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Markus Reindei Landschafts- und Sied- lungsgeschichte im Gebiet der Nasca-Kultur /Peru In einer einzigartigen Landschaft, geprägt durch die Flussoasen am Fuß des tropischen Hochgebirges der Anden, haben sich in der Wüste der Südküste Perus die Paracas- und die Nasca-Kultur entwickelt. Archäolo- gen, Geographen, Geologen und andere Naturwissenschaftler erforschen jetzt gemeinsam in einem interdisziplinären Projektverbund die Sied- lungsgeschichte und die Umweltbedingungen im Umfeld der welt- be hmten Geoglyphen von Nasca. J e weiter man auf der Panamericana durch die Küstenwüste Perus nach Süden fährt, umso schmaler wird die üstenebene zwischen dem Pazifik im Westen und den Anden im Osten (vgl. Abb. 1 und 2). Die Fahrt führt vorbei an menschenleeren, dunklen GeröUfeldern und hellen Sanddünen. Etwa 400 km süd- lich der Hauptstadt Lima klettert die Stra- ße auf einen zerklüfteten Felssporn an und fällt dann steil ab in eine breite Talebene, die durch das Einmünden der Flüsse Rio Palpa und Rio Viscas in den Rio Grande gebildet wird. Das Landschaftsbild wandelt sich abrupt: Die TaJböden sind grün, überall sind Felder angelegt, Bohnen, Baumwolle, Mango und Orangen werden angebaut (vgl. Foto 1). Die Felder werden mit dem Wasser der drei Flüsse bewässert, die von der Westabdachung der Anden den Wüsten- streifen durchfließen und in den Pazifik münden. Solche Flussoasen sind die einzigen Lebenszonen an der peruanischen Küste. Hier haben seit Jahrtausenden Menschen gesiedelt und blühende Kulturen ent- wickelt. Der Unterschied zwischen lebens- feindlicher Wüste und den Anbauzonen in den Flussoasen kann kaum krasser sein. Wasser war der Minimumfaktor, von dem das Leben in der Wüste abhing. Wo es Wasser gab, konzentrierten sich die Men- schen. Kriege wurden um das kostbare Nass geführt. Wie viele andere Flüsse an der Küste Perus, führen auch der Rio Palpa und der Rio Viscas nur wenige Monate im Jahr Wasser. Der Rio Grande de Nasca ist der einzige Wasserlauf in der Region, in Fot o 1: Bewässerte Talaue des Palpa-Tales inmitten der peruanisehen Küstenwüste 22 Geographi sc he Rundschau 56 (2004) Heft 3 dem permanent Wasser fließt. Er besitzt noch sechs weitere Zuflüsse (Rio Santa Cruz, Rio Ingenio, Rio Nasca, Rio Aja, Rio Taruga, Rio Trancas), die zusammen das Nasca-Gebiet bi lden. Im Süden des Palpa- Tals führt die Straße weiter durch die vegetations lose Wüste, durchquert das Tal des Rio Ingenio und steigt dann auf ein ausgedehntes, topf - ebenes Plateau, die Pampa von Nasca , an. Links und rechts der Straße tauchen Fur- chen auf, die sich schnurgerade bis zum Horizont ziehen. Manchmal sind größere Flächen von Steinen freigeräumt, so dass das helle, darunter liegende Sediment zum Vorschein kommt. Ab und zu sind auch gebogene Linien zu sehen (vgl. Foto 2). Dazwischen immer wieder frische Auto- spuren, die die alten Furchen mit den ver- witterten Steinen wild durchkreuzen. Einige Ki lometer weiter steht ein etwas wackliger Beobachtungsturm. Aus erhöhter Perspektive erschließt sich das ganze Ausmaß der Bodenzeich- nungen, die zu Hunderten die gesamte Fläche zwi- schen dem Tal des Rio Ingenio und dem des Rio Nasca bedecken. Neben den vielen Linien und Tra- pezen gibt es einige Figu- ren auf der Pampa, Koli- bris, Vögel, Affen, Fische und einen Walfisch. Die ganze Vielfalt der Geoglyphen ist am besten aus der Luft zu erfassen. Jedes Jahr nutzen Tausende von Touristen diese Mög- lichkeit, mieten bei einer der über zehn Fluglinien in dem kleinen Ort Nasca eine Sportmaschine und über- fliegen die Pampa. Damit

Palpa: Landschafts- und Siedlungsgeschichte im Gebiet der Nasca-Kultur in Peru

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Markus Reindei

Landschafts- und Sied­lungsgeschichte im Gebiet der Nasca-Kultur /Peru In einer einzigartigen Landschaft, geprägt durch die Flussoasen am Fuß des tropischen Hochgebirges der Anden, haben sich in der Wüste der Südküste Perus die Paracas- und die Nasca-Kultur entwickelt. Archäolo­gen, Geographen, Geologen und andere Naturwissenschaftler erforschen jetzt gemeinsam in einem interdisziplinären Projektverbund die Sied­lungsgeschichte und die Umweltbedingungen im Umfeld der welt­berühmten Geoglyphen von Nasca.

Je weiter man auf der Panamericana durch die Küstenwüste Perus nach Süden fährt, umso schmaler wird die

üstenebene zwischen dem Pazifik im Westen und den Anden im Osten (vgl. Abb. 1 und 2). Die Fahrt führt vorbei an menschenleeren, dunklen GeröUfeldern und hellen Sanddünen. Etwa 400 km süd­lich der Hauptstadt Lima klettert die Stra­ße auf einen zerklüfteten Felssporn an und fällt dann steil ab in eine breite Talebene, die durch das Einmünden der Flüsse Rio Palpa und Rio Viscas in den Rio Grande gebildet wird. Das Landschaftsbild wandelt sich abrupt: Die TaJböden sind grün, überall sind Felder angelegt, Bohnen, Baumwolle, Mango und Orangen werden angebaut (vgl. Foto 1). Die Felder werden mit dem Wasser der drei Flüsse bewässert, die von der

Westabdachung der Anden den Wüsten­streifen durchfließen und in den Pazifik münden.

Solche Flussoasen sind die einzigen Lebenszonen an der peruanischen Küste. Hier haben seit Jahrtausenden Menschen gesiedelt und blühende Kulturen ent­wickelt. Der Unterschied zwischen lebens­feindlicher Wüste und den Anbauzonen in den Flussoasen kann kaum krasser sein. Wasser war der Minimumfaktor, von dem das Leben in der Wüste abhing. Wo es Wasser gab, konzentrierten sich die Men­schen. Kriege wurden um das kostbare Nass geführt. Wie viele andere Flüsse an der Küste Perus, führen auch der Rio Palpa und der Rio Viscas nur wenige Monate im Jahr Wasser. Der Rio Grande de Nasca ist der einzige Wasserlauf in der Region, in

Foto 1: Bewässerte Talaue des Palpa-Tales inmitten der peruanisehen Küstenwüste

22 Geographische Rundschau 56 (2004) Heft 3

dem permanent Wasser fließt. Er besitzt noch sechs weitere Zuflüsse (Rio Santa Cruz, Rio Ingenio, Rio Nasca, Rio Aja, Rio Taruga, Rio Trancas), die zusammen das Nasca-Gebiet bi lden.

Im Süden des Palpa-Tals führt die Straße weiter durch die vegetations lose Wüste, durchquert das Tal des Rio Ingenio und steigt dann auf ein ausgedehntes, topf­ebenes Plateau, die Pampa von Nasca, an. Links und rechts der Straße tauchen Fur­chen auf, die sich schnurgerade bis zum Horizont ziehen. Manchmal sind größere Flächen von Steinen freigeräumt, so dass das helle, darunter liegende Sediment zum Vorschein kommt. Ab und zu sind auch gebogene Linien zu sehen (vgl. Foto 2). Dazwischen immer wieder frische Auto­spuren, die die alten Furchen mit den ver-

witterten Steinen wild durchkreuzen.

Einige Ki lometer weiter steht ein etwas wackliger Beobachtungsturm. Aus erhöhter Perspektive erschließt sich das ganze Ausmaß der Bodenzeich­nungen, die zu Hunderten die gesamte Fläche zwi­schen dem Tal des Rio Ingenio und dem des Rio Nasca bedecken. Neben den vielen Linien und Tra­pezen gibt es einige Figu­ren auf der Pampa, Koli­bris, Vögel, Affen, Fische und einen Walfisch.

Die ganze Vielfalt der Geoglyphen ist am besten aus der Luft zu erfassen. Jedes Jahr nutzen Tausende von Touristen diese Mög­lichkeit, mieten bei einer der über zehn Fluglinien in dem kleinen Ort Nasca eine Sportmaschine und über-fliegen die Pampa. Damit

Foto 2: Geoglyphen am nördlichen Talhang des Palpa-Tales

wird viel Geld verdient. Daher ist es ver­ständlich, dass die Bes itzer der Fluggesell­schaften, die in der Regel in der Hauptstadt Lima res idieren, die Pampa als ihr Eigen­tum betrachten und sehr darauf achten, dass ihnen niemand, auch nicht Archäolo­gen oder di e peruanische Denkmalbehörde, dieses Te rrain streitig macht.

Erforschung der Geoglyphen Den Beobachtungsturm in der Pampa von Nasca hat einmal Maria Reiche errichten lassen, die alte Dame, die ihr ganzes Leben dem Schutz und Erhalt den Geoglyphen von Nasca gewidmet hat. Ihr ist es maßgeb­lich zu verdanken, dass die Geoglyphen heute noch in dem gegenwärtigen Zustand erhalten sind. Maria Reiche ist 1998 gestor­ben. Der peruani schen Denkmalbehörde fehlen die finanziellen Mittel, um Schutz­maßnahmen zum Erhalt der Bodenzeich­nungen zu treffen. Derweil breiten sich Siedlungen aus und zerstören immer mehr Geoglyphenfelder. Fahrspuren von Autos, die auch nach Jahrhunderten im Wüsten­boden zu sehen sind, nehmen zu.

Obwohl die Geoglyphenfelder von eini­gen erhöhten Stellen deutli ch zu sehen sind und bekanntermaßen schon in der frühen Kolonialzeit im frühen 16. Jh. von Verkehrs­wegen gequert wurden, sind sie in keiner SchriftquelJe dieser Zeit erwähnt. Als "Ent­decker" der Geoglyphen gilt der peruani­sche Archäologe Toribio Mejia Xesspe, der 1927 erstmals die Furchen als Bewässe­rungskanäle und Zeremonialwege interpre­tierte. Er veröffentlichte seine Überlegungen aber erst 1940 in einem Kongressbericht. Die Bodenzeichnungen wurden weltweit bekannt durch den amerikanischen Histori­ker Paul Kosak, der ein Jahr später beobach­tete, wie die Sonne am Tag der Winterson-

ca am Horizont unterging. Für Kosak war sofort klar, dass es sich bei den Geogly­phenfeldern um das "größte Astronomiebuch der Welt" gehandelt haben musste.

Diese Idee wurde von der deutschen Mathemati­kerin Maria Reiche aufge­griffen. Sie widmete ihr ganzes Leben dem Studium und dem Schutz der Boden­zeichnungen von Nasca. Nach der Veröffentlichung erster Beobachtungen in den 1950er Jahren konnte sie jedoch wegen fehlender finanzieller Mittel und institutionellen Rückhalts nur wenig zur weiteren Dokumentation der Boden­zeichnungen und zum Ver­ständnis der Nasca-Kultur beitragen. Seitdem hat es

50 km

Abb. 1: Lage von Palpa an der Südküste Perus

nenwende, am 21. Juni , fast genau in der Abb. 2: Das Nasca-Gebiet in einem Satelliten bild Flucht einer der Linien der Pampa von Nas- Quelle: LANDSAT-Aufnahme. aus Peiiaherrera dei Aguila 1989, S. 12

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Markus Reindei Landschafts- und Siedlungsgeschichte im Gebiet der Nasca-Kultur /Peru

unzählige Versuche gegeben, den Sinn und Zweck der Geoglyphen von Nasca zu ergründen.

Die astronomische Hypothese als Erklärung für die Gesamtheit der Boden­zeichnungen gilt heute als weitgehend widerlegt, wenn auch die Möglichkeit ein­geräumt wird, dass einzelne Linien oder Liniengruppierungen durchaus im Zusam­menhang mit Himmelserscheinungen ste­hen könnten. Aufgrund von Analogien mit ethnohistorisch und ethnographisch beleg­ten Fällen nehmen andere Forscher einen Zusammenhang der Linien mit heiligen Plätzen, sogenannten Huacas an. Viele Indizien deuten darauf hin, dass die Boden­zeichnungen als Zeremonialwege in Zu­sammenhängen mit Kulten genutzt wur­den. Eine neuere Hypothese besagt, dass bestimmte Bodenzeichnungen unterirdi­sche Wasservorkommen markieren. Geolo­gische und geophysikalische Untersuchun­gen konnten hierfür jedoch keine Belege finden. Neben diesen ernsthaften Überle­gungen gibt es natürlich auch eher sensa­tionalistische Erklärungsversuche wie die von Erich von Däniken, der die Bodenzeich­nungen als Landebahnen von Außerirdi­schen deutete. Eine wirklich schlüssige Erklärung für die Bedeutung der Boden­zeichnungen liegt jedoch noch in weiter Ferne.

Zwei große Hindernisse stehen der Lösung der Rätsel der Nasca-Ku ltur im Wege: • Es gibt keine Kartierung der Geoglyphen. Bis heute hat niemand den Versuch unter­nommen, die Bodenzeichnungen von Nasca zumindest in einem Teilbereich vollständig und detailliert zu kartieren. Versuche, die denkbaren Lösungsansätze zu diskutieren, scheitern daran, dass als Belege für jede Hypothese einige wen ige Geoglyphen ange­führt werden, die jeweils eben diese Hypo­these bestätigen. Es kann jedoch kein Ver­gleich mit anderen Geoglyphen angestellt werden, da keine entsprechende Dokumen­tation vorliegt. Ohne eine systematische Kartierung ist es unmöglich, charakteristi­sche Merkmale aus einem umfassenden Vergleich der Geoglyphen zu erkennen. • Wir wissen zu wenig über die Ku lturge­schichte des Nasca-Gebietes. Die meisten Ansätze zur Deutung der Geoglyphen kon­zentrieren sich auf die Bodenzeichnungen selber, lassen aber außer Acht, dass die Geoglyphen von Menschen hergestellt wurden, die überall im Nasca-Gebiet sie­delten, in besonderer Weise auf das extre­me Lebensumfe ld eingerichtet waren und bestimmte Glaubensvorstellungen hatten. Dieses kulturelle Umfeld ist bisher kaum bekannt. • Unser Verständnis von der Landschafts­geschichte im Nasca-Gebiet ist unzurei­chend. Siedlungsräume in Randgebieten der Ökumene, insbesondere Wüstenrand­gebiete, reagieren äußerst empfindlich auf geringe klimatische Schwankungen. Befun-

Foto 3: Die der Westabdachung der Anden vorgelagerte Fußfläche südlich des Palpa- und Viscas-Tales

de aus anderen Regionen des Andenrau­mes weisen darauf hin, dass das Klima in den letzten Jahrtausenden nicht stabil war. Veränderungen von Landschaft und Klima dürften bedeutende Auswirkungen auf das Siedlungsverhalten der Menschen und auf deren Kulturgeschichte gehabt haben.

Der interdisziplinäre Ansatz Seit 1997 fördert die Schweizerisch-Liech­tensteinische Stiftung für Archäologische Forschungen im Ausland (SLSA) ein archäo­logisches Forschungsprojekt, das die Doku­mentation der Geoglyphen der Nasca-Kul­tur und deren Erforschung im kulturellen Umfeld zum Inhalt hat. 2002 rief das Bun­desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen seines Förderschwer­punktes "Neue Naturwissenschaftliche Technologien und Methoden in den Geistes­wissenschaften (NTG)" einen Projektver­bund ins Leben, der die Entwicklung und Adaption archäometrischer Techniken zur Erforschung vors panischer Kulturen in Süd­peru zum Inhalt hat. Im Rahmen des physio­geographischen NTG-Teilprojekts werden Untersuchungen zur Landschafts- und Kli­mageschichte sowie zur Anwendung weiter­entwickelter geophysikalischer Methoden in der Geomorphologie und Archäologie getes­tet.

Mit verschiedenen Methoden der Ch ronometrie (Radiokarbondatierung, Optisch Stimulierte Lumineszenz, Thermo­lumineszenz, u. a.) wird eine numerische Chronologie für die Kultur- und Land­schaftsgeschichte erarbeitet. Durch neue

Prospektionsmethoden sollen die bisheri­gen Grabungsbefunde ergänzt werden. Dar­über hinaus sollen photogrammetrische Methoden weiterentwickelt und an die besonderen Verhältnisse bei der Vermes­sung kontrastarmer Objekte, insbesondere Geoglyphen und archäologischer Siedlun­gen, angepasst werden. An Skelettresten werden neue Methoden zur Bestimmung von Verwandtschaftsverhältnissen und Ernährungsgewohnheiten erprobt. Spezia­listen für Montanarchäologie sollen neue Erkenntnisse zur Metallgewinnung und -verarbeitung im Nasca-Gebiet erarbeiten.

Physiogeographische Grundlagen Wie die neuesten lfntersuchungen des Teil­projektes GeomorphologiejLandschaftsge­schichte unter der Leitung von Professor Bernhard EiteL (Geographisches Institut, Universität Heidelberg) ergaben, erklärt sich die weltweit einzigartige Menge und Konzentration von Geoglyphen im Nasca­Gebiet unter anderem durch die besonde­ren naturräumlichen Bedingungen. Im Unterschied zu allen anderen Bereichen der nördlichen Atacama-Wüste, ist dem ari­den Küstenstreifen im Nasca-Gebiet eine Küstenkordillere vorgelagert (vgl. Abb. 2). Diese hatte zur Folge, dass sich während des Pleistozäns im Zuge intensiver Abtra­gungsprozesse an der Westseite der perua­nischen Anden in dem Becken zwischen der Küstenkordillere und dem Andenfuß besonders mächtige Beckenfüllungen und Fußflächen ausbildeten (vgl. Abb. 2 und Foto 3).

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Im Jungpleistozän und Holozän tieften sich die von den Anden kommenden Flüsse in die Beckenfüllung ein und räumten sie teil­weise aus. Die zerschnitte­nen Fußflächenreste mit ihren kilometerweiten, flach nach Westen einfal­lenden, nahezu ebenen Oberflächen, die heute als "Pampas" bezeichnet werden, wurden von den Bewohnern des Nasca­Gebietes bevorzugt für die Anlage von Geoglyphen genutzt.

Die Möglichkeit zur Schaffung von Geoglyphen wurde außerdem durch den starken Kontrast zwischen den an der Oberfläche lie­genden Steinen (Wüsten­pflaster) und dem darunter­liegenden heUen Sediment begünstigt (vgl. Foto 3 und 4). Diese hellen, sch luffigen Sedimente sind das Ergeb-nis pleistozäner äolischer

Dynamik im Bereich des östlichen Wüsten­randes. In dem Becken zwischen Küsten­kordillere und Andenfuß wurde und wird immer wieder viel Feinsediment abgela­gert, das wieder ausgeweht werden kann. Die vorherrschenden Südwestwinde blasen das Feinmaterial gegen die Westkordillere der Anden, in deren Fußzone es als Wüstenrandlöss verbreitet auftritt.

Alte Feinsedimentlagen auf den Fuß­flächen wurden im Pleistozän im Zuge hef­tiger Niederschläge durch Schichtflutereig­nisse und Schlammströme geringmächtig überlagert. Durch das Ausblasen der fein­körnigen Matrix aus den Grobsediment­lagen bildete sich ein geschlossenes Stein-

Abb. 3: Ausschnitt aus dem 3D-Modell der Region Palpa mit verschiedenen Typen von Geoglyphen Quelle: Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich

pflaster mit dunklem Wüstenlack über hei­lem Feinmaterial aus. Für die Nasca-Leute war es damit ein Leichtes, durch das Entfer­nen dieser dunklen Steine ohne großen Auf­wand und in relativ kurzer Zeit riesige helle Geoglyphen auf den dunklen Fußflächen anzulegen.

Photogrammetrisehe Dokumentation Im Rahmen der Forschungsarbeiten wer­den die Geoglyphen mit modernsten photo­grammetrischen Methoden kartiert. Da die Geoglyphen nicht im gesamten Verbrei­tungsgebiet geschützt werden können, wird zumindest der Ist-Zustand kartogra-

phisch festgehalten. Über diesen konser­vatorischen Aspekt hinaus, wird eine wis­senschaftliche Dokumentation ersteHt, die zukünftigen Forschergenerationen eine Grundlage für weitere Untersuchungen bereitstellen soll. .

Archäologische Fundplätze werden systematisch untersucht, um mehr über die Kulturgeschichte der Region zu erfah­ren und eine Erklärung der Geoglyphen im kulturellen Kontext zu ermöglichen. Während der Arbeiten werden Fundort­kataster erstellt, Oberflächensurveys, Ver­messungen und Testgrabungen durchge­führt sowie Siedlungen in großflächigen Ausgrabungen erforscht.

Foto 4: Frühe Geoglyphe (um 400 v. ehr.) aus dem in Foto 2 zu sehenden Komplex

Die photogrammetrischen Arbeiten werden am Institut für Geodäsie und Photo­grammtrie der ETH Zürich unter Leitung von Armin Grün vorgenommen. Das Gebiet wurde überflogen und es wurden Messfotos im Maßstab 1:5 000 angefertigt. Bei der Aus­wertung der Luftaufnahmen wird ein drei­dimensionales, digitales Geländemodell erstellt, in dem jedes Element genauestens lokalisiert werden kann. Die Geoglyphen und andere archäologische Elemente wer­den separat ausgewertet und interpretiert (vgl. Abb. 3 und 4). Zur Visualisierung der Ergebnisse werden Geländemodell, die pho­tographische Geländeoberfläche und die kartierten Elemente übereinander projiziert und können in dreidimensionalen Modellen von jedem Standpunkt aus betrachtet wer­den. Auf diese Weise wird ein sehr leis­tungsfähiges Hilfsmittel für die Interpreta­tion der Geoglyphen geschaffen. Alle Daten werden in einem Geographischen Informa­tionssystem erfasst und können dort unter den verschiedensten Aspekten analysiert werden. So können Ausrichtungen auf

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Markus Reindei Landschafts- und Siedlungsgeschichte im Gebiet der Nasca-Kultur / Peru

Geländemarken oder astronomische Phä­nomene überprüft werden, die Lage im Bezug zu Geländeformationen, Wasserquel­len oder Siedlungen bestimmt werden und vieles mehr.

Archäologische Siedlungsforschung Die archäologische Nasca-Kultur ist bisher vo r allem aus der Untersuchung von undo­kumentierten Museumssammlungen bekannt. Unter den trockenen Bedingungen, die in der Wüste herrschen, haben sich nicht nur di e beeindruckenden polychro­men Keramikgefäße, sondern auch Textili­en, Holzartefakte, Nahrungsreste und ande­re organi sche Materialien hervorragend erhalten. Allerdings wurden bisher nur wenige Bodenfunde in Flächengrabungen dokumentiert. Zu Beginn der Erforschung der Nasca-Kultur um die Jahrhundertwende, aber auch noch bis in die 1930er Jahre wur­den vor allem Gräber ausgenommen und Grabinventare untersucht. Die Chronologie der Nasca-Kultur beruht jedoch nicht auf

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stratigraphischen Analysen, sondern auf Reihungen von Keramik-Gbjekten unter­schiedlicher Provenienz. Nach gängiger Lehrmeinung wurden die kleinen Täler des Nasca-Gebietes von einfachen bäuerli chen Kulturen besiedelt, die in wenig strukturier­ten Gemeinschaften lebten, allerdings ein besonders entwickeltes Kunsthandwerk besaßen.

Für die Feldarbeiten des Forschungs­projektes wurde ein Gebiet ausgesucht, wo vors panische Siedlungen in unmittelbarer Nähe von Geoglyphen vorkommen. Dies war in idealer Weise in der Region Palpa der Fall, wo sich auf den Plateaus und den Hängen der Ausläufer der Westkordillere der Anden unzählige Bodenzeichnungen und in ebenso großer Zahl prähistorische Siedlungsreste fanden. Bisher wurden mehr als 700 archäologische FundsteIlen aus verschiedenen Zeitstufen registriert. Die frühesten bisher bekannten Siedlungs­reste stammen aus der Zeit um 1000 v. Chr. und sind der sogenannten Initialzeit zuzuweisen. Diese Siedlungen sowie die­jenigen der nachfolgenden Paracas-Zeit

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Abb. 4: Kartierung der in Abb. 3 dargestellten Geoglyphen Zeichnung: K. Lambers

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(800 - 200 v. Chr.) konzentrierten sich an den Stellen, wo Wasser leicht zugänglich war, das heißt am Talausgang und am Zusammenfluss des Rio Palpa mit dem Hauptfluss Rio Grande.

Um 400 v. Chr. entstanden di e ersten Bodenzeichnungen. Kleine Figuren, oft Menschendarstellungen, wurden an den Talhängen angelegt (vgl. Foto 4). Diese Figu­ren, etwa 10 bis 30 m groß, waren vom Tal­boden aus zu sehen. Sie zeigen ganz ähn­liche Motive wie die Felszeichnungen, die zu Hunderten im gesamten Palpa-Tal vo r­kommen (vgl. Foto 5). Zahlreiche Motive der Felszeichnungen wiederum sind iden­tisch mit Motiven auf Keramik und auf Tex­tilien der Paracas-Zeit. Somit lässt sich mit Sicherheit annehmen, dass die Bodenzeich­nungen im Nasca-Gebiet aus der Tradition der Felszeichnungen der Pa racas-Kultur entstanden sind. In der Zeit der Nasca-Kul­tur, von 200 v. Chr. bis 600 n. Chr., wurde offenbar das Bewässerungssystem für die Landwirtschaft ausgebaut. Die wesentlich zah lreicheren Siedlungen verteilten sich nun gleichmäßig entlang der Talränder.

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Foto 5: Felszeichnung im mittleren Palpa-Tal

Der fruchtbare Talboden wurde hauptsäch­lich für den Anbau genutzt.

Siedlungszentren der Nasca-Kultur In der frühen Nasca-Zeit (0 - 200 n. Chr.) muss die Region eine Blüte erlebt haben. Neben den vielen einfachen Siedlungen und Weilern, zumeist mit kleinen Steinhäusern, finden sich mehrere Orte mit größeren Bau­ten aus Lehmziegeln und ein zentraler Ort, Los Molinos, dessen Gebäude ausschließ­Lich aus Lehmziegeln gebaut wurden. Mit über 1 m dicken Mauern wurde eine große, geplante Anlage errichtet, die sich in fünf großen Terrassen einen Hang hochzieht (vgl. Foto 6). Die großen Räume waren mit Flachdächern abgedeckt, die von Holzpfos­ten oder von lehmummantelten Säulen getragen wurden. Offensichtlich war Los Molinos das Verwaltungszentrum des Pal­pa-Tales in der frühen Nasca-Zeit. In einem Gebäude am Rand von Los Molinos fanden sich auffällig viele Keramikgefaße mit mythologischen Darstellungen. In 100 m Entfernung von diesem Gebäude befinden sich Bodenzeichnungen. Wahrscheinlich stand das Gebäude im direkten Zusam­menhang mit Kulthandlungen, die bei den Bodenzeichnungen vollführt wurden.

Die Analyse der vorgefunden Essens­reste aus der Siedlung zeigen, dass die Bewohner von Los Molinos über eine reich­haltige Nahrungsgrundlage verfügten. Neben Mais wurden Knollenfrüchte wie Man iok oder Achira (Canna indica) verzehrt. Kartoffeln wurden in dieser Zeit an der Küste noch nicht angebaut. Außerdem gab es eine Vielzahl von Früchten, Erdnüsse,

Baumwolle, Schilfrohr und vieles mehr. Wichtiger Fleischlieferant war neben dem Meerschweinchen das Lama, das aus dem Hochland eingeführt wurde. Aber auch von dem etwa 50 km entfernten Meer wurden Muscheln, Fische und Krebse herantrans­portiert. Es existierten also weitreichende Handelsbeziehungen.

Erstaunlicherweise wurden die Gebäu­de von Los Molinos durch starke Regenfalle so stark zerstört, dass die Siedlung aufge­geben wurde. Die Bewohner verlagerten ihr Siedlungszentrum etwa 2 km weiter fluss-

abwärts, zu dem Ort La Muiia. Dort konzen­trierten sich die archäologischen Ausgra­bungen auf große Grabanlagen (vgl. Foto 7 und Abb. 5). Wie die meisten Gräberfelder im Nasca-Gebiet waren auch hier die Grab­schächte der bisher untersuchten Graban­lagen bereits von Raubgräbern geplündert. Fast unberührt blieb jedoch die umgebende Grabarchitektur. Diese unterschied sich markant von den bisher bekannten Grä­bern der Nasca-Kultur. Die sechs in La Muiia dokumentierten Gräber waren nach einem festen Schema angelegt: Über einem zentralen Grabschacht mit bis zu 12 m tief liegender Grabkammer befand sich eine überdachte Plattform mit umlaufender Bankette. Das Ganze war von einer Mauer umgeben, die an drei Seiten einen schma­len Umlauf, an der vierten einen Vorhof freiließ, der für Grabkulte genutzt wurde. Diese Grabanlagen, die sich in einem klar umgrenzten Bezirk innerhalb des großen Gräberfeldes befinden, zeigen deutlich, dass es auch in der Nasca-Kultur hoch­stehende Persönlichkeiten gab, die mit viel Aufwand und - wie die von den Grab­räubern zurückgelassenen zerbrochenen Gefaße belegen (vgl. Foto 8) - zahlreichen, sehr quali tätvollen Beigaben bestattet wurden.

Starkniederschläge in der Wüste Auch Teile von La Muiia wurden durch Starkregenfälle zerstört. Viele Gebäude wurden durch einen Schlammstrom weg­gerissen, der noch heute in einem Trocken­tal deutlich zu erkennen ist. Danach wurde auch dieser Fundort verlassen. Offenbar ereigneten sich solch starke Regen nur in sehr großen Abständen, so dass die Erinne­rung an die Katastrophen über die Genera-

Foto 6: Freigelegte Lehmziegelmauern am Fundort Los Molinos

Geographische Rundschau 56 (2004) Heft 3 27

Markus Reindei Landschafts- und Sied lungsgeschichte im Gebiet der Nasca-Kultur /Peru

tionen verloren ging und die Menschen ihre Siedlungen nicht ausreichend schütz­ten . Erste Datierungen von Sedimenten im Schwemmkegel dieses Trockentales, die mit Hilfe der Methode der Optisch Stimu­lierten Lumineszenz (OSL) an der For­schungsstelle Archäometrie der Heidel­berger Akademie der Wissenschaften am Max-Planck-Institut in Heidelberg unter Leitung von Günther Wagner vorgenom­men wurden, belegen, dass seit der Nasca­Zeit mindestens drei große Niederschlags­ereignisse stattgefunden haben. Das älteste in diesem Zusammenhang datierte Ereig­nis fällt in die Zeit um 300-400 n. Chr., als der Ort La Muiia aufgegeben wurde. Ob solche Katastrophen und letztlich das Erlöschen der Nasca-Kultur um 500 bis 600 n. Chr. in Zusammenhang mit dem sogenannten Niiio-Phänomen stehen, das der Küste Perus immer wieder Über­schwemmungen bringt, oder ob andere Klimaunregelmäßigkeiten hierfür verant­wortlich waren, ist zur Zeit Gegenstand physiogeographischer Untersuchungen.

Wasser- und Fruchtbarkeitskulte Nach der Nasca-Zeit wurden keine Boden­zeichnungen mehr angelegt. Spätere Sied­ler respektierten nicht einmal mehr die alten Bodenzeichnungen und bauten ihre

lehmboden

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Siedlungen zum Teil direkt über Linien, Trapeze und Figuren. Welche Bedeutung die Geoglyphen für die Nasca-Leute hatten, erschließt sich aus den jüngsten Ausgra­bungen, die in charakteristischen Stein­anhäufungen auf den Geoglyphen, zumeist auf Trapezen, durchgeführt wurden. Dabei handelte es sich um verstürzte Plattformen, die zur Niederlegung von Opfergaben dien­ten. Neben Keramikfragmenten aus ver­schiedenen Phasen der Nasca-Kultur fan­den sich Textilreste, Feldfrüchte und Meerschweinchen. Besonders auffällig waren aber in allen der zwölf bisher aus­gegrabenen kleinen Gebäuden die zahlrei­chen Reste von Meerestieren: Fisch, Krebse und Muscheln. Mit einer Muschelart, der sogenannten Spondylus-Muschel, die auch in Form von bearbeiteten Bruchstücken, Anhängern und Perlen vorkam, hat es eine besondere Bewandtnis. Spondylus­Muscheln kommen nur in warmen, tropi­schen Gewässern etwa 2 000 km nördlich des Nasca-Gebietes vor.

Durch die periodisch auftretende Verla­gerung dieser äquatorialen Gewässer und die dadurch verursachte Verdrängung des Humboldt-Stromes von der Küste Perus wird das sogenannte Niiio-Phänomen verur­sacht, welches vor allem an der nördlichen Küste Perus in unregelmäßigen Abständen Regen bringt. Die Bewohner des Andenrau-

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Abb. 5: Schnitt durch eine der Grabanlagen von La Muiia

28 Geographische Rundschau 56 (2004) Heft 3

Foto 7: Arbeiten an einer Grabanlage der mittleren Nasca-Zeit (200-400 n. ehr.) in La Muiia

mes haben diesen Zusammenhang schon seit Urzeiten beobachtet. So wurde die Spon­dylus-Muschel, die mit diesen warmen Gewässern wandert, zum Symbol und zum Inbegriff für Wasser und Fruchtbarkeit. Spondylus-Muscheln finden sich nahezu

Nord, mauer

Holz fosten

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ausschließlich in rituellen Kontexten (Grä­ber oder Zeremonialbauten). In Nasca-zeit­lichen Kontexten wurden sie bisher äußerst selten festgestellt. In der Häufung, wie sie jetzt in den kleinen Gebäuden bei den Geo­glyphen gefunden wurden, waren sie bisher noch nicht in Nasca dokumentiert worden.

Ebenso neu ist der Fund von dicken Holzpfählen zwischen oder in den kleinen Gebäuden. Diese müssen ehemals mehrere Meter über die trockenen Ebenen heraus­geragt haben und daher weithin sichtbar gewesen sein. Dieser Befund gibt den Bodenzeichnungen einen neuen Charakter. Man muss sich heute die Hochflächen als große Ebenen vorstellen, auf denen neben den Bodenzeichnungen auch noch zahlrei­che kleine Gebäude und weithin sichtbare Markierungen als Kristallisationspunkte menschlicher Aktivitäten standen. Auf­grund dieser Funde und Befunde lässt sich annehmen, dass die kleinen Bauten als Heiligtümer in Verbindung mit den Geogly­phen für Kulthand lungen genutzt wurden. Dort wurden wahrscheinlich Opfergaben niedergelegt, die offensichtlich im Zusam­menhang mit Wasser und Fruchtbarkeit standen. Es ist somit anzunehmen, dass die Geoglyphen Teil einer Sakrallandschaft waren, die für Wasser- und Fruchtbarkeits­kulte genutzt wurden.

Ausblick Noch können wir nicht alle Fragen über die Lebensbedingungen der vorspanischen Siedler des Nasca-Gebietes beantworten. Aber wir wissen bereits einiges mehr über die Lebensumstände der Bewohner dieses Lebensraumes mit extremen Bedingungen. Wasser war fraglos das zentrale Element im Leben der Nasca-Bevölkerung - sowohl in seinen positiven Auswirkungen für die

Foto 8: Keramikgefäß aus einem der Gräber von La Mufia

Landwirtschaft als auch in seiner negativen, zerstörerischen Wirkung. Wasser hat das Siedlungsverhalten über die Jahrhunderte bestimmt. Die weiteren Forschungen wer­den Antworten darauf geben, wie sich Klima und Landschaft im Laufe der Zeit verän­dert haben, wie sich der Mensch mit unter­schiedlichen Strategien an die geänderten Bedingungen angepasst hat, und wie sich diese Anpassungen immer wieder in neuen Kultur- und Lebensformen äußerten. •

Literatur Grün, A. und S. Beutner: The Geoglyphs of San Ignacio -New Results from the Nasca Project. International Archi­ves of Photogrammetry, Remote Sensing and Spatial Information Sciences 34 (2001) Part 5/W1, S. 18-24

Grün, A., S. Beutner, S. Bär: Signale im Sand: 3D-Erfas­sung und Visualisierung der "Geoglyphen von Nasca". In: B. Schmidt und C. Uhlenküken (Hrsg.): Visualisierung raumbezogener Daten: Methoden und Anwendungen, Bd. 11. Münster 2000, S. 111-131 (Schriftenreihe des Insti­tuts für Geoinformatik der Westfälischen Wilhelms-Uni­versität Münster, Bd. 8)

Pefiaherrera dei Aquila, C.: Atlas dei Peru. Lima 1989

Reindel, M,J. Isla und K. Koschmieder: Vorspanische Siedlungen und Bodenzeichnungen in Palpa, Süd-Peru. Beiträge zur Allgemeinen und Vergleichenden Archäolo­gie 19 (1999). S. 313-381

Reindel, Mund J. Isla: Los Molinos und La Muna. Zwei Siedlungszentren der Nasca-Kultur in Palpa, Süd peru. Beiträge zur Allgemeinen und Vergleichenden Archäolo­gie 21 (2001). S. 241-319

Reindei, M, K. Lambers und A. Grün: Photogrammetri­sche Dokumentation und archäologische Analyse der vorspanischen Bodenzeichnungen von Palpa, Süd-Peru. Beiträge zur Allgemeinen und Vergleichenden Archäolo­gie 23 (2003). S. 183-226

Internet

www.dainst.org Deutsches Archäologisches Institut

www.geod.ethz.ch/pO 2/ projects/ peru Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich

Autor

Dr. Markus Reindei, geb. 1960 Deutsches Archäologisches Institut, Kommission für Al lgemeine und Vergleichende Archäologie (KAVA). Endenicher Str. 41, 53115 Bonn E-Mail: reinde [email protected] Arbeitsgebiete, Forschungsschwerpunkte: Siedlungsarchäologie, Baugeschichte, Archäometrie, Süd- und Mittelamerika

Summary

Landscape and Settlement History of the Nasca Culture in Palpa, Peru

by Markus Reindei

In a unique landscape, eharaeterised by the river oasis at the foot of the tropieal high mountains of the Andes, the Para­eas- and the Nasea-Cultures developed in the desert of the south eoast of Peru. Reeent investigations showed that the speeifie physieal geographie setting of the Nasea region favoured the elabo­ration of ground drawings on the desert surfaee. The investigation of the rela­tionship between these geoglyphs and aneient settlements in the vieinity of the modern town of Palpa ineludes a detailed mapping and visualization of the geoglyphs and the landseape with sofistieated photogrammetrie methods, their assoeiated arehaeologieal fea­tures, an exhaustive survey of arehaeo­logieal sites, test exeavations and large seale exeavations in several settle­ments. More than 700 arehaeologieal sites have been identified in the valleys of Rio Grande, Rio Palpa and Rio Viseas, dati ng from Formative (1000 BC) to Inea times (1530 AD) . Settlement patterns, arehiteeture, burial praetiees, the eeramie findings as weil as botanieal and faunistie remains show that the Nasca society was weil organ­ised and stratified. Religious specialists must have been in eharge of the rituals eoncerning the nearby geoglyphs. Small shrines with offerings direetly associ­ated with the geoglyphs demostrate that water and fertility rites were prae­tised in a saered landscape whieh were eonstantly modyfied by the modeling of new geoglyphs. Destructions by rainfalls deteeted in adobe struetures of Nasea settlements showed that elimatic variations must have played a major role in the pre­hispanie settlement history. In the inter­disciplinary projeet the landseape and climatie history are reconstructed. Tra­ditional and new chronometrie teeh­niques provide a numeric chronologieal framework for the interpretation of the settlement history. Other specialists contribute with new developments in moleeular biology and the interpretation of stable isotopes in order to trace the movements of peoples and populations in prehispanie times between the paeif­ie eoast and the high mountains of the Andes.

Geographische Rundschau 56 (2004) Heft 3 29