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Der Ausbruch aus der Umwelt. Über entscheidende Momente bei der Selbstherstellung von Homo sapiens Thomas Slunecko Zusammenfassung Dieser Beitrag handelt vom Auszug unserer Spezies aus einer Umwelt und von ihrer Selbstübersiedlung in eine Welt. Mit Umwelt und Welt sind dabei jene Attribute genannt, mit denen Martin Heidegger – in Ausein- andersetzung mit der philosophischen Anthropologie seiner Zeit – die entscheidende ontologische Differenz zwischen Tier (das in die Umwelt eingeschlossen ist) und Mensch (der Welt bildet) bestimmt hat. Heideggers Befund wird hier nicht widersprochen; allerdings wird er de-ontologisiert. Statt von grundsätzlichen Unterschieden auszugehen, interessiert, wie diese zustande gekommen sind. M.a.W. interessiert gerade das „Wunder“ der Menschwerdung: der Übertritt aus einer Umwelt in eine Welt. Gefragt wird nach dem modus operandi, kraft dessen der Mensch die Umwelthül- le aufgerissen hat, um in jene „Lichtung“ einzutreten, in der Heidegger ihn vorfindet. Einleitung und Anliegen Dass sich eine derartige Geschichte in einem Artikel von ein paar Seiten nicht erschöpfend erzählen lässt, liegt auf der Hand; die Fülle der paläo- anthropologischen und -archäologischen, komparativ-anatomischen bzw. -ethologischen usw. Einzelbefunde, von denen dabei Kenntnis zu nehmen wäre, sprengt diesen Rahmen von vorneherein auf. Eine weitere Schwierigkeit des Unterfangens liegt darin, dass man dabei zu inter- und transdisziplinären Operationen mit ungewohnten Spannbreiten ausholen muss, will man über dem „Herumstochern … in Halbaffenknochen“ nicht aus dem Auge verlieren, dass diese Geschichte „das Atemberaubende schlechthin enthalten muß, das Ereignis der Ereignisse, die helle Katast- rophe, aus der wir stammen“ (Sloterdijk, 1994, S. 22). Was der folgende Text vor diesem Hintergrund leisten will, ist fol- gendes: ohne den operativen Ketten der Transformationen, die zu uns geführt haben, im Detail folgen zu können, unterbreitet er einen zwar 128 Juettemann_Inhalt170x240 neu.indd 128 13.03.24 11.24

Der Ausbruch aus der Umwelt. Über entscheidende Momente bei der Selbstherstellung von Homo sapiens

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Der Ausbruch aus der Umwelt. Über entscheidende Momente bei der Selbstherstellung von Homo sapiens

Thomas Slunecko

Zusammenfassung

Dieser Beitrag handelt vom Auszug unserer Spezies aus einer Umwelt und von ihrer Selbstübersiedlung in eine Welt. Mit Umwelt und Welt sind dabei jene Attribute genannt, mit denen Martin Heidegger – in Ausein-andersetzung mit der philosophischen Anthropologie seiner Zeit – die entscheidende ontologische Differenz zwischen Tier (das in die Umwelt eingeschlossen ist) und Mensch (der Welt bildet) bestimmt hat. Heideggers Befund wird hier nicht widersprochen; allerdings wird er de-ontologisiert. Statt von grundsätzlichen Unterschieden auszugehen, interessiert, wie diese zustande gekommen sind. M.a.W. interessiert gerade das „Wunder“ der Menschwerdung: der Übertritt aus einer Umwelt in eine Welt. Gefragt wird nach dem modus operandi, kraft dessen der Mensch die Umwelthül-le aufge rissen hat, um in jene „Lichtung“ einzutreten, in der Heidegger ihn vorfindet.

Einleitung und Anliegen

Dass sich eine derartige Geschichte in einem Artikel von ein paar Seiten nicht erschöpfend erzählen lässt, liegt auf der Hand; die Fülle der paläo-anthro pologischen und -archäologischen, komparativ-anatomischen bzw. -ethologischen usw. Einzel befunde, von denen dabei Kenntnis zu nehmen wäre, sprengt diesen Rahmen von vorneherein auf. Eine weitere Schwierigkeit des Unterfangens liegt darin, dass man dabei zu inter- und trans dis ziplinären Operationen mit ungewohnten Spannbreiten ausholen muss, will man über dem „Herumstochern … in Halbaffenknochen“ nicht aus dem Auge verlieren, dass diese Geschichte „das Atemberaubende schlechthin enthalten muß, das Ereignis der Ereignisse, die helle Katast-rophe, aus der wir stammen“ (Sloterdijk, 1994, S. 22).

Was der folgende Text vor diesem Hintergrund leisten will, ist fol-gendes: ohne den operativen Ketten der Transformationen, die zu uns geführt haben, im Detail folgen zu können, unterbreitet er einen zwar

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materialiter gearbeiteten, doch im Kern von theoretischen Ambitionen getragenen Vorschlag dazu, wie – entlang welches modus operandi – diese Entwicklung gedacht werden kann. Für dieses grundsätzliche Anliegen werden medientheoretische und medienanthropologische Inspirationen in Anschlag gebracht, die ich schon in früheren Arbeiten entwickelt habe (Slunecko, 2008; Slunecko & Hengl, 2006 und 2007). Diese Texte sprechen zentral von der dynamischen Konstitution des Menschen und wie sich diese im Wechselspiel mit seinen Medien entfaltet. Die zentrale These besteht darin, dass sich ohne seine Medien – seine Werkzeuge und seine Sprache – vom Men schen nicht spre chen lässt. Diese bilden die „Umwelt“ des Men schen, doch nicht im Sinn eines onto logischen Gegen satzes und Gegen übers, sondern, wie Luhmann lehrt, im Sinn eines ge mein samen Erzeu gungsprozesses von System und Um welt.

In meiner Geschichte der Menschwerdung ist also die Handlungspra-xis mit Medien das zentrale Agens. Als besonders entscheidend erweisen sich dabei jene Momente, in denen sich die Praxis des „harten“, materiel-len Mediums (Werkzeug) mit jener des „weichen“, immateriellen Mediums (Sprache) verschränkt. Denn Medien entfalten nicht überall und immer eine gleichartige Wirkung, sondern es kommt auf ihre jeweilige Einbet-tung in praktische Handlungen an, und dabei nicht zuletzt darauf, wie sie sich dabei mit anderen Medien verbinden. Die Momente der Verschrän-kung zwischen dem harten und dem weichen Medium markieren zwei charakteristische paläopsychologische Entwicklungsstufen. Diese hier in ihrem inneren Zusammenhang darzustellen, muss rechtfertigen, dass die folgenden Ausführungen in einem fast deliranten Tempo vorgetragen werden, ein Eindruck, der sich durch den Umstand verstärkt, dass wir in paläopsychologischen Dingen nie genau wissen können, wovon wir reden – und doch darüber reden müssen, wenn wir unsere Existenz zu ihrem ganzen Gewicht überdenken wollen.

Auf dem Weg zum Menschen

Diese Darstellung ist nur zu verstehen, wenn man sich ein Stück weit auf die Vorgeschichte des Menschen einlässt. Leroi-Gourhan verdanke ich in diesem Zusammenhang den Hinweis auf die entscheidende evolutionäre Bedeutung des soge nannten vorderen Relationsfeldes für die Entwicklung bzw. Differenzierung der Wirbeltiere. Nur bei wenigen von ihnen kommt es zu einer Aufteilung dieses Feldes in zwei komplementäre Bereiche, von denen „der eine von der Tätigkeit des Kopfes, der andere von der Tätigkeit der vorderen Extremität bestimmt wird“ (Leroi-Gourhan, 1988, S. 49 ff.). Spezies, die die vorderen Extremitäten nur zur Fortbewegung nutzen, müssen sozusagen mit dem Kopf nach Nahrung greifen, dieser trägt die ganze Last der Ernährung und das vordere Relationsfeld bleibt bei ihnen einpolig. In der Evolution auf den Menschen (aber auch auf andere Spe-

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zies) hin werden die vorderen Extremitäten von Fortbewegungsaufgaben mehr und mehr freigespielt. Das „vordere Feld umfasst dadurch einen Ge-sichtspol und einen manuellen Pol, die in engem Zusammenhang bei den elaboriertesten Operationen zusammenwirken“ (ebda. S. 49-50) – eine noch ganz im animal kingdom anzusiedelnde funktionelle Disposition, die für die folgenden Ausführungen entscheidend ist.

Bei einigen dieser derart prädisponierten Säugetierlinien wird der manuelle Pol mit besonderen Fähigkeiten aufgeladen: Bei der Bewegung im Baum lernen sie das rasche Zugreifen und Auslassen, am „Medium Baum“ verwandelt sich sozusagen ein Tier mit Pfoten in eines mit Händen – und zwar mit Händen, die gut greifen, aber auch gut wieder loslassen und rasch ein weiteres Mal zufassen können.1 Es handelt sich um die Hände von Hanglern, die sich im Vergleich zu jenen von Bodenbewoh-nern differenzieren und sich immer mehr als „hellere“, „heißere“ Stellen in der Wirklichkeit des Tieres aufladen, wiewohl sie von Fortbewegungs-aufgaben noch nicht ganz freigespielt sind.

Im (Wieder)Abstieg auf den Boden und mit der dort bald erreichten voll-kommenen Bipedalität der Fortbewegung wird die Option „Hand“ dann voll eingelöst: Am Griff nach dem Stein wird die Affenhand (Greifhand) zur Ho mi ni denhand (Begreif-Hand), die einen Stein wieder weglegen kann, um ihn bei einem zweiten Griff besser in die Hand einzufügen, d.h. sowohl für die Welt seite (zu bearbeitende Objekte, darunter auch andere Steine) als auch für die Handseite günstiger auszurichten. Damit wird das Poten tial der vorderen – bzw. nunmehr treffender: oberen – Gliedmaßen bzw. das des zweipoligen vorderen Relationsfeldes um ein entscheiden-des Stück weiter freigesetzt: Loslassen, nicht zu um ver ges sen, sondern um ein wiederholtes Mal und besser anzufassen.

Rauswurf aus der Umwelt

Zwischen den Polen Hand und Auge findet jener Werk zeug ge brauch statt, der von nahezu allen Anthro pologien entweder als menschenbildendes oder als den Menschen charakter i sierendes Prinzip herausgestellt wird: der Präsapiens nimmt den Stein in die Hand und beginnt damit zu schla-gen, zu werfen und zu schneiden. Dabei kommt das Grundprinzip der Technik – die Ent lastung vom Körperkontakt mit der Umwelt – zum Zuge. Insbesondere dehnt sich mit dem Werfen der vom werdenden Menschen beherrschte Umraum dramatisch aus.

McLuhan (1964) hat in solchem Zusammenhang den Begriff der Ex-tension eingeführt, mit dem er die von Werkzeugen (bzw. von Medien im

1 Die Hominidenhand mit dem langen oppo nier baren Daumen und dem damit er zielbaren kräftigen Präzisions­griff ist damit noch nicht erreicht. Mit Aus nahme der – allerdings bodenbewohnenden – Gorillas haben fossile und rezente Menschenaffen weit längere Hände als die Homi niden, auch der lange und gegen überstellbare Dau­men fehlt bei den re zen ten Pri maten mit Ausnahme des Pavians, bei dem er allerdings ver gleichs weise kraftlos ist (eine ausgezeichnete Überblicksdarstellung der Evolution der Hand und der Bi pe dal i tät gibt Marzke, 1999).

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jenem weiten Sinn, in dem McLuhan diesen Begriff verwendet) geleistete Aus weitung und Ausdehnung menschlicher Fähigkeiten bezeichnet. Die-se Fähigkeiten werden dabei allerdings nicht bloß ausgeweitet, sondern quantitativ und/oder qualitativ so gesteigert, dass Ent wicklungen einset-zen, die ohne Extension nicht mög lich wären. Die zentrale Bestimmung von Extension besteht daher darin, dass es in ihrem We sen, dass es im Wesen des Technischen überhaupt liegt, über die bloße Aus dehnung einer vorhandenen Fähigkeit hinaus etwas von Grund auf Neues in das „Spiel“ zwischen Mensch und Umwelt einzubringen.

So passieren auch um das umweltbearbei tende Schlagen und Werfen herum ent schei den de neurokognitive Veränderungen. Etwa stellen sich neue Anforderungen an die Stressverarbeitungskapazität, genauer: es entsteht Stressier barkeit überhaupt; die gespannte Stress-Situation beim steinewer fenden oder stöckeschwingenden Vertreiben oder Auf-Distanz-Halten des Feindes kollabiert nicht in Angriff oder Flucht, d.h. in prä-reflexive, den gan zen Körper ergreifende „totale Situationen“, sondern die Stress-Situation wird (aus)gehalten – und damit wird ein Vor behalt gegen-über Handlungs impul sen, ein Differieren-mit-sich-selbst mög lich. Der in inner- oder zwischenartlichen Auseinander setzungen mit dem Stein dro hen de Vormensch widersteht den gegenläufigen Impulsen von fight or flight, die sein Nervensystem durchströmen. Dieses (Aus)Halten von gegenläufigen Reaktions latenzen, die nicht unmittelbar realisiert werden, spannt das auf, was zur spezifischen mensch lichen Bewusstseinslage wird: ein proto-reflexives Bewusstsein, distan zier tes Bewusstsein, Be-wusstsein in Distanz.

In diesem Zusammenhang ist besonders zu erwähnen, dass das Werfen in das Laufen eingebaut werden kann und zwar nicht nur nach vorne hin, in dem Sinn, wie er uns etwa vom Speerwurf geläufig ist, son-dern in das Flüchten: „Die gestische Einheit von Laufen auf der Flucht, Sichumdrehen und Werfen nach dem Angreifer stellt das älteste Aktions-muster“ dar, das „die Hominisation vorantreibt und die Entstehung eines spezifisch menschlichen Gruppeninnenklimas ermöglicht“ (Sloterdijk, 1994, S. 23). Durch die Verschränkung von Laufen und Werfen bzw. das Übergehenkönnen von Flucht in Angriff „bildet sich um die Inhaber sol-cher Sonderkompetenzen ein unsichtbarer Ring – ein Abstand von aller übrigen Natur … Man könnte geradezu von der Geburt des Menschen aus dem Geist des Gegenangriffs sprechen (Sloterdijk, ebda)“.2

Der Wurf des Präsapiens ist auch nicht mehr so ziellos wie der anderer Linien im Tier-Mensch-Übergangsfeld (wenn wir von rezenten Ver haltens-beo bachtun gen rückschließen), nicht nur wirft er immer genauer (weil er

2 Bezeichnend ist, dass unsere nächsten anthro po iden Ver wandten Objekte (Stöcke mehr als Steine) zwar in ihr Revier ver hal ten ein beziehen (für einen Überblick siehe Wynn, 1999) und vor allem Schimpansen Stöcke sogar in regelrechten Kampf hand lungen einsetzen (van Lawick­Goodall, 1970), doch nicht in dem gerade entwickelten Sinn des Verzögerns und Zurückhaltens von Wurf oder Schlag.

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dazu einen Fuß mit Fußgewölbe entwickelt, mit denen ein für das Zielen stabiler Stand bzw. eine Unterstützung der Wurfbewegung möglich ist), er wirft auch zur rechten Zeit (nämlich dann, wenn die Chance des Treffens am besten ist); und er bezieht „Umstände“ wie z.B. das Vorhandensein weiterer Steine in unmittelbarer Griffweite in seine Wurfentscheidung mit ein. All dies zeigt die zuneh men de Ausdehnung seiner intentionalen Welt mit an.

Mit dem Werfen gehen noch andere Umstellungen des Kognitiven ein-her3: Wenn Präsapiens in einem relativ kontrolliert beobachteten Wirk-lichkeitsfenster hinter dem Stein her blickt, den er selber geworfen hat, er-fasst er jenen Unterschied zwischen dem Eintreffen und Nicht-Eintreffen seiner Wurfantizipation – zwischen Tref fer und Nicht-Treffer, der für sein Überleben oder seinen Jagderfolg einen Unterschied macht. Dieser Blick hinter dem geworfenen Stein „ist die erste Vorform von Theorie. Wenn der Mensch das Tier ist, das ein Projekt hat, dann weil er durch eine früh erworbene, organismisch verankerte Kompetenz dazu disponiert ist, Wurfer gebnisse zu antizipieren. Das Stimmigkeitsgefühl, das bei einem Wurferfolg, einem Treffer, einem wirkungsvollen Schlag aufkommt, ist die erste Stufe einer post-animalischen Wahrheits funktion“ (Sloterdijk, 2001, S.181). Der Übergangsaffe wird hier außerdem zu einem Akteur, der nicht mehr bloß in die Umwelt eingespannt und den an ihn herange-tragenen „Wahrheiten“ ausge liefert ist, sondern dem selbst die Kraft und das Können zu wächst, der Welt eine Wahrheit beizubringen – die eines Treffers, der einen Unterschied macht.

Auch im Nah bereich geht das Weltfenster durch Werkzeug ge brauch und Werk zeug herstellung auf. Wie primitiv diese Werkzeuge heute auch erscheinen mögen, ihre Wirkung war groß genug, um den Vor men schen aus seiner Umwelt bzw. aus dem sensomotorischen Kontinuum, in dem die Tiere leben, herauszusprengen. Werkzeuggebrauch und Werk zeug-herstellung bewirken, von der Seite des harten Mediums her gesehen, die Initialzündung der Anthropogenese; mit Ihrer Hilfe gelingt es, Effekte in einem beobacht baren Raum herzustellen, m.a.W. etwas zu produzieren. Dazu muss „ein Akteur eine … Art Spielraum … vor sich sehen, in de[m] eine Veränderung in der Umwelt als erfolgreiches Werk eigenen Tuns wahrge nommen werden kann“ (Sloderdijk, 2001, S. 181-182). In diesem Spielraum wird Werkzeuglichkeit reflexiv, insofern die Schneidetech-niken auf Splittern beruhen, die von beim Schlagen mit Steinen gegen Steine entstehen. „Der Stein … wird so … zum ersten produ zier ten Pro-duktionsmittel. Durch die Trias von Werfen, Schlagen, Schneiden ... öffnet

3 Eine neurophysiologische und mechanistischere Version dessen, „wie das Denken durch das Werfen gestartet wird“, findet sich bei Calvin (1993, S. 239 ff.).

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sich ein Fenster, in dem Produktionen geschehen und Produkte erschei-nen können“ (ebda).4

Die freien Handbewegungen im eigenen Blickfeld können als erste Quelle unserer menschlichen Eigen-Art der exzentrischen Positionalität (sensu Plessner) und Selbstreferentialität aufgefasst werden, insofern sie mit einer doppelten Wahrnehmung von Eigen bewegung einhergehen: Während eine „automatische“ Bewegungsrück meldung (Propriozeption) die Bewegung steuert, sieht die andere – die okulare – gleichsam von au-ßen zu. Die für die menschliche Psychologie so elementare Spaltung in einen Handelnden und (s)einen Beobachter beginnt mit der Hand, die das Steinwerkzeug führt.

In dieser vom Hand-Auge-Komplex geschaffenen Welt-Öffnung sieht der Vormensch, was bei seinem Hand-Werk „herauskommt“. Mit dem Schlagen und Schneiden trennt sich bearbeitetes von unbe arbeitetem Sein. Schon bei diesen scheinbar einfachen Tätigkeiten beginnt, um das Argument wieder an Heidegger heranzuführen, die Rodung der Lichtung. Lichtung ist an dieser Stelle dann ein treffender Begriff, wenn sie nicht als natürliches Gegebenes, sondern als Resultat mensch licher Produktion vorgestellt wird. In der von ihm selbst ge schaf fenen Lichtung wird der Vormensch immer mehr „belichtet“, d.h. es setzen irreversible Trans-formationsprozess in Bezug auf die Struktur seiner Ko gnitionen und sei-ner Intentionalität ein, die letztlich stärker sind als das Affenerbe und die Menschwerdung bewirken. Der Vormensch hantiert so zu sagen so lange mit dem Stein, bis er heraussteht ins Sein, in die Ekstase.

Steine werfen – Laute werfen

Nun muss auch die Sprache, das immaterielle Werkzeug, das gleichrangig mit den materiellen von den Anthropologien als definiens des Menschseins gehandelt wird, in den Blick genommen werden. Für die Entwicklung dieses Werkzeuges, d.h. für den Übergang zwischen der Lautäußerung des Tieres und der menschlichen Sprache ist die Befundlage auf Grund der Flüchtig keit des Mediums noch schlechter als für die Entwicklung der materiellen Werkzeuge. Wir sind hier zuvorderst auf komparative Befun-de angewiesen, die zeigen, dass in die Affenkommunikation Objekte nur marginal ein be zogen sind. Affen exprimieren Laute, die sich noch wenig vom Körper (zustand) zum Objekt hin ablösen. D.h. es wird nicht „über etwas“ (ein gemeinsames Drittes) mit anderen kommuniziert, sondern es werden Affekt lagen ausgedrückt und synchronisiert, d.h. soziale Synthe-sis hergestellt.

4 Dass Werkzeuglichkeit eine rein menschliches Attribut wäre – eine Ansicht, die in der ersten Hälfte des 20. JH. geläufig war – ist seit den bahnbrechenden Beobachtungen von Goodall (z.B. 1986) an Schimpansen nicht mehr haltbar.Bei einem in engem Kontakt mit Menschen aufgewachsenen Bonobo wurde sogar die Herstellung von Schneidewerkzeug durch Steinsplittertechnik beobachtet (Toth et al., 1993).

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Affen kommunizieren also, aber sie sprechen nicht. Kommunikation ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Möglichkeit von Sprache. Der spezifische Schlüssel zur Sprache ist „die Dritte im Bunde: die Außenseite der Kommunikanten. Die spezifisch menschliche Kommuni kation entwickelt sich über die Versprachlich ung der Objekt- und Ereignis welt. ... Der Schlüssel zum Ver ständnis der Enkulturation liegt phylo genetisch wie ontogenetisch darin, daß der konstruktive Prozeß im Aufbau der Welt im Dreieck der Kommunikation zwischen den Kommuni-kanten Ego und Alter ego und beider Interaktion mit der äußeren Realität erfolgt... Ohne gemeinsame Erfahrungen der Kommunikanten in der Inter aktion mit der äußeren Realität wäre eine Kommunikation über Sprache nicht möglich, weil Sprache sich nicht entwickeln ließe“ (Dux, 2000, S. 84; Hervorhebung im Original).

Die Sprache erreicht das Werkzeugfeld

Folgt man der beachtenswerten Interpretation paläo-archäologischer Be-funde, die Mithen (1996) vorgelegt hat, hat es geradezu Äonen gedauert, bis sich dieses Dreieck in Bezug auf die Werkzeuge etabliert hat, m.a.W. bis die Laute das Werkzeugfeld erreicht haben. Mithen’s Ausgangspunkt ist der Befund, dass sich die etwa vor 1,4 Millionen Jahren erschienenen Steinwerkzeuge (mit Ausnahme einer einzigen größeren technischen In-novation: der sog. Levallois-Technik, vgl. Mithen, 1996, S. 131 ff.) bis vor ca. 60.000 Jahren kaum verändert haben. Dieser technische Konservati-vismus ist umso erstaunlicher angesichts der gewaltigen sonstigen Verän-derungen, z.B. der massiven Zunahme des Hirnvolumens der Werkzeug-hersteller. Ein zweites wesentliches Indiz findet Mithen in der Lokalisation von Artefaktfunden bei den frühen Hominiden. Die typische Separation von Spuren, die das Anfertigen und der Gebrauch von Werkzeugen hinter-lassen haben, und solchen, die auf Feuer und Nahrung deuten, wertet er als Beleg für eine zunächst bestehende Barriere zwischen der technischen und der sozialen Sphäre. Seine Hypothese lautet, dass die menschliche Kommunikation zunächst auf den Bereich des Sozialen beschränkt war, Protosprachlichkeit sozusagen eine Erweiterung des Lausens mit lautli-chen Mitteln war, der Herstellung von sozialer Synthesis diente und mit der auf Natur und insbesondere auf Werkzeuge gerichteten Aufmerksam-keit nicht zu tun hatte. Erst als sie vor ca. 60.000 Jahren diese Barriere überspringt, sich ihr Potential auch auf Naturverständnis und Werkzeug-lichkeit in Anschlag bringt, beginnt jene rasante evolutionäre Drift, die

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uns dann in relativ kurzer Zeit in der Weise hervorbringt, in der wir uns heute vorfinden.5, 6

Dass Werkzeuglichkeit und Sprache einander notwendigerweise be-rühren, ist also eine Rückprojektion aus deren heute erreichter (relativer) Integration heraus. Im Gegenteil sind sie zunächst völlig voneinander abgekapselt! Erst als weiches und hartes Medium zu einer gemeinsamen Praxis finden, die Proto-Sprachlichkeit nicht mehr nur auf das Feld des Sozialen beschränkt bleibt, sich Laute auf Werkzeuge und Natur zu be-ziehen „lernen“7, wenn sich also die Potentiale im vorderen Relationsfeld kurzschließen, springen jene spezies-spezifischen Modi der kumulativen kulturellen Transmission an, die Tomasello (1999) zu recht als für das enorm sich steigernde Entwicklungstempo der Sapienslinie als entschei-dend ansieht. Ab diesem Zeitpunkt kann das Werkzeugwissen des/r einen an den/die andere/n präzise weitergegeben werden, können nachfolgende Generation mit hinreichender Präzision auf den Erfindungen der vorheri-gen aufbauen.8

Das Werfen ist mit dafür verantwortlich, dass sich die Verbindung zwischen dem, was die Hand, und dem, was der Mund produzieren kann, zwischen dem Tun der Hand und dem Laut bei Präsapiens verstärkt. Das Werfen lenkt die Lautäußerung, sofern sie den Unterschied von Treffer und Nicht-Treffer markiert, aus der Sphäre des Sozialen in ein äußeres Welt- bzw. Beobachtungsfeld, ohne das affektive Binnenfeld der Horde ganz hinter sich zu lassen.9 Laute bekommen nun Funktion in einem als

5 Mithen zieht zur Untermauerung seiner These einer für die längste Zeit der menschlichen Evolution bestehenden Unverbundenheit der sprachlichen mit anderen Formen von Intelligenz (der haptischen, visuellen etc.) Theorien heran, die in der modernen Kognitions psychologie große Konjunktur hatten: Gardners Theorie der multiplen Intelligenzen und Fodors Thorie zur Modularität des Geistes (beide 1983). Bei allen Unterschieden sind beide Theorien kompatibel mit der Vorstellung einer weitgehenden evolutionären Isolation der Sprache von anderen Intelligenzleistungen; aber auch klinische Befunde können als Unterstützung dieser These gelesen werden.

6 Auch für die kulturhistorische Schule markiert die Aktionseinheit von Werkzeug­ und Sprach­ bzw. symbolischer Intelligenz das entscheidende Charakteristikum des Menschen: „The great genetic moment of all intellectual development, from which grew the purely human forms of practical and gnostic intellect, is realized in the unification of these two previously completely independent lines of development“ (Vygotsky & Luria, 1994, S. 108). Die Aufeinander­Beziehbarkeit von sprachlicher und werkzeuglich­praktischer Intelligenz ist die Entdeckung der menschlichen Rasse, ihr großer genetischer Moment, der von jedem Kind neu enaktiert wird. Nur beim Men­schen können in der Folge Zeichen so präzise Bedeutung für Handlungen bekommen bzw. diese transportieren.

7 Die Darstellung ist hier – wie im ganzen Text – notwendigerweise verkürzt. Man muss all diese „Ereignisse“ dynamisch konstitutiv denken: Wenn die Sprache das Werkzeug erreicht, erreicht natürlich auch das Werkzeug die Sprache, d.h. es stellen sich jenseits der sozialen Sphäre neue Herausforderungen an Sprachlichkeit ein. Und auch dies ist noch verkürzt, insofern dabei Sprache vorausgesetzt ist. Exakter wäre es, davon zu sprechen, dass der Werkzeuggebrauch an dieser Stelle die Kom muni kation ergreift und sie – im vom Werk zeug eröffneten Produktionsfenster – in Richtung auf Sprache zu trans for mieren beginnt.

8 Tomasello (1999) macht für diesen Entwicklungsschub in punkto kulturelles Lernen allerdings v.a. eine Form der sozialen Kognition verantwortlich, nämlich die Fähigkeit, sich in den mentalen Zustand eines anderen Artgenos­sen zu versetzen – modern gesagt: eine Theory of Mind zu entwickeln. Dies widerspricht dem hier vorgetragenen Argument nicht, aber formuliert die Sachlage aus anderer Perspektive, nämlich aus jener der Mutter­Kind­Dyade (vgl. dazu auch Savage­Rumbaugh & Fields, 2011). Es ist in der Tat zu bezweifeln, ob sich ohne die „Basisarbeit“ der Eröffnung gemeinsamer Weltfenster zwischen Mutter und Kind das oben beschriebene Werkzeugfenster je hätte öffnen lassen.

9 Zur Verdeutlichung sei ein aus der Massenkultur vertrautes Phänomen bemüht: Die Zuschauer beim Fußballspiel begleiten akustisch jeden Schussversuch bzw. stimmen in den Torschrei des Schützen nach dem Treffer ein, Sloterdijk sieht darin einen Abkömmling jenes „primärsadistischen Jubel(s) …, mit dem die ersten Jäger und Werfer ihre anfänglichen, wie auch immer prekären Siege über die Alte Natur zelebrierten … [ihr] Hochgefühl,

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gemeinsamem eröff neten Raum; damit rückt jenes gemeinsame Dritte der äußeren Realität in den (von Lauten begleiteten) Blick, das Dux als den Schlüssel zum Ver ständnis der Enkulturation beschrieben hat (Dux, 2000, S. 84; vgl. oben).

Schreiben: Die Hand erreicht die Sprache

Es drängt sich an dieser Stelle auf, das Argument noch auf ein Motiv um-zulegen, das für kulturpsychologische und medientheoretische Diskurse der letzten 50 Jahre ein Schlüssel zum Verständnis der historischen Ent-wicklung des Menschen war: auf den Übergang zur Schriftlichkeit, auf jenen Moment also, in dem nun umgekehrt die Hand – via Schrift – die Sprache erreicht, diese festzuhalten und – man muss das Wort hier in An-schlag bringen – zu manipulieren lernt, sie also verfügbar macht. Dadurch löst sich die Sprache von Ihrer bisherigen Bindung an das Akustische und Situative. Die ebenso triviale wie epochale Steigerung der Sprache durch Schrift besteht darin, dass letztere Gesprochenes bzw. Gedachtes auf Dau-er stellt, wodurch sich wesentlich genauer darauf Bezug nehmen lässt. Dies ermöglicht neue Formen der Selbstbegegnung für den einzelnen wie für die Kultur als Ganzes. Havelock (1988, 1990) oder Assmann (1999, 2001) beschreiben in diesem Zusammenhang Veränderungen des kultu-rellen Gedächtnisses bzw. der kulturellen Transmission. Schriftlichkeit ist jedenfalls ein wesentlicher Motor dessen, was Jaspers (1949) Achsenzeit genannt hat, d.h. jene Zeitspanne von 800 bis 200 v. Chr., in der gleichzei-tig in voneinander unabhängigen Kulturräumen die philosophischen und technologischen „Fortschritte“ gemacht wurden, die bis heute Grundlagen dieser Zivilisationen sind.

Betont wurde in diesem Zusammenhang, dass durch die Schrift das Visuelle vor allen anderen Sinnen in Führung geht und sich von diesen trennt (deKerckhove, 1995), dass sich überdies der Sinn von den Sinnen trennt und eine zweite, abstrakter verfasst Welt des Sinns über oder hinter der Welt der Sinne aufgeht – eines Sinns, der nun für sich alleine stehen kann. De Kerckhove (1995, S. 29) spricht in diesem Zusammenhang von einem „Aus tausch der Sinne gegen den Sinn“ oder auch vom „Austausch von Wahr neh mun gen gegen Kon zepte“.

Auch die heute geläufigen Formen der Subjektivität bzw. Subjektkon-stitution, die der Common Sense ebenso gerne wie fälschlich viel wei-ter in die Zeit rückprojiziert, nahmen erst in der Achsenzeit Gestalt an, worauf insbesondere Jaynes (1988) und Taylor (1989) hingewiesen haben. Für letzteren stellt die mit dem Aufkommen der Schrift parallel laufende und also relativ rezente „Erfindung“ eines nach Außen hin abgesetzten seelischen Innenraumes bzw. einer „privatisierten“ und distanzierten In-

gegenüber einer … übergewaltigen Natur endlich auch einige Siege erringen zu können“ (Sloterdijk, 1994, S. 25). Das Resultat des Wurfes (oder Schusses) fusioniert jedenfalls die Einzelbewusstseine über ein äußeres Drittes.

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telligenz eine besonders markante Zäsur in der Entwicklungspsychologie der Menschheit dar.

Fazit

Mit dem Erreichen des Werkzeuges durch die Sprache und dem Erreichen der Sprache durch die schreibende Hand sind zwei Momente hervor-gehoben, die mir für die Entwicklungsgeschichte der Menschwerdung besonders bedeutsam scheinen. Unbestritten kann diese Geschichte auf mannigfach andere Art erzählt werden. Der kurze Text soll zumindest andeuten, dass sie sich in phänomenologischer Weise erzählen lässt, ohne dabei empirische Befunde außer Acht lassen zu müssen. Damit wird in Angriff genommen, was Heideg ger aus sei ner Ab neigung heraus, Philosophie abhängig von anthro po lo gischen Be funden zu machen, „in seinem Eifer, den Ausgangspunkt beim Dasein und In-der-Welt-Sein des Menschen ontologisch rein zu bewahren“ (Sloterdijk, 2000, S. 33/34) ver mieden hatte: den Be griff des Menschen zu dynamisieren und die mensch liche Ekstase als Resultat einer Geschichte der Selbstherstellung zu er zählen – als autoplastisches Experiment unter medialen Vorzeichen. Mit anderen Worten, es bedarf einer genetischen Theorie der Lichtung als jenem Ort, an dem ein Wesen, das zuvor ganz in seine Um welt verspannt war, nun in ein Verhältnis zu einer von ihm selbst geschaffenen Welt und in ein Selbst ver hältnis eintritt – an dem es also ekstatisch wird.

Eine solcherart von anti-naturwissen schaft lichen Affekten bereinigte Phäno menologie – umgekehrt formuliert: eine phäno meno logisch aufge-ladene Entwicklungs systemtheorie des Menschen, die bereit ist, für große ontologische Formulierungen ontisches Kleingeld zu geben – wird für die Human- und Sozial wissenschaften wieder von Relevanz sein. Denn diese Wissenschaften müs sen zumindest grosso modo erzählen können, wie das mensch liche Dasein in seinen psychischen und sozialen Formen bruchlos an die naturgeschichtliche Evolution anschließt, aber auch, wie es sich dann zusehends in einer selbstläufigen und kontingenten Bewe-gung mit geradezu eruptiven Schüben von der Abarbeitung an der „alten Natur“ entkoppelt und in eine evolutionäre Drift eintritt, deren Prämien innerhalb eines vom Menschen selbst geschaffenen Binnenraums verge-ben werden. Aus dieser Entkopplung wird die ungeheure Plastizität und Dynamik der Konstitution dieser Spezies verständlich. Auch die Entste-hung dieses Binnenraums und die sich in ihm vollziehende, von nieman-dem geplante Selbstherstellung ist letztlich nur aus jenem anthropotech-nischen Zirkelprinzip heraus verständlich, das ich hier skizziert habe.

Für eine Entwicklungspsychologie der Menschheit ist damit ein mittle-rer Weg zwischen jenen beiden Polen gewiesen, die derzeit die Diskussion beherrschen: dem der evolutionären Psychologie, die den Menschen als ein Wesen begreift, dessen Ausstattung sich im Zeitfenster der evolutionä-

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ren Anpassung in der Abarbeitung und Anpassung an eine harte, d.h. un-mediierte Natur bereits entschieden hat – und einem ebenso einäugigen sozial wis senschaftlichen Gegenmodell, sofern dieses kulturelle Phäno-mene als Re sultate auto nomer mentaler bzw. Kommuni kationsprozesse auffasst, die zu Um ge bungsbe din gungen in keiner Beziehung stehen. Beides könnte falscher nicht sein!

Literatur

Assmann, J. (1999) Das kulturelle Gedächtnis. Erinnerungen und Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck.

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Thomas Slunecko

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