kann diese Er-krankung mit einer relevanten maternalen Morbidität assoziiert sein. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Diagnosestellung und eine stadiengerechte Therapie von entschei-dender Bedeutung für die Prognose.
SchlüsselwörterHydatiforme Mole · Trophoblasttumor · Chorionkarzinom · Gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasie · Humanes Choriongonadotropin
Hydatidiform moles and gestational trophoblastic neoplasia
AbstractBackground. Trophoblastic diseases includ-ing hydatidiform moles (complete or partial), choriocarcinoma, placental site trophoblas-tic tumor and epithelioid trophoblastic tumor are a heterogeneous group of tumors also re-ferred to as gestational trophoblastic neopla-sia (GTN).Aim of this paper. An overview on the clin-ical manifestations, diagnostics and the cur-rent treatment of GTN is provided in this ar-ticle.Clinical manifestations. The most common clinical symptoms are vaginal bleeding or an enlarged uterus. Serum human chorionic go-nadotropin (HCG) levels are elevated. In the rare case of metastases these symptoms can lead to the primary tumor.Diagnostics. Ultrasound of the uterus in combination with determination of serum HCG levels is the gold standard for the diag-
nosis. Once a malignancy is suspected histo-logical confirmation is necessary. If a GTN is diagnosed a screening for distant metastases is recommended.Therapy. The recommended therapy of hy-datidiform moles is ultrasound-guided vac-uum curettage. Depending on the stage of a GTN the treatment varies between single agent and polychemotherapy.Conclusion. Although trophoblastic malig-nancies are rare tumors, maternal morbidity is considerable high. Early diagnosis and ad-equate stage-oriented therapy increase the prognosis for patients.
KeywordsHydatidiform mole · Choriocarcinoma · Trophoblastic disease · Human chorionic gonadotropin · Gestational trophoblastic neoplasia
sein. Bei der Partialmole ist in der Regel ein Embryo oder Fet entwickelt, der jedoch unterschiedlich schwere Fehlbildungen aufweist. Bei der kompletten Blasenmole zeigen sich nur zystische Strukuren ohne den Nachweis einer Fetalanlage.
Neben dem Uterus sollte den Ovarien besondere Beachtung bei der Sonographie geschenkt werden, um eventuell vorhandene Thekaluteinzysten zur Diagnosestellung mit heranzuziehen.
Therapie
Bei Verdacht auf eine partielle oder komplette Blasenmole ist eine operative Therapie indiziert. Diese dient der histologischen Sicherung, der Linderung der Beschwerden der Patientin und der Vermeidung von Sekundärkomplikationen.
Präoperativ sollte der βHCGWert als Ausgangswert für die folgenden Kontrollen bestimmt werden. Daneben sollten ein Blutbild erstellt sowie Elektrolyte, Leber/Nierenwerte und Schilddrüsenparameter bestimmt werden. Auf das eventuelle Vorliegen einer Präeklampsie sollte geachtet werden. Ferner zum Standard zählen die Bestimmung der Blutgruppe sowie die Bereitstellung von Bluttransfusionen für den Fall des Auftretens von starken Blutungen. Auch wenn bei einer kompletten Mole kein Fetus darstellbar ist, ist die Gabe des AntiRhImmunglobulins bei Rhnegativen Frauen indiziert, da auch das Trophoblastgewebe das RhAntigen exprimiert.
Mittel der Wahl zur schonenden Uterusentleerung ist die Saugkürettage, da
sie mit der geringsten Perforationsgefahr einhergeht. Sie kann unter sonographischer Kontrolle durchgeführt werden. Im Vergleich mit der medikamentös induzierten Ausstoßung geht die Saugkürettage mit einer deutlich
höheren Rate an kompletter Uterusentleerung und weniger verstärkten Blutungen einher [10]. Bei abgeschlossener Familienplanung kann die Hysterektomie eine alternative Therapieoption sein. Sie schützt vor einer lokalen Inva
Tab. 1 FIGO: anatomisches Staging. (Nach [14])
FIGO-Stadi-um
Lokalisation
I Erkrankung auf den Uterus begrenzt
II Tumor außerhalb des Uterus, jedoch auf den Genitaltrakt begrenzt (Adnexe, Vagina, Ligamentum latum)
III Pulmonale Metastasierung mit oder ohne Einbeziehung des Genitaltraktes
IV Vorliegen weiterer Metastasierung (mit oder ohne Lungenmetasta-sen)
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sion, jedoch nicht vor einer Fernmetastasierung.
D Eine Adnexektomie ist nicht erforderlich; nur bei großen, symptomatischen, Thekaluteinzysten kann eine laparoskopische Zysten-exzision diskutiert werden.
Postoperativ sind regelmäßige βHCG Kontrollen erforderlich. Ziel der Kontrolluntersuchungen nach Therapie einer Blasenmole ist das Erkennen einer nachfolgend auftretenden GTN, die 18–28% der Patientinnen mit einer kompletten Mole entwickeln [11]. Nach einer Partialmole ist das Risiko deutlich geringer. Wöchentliche Bestimmungen sind bis zu dem Zeitpunkt erforderlich, an dem dreimal hintereinander normale Werte aufgezeigt werden. Im Anschluss sollte über 6 Monate einmal pro Monat eine βHCGKontrolle erfolgen. Persitierende oder ansteigende βHCGWerte machen eine weitere Behandlung erforderlich.
Bei Patientinnen mit kompletter Mole und dem Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren, definiert als HCG >100.000 IU/ml, Thekaluteinzysten mit einem Durchmesser >6 cm oder einem deutlich vergrößerten Uterus, kann aufgrund des erhöhten Risikos für das Auftreten einer nachfolgenden GTN die prophylaktische Gabe einer Chemotherapie diskutiert werden [12, 13].
Gestationsbedingte trophoblastäre Neoplasie
Eine GTN kann nicht nur nach einer vorherigen molaren Gravidität diagnostiziert werden, sie kann prinzipiell nach jeder Form einer Schwangerschaft auftreten.
Nach den FIGOKriterien liegt eine GTN vor, wenn mindestens eins der folgenden Kriterien nach Ausräumung einer Blasenmole erfüllt ist [14]:Fvier oder mehr HCGWerte mit Pla
teaubildung in den letzten 3 Wochen (Tag 1, 7, 14, 21),
FAnstieg des HCG um 10% oder mehr bei drei oder mehr Kontrolluntersuchungen in den letzten 2 Wochen (Tag 1, 7, 14),
Fhistologischer Nachweis eines Chorion karzinoms,
Fpersistierend erhöhter HCGWert 6 Monate nach Therapie einer molaren Schwangerschaft
Eine GTN kann auf den Uterus begrenzt sein, auf den Genitaltrakt außerhalb des Uterus übergreifen oder eine Fernmetastasierung hervorrufen. Eine Fernmetastasierung findet sich am häufigsten in der Lunge (80% der Metastasen), seltener in der Vagina (30%), im Gehirn (10%) oder in der Leber (10%; [15]).
Klinik
Ein Kardinalsymptom kann die vaginale Blutung sein. Diese kann vom Uterus, der sonographisch inhomogen erscheint, selber ausgehen oder von Metastasen im Be
reich der Vagina, welche eine hohe Blutungsneigung aufweisen. Vaginale Metastasen können sowohl bei der invasiven Blasenmole als auch beim Chorionkarzinom vorkommen. Auftreten können diffuse Unterbauchschmerzen. Weitere Beschwerden können durch die Lokalisation einer möglichen Fernmetastasierung verursacht sein: Patientinnen mit pulmonalen Metastasen können über Dyspnoe, Husten, Hämoptoe oder atemabhängige Thoraxschmerzen klagen. Durch zerebrale Metastasen können Kopfschmerzen, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Krampfanfälle oder Synkopen auftreten. Eine hepatische Metastasierung kann u. a. mit laborchemischen Veränderungen der Transaminasen, Leberkapselschmerz oder einem Ikterus einhergehen.
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Zur Festlegung der Ausbreitung sollte Folgendes durchgeführt bzw. sichergestellt werden [15]:Fkörperliche Untersuchung,FHCGBestimmung im Serum,FVorliegen des histologischen Untersu
chungsergebnisses,FSonographie des kleinen Beckens,FRöntgenuntersuchung des Thorax,
eventuell Computertomographie (CT) des Thorax (in 40% der Fälle Mikrometastasen, die in der Röntgen
untersuchung nicht detektiert werden),
Fbei Vorliegen eines Chorionkarzinoms oder von vaginalen Metastasen: Bildgebung von Abdomen und Gehirn,
Fbei Resistenz gegenüber der Chemotherapie: PET(Positronenemissionstomographie)CT zur Lokalisation von weiteren Tumorherden.
Folgende FIGOStadien werden unterschieden ([14], .Tab. 1):
Zur Therapiefestlegung wird neben dem Stadium der Erkrankung der FIGORisikoScore herangezogen (.Tab. 2; [14]).
Patientinnen mit einem Score ≤6 werden der LowriskGruppe zugeordnet, mit einem Score ≥7 der HighriskGruppe [15].
Therapie
MonochemotherapiePatientinnen mit einer GTN im Stadium I oder lowrisk Stadium II oder III (FIGO Score ≤6) zeigen eine hohe Sensitivität gegenüber einer Monochemotherapie. Auf eine wiederholte Dilatation und Kürettage des Uterus sollte verzichtet werden. Die Eingriffe reduzieren nicht die Notwendigkeit einer Chemotherapie, ge
hen aber mit einem deutlich erhöhten Risiko für Blutungen, Perforation oder Infektionen einher [15]. Standardsubstanzen bei den Zytostatika sind Methotrexat (MTX) und Actinomycin D (ACTD). Für die MTXVerabreichung existieren verschiedenen Schemata, einige von ihnen sind in .Tab. 3 exemplarisch aufgezeigt [16, 17, 18, 19].
Auch für die Verabreichung des Actinomycin D gibt es verschiedene Möglichkeiten ( [20, 21, 22]; .Tab. 4).
In Deutschland wird oft MTX als Mittel der Wahl verabreicht. Im Vergleich zu Actinomycin D, das hoch emetogen ist und mehr Neutropenien verursacht, ist es deutlich besser verträglich. Zudem tritt unter MTX keine Alopezie auf. Bei Patientinnen mit schweren unerwünschten Reaktionen auf MTX, reduzierter hepatischer Funktion oder MTXResistenz kann Actinomycin D jedoch eine wirksame Alternative sein. Deutlich seltener werden 5Fluoruracil und Etoposid zur Monotherapie genutzt, doch für beide konnte eine Wirksamkeit gezeigt werden [23, 24, 25].
D Ist die Familienplanung ab-geschlossen, kann bei einer GTN im Stadium I alternativ eine Hyster-ektomie durchgeführt werden.
Perioperativ sollte jedoch ein Zyklus Chemotherapie appliziert werden. Dieser dient der Elimination okkulter Metastasen sowie der Verhinderung einer intraoperativen Verschleppung von Tumorzellen [15].
PolychemotherapieIndikationen für eine Polychemotherapie bestehen bei fehlendem Ansprechen auf eine Monochemotherapie, bei highrisk GTN (definiert als Stadium IV oder Stadium II oder III mit einem FIGORisikoscore ≥7) und bei Vorliegen eines Plazentabetttumors. Regime der Wahl ist das EMA/COSchema (.Tab. 5).
Die Zyklen finden alle 2 Wochen statt und werden bis zur Remission durchgeführt. Im Anschluss sollten noch 3 weitere Zyklen appliziert werden [15]. Eine Alopezie tritt bei allen Patientinnen auf, doch höhergradige Toxizitäten manifestieren sich selten. Es besteht eine geringe Gefahr
Tab. 2 FIGO-Risikoscore. (Nach [14])
Score 0 1 2 4
Alter (Jahre) <40 ≥40
Art der vorausge-gangenen Schwan-gerschaft
Mole Abort Term-Gravidität
Intervall zwischen vorausgegangener Schwangerschaft und Therapiebeginn (Monate)
<4 4–<7 7–<13 ≥13
Serum-HCG vor The-rapiebeginn (IU/ml)
<103 103–<104 104–<105 ≥105
Größter Tumor-durchmesser (ein-schließlich Uterus; cm)
3–<5 ≥5
Lokalisation der Metastasen
Lunge Milz, Niere Gastrointestinal Leber, Gehirn
Zahl der Metastasen 1–4 5–8 >8
Anzahl der voraus-gegangenen Che-motherapien
Monochemo-therapie
2 oder mehr ver-abreichte Subs-tanzen
Tab. 3 Schemata für die Verabreichung von Methotrexat (MTX)
– MTX 50 mg i.m. Tag 1, 3, 5 und 7 und Folin-säure 7,5 mg p.o. Tag 2, 4, 6 und 8
– MTX 1 mg/kg i.m. Tag 1, 3, 5 und 7 und Fo-linsäure 0,1 mg/kg p.o. Tag 2, 4, 6 und 8
– MTX Bolus mit 100 mg/m2 über 30 min i.v., gefolgt von 200 mg/m2 über 12 h i.v. und insgesamt 4 Gaben Folinsäure 15 mg p.o. alle 12 h, beginnend 24 h nach der 1. MTX-Gabe
– Wöchentlich MTX i.m.; initial 30 mg/m2, wenn keine höhergradige Toxizität auftritt wöchentliche Steigerung um 5 mg/m2 bis maximal 50 mg/m2
Tab. 4 Möglichkeiten für die Verabrei-chung von Actinomycin
– Actinomycin D 1,25 mg/m2 q2w i.v.
– Actinomycin D 12 µg/kg i.v. Tag 1–5
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Leitthema
für das Auftreten von sekundären Malignomen, z. B. von Leukämien. Eine Modifikation des Schemas wird bei Patientinnen mit zerebralen Metastasen empfohlen: Für sie sollte an Tag 1 das Methotrexat auf 1 g/m2 gesteigert werden. Manche Patientinnen profitieren zusätzlich von einer adjuvanten Radiotherapie des Gehirns [15].
Standardtherapie bei Versagen einer Therapie mit dem EMA/COSchema (d. h. bei persistierender GTN oder bei Auftreten eines Rezidivs) ist das EMAEPRegime. Bei diesem werden an Tag 8 Cyclophosphamid und Vincristin durch Cisplatin und Etoposid ersetzt. Daneben existieren verschiedene weitere alternative Therapieoptionen, wie z. B. BEP (Bleomycin, Etoposid, Cisplatin), ICE (Ifosfamid, Carboplatin, Etoposid) und VIP (Etoposid, Ifosfamid, Cisplatin). Bei Patientinnen mit einer Resistenz gegenüber verschiedenen Therapieschemata kann ggf. eine operative Therapie in kurativer Absicht durchgeführt werden. Diese kann neben einer Hysterektomie die Resektion von solitären Metastasen beinhalten. Auch eine Embolisation von hepatischen Metastasen kann in Einzelfällen diskutiert werden [15].
Nachsorge
Nach erfolgter Therapie sind wöchentliche Kontrollen des βHCG erforderlich, bis es dreimal im normalen Bereich gelegen hat. Bei Patientinnen mit einer GTN im Stadium IV sind im Anschluss monatliche βHCGKontrollen über einen Zeitraum von 24 Monaten erforderlich, um einen späten Rückfall zu detektieren. Bei den anderen Stadien sind Verlaufskontrollen über 12 Monate ausreichend [15].
Nachfolgende Schwangerschaften
Nach Applikation einer Chemotherapie für eine GTN liegt die Rate der sekundären Infertilität bei etwa 7% [5]. Das Risiko für eine erneute molare Schwangerschaft steigt von 1/1000 auf 1/100. Aus diesem Grunde ist eine sorgfältige Überwachung der Gravidität indiziert. Im 1. Trimenon sollten früh eine Kontrolle des βHCG und eine Vaginalsonographie erfolgen. 6 Wochen postpartal ist ebenfalls die Kontrolle des βHCG erforderlich, um eine okkulte Trophoblasterkrankung auszuschließen [15].
Fazit für die Praxis
FAuch wenn die Inzidenz der gesta-tionsbedingten Trophoblasterkran-kungen gering ist, kann diese Erkran-kung mit einer signifikanten Morbidi-tät einhergehen.
FWährend die komplette und die par-tielle Blasenmole lediglich mit dem Risiko einer persitierenden Tropho-blasterkrankung einhergehen, zeich-nen sich die gestationsbedingten trophoblastären Neoplasien durch eine gesteigerte Proliferationsten-denz aus und können in andere Organe metastasieren.
FUm die Prognose der Patientin zu op-timieren, ist eine frühzeitige Diagno-sestellung erforderlich.
FEin Staging ist bei den GTN erforder-lich, um stadiengerecht therapieren zu können.
FIn der Regel ist bei den GTN eine Mono- oder eine Polychemotherapie erforderlich.
FDie frühzeitige Detektion einer Me-tastasierung ist wichtig, da in vielen
Fällen trotz bereits aufgetretener Me-tastasierung ein kurativer Therapie-ansatz möglich ist.
Korrespondenzadresse
Dr. J. SalmenUniversitätsfrauenklinik UlmPrittwitzstr. 43, 89075 [email protected]
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. J. Salmen gibt an, dass kein Inte-ressenkonflikt besteht.
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Tab. 5 EMA/CO-Schema
Medikament Dosierung Tag(e) der Ver-abreichung
Etoposid 100 mg/m2 i.v. über 30 min 1+2
Methotrexat 100 mg/m2 i.v. als Bolus, gefolgt von 200 mg/m2 über 12 h 1
Dactinomycin 0,5 mg i.v. als Bolus 1+2
Calcium-folinat
15 mg p.o. alle 12 h, beginnend 24 h nach MTX-Gabe, insge-samt 4 Gaben
2+3
Cyclophos-phamid
600 mg/m2 i.v. über 30 min 8
Vincristin 1 mg/m2 i.v. als Bolus 8
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