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Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) _________________________________________________________________________________ Verwaltungs- und/oder Strafsanktionen? Eine rechtsökonomische Analyse der system- schutzrelevanten Sanktionen des schweizerischen Finanzmarkt- und Wettbewerbsrechts Masterarbeit Referentin: Prof. Dr. jur. Lic.rer.pol. Anne Van Aaken Vorgelegt am 15. November 2015 von Dumeng N. Bezzola Via Rondo 3 7504 Pontresina 10-609-634 [email protected] zur Erlangung des Master of Arts in Rechtwissenschaften mit Wirtschaftswissenschaften (MLE)

Verwaltungs- und/oder Strafsanktionen? Eine rechtsökonomische Analyse der system-schutzrelevanten Sanktionen des schweizerischen Finanzmarkt- und Wettbewerbsrechts

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Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)

_________________________________________________________________________________

Verwaltungs- und/oder Strafsanktionen?

Eine rechtsökonomische Analyse der system-

schutzrelevanten Sanktionen des schweizerischen Finanzmarkt- und Wettbewerbsrechts

Masterarbeit

Referentin: Prof. Dr. jur. Lic.rer.pol. Anne Van Aaken

Vorgelegt am 15. November 2015 von

Dumeng N. Bezzola Via Rondo 3

7504 Pontresina 10-609-634

[email protected]

zur Erlangung des Master of Arts in Rechtwissenschaften mit Wirtschaftswissenschaften (MLE)

Abstract

Die vorliegende Masterarbeit untersucht vergleichend die Grundaufteilungen in Straf- und Verwal-

tungssanktionen bzw. die Durchsetzungsmechanismen des schweizerischen Finanzmarkt- und Wett-

bewerbsrechts in Bezug auf ihre rechtsökonomische Legitimität und Wirkung. Der Autor versucht

herauszufinden, ob sich die heutige Aufteilung und die bestehenden Unterschiede der Sanktionen in

den beiden Rechtsgebieten ökonomisch begründen lassen. Als Erstes werden jeweils die massgeben-

den Straf- und Verwaltungssanktionen des schweizerischen Finanzmarktrechts und des schweizeri-

schen Wettbewerbsrechts dargelegt. Auf detaillierte Kommentare wird dabei verzichtet, ausser sie

dienen der Illustration der Probleme und/oder sind notwendig für die ökonomischen Analysen. In ei-

nem zweiten Schritt werden die Sanktionen anhand juristischer und ökonomischer Wirkungsparameter

in zehn Typenkategorien eingeteilt. Anschliessend werden die Anreizwirkungen der Sanktionstypen

aus der Sicht der Rechtsunterworfenen auf der individuellen Ebene aus standard- sowie verhaltens-

ökonomischer Sicht beurteilt. Dabei wird festgestellt, dass die untersuchten Verwaltungssanktionen

ein breiteres Wirkungsspektrum aufweisen als die analysierten Strafsanktionen und die Differenzie-

rung in direkt-monetäre sowie indirekt-monetäre Sanktionen grundsätzlich Einzelfällen besser Rech-

nung zu tragen vermag. Darüber hinaus wird festgehalten, dass die faktischen Androhungen im All-

gemeinen verständlicher bzw. wirkungsbewusster formuliert und kommuniziert werden sollten. Zu-

dem wird hergeleitet, dass auch gegenüber natürlichen Personen angedrohte, gegen oben offene, di-

rekt-monetäre Sanktionen wünschenswert sind und parallel einsetzbaren Sanktionierungsmöglichkei-

ten, die über Reputationsmechanismen wirken, mehr Beachtung geschenkt werden sollte. In einem

vierten Schritt wird aus Sicht der staatlichen Aufgabe des Systemschutzes des Finanzmarkts und des

Wettbewerbs eine abwägende, institutionsökonomische Einschätzung zur Funktionsweise und Wir-

kung der Sanktionsinstitute abgegeben. Dabei wird abgeleitet, dass sich der Zweck bzw. die Regulie-

rungsziele des schweizerischen Finanzmarktrechts und des schweizerischen Wettbewerbsrechts effizi-

enter über das Institut der Verwaltungssanktion implementieren lassen, aber, dass aus rechtsökonomi-

scher Sicht die Unterscheidung in Straf- bzw. Verwaltungssanktionen zu rechtfertigen möglich ist.

Interessanterweise ist dies über die Feststellung begründbar, dass sich das standardökonomische „Ra-

tional Choice“-Modell besser eignet als die Verhaltensökonomie, um das Verhalten juristischer Perso-

nen als Rechtsunterworfene zu erklären und die analysierten Verwaltungssanktionen der theoretisch-

optimalen Sanktionsandrohung gegenüber rational handelnden Personen eher entsprechen. Bezüglich

natürlicher Personen kann hingegen kein solch abschliessender Schluss gezogen werden. Zu guter

Letzt werden weitere Handlungsfelder aufgezeigt sowie mittel- und langfristige Handlungsempfehlun-

gen skizziert. Insbesondere erscheint eine direkt-monetäre Verwaltungssanktion im Finanzmarktrecht

empfehlenswert.

Vorwort

Ich danke Frau Prof. Van Aaken für Ihre Unterstützung bei der Findung sowie der Einschränkung des

Themas der vorliegenden Masterarbeit und allgemein für Ihre Denkanstösse und Ihre Vorbildfunktion

während meines Studiums an der Universität St. Gallen. Zudem danke ich meiner Familie, meinen

Freunden und insbesondere meiner Freundin für die motivationsstiftenden und anregenden Gespräche

während der Entstehungszeit dieser Masterarbeit.

Inhaltsverzeichnis

i

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis ............................................................................................................................. iv

Erlass- und Materialienverzeichnis ..................................................................................................... xi

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... xiii

Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................................... xiv

1. Einleitung ........................................................................................................................................ 1

A. Ausgangslage und Problemstellung ............................................................................................ 1

B. Untersuchungsgegenstand und Ziele ........................................................................................... 2

C. Methodik und Aufbau .................................................................................................................. 3

2. Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen .......................................................................... 5

A. Sanktionen ................................................................................................................................... 5

I. Verwaltungssanktionen ............................................................................................................. 5

II. (Verwaltungs-)Strafsanktionen ................................................................................................. 7

B. Systemische Ziele der Regulierungen und Systemschutzrelevanz .............................................. 8

C. Natürliche und juristische Personen .......................................................................................... 10

D. Zusammenspiel mit dem Unternehmensstrafrecht .................................................................... 10

E. Direkte und indirekte Sanktionen .............................................................................................. 12

F. Generalpräventive und spezialpräventive Wirkung von Sanktionen ......................................... 12

3. Die Sanktionen des schweizerischen Finanzmarktrechts ......................................................... 13

A. Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG) ................................................................................... 13

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 13

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 16

B. Bankengesetz (BankG) .............................................................................................................. 17

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 17

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 18

C. Börsengesetz (BEHG) ............................................................................................................... 18

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 19

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 19

D. Kollektivanlagengesetz (KAG) ................................................................................................. 21

Inhaltsverzeichnis

ii

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 21

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 22

E. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) & Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ........................ 23

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 23

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 24

F. Nationalbankgesetz (NBG) ........................................................................................................ 25

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 25

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 25

G. Andere Erlasse (GwG, PfG, KKG, BEG und weitere) .............................................................. 25

H. De lege ferenda - FIDLEG, FINIG und FINFRAG .................................................................. 26

4. Die Sanktionen des schweizerischen Wettbewerbsrechts ......................................................... 28

A. Kartellgesetz (KG) ..................................................................................................................... 28

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 28

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 29

B. Lauterkeitsrecht (UWG) ............................................................................................................ 31

I. Verwaltungssanktionen ........................................................................................................... 31

II. Strafsanktionen ........................................................................................................................ 31

5. Die ökonomische Analyse des Rechts als Werkzeugkasten ...................................................... 32

A. Zum Nutzen und zur Stellung der Rechtsökonomik ................................................................. 32

B. Institutionenökonomische Grundlagen ...................................................................................... 32

C. „Rational Choice“-Modell (RCM) ............................................................................................ 34

D. Verhaltensökonomik ................................................................................................................. 34

E. Komparative Institutionenanalyse ............................................................................................. 35

6. Einteilung der Sanktionen nach interdisziplinären Parametern ............................................. 36

A. Herleitung der massgebenden Parameter .................................................................................. 36

I. Sanktionssubjekt ...................................................................................................................... 36

II. Sanktionsart ............................................................................................................................. 36

III. Direkte monetäre Wirkung ...................................................................................................... 37

IV. Indirekte monetäre Wirkung über Freiheitsentzug oder sonstige Einschränkungen ............... 37

V. Indirekte monetäre Wirkung über Reputationseffekte oder ähnliche Effekte ......................... 37

VI. Zusatzregelungen welche für den Wiederholungsfall höhere Sanktionen vorsehen ............... 37

B. Typisierung ................................................................................................................................ 38

Inhaltsverzeichnis

iii

C. Relativierung und Einschätzung der Aussagefähigkeit der Typisierung ................................... 39

7. Einschätzung der Anreizwirkungen auf der Individualebene ................................................. 40

A. Standardökonomische und verhaltensökonomische Anreizwirkungen ..................................... 40

I. Anreizwirkungen Typ-1-Sanktionen ...................................................................................... 40

II. Anreizwirkungen Typ-2-Sanktionen ...................................................................................... 41

III. Anreizwirkungen Typ-3-Sanktionen ...................................................................................... 43

IV. Anreizwirkungen Typ-4-Sanktionen ...................................................................................... 43

V. Anreizwirkungen Typ-5-Sanktionen ...................................................................................... 44

VI. Anreizwirkungen Typ-6-Sanktionen ...................................................................................... 44

VII. Anreizwirkungen Typ-7-Sanktionen ...................................................................................... 46

VIII. Anreizwirkungen Typ-8-Sanktionen ................................................................................. 46

IX. Anreizwirkungen Typ-9-Sanktionen ...................................................................................... 47

X. Anreizwirkungen Typ-10-Sanktionen .................................................................................... 48

B. Interpretation und Würdigung der statuierten Anreizwirkungen ............................................... 48

8. Komparative Institutionenanalyse .............................................................................................. 50

A. Gesamtwirtschaftlich optimale Sanktionen ............................................................................... 50

B. Institutionsökonomische Einschätzung der Wirkungen der Sanktionsarten ............................. 52

C. Abschliessende normative Würdigung ...................................................................................... 56

9. Zusammenfassende Schlussbetrachtung .................................................................................... 57

A. Conclusio ................................................................................................................................... 57

B. Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen ........................................................................ 59

C. Ausblick ..................................................................................................................................... 60

Anhang .................................................................................................................................................. 61

Eigenständigkeitserklärung ................................................................................................................ 81

Literaturverzeichnis

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http://www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/35437.pdf (zit.: VE–FIDLEG)

Vernehmlassungsentwurf Bundesgesetz über die Finanzinstitute (FINIG), abrufbar unter http://www.

news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/35441.pdf (zit.: VE–FINIG)

Erlass- und Materialienverzeichnis

xi

Erlass- und Materialienverzeichnis

Ratifizierte internationale Konventionen, nationale Gesetze und Verordnungen

Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (VAG) vom 17. Dezember

2004, SR 961.01

Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obliga-

tionenrecht) (OR) vom 30. März 1911, SR 220.00

Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 19. Dezember 1986, SR 241.00

Bundesgesetz über Bucheffekten (BEG) vom 3. Oktober 2008, SR 957.1

Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht (VStrG) vom 22. März 1974, SR 313.00

Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG) vom 20. Dezember 1968, SR 172.021

Bundesgesetz über den Konsumkredit (KKG) vom 23. März 2001, SR 221.214.1

Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (BankG) vom 8. November 1934, SR 952.00

Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanz-

sektor (GwG) vom 10. Oktober 1997, SR 955.00

Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (BEHG) vom 24. März 1995, SR 954.10

Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMAG) vom 22. Juni 2007, SR 956.10

Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) vom 23. Juni 2006, SR 951.31

Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbank (NBG) vom 3. Oktober 2003, SR 951.11

Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (KG) vom 6. Oktober 1995, SR

251.00

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskon-

vention) (EMRK) vom 4. November 1950, SR 0.101

Pfandbriefgesetz (PfG) vom 25. Juni 1930, SR 211.423.4

Preisüberwachungsgesetz (PüG) vom 20 Dezember 1985, SR 942.20

Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB) vom 21. Dezember 1937, SR 311.00

Gerichtsentscheide und Gerichtsdokumente

Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte:

VPB 59 (1995) Nr. 127

Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts:

BGE 108 Ib 200 BGE 132 II 382

BGE 111 Ib 127 BGE 135 II 356

BGE 119 IV 10 BGE 138 I 367

BGE 131 II 306 BGE 139 I 72

BGE 132 II 178

Erlass- und Materialienverzeichnis

xii

Rechtsprechung des schweizerischen Bundesverwaltungsgerichts:

B-2977/2007 vom 27. April 2010

B-19/2012 vom 27. November 2013

Rechtsprechung der schweizerischen Wettbewerbskommission:

RPW 2002/2, 386 – 403, Rhône-Poulenc S.A., Merck & Co. Inc.

RPW 2006/4, 625 – 668, Flughafen Zürich AG (Unique) - Valet Parking

Behördendokumente

Botschaft zum Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht vom 1. Februar 2006, BBI

2005, 2829 – 2916 (zit.: BOTSCHAFT-FINMAG)

Botschaft über die Änderung des Kartellgesetzes vom 7. November 2001, BBI 2002, 2022 – 2057

(zit.: BOTSCHAFT-KG, 2001)

Botschaft über die Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 2. März 2012, BBI 2012, 3639 – 3692

(zit.: BOTSCHAFT-KAG)

Botschaft über das Bundesgesetz über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Ef-

fekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 vor Ablauf der Referendumsfrist, welches die

ausformulierten Gesetzesbestimmungen ohne Ausführungen dazu enthält, BBI 2015, 4931 –

5002 (zit.: BOTSCHAFT-FINFRAG)

Botschaft zur Änderung des Börsengesetzes (Börsendelikte und Marktmissbrauch) vom 31. August

2011, BBI 2011, 6873– 6914 (zit.: BOTSCHAFT-Börsendelikte)

Ausländisches Recht

Verordnung Nr. 596/2014/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über

Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments

und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der EU-

Kommission (MAR)

Richtlinie Nr. 2014/65/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte

für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Mi-

FiD II)

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

xiii

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1: Zusammenfassende Typisierungstabelle (Eigene Darstellung).............................................38

Abkürzungsverzeichnis

xiv

Abkürzungsverzeichnis

a.A. anderer Ansicht

Art. Artikel

Abs. Absatz

BankG Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen

BBI Bundesblatt (Bern)

BEG Bundesgesetz über Bucheffekten

BEHG Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel

BGE Amtliche Sammlung der Entscheide des schweizerischen Bundesgerichts

BGer Schweizerisches Bundesgericht

BV Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft

BVGer Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht

bzgl. bezüglich

bzw. beziehungsweise

ca. ungefähr/circa

d.h. das heisst

EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg

EMRK Europäische Menschenrechtskonvention

et al. und andere/et alia

f. folgende

ff. fortfolgende

FINMA Eidgenössische Finanzmarktaufsichtsbehörde der Schweiz

FINMAG Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht

GwG Bundesgesetz über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinan-

zierung im Finanzsektor

h.L. herrschende Lehre

i.c. in diesem Falle/in casu

i.d.R. in der Regel

i.S. im Sinne

i.w.S. im weiteren Sinne

i.V.m. in Verbindung mit

KAG Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen

KG Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen

KKG Bundesgesetz über den Konsumkredit

lit. Buchstabe/littera

m.w.H. mit weiteren Hinweisen

Abkürzungsverzeichnis

xv

Mio. Million

NBG Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbank

Nr. Nummer

OR Bundesgesetz betreffend der Ergänzung des Zivilgesetzbuchs: Obligationenrecht

PBV Preisbekanntgabeverordnung

PfG Pfandbriefgesetz

PüG Preisüberwachungsgesetz

RCM Rational-Choice-Modell

RiLi Richtlinie

Sfr. Schweizer Franken

sog. sogenannte

SR Systematische Sammlung des Bundesrechts

StGB Schweizerisches Strafgesetzbuch

USA Vereinigte Staaten von Amerika

u.a. unter anderem

u.U. unter Umständen

usw. und so weiter

UWG Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v. gegen/versus

VAG Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen

VE Vernehmlassungsentwurf

vgl. vergleiche

VStrR Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht

VwVG Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren

WEKO Wettbewerbskommission der Schweiz

Ziff. Ziffer

z.B. zum Beispiel

& und

Aktenzeichen

Bd. Band

Bg. Begründung

E. Erläuterung

Fn. Fussnote

Kap. Kapitel

Rn. Randnummer

S. Seite

Einleitung

1

1. Einleitung

A. Ausgangslage und Problemstellung

„Aufgabe der Ökonomik ist die Bereitstellung von Orientierungswissen im Sinne einer Aufklärung.“1

F.A. VON HAYEK

Als Rechtsökonom/-in sieht man sich öfters mit gemachten Meinungen konfrontiert. Aber wir

Rechtsökonomen können und müssen, wie HAYEK sagte, andere Perspektiven sowie Orientierungs-

wissen in laufende Diskurse einbringen. Eine dieser Debatten ist die Diskussion um die Effektivität

und Effizienz von Rechtsdurchsetzungsmechanismen wie Strafsanktionen aber auch Verwaltungssank-

tionen, je auf die Gesellschaft und das Individuum bezogen. Die Rechtswissenschaft, die Kriminolo-

gie, die Soziologie, die Psychologie, die Anthropologie und ebenso die Ökonomie nehmen in ihrer

jeweiligen Sprache und Methodik Stellung dazu. Innerhalb der einzelnen Wissenschaften sind darüber

hinaus die Meinungen alles andere als homogen. Schreckt nun eine Strafsanktion oder eine Verwal-

tungssanktion die Rechtsanwender2 von einer missbilligten Tat ab?3 Macht unser System aus gesell-

schaftlicher Sicht Sinn?4 Was versuchen wir dabei zu erreichen, und wie?5 Müssen strafrechtliche

Maximen auch im Verwaltungsrecht eingehalten werden?6 Alle diese Fragen stellen sich. Hier will die

vorliegende Arbeit bei einer eingeschränkten Frage ansetzen und dabei eine rein rechtsökonomische

Perspektive einbringen. Es wird vergleichend die Grundaufteilung in Straf- und Verwaltungssanktio-

nen bzw. die Durchsetzungsmechanismen des schweizerischen Finanzmarkt- und Wettbewerbsrechts

auf ihre rechtsökonomische Legitimität und Wirkungen hin untersucht. Der Autor versucht herauszu-

finden, ob sich die heutige Aufteilung und die bestehenden Unterschiede der Ausgestaltung der

Durchsetzungsmechanismen der beiden Rechtsgebiete ökonomisch begründen lassen. Der ökonomi-

schen Analyse des Rechts kommt dabei eine bedeutende Rolle zu, da sie mit ihrem integrativen Ansatz

praktikable neue Erkenntnisse generieren kann. Zum einen werden die Anreizwirkungen der Sankti-

onstypen aus Sicht der Rechtsunterworfenen auf der Individualebene sowohl aus standard- als auch

verhaltensökonomischer Sicht beurteilt. Zum anderen wird aus Sicht der staatlichen Aufgabe des Sys-

temschutzes des Finanzmarkts und des Wettbewerbs an sich, aus institutionsökonomischer Sicht eine

vergleichende Einschätzung zur Funktionsweise und Wirkung der Sanktionsinstitute abgegeben.

1 HAYEK, S. 41. 2 Selbstverständlich beziehen sich alle in der vorliegenden Arbeit gemachten Aussagen immer auf beide Geschlechter. 3 KIRCHNER, S. 123. 4 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 406. 5 KIRCHNER, S. 123. 6 ROTH, S. 2.

Einleitung

2

B. Untersuchungsgegenstand und Ziele Ziel ist es herzuleiten, ob sich der Zweck bzw. die Regulierungsziele des schweizerischen Finanz-

marktrechts und des schweizerischen Wettbewerbsrechts in den feststellbaren (Anreiz-)Wirkungen der

Straf- und Verwaltungssanktionen widerspiegeln. Zudem wird zu ergründen versucht, ob aus rechts-

ökonomischer Sicht die Unterscheidung in Straf- bzw. Verwaltungssanktionen zu rechtfertigen ist.

Daraus soll eine die beiden Rechtsgebiete und Rechtsinstitute vergleichende Studie entstehen. Darüber

hinaus sollen Fehlanreize und Ineffizienzen aufgedeckt werden. Abschliessend werden weitere Hand-

lungsfelder aufgezeigt sowie normative Handlungsempfehlungen für zukünftige Gesetzesrevisions-

vorhaben skizziert, welche die ökonomischen Überlegungen berücksichtigen. Vertiefte rechtliche Dis-

kussionen werden dabei beiseitegelassen. Insgesamt ist es das Hauptanliegen des Autors, zur Effektu-

ierung des Wirtschafts(straf)rechts der Schweiz beizutragen. Zielgerichtet darauf und auf den Versuch,

die soeben beschriebenen Anreizwirkungen und die bestehenden institutionellen Unterschiede darle-

gen zu wollen, wird folgender Forschungsfrage und den daraus abgeleiteten Thesen nachgegangen:

Forschungsfrage:

„Lassen sich die Unterscheidung zwischen Strafsanktionen und Verwaltungssanktionen sowie ein

ungleiches Sanktionssystem im schweizerischen Finanzmarktrecht und schweizerischen Wettbewerbs-

recht rechtsökonomisch rechtfertigen?“

Mit anderen Worten ist das Ziel herauszufinden, ob sich die unterschiedlichen Sanktionssysteme zwi-

schen den Rechtsgebieten und innerhalb der Rechtsgebiete selbst rechtsökonomisch rechtfertigen las-

sen. Diese zweigliedrige Forschungsfrage erlaubt eine institutionsökonomische Einschätzung des Un-

tersuchungsgegenstandes. Um die Forschungsfrage zu beantworten, werden im Rahmen dieser Arbeit

folgende Thesen vertreten und begründet:

1. Das Wesen des Regelungsgegenstandes des öffentlichen Wirtschaftsrechts verlangt eine öko-

nomische Einschätzung der Ausgestaltung dessen.

2. Das Finanzmarktrecht und das Kartellrecht unterscheiden sich in ihrer Aufteilung in Straf- und

Verwaltungssanktionen (in personeller sowie materieller Hinsicht).

3. Eine unterschiedliche Ausgestaltung von Straf- und Verwaltungssanktionen im Finanzmarkt-

recht und im Wettbewerbsrecht lässt sich rechtsökonomisch nicht rechtfertigen.

4. Gewisse Sanktionen haben ökonomisch nicht denselben Effekt wie juristisch erhofft und argu-

mentiert wird.

5. Die traditionelle Trennung zwischen den Instituten Straf- und Verwaltungssanktion ist rechts-

ökonomisch nicht begründbar.

6. Die traditionelle Trennung zwischen natürlichen Personen sowie juristischen Personen als Sank-

tionssubjekt von Straf- sowie Verwaltungssanktionen ist ökonomisch nicht zielgerichtet.

7. Eine verwaltungsrechtliche „Busse“ im Finanzmarktrecht ist aus Sicht der Rechtsökonomie

wünschenswert.

Einleitung

3

Um die Forschungsfrage und die Thesen beantworten zu können und aufgrund des Rahmens dieser

Arbeit muss der Untersuchungsgegenstand eingegrenzt werden. Allgemein werden Liquidations-,

Konkurs- und Sanierungsbestimmungen vorweg gelassen. Diese sind in den verwaltungsrechtlichen

Erlassen meistens unter demselben oder dem nachfolgenden Kapitel wie die Verwaltungssanktionen

zu finden.7 Insbesondere werden verwaltungsrechtliche Massnahmen zur Stundung, Wandelung oder

zum Fälligkeitsaufschub von Schuldverhältnissen oder zur Auflösung nicht miteinbezogen. Begründet

wird dies damit, dass diese rechtsökonomisch andere Ziele und Wirkungsmechanismen aufweisen.

Ähnlich verhält es sich mit den Gesetzesartikeln, welche die Zusammenarbeit mit anderen Behörden

regeln. Diese werden nicht als Sanktionen i.S. dieser Arbeit verstanden, auch wenn sich diese in den

jeweiligen Teilen der Gesetze finden.8 Aus strafrechtlicher Sicht werden die teilweise komplementär

wirkenden Sanktionen des StGB (gemeinen Delikte) und des VStrR ausgeblendet, auch wenn diese

zugleich einschlägig wären.9 Zudem wird das Zusammenspiel mit dem Allgemeinen Teil des StGB

ausgegrenzt, welcher als Basis für die spezialgesetzlichen Straftatbestände dient und mehrere Neben-

strafen statuiert.10 Auch die Teilnahme als Gehilfe oder Anstifter oder eine mögliche Mittäterschaft

wird ausgeblendet. In der Analyse der Anreizwirkungen werden mögliche Ersatzfreiheitsstrafen und

die gemeinnützige Arbeit als Alternativstrafe ausgegrenzt, da der Miteinbezug dieser, den Rahmen

sprengen und womöglich die Aussagekraft der Analyse begrenzen würde. Darüber hinaus werden die

theoretischen Konzepte und empirischen Belege der Kriminologie vernachlässigt11, da ein rein rechts-

ökonomischer Ansatz verfolgt wird. Die wohl weitestgehende Einschränkung erfährt der Untersu-

chungsgegenstand durch die Einschränkung auf die systemrelevanten Normen i.S. dieser Arbeit.12

C. Methodik und Aufbau Folglich soll die Struktur der vorliegenden Arbeit erläutert und gleichzeitig ein Überblick über die

angewandte Methodik gegeben werden, die im Hinblick auf die Beantwortung der Thesen gewählt

wurden. In einem ersten Teil werden die nötigen begrifflichen Abklärungen und Erläuterungen statu-

iert (Kap. 2). Im juristischen zweiten Teil werden die Straf- und Verwaltungssanktionen des schweize-

rischen Finanzmarkt- und Wettbewerbsrechts deskriptiv aufgearbeitet (Kap. 3 & 4). Dazu werden

einschlägige Gerichtsentscheide, Kommentare, Artikel und Dissertation beigezogen, um juristische

Diskussionen und Annahmen aufzuzeigen. Dabei soll das Vermitteln eines Überblicks im Zentrum

stehen. Auf detaillierte Kommentare wird verzichtet, ausser dies dient der Illustration der Probleme

und/oder ist notwendig für die Analyse. Nachfolgend werden in einem dritten Teil die ökonomischen

„Werkzeuge“ der folgenden Analysen vorgestellt sowie die Sanktionen anhand juristischer und öko-

7 Z.B. Art. 137 ff. KAG oder Art. 51 ff. VAG. 8 Z.B. Art. 34a BEHG oder Art. 141 f. KAG; Gemeint sind zumeist Amts- und/oder Rechtshilferegelungen. 9 Z.B. können Kartellrechtsverstösse zugleich Straftatbestände nach dem StGB erfüllen. In Betracht kommen hier unter ande-rem die Nötigung (Art. 181 StGB), die ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 StGB), der Wucher (Art. 157 StGB) und der Betrug (Art. 146 StGB) (BREMER, S. 38). 10 Z.B. das Berufsverbot nach Art. 67 StGB, die Veröffentlichung von Urteilen nach Art. 68 StGB oder die Einziehung oder Ersatzforderung nach Art. 70 f. StGB; Art. 2 VStrR macht diesen Verweis; Die Strafbarkeit des Versuchs bei Verbrechen und Vergehen nach Art. 22 StGB ist ein weitere erwähnenswerter Ausschluss. 11 Z.B., dass die Höhe der Sanktionierung meistens nicht massgebend ist (COOTER & ULEN, S. 505). 12 Vgl. dazu Kap. 2.B.

Einleitung

4

nomischer Wirkungsparameter13 in zehn Sanktionskategorien eingeteilt (Kap. 5 & 6). Dies ist haupt-

sächlich zur Vereinfachung gedacht, da eine Analyse aller Sanktionen einzeln den Rahmen dieser

Arbeit sprengen würde. Im vierten Teil, dem Hauptteil, folgen die Anreizanalyse und die komparative

Institutionsanalyse (Kap. 7 & 8). In einer ersten ökonomischen Analyse der Sanktionstypen werden

theoretisch-qualitativ die Anreizwirkungen dieser Sanktionstypen auf individueller Ebene aus der

Sicht der Rechtsunterworfenen standard- und verhaltensökonomisch darzustellen versucht. Das Ziel

der Verhaltensökonomie ist, die ökonomische Theorie zu erweitern – nicht, die älteren Modelle zu

ersetzen.14 Deswegen wird dieser dualistische Ansatz gewählt. In einer zweiten komparativen Institu-

tionenanalyse wird versucht, aufbauend auf die Anreizanalyse positivistisch die Wirkungen der Sank-

tionstypen als externe Institutionen festzuhalten und eine normative Einschätzung abzugeben, welches

Institut im Hinblick auf die systemischen Ziele der Sanktionen aus gesamtgesellschaftlicher Sicht vor-

gezogen werden sollte. Abschliessend werden im letzten, fünften Teil (Kap. 9), die Erkenntnisse kri-

tisch zusammengefasst, Schlussfolgerungen hergeleitet, Handlungsempfehlungen abgegeben und ein

Ausblick gewagt. Insgesamt wird ein heuristischer Ansatz verfolgt, in dem über das Zusammentragen

der theoretischen Teile hinaus, unter einer kritischen Würdigung der gemachten Annahmen auch öko-

nomisch-normative Aussagen gewagt werden. Als Beurteilungskriterium wird dabei die Allokationsef-

fizienz15 und die staatliche Aufgabe i.S. des Systemschutzes Marktversagen vorzubeugen, ins Zentrum

gerückt. Aufgrund der beschränkten Aussagekraft der Allokationseffizienz als Beurteilungsmassstab,

soll die vorliegende Arbeit als Partialanalyse verstanden werden16, als ein Weg, wie man Verwaltungs-

und Strafsanktionen bzgl. ihrer Wirkung miteinander vergleichen kann. Da das Steuerungssystem

Wettbewerb als ein Verfassungsprinzip, das sich in den Gesetzeszwecken wiederfindet17, als Zielkrite-

rium für die Untersuchung des Normenkomplexes von Straf- und Verwaltungssanktionen gewählt

wurde, kann den Nachteilen des gewählten Beurteilungskriteriums zu einem gewissen Masse Rech-

nung getragen werden.18 Die Überzeugungskraft der entstehenden Arbeit hängt u.a. von der Robustheit

der Annahmen ab, die zur Wahl der Typisierungsparameter führen und als Kriterien bezüglich der

Anreizwirkungen der Sanktionen dienen, auf denen danach die komparative Institutionenanalyse auf-

baut. Die Kunst des wissenschaftlichen Arbeitens liegt nicht zuletzt darin, das Dilemma von Realitäts-

nähe und -ferne der Annahmen auszubalancieren und mögliche darin implizierten Wertungen transpa-

rent darzulegen. Dem wird als credo versucht nachzukommen, aber es erschwert allgemeingültige

Schlussfolgerungen hinsichtlich der ganzheitlichen Wirkung der beschriebenen Sanktionen.

13 Bei der Wahl der Parameter wird auf die gängigen Durchsetzungsmechanismen abgestellt, welche in der ökonomischen Analyse des Rechts beschrieben werden. 14 BECK, S. 8. 15 Dabei wird die allgemeine Kritik an der Allokationseffizienz als Beurteilungskriterium der normativen ökonomischen Theorie des Rechts nicht negiert und das Ersetzen dieser durch ein mit dem wertethischen Denken des Rechts kompatibleren Kriteriums für ganzheitliche Theorien unterstützt (vgl. dazu VAN AAKEN (2003, S. 89 ff.)). I.S. des eingeschränkten Untersu-chungsgegenstandes dieser Arbeit, in dem grundrechtliche Gedanken aufgrund der rein rechtsökonomischen Methodik be-wusst ausgeblendet werden, bietet die Allokationseffizienz Hand für die eine aussagekräftige Einschätzung. 16 Vgl. dazu VAN AAKEN (2003, S. 97). 17 In anderen Worten: Das Zielkriterium der rechtlichen Regelungen entspricht dem der Wohlfahrtökonomie, einer effizien-ten Allokationen der knappen Ressourcen. 18 Vgl. dazu die Ausführungen zur als allgemeine Lösung vorgebrachten formalen Effizienz (VAN AAKEN, 2003, S. 105 – 113; insbesondere S. 107).

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

5

2. Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

In einem Ersten Teil sollen die für das Verständnis aber auch für die Eingrenzung der Forschungsfrage

relevanten Begrifflichkeiten skizziert werden. Insbesondere wird die für die Analyse wichtige, klare

Unterscheidung zwischen Verwaltungssanktion und (Verwaltungs-)Strafsanktion aufgearbeitet und

eine Eingrenzung der Analyse auf Sanktionen, die dem Systemschutz dienen, vorgenommen.

A. Sanktionen Der Begriff „Sanktion“ geht im Verwaltungsrecht weiter als im Kriminalstrafrecht, in dem, die in den

Strafgesetzen vorgesehenen Rechtsfolgen eines Deliktes mit dem Oberbegriff „Sanktionen“ gekenn-

zeichnet und in Strafen sowie Massnahmen eingeteilt werden.19 Verwaltungsrechtliche Sanktionen

sind mannigfacher ausgestaltet, werden rechtlich als „Massnahmen“ umschrieben und sind entweder

präventiver oder repressiver Natur.20 Die genaue Trennung oder Fusion der dogmatischen Begriffe

stellt sich aber insbesondere in Bezug auf das Verwaltungsstrafrecht als schwierig heraus.21

I. Verwaltungssanktionen

Verwaltungsrechtliche Sanktionen22 sind die Mittel, mit welchen die Erfüllung von verwaltungsrecht-

lichen Pflichten erzwungen wird. Darüber hinaus sollen sie präventiv einen Verstoss gegen die

Rechtsordnung verhindern und als Instrument zum Ausgleich von zugefügten Schäden dienen.23 Es

kann nach der Art der Wirkung und Zweck zwischen exekutorischen und repressiven Sanktionen so-

wie deren Unterkategorien unterschieden werden.24 Bedeutend ist die Unterscheidung mit Blick auf

das Legalitätsprinzip, das Vorgehen sowie die Kumulierbarkeit von Zwangsmassnahmen.25 Für die

vorliegende Arbeit ist der Begriff der repressiven Sanktionen, welche mittelbar verwaltungsrechtliche

19 HUG, JOSITSCH & SCHWARZENEGGER, S. 21. 20 JAAG, S. 3. 21 ACHERMANN, EICKER & FRANK, S. 16 – 17; Die Sanktionen des Verwaltungsstrafrechts haben einen dem Strafrecht ähnli-chen Charakter, beinhalten aber neben Verbrechen, Vergehen und Übertretungen noch die Ordnungswidrigkeit als weitere Deliktskategorie. Ausführlich zur Abgrenzung des Verwaltungsstrafrechts vom Kriminalstrafrecht mit Ausführungen zur Trennungstheorie und Einheitstheorie ACHERMANN, EICKER & FRANK (S. 4 – 9). Eine Sanktion kann einerseits rechtliche Nachteile als Folgen einer unerwünschten Verhaltensweise, andererseits Anreize für eine rechtlich gewollte Verhaltensweise fordern; der Zweck besteht insgesamt darin, dem Recht zur effektiven Geltung zu verhelfen (BITTER, S. 31 – 32). 22 Es fehlt an einer klaren einheitlichen Begriffsverwendung und an einer klaren Abgrenzung der Inhalte der verwendeten Begriffe (LOCHER, S. 8). Gelegentlich ist anstatt dem Begriff „Verwaltungssanktion“ die Rede von „Zwangsmassnahmen“ oder „Zwangsmittel“ (MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 3). Trotz nachvollziehbarer Kritik am Begriff wird in dieser Arbeit von „Verwaltungssanktionen“ gesprochen. Unterstützend dazu LOCHER (S. 10 – 11). 23 HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1134; Im Gegensatz zum Privatrecht kann aufgrund des zwingenden Charakters des öffentlichen Rechts und der Rechtsgleichheit sowie Rechtssicherheit keine Schadensersatzpflicht anstelle der realen Durch-setzung treten (MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 1 – 2). Verwaltungssanktionen können durchgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen dazu erfüllt sind. Diese wären die Vollstreckbarkeit der Verfügung, die Zuständigkeit der die Zwangsmassnahme anordnenden Behörde und bei nicht nur vollstreckenden Massnahmen eine gesetzliche Grundlage (MÜL-LER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 9 – 14). Zudem muss nach Art. 42 VwVG jegliches Verwaltungshandeln verhält-nismässig sein. 24 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 6; Exekutorische Sanktionen bezwecken unmittelbar die Durchsetzung von verwaltungsrechtlichen Pflichten, d.h. der rechtmässige Zustand wird wiederhergestellt. Repressive Sanktionen hingegen sollen darüber hinaus verhindern, dass künftig wieder ein rechtswidriger Zustand eintritt. Betroffene werden dabei unter Druck gesetzt, ihre Obliegenheiten künftig korrekt zu erfüllen. Somit werden verwaltungsrechtliche Pflichten mittelbar er-zwungen (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1135 – 1137). Andere Autoren wie HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN unter-scheiden nach präventiven und repressiven sowie der Zufügung administrativer Rechtsnachteile als Oberbegriffe (Rn. 1134). LOCHER schlägt Aufgrund der unklaren Abgrenzung der traditionellen Oberbegriffe eine Unterscheidung in restitutorische und pönale verwaltungsrechtliche Sanktionen vor (S. 8; 119 – 120). 25 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 6; 12; 15; 20.

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

6

Pflichten erzwingen, von Bedeutung. Zu den repressiven Zwangsmassnahmen werden administrative

Rechtsnachteile26, Disziplinarmassnahmen, Verwaltungsstrafen und die Beugestrafe nach Art. 292

StGB gerechnet.27 Für die Verhängung von Verwaltungssanktionen ist weder ein Verschulden noch

sonst irgendeine subjektive Einstellung der Beaufsichtigten bzw. derer Funktionsträger erforderlich –

die objektive Verletzung einer aufsichtsrechtlichen Pflicht genügt – was die verwaltungsrechtlichen

Sanktionen stark von strafrechtlichen Sanktionen unterscheidet.28 Verwaltungssanktionen haben

grundsätzlich keinen strafrechtlichen Charakter, da sie nicht abschreckend oder vergeltend (punitiv)

konzipiert sind und nur den rechtmässigen Zustand einfordern oder widerherzustellen versuchen (resti-

tutorisch), z.B. durch die Einziehung von unrechtmässig erlangten Vorteilen.29 Verwaltungssanktionen

können trotzdem einen empfindlichen Eingriff in die Rechtsgüter der Betroffenen darstellen. Deshalb

ist fraglich, ob die strafprozessualen Verfahrensgarantien30 auf diese anwendbar sind. Soweit Mass-

nahmen des repressiven Verwaltungszwangs strafrechtlichen Charakter aufweisen, d.h. Verwaltungs-

trafen sind, müssen diese beachtet werden.31 Für exekutorische Sanktionen und für die meisten repres-

siven Sanktionen ist es jedoch nicht sachgerecht, die strafprozessualen Verfahrensgarantien ohne Ein-

schränkung anzuwenden. Heikel sind hingegen repressive Sanktionen, die über die Wiederherstellung

des rechtmässigen Zustands hinausgehen.32 Für die vorliegende Arbeit werden unter Verwaltungssank-

tionen alle repressiven Zwangsmassnahmen verstanden, denen kein strafrechtlicher Charakter zuge-

sprochen wird, da die Unterscheidung gegenüber (Verwaltungs-)Strafsanktionen den Nucleus der For-

schungsfrage bildet und eine ökonomische Sichtweise im Zentrum steht.33 Die analysierten Verwal-

tungssanktionen gehören insbesondere der Unterart der „administrativen Rechtsnachteile“ an.34 Admi-

nistrative Rechtsnachteile sind Massnahmen, durch welche fehlbare Personen gewisse Annehmlichkei-

26 Unterkategorien dieser Rechtsnachteile bilden die Rücknahme unrechtmässig erlangter Vorteile, die Verweigerung von Verwaltungsleistungen, der Widerruf begünstigender Verfügungen (z.B. Entzug von Bewilligungen) und die Anordnung polizeilicher Massnahmen (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1208 – 1219). 27 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 7 – 8. 28 JUTZI & SCHÄREN, Rn. 1441. 29 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 40. 30 Die strafrechtlichen Verfahrensgarantien werden von Art. 6 und Art. 7 EMRK bzw. Art. 30 und Art. 32 BV abgeleitet (MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 19a). Diese haben auf das Verfahren erheblichen Einfluss, da im Verwal-tungsverfahren keine Unschuldsvermutung gilt und Mitwirkungspflichten bestehen, während sich im Strafverfahren niemand selbst belasten muss (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1151a). Diese Garantien sind abzugrenzen zu den allgemeinen Verfahrensgarantien, welche durch die BV garantiert sind (LOCHER, S. 268). 31 Dies ist gefestigte Rechtsprechung des EGMR (vgl. dazu u.a. VPB 59 (1995) Nr. 127). Das Bundesgericht ist etwas zu-rückhaltender, aber wendet ähnliche Kriterien an (BGE 139 I 72, E. 2.2.2; LOCHER, S. 268). Ausführlich dazu HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN (Rn. 1722). 32 Eine genaue Unterscheidung ist durch eine Einzelfallbetrachtung nach Art und Schwere der Sanktion abzuklären (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1151b). Siehe dazu Kap. 2.A.II., insbesondere Fn. 43. 33 Diese binäre Unterscheidung in Verwaltungssanktionen ohne strafrechtlichen Charakter und Verwaltungssanktionen mit strafrechtlichen Charakter (Verwaltungstrafen und Art. 292 StGB) ist in der Lehre zum allgemeinen Verwaltungsrecht nicht gängig, wird aber in den jeweiligen verwaltungsrechtlichen Sacherlassen meistens angewendet, da die Titel Verwaltungs- und Strafsanktionen dem entsprechen (MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 55). LOCHER schlägt aus juristischen Gründen eine neue Kategorisierung vor, die ebenso binär zwischen restitutorischen und pönalen Sanktionen unterscheidet, und in derer verfahrensrechtliche Garantien allen pönalen Sanktionen zugesprochen wird (S. 120; 269). Dies entspricht mehrheitlich der Einteilung, die in vorliegender Arbeit vorgenommen und hinterfragt wird. LOCHER (S. 269) übernimmt dies von JAAG, der dies damit begründet, dass sich verwaltungsrechtliche Sanktionen mit strafrechtlichen Charakter und welche ohne in ihrer Art und Wirkung zumeist nur graduell unterscheiden und keine grundsätzlichen Abweichungen zwischen den Sanktionssystemen existieren (S. 17). Nicht die Bezeichnung, sondern deren materiellen Inhalt sei entscheidend (HAEFLIGER & SCHÜRMANN, S. 155), der Abgrenzung durch den Gesetzgeber zum Trotz (LOCHER, S. 172; 269). 34 Wie z.B. Art 50 KG und Art. 35 Abs. 1 FINMAG (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1208b; MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 40).

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

7

ten verlustig gehen, z.B. indem Befugnisse oder Vorteile, die Ihnen vom Staat eingeräumt worden

sind, entzogen oder zu ihrem Nachteil verändert werden. Die verletzte Pflicht kann dadurch zwar nicht

mehr durchgesetzt, der rechtmässige Zustand jedoch (wieder-)hergestellt werden.35 Eingreifende Auf-

sichtsinstrumente sind meistens in einer Kann-Vorschrift geregelt und überlassen der anwendenden

Behörde viel Ermessen.36 Alle repressiven Zwangsmassnahmen werden im üblichen Verwaltungsver-

fahren nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG) angeordnet, in dem das recht-

liche Gehör ebenso eingeräumt werden muss.37 Es dürfen mehrere Verwaltungssanktionen ohne Straf-

charakter nebeneinander verhängt werden, soweit sie in ihrer Summe noch verhältnismässig sind.38

II. (Verwaltungs-)Strafsanktionen

Verwaltungssanktionen mit Strafcharakter bzw. (Verwaltungs-)Strafsanktionen im Sinne dieser Ar-

beit39 sind punitive Massnahmen mit Strafcharakter gegenüber Personen, die verwaltungsrechtliche

Pflichten missachtet haben.40 Es kann sich dabei um Geld, Freiheitsstrafen oder Ordnungsbussen han-

deln. Verwaltungstrafen gehören zwar noch in den Kreis der repressiven Zwangsmassnahmen, sie

zählen aber zugleich zu den echten, auf Vergeltung zielenden Strafen und bezwecken die Durchset-

zung des Verwaltungsrechts. Im Unterschied zum bürgerlichen Strafrecht, welches mehrheitlich indi-

viduelle Rechtsgüter im Blicke hat, schützt das Verwaltungsstrafrecht kollektive Rechtsgüter aus dem

Kreis der Verwaltungsaufgaben.41 Das Verwaltungsstrafrecht ist Teil des Nebenstrafrechts. Die Straf-

kataloge finden sich in den jeweiligen Sacherlassen, meist am Schluss.42 Das für die vorliegende Ar-

beit schon erwähnte Hauptunterscheidungsmerkmal, der strafrechtliche Charakter einer Sanktion, lei-

tet sich – neben einer möglichen expliziten Zuweisung zum Strafrecht im Erlass selbst – aus der Natur

des Vergehens oder aus der Art sowie Schwere des sanktionierten Vergehens und/oder der Sanktionen

ab.43 Massnahmen mit Strafcharakter dürfen nicht kumuliert werden, hingegen ist ein Nebeneinander

35 Deswegen werden diese auch von HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN als Mischform bezeichnet (Rn. 1138). 36 AMMANN et al., S. 250. 37 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 19; 45. 38 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 20. 39 Gewisse Verwaltungsstrafen haben keinen Strafcharakter, und deswegen sind auch die allgemeinen Bestimmungen und Begriffe des StGB auf Verwaltungsstrafsanktionen nicht immer anwendbar (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1171; vgl. dazu auch Art. 2 ff. VStrG). Im Sinne der vorliegenden Arbeit werden diese Verwaltungsstrafen ohne Strafcharakter ausge-blendet, da solche im Finanzmarkt- und Wettbewerbsrecht nicht vorhanden sind. Der Begriff „Verwaltungsstrafsanktion“ wird mit dem Begriff „Verwaltungsstrafe“ sowie pönale verwaltungsrechtliche Sanktionen mit Strafcharakter gleichgesetzt, da sich die Unterscheidung i.S. der Forschungsfrage so anbietet sowie die Abgrenzung schwierig und teilweise unvollständig erscheint, da die Höhe der angedrohten Sanktion kein absolutes Unterscheidungskriterium ist (LOCHER, S. 170 – 172). 40 Die Straftatbestände sind akzessorisch ausgestaltet, sie pönalisieren Zuwiderhandlungen gegen bestimmte Vorgaben des Aufsichtsrechts (WOHLERS, Rn. 87). 41 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 55 – 57; Der punitive Charakter ist für die Einteilung massgebend. Ver-waltungsstrafen bzw. Verwaltungssanktionen mit Strafcharakter können durchgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen dazu erfüllt sind. Diese wären eine vorliegende gesetzliche Grundlage, Zuständigkeit der Behörde, (meistens) ein Verschul-den (Art. 2 VStrR) und die Erfüllung der sonstigen Tatbestandsmerkmale (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1173 – 1179). 42 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 55; Dementsprechend Art. 44 ff. FINMAG, Art. 46 ff. BankG, Art. 40 ff. BEHG, Art. 148 ff. KAG, Art. 86 f. VAG, Art. 54 ff. KG und Art. 23 f. UWG. 43 BGE 139 I 72, E. 2.2.2; ferner auch BGE 138 I 367 E. 5.2; Nach den sogenannten Engel-Kriterien (LOCHER, S. 269). Diese breite Rechtsprechung führt dazu, dass bei administrativen Rechtsnachteilen im Einzelfall materiell differenziert werden muss, ob die Sanktion strafrechtlichen Charakter aufweist, wobei es hauptsächlich auf den Charakter der Verfehlung und den Charakter der Massnahme ankommt (MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 19a). Die Frage wird vom EGMR anhand autonomer alternativer Kriterien entschieden. Soweit keine eindeutige Zuordnung ohne weiteres möglich ist, kommen gewisse Kriterien kumulativ zur Anwendung (vgl. dazu ausführlich GRABENWARTER (S. 317)).

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

8

von Verwaltungsstrafe und Verwaltungssanktion möglich.44 Verwaltungsstrafen werden durch ein

eigenständiges Verwaltungsstrafverfahren nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht

(VStrR)45 oder ein ordentliches Strafverfahren durchgesetzt.46 In einem solchen muss der Betroffene

nicht mitwirken und sich selber nicht belasten, was die Wirkung einer Sanktion unterlaufen kann, da

restitutorische Sanktionen ihre Wirkung in der Regel nicht ohne Mitwirkung des Betroffenen zu ent-

falten vermögen.47

B. Systemische Ziele der Regulierungen und Systemschutzrelevanz Um den Untersuchungsgegenstand einzuschränken, beschränkt sich der Autor auf die Analyse der

Sanktionen, welche direkt den systemischen Zielen des Finanzmarkt- und des Wettbewerbsrechts die-

nen, da so den ökonomischen Zielen der besprochenen Regulierungen Rechnung getragen wird und

nur so ein effektiver Beitrag zur Effektuierung der Regulierungen versucht werden kann. Insgesamt

werden die Anzahl und die inhaltliche Breite an Sanktionen vor dem Hintergrund des Systemschutzes

der Finanzmarktstabilität und des Wettbewerbs eingeschränkt. Ziel der Finanzmarktgesetze ist der

Individualschutz48 und der Funktionsschutz.49 Demnach ist die Funktionsfähigkeit der Märkte zu

schützen. Aufgabe der Aufsicht im Funktionsschutz ist es darüber zu wachen, dass die Bedingungen

für einen funktionierenden und effizienten Markt gewährleistet sind. Diese sind Transparenz, Gleich-

behandlung, Wettbewerb, Information, Liquidität, Effizienz, tiefe Transaktionskosten, Sicherheit und

Integrität.50 Ein allgemeiner Aspekt des Funktionsschutzes ist der Systemschutz; das Vermeiden des

Zusammenbrechens des Finanzsystems.51 Ein stabiles Finanzsystem zeichnet sich dadurch aus, dass es

in der Lage ist, Schocks zu absorbieren und dabei die essentiellen Funktionen des Systems aufrechtzu-

erhalten.52 Zum Funktionsschutz gehört zudem der Vertrauensschutz.53 Auch Reputation ist Vertrauen,

44 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 20. 45 Soweit das Sachgesetz keine besonderen Verfahrensvorschriften enthält MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 60. Dies ist im FINMAG (Art. 50) der Fall, welches einen Abweichungsvorbehalt statuiert. 46 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 19; 70; Die Strafuntersuchung obliegt nach Art. 20 Abs. 1 VStrR der sachzuständigen Behörde. Dasselbe gilt für die Beurteilung des Fehlverhaltens, ausser die Voraussetzungen für die Freiheits-strafe sind gegeben, dann ist nach Art. 21 Abs. 1 VStrR ein Strafgericht zuständig. 47 LOCHER, S. 279; Auch jur. Personen dürfen sich auf die strafrechtlichen Garantien berufen (NOBEL, Kap. 7/Rn. 180). 48 Betreffend Individualschutz konzentriert sich die Aufsicht auf die wirtschaftliche Risikosituation der beaufsichtigten Insti-tute (NOBEL, Kap. 1/Rn. 96). 49 NOBEL, Kap. 6/Rn. 98; Die Finanzmarktaufsicht bezweckt gemäss Art. 5 FINMAG nach Massgabe der Finanzmarktgesetze den Schutz der Gläubigerinnen und Gläubiger, der Anlegerinnen und Anleger, der Versicherten sowie den Schutz der Funkti-onsfähigkeit der Finanzmärkte und trägt damit zur Stärkung des Ansehens und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz bei. Die Bankenaufsicht bezweckt insbesondere auch den Schutz des Vertrauens des Publikums in die Finanzinter-mediation (Vertrauensschutz als Teil des Funktionsschutzes) (NOBEL (Kap. 7/Rn. 72) mit Verweis auf BGE 111 Ib 127). 50 NOBEL, Kap. 1/Rn. 97. 51 Die FINMA teilt sich die Verantwortung für ein stabiles Finanzsystem mit der SNB, welche für die makroprudentielle Aufsicht zuständig ist (vgl. dazu Art. 5 Abs. 2 lit. e NBG). Die FINMA selber ist für die Marktteilnehmeraufsicht zuständig (mikroprudentielle Institutsaufsicht). Während bei der FINMA die einzelnen Institute im Vordergrund stehen, steht bei der SNB die Funktionsfähigkeit des Geld-, Abwicklungs- und Zahlungssystems im Mittelpunkt. Es handelt sich um eine kom-plementäre Aufsicht (NOBEL, Kap. 1/Rn. 52; Kap. 6/Rn. 102). 52 Nobel, Kap. 6/Rn. 98; Ökonomisch im Zentrum steht die effiziente Preisbildung am Geld- und Kapitalmarkt. Dabei ist die Funktionsfähigkeit der Finanzmarktinfrastruktur nicht zu vergessen (NOBEL, Kap. 6/Rn. 99). Hier steht die krisenresistente Funktionsfähigkeit der Finanzsphäre im Zentrum; einzelne Schocks, Ereignisse oder Zusammenbrüche dürfen das Ganze nicht gefährden (NOBEL, Kap. 1/Rn. 55). 53 Das Vertrauen ist im Finanzmarkt essentiell, da die Reflexwirkungen eines Vertrauensverlustes destruktiv sein können, z.B. einen “bank run” verursachen können (NOBEL, Kap. 1/Rn. 56; 72).

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

9

das Dritte jemandem beimessen und an welchem Dritte ihr Marktverhalten ausrichten.54 Die Finanz-

krise im Jahre 2008/2009 brachte insbesondere die Systemrisiken von Instituten, die Kettenreaktions-

risiken und die Zusammenhänge zwischen Individual- und Funktionsschutz zum Vorschein.55 So lässt

sich erkennen, dass die Institutsaufsicht gleichzeitig den Individualschutz aber auch den Funktions-

schutz beinhaltet und diese teilweise ineinandergreifen, z.B. beim Vertrauensschutz. Darum ist die

beschriebene juristische Sichtweise des Systemschutzes für eine ökonomische Analyse nicht zweck-

mässig. I.S. der vorliegenden Arbeit steht über den juristischen Systemschutz hinaus der juristische

Funktionsschutz im Vordergrund56, womit der Begriff der „Systemschutzrelevanz“ erweitert verstan-

den wird und auch die Ziele der mikroprudentiellen Aufsicht miteinbezogen werden.57 Ökonomisch

gesehen dienen der Vertrauens- sowie der Stabilitätsschutz im juristischen Sinne den Zielen der effi-

zienten Allokation von Ressourcen und der effizienten Preisbildung58, denen so Rechnung getragen

wird. Dabei fallen vor allem die Sanktionen aus der Analyse, welche versuchen, an private Untersu-

chungsbeauftragte, Revisionsstellen oder Prüfgesellschaften delegierte aufsichtsrechtliche Pflichten

durchzusetzen59 oder den Schutz der Privatsphäre bezwecken.60 Inhärenter verhält es sich im Wettbe-

werbsrecht. Das Wettbewerbsrecht umfasst zwei völlig unterschiedliche Gebiete; das Lauterkeitsrecht,

dass die Qualität des Wettbewerbs sichert, und das Kartellrecht, welches für eine bestimmte Quantität

an Wettbewerb sorgt.61 Der juristische sowie gleichzeitig ökonomische Zweck des Lauterkeits-62 und

des Kartellrechts63 ist den Wettbewerb zu fördern und zu verteidigen. Ziel ist es zu verhindern, dass

Unternehmen selbst den Wettbewerb (in rechtswidriger Weise) beschränken. Die volkswirtschaftli-

chen Funktionen des Wettbewerbs als Wirtschaftssystem werden geschützt.64 „Systemrelevant“

schliesst sodann diesbezüglich alle Sanktionen mit ein, die direkt auf wettbewerbsbehindernde Verhal-

54 NOBEL, Kap. 1/Rn. 98; 101. 55 NOBEL, Kap. 1/Rn. 89; 94 – 95; In der Krise hat sich das Nichtfunktionieren der Märkte als Problem erwiesen. Genauer gesagt, haben an sich die Märkte zwar rational funktioniert, aber das Vertrauen in die Akteure und Ihre Solvenz war gestört (NOBEL, Kap. 1/Rn. 97). 56 Das Sanktionsrecht nimmt im Finanzmarktrecht vermehrt eine Funktionsschutzaufgabe war. Dabei ist insbesondere den Sanktionen gegen den Marktmissbrauch Beachtung zu schenken (NOBEL, Kap. 1/Rn. 128). 57 Dieser übergreifende Charakter wird auch von NOBEL anerkannt, der ausführt, dass „Systemschutz“ der krisenresistenten Funktionsfähigkeit entspricht und der Begriff System verschiedene Sinne haben kann (Kap. 1/Rn. 55; 88). 58 NOBEL, Kap. 1/Rn. 97. 59 Z.B. Art. 46 FINMAG; Art. 148 Abs. 1 lit. j KAG; Art. 22 Abs. 1 NBG; Zudem fallen auch Sanktionen zur Durchsetzung der Minimalstandards der Selbstregulierung aus der Analyse. Dabei soll aber der Selbstregulierung nicht die Effektivität abgesprochen werden. 60 Wie z.B. Art. 43 BEHG, der das Berufsgeheimnis durchsetzt, und Art. 47 BankG, welcher das Bankkundengeheimnis strafrechtlich schützt (NOBEL, Kap. 16/Rn. 3 – 4; WOHLERS, Rn. 86). 61 VON BÜREN, Kap. 1/Rn. 4. 62 Das UWG bezweckt gemäss Art. 1 UWG, „den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu gewährleisten“. 63 Das KG bezweckt gemäss Art. 1 KG „volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen marktwirtschaftli-chen Ordnung zu fördern“. Aber es richtet sich nicht gegen die in den wettbewerbspolitischen Ausnahmebereichen bestehen-den staatlichen Beschränkungen des Wettbewerbs (ZÄCH, Rn. 2). 64 Darunter fallen die Entdeckungs-, die Koordinations-, die Allokations-, die Risikoverteilungs-, die Renditenormalisie-rungs-, die Auslese-, die Preisstabilisierungs-, die Leistungsanreiz-, die Entdeckungsfunktion und die Funktion der Über-machterosion als Beschreibungen der effizienten Ressourcenallokation (NOLL, S. 145 – 147; ZÄCH, Rn. 22 – 41; vgl. ausführ-lich dazu THOUVENIN (S. 421 – 477). Insgesamt wird hier ein ergebnisorientiertes Wettbewerbsverständnis vorausgesetzt, welches zu einem gewissen Masse unter dynamisch-evolutiven Dimensionen systemtheoretische Unvollständigkeiten auf-weist (vgl. dazu ausführlich LUDWIGS (S. 492 – 496)).

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

10

tensweisen zielen. Dies erfasst folglich alle Sanktionen des UWG und KG bis auf die Verfahrens- und

Verjährungsartikel sowie jene, die den Wettbewerb nur indirekt durchsetzen zu versuchen.

C. Natürliche und juristische Personen Die Unterscheidung von Verwaltungs- und Strafsanktion ist historisch primär aufgrund unterschiedli-

cher Adressatenkreise der Bestimmungen gewachsen, was nun juristisch nicht mehr zutrifft und diffe-

renziert werden muss.65 Natürliche und juristische Personen sind Träger der Rechte aber auch der

Pflichten im öffentlichen Recht.66 Ihre Unterscheidung ist jedoch nicht banal. Im Kartellrecht können

gewisse natürliche Personen als Unternehmen gelten.67 Im Finanzmarktrecht hingegen ist dies nicht

der Fall. Allerdings können darin juristische Personen in gewissen Fällen anstatt der natürlichen Per-

sonen belangt werden68, oder auch umgekehrt.69 Im allgemeinen Strafrecht wird seit der Einführung

der Unternehmensstrafbarkeit eine komplementäre Benutzung der Begriffe verwendet.70 Für die öko-

nomische Analyse wird diese traditionelle (zivilrechtliche) Auffassung übernommen, nach der die

Begriffe Unternehmen bzw. juristische Person und natürliche Person in einem terminologischen Ex-

klusivitätsverhältnis stehen.71 Dies ist für die Analyse von Bedeutung, da eine juristische Person bzw.

Unternehmen andere Verhaltensmuster aufweisen kann als eine natürliche Person und somit die An-

reizwirkung einer Sanktion je nach Adressatenkreis unterschiedlich sein kann.72

D. Zusammenspiel mit dem Unternehmensstrafrecht Juristische Personen werden vom Täterkreis fast aller Strafbestimmungen nach wie vor nicht erfasst.

Da sich das Geschehen in einem komplex organisierten Unternehmen mit horizontaler Verantwor-

tungsstreuung von aussen her nur schwer rekonstruieren lässt – was eine strafrechtliche Zurechnung

des Erfolgs zu einzelnen Täter häufig verunmöglicht – wurde mit Art. 102 Abs. 1 StGB die subsidiäre

65 NIGGLI & RIEDO, Vor Art. 49a – 53, Rn. 6. 66 HETTICH, LEHNE & VALLENDER, Kap. 5/Rn. 17; Kap. 6/Rn. 5; Kap. 7/Rn 2. 67 NIGGLI & RIEDO zum Kartellgesetz, wo seit der Einführung des weiten Unternehmensbegriffs von Art. 2 Abs. 1bis KG sich die Täterkreise von Straf- und Verwaltungssanktionen überschneiden und eben auch natürliche Personen Unternehmen sein können sowie Adressat der Verwaltungssanktionen sind (Vor Art. 49a – 53, Rn. 6; 15). Eine Konkretisierung des Begriffs der natürlichen Person muss darin durch eine Gegenüberstellung und negative Abgrenzung zum Begriff des Unternehmens erfol-gen. Daraus folgt, dass im Kartellrecht in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1bis KG als natürliche Person gilt, wer entweder nicht am Wirtschaftsverkehr teilnimmt oder dabei wirtschaftlich unselbstständig agiert. Natürliche Personen können so aufgrund des funktionalen von Gesellschaftsformen unabhängigen Unternehmensbegriffs als Einzelunternehmen i.S. des Handelsregister-rechts und einfache Gesellschafter kartellrechtlich als Unternehmen gelten (BREMER, S. 42; 44). 68 Eine Verantwortlichkeit der juristischen Person kann sich nach Art. 7 VStrR und/oder Art. 102 StGB ergeben, hierbei handelt es sich um organisationsverschuldete oder verhältnismässige Zurechnungen (SCHWOB & WOHLERS, Art. 44, Rn. 10; SCHWOB & WOHLERS, Art. 49, Rn. 1 – 3). Vgl. dazu in Kap. 2.D. 69 Der in Art. 33 und Art. 35 FINMAG verwendete Begriff „verantwortliche Person in leitender Stellung“ ist nicht weiter definiert, und unterliegt einer funktionalen Betrachtung (BÖSCH, Rn. 11 – 12). Hier handelt es sich um eine Zurechnung des unrechtmässigen Verhaltens einer juristischen Person zu einer natürlichen Person, da für eine Sanktionierung auch eine indi-viduelle Verantwortlichkeit dieser gefordert ist (BÖSCH, Rn. 8; BAHAR & FLÜHMANN & HSU, Rn. 13). 70 BREMER, S. 52; Wobei beachtet werden muss, dass die Unternehmensbegriffe im Strafrecht und Kartellrecht nicht de-ckungsgleich sind (BREMER, S. 52; Fn. 318). In Bezug auf die Strafbarkeit von Unternehmen kommt es aus kriminalstraf-rechtlicher Sicht nach Art. 102 Abs. 1 StGB darauf an, ob die Straftat nicht einer natürlichen Person zugerechnet werden kann. In rein verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht sind für die Strafbarkeit der juristischen Person hingegen prozessökonomi-schen Gründe ausschlaggebend (ACHERMANN, EICKER & FRANK, S. 18; vgl. dazu Art. 7 Abs. 1 VStrR). Betreffend der Dis-kussion bezüglich fehlender Deliktsfähigkeit von juristischen Personen und der Zurechnungsregel als Lösung vgl. Kap. 2.D. 71 BREMER, S. 44; In Bezug auf Verwaltungssanktionen mit strafrechtlichem Charakter ist das Doppelbestrafungsverbot (ne bis in idem) zu beachten, wobei z.B. eine natürliche Person mit faktischer oder formellen Organstellung in einem Unterneh-men nicht zweimal bestraft werden darf (BREMER, S 198). Da die Fälle nur bei Einzelunternehmen und Einfachen Gesell-schaften vorkommen und quantitativ nicht ins Gewicht fallen (BREMER, S. 1), werden diese Fälle ausgeblendet. 72 Vgl. dazu die Kap. 6.C., Kap. 7.B. und Kap. 8.B.

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

11

Strafbarkeit von Unternehmen verankert. Demgemäss wird ein Verbrechen oder Vergehen, nicht aber

Übertretungen, einem Unternehmen zugerechnet, wenn die Tat in Ausübung geschäftlicher Verrich-

tung im Rahmen des Unternehmenszwecks und wegen mangelhafter Organisation i.S. einer Sorgfalts-

pflichtverletzung keiner bestimmten natürlicher Person zugerechnet werden kann.73 Die betroffenen

Unternehmen können mit Busse bis zu 5 Mio. Sfr. bestraft werden. Somit handelt es sich bei Art. 102

um eine Übertretung.74 Für die Anwendung der subsidiären Unternehmensstrafbarkeit ist demnach die

Deliktsart einer Sanktion, d.h. die Strafandrohung, von Bedeutung.75 Deswegen ist eine generelle Be-

achtung der Unternehmensstrafbarkeit in den folgenden Analysen nicht möglich, aber auf sie wird in

der abschliessenden Schlussbetrachtung zurückgegriffen. Der Gesetzgeber hat über die Zurechnungs-

lösung die Deliktsfähigkeit von Unternehmen eingeführt. Dies wird als ein Grund angesehen, um am

Konzept der Verwaltungssanktionen nicht mehr länger festzuhalten.76 Dem wird aber entgegengehal-

ten, dass die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Verwaltungssanktionen und Verwaltungsstraf-

sanktionen zu Problemen führen wird77, was sich auch rechtsökonomisch auswirkt.78 Dasselbe kann

bezüglich der relativ tiefen Bussenhöhe von 5 Mio. Sfr. im Vgl. zur Höhe der im Finanzmarkt- und

Wettbewerbsrecht angedrohten Bussen und Geldstrafen gegen natürliche Personen gesagt werden.

Dies kann insgesamt dazu führen, dass es sich für ein Unternehmen lohnen kann, die maximale Busse

von 5 Mio. zu bezahlen, wenn die Strafandrohung an eine oder mehrere natürliche Personen höher

anfallen würde. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Tathandlung vorsätzlich begangen wird.

Zudem besteht bei einer umgekehrten Strafandrohungslage das Risiko, dass Unternehmen ihre Mitar-

beiter zuerst anprangern und diese danach evtl. freihalten, um der höheren Strafe zu entgehen oder um

das gängige Verhalten als ein Individualverhalten darzustellen.79 Die unabhängige Unternehmens-

strafbarkeit als konkurrierende Strafbarkeit nach Art. 102 Abs. 2 StGB ist für diese Arbeit nicht von

grosser Relevanz, da bzgl. Untersuchungsgegenstand nur die Privatbestechung nach Art. 4a Abs. 1 lit.

a UWG darunter fällt.80 Die Verantwortlichkeit von juristischen Personen erfährt im Verwaltungsstraf-

recht durch Art. 6 VStrR eine starke Einschränkung. Art. 102 StGB kommt demnach erst zur Anwen-

dung, sobald die Geschäftsherrenhaftung nicht mehr möglich ist.81 Die Verantwortlichkeit der juristi-

schen Person kann sich zudem nach Art. 7 VStrR i.V.m. jeglicher Verwaltungsstrafe die mit Busse 73 M.w.H. NOBEL (Kap. 7/Rn. 177); Dieser subsidiären Unternehmenshaftung liegt die Pflicht zugrunde, mittels organisatori-scher Massnahmen zu verhindern, dass sich betriebstypische Risiken in bestimmten Straftaten niederschlagen, für welche keine natürliche Person verantwortlich gemacht werden kann (NOBEL, Kap. 15/Rn. 78 – 83). 74 Somit bleibt aufgrund Art. 105 Abs. 2 StGB u.a. der Versuch oder die Gehilfenschaft straflos, und auch sind die Neben-strafen wie das Berufsverbot nicht anwendbar. 75 ROTH PELLANDA, Art. 86, Rn. 4. 76 WIPRÄCHTIGER & ZIMMERLIN, S. 206. 77 z.B. da die Eintragung ins Strafregister für Unternehmen nicht möglich ist (LOCHER, S. 281); Die hier vertretene Meinung unterstützt dies, aber aus anderen Gründen. Auf rein objektive Tatbestandsmerkmale abgestützte Formaldelikte für die Ahn-dung von Gesetzesverstössen sind rechtsökonomisch vielleicht wünschenswert (vgl. dazu Kap. 8.B.; entgegen Borer (Art. 49a, Rn. 3)). Das Argument, dass bei Verwaltungssanktionen kein ethisches Unwerturteil im Zentrum steht, muss dabei klar verneint werden (entgegen NIGGLI & RIEDO (Vor Art. 49a – 53, Rn. 36 – 42)). 78 Vgl. dazu Kap. 8.B. 79 Die Unternehmung kann sehr schnell beurteilen, ob eine Tätigkeit einer natürlichen Person zugerechnet werden kann, insbesondere in der Finanzmarktwelt aufgrund der heute sehr computerlastigen Arbeit. 80 GILLIÉRON & KILLIAS, Vor Art. 23 – 27, Rn. 24; Die Börsendelikte wurden nach ersterer Zuteilung unter Art. 102 Abs. 2 StGB, dann aufgrund zu hohen Überwachungskosten, dass dies für die Unternehmen bedeuten würde, (leider) darin nicht eingefügt (BOTSCHAFT-Börsendelikte, S. 6904 – 6906). 81 GILLIÉRON & KILLIAS, Vor Art. 23 – 27, Rn. 23.

Begriffliche Erläuterungen und Abgrenzungen

12

bedroht ist, ergeben.82 Insgesamt werden in der vorliegenden Arbeit die Anreizwirkungen, die durch

Art. 6 und Art. 7 VStrR impliziert werden, aufgrund der Verkomplizierung die dies mit sich bringen

würde, ausgeblendet.

E. Direkte und indirekte Sanktionen Rechtsverstösse lassen sich im Wege direkter oder indirekter Sanktionen ahnden. Direkte Sanktionen

können für einen Verstoss gegen einen Verbots- bzw. Gebotstatbestand verhängt werden. Indirekte

Sanktionen sind demgegenüber auf den Schutz behördlicher Anordnungen gerichtet, durch welche

Verbots- bzw. Gebotstatbestände konkretisiert werden.83 Die Unterscheidung stellt sich bzgl. der öko-

nomischen Analyse als einflussreich dar, da alle indirekten Sanktionen als nicht systemrelevant i.S.

dieser Arbeit angesehen werden.84

F. Generalpräventive und spezialpräventive Wirkung von Sanktionen In der Kriminologie und im Strafrecht wird Sanktionen eine general- und/oder spezialpräventive Wir-

kung zugesprochen. Auch wenn die vorliegende Arbeit einen ökonomischen Ansatz wählt, müssen die

Begriffe kurz erläutert werden, da sich die zitierte juristische Literatur darauf bezieht. Die Generalprä-

vention umschreibt die Idee, mittels der Bestrafung eines Täters andere denkbare Täter von der Bege-

hung ähnlicher Delikte abzuschrecken. Die Vorbeugung soll einerseits durch negative Generalpräven-

tion, über die Abschreckung als bewusste oder unbewusste Unterbindung der Straftatbegehung zwecks

Vermeidung von Strafverfolgung und Sanktionierung, erreicht werden. Andererseits soll i.S. der posi-

tiven Generalprävention eine Stärkung sozialer Wertbegriffe im Rechtsbewusstsein der Rechtsgemein-

schaft erreicht werden.85 Es ist anzufügen, dass für die Erforschung der Wirkungszusammenhänge

eine unmittelbare Messung oder Evaluation generalpräventiver Wirkungen nicht möglich ist, da stets

nur ein Teil möglicher Einflussfaktoren aufgenommen und nur Teilwirkungen erkannt werden kön-

nen.86 Die Spezialprävention andererseits, richtet sich direkt an die sanktioniere Person und beschreibt,

dass diese im Sinne ihres künftigen rechtskonformen Verhaltens durch die Sanktion prophylaktisch

motivierend beeinflusst wird. Ebenso wird unterschieden zwischen positiver (individuelle Abschre-

ckung bzw. Hilfeleistung), und negativer Spezialprävention (einer gewaltsamen Verhinderung der

Möglichkeit einer erneuten Tatbegehung).87

82 SCHWOB & WOHLERS, Art. 44, Rn. 10; Wird eine Busse von höchstens 5000 Sfr. angedroht und würde die Ermittlung der nach Art. 6 VStrR strafbaren Personen Untersuchungsmassnahmen bedingen, die im Hinblick auf die angedrohte Strafe unverhältnismässig wären, so kann gemäss Art. 7 VStrR von einer Verfolgung dieser Personen abgesehen und an ihrer Stelle die erwähnten juristischen Personen zur Bezahlung der Busse verurteilt werden. So können Unternehmen auch bei Übertre-tungen bestraft werden (ROTH PELLANDA, Art. 87, Rn. 2). 83 BREMER ergänzend zu NIGGLI & RIEDO (Vor Art. 49a – 53, Rn. 4); Dies wären z.B. hoheitliche Verfügungen oder einver-nehmliche Regelungen (Art. 54 KG). 84 Vgl. dazu Kap. 2.B.; Die Strafsanktionen des KG sind fast ausschliesslich indirekte Sanktionen und somit bleibt der Erst-verstoss gegen den jeweiligen Verbots- bzw. Gebotstatbestand, für natürliche Personen, die nicht als Unternehmen qualifi-ziert werden, sanktionslos (BREMER, S. 19). Demgegenüber gelten gegen Unternehmen Direktsanktionen (BREMER , S. 217 – 218; vgl. dazu Art. 49a KG ff.). 85 EISENBERG, S. 587 – 588; Die generalpräventive Wirkung konnte bis heute durch kriminologische Studien nicht abschlies-send nachgewiesen, aber auch nicht falsifiziert, werden (EISENBERG, S. 588). 86 EISENBERG, S. 122. 87 EISENBERG, S. 594; Diese Wirkung wird oft über die Rückfälligkeit gemessen, doch ist dies aufgrund der Voraussetzung der formellen Verfolgung auch nicht vollständig valid (EISENBERG, S. 124).

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

13

3. Die Sanktionen des schweizerischen Finanzmarktrechts

Folglich sollen in diesem Kapitel die Verwaltungs- und Strafsanktionen des Finanzmarktrechts der

Schweiz als Untersuchungsgegenstand der Analyse dargestellt werden. Es existiert keine einheitliche

Definition des Begriffs „Finanzmarktrecht“. Im Mittelpunkt steht die Regulierung und Beaufsichti-

gung der Märkte für Finanzprodukte, der verschiedenen Marktteilnehmer und der dort erbrachten

Dienstleistungen.88 Als Finanzmarktgesetze gelten das und die im Art. 1 des Dachgesetzes FINMAG

aufgezählten Gesetze89, das KKG und das NBG.90 Nun werden jeweils die Verwaltungs- und Straf-

sanktionen der einzelnen Gesetze erläutert. Dabei wird von einer tiefgreifenden juristischen Diskussi-

on abgesehen und nur auf die für die Typisierung und Analysen relevanten Merkmale eingegangen.91

A. Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG) Dem FINMAG kommt die Funktion eines Dachgesetzes über den übrigen Finanzmarktgesetzen zu.

Das FINMAG harmonisiert die meisten Aufsichtsinstrumente der Finanzmarktgesetze und regelt diese

einheitlich.92 Die eigentlichen Aufsichtsregeln sind weiterhin in den Spezialerlassen zu finden.93 Die

Bestimmungen der spezifischen Finanzmarktgesetze gehen den allgemeinen Bestimmungen des FIN-

MAG vor.94 Das Gesetz umfasst allgemeine Bestimmungen, Normen zu Organen, Personal, Finanzie-

rung und Finanzhaushalt, Unabhängigkeit und Aufsicht der FINMA, die Aufsichtsinstrumente (Art. 24

– 37), die Strafbestimmungen (Art. 44 – 52) und weitere Bestimmungen.

I. Verwaltungssanktionen

Die Aufsichtsinstrumente gliedern sich in den Abschnitt „Prüfungen“, welcher materielle Inhalte pos-

tuliert, und den Abschnitt „Weitere Aufsichtsinstrumente“, welcher die Verwaltungssanktionen auf-

zählt. Dabei fallen Art. 29 und Art. 30 aufgrund fehlender Systemrelevanz und Sanktionseigenschaften

aus dem Blickwinkel dieser Arbeit. Art. 31 ist eine Generalklausel, welche die Pflicht der FINMA

statuiert, den ordnungsgemässen Zustand wiederherzustellen.95 Art. 32 bis Art. 37 werden alle als sys-

temrelevant angesehen, da diese, mit Ausnahme von Art. 36, nur bei „schweren Verletzungen“96 An-

wendung finden und Art. 36 einen breiten Anwendungsbereich aufweist.

88 NOBEL, Kap. 1/Rn. 66; Im Rahmen dieser Arbeit ist der Begriff „Finanzmarktrecht“ umfassend zu verstehen. 89 PfG, VVG, VAG, KAG, BankG, BEHG und GwG. 90 Bei der Regulierung des Finanzsektors wird oft auf konkretisierungsbedürftige Generalklauseln enthaltene Rahmengesetzte zurückgegriffen. Deswegen sind für die tiefere Auseinandersetzung die begleitenden Verordnungen und weitere Materialien beizuziehen (NOBEL, Kap. 1/Rn. 85). 91 Dabei wird innerhalb der Unterkapitel aus Platzgründen die wiederholende Zitierung des Gesetzestextes und der Gesetzes-abkürzung hinter der Artikelangabe unterlassen. Die Bestimmungen werden in nummerischer Reihenfolge aufgearbeitet. Alle besprochenen Sanktionen finden sich aufgelistet in Anhang 1. 92 NOBEL, Kap. 7/Rn. 78 – 81. 93 Vgl. dazu ausführlich NOBEL (Kap. 7/Rn. 82). 94 Art. 2 FINMAG; Dabei ist teilweise eine kumulative Anwendung möglich (CONTRATTO & ZUFFEREY, S. 144 – 146). 95 ROTH PELLANDA, Art. 31, Rn. 5 – 6; Dabei steht der FINMA neben den nun diskutierten Verwaltungssanktionsmöglichkei-ten das gesamte Spektrum des Verwaltungszwangs zur Verfügung (ROTH PELLANDA, Art. 31, Rn. 11). 96 Auslauf des Verhältnismässigkeits- und Opportunitätsprinzips (BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 32, Rn. 21). Die Ansprü-che an die „Schwere“ sind nicht allzu hoch, da das BVGer sowie das BGer der FINMA fachtechnischen Beurteilungsspiel-raum zugesteht (BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 32, Rn. 22; vgl. dazu BGE 108 Ib 200, E. 1b). Aber die „Schwere“ wird nicht abstrakt geprüft, sondern mit Blick auf die angeordnete Sanktion: Je härter die Sanktion, desto höher sind die Anforde-rungen an die Schwere (AMMANN et al., S. 224 – 225).

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

14

Ob eine Feststellungsverfügung nach Art. 32 Sanktionseigenschaft hat, ist umstritten, aber wird nach

h.L. bejaht.97 Auf den ersten Blick erscheint eine solche, welche eine individuelle Mitteilung der Klä-

rung der Rechtslage an den Adressaten ist98, ohne general- oder spezialpräventive Wirkung. Faktisch

kann diese aber ein starkes Gewicht bekommen, da die FINMA eine solche nur ausspricht, nachdem

ein Enforcementverfahren durchgeführt wurde, in einer solchen im Wiederholungsfall weithergehende

Massnahmen androht, aufmerksam bleibt und Strafbehörden sowie Gerichte sich selten über Entschei-

de von Aufsichtsbehörden hinwegsetzen sowie teilweise erst so aufmerksam werden.99

Die repressive Eigenschaft des Berufsverbots von Art. 33 ist hingegen inhärent. Dabei wird ein gene-

ral- sowie spezialpräventiver Effekt der Sanktion erhofft.100 Adressat sind neben den obersten Organe

eines beaufsichtigten Instituts, einschliesslich der ohne entsprechende Bewilligung tätigen Unterneh-

men, ebenso leitende Mitarbeiter auf tieferen Kaderstufen. Dabei muss neben dem schweren Verstoss

einer aufsichtsrechtlichen Bestimmung durch ein Institut auch die individuelle Verantwortlichkeit

dafür nachgewiesen werden.101 Es handelt sich demnach um eine Verwaltungssanktion102 die gegen

eine verantwortliche natürliche Person und nicht gegen das beaufsichtigte Institut gerichtet ist, was

diese zu einem Sonderfall macht.103 Bei der Bemessung der Dauer des Berufsverbots sind i.S. der Ver-

hältnismässigkeit die Schwere der Pflichtverletzung sowie die Wiederholungsgefahr zu berücksichti-

gen.104 Das Berufsverbot kann womöglich auch rückwirkend auf Personen, die nun nicht mehr in lei-

tender Stellung oder im Finanzsektor tätig sind, ausgesprochen werden.105 Die zeitliche Beschränkung

des Verbots erscheint für manche Autoren teilweise zu kurz106, auch wenn der Reputationsverlust wohl

länger anhalten wird.

Der Veröffentlichung von Endverfügungen107 nach Art. 34 unter Namensnennung108 und Angabe

wichtiger Informationen liegt die Idee des Pranger-Effekts (naming and shaming) zugrunde. Es wird

eine generalpräventive Wirkung unter der Androhung einer erwarteten Reputationsschädigung erhofft.

Dabei wird davon ausgegangen, dass Reputation ein Schlüsselfaktor zum Erfolg im Finanzmarkt sei

97 BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 32, Rn. 9 – 11; So auch die BOTSCHAFT-FINMAG (S. 2881); Wird als repressive Sanktion angesehen, ein strafrechtlicher Charakter wird aber abgesprochen (BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 32, Rn. 11 – 12). 98 HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 886; 895. 99 BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 32, Rn. 7; 11; 37; AMMANN et al., S. 224. 100 BAHAR & FLÜHMANN & HSU, Rn. 6; Hier geht es u.a. um das Aufrechterhalten des Vertrauensschutzes als Teil des Funkti-onsschutzes und des Funktionsschutzes selbst (BOTSCHAFT-FINMAG, S. 2849; 2882). 101 BAHAR, FLÜHMANN & HSU, Rn. 7; 12 – 13; 21. 102 Die Unterscheidung zu einer Verwaltungssanktion mit Strafcharakter stellt sich hierbei als schwierig heraus, da das Be-rufsverbot im Vergleich zur Feststellungsverfügung eine ungleich schwerere Massnahme darstellt. Eine strafcharakterliche Wirkung wird, solange die Bemessung und Anwendung verhältnismässig und nur auf einen beschränkten Personenkreis angewendet wird, abgelehnt (BAHAR, FLÜHMANN & HSU, 10 – 11; 18; KUHN, S. 44; UHLMANN, S. 442; 446; in diese Richtung tendierend das BVGer in B-19/2012, E. 9.4.1). Vgl. dazu Art. 70 § 1 MiFiD II i.V.m. Art. § 6 (d) MiFiD II, welche für Wie-derholungsfälle ein permanentes Berufsverbot vorsehen und dieses explizit als Verwaltungssanktion gegenüber strafrechtli-chen Sanktionen abgrenzt. 103 BAHAR, FLÜHMANN & HSU, Rn. 9. 104 BOTSCHAFT-FINMAG, S. 2882. 105 AMMANN et al., S. 230; BAHAR, FLÜHMANN & HSU, Rn. 21. 106 BAHAR, FLÜHMANN & HSU, Rn. 18; WYSS, S. 127; In Extremfällen kann das Berufsverbot aber wohl wiederholt ange-wandt werden und jemand kann so, ein Leben lang vom Finanzmarkt ausgeschlossen werden (AMMANN et al., S. 230). 107 Wohl alle Endverfügungen, insbesondere die nach Art. 32, Art. 33, Art. 35 und Art. 37 FINMAG. Es muss dabei die Beschwerdefrist abgelaufen bzw. die volle Rechtskraft erwachsen sein (BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 34, Rn. 15 – 16). 108 Adressat sind juristische Personen als Beaufsichtigte und natürliche Personen; sicherlich die in leitender Stellung (BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 34, Rn. 11).

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

15

und auch deswegen die Veröffentlichung aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips eher in Aus-

nahmefällen anzuwenden sei. Die Veröffentlichung wird als repressive Sanktion angesehen.109 Die

Frage, ob sie einen strafrechtlichen Charakter hat, ist unbeantwortet110, wird aber nach der hier vertre-

tenen Meinung verneint.111 Die Wirkung der Veröffentlichung ist insbesondere in Zusammenhang mit

den Endverfügungen abzuschätzen. Die Veröffentlichung eines Berufsverbots kann für dieses z.B.

sehr dienlich sein, da sich eine Kumulation der Sanktionswirkungen ergibt, was das Berufsverbot und

auch die Feststellungsverfügung erheblich stärken kann, da der Kreis der Personen, welchem die

Verstösse bekannt werden, enorm erweitert wird.112 Art. 34 ist gegenüber der Information der Öffent-

lichkeit nach Art. 22 FINMAG abzugrenzen, wonach die FINMA bei gegebenen öffentlichem Interes-

se zumeist anonymisiert und abstrakt über ihre Aufsichtstätigkeit und -praxis informiert.113

Art. 35 Abs. 1 sieht vor, dass die FINMA Gewinne einziehen kann114, welche ein Beaufsichtigter

durch schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen erzielt hat. Abs. 5 legt ausdrücklich

fest, dass die strafrechtliche Einziehung gemäss Art. 70 f. StGB jedoch vorgeht.115 Aus den Materia-

lien ergibt sich, dass die Einziehung nach FINMAG lediglich restitutorischen und nicht pönalen Cha-

rakter hat. Dies, da sie über die Ausgleichsfunktion die Wiederherstellung des ordnungsgemässen

Zustands bezweckt sowie jene, die sich regelkonform verhalten, gleichstellt, und damit zur Fairness

beiträgt.116 Das Objekt der Einziehung ist der Ausgleich der Gewinnabschöpfung, d.h. diese ist gegen

das Vermögen des Verletzers gerichtet, und kann sich nur gegen beaufsichtigte Institute und leitende

Angestellte solcher richten.117 Erwähnenswert ist, dass gemäss Abs. 3 die FINMA den Umfang der

Einziehung u.U. schätzen darf. So wird sichergestellt, dass die Einziehung nicht an der fehlenden Er-

rechenbarkeit oder einem Vertuschungsversuch scheitert.118 Die restitutorische Einziehung von un-

109 CONTRATTO & ZUFFEREY, S. 129; BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 34, Rn. 8 – 9. 110 BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 34, Rn. 10. 111 Dies, da dieselbe Sanktion auch in der EU Regulierung (Art. 51 MiFiD I, Art. 70 MiFiD II, Art. 14 MAD und Art. 30 MAR) Eingang gefunden hat und international als Verwaltungssanktion anerkannt wird (BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 34, Rn. 46 – 47; CONTRATTO & ZUFFEREY, S. 129). Vgl. dazu auch Art. 70 § 1 MiFiD II i.V.m. Art. 70 § 6 lit. (a) MiFiD II, welche die öffentliche Bekanntgabe von Namen und Informationen explizit als Verwaltungssanktion gegenüber strafrechtli-chen Sanktionen abgrenzt. So auch Art. 30 § 1 i.V.m. Art. 30 § 2 lit. (c) MAR. 112 BAHAR, FLÜHMANN & HSU, Rn. 22; Die Veröffentlichung geschieht heute über das Internet, wo ein potentiell erheblich grösseres Publikum erreicht werden kann als durch gedruckte Medien (BAHAR, HSU & RENNINGER, Art. 34, Rn. 23). 113 AMMANN et al., S. 234; CONTRATTO & ZUFFEREY, S. 130 – 131. 114 Wenn dieser und entsprechende Kausalitäten bestimmbar sind (BÖSCH, Rn. 19 – 24). 115 Wobei sich diese in der Praxis selten konkurrieren werden, da das Aufsichtsverfahren oft rascher vorangeht als das Straf-verfahren (AMMANN et al., S. 248; vgl. zu einer allfälligen Koordinationslösung AMMANN et al. (S. 248 – 249)). 116 BÖSCH, Rn. 3; BOTSCHAFT-FINMAG, S. 2849; 2883; Die BOTSCHAFT-FINMAG verweist dazu auf den Unterschied zur strafrechtlichen Einziehung von Art. 70 f. StGB, dass der FINMA keine Kompetenz zukommt, die erzielten Gewinne bei Dritten einzuziehen (S. 2883; unterstützend BÖSCH, Rn. 5). Gegen einen Strafcharakter spricht zudem, dass eingezogene Vermögenswerte primär als Schadensausgleich an die Geschädigten gehen (AMMANN et al., S. 247; vorausgesetzt, dass ein Schaden und ein Geschädigter klar bestimmt sind und eine entsprechende Kausalität nachgewiesen werden kann (AMMANN et al., S. 247)). Sogar der strafrechtliche Charakter der Einziehung nach StGB ist umstritten (statt vieler NADELHOFER DO CANTO mit einer Übersicht (S. 24 – 25); erwähnenswert BGE 132 II 178, E. 4). Insgesamt darf sich die Höhe des eingezogenen Betrags entsprechend nur auf einen Ausgleich im Umfang der rechtswidrigen Bereicherung beschränken (BÖSCH, Rn. 7). Zudem ist es nicht zulässig, kumulativ Bussen so zu bemessen, dass damit auch der unrechtmässige erzielte Gewinn abge-schöpft wird (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1208; ebenso BGE 119 IV 10, E. 14). 117 BÖSCH, Rn. 6 – 7; 11; Die Einziehung stellt somit auch bezüglich des Adressatenkreises einen Sonderfall dar, da sowohl gegen die verantwortlichen natürlichen Personen als auch die beaufsichtigten Institute verfügt werden kann (BAHAR, FLÜH-MANN & HSU, Rn. 9). 118 BÖSCH, Rn. 25.

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

16

rechtsmässig erworbenen Vorteilen dürfte sich auch deswegen oft als wirksameres Mittel erweisen als

die mit der Rechtsverletzung verbundenen Verwaltungsstrafen.119

Die Einsetzung eines Untersuchungsbeauftragten nach Art. 36 ist aufgrund des breiten Einsatzberei-

ches das am häufigsten eingesetzte Instrument der FINMA.120 Für die vorliegende Arbeit ist der Ab-

klärungsauftrag121 nicht von Bedeutung, da dieser aus dem Begriff „systemrelevant“ i.S. dieser Arbeit

fällt.122 Hingegen ist die Überwachungstätigkeit i.S. der Umsetzungskontrolle von angeordneten Ver-

waltungssanktionen und die dazu erforderliche Eingriffstätigkeit123 von Bedeutung. Insbesondere die

Eingriffsbefugnis in die Geschäftstätigkeit eines Instituts ist ein weitreichendes und flexibles Instru-

ment, das eine Umsetzung ohne zeitliche Verzögerung, illegitimen Mittelabfluss oder Verdunkelungs-

gefahr ermöglicht.124 Das Mandat und die Kompetenzen des Untersuchungsbeauftragten werden von

der FINMA unter grossem Ermessen im Einzelfall umschrieben125 und können abgeändert werden.126

Während eines Marktaufsichtsverfahrens, z.B. zur Aufdeckung von Insiderhandel, kann dieses Instru-

ment als rasche Sicherstellung von sachdienlichen Informationen sehr nützlich sein.127

Beim Bewilligungsentzug nach Art. 37 handelt es sich um einen Widerruf einer begünstigenden Ver-

fügung als repressive Massnahme.128 Ursache des Entzugs kann neben der schweren Verletzung das

Wegfallen der Voraussetzungen der bewilligungspflichtigen Tätigkeit sein.129 Die Folge des Bewilli-

gungsentzugs ist, dass die bewilligte Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden darf, was für viele Institu-

tionen zur gesetzlichen Liquidation führt.130 Auch die Liquidation illegaler Finanzintermediäre ist nach

Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 und z.B. Art. 36 BEGH oder Art. 135 Abs. 1 KAG möglich.131 Der Bewilli-

gungsentzug gilt als die einschneidenste und deswegen als Sanktion ultima ratio der FINMA.132

II. Strafsanktionen

I.S. des Schutzes der Funktionsfähigkeit des Marktes, dient Art. 44 als abstraktes Gefährdungsdelikt

der Durchsetzung der Bewilligungspflicht und gewährleistet letztlich die Kontrolle des Geschehens

119 HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 1208. 120 NOBEL, Kap. 7/Rn. 114; 130 – 135. 121 Erster Teilsatz des Nebensatzes des Art. 36 Abs. 1 FINMAG (vgl. dazu NOBEL (Kap. 7/Rn. 115)). 122 Da die Aufsichtsbehörde Bereiche des Enforcements zur Vollzugshilfe an Private überträgt (vgl. dazu NOBEL, Kap. 7/Rn. 120 f.), aber die Anreizwirkungen der und die Sanktionen dadurch nicht verändert werden. Zudem ist dies ein häufiges Mittel zur Umsetzung der ausgeklammerten Sanierungs- und Liquidationsaufgabe der FINMA (NOBEL, Kap. 7/Rn. 142 f.). 123 MAURENBRECHER & TERLINDEN, Rn. 27 – 34; NOBEL, Kap. 7/Rn. 136 – 140; Die Eingriffstätigkeit i.S. gesellschaftsrecht-licher Befugnisse eines Exekutivorgans lässt sich von Art. 36 Abs. 2 FINMAG ableiten und kann nicht weitergehen als die gesellschaftsrechtlichen Befugnisse eines Exekutivorgans (MAURENBRECHER & TERLINDEN, Rn. 27; 68; 71). 124 MAURENBRECHER & TERLINDEN, Rn. 6; 29; NOBEL, Kap. 7/Rn. 139; Auch hier steht nicht das repressorische, sondern das restitutorische Element im Zentrum (MAURENBRECHER & TERLINDEN, Rn. 4). 125 BGE 132 II 382, E. 4; NOBEL, Kap. 7/Rn. 129. 126 MAURENBRECHER & TERLINDEN, Rn. 13. 127 MAURENBRECHER & TERLINDEN, Rn. 45 – 46; Dabei hat der Untersuchungsbeauftragte dieselben Zutritts-, Einsichts- und Auskunftsrechte wie die FINMA selbst (MAURENBRECHER & TERLINDEN, Rn. 64). 128 ROTH PELLANDA, Art. 37, Rn. 3; 21. 129 Insbesondere die wesentlichen Voraussetzungen müssen wegfallen (ROTH PELLANDA, Art. 37, Rn. 13). Dementsprechend hat Art. 37 erheblichen systemischen Charakter i.S. dieser Arbeit. 130 Art. 37 Abs. 2 FINMAG i.V.m. Art 23quinquies BankG (zwingend), Art. 36 BEHG (mehrheitlich zwingend), Art. 134 KAG (Liquidation eine der möglichen Massnahmen), Art. 52 VAG und Art. 20 GwG (zwingend). Dies muss aber nicht zwingend zur Schliessung führen, z.B. ist ein Verkauf der Aktiven an eine andere Bank nachher noch möglich (ROTH PELLANDA, Art. 37, Rn. 24; vgl. dazu ausführlich AMMANN et al. (S. 254; 256 – 262)). 131 BOTSCHAFT-FINMAG, S. 2885; Wobei nur der bewilligungspflichtige Teil zu liquidieren ist (BGE 131 II 306, E. 4). 132 AMMANN et al., S. 253; CONTRATTO & ZUFFEREY, S. 116; Deswegen ist als verhältnismässige Vorstufe auch ein befristeter Entzug denkbar (ROTH PELLANDA, Art. 37, Rn. 11).

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

17

auf den Finanzmärkten durch die Aufsichtsbehörde.133 Taugliche Täter sind natürliche Personen, wel-

che die Tatbestandsmerkmale erfüllen.134 Die Strafandrohung für die Vorsatztaten nach Abs. 1 ist eine

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.135 Nach Abs. 2 droht für Fahrlässigkeitstaten

eine Busse in Höhe von bis zu CHF 250'000.136 Massgeblich für die Anreizwirkung ist die Mindest-

sanktion in Form einer relativ hohen Geldstrafe bei Wiederholungstätern nach Abs. 3.137 Art. 45, Art.

46 und Art. 47 fallen aufgrund fehlender Systemrelevanz aus dem Blickwinkel dieser Arbeit, da die

Sanktionierung der Erteilung falscher Auskünfte, die Durchsetzung delegierter aufsichtsrechtlicher

Pflichten und eine ordentliche Prüfung der Jahresrechnung nur indirekt dem Ziel des Funktionsschut-

zes dienen. Hingegen steht ausser Frage, dass diese zur Effektuierung der Durchsetzungsmechanismen

des Finanzmarktrechts beitragen.138 Der Blanketttatbestand von Art. 48 bezweckt die von der Auf-

sichtsbehörde verfügte Anordnung durchsetzen zu können.139 Dies kann dazu führen, dass die Strafe

insgesamt tiefer ausfällt als die Verwaltungssanktion, der nicht nachgekommen wird. Die Gewährleis-

tung der Funktionsfähigkeit der Aufsicht über die Finanzmärkte140 in diesem Sinne gilt i.S. dieser Ar-

beit aufgrund der indirekten Natur nicht als systemrelevant. Art. 49 bis Art. 52 regeln keine materiel-

len Sanktionen, sondern die subsidiäre Strafbarkeit von Geschäftsbetrieben141, die Zuständigkeit, die

Vereinigung der Strafverfolgung und die Verjährung.

B. Bankengesetz (BankG) Das BankG wurde als Rahmengesetz konzipiert, bezweckt hauptsächlich den Gläubigerschutz im und

den Funktions- sowie Vertrauensschutz des Finanzmarktes. Es unterstellt die Tätigkeit der Banken

einer Bewilligungs- sowie Aufsichtspflicht durch die FINMA.142

I. Verwaltungssanktionen

Der zehnte Abschnitt des BankG regelt die Aufsicht. Nach der Einführung des FINMAG bleibt in

diesem Abschnitt nur noch Art. 23ter als Verwaltungssanktion i.S. dieser Arbeit übrig.143 Die anderen

nicht ins FINMAG überführten Bestimmungen Art 23, Art. 23bis, Art. 23quinquies, Art. 23septies und Art.

24 fallen aus dem Untersuchungsbereich.144 Art. 23ter erlaubt die Stimmrechtssuspendierung als Ver-

133 SCHWOB & WOHLERS, Art. 44, Rn. 2 – 4; Systemrelevanz ist demnach sicherlich gegeben. 134 Dabei ist irrelevant aufgrund welcher Umstände die Bewilligung fehlt (SCHWOB & WOHLERS, Art. 44, Rn. 5; 29). 135 Vorsatztaten sind dann gegeben, wenn der Täter die Tat mit Wissen und Willen ausführt (direkter Vorsatz) oder die Ver-wirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Eventualvorsatz) (SCHWOB & WOHLERS, Art. 44, Rn. 35). Gemäss Art. 34 Abs. 1 StGB ist die maximale Anzahl an Tagessätzen 360. Die Höhe der Tagessätze wird gemäss Art. 34 Abs. 2 StGB nach den wirtschaftlichen Verhältnissen bemessen und darf maximal 3000 Sfr. StGB betragen. 136 Fahrlässig handelt wer die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt (unbewusst) oder sie erkennt, aber darauf keine Rücksicht nimmt (bewusst). Die Busse muss dementsprechend in verschuldensangemessener Höhe verhängt werden (SCHWOB & WOHLERS, Art. 44, Rn. 38; 47). 137 Diese muss mindestens 45 Tagessätze betragen. 138 SCHWOB & WOHLERS, Art. 45, Rn. 2; SCHWOB & WOHLERS, Art. 46, Rn. 2. 139 BOTSCHAFT-FINMAG, S. 2890; SCHWOB & WOHLERS, Art. 48, Rn. 2; Die Erfüllung der entsprechenden Verfügungen muss mithilfe Strafandrohungen gewährleistet werden (WOHLERS, Rn. 92). 140 SCHWOB & WOHLERS, Art. 48, Rn. 3. 141 Vom Untersuchungsgegenstand ausgenommen in Kap. 2.D. 142 MÜLLER, Rn. 1; 22; NOBEL, Kap. 8/Rn. 4; 8. 143 Das Aufsichtsinstrumentarium des BankG wurde am 01.01.2009 fast vollständig in das FINMAG überführt und nur ver-fahrensrechtliche Regelungen im BankG belassen (JERMINI & POLEDNA, Art. 23, Rn. 1). 144 Art. 23 gibt der FINMA die Kompetenz selbst direkt Prüfungshandlungen vorzunehmen. Art. 23bis regelt die Zusammen-arbeit mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement und der Nationalbank. Art. 23quinquies statuiert vorbehaltlich Sanierungs-

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

18

waltungssanktion zur Durchsetzung der Gewährleistung solider Geschäftstätigkeit durch natürliche

oder juristische Personen, welche direkt oder indirekt mindestens 10% des Kapitals oder der Stimmen

des Bankeninstituts halten oder einen solchen Anteil erwerben, veräussern, vergrössern oder verklei-

nern.145 Zweck ist die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit i.S. des Funktionsschutzes zu

gewährleisten. Insbesondere wird ein guter Leumund, ehrliches Verhalten und die Abwesenheit von

wesentlichen Interessenkonflikten gefordert.146 Die Verwaltungssanktion kann neben der Rechte des

sanktionierten Gesellschafter auch das Bankinstitut betreffen, da mangels Ausübung der Stimmrechte

allenfalls Quoren nicht erreicht werden oder sich die Mehrheitsverhältnisse verschieben können147,

was betreffend der Anreizwirkungen massgebend ist.

II. Strafsanktionen

Im zweiten Teil des vierzehnten Abschnitts des BankG sind die Strafbestimmungen zu finden. Die

meisten Strafbestimmungen des aBankG wurden in das FINMAG überführt oder aufgehoben.148 Art.

47 fällt wie erwähnt aus dem Untersuchungsbereich dieser Arbeit, da das Bankkundengeheimnis den

Schutz der Privatsphäre bezweckt.149 Somit bleiben Art. 46 und Art. 49, die folglich zu erläutern sind.

Dabei wird von Art. 46 nur der objektive Tatbestand von lit. a, das unbefugte Entgegennehmen von

Publikums- oder Spareinlagen, als systemrelevant i.S. dieser Arbeit qualifiziert, da durch ein unbefug-

tes Tätigwerden die ganze dem Funktionsschutz dienende Regulierung umgangen wird und da lit. b

(Pflicht zur ordnungsmässigen Buchführung) sowie lit. c (Nichterstellen oder -veröffentlichen von

Zwischenbilanzen) nicht direkt systemrelevante Sachverhalte sanktionieren. Vorsatz und Fahrlässig-

keit werden bestraft, wobei sich Fahrlässigkeit auf die Verletzung der jeweils einzuhaltenden Regeln

bezieht, was einen breiten Anwendungsbereich eröffnet.150 Anreiztechnisch erwähnenswert ist die

relativ hohe Strafandrohung im Wiederholungsfalle nach Abs. 3.

Art. 49 ergänzt Art. 46 insofern, als er die Verletzung weiterer Regeln mit Übertretungsstrafe bedroht.

Die Bezeichnung mit geschützten Begriffen, die Werbung für geschützte Tätigkeiten und das Unter-

lassen von vorgeschriebenen Meldungen werden bei Vorsatz mit Busse bestraft. Fahrlässiges Handeln

wird ebenso sanktioniert und es ist eine Mindesthöhe der Busse im Wiederholungsfalle vorgesehen.151

C. Börsengesetz (BEHG) Das BEHG bezweckt, einen Rahmen für einen funktionsfähigen Effektenmarkt zu schaffen. Es regelt

primär den Sekundärmarkt und hat somit den Markt, die Börse, die einzelnen Institute und die Händler

im Visier.152 Die Sanktionen der Selbstregulierung der SIX Group werden nicht diskutiert.153

massnahmen die Liquidation als Folge des Bewilligungsentzugs, Art. 23septies die Zusammenarbeit mit ausländischen Fi-nanzmarktaufsichtsbehörden und Art. 24 die Beschwerderechte von Gläubigern in Sanierungs- und Liquidationssituationen. 145 JERMINI & POLEDNA, Art. 23ter, Rn. 2. 146 NOBEL, Kap. 8/Rn. 82; 86; Zum weiteren Instrument des Gewährsbrief vgl. NOBEL (Kap. 8/Rn. 85). 147 JERMINI & POLEDNA, Art. 23ter, Rn. 4. 148 STRATENWERTH, Art. 46, Rn. 1. 149 STRATENWERTH, Art. 47, Rn. 1. 150 STRATENWERTH, Art. 46, Rn. 7. 151 STRATENWERTH, Art. 49, Rn. 1; 5 – 7. 152 NOBEL, Kap. 9/Rn. 13; 15.

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

19

I. Verwaltungssanktionen

Der sechste Abschnitt des BEHG „Aufsicht“ zählt u.a. die Verwaltungssanktionen auf. Dabei verweist

Art. 34 bzgl. der Sanktionierung von Verletzungen der Melde- sowie Informationspflichten und bör-

senrechtlich unzulässigem Marktverhalten auf die anwendbaren Sanktionen des FINMAG. Das BEHG

enthält zudem drei spezifische Sanktionen; die Stimmrechtssuspendierung nach Art. 34b lit. a, das

Zukaufsverbot nach Art. 34b lit. b und das Tätigkeitsverbot nach Art. 35a.154

Bei hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass ein Investor beim Erwerb oder Verkauf von kotierten

Effekten seinen börsengesetzlichen Meldepflichten nicht nachkommt, kann die FINMA nach Art. 34b

als vorsorgliche Massnahme, sämtliche Stimmrechte einer Person, ohne vorgängige Anhörung dieser,

suspendieren.155 Einer Person156, deren Stimmrecht suspendiert wurde, kann sie zudem verbieten, wei-

tere Aktien sowie Erwerbs- und Veräusserungsrechte der in Frage stehenden kotierten Gesellschaft zu

erwerben.157 Dieses Zukaufsverbot zielt auf die Wirkung der Stimmrechtssuspendierung und ist das

Mittel, um eine Umgehung der Stimmrechtssuspendierung durch einen weiteren Beteiligungsaufbau

zu verhindern. Auch Umgehungsgeschäfte können bei hinreichendem Verdacht, wiederum von der

Stimmrechtssuspendierung erfasst werden.158 Systemrelevant ist diese Sanktion, da durch sie die Li-

quidität von Eigentumsrechten direkt aufrecht erhalten wird.

Das börsengesetzliche Tätigkeitsverbot nach Art. 35a geht weiter als das Berufsverbot des FINMAG,

da nicht nur die Tätigkeit in leitender Stellung, sondern die Tätigkeit aller registrierten Personen, die

in der Handelsabteilung eines Effektenhändlers tätig sind, untersagt werden kann. Begründet wird dies

u.a. damit, dass ein erhöhtes Missbrauchspotential bei Händlern besteht, welche keine leitende Stel-

lung innehaben.159 Hingegen ist der persönliche Anwendungsbereich eingeschränkter, da das BEHG

nur im Bereich des Effektenhandels Anwendung findet.160 Das Tätigkeitsverbot kann gemäss BGer

auch präventiv, als Reflexwirkung von Massnahmen gegenüber dem Arbeitgeber, verhängt werden.161

II. Strafsanktionen

Der neunte Abschnitt des BEHG „Strafbestimmungen“ zählt die Strafsanktionen auf. Dabei fällt Art.

44 aufgrund fehlender Sanktionseigenschaft und die Durchsetzungsnorm mit indirekter Funktions-

153 Das BEHG ist ebenfalls als Rahmengesetz konzipiert. Es statuiert das Prinzip der Selbstregulierung. Den Sanktionen der Selbstregulierung kommt, wie erwähnt, kein verwaltungs- oder strafrechtlicher Charakter zu (vgl. dazu NOBEL (Kap. 9/Rn. 172; 218)). 154 Es fallen Art. 34a aufgrund fehlender Sanktionseigenschaften, Art. 35 aufgrund nur indirekter Durchsetzung des Funkti-onsschutzes und somit fehlender Systemrelevanz sowie Art. 36a aufgrund des Ausschlusses der Insolvenzregelungen aus der Untersuchung. Art. 36 BEHG wurde mithin Art. 37 FINMAG diskutiert. 155 Ein Strafcharakter wird der Stimmrechtssuspendierung entgegen der Meinung von NOBEL (Kap. 7/Rn. 178) aufgrund der gesetzlichen Einteilung nicht zugesprochen (vgl. dazu AMMANN et al. (S. 249)). 156 Juristische und natürliche Personen, da beide Aktien halten können (vgl. dazu Art. 625 OR). 157 AMMANN et al., S. 249; WYSS, S. 123 – 124; Die Verletzung muss aufgrund objektiver Indizien als wahrscheinlich er-scheinen (AMMANN et al., S. 250). Die Massnahme ist so lange aufrechtzuerhalten, bis sich der Verdacht aufgelöst hat oder regulär gemeldet wurde (WYSS, S. 124). 158 AMMANN et al., S. 250; 252. 159 BOTSCHAFT-FINMAG, S. 2882; WINZELER, Rn. 2 – 3; 5; Diese Verwaltungssanktion hat keinen Strafcharakter, setzt aber ebenso die persönliche Zurechenbarkeit einer festgestellten Widerhandlung voraus (WINZELER, Rn. 4). 160 KUHN, S. 69; WINZELER, Rn. 6. 161 BGE 135 II 356, E. 5.1; Anderer Meinung WINZELER, der statuiert, dass dies über den Sinn und Zweck der Sanktion hinausgeht und an der Zurechenbarkeit der Widerhandlung scheitern sollte (Rn. 8).

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

20

schutzwirkung Art. 41a aufgrund fehlender Systemrelevanz i.S. dieser Arbeit aus der Analyse. Dassel-

be gilt für Art. 43, welcher die börsenrechtlichen Berufsgeheimnisse schützt.162

Zum Schutz der Integrität und der Effizienz des Kapitalmarkts i.S. des Funktionsschutzes ist es nötig,

dass alle Marktteilnehmer Zugang zu allen Informationen haben, deren Bekanntwerden geeignet ist,

den Kurs von Effekten zu beeinflussen. Jeder der solche Informationen, bevor sie allgemein bekannt

sind, vorsätzlich zu seinem oder zum Vorteil eines Dritten ausnützt163, wird darum gemäss Art. 40

strafrechtlich erfasst.164 Als Täter kommt jede natürliche Person in Frage, die über Insiderinformatio-

nen verfügt und diese durch entsprechende Transaktionen ausnützt. Die Schwere der Strafe hängt da-

bei davon ab, aus welchem Grund eine Person Kenntnis von einer Insiderinformation hat, bevor sie

diese zu einem Vermögensvorteil ausnutzt. Primärinsider, d.h. Personen, die direkten Zugang zu Insi-

derinformationen haben165, werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe (Abs. 1) bzw.

in Fällen, bei denen der Vermögensvorteil mehr als eine Million Sfr. ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf

Jahren oder Geldstrafe (Abs. 2) bestraft. Sekundärinsider, d.h. Personen, die von einem Primärinsider

gezielt eine Insiderinformation erhalten oder eine Insiderinformation durch ein Verbrechen oder Ver-

gehen erlangen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft (Abs. 3). Wer

eine Insiderinformation nur zufällig erhält und ausnützt, wird mit Busse bestraft (Abs. 4).166 Hingegen

ist die Mitteilung oder Empfehlung für den Sekundär- und den Zufallsinsider nicht strafbar.167 Die

Abstufung der Strafandrohung je nach Insidertyp ist wenig überzeugend, wenn man das Tatobjekt

Insidertransaktion an sich verhindern und bestrafen will. Es sollte nicht auf das subjektive Verschul-

den und das Gelingen eines Vermögensvorteils ankommen.168

Gemäss Art 40a wird jede natürliche Person, die vorsätzlich falsche oder irreführende wahre oder un-

wahre Informationen wider besseren Wissens verbreitet oder fiktive Effektentransaktionen tätigt, um

den Kurs von Effekten zu seinem oder einem Vermögensvorteil eines Dritten zu beeinflussen, mit

Freiheitsstrafe bis 3 Jahre (bzw. bis zu 5 Jahre bei Vermögensvorteil von mind. CHF 1 Mio.) oder

162 Art. 43 BEHG bezweckt den Schutz individueller Geheimhaltungsinteressen der Anleger und des Funktionierens der Selbstregulierungstätigkeit der Börse, da Börsenorgane mit Informationen in Kontakt kommen, welche sonst vertraulich oder nur hoheitlichen Amtsträgern einsichtlich sind (LEBRECHT, Rn. 1 – 2; 17; NOBEL, Kap. 16/Rn. 8 – 9). Die Sanktion hat somit indirekten Charakter i.S. dieser Arbeit, da die FINMA diese Funktionen auch selbst durchführen könnte. 163 Die Insiderdelikte sind Vorsatzdelikte. Eventualvorsatz scheint nach h.L. ausreichend zu sein. Die fahrlässige Bekanntga-be von Insiderwissen ist nicht strafbar (BOTSCHAFT-Börsendelikte, S. 6907; WOHLERS, Rn. 58). 164 AMMANN et al., S. 433; Art. 2 lit. f BEHG; BOTSCHAFT-Börsendelikte, S. 6906. 165 De jure und de facto Organe des Emittenten, Organe der Person, die Emittenten beherrscht oder Personen die bestim-mungsgemäss Zugang zu Insiderinformationen haben (WOHLERS mit Verweis auf Art. 40 Abs. 1 BEHG (Rn. 25 – 30)). Da-bei sind Empfehlung, Mitteilung und Transaktion strafbar (Art. 40 Abs. 1 BEHG). 166 BOTSCHAFT-Börsendelikte, S. 6904 – 6905; Die aufsichtsrechtlichen Verbote bzgl. Insiderhandel und Kursmanipulation gehen weiter. Diese inkludieren juristische Personen und sind verschuldensunabhängig formuliert, können aber (nur) mit den beschriebenen Verwaltungssanktionen des FINMAG und BEHG geahndet werden (AMMANN et al., S. 434). 167 WOHLERS, Rn. 64; 66; Die Delikte sind erst vollendet, wenn der Täter für sich oder für einen anderen einen Vermögens-vorteil erzielt hat. Hat der Täter mit der Absicht gehandelt, einen Vermögensvorteil zu erzielen, ist dieser aber nicht eingetre-ten, so kommt allein eine Strafbarkeit wegen eines versuchten Delikts in Frage. Die Weitergabe von Insiderinformationen ohne zumindest die Absicht, für sich oder einen anderen einen Vermögensvorteil zu erzielen, ist damit nicht strafbar (BOT-SCHAFT-Börsendelikte, S. 6906). 168 AMMANN et al., S. 433 – 434.

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

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Geldstrafe bestraft.169 Nicht erfasst werden z.B. Manipulationen mittels echter Transaktionen oder

durch Auftragserteilung sowie Manipulationen des gehandelten Volumens.170

Im Zentrum von Art. 41 steht das Ziel, dass alle Marktteilnehmer ihr Verhalten an die relevanten In-

formationen anpassen können und die Markttransparenz gestärkt wird.171 Die Befolgung der im BEHG

statuierten Meldepflichten wird versucht durch die Androhung einer hohen Bussensanktion im Miss-

achtungsfalle generalpräventiv durchzusetzen. Eine generalpräventive Wirkung vermag die Strafnorm

aber nur zu erlangen, wenn sie den Normverletzer empfindlich trifft.172 Die Busse ist mit 10 Millionen

Sfr. relativ hoch, doch waren im alten Recht höhere Bussen möglich.173 Im Ergebnis sind meist natür-

liche Personen Strafsubjekt.174 Erwähnenswert ist die Mindestbusse im Wiederholungsfalle und dass

neben der Nichtmeldung auch die falsche oder verspätete Meldung pönalisiert wird.175 Art. 42 ist als

Spiegel zu Art. 41 gedacht. Die Sanktionen sind tiefer als bei Art. 41. Art. 42 ahndet einerseits die

reine Untätigkeit (Unterlassung) und anderseits den unwahren oder unvollständigen Inhalt von ge-

machten Angaben der Zielgesellschaft. Auch diese Sanktion schützt u.a. die Funktionsfähigkeit des

Unternehmenskontrollmarktes, da so zu Kaufangeboten Stellungnahmen veröffentlicht werden müs-

sen.176 Neu ist aufgrund Art. 43a neben der Missachtung von Meldepflichten durch den Angebotsstel-

ler und die Zielgesellschaft auch die Verletzung dieser und der Journalpflichten der Effektenhändler

selbst sanktioniert. Da dabei aber die Durchsetzung der Effektenhandelsaufsicht und die Informations-

beschaffung im Zentrum stehen177, ist diese Sanktion nicht systemrelevant i.S. dieser Arbeit.

D. Kollektivanlagengesetz (KAG) Das KAG ist als Schnittstellenerlass und Rahmengesetz konzipiert und bezweckt die Instituts- und die

Produkteaufsicht kollektiver Kapitalanlagen zum Schutze der Gläubiger, der Funktionsfähigkeit und

der Transparenz des Marktes für kollektive Kapitalanlagen.178

I. Verwaltungssanktionen

Das KAG statuiert neben dem Verweis von Art. 133 Abs. 1 KAG auf Art. 30 – 35 und 37 des FIN-

MAG selbst weitere Verwaltungssanktionen. Dabei fallen die möglichen Folgen eines Bewilligungs-

entzugs (Art. 134), die Konkursregelungen (Art. 137 f.), die Auskunftspflicht (Art. 139) und die Zu-

sammenarbeitsartikel mit anderen Behörden (Art. 140 ff.) aus dem Untersuchungsbereich der Arbeit.

169 WOHLERS, Rn. 70; 73; 75; Eine Verurteilung aufgrund Versuch ist auch hier denkbar (WOHLERS, Rn. 74). Eventualvorsatz reicht nach h.L. nur beim Transaktionsdelikt aus (WOHLERS mit entsprechenden Verweisen (Rn. 77)). 170 Es handelt sich somit um einen stark eingegrenzten Anwendungsbereich (AMMANN et al., S. 434). 171 WOHLERS, Rn. 95; Die Meldepflichtverletzung hat hier systemrelevanten Charakter, da nicht die indirekte Informationsbe-schaffung einer Behörde im Zentrum steht, sondern die Allokationseffizienz und Funktionsfähigkeit des Übernahmemarktes. 172 WEBER, Rn. 1; 14. 173 Im alten Recht wurden Bussen bis zur Höhe des Zweifachen des Marktwertes der nicht gemeldeten Beteiligung gespro-chen, was als drakonisch kritisiert wurde (vgl. dazu WEBER (Rn. 14; 15)). Im Entscheid Vekselberg entsprach dies gewichti-gen ca. 40 Mio. Sfr. Die heutige Obermarke ist für NOBEL immer noch sehr hoch für eine Übertretung (Kap. 7/Rn. 176). 174 Sowohl juristische wie natürliche Personen können der Meldepflicht unterstehen. Da die Strafbarkeit von juristischen Personen aber eingeschränkt ist, wäre hier gemäss WATTER eine ergänzende Einziehung des Gewinns für Dritte angebracht, da die jetzigen Regelungen die juristischen Personen zu wenig tangiert (S. 182 – 184). 175 WEBER, Rn. 11; 18; Begründet wird die stärkere Sanktionierung im Wiederholungsfall damit, dass dadurch dem Ruf des Finanzplatzes erheblichen Schaden zugefügt werden kann (WATTER, S. 178). 176 DIEM, IFFLAND & TSCHÄNI, Rn. 2; 4; 7; 10. 177 STUPP, Rn. 2; 6. 178 Art. 1 KAG; JUTZI & SCHÄREN, Rn. 12; 15; 24; 29; 31.

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

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Gemäss Art. 133 Abs. 3 können Bewilligungsträger, wenn die Rechte der Anleger gefährdet sind, zur

Zahlung einer Sicherheitsleistung disponiert werden. Da es sich um eine Sicherungsmassnahme han-

delt, werden an die Gefährdung keine hohen Anforderungen gestellt.179 Die Sicherheitsleistung ist eine

systemrelevante Norm, da damit eine Kettenreaktion von grösseren Gegenparteiausfällen verhindert

werden kann. Die Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung liegt grundsätzlich im Ermessen der

Aufsichtsbehörde. Diese sollte aber der Höhe der mutmasslichen Ansprüche entsprechen oder, wenn

nicht abschätzbar, sich am oberen Rahmen der Eigenmittel des Adressaten orientieren. Adressat sind

sämtliche Personen die in Art. 13 aufgeführt sind, somit diverse juristische und natürliche Personen.180

Gemäss Art. 133 Abs. 4 kann die FINMA im Geltungsbereich des KAG, wenn eine vollstreckbare

Verfügung der FINMA trotz vorgängiger Mahnung nicht fristgerecht umgesetzt wird, die angeordnete

Handlung auf Kosten der säumigen Partei selbst vornehmen. Es werden dem Bewilligungsträger (wie-

derum Bewilligungspflichtige nach Art. 13) dabei keine neuen Pflichten auferlegt, denn i.S. der Voll-

zugskompetenz der Aufsichtsbehörde wird nur exekutorisch der rechtmässige Zustand hergestellt.181

Art. 135 Abs. 1 konkretisiert mit der Möglichkeit der Auflösung den Grundsatz von Art. 37 Abs. 3

FINMAG für den Bereich der bewilligungs- bzw. genehmigungslosen Tätigkeit im Geltungsbereich

des KAG. Als Zwischenlösung bietet Art. 135 Abs. 2 alternativ die Möglichkeit der Überführung der

kollektiven Kapitalanlage in eine gesetzmässige Form. Dies ermöglicht die Abstufung der Massnahme

nach den Anliegen der Gläubiger und ermöglicht, in aufgrund der Marktverhältnisse ungünstigen

Zeitpunkten von der Auflösung abzusehen sowie Kettenreaktionen zu verhindern.182

Ein spezielles Aufsichtsinstrument bietet Art. 136 bei Immobilienfonds oder Immobiliengesellschaf-

ten. Die FINMA kann zur Schätzung der Aktiven dieser einen Schätzungsexperten einsetzen oder

schon Genehmigte abberufen. Dies ist angezeigt, wenn die Interessen der Anleger gefährdet sind und

ist insbesondere aufgrund der Gefahr von abhängigen und nicht marktkonformen Bewertungen ange-

bracht, welche insbesondere bei möglichen Immobilienblasen systemische Gefahren bergen.183

II. Strafsanktionen

Im zweiten Teil des sechsten Titels des KAG sind die Strafbestimmungen aufgezählt. Art. 148 zählt

die Delikte auf, welche als Verbrechen oder Vergehen eingestuft und bei vorsätzlicher Begehung mit

einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bzw. bei Fahrlässigkeit mit einer Busse sanktioniert werden.184

Die Delikte von Art. 148 Abs. 1 lassen sich in Delikte gegen Bewilligungs- bzw. Genehmigungs-

pflicht und in Informationsdelikte i.w.S. unterteilen.185 Die Informationsdelikte i.w.S. fallen aufgrund

fehlender Systemrelevanz aus dem Blickwinkel dieser Arbeit, da die Sanktionierung der Erteilung

falscher Auskünfte (lit. h), die Durchsetzung delegierter aufsichtsrechtlicher Pflichten (lit. j), eine or-

dentliche Erstellung und Prüfung der Jahresrechnungen (lit. e, lit. f und lit. g) und das Kundengeheim-

179 M.w.H MEYER & TAISCH (Art. 133, Rn. 11). 180 Art. 13 Abs. 2 KAG; MEYER & TAISCH, Art. 133, Rn. 13; 14. 181 MEYER & TAISCH, Art. 133, Rn. 18. 182 JUTZI & SCHÄREN, Rn. 1271 – 1272; MEYER & TAISCH, Art. 135, Rn. 19. 183 MEYER & TAISCH, Art. 136, Rn. 2. 184 Art. 148 Abs. 1 und Abs. 2 KAG. 185 M.w.H. JUTZI & SCHÄREN (Rn. 1445).

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

23

nis als Schutz der Privatsphäre (lit. k und lit. l186) nur indirekt dem Ziel des Funktionsschutzes die-

nen.187 Art. 148 Abs. 1 lit. b sanktioniert, wer ohne Bewilligung bzw. Genehmigung eine kollektive

Kapitalanlage bildet und ergänzt Art. 44 FINMAG insofern, dass nicht nur jene bestraft werden, wel-

che operativ tätig werden, sondern schon diejenigen, welche eine kollektive Kapitalanlage bilden.188

Lit. d sanktioniert, wer ohne Bewilligung bzw. Genehmigung eine in- oder ausländische kollektive

Kapitalanlage vertreibt und entspricht demnach Art. 49 Abs. 1 lit. c BankG.189

Art. 149 zählt die Übertretungsdelikte auf, welche bei vorsätzlicher und fahrlässiger Begehung mit

Busse bestraft werden. Abs. 1 lit. a schützt den Anleger vor Verwechslung und Täuschung, lit. b vor

Falschinformationen und lit. c vor dem Vertrieb von internem Sondervermögen bzw. vor Übervortei-

lung dadurch.190 Lit. d sanktioniert, wer Meldungen unterlässt oder falsche Angaben macht und wird

als systemrelevant angesehen, da die korrekte Meldung an Anleger Teil davon ist und essentiell sein

kann. Lit. e schützt nicht qualifizierte Anleger und das ganze Finanzsystem insoweit, als strukturierte

Produkte nur unter gewissen Voraussetzungen vertrieben werden dürfen.191 Lit. f fällt aufgrund der

indirekten Systemrelevanz aus der Analyse. Erwähnenswert sind auch hier die Mindestsanktionen im

Wiederholungsfalle nach Art. 148 Abs. 3 und Art. 149 Abs. 3.

E. Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) & Versicherungsvertragsgesetz (VVG) Das VAG regelt die Aufsicht über Versicherungsunternehmen sowie Versicherungsvermittler und

bezweckt u.a. die Funktionsfähigkeit des Versicherungsmarktes.192

I. Verwaltungssanktionen

Art. 51 VAG zählt nicht abschliessend die sichernden Verwaltungssanktionen auf, welche die FINMA

zur Wahrung der Interessen der Versicherten, u.a. die Funktionsfähigkeit des Marktes, im Regelungs-

bereich des VAG parallel zu den Sanktionen des FINMAG gegenüber Versicherungsunternehmen,

Versicherungsvermittler sowie Drittpersonen anordnen kann.193 Art. 51 Abs. 2 zählt als mögliche

Sanktionen die Einschränkung bzw. den Ausschluss der freien Verfügung über Vermögenswerte des

Versicherungsunternehmens (lit. a), die Anordnung der Hinterlegung bzw. die Sperre von Vermö-

genswerten (lit. b)194, die vollständige oder teilweise Übertragung von Organbefugnissen eines Versi-

186 Wer sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil durch die Offenbarung eines Kundengeheimnisses beschafft, kann seit 01.07.2015 mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren (Verbrechen) bestraft werden (vgl. dazu Fn. 179 im KAG). 187 Art. 150 fällt als Kompetenzartikel ebenso aus der Analyse. 188 LEBRECHT & REUTTER, Art. 148, Rn. 2. 189 Hier ist die alte Terminologie der „Werbung“ durch „Vertrieb“ ersetzt worden (BOTSCHAFT-KAG, S. 3683). 190 LEBRECHT & REUTTER, Art. 148, Rn. 4; LEBRECHT & REUTTER, Art. 149, Rn. 1 – 7. 191 Zur volkswirtschaftlichen Bedeutung und Risiken von strukturierten Produkten vgl. LEBRECHT & REUTTER (Art. 149, Rn. 12; 18 – 20). 192 UMBACH & WEBER, Kap. 3/Rn. 9; Das VVG regelt hingegen den privaten Versicherungsvertrag, hat ähnlichen Inhalt wie das OR und bezweckt die Regelung privatrechtlicher Beziehungen (UMBACH & WEBER, Kap. 14/Rn. 1). Trotz gewisser Be-rührungspunkte zum VAG und der Erwähnung des VVG in Art. 1 Abs. 1 FINMAG wird das VVG aufgrund seines privat-rechtlichen Charakters nachfolgend ausgeblendet. Das VVG enthält zudem keine Bestimmungen zu Verwaltungs- oder Straf-sanktionen. 193 UMBACH & WEBER, Kap. 11/Rn. 56; 58 – 59; Wobei Massnahmen gegenüber Drittpersonen nur auf Unterlassungen be-schränkt sind (UMBACH & WEBER, Kap. 11/Rn. 59). Wo es zwischen den Sanktionen des FINMAG und des VAG Über-schneidungen gibt, gehen die des VAG als lex specialis vor (DEGLI UOMINI & GSCHWIND, Rn. 2; Art. 2 Abs. 1 FINMAG). 194 Dies entspricht im Ergebnis Art. 133 Abs. 3 KAG.

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

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cherungsunternehmens an Drittpersonen (lit. c)195, die Übertragung des Versicherungsbestandes und

des zugehörigen gebundenen Vermögens auf ein anderes Versicherungsunternehmen (lit. d)196, die

Anordnung der Verwertung des gebundenen Vermögens (lit. e), die Abberufung der mit der Oberlei-

tung, Aufsicht, Kontrolle oder Geschäftsführung betrauten Personen oder weiterer Personen mit

Schlüsselfunktionen bzw. das Verbot der Ausübung weiterer Versicherungstätigkeit für höchstens fünf

Jahre (lit. f)197, die Streichung eines Vermittlers aus dem Register (lit. g)198, die Zuordnung von Ver-

mögenswerten bis zum Sollbetrag des gebundenen Vermögens (lit. h) und bei Vorliegen einer Insol-

venzgefahr die Anordnung der Stundung und des Fälligkeitsaufschubs (lit. i)199 auf.200 Gemäss Abs. 3

kann die FINMA zudem die Publikation der Sanktionen anordnen, wenn dies angemessen erscheint.201

II. Strafsanktionen

Das achte Kapitel des VAG enthält zwei Strafbestimmungen und unterscheidet dabei in Übertretungen

und Vergehen, die beide generalpräventiv wirken sollen.202 Normadressaten sind bzgl. beiden Artikel

natürliche Personen.203 Art. 86 regelt die Übertretungen, welche bei vorsätzlicher und fahrlässiger

Begehung mit Busse bestraft werden. Art. 86 Abs. 1 lit. d ahndet den Verstoss gegen das Bilden der

vorgeschriebenen Rückstellungen, die ihrerseits Grossrisiken vorzubeugen und die Solvabilität von

Versicherungsunternehmen aufrecht zu erhalten versuchen.204 Art. 87 regelt demgegenüber die Verge-

hen, die bei vorsätzlicher Begehung mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe und bei fahrlässiger Begehung

mit Busse bestraft werden. Art. 87 Abs. 1 bestraft den Abschluss oder die Vermittlung von Versiche-

rungsverträgen für ein nicht zugelassenes Institut (lit. a)205, das Ausscheiden oder Belasten von gebun-

denen Vermögen (lit. b)206 oder das Vermindern oder Gefährden dessen sonst wie.207 Im Wiederho-

lungsfalle sehen sowohl Art. 86 Abs. 3 sowie Art. 87 Abs. 3 eine Mindeststrafe vor.

195 Dies entspricht im Ergebnis der Einsetzung und Übertragung von Organbefugnissen des Untersuchungsbeauftragten i.S. von Art. 36 FINMAG und der Vollstreckung nach Art. 133 Abs. 4 KAG (DEGLI UOMINI & GSCHWIND, Rn. 22). 196 Dies entspricht im Ergebnis Art. 135 Abs. 2 KAG und ist nur möglich, sofern das andere Unternehmen zustimmt (lit. d). 197 Das versicherungsaufsichtsrechtliche Berufsverbot, wenn die Sanktion ad personam gesprochen wird, unterscheidet sich vom Berufsverbot des FINMAG insofern, dass dieses keine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen fordert (grösserer sachlicher Anwendungsbereich), sich nur gegen bestimmte aufgezählte Funktionsträger richtet (kleinerer Adressa-tenreis) und sich nicht nur auf Tätigkeiten in leitender Stellung bezieht, d.h. jegliche Versicherungstätigkeit kann untersagt werden (grösserer sachlicher Anwendungsbereich) (DEGLI UOMINI & GSCHWIND, Rn. 26 – 29). 198 Was einer abgeschwächten Version von Art. 37 FINMAG entspricht, da der Versicherungsvermittler weiterhin, aber nur gebunden, tätig werden kann (DEGLI UOMINI & GSCHWIND, Rn. 36). 199 UMBACH & WEBER, Kap. 11/Rn. 57. 200 Dabei fallen Art. 51 Abs. 2 lit. e, lit. h und lit. i VAG als Sicherungs- und Sanierungsmassnahmen aus dem Untersu-chungsbereich der vorliegenden Arbeit. 201 Dies kann negativ wirken, da dadurch die Reputation bzw. das Vertrauen in ein Versicherungsunternehmen erheblich geschwächt werden kann (DEGLI UOMINI & GSCHWIND, Rn. 42) und entspricht sinngemäss Art. 34 FINMAG. 202 ROTH PELLANDA, Vor Art. 86 & 87, Rn. 5. 203 ROTH PELLANDA, Art. 86, Rn. 1; ROTH PELLANDA, Art. 87, Rn. 1. 204 ROTH PELLANDA, Art. 86, Rn. 11; Aufgrund nur indirekt dem Ziel des Funktionsschutzes dienend, folglich fehlender Systemrelevanz i.S. dieser Arbeit, werden die Verletzung von Informationsplichten (Art. 86 Abs. 1 lit. b und lit. e), eine ordentliche Einreichung der Geschäfts- sowie Aufsichtsberichten (Art. 86 Abs. 1 lit. c) und die Durchsetzung von Pflichten im Motorfahrzeughaftpflichtversicherungsrecht (Art. 86 Abs. 1 lit. a und lit. f) nicht weiter bearbeitet. 205 Ohne die Bewilligungsvoraussetzungen zu erfüllen, darf kein Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge ab-schliessen oder vermitteln. Diese Norm ist systemimmanent und ergänzt Art. 44 FINMAG insofern, dass jemand, der für ein nichtbewilligtes Institut Verträge abschliesst oder vermittelt, neben dem Institut bzw. dessen Funktionsträger selber, bestraft wird (ROTH PELLANDA, Art. 87, Rn. 4). 206 Das gebundene Vermögen ist zusätzliches Haftungssubstrat, welches sicherstellt, dass ein Versicherungsnehmer vor den übrigen Gläubigern eines Versicherungsunternehmens befriedigt wird (ROTH PELLANDA, Art. 87, Rn. 8); schützt somit sys-temrelevante Ausfallrisiken.

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

25

F. Nationalbankgesetz (NBG) Das NBG regelt als Dachgesetz die Geld- und Währungsordnung der Schweiz, d.h. die Aufgaben und

die Organisation der Schweizerischen Nationalbank (SNB), und bezweckt eine unabhängige Geld- und

Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes mit dem vorrangigen Ziel der Preisstabilität.208 Die

SNB hat gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. e NBG eine Mitverantwortung für die Systemstabilität. So ist sie

zuständig für die Überwachung der Zahlungs- und Effektenabwicklungssysteme, die zentraler und

teilweise systemrelevanter Bestandteil des Finanzmarktes sind.209 An die systemrelevanten Teile kann

die SNB qualitative Mindestanforderungen stellen.210 Das NBG zählt im vierten Abschnitt des dritten

Kapitels u.a. die verwaltungs- und strafrechtlichen Sanktionen auf.

I. Verwaltungssanktionen

Die (Verwaltungs)Sanktionsmöglichkeiten der SNB werden als bescheiden angesehen.211 Zum einen

kann sie nach Art. 23 Abs. 2 ihre Befunde den zuständigen Aufsichtsbehörden zur Kenntnis bringen

und nach Art. 23 Abs. 2 lit. b die Nichteinhaltung einer rechtskräftigen Verfügung durch Veröffentli-

chung bekanntmachen.212 Zum anderen kann sie gemäss Art. 23 Abs. 2 lit. a NBG den fehlbaren Sys-

tembetreiber die Eröffnung eines Sichtkontos verweigern oder ein bestehendes Sichtkonto kündigen.

Dies schliesst Institute von der Geldschöpfung aus und kann für diese sehr restriktiv sein.

II. Strafsanktionen

Art. 24 stellt fehlende, unvollständige oder fehlerhafte Auskünfte sowie Nachweise (Abs. 1 lit. a) und

die Verhinderung von angeordneten oder durchgeführten Überprüfungen (Abs. 1 lit. b) unter Strafe.

Bei Verschulden ist die Sanktion eine Haft oder eine Busse, bei Fahrlässigkeit eine Busse. Um über-

haupt das Systemrisiko einschätzen zu können, sind Auskünfte über Art und Volumen an Transaktio-

nen für die SNB unerlässlich.213 Darum werden diese Sanktionen als systemrelevant angesehen.

G. Andere Erlasse (GwG, PfG, KKG, BEG und weitere) Neben den schon besprochenen bestehen weitere Finanzmarktgesetze. Das GwG, das PfG und das

KKG werden dabei zu den Finanzmarktgesetzen gezählt.214 Das GwG regelt als verwaltungsrechtli-

cher Erlass die Bekämpfung der Geldwäscherei i.S. von Art. 305bis StGB, die Sicherstellung der Sorg-

faltspflicht bei Finanztransaktionen nach Art. 305ter StGB und die Bekämpfung der Terrorismusfinan-

zierung i.S. von Art. 260quinquies Abs. 1 StGB.215 Darüber hinaus statuiert das GwG mehrere verwal-

207 Dies entspricht einer Generalklausel, welche Art. 87 Abs. 1 lit. c ergänzt und denselben Zweck verfolgt (ROTH PELLANDA, Art. 87, Rn. 12). Art. 87 Abs. 1 lit. b setzt indirekt eine Mitteilungspflicht durch, wird deswegen als nicht systemrelevant i.S. dieser Arbeit eingestuft und folglich ausgeblendet. 208 NOBEL, Kap. 6/Rn. 46; 51; 74; Dabei trägt die SNB der konjunkturellen Entwicklung Rechnung (Art. 5 Abs. 1 NBG). 209 Art. 5 Abs. 2 lit. c NBG; Art. 19 – 21 NBG. 210 NOBEL, Kap. 6/Rn. 171; 174; Die Mindestanforderungen an diese werden in Art. 20 Abs. 2 NBG umschrieben. Die FIN-MA kann diese parallel einer Bewilligungspflicht unterstellen (Art. 19 NBG i.V.m. Art. 1bis BankG und Art. 10bis BEHG). 211 Vgl. dazu NOBEL (Kap. 6/Rn. 177). Dabei fällt die Durchsetzung der Kassenliquiditätsmindestreserven von Banken nach Art. 23 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 NBG als Geldmarktsanktion aufgrund ihrer Spezifikation aus dem Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit. 212 Dies entspricht in der Wirkung Art. 34 FINMAG. 213 NOBEL, Kap. 6/Rn. 174. 214 Vgl. dazu Kap. 3, vor A.I. 215 NOBEL mit Verweis auf Art. 1 GwG (Kap. 1/Rn. 130; Kap. 5/Rn. 78). Dabei ist das GwG als Ergänzung der strafrechtli-chen Ebene zu verstehen und erfasst grundsätzlich den ganzen Finanzsektor (NOBEL, Kap. 5/Rn. 5; 93; 97).

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

26

tungsrechtliche Pflichten, enthält hingegen keine verwaltungsrechtlichen Sanktionen. Demgegenüber

weist es mit Art. 37 eine Strafbestimmung auf, welche die Verletzung der Meldepflichten ahndet, wel-

che aber i.S. dieser Arbeit als nicht systemrelevant eingestuft wird. Deswegen, und da die Geldwä-

schereigesetzgebung i.S. des Systemschutzes eher der Integrität und nicht der Funktionsfähigkeit des

Finanzsystems dient216, wird diese aus der weiteren Analyse ausgeklammert. Das PfG217 sowie das

KKG218 enthalten Bestimmungen zu Verwaltungs- und/oder Strafsanktionen. Darüber hinaus, gibt es

noch verschiedene andere Gesetze, welche teilweise dem Finanzmarktrecht zugewiesen werden. Er-

wähnenswert ist das BEG.219 Die Sanktionen des PfG, des KKG und des BEG können qualitativ sys-

temrelevant sein, erscheinen aber in der quantitativen Anwendung vernachlässigbar.220 Insgesamt wird

aufgrund des Gesagten und der schon erheblichen Erfassungsbreite der vorliegenden Arbeit, auf eine

weitergehende Bearbeitung der Sanktionen des GwG, des PfG, des KKG, des BEG und weiterer Ge-

setze mit Anknüpfungspunkten zum Finanzmarkt verzichtet.

H. De lege ferenda - FIDLEG, FINIG und FINFRAG Zurzeit wird die schweizerische Finanzmarktregulierung fundamental umgestaltet. Diese soll zukünf-

tig funktional auf vier Pfeiler aufgebaut werden. Das bestehende FINMAG nimmt darin den Rege-

lungsbereich „Aufsicht“ wahr, in welchem die Beziehung zwischen Aufsicht und Finanzintermediär

geregelt wird. Das Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FINFRAG) nimmt den Regelungskreis "Finanz-

marktinfrastrukturen" war. Es ergänzt und konsolidiert die bis anhin in verschiedenen Erlassen enthal-

tenen Aufsichtsbestimmungen für Finanzmarktinfrastrukturen221 und schafft damit für diese einen

umfassenden Regulierungsrahmen. Der Regelungskreis "Finanzinstitute" wird durch das Finanzinsti-

tutsgesetz (FINIG) kodifiziert, worin die Bewilligungsvoraussetzungen für Finanzdienstleister festge-

legt werden sollen. Abrundend wird das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) den Regelungskreis

"Finanzdienstleistungen" einnehmen und zusammen mit dem KAG die Beziehung zwischen dem Fi-

nanzdienstleister und dem Kunden, die Regulierung der Erbringung von Finanzdienstleistungen und

die Erhöhung der Transparenz für alle Marktteilnehmer regeln.222 Das FINFRAG, welches u.a. das

BEHG ersetzt223, tritt voraussichtlich Anfangs 2016 in Kraft224, regelt zum einen Finanzmarktinfra-

strukturen bzw. Handelsplätze (Art. 4 ff.) und zum anderen das Marktverhalten an Effekten- und Deri-

vatemärkten (Art. 93 ff.). Es übernimmt fast vollständig in Art. 83 – 92 und Art. 144 – 146 die Ver-

216 Indem verhindert werden soll, dass die legale Wirtschaft unterwandert wird (NOBEL, Kap. 1/Rn. 73; 129). 217 Art. 37 – 42 PfG (Verwaltungssanktionen) und Art. 45 – 46 (Strafsanktionen). 218 Art. 32 KKG statuiert eine (Verwaltungs)Sanktion. Jedoch ist das KKG an sich ein privatrechtliches Gesetz (vgl. dazu NOBEL (Kap. 1/Rn. 103 – 106)). 219 Das BEG hat grundsätzlich wie auch das KKG zivilrechtlichen Charakter, aber überschneidet im Anwendungsbereich das Aufsichtsrecht, da es u.a. darauf abzielt, die Stabilität des Finanzsystems zu fördern, da die reibungslose Verwahrung und Übertragung von Bucheffekten Voraussetzung für eine funktionierende Finanzmarktinfrastruktur sind (MAIZAR, Rn. 5; 22). 220 Vgl. dazu NOBEL (Kap. 14/Rn. 21 – 23). 221 Dies sind gemäss Art. 2 lit. a FinfraG Börsen, multilaterale Handelssysteme, zentrale Gegenparteien, Zentralverwahrer, Transaktionsregister und Zahlungssysteme. 222 BÄRTSCHI, S. 462 – 463; BÖSCH & KRAMER, S. 250 – 251. 223 BÖSCH & KRAMER, S. 251. 224 Das FinfraG ist am 19. Juni 2015 an der Schlussabstimmung von beiden Räten angenommen und am 30. Juni 2015 veröf-fentlicht worden (BOTSCHAFT-FINFRAG, S. 4983). Die Referendumsfrist ist zudem am 8. Oktober 2015 ungenutzt abgelau-fen.

Die Sanktionen des Schweizerischen Finanzmarktrechts

27

waltungssanktionen sowie in Art. 147 – 156 die Strafbestimmungen des BEGH.225 Neu regelt das

FINFRAG in Art. 87 selbständig den Entzug der Bewilligung als Verwaltungssanktion und erweitert

Art. 37 FINMAG um einige Tatbestände.226 Nicht übernommen wird das börsengesetzliche Tätig-

keitsverbot von Art. 35a BEHG. Strafrechtlich wird die fahrlässige Verletzung des Berufsgeheimnis-

ses nach Art. 147 Abs. 3 FINFRAG neu anstatt mit Busse bis 250'000 Sfr. mit Geldstrafe bis zu 180

Tagessätzen bestraft, was im Endeffekt höher ausfallen kann. Hingegen wird die fahrlässige Verlet-

zung der Meldepflicht neu nach Art. 151 Abs. 2 FINFRAG mit 100'000 Sfr. und nicht mehr mit bis zu

1 Mio. Sfr. (Art. 41 Abs. 3 BEHG) bestraft. Art. 148 – 150 FINFRAG sanktionieren mit Busse bis zu

500'000 Sfr. die vorsätzliche Verletzung neuer Pflichten wie der Verwechslungsschutzpflicht, der

Aufzeichnungspflicht und Pflichten betreffend dem Derivatehandel. Allgemein entfallen die Mindest-

bussen im Wiederholungsfalle nach Art. 41 Abs. 4, Art. 42a Abs. 3 und Art. 43 Abs. 3 BEHG. Art.

154 Abs. 3 und Abs. 4 erweitern Art. 40 Abs. 3 und Abs. 4 BEHG je um „oder eine darauf berufende

Empfehlung“, was Klarheit schafft, indem eine Empfehlung die auf einer Insiderinformation beruht,

als Tatobjekt für Sekundär- und Zufallsinsider unterstellt wird. Der Gesetzgebungsprozess zum

FIDLEG und zum FINIG ist träger. Zurzeit liegt der Bericht über die Vernehmlassungsergebnisse zu

den beiden Gesetzen vor. Darin äussert sich der Bundesrat nicht zu den weiteren Vorhaben bzgl. Sank-

tionen.227 Der VE-FIDLEG enthält keine Verwaltungssanktionen. Hingegen enthält dieser Strafbe-

stimmungen, welche die Verletzung der Vorschriften über die Erstellung von Prospekten und Basisin-

formationsblättern mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe (Art. 119), unerlaubtes Anbieten von Finanzin-

strumenten mit Busse bis zu 500'000 Sfr. (Art. 120) und die Verletzung von Verhaltensregeln mit Bus-

se bis zu 50'000 Sfr. (Art. 121) sanktioniert, wobei insbesondere die Fahrlässigkeitstatbestände in der

Vernehmlassung stark kritisiert wurden.228 Der VE-FINIG enthält mit der Stimmrechtssuspendierung

(Art. 85) und den Folgen des Bewilligungsentzugs (Art. 86) zwei Verwaltungssanktionen. Art. 119 –

Art. 122 enthalten Strafbestimmungen.229 Das Bankkundengeheimnis wird durch ein Berufsgeheimnis

ersetzt und verschärft (Art. 119).230 Die Bestrafung der unbefugten Entgegennahme von Publikumsein-

lagen wird übernommen (Art. 120) und die Verletzung der neuen Pflichten231 wird bei vorsätzlicher

bzw. fahrlässiger Begehung mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bzw. Busse bestraft.232 Die schon bei

der Einführung des FINMAG geforderte, aber abgelehnte, verwaltungsrechtliche Vermögenssanktion

bis zu 5 Mio. Sfr.233, wurde, trotz entsprechender Sanktion in MIFID II234, wieder fallen gelassen.

225 Die Angabe der Artikel bezieht sich auf die BOTSCHAFT-FINFRAG, welche das neue Gesetz enthält (S. 4931 – 5002). Insbesondere wird neu der OTC-Derivatehandel miteinbezogen (Art. 42 ff. und Art. 93 ff. FINFRAG). 226 Der Nichtgebrauch der Bewilligung innerhalb von 12 Monaten, keine vorhandene Tätigkeit vor der Bewilligungseinfüh-rung und das Nichteinhalten des Auflösungsplans sind neu Gründe für den Bewilligungsentzug (Art. 87 Abs. 1 FINFRAG). 227 VE-BERICHT FIDLEG & FINIG; Die Botschaft zu den Gesetzen wird Ende 2015 erwartet, wobei in gewissen Teilberei-che, nicht bzgl. Sanktionen, schon weitere Informationen vorliegen (EFD-MEDIENMITTEILUNG, S. 1). 228 VE-FIDLEG, S. 41; VE-BERICHT FIDLEG & FINIG, S. 44 – 45; 55 – 56. 229 VE-FINIG, S. 27; 38 – 39. 230 BÄRTSCHI, S. 474; VE-FINIG, S. 38; VE-BERICHT FIDLEG & FINIG, S. 55. 231 Dies wären die Aufzeichnungs- und Rechnungslegungsvorschriften (Art. 121), Schutzpflichten vor Verwechslung und Täuschung sowie neue Meldepflichten (Art. 122). 232 VE-FINIG, S. 39. 233 MEYER & TAISCH, Art. 133, Rn. 259. 234 Art. 70 Abs. 1 i.V.m. Art. 70 Abs. 6 lit. f MIFID II.

Die Sanktionen des Schweizerischen Wettbewerbsrechts

28

4. Die Sanktionen des schweizerischen Wettbewerbsrechts

In diesem Kapitel wird der Untersuchungsgegenstand der Analysen mit den Verwaltungssanktionen

und Strafsanktionen des schweizerischen Wettbewerbsrechts vervollständigt. Der Kern des Wettbe-

werbsrechts besteht aus dem KG, dem UWG und dem PüG, welche je andere Regelungsziele besit-

zen235, aber sich teilweise komplementär ergänzen. Die Gesetze wollen das Funktionieren des Wett-

bewerbs als zentrales Steuerungsinstrument in einer Marktwirtschaft sicherstellen.236

A. Kartellgesetz (KG) Das KG bezweckt gemäss Art. 1 „volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kar-

tellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interes-

se einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern“ und versucht damit eine marktwirt-

schaftliche Ordnung unter Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.237 Verwaltungssanktionen

werden im sechsten Abschnitt des vierten Kapitels und Strafsanktionen im fünften Kapitel aufgezählt.

I. Verwaltungssanktionen

Der Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Strafsanktionen stellt sich im KG als noch schwieri-

ger heraus als im FINMAG. Historisch ist diese ebenso auf die unterschiedlichen Adressatenkreise der

Bestimmungen zurückzuführen, doch ist diese hier aufgrund Art. 7 VStrR, der Einführung von Art. 2

Abs. 1bis KG238 und der Unternehmensstrafbarkeit nach Art. 102 StGB239, umso mehr nicht mehr zu-

treffend.240 Die Zuordnung der als Verwaltungssanktionen bezeichneten Sanktionen von Art. 49a ff.

KG ist schwierig, da diese einen präventiven sowie repressiven Charakter zu haben scheinen.241

Hauptsächlich deswegen wird Art. 49a KG nach h.L. als Sanktion mit strafrechtlichem Charakter an-

gesehen.242 Anders verhält es sich bzgl. Art. 50 KG. Die Belastung eines Unternehmens, wenn es zu

seinem Vorteil gegen eine einvernehmliche Regelung oder eine behördliche Anordnung verstossen

hat, und ähnliche Regelungen bezwecken nur die Einziehung unrechtmässig erzielter Gewinne. Daher

235 Das KG bekämpft Abreden, den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen und Unternehmenszusammenschlüsse, welche den Wettbewerb verzerren, beschränken oder aushebeln. Das KG sorgt für eine gewisse Quantität an Wettbewerb (VON BÜREN, Kap. 1/Rn. 4). Das UWG dient auch dem Bestandsschutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs, indem es für Fairness im Markt sorgt und den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten gewährleistet. Das UWG sorgt für eine Qualität des Wettbewerbs (Art. 1 UWG; VON BÜREN, Kap. 1/Rn. 4). Das PüG dient der Verhinderung bzw. Beseitigung missbräuchlicher Preis(bildung) und fungiert insoweit als Ersatz für den Wettbewerb als Reaktion auf missbräuchlich eingesetzte Marktmacht, wobei es sich mit der Preisbildung auf Märkten mit bereits beschränktem oder feh-lendem Wettbewerb beschäftigt, häufig mit sog. „administrativen Preisen“ (DUCREY, Kap. 9/Rn. 1542). Das PüG wird folg-lich aussen vor gelassen, da es keine Verwaltungssanktionen enthält und die Strafbestimmungen von Art. 23 und Art. 24 PüG indirekten Charakter haben und nicht systemrelevant i.S. dieser Arbeit sind (dem entsprechend BREMER (S. 26)). 236 VON BÜREN, Kap. 8/Rn. 1053; Vgl. dazu Kap. 2.B. und insbesondere Fn. 64. Alle folglich diskutierten Gesetzesartikel sind in Anhang 1 aufgeführt. 237 ZÄCH, Rn. 235. 238 Vgl. dazu Kap. 2.C. und insbesondere Fn. 67. 239 Vgl. dazu Kap. 2.D. 240 NIGGLI & RIEDO, Vor Art. 49a – 53, Rn. 5 – 6; 14 – 17; Insbesondere sind die systematische Einordnung und die Ausfüh-rungen der BOTSCHAFT-KG, dass es sich um Verwaltungssanktionen handeln muss, da Unternehmen als juristische Personen nicht deliktsfähig seien und ihnen keine subjektive Schuld zugewiesen werden könne (2001, S. 2034), nicht mehr zutreffend. Daran vermag ebenso das so genannte „belasten“ anstatt „büssen“ des Art. 49a KG nichts zu ändern (WIPRÄCHTIGER & ZIM-MERLIN, S. 206). 241 M.w.H. NIGGLI & RIEDO (Vor Art. 49a – 53, Rn. 30). 242 Vgl. dazu Kap. 4.A.II.

Die Sanktionen des Schweizerischen Wettbewerbsrechts

29

gilt eine solche Belastung nicht als Busse und hat keinen strafrechtlichen Charakter.243 Als systemrele-

vante Verwaltungssanktion i.S. dieser Arbeit bleibt nur der erste Tatbestand von Art. 51 bestehen, da

Art. 50, die anderen Tatbestände von Art. 51 und Art. 52 indirekte Sanktionen darstellen und schon

Festgestelltes sowie Auskunftspflichten durchzusetzen versuchen und Art. 53 das Verfahren regelt.

Der erste Tatbestand von Art. 51 Abs. 1 sanktioniert den unmittelbaren Verstoss gegen eine materiell-

rechtliche Gesetzesvorschrift und bezweckt den Wettbewerbsschutz über die Kontrolle von Unter-

nehmenszusammenschlüssen.244 Der Vollzug eines meldepflichtigen Zusammenschlusses ohne dessen

Meldung wird mit einem Betrag von bis zu einer Mio. Sfr. belastet. Als Vollzug gilt bereits die blosse

Möglichkeit, bestimmend Einfluss über das zu übernehmende Unternehmen zu haben, und nicht erst

die effektive Ausübung dieses Einflusses.245 Aus der Analyse fällt hier aufgrund fehlender Systemre-

levanz die im Ergebnis und in den Anreizwirkungen höhere Sanktionierung im Wiederholungsfalle

nach Abs. 2, da diese sich nur auf den Verstoss gegen eine Auflage bezieht.

II. Strafsanktionen

Art. 49a wird in der Lehre überwiegend als Verwaltungs(straf)sanktion mit strafrechtlichem Charakter

qualifiziert, da, wenn die Bemessung des zu belastenden Betrags einer Sanktion von der Dauer und

Schwere des unzulässigen Verhaltens abhängt, eine so konzipierte Massnahme abschreckend und ver-

geltend wirken soll, und nicht nur den rechtmässigen Zustand herzustellen versucht.246 Die Rechtspre-

chung unterstützt dies.247 Art. 49a sanktioniert direkt die Beteiligung an einer unzulässigen Abrede

gemäss der Vermutungstatbestände von Art. 5 Abs. 3 (harte horizontale Kartelle) und Abs. 4 (harte

vertikale Kartelle) sowie den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 7. Bei den

Tatbeständen von Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 kann eine Sanktion auch ausgesprochen werden, wenn die

Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs zwar umgestossen, die Abrede aber nicht ge-

rechtfertigt werden kann.248 Um die präventive Wirkung der Sanktion zu erhöhen, wurde der abstrakte

Höchstsanktionsrahmen gegen oben weit gefasst, so dass sich wettbewerbswidrige Verhaltensweisen

nicht lohnen. Die Sanktion sollte die durch die Wettbewerbsbeschränkung erzielten wirtschaftlichen

Vorteile übersteigen.249 Zudem wird ein entscheidender negativer Reputationseffekt erwartet, da die

Verhängung hoher Sanktionen öffentlichkeitswirksam sei und einen empfindlichen Imageverlust ver-

ursachen könne.250 Die Strafandrohung richtet sich gemäss Wortlaut des Art. 49a Abs. 1 an jegliches

243 MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 40; Ausführlich aber einseitig dem wiedersprechend NIGGLI & RIEDO (Vor Art. 49a – 53, Rn. 32 – 43) und kurz TAGMANN & ZIRLICK (Art. 51, Rn. 2). Zudem unterscheiden sich Art. 49a und insbesondere Art. 54 jedenfalls formal betrachtet betreffend Schutzgegenstand, da Art. 49a Gesetzesverstösse ahndet und die folgenden Artikel, Verstösse gegen einvernehmliche Regelungen und behördliche Anordnungen ahnden (ZÄCH, Rn. 1106). 244 WIPRÄCHTIGER & ZIMMERLIN, S. 215. 245 TAGMANN & ZIRLICK, Art. 51, Rn. 6. 246 BORER, Rn. 2; MÜLLER, TSCHANNEN & ZIMMERLI, Kap. 32/Rn. 40; m.w.H. NIGGLI & RIEDO (Vor Art. 49a – 53, Rn. 6; 32 – 35; 43); WIPRÄCHTIGER & ZIMMERLIN, S. 206; ZÄCH, Rn. 1108; So kann eine Sanktion nach Art. 49a insbesondere nicht mit einer von Art. 54 f. kumuliert werden, wenn der Täter dieselbe natürliche Person ist (TAGMANN & ZIRLICK, Art. 49a, Rn. 35). 247 Vgl. dazu und m.w.H. Urteil des BVGer B-2977/2007, E. 8.1.3 und BGE 139 I 72, E. 2.2.2. 248 Art. 49a KG; DUCREY, Kap. 9/Rn. 1797 – 1801; vgl. ausführlich dazu TAGMANN & ZIRLICK (Art. 49a, Rn. 5 – 9). 249 TAGMANN & ZIRLICK, Art. 49a, Rn. 11. 250 Gemäss BOTSCHAFT-KG belegen dies Erfahrungen im Ausland (2001, S. 2034).

Die Sanktionen des Schweizerischen Wettbewerbsrechts

30

Unternehmen, was teilweise auch natürliche Personen sein können.251 Die mögliche Diskrepanz zwi-

schen Adressaten und Täterkreis bei juristischen Personen wird analog zur subsidiären Unternehmens-

verantwortlichkeit nach Art. 102 StGB über eine Zurechnung252 gelöst. Aufgrund des strafrechtlichen

Charakters von Art. 49a wird, obwohl nicht ausdrücklich im Wortlaut erwähnt, ein Verschulden vo-

rausgesetzt.253 Da juristische Personen keine Schuldfähigkeit bzw. Deliktfähigkeit besitzen, wird ein

Verschulden über die Vorwerfbarkeit bzw. die Zurechnung einer objektiven Sorgfaltspflichtverletzung

i.S. eines fahrlässigen Handelns hergeleitet, wobei das Handeln der Mitarbeitenden dem Unternehmen

i.d.R. zugerechnet werden kann.254 Dabei ist es nicht notwendig, dass die Sorgfaltspflichtverletzung in

der Person eines bestimmten Angehörigen des Unternehmens vorliegt, da dies schwer ausfindig zu

machen und nachzuweisen ist.255 Die Sorgfaltspflichtverletzung kann insbesondere auch in einem Or-

ganisationsmangel i.S. eines Organisationsverschuldens bestehen.256 An den Nachweis des Verschul-

dens sind aber keine hohen Anforderungen zu stellen, da wenn die objektiven Tatbestände erfüllt sind,

i.c. die subjektiven Elemente meistens immanent sind.257 Massgebend für die Anreizwirkung der di-

rekten Sanktion des Art. 49a ist die Bonusregel, welche den vollständigen oder teilweisen Sanktions-

verzicht erlaubt, wenn eine Unternehmung an der Aufdeckung und der Beseitigung einer Wettbe-

werbsbeschränkung mitwirkt (Abs. 2) sowie wenn ein Unternehmen eine Wettbewerbsbeschränkung

vor deren Entfaltung meldet oder diese bei Eröffnung einer Untersuchung länger als fünf Jahre nicht

mehr ausgeübt worden ist (Abs. 3). Dies soll für austrittswillige Kartellmitglieder einen Anreiz schaf-

fen um auszutreten, die Aufrechterhaltung von Kartellen zusätzlich erschweren, die Entdeckungswahr-

scheinlichkeit solcher erhöhen und die Sachverhaltsermittlung vereinfachen.258

Die anderen im fünften Kapitel des KG als solche aufgezählten Strafsanktionen fallen bis auf einen

Tatbestand des Art. 55 aufgrund deren indirekten Eigenschaften und deswegen fehlender Systemrele-

vanz i.S. dieser Arbeit aus der Analyse.259 Der dritte Tatbestand des Art. 55 bestraft den (eventu-

al)vorsätzlichen Vollzug eines meldepflichtigen Zusammenschlusses ohne Meldung mit einer Busse

bis zur Höhe von 20'000 Sfr. und ist damit das Pendant zum ersten Tatbestand des Art. 51 Abs. 1,

251 Was in der Anreizanalyse aber ausgeblendet wird. Vgl. zum Unternehmensbegriff im Kartellrecht nach Art. 2 Abs 1bis KG Kap. 2.C. Fn. 67. 252 Vgl. dazu Kap. 2.D.; Art. 102 StGB findet selber nicht Anwendung, da Art. 49a und Art. 54 ff. als Übertretungen angese-hen werden (NIGGLI & RIEDO, Vor Art. 49a – 53, Rn. 18– 24; vgl. dazu Art. 333 Abs. 3 StGB). 253 Begründet wird dies, entgegen des expliziten Ausschlusses eines Verschuldens durch die BOTSCHAFT-KG (2001, S. 2034), nicht abschliessend überzeugend damit, dass für den Gesetzgeber nicht die Kodifizierung einer schuldunabhängigen Sanktion im Zentrum stand, sondern eher die Ermöglichung der Strafbarkeit von Unternehmen (NIGGLI & RIEDO, Vor Art. 49a – 53, Rn. 109). Ebenso hat die WEKO ihre alte Praxis relativiert und statuiert, dass neben den objektiven Tatbeständen auch sub-jektive Elemente des Verschuldens zu berücksichtigen sind (RPW 2002/2, S. 398, E. 3.3.2; RPW 2006/4, S. 660, Rn. 229). 254 RPW 2006/4, S. 660, Rn. 229; m.w.H. TAGMANN & ZIRLICK (Art. 49a, Rn. 10); Ein Verschulden liegt daher nur vor, wenn der Täter wissentlich handle oder Handlungen unterlasse, die man von einer vernünftigen, mit den notwendigen Fach-kenntnissen ausgestatteten Person in einer ähnlichen Situation erwarten könne (RPW 2002/2, S. 398, E. 3.3.2). 255 BORER, Rn. 11. 256 WIPRÄCHTIGER & ZIMMERLIN, S. 209. 257 TAGMANN & ZIRLICK, Art. 49a, Rn. 10. 258 DUCREY, Kap. 9/Rn. 1812; WIPRÄCHTIGER & ZIMMERLIN, S. 212; Der Sanktionserlass und die Sanktionsreduktion sind in Art. 8 – 14 der Verordnung über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (SVKG) geregelt. 259 Art. 54 sanktioniert Widerhandlungen gegen einvernehmliche Regelungen und behördliche Anordnungen, Art. 55 ver-sucht die Verfügungen betreffend Auskunftspflicht und Unternehmenszusammenschlüssen durchzusetzen, Art. 56 regelt die Verjährung und Art. 57 das Verfahren. Vgl. zu den bisher fruchtlosen Vorstössen bzgl. Einführung von direkten Strafsankti-onen gegen natürliche Personen, d.h. direkten Sanktionen i.S. dieser Arbeit, ausführlich BREMER.

Die Sanktionen des Schweizerischen Wettbewerbsrechts

31

weshalb er somit in den Untersuchungsbereich der vorliegenden Arbeit fällt. Ziel ist es, die Entstehung

von marktmächtigen Unternehmen zu verhindern. Der Täterkreis ist dabei eingeschränkt auf jene, die

der Meldepflicht unterstehen.260

B. Lauterkeitsrecht (UWG) Das UWG bezweckt gemäss Art. 1, den lauteren und unverfälschten Wettbewerb im Interesse aller am

Wettbewerb Beteiligten zu gewährleisten. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Privatrecht. Je-

doch enthält das UWG mit Art. 16 – 20 mehrere verwaltungsrechtliche Bestimmungen. Diese bezie-

hen sich auf die Preisbekanntgabe und auf damit verbundene Auskunftspflichten.261

I. Verwaltungssanktionen

Das UWG enthält (bis anhin) keine verwaltungsrechtlichen Sanktionen, um die soeben beschriebenen

verwaltungsrechtlichen Pflichten durchzusetzen.

II. Strafsanktionen

Demgegenüber enthält das UWG mit Art. 23 und 24 zwei zu analysierende Strafbestimmungen.262 Art.

23 bestraft auf Antrag, wer (eventual)vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Artikel 3, 4, 4a, 5 oder

6 begeht, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.263 Interessant ist, dass die Generalklau-

sel von Art. 2, welche jegliche Handlung erfasst, die objektiv geeignet ist, den Wettbewerb zu beein-

flussen264, nicht darunter fällt.265 Art. 23 muss als Ergänzung zu den zivilrechtlichen Klagen nach Art.

9 ff. verstanden werden.266 Für die Anreizwirkung ist neben des Ausschlusses der Generalklausel

ebenfalls von Bedeutung, dass sich die einzelnen Verstösse hinsichtlich ihrer Schwere zum Teil be-

trächtlich unterscheiden, aber eine Differenzierung der Sanktionierung nach Schweregrad nicht mög-

lich ist. Zudem ist hervorzuheben, dass die Wirkung der Androhung eines Antragsdeliktes mit Ver-

weisen auf zivilrechtliche Inhalte als bescheiden angesehen wird.267

Art. 24 versucht als Offizialdelikt direkt die verwaltungsrechtlichen Pflichten strafrechtlich durchzu-

setzen. Bestraft wird, wer die Pflicht zur Preisbekanntgabe und zur Grundpreisbekanntgabe an Kon-

sumenten nach Art. 16, Art. 16a und Art. 17, die irreführende Preisbekanntgabe nach Art. 18 sowie die

dazu erlassenen 25 Artikel der Preisbekanntgabeverordnung verletzt.268 Sowohl die vorsätzliche als

auch die fahrlässige Begehung ist dabei strafbar, wobei vorsätzliches Handeln mit eine Busse von bis

zu 20'000 Sfr. und Fahrlässigkeit mit einer Busse von bis zu 10'000 Sfr. bestraft wird.269

260 NIGGLI & RIEDO, Art. 55, Rn. 10; 13; 25; 41. 261 VON BÜREN, Kap. 8/Rn. 1055 – 1056; 1231. 262 Art. 26 und Art. 27 UWG regeln die Zuständigkeit und das Verfahren und fallen damit aus der Analyse. 263 GILLIÉRON & KILLIAS, Art. 23, Rn. 21. 264 VON BÜREN, Kap. 8/Rn. 1062. 265 GILLIÉRON & KILLIAS, Art. 23, Rn. 1. 266 Mit eingehender Hervorhebung der speziellen Rechtslage eines materiell-strafrechtlichen Verweises auf zivilrechtliche Regelungen, Kritik dazu und m.w.H. GILLIÉRON & KILLIAS (Vor Art. 23 – 27, Rn. 2 – 3). 267 GILLIÉRON & KILLIAS, Art. 23, Rn. 4 – 7; vgl. dazu auch GILLIÉRON & KILLIAS (Vor Art. 23 – 27, Rn. 8 – 10). 268 Die Preisbekanntgabeverordnung (PBV) vom 11. Dezember 1978 entspricht den in Abs. 1 lit. e UWG angesprochenen Ausführungsvorschriften. Ein solcher Blankettverweis auf eine Verordnung wird als problematisch angesehen (GILLIÉRON & KILLIAS, Art. 24, Rn. 1), aber kann anreiztechnisch interessant sein. Die Sanktionierung der Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 24 Abs. 1 lit. d i.V.m. Art. 19 UWG fällt aufgrund fehlender Systemrelevanz aus dem Untersuchungsrahmen. 269 GILLIÉRON & KILLIAS, Vor Art. 23 – 27, Rn. 16; GILLIÉRON & KILLIAS, Art. 24, Rn. 4 – 5.

Die ökonomische Analyse des Rechts als Werkzeugkasten

32

5. Die ökonomische Analyse des Rechts als Werkzeugkasten

A. Zum Nutzen und zur Stellung der Rechtsökonomik Im Sinne der Zielrichtung des Rechts mit dem Erkenntnisinteresse hin zum „richtigen Recht“ verlässt

das öffentliche Recht immer mehr das Terrain der dogmatischen Rechtstheorie sowie das Verständnis

des Rechts als reine Anwendungswissenschaft und bezieht seine Wirksamkeitsbedingungen zuneh-

mend mit ein. So wird das Verständnis des Rechts als konsequenzialistische, steuerungsorientierte

Handlungs- und Entscheidwissenschaft akzeptiert und postuliert. Nur so kann die Dynamik der Wirk-

lichkeit und des Rechts eingefangen und reflektiert werden.270 Eine solche Steuerungsperspektive

braucht zur Erkenntnishilfe eine Theorie welche die Sachgesetzlichkeiten der Wirklichkeit erfasst.

B. Institutionenökonomische Grundlagen Die in der vorliegenden Arbeit angewendete Neue Institutionenökonomik hält eine solche Entschei-

dungstheorie bereit, welche direkt bei den Rechtsadressaten ansetzt.271 Sie rekonstruiert die sozialen

Probleme, auf die das Recht reagiert, als Anreizproblem sowie beschreibt Änderungen der Anreiz-

struktur und kann so die Steuerungswirkung von Recht erfassen.272 Der Betrachtungsgegenstand

„Recht“ wird anhand der volkswirtschaftlichen Methodik untersucht, welche Intuition übersteigt und

Wirkungen exakt zu beschreiben vermag.273 So kann untersucht werden, ob das (öffentliche) Wirt-

schaftsrecht seine Funktionen, die wohlstandsfördernden Eigenschaften des Wettbewerbs aufrecht zu

erhalten und Fälle des Marktversagens zu beseitigen274, erfüllen kann. Zur Überwindung von solchen

Marktversagen als Interaktionsproblem werden Institutionen geschaffen.275 Dabei sind unter dem Be-

griff Institution „allgemein bekannte Regeln, mit deren Hilfe wiederkehrende Interaktionssituationen

strukturiert werden und die mit einem Durchsetzungsmechanismus bewehrt sind, der eine Sanktionie-

rung bzw. Sanktionsandrohung im Falle eines Regelverstosses bewirkt“ zu verstehen.276 Untersu-

chungsgegenstand ist die Durchsetzung der Regulierung der wirtschaftlichen Akteure im Finanzmarkt

und im allgemeinen Wettbewerb durch Sanktionen. Hierbei wird unter Regulierung eine gezielte Be-

einflussung individuellen Verhaltens durch den Staat verstanden, die durch ein Marktversagen be-

gründet ist.277 Für diese Arbeit sind die nicht ganzheitlich abgrenzbaren Marktversagen278 der externen

Effekte279 und Wettbewerbsverzerrungen als Marktunvollkommenheiten280 massgebend. Im Zentrum

270 VAN AAKEN, 2014, S. 1097 – 1099. 271 Sie ist aber nicht die einzig mögliche Theorie. Ökonomische Theorien sollten immer als eine mögliche Sichtweise i.S. eines situationsgerechten Methodenpluralismus verstanden werden. Die Institutionenökonomik ist insbesondere in der Analy-se des öffentlichen Rechts aber der neoklassischen Wohlfahrtsökonomie vorzuziehen (vgl. dazu RODI (S. 30 – 32)). 272 VAN AAKEN, 2014, S. 1100 – 1101. 273 COOTER & ULEN, S. 3 – 4. 274 RODI, S. 205. 275 RODI, S. 31. 276 VOIGT, S. 27; Es gibt noch keine allgemein gültige Definition. Die zitierte entspricht aber der Methodik und dem Untersu-chungsgegenstand dieser Arbeit vornehmlich (vgl. dazu Voigt (S. 26) und RODI (S. 31)). 277 Vgl. dazu m.w.H. RODI (S. 205). 278 Bei der Kategorisierung der verschiedenen Marktversagen handelt es sich um nicht-abschliessende und unscharfe Abgren-zungen, da sich diese überschneiden und überlagern (RODI, S. 32). 279 Externe Effekte sind Auswirkungen von Entscheidungen, die den Nutzen, die Bedürfnisbefriedigung oder die Produkti-onsentscheidung unbeteiligter Dritter verändern, ohne dass die Betroffenen im Fall eines positiven externen Effekts etwas

Die ökonomische Analyse des Rechts als Werkzeugkasten

33

des Finanzmarktrechts steht die Internalisierung und Verhinderung von negativen externen Effekten,

die sich negativ zu Lasten aller Marktteilnehmer auswirken bzw. zu einem Systemkollaps führen und

das System gefährden können, sowie nicht über den Markt internalisiert werden. Da der system-

destruktive Effekt einer Handlung nicht eingepreist ist, wird diese öfters vorgenommen. Darum, und

da die nicht internalisierten Kosten des Verstosses gegen systemrelevante Normen schwer messbar

sind281, werden solche Handlungen staatlicherseits durch die Institution in Form einer Sanktion be-

kämpft und es wird in das individuelle Handlungsspektrum eingegriffen.282 Der Staat verbietet Hand-

lungen die externe Effekte zur Folge haben und/oder internalisiert diese wenn möglich bei den Verur-

sachern.283 Da die Präventivwirkung von Sanktionen nicht alle Handlungen mit Externalitäten zu ver-

hindern vermögen284, sollten festgestellte negative externe Effekte beim Verursacher internalisiert

werden. Hier setzt die juristische Unterscheidung zwischen punitiven und repressiven Sanktionen ein.

Ökonomisch gesehen versuchen, juristisch als repressive Sanktionen bezeichnete Sanktionen, externe

Effekte zu internalisieren. Juristisch als punitiv bezeichnete Sanktionen, wollen hingegen die Präven-

tivwirkung der, gewisse Tatbestände verbietenden, repressiven Sanktionen erhöhen. Punitive Sanktio-

nen gehen demnach in ihrer Höhe ökonomisch über die negativen Externalitäten hinaus. Im Zentrum

des Wettbewerbsrechts stehen die Verhinderung von Marktmacht und die damit verbundene Förde-

rung verschiedener Effizienzen.285 Die negativen Externalitäten der Kartellbildung, die Allokationsi-

neffizienzen verursachen, gilt es zu verhindern. Somit gilt hier das Vorgesagte ebenso. Die Instituti-

onsökonomik verwendet für die Erklärung der Wirkungen des Rechts auf der Mikroebene die Theorie

der Rationalen Wahl (Rational-Choice-Modell (RCM)), geht aber von beschränkter Rationalität und

vorhandenen Transaktionskosten aus, bezieht somit weitgehend die Forderungen der Verhaltensöko-

nomik mit ein.286 Dabei wird die Verhaltenskanalisierung durch Gebote und Verbote explizit berück-

sichtigt.287 Wenn die Anreizwirkungen von Verwaltungs- und Strafsanktionen verglichen werden,

handelt es sich dabei um eine Wirkungsanalyse von exogen gegebenen externen Institutionen.288 Die

hierfür angewendeten Konzepte – das RCM, die Verhaltensökonomik und die komparative Institutio-

nenanalyse – werden nun kurz erläutert und insbesondere auf Spezifikationen und das Vorgehen in der

Analyse eingegangen.

dafür bezahlen müssten oder im Fall eines negativen externen Effektes dafür entschädigt würden. Diese sind auch der Grund dafür, dass die ökonomische Identität zwischen Gemeinwohl und Individuum nicht gegeben ist (NOLL, S. 21). 280 Die Neigung eines Marktes zur Bildung von Monopolen, Oligopolen oder Kartellen, d.h. übermässiger Marktmacht, führt dazu, dass Unternehmen den Preis langfristig über die Grenzkosten hinaus anheben können. Dadurch wird eine Bedingung der Allokationseffizienz aufgehoben, was durch den Staat zu verhindern versucht wird (vgl. dazu m.w.H. NOLL (S. 46)). 281 Diese können nur geschätzt werden (COOTER & ULEN, S. 523). 282 NOLL, S. 21; Staatliche Interventionen können im Wege der Institutionenbildung systematisch Anreizstrukturen verän-dern. Im Zentrum steht der Versuch die Rechtsadressaten von solchen Handlungen abzuhalten (RODI, S. 31; 224). 283 RODI, S. 37 – 39; Die Verhinderung dieser durch Beteiligung am Entscheidungsprozess, als dritte vorgeschlagene Lösung in einem solchen Fall, entfällt aufgrund der zu hohen Koordinierungskosten, die dies nach sich ziehen würde (vgl. dazu RODI (S. 36 – 40)). 284 RODI, S. 38. 285 Vgl. dazu Kap. 2.B. und Fn. 64. 286 VOIGT, S. 22; VAN AAKEN, 2003, S. 89; Dies begründet eine Analyse nach dem RCM und der Verhaltensökonomik. Folg-lich werden beide Theorien angewendet; um ihre jeweiligen Stärken zu nutzen, aber auch um ihre Schwächen aufzuzeigen. 287 VOIGT, S. 15. 288 VOIGT, S. 31; 33 – 34.

Die ökonomische Analyse des Rechts als Werkzeugkasten

34

C. „Rational Choice“-Modell (RCM) Das Standardmodell der Ökonomik erklärt menschliches Verhalten als rationale Wahl zwischen Hand-

lungsalternativen.289 Aus dieser Sicht ist Recht eine Einschränkung menschlichen Verhaltens, genauso

wie die Knappheit der Ressourcen. Jegliche Änderung des Rechts verändert die Anreize und das Ver-

halten der Menschen. Dieses wird dadurch prognostizierbar. Gemäss dem RCM sind Sanktionen ver-

gleichbar mit Preisen. Demnach reagieren Personen auf Sanktionen gleichermassen wie auf Preise.

Wenn eine Handlung durch den Staat sanktioniert wird, steigt folglich der „Preis“, d.h. die Kosten

dieser Handlung. Folglich wird analog zu einem Preisanstieg eines Produktionsgutes weniger von der

entsprechenden Handlung konsumiert bzw. die Handlung wird weniger oft auftreten.290 Ob die Hand-

lung vorgenommen wird, ist abhängig von den Präferenzen und der Risikoeinstellung der Rechtsan-

wender. Ergänzt wird diese Kosten-Nutzen-Abwägung durch das Miteinbeziehen der Wahrscheinlich-

keit einer Sanktionierung. Delinquenz ist demnach rational, wenn der erwartete Nettonutzen aus der

sanktionierten Handlung unter den gegebenen Restriktionen positiv ist.291

D. Verhaltensökonomik An diesem Argument der Rationalität und anderen Annahmen des RCM setzt die Verhaltensökonomik

an. Diese zeigt auf, dass die Verhaltensannahmen des RCM in Wirklichkeit systematisch verletzt wer-

den.292 Dabei hat sich noch keine vereinheitlichende Entscheidungstheorie gebildet. Die Verhal-

tensökonomik statuiert u.a., dass Menschen begrenzt rational handeln, eine begrenzte Willenskraft

besitzen und begrenzt eigennützig sind. Begrenzte Rationalität beschreibt dabei, dass Menschen, auf-

grund ihrer begrenzten Fähigkeiten Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, auf einfache

Problemlösungsmechanismen (heuristics) zurückgreifen, welche als Verhaltensanomalien (biases) von

ökonomischer Rationalität abweichen und zu systematischen Fehlern führen können.293 Beschränkte

289 Eine Darstellung des RCM (auch homo oeconomicus-Modell genannt) und dessen Annahmen (Vollständigkeit, Reflexivi-tät und Transitivität/unbegrenzte Rationalität, Willenskraft und Eigennutzstreben) finden sich u.a. bei BECK (S. 2), NOLL (S. 16 – 18) und VOIGT (S. 20 – 23). 290 COOTER & ULEN, S. 3; 494 – 499. 291 Dabei wird die Berechnung folglich erwarteter Nutzen (monetarisiertes Einkommen aus der Handlung) minus Kosten der Handlung (formelle und informelle, monetarisierte Sanktion und Opportunitätskosten der Zeit) multipliziert mit der Sanktio-nierungswahrscheinlichkeit, sein. Dabei werden die Präferenzen (Werte, Wünsche und Vorlieben abgebildet auf Indifferenz-kurven) sowie die Risikoeinstellung (risikofreudig, -neutral, -avers) als stabil angesehen (COOTER & ULEN, S. 495; NOLL, S. 79 – 81). 292 BECK, S. 2 – 3. 293 Dabei orientieren sich Menschen an Referenzpunkten die von ihnen anerkannt sind, aber willkürlich sein können und z.B. durch Recht beeinflussbar sind (framing). Beispiele solcher biases sind; dass Menschen die aktuell verfügbaren Informatio-nen und Erfahrungen überbewerten (Verfügbarkeitsheuristik), bezüglich Eintrittswahrscheinlichkeiten zu optimistisch einge-stellt sind (Überzogener Optimismus, z.B. bzgl. Verurteilungswahrscheinlichkeit), verlustavers sind (Verlustaversion), aus kleinen Stichproben eine hohe Repräsentativität bemessen (Repräsentativitätsheuristik), sich durch das Wissen um den Aus-gang eines Ereignisses die Urteilskraft über das Ereignis verändert (hindsight bias), dazu neigen, Fakten i.S. bereits vorge-fasster Meinungen zu suchen und zu interpretieren (Bestätigungsirrtum), früher erlangte Informationen proportional über-mässig bewerten (ankering), Gegenstände im eigenen Besitz höher bewerten (endowment effect) und ein Verlust für sie viel schwerer wiegt als ein Gewinn (prospect theory). Ausserdem überschätzen sie ihre Fähigkeiten Risiken zu kontrollieren und sind zu selbstsicher bezüglich ihrer Fähigkeiten, Kenntnisse und Einflüsse (self-serving bias). Des Weiteren trennen sie übermässig zwischen kontrollierbaren und unkontrollierbaren Risiken (Kontrollillusion), haben Schwierigkeiten moralische Wertungen in Geldwert auszudrücken und bewerten Kosten die zu Geldabflüssen führen höher als andere Opportunitätskos-ten (Opportunitätskostenanomalie) (BECK, S. 26 – 35; 38; 42; 45 – 47; 58; 69; 170; ENGLERTH, S. 179 – 193; JOLLS, SUN-STEIN & THALER, S. 1477 – 1478; 1538). Inwieweit sich Emotion als unberechenbare Verhaltenskomponente irrational aus-wirken ist situationsabhängig, hingegen bei Affekthandlungen klar ersichtlich. Dasselbe gilt für das Anprangern (shaming), was sozial erwünschtes Verhalten übermässig bestärken kann (BECK, S. 288; 290).

Die ökonomische Analyse des Rechts als Werkzeugkasten

35

Willenskraft beschreibt, dass Menschen willensschwach sind und von perfekter Selbstdisziplin abwei-

chen.294 Menschen handeln zudem nicht konsequent egoistisch, weichen demnach vom vollständigen

Egoismus ab und besitzen somit soziale Präferenzen.295 Es besteht eine Vielzahl weiterer Theorien, auf

die der Autor bei Bedarf in der Analyse hinweist. Für die anstehende Analyse von Sanktionen ist u.a.

das hyperbolische Diskontieren von Bedeutung, welches insbesondere bei Affekthandlungen beschrie-

ben wird, da der Nutzen einer sanktionierten Handlung sofort eintritt, hingegen die Kosten dieser erst

über die Zeit eintreten.296 Deswegen ist in einem solchen Falle die Höhe einer Sanktion weniger mass-

gebend, hingegen kann hier die Erhöhung der Sanktionierungswahrscheinlichkeit erheblich einwir-

ken.297 Ein anderes Beispiel ist, dass die subjektive Berechnung der Sanktionierungswahrscheinlich-

keit, welche für die Abschreckwirkung einer Sanktion massgeblich ist, stark durch die Verfügbarkeits-

heuristik beeinflusst wird.298

E. Komparative Institutionenanalyse Einer komparativen Institutionenanalyse liegt der Versuch zu Grunde, die Wirkungen alternativer,

realisierter, institutioneller Arrangements anhand verschiedener Variablen zu ermitteln und miteinan-

der zu vergleichen. Dabei interessieren insbesondere die Koordinationskosten und die Ergebnisse,

welche durch die verglichenen Institutionen verursacht bzw. erreicht werden. Besonders die Transak-

tionskosten stehen im Vordergrund, die aufgewendet werden müssen, um die jeweils analysierten In-

stitutionen zu nutzen.299 Es ist das Ziel der komparativen Institutionenanalyse von Kap. 8 darzulegen,

wenn man Verwaltungssanktionen und Strafsanktionen dabei als unterschiedliche und vergleichbare

Institute ansieht, welche dieser Rechtsdurchsetzungsinstitute als effizienter angesehen werden kann.300

Dabei sind die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Institute und die Güte der dadurch erreichten Wir-

kungen, welche in Kap. 8. dargelegt werden, massgebend. Die Transaktionskosten werden hierbei

nicht quantifiziert, sondern geschätzt.

294 Dies äussert sich in dynamisch inkonsistenten Diskontierungsraten, die einen abnehmenden hyperbolischen Verlauf haben (hyperbolisches Diskontieren) oder im diskontieren aufgrund Ähnlichkeiten (BECK, S. 216; 222 – 223). Unmittelbar bevor-stehender Nutzen wird so stärker präferiert und eine stärkere Abneigung zu unmittelbar bevorstehende Kosten wie Sanktio-nen kann eruiert werden (JOLLS, SUNSTEIN & THALER, S. 1479). Dies zeigt, dass sich Präferenzen über die Zeit wiederspre-chen können und wiederspricht den standardökonomischen Umgang mit Zeit, der besagt, dass zukünftiger Nutzen zeitpunkt-unabhängig sein sollte (BECK, S. 3; 11). Davon wird auch die Theorie der hedonistischen Anpassung abgeleitet, welche be-sagt, dass sich Menschen binnen relativ kurzer Zeit an veränderte Situationen anpassen und sich das alte Glücksniveau trotz neuer Situation bald wieder einpendelt (MCADAMS & ULEN, S. 409). 295 Menschen legen insbesondere Wert auf Fairness (freundliches/faires Verhalten wird mit freundlichem/fairem Verhalten beantwortet, unfreundliches/unfaires Verhalten wird mit unfreundlichem/unfairem Verhalten bestraft), differenzieren bzgl. Gruppenzugehörigkeit (parochialer Altruismus), zeigen teilweise altruistische Züge (höhere Beiträge an öffentliche Güter, als dies ihnen nützt; Aversion gegen Ungleichheit) und handeln reziprok (BECK, S. 11; 256 – 260; 271 – 272; JOLLS, SUNSTEIN & THALER, S. 1479). Wie viel dabei mit Lerneffekten erklärt werden kann, ist strittig (BECK, S. 271). Menschen folgen teilweise sogar sich widersprechenden sozialen Normen, und je nach Situation überwiegt eine die andere (BECK, S. 276 – 277). Das „schlechte Gewissen“ muss auch erwähnt werden, da es Menschen von Delinquenz abhalten kann (CURTI, S. 85). 296 COOTER & ULEN, S. 503 – 506; JOLLS, SUNSTEIN & THALER, S. 1538. 297 COOTER & ULEN, S. 504. 298 ENGLERTH, S. 180. 299 VOIGT, S. 41. 300 Dabei wird dem Ansatz von WILLIAMSON folgend, unter einem effizienten Ergebnis ein Ergebnis verstanden, „für das keine machbare überlegene Alternative beschrieben und mit Nettonutzen umgesetzt werden kann“ (S. 195). Begründet wird dies dadurch, dass eine institutionelle Änderung nur dann als vorteilhaft bewertet werden kann, wenn die Kosten der Imple-mentierung im Vergleich mit gegenwärtig schon realisierten Alternativen berechnet bzw. geschätzt werden (VOIGT, S. 219).

Parameterfindung und Typisierung

36

6. Einteilung der Sanktionen nach interdisziplinären Parametern

Bevor eine Anreizanalyse und eine komparative Institutionenanalyse durchgeführt werden können,

werden die diskutierten Sanktionen des schweizerischen Finanzmarkt- und Wettbewerbsrechts in die-

sem Kapitel typisiert, d.h. in verschiedene Sanktionstypenkategorien eingeteilt. Dies ist hauptsächlich

zur Vereinfachung gedacht, da ansonsten zu viele Sanktionen analysiert werden müssten, was den

Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Zudem sind viele Sanktionen in ihrer Wirkung und Androhung

ähnlich, was eine Typisierung bzw. Kategorienbildung rechtfertigt.

A. Herleitung der massgebenden Parameter Die massgebenden Typisierungsparameter sollen soweit möglich das Regulierungsziel, den Regulie-

rungsgegenstand, die Sanktionsarten und -inhalte in ihrer Wirkung erfassen. Da in den folgenden Ka-

piteln die faktischen Anreizwirkungen der besprochenen Sanktionen untersucht werden, bietet sich an,

eine Typisierung der Sanktionen auf ihre de facto Wirkung und Benennung hin vorzunehmen. Es wird

bewusst von der traditionellen juristischen Aufteilung in subjektive und objektive Tatbestandsmerk-

male der Sanktionen abgewichen und auf ökonomische Wirkungen sowie Kosten geachtet. Dabei soll

die de jure Einschätzung aber nicht völlig ausgeblendet werden. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in

denen die de jure Wirkung oder Benennung überproportional massgebend ist. Juristisch kann eine

solche Wahl der Typisierungsparameter dadurch begründet werden, dass im Zentrum der Untersu-

chung i.S. der teleologischen Auslegung der Sinn und Zweck der Sanktionen steht. Somit wird bzgl.

der Wahl der Typisierungsparameter eine mehrheitlich wirtschaftliche und dynamische Betrachtungs-

weise angewandt. Dies ist im Öffentlichen Recht keineswegs neu.301 Die Parameter sind stark von

ökonomischen Argumenten geprägt, sind aber interdisziplinär begründet und es fliessen die Gesichts-

punkte des Rechts ein.302

I. Sanktionssubjekt

Als erster Parameter ist der Adressatenkreis einer Sanktion massgebend, d.h. ob das Sanktionssubjekt

eine natürliche oder eine juristische Person ist.303 Sieht ein Gesetztesartikel eine Sanktionierung von

natürlichen und juristischen Personen vor, wird dieselbe Sanktion je einmal beiden möglichen Eintei-

lungen zugerechnet. Sowohl de jure wie de facto ist diese Unterscheidung gerechtfertigt.

II. Sanktionsart

Aufgrund der nachfolgenden komparativen Institutionenanalyse bzw. des Untersuchungsgegenstandes

dieser Arbeit wird die binäre Einteilung in die Sanktionsarten Verwaltungssanktion oder (Verwal-

301 Auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts steht die teleologische Sichtweise im Vordergrund, welche auch für zukünftige Anwendungsfälle die dynamische Auslegung nach den Absichten des Gesetzgebers erlaubt (HÄFELIN, MÜLLER & UHLMANN, Rn. 218). In Gebieten in denen das Öffentliche Recht an wirtschaftliche Tatbestände anknüpft ist eine wirtschaftliche Be-trachtungsweise Gang und Gäbe, z.B. im Steuerrecht (RODI, S. 166). Dasselbe gilt (eigentlich) im ganzen Wirtschaftsstraf-recht (ACKERMANN, Rn. 14 – 17). 302 RODI mit einer Einschätzung von Bewertungskriterien im Umweltrecht, welche dieselben Problematiken (Marktversagen, Externalitäten) aufweist (S. 256). 303 Wobei die Möglichkeit der subsidiären parallelen Bestrafung nach Art. 102 StGB, die Geschäftsherrenhaftung und die mögliche Parallelbestrafung von Unternehmen und natürlichen Personen im KG, wie erwähnt, ausgeblendet werden.

Parameterfindung und Typisierung

37

tungs)Strafsanktion i.S. dieser Arbeit als zweiter Typisierungsparameter beibehalten. Hierbei handelt

es sich um einen rein juristischen Parameter.

III. Direkte monetäre Wirkung

Der dritte Parameter erachtet die Unterscheidung als massgebend, ob eine Sanktion eine direkte mone-

täre Wirkung besitzt oder nicht, d.h. eine Busse, eine bussenähnliche Sanktion oder eine Geldstrafe

angedroht ist. Die maximale Höhe der Sanktion wird in der vollständigen Typisierungstabelle angege-

ben (vgl. dazu Anhang 2), da auf diese in der Anreizanalyse vermehrt eingegangen wird.304

IV. Indirekte monetäre Wirkung über Freiheitsentzug oder sonstige Einschränkungen

Folglich wird als vierter Parameter das Vorliegen einer indirekten monetären Wirkung einer Sanktion

statuiert. Dabei ist bei natürlichen Personen der monetarisierte negative Nutzen der Freiheitsstrafe

gemeint; das entgangene Einkommen, die entgangene Bewegungsfreiheit und die entgangene Zeit.

Bezüglich juristischen Personen ist eine einschränkende Wirkung der unternehmerischen Freiheit

massgebend, z.B. dass Stimmrechte nicht mehr wie beliebt ausgeübt werden können (Stimmrechtssus-

pendierung) oder Entscheidungsbefugnisse von Organen abberufen oder überschrieben werden (Über-

tragung von Organbefugnissen an Dritte).

V. Indirekte monetäre Wirkung über Reputationseffekte oder ähnliche Effekte

Das Vorhandensein eines monetarisierbaren Reputationsschadens oder anderweitigen Einschränkun-

gen der beruflichen Möglichkeiten wird als ein weiterer Parameter identifiziert.305 Für juristische Per-

sonen wäre ein solcher bei Veröffentlichung der Sanktionierung oder bei einer hoheitlichen Unterbin-

dung von öffentlichkeitswirksamen Tätigkeiten zu erwarten.306 Bei natürlichen Personen ist dafür ein

Strafregistereintrag307 oder eine andere zukünftig die Berufssphäre einschränkende Wirkung aus-

schlaggebend.308 Reputationsmechanismen können als ein erdenklicher Durchsetzungsmechanismus

von sozialen Normen angesehen werden. Solche wirken parallel zu den juristischen Durchsetzungs-

mechanismen, aber können, wie i.c. angenommen wird, durch die juristischen bedingt sein.309

VI. Zusatzregelungen welche für den Wiederholungsfall höhere Sanktionen vorsehen

Wie schon verschiedentlich erwähnt, spielt die Androhung einer Mindeststrafe im Wiederholungsfalle

anreiztechnisch eine Rolle. Solche Regelungen werden als zielführend erachtet.310 Deswegen wird als

sechster Parameter ein Vorliegen einer solchen Regelung beigezogen.

304 Dies ganz nach dem Credo, dass die maximale Strafe aus standardökonomischer Sicht meistens am wirkungsmächtigsten ist (vgl. dazu GAROUPA (S. 270 – 271)). 305 Vgl. dazu ACKERMANN (Rn. 17). 306 OTT & SCHÄFER, S. 546 – 547; Die Veröffentlichung von Verfügungen, die Stimmrechtssuspendierung, eine Vermögens-sperre oder der vom Betroffenen zu kommunizierenden Bewilligungsentzug sind Beispiele für Sanktionen, welche Unter-nehmen durch Reputationseffekte in ihrer Geschäftstätigkeit einschränken können. 307 Ein Strafregistereintrag folgt nach Art. 366 StGB i.V.m. Art. 3 der Strafregisterverordnung auf eine Verurteilung wegen eines Verbrechens und Vergehens, oder einer Übertretung, sofern eine Busse von mehr als 5000 Sfr. verhängt worden ist. Wenn die Maximalbusse nicht mehr als den gängigen 10'000 Sfr. entspricht, wird ein Strafregistereintrag i.c. nicht vermutet. 308 Insbesondere sind die Unterbindung von bis anhin zulässigen Möglichkeiten im Beruf gemeint, wie z.B. das Berufsverbot oder das Tätigkeitsverbot im Anwendungsbereich der jeweiligen Gesetze. 309 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 446 – 447; Deswegen können die monetarisierten Reputationsschäden zu den anderen monetarisierten Schäden addiert werden. 310 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 438 – 439.

Parameterfindung und Typisierung

38

B. Typisierung Die analysierten Sanktionen werden anhand der hergeleiteten Typisierungsparameter und aufgrund der

in Kapitel 3 und 4 gemachten Aussagen wie folgt in zehn Typenkategorien kategorisiert. Genauere

Hinweise und Korrekturen finden sich dazu in der ausführlichen Typisierungstabelle im Anhang 2.

Typ Gesetzesartikel (Anzahl Sanktionen insgesamt (78)) Kurzbeschreibung

1 Art. 37 FINMAG, Art. 23quinquies BankG, Art. 36 BEHG,

Art. 134 KAG, Art. 135 Abs. 1 KAG, Art. 51 Abs. 2 lit. d

VAG, Art. 52 VAG, Art. 23 Abs. 2 lit. a NBG (8)

Bewilligungsentzug, Liquidation und Ähn-

liches als stärkste und ultima ratio Sankti-

onen gegen juristische Personen

2 Art. 35 FINMAG, Art. 133 Abs. 3 KAG, Art. 51 Abs. 2 lit.

b VAG, Art. 51 Abs. 1 KG erster Tatbestand, Art. 49a KG

(5)

Gewichtige direkt-monetäre Sanktionswir-

kung gegenüber juristischen Personen

3 Art. 23ter BankG, Art. 34b Abs. 1 und Abs. 2 BEHG (3) Stimmrechtssuspendierung und Zukaufs-

verbot gegenüber juristischen Personen

4 Art. 36 FINMAG, Art. 133 Abs. 4 KAG, Art. 135 Abs. 2

KAG, Art. 136 KAG, Art. 51 Abs. 2 lit. a VAG, Art. 51

Abs. 2 lit. c VAG, Art. 51 Abs. 2 lit. f VAG (7)

Sanktionen welche die unternehmerische

Freiheit stark beschränken, z.B. die Ein-

schränkung von Organbefugnissen

5 Art. 34 FINMAG, Art. 51 Abs. 3 VAG, Art. 23 Abs. 2 lit. b

NBG (3)

Publikation von Gesetzesverstössen als

reputationär wirkende Sanktion

6 Art. 44 Abs. 1 FINMAG, Art. 46 Abs. 1 lit. a BankG, Art.

148 Abs. 1 lit. b und lit. d KAG, Art. 87 Abs. 1 lit. a, lit. c

und lit. d VAG (7)

(Straf)Sanktionen gegen natürliche Perso-

nen die in den Wirkungen am breitesten

sind

7 Art. 40 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 BEHG, Art. 40a Abs. 1

und Abs. 2 BEHG, Art. 23 Abs. 1 UWG (6)

Ganzheitlich wie Typ-6-Sanktionen ohne

Wiederholungsverstossregelung

8 Art. 44 Abs. 2 FINMAG, Art. 46 Abs. 2 BankG, Art. 49

Abs. 1 und Abs. 2 BankG, Art. 41 Abs. 1 und Abs. 3

BEHG, Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BEHG, Art. 148 Abs. 2

KAG, Art. 149 Abs. 1 lit. a bis e KAG, Art. 149 Abs. 2

KAG, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 VAG, Art. 87 Abs. 2

VAG (18)

Androhung einer direkt-monetären Sankti-

on gegenüber natürlichen Personen mit

Reputationseffekt, mit Wiederholungs-

verstossregelung, aber ohne indirekte mo-

netäre Wirkung durch eine Freiheitsstrafe

9 Art. 35 FINMAG, Art. 40 Abs. 4 BEHG, Art. 133 Abs. 3

KAG, Art. 51 Abs. 2 lit. b VAG, Art. 24 Abs. 1 lit. a und

lit. b NBG, Art. 24 Abs. 2 NBG, Art. 55 KG dritter Tatbe-

stand, Art. 24 Abs. 1 und Abs. 2 UWG (10)

Wie Typ-8-Sanktionen ohne Wiederho-

lungsverstossregelung

10 Art. 33 FINMAG, Art. 34 FINMAG, Art. 23ter BankG, Art.

34b Abs. 1 und Abs. 2 BEHG, Art. 35a BEHG, Art. 133

Abs. 4 KAG, Art. 51 Abs. 2 lit. c, lit. f und lit. g VAG, Art.

51 Abs. 3 VAG (11)

Sanktionen gegen natürliche Personen,

welche nur indirekt-monetär über eine

zukünftige berufliche Einschränkung oder

sonst wie reputationär wirken

Tabelle 1: Zusammenfassende Typisierungstabelle beruhend auf der vollständigen Tabelle zu finden in Anhang 2.

Parameterfindung und Typisierung

39

C. Relativierung und Einschätzung der Aussagefähigkeit der Typisierung An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass gewisse Sanktionen als Spezial- oder Grenzfälle angesehen

werden können. Dazu gehören insbesondere Art. 35 – 37 FINMAG, Art. 49a KG mit der Bonusregel

und Art. 52 Abs. 2 lit. c VAG. Auf diese wird in der Analyse – wo nötig – besonders eingegangen. Es

liegen mehrheitlich nach den Typisierungsparametern sortierte homogene Typenkategorien vor. Nur

Art. 37 FINMAG, Art. 23 Abs. 2 lit. a NBG, Art. 49a KG, Art. 133 Abs. 4 KAG, Art. 35 FINMAG,

Art. 40 Abs. 4 BEHG, Art. 133 Abs. 3 KAG, Art. 51 Abs. 2 lit. b VAG, Art. 24 Abs. 2 UWG und

erneut Art. 133 Abs. 4 KAG müssen als Grenzfälle einer Typenkategorie zugerechnet werden. Dabei

werden diese der Typenkategorie zugerechnet, zu der bzgl. der Typisierungsparameter die geringste

Abweichung besteht.311 Nur die Feststellungsverfügung nach Art. 32 FINMAG fällt als Unikat, auf-

grund unausgiebiger Einschätzung ihrer Anreizwirkung unter den gewählten Parametern, ganz aus der

Analyse.312 Insbesondere Typ-9-Sanktionen sind bzgl. den Typisierungsparametern homogener als

bzgl. der inhaltlichen Tatbestände sowie der Höchstbeträge der Belastungen, was die Typisierung in

einem gewissen Masse zu relativieren vermag. Zudem kann die Typisierung den speziellen (An-

reiz)Wirkungen gewisser verwaltungsrechtlicher Sanktionen nicht Rechnung tragen; insbesondere für

die Fälle in denen diese zusammen und ergänzend zu den Strafsanktionen eingesetzt werden. Erstaun-

lich ist, dass Verwaltungssanktionen auch nach der Typisierung mehrheitlich313 auf juristische Perso-

nen als Adressaten zielen. Somit ist das Argument, dass die Unterscheidung zwischen Verwaltungs-

und Strafsanktionen anhand des Adressatenkreises veraltet ist, nicht so einfach zu unterstützen. Dabei

ist namentlich auf die Typ-10-Sanktionen zu achten. Typ-1- bis Typ-5-Sanktionen adressieren juristi-

sche Personen und Typ-6- bis Typ-10-Sanktionen adressieren natürliche Personen. Interessant ist, dass

das Wettbewerbsrecht keine Typ-1-, Typ-3-, Typ-4- bis 6-, Typ-8- und Typ-10-Sanktionen kennt.

Dafür ist der Anspruch bzgl. der Systemrelevanz und der direkten Sanktionierung erklärend. Nur

Sanktionstyp 1 und 2 können als maximale Sanktion i.S. der ökonomischen Literatur314 angesehen

werden. Allgemein muss angefügt werden, dass, da in weiten Teilen des Nebenstrafrecht wie auch im

Wettbewerbs- und Finanzmarktrecht weitgehende Erkundigungspflichten bestehen, ein Bewusstsein

der Rechtswidrigkeit der Handlung theoretisch vorausgesetzt werden kann315 und wird, was eine vali-

de Typisierung nach der Wirkung überhaupt erst ermöglicht. Die Überzeugungskraft der entstehenden

Arbeit hängt u.a. von der Robustheit der Annahmen und Wertungen ab, die zur Wahl der Typisie-

rungsparameter führen. Allgemeingültige Schlussfolgerungen hinsichtlich der Neutralität und Exakt-

heit der Typisierung sind abhängig von allen Parametern und sind mit Vorsicht abzuleiten.

311 Bei fast allen ist nur ein Typisierungsparameter abweichend und die Zurechnung ist dementsprechend einfach. Nur bei Art. 35 FINMAG weichen bezüglich der Wirkung auf natürliche Personen zwei Typisierungsparameter ab, was mit der Ein-schätzung dessen als Verwaltungssanktion zu tun hat. Art. 35 FINMAG wird auch deswegen des Öfteren separat erwähnt. Weitere Ausführungen finden sich dazu in der vollständigen Typisierungstabelle mit erläuternden Fussnoten in Anhang 2. 312 Ein weiterer Grund die Sanktionseigenschaft von Art. 32 FINMAG zu bezweifeln. 313 Mit Ausnahme von gewissen Typ-9- und allen Typ-10-Sanktionen sowie Art. 49a KG, auf den auch deswegen des Öfteren separat eingegangen wird. 314 Eine gute Übersicht dieser bei GAROUPA (S. 270 – 271); vgl. dazu Kap. 8.A. 315 GILLIÉRON & KILLIAS, Art. 23, Rn. 21.

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

40

7. Einschätzung der Anreizwirkungen auf der Individualebene

In einer ersten theoretisch-qualitativen Analyse werden die Anreizwirkungen der Sanktionstypen auf

individueller Ebene standard- und verhaltensökonomisch darzustellen versucht. Erkenntnisse der Kri-

minologie316 werden dabei bewusst ausgeblendet. Es soll ein rein ökonomischer Ansatz verfolgt wer-

den. In diesem Sinne bietet die positive ökonomische Theorie des Rechts mit der Theorie der rationa-

len Wahl unter Einbezug der Verhaltensökonomik eine geeignete Form zur Folgenermittlung von Ge-

setzen bzw. Sanktionen an.317 Demnach wird versucht, einen systematischen Zusammenhang zwischen

den Handlungsbedingungen und den Handlungsfolgen herzustellen.318 Somit werden die Sanktionen

als exogen gegeben erachtet und auf ihre Handlungsanreize untersucht. Ein heuristischer Ansatz wird

verfolgt, indem über das Zusammentragen der theoretischen Teile hinaus auch ökonomisch-normative

Aussagen gewagt werden.

A. Standardökonomische und verhaltensökonomische Anreizwirkungen Das RCM stellt über die Erwartungsnutzentheorie für den Regulator eine optimale Mischung von

Strafverfolgung und Sanktionierung bereit. Demnach genügen härtere Strafen bei geringer Risikobe-

reitschaft, bei hoher Risikobereitschaft ist hingegen eine intensivere Strafverfolgung nötig.319 Jeden-

falls hat die Entdeckungs- und Verurteilungswahrscheinlichkeit in den Kosten-Nutzen-Abwägungen

der Rechtsanwender einen hohen Stellenwert.320 Diese wird in der Anreizanalyse stabil (ceteris pari-

bus) gehalten und mehrheitlich ausgeblendet, da dies anreiztechnische Überlegungen zugänglicher

macht.321 Allerdings wird der stabile Faktor Sanktionierungswahrscheinlichkeit bei Verwaltungssank-

tionen fiktiv näher bei 1 gesetzt als bei Strafsanktionen. Dies soll dem, für die Beantwortung der For-

schungsfrage essentiellen Argument Rechnung tragen, dass das technische Wissen des sanktionieren-

den Instituts massgebend ist, um überhaupt Verstösse festzustellen sowie solche schnell und effizient

aufarbeiten sowie belegen zu können.322 Es wird angenommen, dass eine spezialisierte Verwaltungs-

behörde wie die FINMA oder die WEKO die Verstösse eher aufdecken kann als eine allgemeine

Strafverfolgungsbehörde. Dies wird oft als ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich der

Wirkung von Straf- und Verwaltungssanktionen statuiert.323

I. Anreizwirkungen Typ-1-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Die Liquidation einer juristischen Person oder die Vermögensübertragung des ganzen Versicherungs- 316 Kriminologisch-empirische Erkenntnisse werden aus methodischen Gründen nicht miteinbezogen (vgl. dazu Kap. I.C.), auch da diese aufgrund der grossen Schwarzziffer an verübten Delikten unvollständig sind. 317 VAN AAKEN, 2003, S. 89. 318 PETERSEN & TOWFIGH, S. 16. 319 ACKERMANN, Rn. 16. 320 GAROUPA, S. 267 – 268; In der Folge wird auf die Entdeckungs- und die Verurteilungswahrscheinlichkeit zusammenfas-send als „Sanktionierungswahrscheinlichkeit“ verwiesen (entsprechend ZIMMERLI (S. 139)). 321 So auch das einfachste Modell von POLINSKY & SHAVELL (2000, S. 50 – 53; 70). 322 Vgl. zum effizienteren und fachspezifischeren Verfahren u.a. NOBEL (Kap. 7/Rn. 13; 21 – 23, 97 – 98; 152 – 153; 167); Der Aufwand der sanktionierenden Behörde kann somit gesenkt und die Verurteilungswahrscheinlichkeit erhöht werden (RODI, S. 257). Man spricht der Behörde aber dabei auch mehr Ermessen zu (NOBEL, Kap. 7/Rn. 21 – 23). 323 Vgl. dazu u.a. KIRCHNER (S. 121) und NOBEL (Kap. 7/Rn. 13; 21 – 23, 97 – 98; 152 – 153; 167).

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

41

vermögens sind immense Nachteile bzw. Kosten einer Bestrafung. Der Bewilligungsentzug, der oft

zur Liquidation führt, hat an sich, wie auch die Sichtkontoverweigerung, einen grossen Effekt auf das

Geschäft eines Unternehmens. Dies sollte für das Unternehmen bzw. der aggregierten Entscheidung

dessen Organe324 in einer Kosten-Nutzen-Abwägung dazu führen, dass schwere Verstösse, die zu die-

ser Bestrafung führen, auch bei Risikoneutralität, ein extrem hohes monetarisiertes Einkommen mit

sich bringen müssen, da der entgangene Gewinn aus legaler Tätigkeit sozusagen ad infinitio geopfert

wird. Die Aufwendungen zur Tatbegehung werden hier wohl keine all zu hohe Rolle spielen, da die

anderen Variablen in ihrer Höhe hoch einzuschätzen sind. Risikoaverse Personen werden eine solche

Tat wohl sehr selten durchführen. Typ-1-Sanktionen werden insgesamt nur in den Situationen zur

Anwendung kommen, in denen für die juristische Personen eine einmalige monetarisierte Chance be-

stand und/oder diese sowieso vor der Liquidation stand. Typ-1-Sanktionen entsprechen der theoreti-

schen Forderung und Überlegung, dass die optimale Sanktion die maximal mögliche ist.325

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Neben einer möglichen Fehleinschätzung der als stabil angesehenen und eher höheren Verurteilungs-

wahrscheinlichkeit sind bei Typ-1-Sanktionen insbesondere wohl die Kontrollillusion bzgl. der Risi-

kofaktoren, falsche Referenzpunkte und das hyperbolische Diskontieren als Verzerrungsmechanismen

zu erwähnen. Wenn nun Wettbewerber einen Verstoss mit einem gewissen Aufwand vornehmen, wird

eine Unternehmung den Aufwand der Nichtentdeckung erhöhen, und so übermässig davon ausgehen,

dass sie unentdeckt bleibt. Auch wenn juristische Personen langfristig planen, können diese einen so

hoch anzufallenden monetarisierten Nutzen aus dem Verstoss nicht korrekt einschätzen. Erst deswe-

gen ist die Aufopferung des Geschäfts ad infinito an sich überhaupt möglich. Allgemein kann gesagt

werden, dass juristische Personen im Vgl. zu natürlichen Personen die Verurteilungswahrscheinlich-

keit wohl nicht überschätzen.326 Die erwähnten Effekte beziehen sich fast alle auf die Einschätzung der

Verurteilungswahrscheinlichkeit. Somit kann hier gesagt werden, dass bzgl. den anderen Anreizwir-

kungen Personen nicht stark vom Verhalten nach dem RCM abweichen werden. Ergänzend spricht die

Verlustaversion dafür, dass ein Verhalten mit solch drastischen Konsequenzen eher unterlassen wird.

II. Anreizwirkungen Typ-2-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Bei Typ-2-Sanktionen sind die Kosten-Nutzen-Abwägungen relativ einfach, da die Sanktion eine ho-

he, direkt-monetäre ist und allfällige Reputationsschäden oder Einschränkungen der unternehmeri-

schen Freiheit nicht rechnerisch zu monetarisieren sind. Die Sanktionshöhe ist ausser bei Art. 51 Abs.

1 erster Tatbestand KG gegen oben offen und von der Risikostruktur (Vermögenssperre und Sicher-

heitsleistung) oder vom durch den Verstoss erzielten Gewinn und/oder Umsatz abhängig. Hier handelt

324 Es wird anerkannt, dass in Unternehmen die Entscheidungsträger natürliche Personen sind und deswegen sich die Verhal-tensweisen von juristischen und natürlichen Personen zu einem gewissen Grad angleichen können. 325 GAROUPA, S. 269 – 27; Dabei spielen in diesem Falle die möglichen Bedenken zur Optimalität der Maximalsanktion keine zu grosse Rolle, da hier das Grundmodell angewendet wird und die massgebende Sanktionierungswahrscheinlichkeit stabil gehalten wird. 326 Dies gilt somit auch für die Typ-2-, -3-, -4- und -5-Sanktionen.

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

42

es sich wiederum um gute Beispiele einer angedrohten Maximalsanktion327, d.h. dass die Begehung

hängt rein von der Einschätzung der Verurteilungswahrscheinlichkeit ab. Zwei Spezialfälle sind Art.

35 FINMAG und Art. 49a KG. Eine allfällige Gewinneinziehung zu riskieren, lohnt sich nur, wenn

der faktisch erzielte Bruttonutzen höher ist, als der durch die FINMA feststellbare oder geschätzte

Nettonutzen.328 Dabei wird dies oft dann der Fall sein, wenn viel technisches Wissen vorausgesetzt

und eingesetzt wird, was wiederum mit der stabil gehaltenen Sanktionierungswahrscheinlichkeit zu-

sammenhängt. Erwähnenswert ist wohl, dass, wenn technisches Wissen notwendig ist, die Aufwen-

dungen zur Tatbegehung auch dementsprechend hoch sind. Man kann somit ableiten, dass die Tatbe-

gehung bei Risikoneutralität rational ist, solange man dasselbe technische Wissen kostengünstiger und

schneller abrufen kann als die FINMA, auch bei Ausblenden der Verurteilungswahrscheinlichkeit.

Noch ein bisschen komplizierter wird die Kosten-Nutzen-Abwägung bei Art. 49a KG mit seiner Bo-

nusregel. Hierbei ist massgebend, ob der durch den Verstoss erzielte monetarisierte Nutzen grösser als

ein Zehntel des in den letzten drei Jahren in der Schweiz erzielten Umsatzes ist. Da dieser Nutzen aber

gleichzeitig den Umsatz anhebt, muss dieser Effekt miteinberechnet werden, d.h. der erzielte moneta-

risierte Nutzen einerseits muss mit einem Zehntel des Umsatzes der letzten drei Jahre unter Abzug

eines Zehntels des erzielten monetarisierten Nutzens anderseits verglichen werden. Faktisch spielt aber

auch die Marge (Gewinneinheit/Umsatzeinheit) eines Unternehmens eine Rolle. Wenn die Verurtei-

lungswahrscheinlichkeit stabil als 1 ausgeklammert wird, wird der Verstoss von einem risikoneutralen

und rationalen Akteur vorgenommen, sobald unter Miteinbezug des Aufwandes die Marge allgemein

höher als dreissig Prozent ist und durch den Verstoss angehoben werden kann. Es muss sich also z.B.

um Kartelle handeln, durch welche nicht die Marktanteile erhöht, sondern Preise angehoben oder Kos-

ten gesenkt werden können. Marktteilnehmer die wenig Umsatz in der Schweiz machen, aber eine

Margenerhöhung erkennen können, sind dabei als risikofreudiger einzuschätzen. Da Kartelle als inhä-

rent instabil angesehen werden329, führt die Bonusregel anreiztechnisch dazu, dass – sobald sich die

Sanktionierungswahrscheinlichkeit erhöht – sich der Ausstieg aus dem Kartell lohnt. Wenn man diese

Wahrscheinlichkeit ausklammert, ist es rational von der Bonusregel Gebrauch zu machen, sobald der

Nutzen aus dem Verstoss monetarisiert ist und positiv ausfällt, sowie höher erscheint als die teilweise

Sanktionierung nach Art. 49a Abs. 2 KG und der Unternehmensgewinn allgemein tief ausgefallen ist.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Ergänzend zu den gemachten Aussagen zu Typ-1-Sanktionen ist bei Typ-2-Sanktionen besonders der

Repräsentativitätsheuristik Rechnung zu tragen. In den Kosten-Nutzen-Abwägungen wird wohl oft

nicht mit der Maximalhöhe einer Sanktion gerechnet, da solche im eigenen Umfeld bzw. der Branche

erwartungsgemäss selten sind. Zudem sind solche hohe Zahlen schwierig zu erfassen und der aktuelle

Zeitwert davon wird im Allgemeinen unterschätzt werden. Bzgl. den Spezialfällen sind Selbstüber-

schätzung, falsche Referenzpunkte und hyperbolisches Diskontieren einschlägig. Wenn das eigene 327 Wobei auf die Ausführungen in Kap. 7.A.I. und Kap. 8.A. verwiesen wird. 328 Die FINMA sucht nach dem „erzielten Gewinn“, wobei bei einer Schätzung der Aufwand der Begehung wohl nicht mit-einbezogen werden wird. 329 Vgl. dazu sehr ausführlich ZIMMERLI (S. 221 – 233).

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

43

technische Wissen und die zeitnahe Verfügung über dasselbe überschätzt wird, ist dies in einer allfäl-

ligen Kosten-Nutzen-Abwägung bzgl. Art. 35 FINMAG fatal. Bei der Berechnung der komplizierteren

Kosten-Nutzen-Abwägungen bzgl. Verstössen gemäss Art. 49a KG sind aufgrund falscher Referenz-

punkte sowie der Kompliziertheit der Berechnungen Fehlergebnisse und zu positive Einschätzungen

von Gewinnmargen zu erwarten. Da es sich um Zeitwerte handelt, spielt das inkonsistente Diskontie-

ren ebenso eine Rolle. Dies führt insgesamt zu risikofreudigerem Verhalten. Die Inanspruchnahme der

Bonusregel wird am stärksten durch falsche Referenzpunkte beeinflusst. Akteure, welche schon ein-

mal unentdeckt, stabilen Kartellen angehörten, werden neue Kartelle nicht melden.

III. Anreizwirkungen Typ-3-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Die Stimmrechtssuspendierungen und das Zukaufsverbot haben keine direkt-monetäre Wirkung. An-

reiztechnisch sind somit der monetarisierte Nutzen bzgl. der Präferenz bzw. der strategischen Wich-

tigkeit der Stimmrechtausübung sowie die Anfälligkeit des eigenen Geschäfts auf Reputationsschäden

massgebend. Wenn die Stimmrechtbeschränkung für das Kerngeschäft eines Unternehmens unwichtig

ist, ist diese Sanktion wohl wenig abschreckend. Bei börsenkotierten Unternehmen sind bekanntlich

jegliche Informationen kursrelevant und der Reputationseffekt könnte sich als einschneidender heraus-

stellen als die Einschränkung der unternehmerischen Freiheit. Dasselbe kann für Unternehmen gesagt

werden, deren Endkunden sensibel auf Reputationsminderungen reagieren.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Grösstes Problem bei einer Kosten-Nutzen-Abwägung ist, den strategischen Nutzen der Stimmrechts-

ausübung in Geldwert darzutun, da kein geldwerter Verlust abfliesst. Aufgrund der Heuristik solche

Wertungen monetär zu tief auszudrücken und ebenso aufgrund der prospect theory ist eine Abwei-

chung von rationalem Verhalten zu erwarten. Zu erwähnen bleibt die Möglichkeit, dass aufgrund der

Überbewertung aktueller Informationen und schon gemachten Erfahrungen, die Börsenkursrelevanz

falsch eingeschätzt wird. Insgesamt ist aus verhaltensökonomischer Sicht zu erwarten, dass die Kosten

der unternehmerischen Einschränkung und der Reputationseffekte unterbewertet werden. Des Weite-

ren wird auf die schon gemachten Ausführungen zu Typ-2- und Typ-3-Sanktionen verwiesen.

IV. Anreizwirkungen Typ-4-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Auch Typ-4-Sanktionen haben keinen direkt-monetären Effekt.330 Im Gegensatz zu den Typ-3-

Sanktionen handelt es sich bei den Typ-4-Sanktionen um diversifizierte und teils erheblich härtere

Eingriffe in die Sphäre der unternehmerischen Freiheit und Selbstbestimmung. Hingegen bewirken

letztere keinen Reputationseffekt. Insbesondere die Übertragung von Organbefugnissen an Dritte, eine

Einschränkung der Vermögensverfügungsgewalt oder die Abberufung von leitenden Angestellten

bzw. Schätzungsexperten können erhebliche Kosten für ein Unternehmen verursachen. In einer Kos-

330 Mit einer Ausnahme. Gemäss Art. 133 Abs. 4 KAG wird eine Handlung auf Kosten der säumigen Partei vorgenommen. Diese Kosten sind wohl aber als relativ gering einzustufen.

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

44

ten-Nutzen-Abwägung sind die Nachteile einer Bestrafung nicht vollständig absehbar, da auf nach der

Tat geplante Handlungen nicht oder nicht vollständig umgesetzt werden können. Die Berechnung ist

sehr situationsabhängig. Wenn im Kerngeschäft die freie Verfügung über Organrechte und Vermögen

in einer legalen Tätigkeit gerade übermässig relevant sind, sind die Nachteile der Bestrafung dement-

sprechend hoch zu bemessen. Das monetäre Einkommen aus der Tat muss demzufolge sehr hoch oder

strukturiert sein, damit auch rigorose Eingriffe in die Verfügungsgewalt eines Unternehmens dieses

nicht aufwiegen oder in Gefahr bringen können. Dementsprechend wird ebenfalls der Aufwand zur

Tatbegehung relativ hoch sein. Somit kann gesagt werden, dass Typ-4-Sanktionen teilweise eine höhe-

re Abschreckungswirkung erreichen können als Typ-2- oder Typ-3-Sanktionen, da der Nutzen aus der

Tatbegehung im Nachhinein zum Teil vereitelt bzw. nicht gesichert werden kann.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Die Kosten eines Verstosses gegen Typ-4-Sanktionen sind monetär schwer zu erfassen und schwierig

vorauszusehen (Verfügbarkeitsheuristik), was eine totale Unterschätzung dieser Kosten im Vgl. zu

einem allfälligen Nutzen bewirken kann. Unterstützt wird dies durch die Theorie der Opportunitäts-

kostenanomalien, da es wie erwähnt zu keinen sichtbaren Geldabflüssen kommt. Des Weiteren wird

auf die schon gemachten Ausführungen zu Typ-2 und Typ-3-Sanktionen verwiesen.

V. Anreizwirkungen Typ-5-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Typ-5-Sanktionen wirken nur über Reputationsmechanismen. Dabei wird die Abschreckung durch

einen allfällig umsatzrelevanten oder sonst wie monetarisierbaren Reputationseffekt ins Zentrum ge-

rückt. Es kann sein, dass dieser Effekt für gewisse Unternehmen einen erheblichen monetären Schaden

bedeutet; für gewisse andere Unternehmen hingegen keinerlei Erwägung findet.331 Im Weiteren wird

an dieser Stelle auf die schon gemachten Ausführungen zu Typ-3-Sanktionen verwiesen.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Ergänzend zu den gemachten Aussagen bzgl. Typ-3-Sanktionen ist, neben der Sensibilität des Kernge-

schäfts bzgl. Reputation, aufgrund der alleinigen Androhung eines Reputationsschadens entsprechend

der Verfügbarkeits- und der Repräsentativitätsheuristik der Erfahrungssatz mit reputationär-wirkenden

Sanktionen oder Verhaltensweisen massgebend. Liegen keine solchen Erfahrungen vor, wird der Re-

putationseffekt eher unterbewertet werden. Hat ein Unternehmen demgegenüber schon einen grösse-

ren Reputationsschaden erlebt, wird die Abschreckwirkung einer Typ-5-Sanktion übermässig sein.

VI. Anreizwirkungen Typ-6-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Für Typ-6-Sanktionen sind die Kosten-Nutzen-Abwägungen kompliziert, da die Sanktion eine erheb-

liche, direkt-monetäre ist, und allfällige Reputationsschäden oder Einschränkungen des beruflichen

Weiterkommens rechnerisch zu monetarisierten sind. Die Nachteile der Bestrafung sind einerseits eine

331 Z.B. sind dem Reputationseffekt Grenzen gesetzt, wenn es sich um Fälle handelt, indem ein Unternehmen auf die Reputa-tion oder ein Wiedersehen nicht angewesen ist (RUFFNER, S. 257). Die stabil gehaltene Sanktionierungswahrscheinlichkeit spielt hier eine erhebliche Rolle, da mit steigender Wahrscheinlichkeit wohl der Reputationsschaden wächst (CURTI, S. 83).

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

45

direkt-monetäre Sanktion von 1'080'000.- Sfr. oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Dazu

kommt ein Reputationsschaden infolge des Strafregistereintrages und bei Freiheitsstrafen zusätzlich

aufgrund des Bekanntwerdens dieser im Umfeld einer Person. Insoweit muss das monetäre Einkom-

men aus der Tat in Abzug der Aufwendungen der Tat höher sein als 1'080'000.- summiert mit dem

Reputationsschaden. Es ist selbstredend, dass es hier unterschiedlichste Möglichkeiten gibt, eine mög-

liche Delinquenz zu erklären. Beeinflusst wird dies zudem dadurch, wie schon erwähnt, dass Geldstra-

fen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bemessen werden, dass das auf-

grund einer Freiheitsstrafe entgangene Einkommen aus legaler Tätigkeit auch damit zusammenhängt

und, dass Reputationseffekte von tief bis sehr hoch anfallen können. Ist ein möglicher Täter sehr reich,

ist er nicht abhängig vom Einkommen aus legaler Tätigkeit und der Reputationseffekt schadet ihm

wenig. Somit wird er delinquent, wenn das monetäre Einkommen aus der Tat minus den Aufwendun-

gen dafür höher als 1'080'000.- Sfr. ist. Da gewisse finanzielle Mittel Voraussetzung für z.B. eine un-

befugte Banktätigkeit sind, und sich damit relativ schnell 1 Mio. Sfr. verdienen lässt, wird in diesem

Falle eine Typ-6-Sanktion wenig abschreckend wirken. Anders verhält es sich, wenn ein möglicher

Täter mittelständisch ist, auf das Einkommen aus legaler Tätigkeit sowie für das berufliche Weiter-

kommen auf seine Reputation i.S. eines guten Leumunds angewiesen ist. In diesem Falle wird eine

monetarisierte Freiheitsstrafe die höchste Androhung darstellen, welche zusammen mit dem Reputati-

onseffekt absolut sogar 1 Mio. Sfr. übersteigen kann, aber relativ, anhand des Wohlstands bemessen,

erheblich stärker abschreckt. Abschliessend ist anzufügen, dass eine höhere Strafandrohung im Wie-

derholungsfalle aus Sicht des RCM wünschenswert ist, da die erwarteten Kosten in Form der erwarte-

ten Strafe nicht hoch genug waren um die Tatbegehung zu verhindern, und eine in Zukunft anfallende

Kosten-Nutzen-Rechnung durch eine höhere Strafandrohung beeinflusst werden kann.332 Dies ist aber

bei reichen potentiellen Tätern nicht von Bedeutung, da diese mit der monetären Höchststrafe rechnen.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Der self-serving bias und die Opportunitätskostenanomalie führen wohl bei allen natürlichen Personen

dazu, dass sie ihre Fähigkeiten, unentdeckt zu bleiben, den Taterfolg herbeizurufen und die Nachteile

der Sanktion korrekt zu beziffern, überschätzen. Zudem wird das monetarisierte Einkommen aus der

Tat wohl höher geschätzt als es ist und als direkter Zufluss zudem zeitinkonsistent bewertet. Insbeson-

dere der Reputationseffekt, der auch mit einer möglichen Freiheitsstrafe zusammenhängt, wird wohl

eher unterschätzt. Insgesamt führt dies dazu, dass mögliche Täter eine Tat eher begehen, als nach dem

RCM zu erwarten wäre. Verstärkt kann man dies bei jenen potentiellen Tätern erwarten, bei welchen

der Reputationseffekt massgebender ist. Der Wiederholungstatbestand kann im Vgl. zur Erwartung

nach dem RCM erheblicher einwirken, da aufgrund des überzogenen Optimismus nach einer schon

erfolgten Verurteilung mit einer umso höheren Eintrittswahrscheinlichkeit einer erneuten Verurteilung

gerechnet wird. Dies vermag darüber hinaus die Berechnung der anderen Faktoren zu verzerren, da

sich im Wissen um den Ausgang eines ersten Ereignisses die Einschätzung zukünftiger Ereignisse

332 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 438 – 439.

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

46

verändert.

VII. Anreizwirkungen Typ-7-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Bezüglich den Anreizwirkungen der Typ-7-Sanktionen ist auf die gemachten Aussagen zu den Typ-6-

Sanktionen zu verweisen. Dabei ist der einzige Unterschied, dass Typ-7-Sanktionen keine Mindesthö-

he der Strafsanktion im Wiederholungsfalle androhen. Für erstmalige Täter macht dies aber keinen

Unterschied. Zu erwähnen ist als Spezialfall Art. 23 Abs. 1 UWG. Dieser ist als Antragdelikt ausge-

staltet. Bei Antragsdelikten, wird, wie erwähnt, davon ausgegangen, dass deren Entdeckungswahr-

scheinlichkeit noch tiefer liegt als bei Offizialdelikten. Diese muss somit im Vgl. zu den anderen

Strafsanktionen auf einem tieferen Niveau als stabil angesehen werden. Dementsprechend ist die Ab-

schreckwirkung allgemein als tiefer einzuschätzen.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Auch an dieser Stelle ist auf die Ausführungen zu den Typ-6-Sanktionen zu verweisen. Antragsdelikte

kommen in ihrer Zahl seltener vor, deswegen ist es aufgrund der Verfügbarkeitsheuristik denkbar,

dass darum die Verurteilung nach einem solchen als seltener angenommen wird, als dies in der Reali-

tät der Fall ist. Dies schwächt demnach Antragsdelikte in ihrer Abschreckwirkung umso mehr.

VIII. Anreizwirkungen Typ-8-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Die Kosten-Nutzen Berechnungen bzgl. Typ-8-Sanktionen sind im Vgl. zu denen bzgl. Typ-6- und

Typ-7-Sanktionen relativ banal, da hier keine Freiheitsstrafen und Geldstrafen, sondern Bussen ange-

droht sind. Dies ist dadurch begründet, dass sich die meisten der Sanktionen auf Fahrlässigkeitsdelikte

beziehen. Die Kosten einer Sanktionierung entsprechen der Addition eines möglichen Reputations-

schadens und der angedrohten Höchstbusse, welche unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfä-

higkeit des möglichen Täters bemessen wird. Es muss kein entgangenes Einkommen aus legaler Tä-

tigkeit berücksichtigt werden. Bei Fahrlässigkeitsdelikten, ist der Aufwand für die Tatbegehung als

klein einzustufen. Somit ist eine Tatentscheidung nur abhängig vom möglichen monetären Einkom-

men aus der Tat, vom Höchstbetrag der Busse und von der Bemessung eines allfälligen Reputations-

schadens. Ein solcher Reputationsschaden ist trotz Strafregistereintrag als kleiner zu erwarten, wenn

die Tat fahrlässig begangen wurde. Zu den Wiederholungstatbeständen wird auf die schon gemachten

Ausführungen verwiesen. Erwähnenswert ist Art. 41 Abs. 1 BEHG, welcher in seiner Bussenhöhe

einmalig ist.333 Die Androhung einer Busse von 10'000'000 Sfr. gegenüber einer natürlichen Person, ist

aus der Sicht des RCM wohl als die stärkste Sanktion überhaupt einzustufen, da die Kosten des Frei-

heitsentzugs aufgrund des entfallenden legalen Einkommens selten diesen Betrag übersteigen werden.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Es ist umstritten inwieweit das RCM auf Fahrlässigkeitsdelikte angewandt werden kann. Dies gilt

333 Auch ein Verstoss nach Art. 41 Abs. 3 BEHG ist mit Busse von 1 Mio. Sfr. bedroht. Dieser Betrag wird aber de lege ferenda gesenkt bzw. den anderen Typ-8-Sanktionen angepasst und wird deswegen nicht ausdrücklich besprochen.

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

47

insbesondere für Affekthandlungen oder Fälle leichter Fahrlässigkeit.334 Das Unbewusstsein bezieht

sich auf die sanktionierten Tatbestände. Insbesondere Falscheinschätzungen der Legalität einer Hand-

lung sind verhaltensökonomisch erklärbar, da Menschen die aktuellen Informationen überbewerten

und bezüglich ihrer Meinungen voreingenommen sind. Darüber hinaus werden hohe unmittelbare

Nutzen überpräferiert und bei Affekthandlungen umso mehr falsch eingestuft. Erst dies kann u.U. zur

Begehung von fahrlässigen Delikten führen. Über alldem steht zudem wohl die Kontrollillusion der

Menschen – die ihr eigenes Verhalten fälschlicherweise als kontrollierbar einstufen.

IX. Anreizwirkungen Typ-9-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Typ-9-Sanktionen unterscheiden sich von Typ-8-Sanktionen in zweierlei Hinsichten. Zum einen sind

Wiederholungsdelikte nicht mit einer Mindestbusse angedroht. Zum anderen unterscheiden sich die

einzelnen Sanktionen erheblich in ihrer Bussen- bzw. Belastungshöhe. Für Art. 35 FINMAG, Art. 133

Abs. 3 KAG und Art. 51 Abs. 2 lit. b VAG kann demnach analog auf die Ausführungen zu Art. 41

Abs. 1 BEHG und zu den Typ-2-Sanktionen verwiesen werden. Eine Berechnung stellt sich als

schwierig heraus, wenn der Höchstbetrag nicht festgeschrieben ist, aber mehrere Millionen Sfr. betra-

gen kann. Insbesondere bezüglich Art. 35 FINMAG ist anzufügen, dass das technische Wissen einer

natürlichen Person im Vgl. mit dem aggregierten einer juristischen Person verblasst und im Ergebnis

eine Tatbegehung nur noch von der Sanktionierungswahrscheinlichkeit abhängt, da sich ein Verstoss

sonst nie lohnen würde. Andersherum ist bzgl. Art. 40 Abs. 4 BEHG, dem dritten Tatbestand von Art.

55 KG und Art. 24 Abs. 1 und Abs. 2 UWG anzufügen, dass deren Bussenandrohungen relativ gering-

fügig sind und ein Reputationsschaden i.S. eines Strafregistereintrags nicht unbedingt gegeben sein

muss, da für einen möglichen Täter auch eine Busse unter 5'000.- Sfr. erdenklich erscheint. Schon bei

einem monetären Einkommen aus der Tat von ungefähr 21'000.- lohnt sich eine Tatbegehung womög-

lich, wenn sich die Aufwendungen für die Tatbegehung als nicht zu gross herausstellen, wie z.B. bei

einer Zufallsinsiderhandlung. Des Weiteren wird auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Bei den Typ-9-Sanktionen handelt es sich mehrheitlich nicht um Fahrlässigkeitsdelikte. Somit ist im

Gegensatz zu Typ-8-Sanktionen nicht übermässig von verhaltensökonomischen Erklärungen auszuge-

hen. Insbesondere bei den relativ geringfügigen Bussenandrohungen sind aber das hyperbolische Dis-

kontieren und der Fairnesseffekt zu erwähnen. So wie extrem hohe Nutzen zeitinkonsistent diskontiert

werden, werden auch kleine Kosten zeitinkonsistent diskontiert, was diese übermässig zu relativieren

vermag. Wenn Handlungen wie die Verletzung einer Preisangabepflicht oder eine Handlung als Zu-

fallsinsider als fair empfunden werden, da z.B. Konkurrenten oder nahestehende Personen diese eben-

so durchführen oder sich der mögliche Täter im Vgl. zu diesen monetär unfair behandelt fühlt, kann

dies einen solchen, relativierenden Effekt noch verstärken. Hingegen kann gemäss der shaming theory

das direkte soziale Anprangern von natürlichen Personen einen Reputationseffekt erheblich verstär-

334 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 422 – 424.

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

48

ken, was insbesondere bei den mit hohen Bussen angedrohten Sanktionen aufgrund ihrer öffentlich-

keitswirksamen Eigenschaften weit über den Effekt eines Strafregistereintrages hinausgehen kann.

X. Anreizwirkungen Typ-10-Sanktionen

a) Standardökonomische Einschätzung

Typ-10-Sanktionen sind allesamt Verwaltungssanktionen welche gegen natürliche Personen gerichtet

sind und, ohne einen Strafregistereintrag nach sich zu ziehen, reputationär wirken. Dabei ist das ohne

Reputationsschaden zusätzlich mögliche Einkommen aus legaler Tätigkeit zu berechnen und zu mone-

tarisieren. Dieser Betrag wird dann mit dem monetären Einkommen aus der Tat summiert und mit den

Aufwendungen der Tatbegehung abgeglichen. Somit ist massgebend, inwieweit eine natürliche Person

auf ihre Reputation im Erhalt ihrer Anstellung oder im sozialen aber auch beruflichen Weiterkommen

angewiesen ist. Dies ist abhängig von verschiedensten Variabeln und wird deswegen in jedem Einzel-

fall unterschiedlich sein.

b) Verhaltensökonomische Einschätzung

Verhaltensökonomisch ist zu erwarten, dass Reputationsschäden eher zu tief eingeschätzt werden.

Dafür spricht die Opportunitätskostenanomalie und die Schwierigkeit für Menschen, moralische Wer-

tungen in Geldwerte auszudrücken. Da keine direkten monetären Kosten abfliessen, wird der Reputa-

tionserhalt zu tief bewertet. Dagegen spricht die shaming theory und die Verlustaversion, welche bei

unbestimmbaren Verlusten umso mehr zu greifen scheint.335 Dementsprechend wirken auch soziale

Präferenzen, welche eine gewisse Reputationshöhe bedingen.

B. Interpretation und Würdigung der statuierten Anreizwirkungen Nachdem die Anreizwirkungen der Sanktionen im positivistischen Sinne darzulegen versucht wurden,

sollen nun die Erkenntnisse normativ bzgl. Wirksamkeit und Effektivität der Sanktionen hin bewertet

werden. Insgesamt zeigen die festgestellten Anreizwirkungen von Typ-1- bis -5-Sanktionen auf, dass

hohe Sanktionen eher einen Effekt zu haben scheinen als tiefe, wobei die Differenzierung in direkt-

monetäre und indirekt-monetäre Sanktionen den Einzelfällen Rechnung zu tragen vermag. Dies kann

dadurch begründet werden, dass so die einzelfallabhängigen Kosten-Nutzen-Rechnungen der juristi-

schen Personen allesamt miteinbezogen werden können und im Einzelfall sicherlich ein Sanktionstyp

Abschreckwirkung entfalten kann. Dabei werden Typ-1- und -2-Sanktionen als am wirkungsvollsten

angesehen, was aber je nach Einzelfall unterschiedlich ausgeprägt ist. Besonders bei hoher Schadens-

gefahr werden diese als wirkungsvoll angesehen, da sie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von

Unternehmen Rechnung tragen. Allgemein ist zu erwarten, dass aufgrund der erheblich hohen Sankti-

onskosten durch Typ-1- und -2-Sanktionen bedrohte Taten weniger häufig durchgeführt werden. Bzgl.

Typ-3- und -4-Sanktionen sind die Nachteile einer Bestrafung für eine betroffene juristische Personen

nicht vollständig absehbar. In ihrer Anreizwirkung können diese aber sehr wirkungsvoll sein, wenn sie

parallel zu Typ-1- und -2-Sanktionen angedroht werden. Dies fängt insbesondere den Nachteil der

Typ-3- und -4-Sanktionen auf, dass die Kosten eines Verstosses monetär schwer zu erfassen sind, was

335 BECK, S. 175.

Anreizwirkungen auf der individuellen Ebene

49

verhaltensökonomisch gesehen als negativ verzerrend angesehen wird. Typ-5 Sanktionen wirken ins-

besondere, wenn Unternehmen in reputationssensiblen Märkten tätig sind. Somit ergänzen Typ-5-

Sanktionen Typ-3- und -4-Sanktionen ideal. Etwas schwieriger erscheint die Einschätzung der Wirk-

samkeit von Typ-6- bis -7-Sanktionen. Diese wirken gegenüber unterschiedlichen Gruppen potentiel-

ler Täter verschiedentlich. Wenn man verhaltensökonomische Überlegungen miteinbezieht, insbeson-

dere, dass Täter die Kosten-Nutzen-Abrechnung fälschlicherweise zu Gunsten der Tatbegehung vor-

nehmen könnten, wäre eine klarere Darstellung bzw. Kommunikation der Maximalhöhe der Sanktio-

nen oder ein abstrakter Verweis auf die Höhe der jeweiligen Sanktion wünschenswert. Wenn man z.B.

in der Kodifizierung die monetäre Sanktionsandrohung mit Anzahl Tagessätzen anstatt dem Ausdruck

„Geldstrafe“ formulieren würde, hätte es jeder potentielle Täter einfacher, die Sanktionsschwere ein-

zuschätzen, da dieser ex ante wie auch ein Gericht ex post die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von

sich miteinbezieht oder voraussetzt. Eine solche Lösung würde insbesondere wohlhabende natürliche

Personen im Vgl. nicht weniger abschrecken, wie es bei Typ-6- und -7-Sanktionen der Fall sein kann.

Zudem würde dies dem Effekt vorbeugen, dass hohe Sanktionsandrohungen für als weniger schwer

angesehene Delinquenz die Abschreckwirkung der Sanktionen für als schwerer eingestufte Delinquenz

zu unterlaufen vermögen.336 Da die Kosten einer Freiheitsstrafe schwierig zu berechnen sind, ist deren

Androhung wohl wenig abschreckend. Typ-8- und Typ-9-Sanktionen sind insgesamt als wirkungsvol-

ler anzusehen, wenn man das Abstraktionsniveau der Kosten-Nutzen-Berechnungen hervorhebt, da die

Höhe der Sanktion monetarisiert statuiert wird. Einschränkend ist zu sagen, dass die Fehlwahrneh-

mung der Beträge trotzdem erheblich sein kann und gewisse Bussenandrohungen für bestimmte poten-

tielle Tätergruppen als geringfügiger anzusehen sind, da die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der

Adressaten nicht miteinbezogen wird. Insgesamt unterstützt dies die Forderung, dass auch gegen na-

türliche Personen gegen oben offene, direkt-monetäre Sanktionen wünschenswert sind. Typ-10-

Sanktionen wirken, analog zu Typ-5-Sanktionen, nur gegenüber natürlichen Personen abschreckend,

die im beruflichen sowie sozialen Leben auf ihre Reputation angewiesen sind. Es ist somit essentiell,

dass Typ-10-Sanktionen parallel zu Typ-6- bis -9-Sanktionen angewandt werden könnten und die Tat-

bestände dementsprechend erweitert würden. Anzufügen bleibt, dass eine höhere Strafandrohung im

Wiederholungsfalle aus Sicht des RCM im Allgemeinen als wünschenswert erscheint, da die erwarte-

ten Kosten in Form der erwarteten Sanktion nicht hoch genug waren, um die Begehung einer Tat zu

verhindern, und eine korrektere oder gegen oben verschobene Kosten-Nutzen-Rechnung im erneuten

Fall, mit einer höheren Sanktionsandrohung erheblich gefördert werden kann.337 Interessant und wohl

wirkungsvoll wäre die Möglichkeit, im Wiederholungsfalle höhere Maximalsanktionen anstatt Mini-

malsanktionen anzudrohen.338 Die allgemeingültige Aussagekraft der soeben beschriebenen Schluss-

folgerungen in Bezug auf die Anreizwirkungen der Sanktionstypen ist an dieser Stelle zu relativieren. 336 COOTER & ULEN, S. 512. 337 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 438 – 439; NOLL, S. 84. 338 Bei der Strafbemessung fliesst die Vorgeschichte schon heute mit ein, was aber nicht mit der nötigen Klarheit kommuni-ziert wird. Auch bzgl. dem (ausgeblendeten) Versuch lassen sich solche Gedankten konstruieren. Demzufolge sollte die Androhung für die vollendete Tat nach vorherigem unvollendeten Versuch höher sein, als für eine im ersten Anlauf direkt-vollendete Tat.

Institutionsökonomische Einschätzung

50

8. Komparative Institutionenanalyse

Die Erkenntnisse bzgl. den Anreizwirkungen der Sanktionen sollen in diesem Kapitel in eine darüber

hinausgehende komparative Institutionsanalyse miteinbezogen werden. Dabei wird auf die Unter-

scheidung zwischen Verwaltungssanktionen und (Verwaltungs)Strafsanktionen als externe institutio-

nelle Arrangements339 fokussiert. Es wird eine Einschätzung vor dem Hintergrund des Zwecks der

Regulierung – dem Systemschutz, der effizienten Kapitalallokation und des Wettbewerbs, bzw. der

effizienten Allokation aller Ressourcen an sich – abgegeben. Dabei ist für die Veranschaulichung zu

beachten, dass durch entsprechende Handlungen der Verfassungskonsens bzgl. eines wettbewerbsbe-

zogenen Wirtschaftssystems, der durch die Gesetzeszwecke geschützt ist, unterlaufen wird. Somit

handelt es sich hierbei um einen Fall, in welchem der Wettbewerb als Lösung vorausgesetzt wird und

deswegen ein Handeln und dessen Sanktionierung danach bewertet wird.340 Die folgenden Ausführun-

gen beziehen sich auf die Frage, wie ein Institutionensystem in diesem Sinne ausgestaltet werden soll-

te, ob die Unterscheidung in die Institutionsarten Verwaltungs- und Strafsanktion rechtfertigbar ist und

ob eine der anderen vorgezogen werden sollte. Dabei wird besonders auf die unterschiedliche Funkti-

onalität und Leistungsfähigkeit der Regelsysteme bzw. Institute geachtet. Die Sanktionstypen 1 – 5

und 10 entsprechen bis auf die Ausnahme von Art. 49a KG der Sanktionsart der Verwaltungssanktion.

Die Sanktionstypen 6 – 9 entsprechen bis auf die drei Ausnahmen Art. 35 FINMAG, Art. 133 Abs. 3

KAG und Art. 51 Abs. 2 lit. b VAG der Sanktionsart der (Verwaltungs)Strafsanktion.

A. Gesamtwirtschaftlich optimale Sanktionen Im Kern der Analyse der Anreizwirkungen der Sanktionen für Individuen von Kap. 7 steht eine Kos-

ten-Nutzen-Abwägung für das jeweilige betroffene Individuum. Im vorliegenden Kapitel steht nun

eine Kosten-Nutzen-Abwägung aus der Sicht der Gesellschaft im Zentrum. Insgesamt soll das höher-

rangige Ziel eines Sanktionssystems die Minimierung der „gesamtwirtschaftlichen öffentlichen Kos-

ten“341 sein.342 Dabei wird der durch die zu sanktionierenden Handlungen verursachte Schaden als

öffentliche Kosten gegenüber den öffentlichen Kosten, die durch Aufklärung-, Verfolgung- und Be-

strafungshandlungen entstehen, abgewogen.343 Diese Kosten werden allesamt beim Verursacher zu

internalisieren versucht. Da aber traditionell nicht der restitutorische sondern der präventive Gedanke

von Sanktionen im Zentrum steht und da dies teilweise nicht möglich ist, werden die öffentlichen Kos-

ten nicht vollständig internalisiert.344 Infolgedessen wird versucht, die Gesamtkosten unter Einbezug

der Sanktionen zu optimieren. Es geht demzufolge aus der Sicht eines Staats um den optimalen Ein-

satz von Strafhöhe und Sanktionierungswahrscheinlichkeit, da zweitere vom Aufwand des Staates

verbotene Handlungen aufzuspüren und zu sanktionieren, abhängig ist.345 Die Sanktionierungswahr-

339 Vgl. dazu VOIGT (S. 31). 340 Vgl. dazu VAN AAKEN (2003, S. 105). 341 Freie Übersetzung des englischen Begriffpaares „social costs“. 342 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 406. 343 COOTER & ULEN, S. 510 – 511. 344 COOTER & ULEN, S. 491 – 492; 510 – 511. 345 Sogenannte Rechtsdurchsetzungskosten (POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 406).

Institutionsökonomische Einschätzung

51

scheinlichkeit hängt dabei mit dem technischen Wissen der Behörde zusammen. Das Bereitstellen

dieses Wissens verursacht hohe öffentliche Kosten. Werden die öffentlichen Kosten gesenkt, werden

die Sanktionierungswahrscheinlichkeiten entsprechend gesenkt und umgekehrt. Deswegen wird die

Sanktionierungswahrscheinlichkeit – zusammengesetzt aus Entdeckungs- und Verurteilungswahr-

scheinlichkeit – nicht mehr wie in der Anreizanalyse als stabil vorausgesetzt. Im Gegenteil, diese fällt

in einer komparativen Institutionenanalyse stark ins Gewicht. Bzgl. der gesamtökonomisch-optimalen

Ausgestaltung von Sanktionen existieren unterschiedliche modell-theoretische Erkenntnisse.346 Zum

einen werden bei einer variablen Sanktionierungswahrscheinlichkeit hohe Sanktionen als optimal an-

gesehen, da diese eine tiefe Anwendungswahrscheinlichkeit bzw. eine hohe Abschreckwirkung impli-

zieren und so die Durchsetzungskosten schonen. Ob eine Maximalsanktion gegen oben offen sein

sollte, ist abhängig von der Risikoeinstellung der Rechtsanwender und der jeweiligen Höhe der Mone-

tisierung von Freiheitsstrafen.347 Zum anderen wird statuiert, dass die verschuldensabhängige der ver-

schuldensunabhängigen Sanktionierung vorgezogen werden sollte, zumal Sanktionen, die hohe Durch-

setzungskosten verursachen, weniger oft angewandt würden, da der Verschuldensstandard einen glät-

tenden Effekt nach sich zieht. Demgegenüber sind verschuldensunabhängige Sanktionen kostengüns-

tiger, da sie immer ausgesprochen werden, wenn jemand einen Schaden anrichtet, und da sie einfacher

anzuwenden sind. Es muss nur der Schaden festgestellt werden. Sie internalisieren verursachte Schä-

den vollständig.348 Eine kombinierte Anwendung von Freiheitsstrafe und monetärer Sanktion ist bei

verschuldensabhängiger Sanktionierung unbedingt nötig, wobei bei verschuldensunabhängiger Sankti-

onierung die monetäre Sanktion immer optimaler ist.349 Erwähnenswert ist, dass bei Vorfinden von

Interventionsfehlern 1. und 2. Art verschuldensunabhängige Sanktionen optimaler sind.350 Anderweitig

wird statuiert, dass die monetäre Sanktion der Freiheitsstrafe vorzuziehen ist, da diese weniger öffent-

liche Kosten verursacht. Freiheitsstrafen sollten wegen ihrer hohen Kosten erst in Betracht gezogen

werden, wenn Vermögenssanktionen nicht einbringlich oder nicht abschreckend sind.351 Ergänzend

muss hier angefügt werden, dass die Freiheitsstrafe die vehementeste Form der Entfähigung zur aber-

maligen Schadensanrichtung darstellt, aber nicht die Optimalste sein muss. Ein Berufsverbot oder ein

Bewilligungsentzug können demzufolge wünschenswerter sein, insbesondere da ihre gesellschaftli-

chen Kosten viel tiefer sind und sie trotzdem zielführend sein können.352 Sie können in Bezug auf

juristische Personen sogar als Ersatz für Freiheitsstrafen angesehen werden.353 Darüber hinaus lässt

sich (auch ökonomisch) eine relativ stärkere Wirkung der Sanktionswahrscheinlichkeit im Vgl. zur

346 Allesamt arbeiten mit dem RCM und monetarisieren alle Kosten und Nutzen für ihre Berechnungen. Teilweise wird ver-sucht die Einwände der Verhaltensökonomie einzubauen (POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 439 – 440; 446). 347 POLINSKY & SHAVELL, 2000a, S. 70. 348 POLINSKY & SHAVELL, 2000a, S. 70. 349 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 419. 350 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 429. 351 POLINSKY & SHAVELL, 2000a, S. 55; 70; Dem z.T. widersprechend wird kriminologisch bei Wirtschaftsstraftätern die Androhung von Freiheitsstrafen verbreitet eine besondere Abschreckungswirkung zugesprochen, während Geldstrafen als weitgehend wirkungslos angesehen werden, da diese wohl miteinberechnet werden und/oder entsprechend zu tief anfallen (SCHWOB & WOHLERS, Art. 44, Rn. 44). 352 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 443. 353 Was der Typisierung und den Resultaten der Anreizanalyse entspricht; vgl. dazu fusionierend Kap. 8.B.

Institutionsökonomische Einschätzung

52

Sanktionshöhe ausmachen.354 Insgesamt müsste ein Sanktionssystem je nach Risikoeinstellung und

Eigenschaften der Normadressaten dem Einzelfall angepasst werden, da sich die Rationalität einer

Tatbegehung je nachdem unterschiedlich darlegt und einwirkt.355 Eine Sanktion darf im Vgl. zu den

finanziellen Möglichkeiten des Rechtsanwenders nicht verschwindend klein sein. Insbesondere nicht,

wenn die Sanktionierungswahrscheinlichkeit gleichzeitig bescheiden oder sogar tief ist.356 Anderseits

ist bei Prinzipal-Agent-Verhältnissen wie Arbeitsverträgen immer daran zu denken, dass es gesamt-

wirtschaftlich sinnvoll sein kann, den Prinzipal für Handlungen des Agenten zu sanktionieren, insbe-

sondere wenn der Prinzipal im Vgl. zum Agenten wesentlich mehr Ressourcen besitzt sowie die opti-

male Sanktionshöhe die Ressourcen des Agenten übersteigt.357 Der komplementäre Einsatz von zivil-

rechtlichen, ordnungswidrigkeitenrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen macht die Einschätzung

der Kosten-Nutzen-Analysen der einzelnen Institute schwierig. Es wird sogar statuiert, dass die paral-

lele Anwendung von straf- und verwaltungsrechtlichen Sanktionen die Wirkung der einzelnen Institute

allenfalls beeinträchtigen kann.358 So kann ein Normadressat, durch das Ausspielen der beiden Institu-

te die für ihn am Ende anfallenden Kosten beeinflussen. Demnach kann es sich für ein Unternehmen

lohnen, die tiefere strafrechtliche Sanktion in Anspruch zu nehmen, um einer höheren Verwaltungs-

sanktion auszuweichen.359 Dieser kontraproduktive Effekt i.S. einer Reduktion der Effektivität des

Sanktionseinsatzes durch die parallele Anwendung der Institute findet (zu) wenig Beachtung.360 Da in

der vorliegenden Arbeit nur systemrelevante Normen analysiert werden, verblasst das Argument, dass

gewisse Rechtsverstösse gesamtwirtschaftlich nicht zu sanktionieren sind, da der gesamtwirtschaftli-

che Schaden aufgrund der Systemrelevanz der Normen per se von erheblicher Bedeutung ist.361

B. Institutionsökonomische Einschätzung der Wirkungen der Sanktionsarten In einer vergleichenden, institutionsökonomischen Gegenüberstellung ist mithilfe der vorerwähnten

theoretischen Erkenntnisse die Frage zu klären, ob eine der beiden Institutionen – Verwaltungs- oder

Strafsanktion – mit Bezug auf das höherrangige Ziel eines optimalen Sanktionssystems zu bevorzugen

ist. Demzufolge wird folglich versucht darzulegen, welche Institution eine bessere ökonomische Ziel-

Mittel-Relation i.S. einer Abwägung zwischen drohenden Systemschäden oder Ineffizienzen und den

Vermeidungskosten unter Einbezug der Sanktionseinnahmen aufweist. In der Anreizanalyse wurde die

Sanktionierungswahrscheinlichkeit als stabiler Faktor angesehen, aber bei Verwaltungssanktionen

354 CURTI, S. 83; Verstärkt wird dies, wenn man Fairness-Überlegungen miteinbezieht. Individuum finden es nach neuesten Erkenntnissen unfairer, wenn jemand nicht für eine durchgeführte Tat bestraft wird, als wenn jemand nicht den Schaden der verübten Tat vollständig internalisieren muss (POLINSKY & SHAVELL, 2000b, S. 224; 237). 355 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 416; 419 – 420; Der Autor der vorliegenden Arbeit nennt dies die „Theorie der verzerren-den Effekte des Einzelfalles.“ 356 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 422. 357 Dabei ist insbesondere der Effekt wichtig, dass aus der Sicht der ökonomischen Vertragstheorie der rationale Prinzipal sich vertragliche Möglichkeiten vorenthalten hat, gegen den Agenten vorzugehen, wenn dieser nicht in seinem Interesse handelt (POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 434 – 435). Wenn dieser im Interesse des Prinzipals handelt, stellt sich entsprechend die Frage nicht. 358 KIRCHNER, S. 109 – 110. 359 Dies leitet sich auch aus dem Widerspruch des Kompetenzvorrangs von Strafbehörden und des Informationsvorsprungs der Verwaltungsbehörden ab (KIRCHNER, S. 121 – 122; 123). 360 Dies könnte man nur schon mit verfahrensrechtlichen Änderungen z.T. erheblich verbessern (KIRCHNER, S. 123). 361 Entgegen u.a. ZIMMERLI (S. 150 – 152). Unterstützt wird dies umso mehr dadurch, dass es keine wettbewerbsrechtlichen Verstösse gibt, die gesamtwirtschaftlich effizient sein können, da der Wettbewerb an sich diese Effizienz erst ermöglicht.

Institutionsökonomische Einschätzung

53

ohne Strafcharakter näher bei 1 angenommen als bei (Verwaltungs)Strafsanktionen. Insbesondere das

Fachwissen einer Verwaltungsbehörde im Vgl. zu einer Strafverfolgungsbehörde wurde dafür als

Hauptgrund ausgemacht, da die Anreizwirkungen von Sanktionen von der Sanktionierungswahr-

scheinlichkeit abhängen. Diese ist wiederum in erheblichem Masse abhängig von der Technizität der

Tatbestandsprüfung und dem Fachwissen sowie den Ressourcen der prüfenden Behörde.362 Die aus-

führliche Typisierungstabelle363 zeigt, dass sich die Tatbestände der Verwaltungssanktionen und der

Strafsanktionen in ihrer Technizität mehrheitlich nicht unterscheiden. Somit lässt sich das diesbezügli-

che Gegenargument, dass die weniger versierte Rechtsdurchsetzungsbehörde auch weniger technische

Tatbestände zu belegen hat, entkräften. Dies spricht für die Institution der Verwaltungssanktion bzw.

eine technisch versierte Verfolgungsbehörde.

Die Erkenntnisse der Anreizanalyse lassen einen noch brisanteren Schluss zu. Nach der hier vertrete-

nen Meinung, gestützt auf die Anreizanalyse, eignet sich das RCM besser für die Erklärung und Steue-

rung von Handlungen juristischer Personen als für jene von natürlichen Personen.364 Begründet wird

dies damit, dass moderne Unternehmen ausgeklügelte kostenoptimierende Planungs- und Handlungs-

strukturen aufweisen, welche sozusagen mit monetarisierten Nutzenfunktionen arbeiten, sowie die

stabile Präferenz besitzen, den Gewinn zu optimieren.365 Juristisch wird juristischen Personen kein

vorsätzliches Handeln bzw. Verschulden zugetragen; trotzdem planen juristische Personen de facto ihr

Handeln.366 Wenn eine sanktionierte Handlung rational geplant und nicht spontan bzw. affektiv be-

gründet ist, dann kann das RCM dieses entsprechend erklären.367 Verwaltungssanktionen entsprechen

der von der Theorie der optimalen Sanktionierung von rational handelnden Personen vorgebrachten

Sanktionsausgestaltungen eher als Strafsanktionen.368 Darum sollte die Abwägung zwischen Straf- und

Verwaltungssanktionen ökonomisch – auf dem Unterbau des RCM für juristische Personen und der

Verhaltensökonomie für natürliche Personen – aber auch juristisch eher in die Richtung gedacht wer-

den, ob eine Sanktionsart besser geeignet ist, die Delinquenz entweder von juristischen oder natürli-

chen Personen zu verhindern bzw. wirkungsvoller zu sanktionieren. Dies spricht für eine parallele,

aber getrennte Anwendung der beiden Institutionen je nach Adressatenkreis, wie dies traditionell der

Fall war – allerdings infolge eines belegbaren, ökonomischen Grundes. In diese Richtung tendiert

auch die erwähnte Prinzipal/Agent-Theorie. Ergänzend ist entsprechend auf die Theorie von KIRCH-

362 Vgl. dazu Kap. 7.A. 363 Vgl. dazu die vollständige Typisierungstabelle in Anhang 2, welche in der zehnten Spalte die Technizität der Tatbestände zu erfassen und die Einteilung in den jeweiligen Anhang-Fussnoten zu erklären versucht. 364 So könnte evtl. auch eine tiefere Rückfallquote von juristischen Personen im Vergleich zu natürlichen Personen erklärt werden, da Lernprozesse bei rational handelnden Personen eher festgestellt werden können (BECK, S. 7). 365 RÜEGG-STÜRM, S. 68 – 69; 83 – 86; 107 – 110; Gegenteiliges würde diese aus dem Markt drängen (BECK, S. 5). 366 COOTER & ULEN, S. 495 – 496; Unterstützt wird dies dadurch, dass Unternehmen ihr Risiko berechnen (LANGEVOORT, S. 112; RÜEGG-STÜRM, S. 68 – 69; 120 – 128), die Unsicherheit dabei aufgrund der Unberechenbarkeit dieser aussen vor lassen, und somit die etablierte Entscheidungstheorie eher als anwendbar erscheint (VOIGT, S. 23). 367 COOTER & ULEN, S. 501 – 502; Zu einem gewissen Masse widerspricht dies dem methodologischen Individualismus, der besagt, dass ausschliesslich Individuen handeln, Unternehmen nicht (VOIGT, S. 21). Verstärkt wird dies hingegen durch die Annahme einer unmoralischen Person, welche eher einem Unternehmen als einer natürlichen Person entspricht. Natürliche Personen halten sich oft aus intrinsischen Gründen oder Fairnessüberlegungen und nicht aus rationalen Gründen an das Recht (COOTER & ULEN, S. 506; ENGLERTH, S. 177). 368 Dies da Verwaltungssanktionen hohe gegen oben offene, verschuldensunabhängige Sanktionen darstellen, keine negativen hohe Kosten wie Freiheitsstrafen aufweisen, die Schäden zu grossen Teilen internalisieren, eher Prinzipale sanktionieren und den Einzelfällen differenziert Rechnung zu tragen vermögen (vgl. dazu Kap. 8.A. und Kap. 7.B.).

Institutionsökonomische Einschätzung

54

NER zu verweisen, die besagt, dass die parallele Anwendung von straf- und verwaltungsrechtlichen

Sanktionen auf dieselben Adressaten die Wirkung der einzelnen Institute allenfalls beeinträchtigen

kann.369 Für die Bereiche in welchen sich das Strafrecht mit dem Aufsichtsrecht überschneidet, ist

zudem eine parallele und jeweils eigenständige Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde sowie der Strafbe-

hörde möglich und somit besteht die Eventualität der Führung zweier paralleler Verfahren für den

gleichen Gesetzesverstoss. Auch wenn oft Koordinationspflichten bestehen370, macht dies ökonomisch

nur Sinn, wenn sich die Adressaten der Sanktionen je nach angedrohter sowie verfolgender Institution

unterscheiden. Einzig bezüglich Sanktionen, die rein reputationär wirken, ist die gemachte Feststel-

lung zu verneinen. Hierbei ist aber anzufügen, dass im allgemeinen Strafrecht genügend Mechanismen

vorhanden sind, die für natürliche Personen ähnliche Anreizwirkungen wie Typ-10-Sanktionen dispo-

nieren.

In der Anreizanalyse konnte aufgezeigt werden, dass Typ-3- und -4-Sanktionen sehr wirkungsvoll sein

können, wenn sie parallel zu Typ-1- und -2-Sanktionen angedroht werden. Demzufolge ist die Mög-

lichkeit der parallelen Anwendung verschiedener Verwaltungssanktionen bzgl. der gleichen Tatbege-

hung ein gewichtiges Argument, das für das Institut der Verwaltungssanktion spricht. Bei Strafsankti-

onen ist dies bekanntlich nicht möglich. Eine weitere wirkungstechnisch massgebende Unterscheidung

ist, dass eine Strafsanktion im Vgl. zu einer Verwaltungssanktion erst lange nach der Verletzung der

Strafform rechtskräftig wird, was angesichts der gewollten Abschreckwirkung problematisch er-

scheint.371 Die Verfahrensdauer und die Verfahrensrestriktionen können aber auch handlungsein-

schränkend wirken, da diese für den Sanktionierten auch höhere Kosten verursachen. Hierbei ist also

kein abschliessendes Urteil möglich. Wenn aber aufgrund der Verfahrensrestriktionen eine Sanktionie-

rung verhindert wird, da z.B. keine Mitwirkungspflicht besteht, ist aus rechtsökonomischer Sicht die

Institution der Verwaltungssanktion vorzuziehen. Da Strafsanktionen verschuldensabhängige Sanktio-

nen darstellen, sind diese den Verwaltungssanktionen sicherlich dann unterlegen, wenn die Entde-

ckungswahrscheinlichkeit hoch ist, aber trotzdem Interventionsfehler vorkommen. Insbesondere bei

Börsendelikten ist dies der Fall, da die Kursrelevanz und nicht, ob gehandelt wurde oder nicht, im

Zentrum der rechtlichen Abklärungen steht. Somit sind, bei Börsendelikten und anderen Delikten die

aufgrund statistischer Muster aufgedeckt werden können, Verwaltungssanktionen vorzuziehen.

Interessant ist die Überlegung, dass der Bewilligungsentzug für juristische Personen oder ein Berufs-

verbot für natürliche Personen eine dem Freiheitsentzug analoge Wirkung entfalten kann. Institutionell

ist der Freiheitsentzug im Vergleich fast immer die ineffizientere Sanktion.372 Da das Institut der Ver-

waltungssanktion auch gegenüber natürlichen Personen373 angewendet wird, ist dieses auch gegen

369 Vgl. dazu Kap. 8.A. 370 Vgl. dazu AMMANN et al. (S. 435). 371 WATTER, S. 173; Im Strafverfahren steht eher die Vergangenheitsbewältigung im Zentrum und ein Angeklagter besitzt im Gegensatz zum Verwaltungsverfahren (zu Recht) viele Wehrmechanismen (z.B. das Selbstbelastungsverbot und das Fehlen einer Mitwirkungspflicht), die aber als Verzögerung eingesetzt werden können (vgl. dazu u.a. NOBEL (Kap. 7/Rn. 175)). 372 Vgl. dazu Kap. 8.A. 373 Alle Typ-10-Sanktionen i.S. der vorliegenden Arbeit.

Institutionsökonomische Einschätzung

55

natürliche Personen der Strafsanktion vorzuziehen, solange diese eine Freiheitsstrafe androhen.374 In

eine ähnliche Richtung geht die Feststellung, dass Typ-4-Sanktionen teilweise eine höhere Ab-

schreckwirkung bewirken können als Typ-2- oder Typ-3-Sanktionen, da der Nutzen aus der Tatbege-

hung im Nachhinein vereitelt bzw. nicht gesichert werden kann. Dies entspricht ebenso einer ähnli-

chen, analogen Wirkung von Freiheitsstrafen für juristische Personen.

Dementsprechend muss angefügt werden, dass i.S. der Theorie der Maximalsanktion sowie unter Be-

rücksichtigung der Theorie verzerrender Effekte des Einzelfalls, Verwaltungssanktionen in ihrer Wir-

kung den Strafsanktionen bis auf Art. 49a KG überlegen sind, da diese gegen oben offene monetäre

oder monetarisierte Androhungen aufweisen und gleichzeitig den verschiedenen Einzelfällen, wie z.B.

einer reputations-sensiblen Situation, Rechnung tragen können. Z.B. ist Art. 41 Abs. 1 BEHG zwar

eine der Sanktionen mit der höchsten Androhung, doch wirkt diese Sanktion nicht entsprechend, wenn

durch die sanktionierte Handlung im Nachhinein eine viel begehrenswertere Handlung erst ermöglicht

wird. Die Sanktion der Übertragung von Organbefugnissen an Dritte würde z.B. dem entgegenhalten.

Abschliessend sind aus den Erkenntnissen der Anreizanalyse Art. 35 FINMAG als Verwaltungssank-

tion und Art. 49a KG als (Verwaltungs)Strafsanktion375 hervorzuheben, welche in ihren Wirkungen

einen wichtigen Mechanismus aufzeigen. Die Gewinneinziehung nach Art. 35 FINMAG ist, wie ge-

zeigt, bei stabiler Sanktionierungswahrscheinlichkeit wirkungsvoll, solange die FINMA dem techni-

schen Wissen der Rechtsanwender nicht unterlegen ist. Wenn man die Sanktionierungswahrschein-

lichkeit nicht stabil hält und die Kosten miteinbezieht, welche eine technische versierte FINMA verur-

sacht, ist ein gewichtiges Problem auszumachen. Wenn die öffentlichen Kosten gesenkt werden, wird

ebenso die Sanktionierungswahrscheinlichkeit gesenkt und umgekehrt. Dies führt dazu, dass, wenn die

Rechtsanwender rational sind bzw. perfekt informiert sind, eine Maximalsanktion wünschenswert ist.

Wenn hingegen die Informiertheit unvollständig ist oder andere Verhaltensanomalien auftreten, ist die

optimale Sanktion nicht die Maximalsanktion.376 Eine Lösung dieses Dilemmas ist aus gesellschaftli-

cher Sicht Art. 49a KG. Die Anreizwirkungen von Art. 49a KG zeigen in Anwendung auf juristische

Personen, dass eine Bonusregel in gewissen Fällen sehr wünschenswert ist, da sie die Sanktionie-

rungswahrscheinlichkeit für alle Beteiligungen erhöht und gleichzeitig öffentliche Kosten bzgl. Auf-

deckung senkt. Da der Umsatz als Sanktionsberechnungsmassstab eingeführt wird, sind die genauen

Kosten-Nutzen-Abwägungen insbesondere von der Effizienz bzw. Marge der Unternehmen abhängig.

Zusätzlich sind Umsätze in einer anderen Grössenordnung als Gewinnberechnungen vorliegend und

fallen für Unternehmen so stärker ins Gewicht. Dies entspricht der theoretischen Feststellung, dass

nicht die Maximalsanktion, aber eine von den Gegebenheiten abhängige hohe Sanktion wünschens-

374 Dies wird natürlich in Realität durch die in der vorliegenden Arbeit ausgeklammerten strafrechtlichen Berufsverbote und andersherum durch die Unternehmensstrafbarkeit entschärft. 375 Juristisch ist dies unumstritten. Hingegen setzt Art. 49a KG gemäss der Typisierung Anreizwirkungen wie Verwaltungs-sanktionen ohne strafrechtlichen Charakter (vgl. dazu Anhang 2). 376 GAROUPA mit Verweisen (S. 277).

Institutionsökonomische Einschätzung

56

wert ist.377 So bietet Art. 49a KG gegenüber juristischen Personen einen effizienten Mittelweg als Lö-

sung, in dem die Sanktionierungswahrscheinlichkeit hoch genug gehalten wird, dass die Bonusregel

wirkt, und der Rest dieser überlassen wird. Demzufolge wären Regelungen wie Art. 49a KG auch

anderswo wünschenswert. I.S. der komparativen Institutionsanalyse kann Art. 49a KG aufgrund seines

Ausnahmecharakters hingegen nicht als Repräsentant einer Sanktionsinstitution angesehen werden.

C. Abschliessende normative Würdigung Verwaltungssanktionen zeigen aus institutionsökonomischer Sicht erhebliche Vorteile gegenüber

Strafsanktionen auf. Ob diese Unterschiede signifikant genug sind, um eine eindeutige Meinung zu

bilden, kann nicht abschliessend beantwortet werden. Die Unterscheidung von Verwaltungs- und

Strafsanktionen ergibt aus institutionsökonomischer Sicht gemäss den Erkenntnissen der Analyse hin-

gegen nur dann Sinn, wenn diese je für die Adressatengruppe juristische (Verwaltungssanktion) oder

natürliche Person (Strafsanktion) angewandt werden. Normativ erscheint die Grundprämisse erwäh-

nenswert, dass es sinnvoll ist, Regeln hinreichend offen bzw. abstrakt zu formulieren, sodass neue

Gegebenheiten über eine modifizierte dynamische Rechtsprechung einfliessen können und eine Modi-

fikation der Regeln dabei selbst nicht erforderlich ist.378 Insbesondere die Börsendeliktstatbestände

sowie Art. 49a KG sind abstrakt formuliert, haben also gegenüber konkret beschriebenen Sanktionen

einen institutionellen Vorteil.379 Somit ist aus institutionsökonomischer Sicht neben der für die ver-

gleichende Gegenüberstellung massgebende Technizität einer Tatbestandsprüfung auch der Abstrakti-

onsgrad der Tatbestandsformulierung als massgebend zu erachten. In zukünftigen Regulierungsvorha-

ben sollte diesen Gedanken Rechnung getragen werden. Dasselbe gilt für den Wirkungsmechanismus

von Art. 49a KG mit seiner Bonusregel, der den Gegebenheiten stark Rechnung trägt. Dieser Mecha-

nismus sollte vermehrt in Straf- sowie Verwaltungssanktionen eingebettet werden. Insbesondere soll

im Allgemeinen ebenso Erwägung finden, dass die hohen Sanktionen von Art. 35 FINMAG oder Art.

49a KG insbesondere gegenüber juristischen Personen wünschenswert sind. Dementsprechend ist eine

Aufhebung der allgemeinen Höchstmarke von Bussen und von 3'000.- Sfr. für Tagessätze bzw. der

Anzahl an Tagessätzen von 360 einer Geldstrafe empfehlenswert, da diese eine den Gegebenheiten

Rechnung tragende Sanktionierung teilweise verunmöglichen und der Theorie der Maximalsanktion

widersprechen. Bis anhin ist Art. 49a KG die einzige Strafsanktion, die diese Erkenntnisse miteinbe-

zieht. Demgegenüber haben mehrere Verwaltungssanktionen mit ihren gegen oben offenen aber an

den Einzelfällen orientierten Androhungen diese wünschenswerten Eigenschaften.

377 POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 416; 419 – 420; GAROUPA, S. 270 – 271; Dabei ist insbesondere in Erinnerung zu rufen, dass über eine Erhöhung der Sanktion auch die gesellschaftlichen Kosten geschont werden können. Viele Sanktionen gegen-über Unternehmen sind im Vergleich zu deren assets verschwindend klein, zu klein (POLINSKY & SHAVELL, 2007, S. 422). 378 Weil wir die besten Regeln nicht kennen, haben wir ein Interesse daran, Regeln ändern zu können, sobald sich unser Kenntnisstand über die Wirkungsweise erhöht hat. Ist eine Regelmodifikation dennoch erforderlich, sollten die Regelände-rungskosten nicht allzu hoch sein, um die Nutzung des neugewonnen Regelwissens nicht zu verzögern (VOIGT (S. 221) mit Verweis auf WILLIAMSON (S. 195 ff.)). 379 Die genannten sind alle Strafsanktionen, doch aufgrund ihres Ausnahmecharakters nicht repräsentativ für die Strafsankti-on als Institution.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung

57

9. Zusammenfassende Schlussbetrachtung

A. Conclusio Die vorangegangenen Anreizanalyse und komparative Institutionsanalyse lassen insgesamt einen gros-

sen Interpretationsspielraum zu. Dies macht die Beantwortung der Forschungsfrage und der Thesen

umso schwieriger.380 Interessanterweise kann als Hauptbefund festgehalten werden, dass die Unter-

scheidung zwischen Straf- und Verwaltungssanktionen rechtsökonomisch gesehen eher in die Rich-

tung gedacht werden sollte, dass eine parallele aber getrennte Anwendung der beiden Institutionen je

nach Adressatenkreis sinnvoll wäre. Dies wird aber nicht aus den traditionellen juristischen Ausfüh-

rungen heraus begründet, sondern aufgrund eines belegbaren ökonomischen Arguments hergeleitet. So

kann vorweg die sechste These widerlegend beantwortet werden. Dies führt auch dazu, bzw. wird

daraus geschlossen, dass die Unterscheidung der Institute aus institutionsökonomischer Sicht doch

Sinn ergibt, da diese, wenn man die Anreizwirkungen berücksichtigt, je zu einer der beiden ökonomi-

schen Verhaltenstheorien als passender dargestellt werden können und den davon abgeleiteten optima-

len Sanktionsandrohungen jeweils besser entsprechen. Das Wesen der untersuchten Rechtsgebiete,

welche Marktunvollkommenheiten aufzufangen versuchen und der Allokationseffizienz an sich die-

nen, rechtfertigt eine ökonomische Einschätzung der Ausgestaltung dieser. Die Rechtsgebiete unter-

scheiden sich insofern in der Aufteilung der Straf- und Verwaltungssanktionen, dass im Kartellrecht

keine gegen natürliche Personen angedrohte direkte Strafsanktionen vorzufinden sind, die als system-

relevant i.S. dieser Arbeit angesehen werden können. Hingegen können systemrelevante Verwaltungs-

sanktionen in beiden Rechtsgebieten auch natürliche Personen adressieren. Es konnte dabei aber keine

Rechtfertigung gefunden werden, wie sich diese unterschiedliche Ausgestaltung rechtsökonomisch

begründen lässt. Insbesondere da die Regulierungsziele fast identisch sind, d.h. diese Marktunvoll-

kommenheiten verhindern wollen, ist nicht ersichtlich, wieso im Kartellrecht nicht (mehr) direkte

Strafsanktionen wie im BankG, im BEHG oder im KAG vorzufinden sind. Andererseits drängt sich im

Finanzmarktrecht eine ähnliche Regelung wie Art. 49a KG auf, was auch gerade die siebte These be-

antwortet. Umgekehrt kann man sich eine Sanktion wie Art. 35 FINMAG im KG aber auch UWG

vorstellen, welche nicht, wie Art. 49a KG, als Strafsanktion zu qualifizieren wäre. Insgesamt kann

gesagt werden, dass mehrere Sanktionen, insbesondere Strafsanktionen, nicht den juristisch erhofften

Effekt mit sich bringen. Dies kann aus den wiederholten Ausführungen geschlossen werden, dass

Verwaltungssanktionen im Gegensatz zu Strafsanktionen differenzierte Anreizwirkungen entfalten,

welche den möglichen Einzelfällen besser Rechnung tragen. Dabei ist ferner insbesondere auf die

(mehrheitlich) relativ tiefe Sanktionshöhe der Strafsanktionen zu verweisen. Insgesamt kann somit die

Forschungsfrage insofern beantwortet werden, dass sich ein ungleiches Sanktionssystem im schweize-

rischen Finanzmarktrecht und im schweizerischen Wettbewerbsrecht rechtsökonomisch nicht rechtfer-

tigen lässt. Hingegen lässt sich die Unterscheidung zwischen Strafsanktionen und Verwaltungssankti-

380 Vgl. die Forschungsfrage und die sieben davon abgeleiteten Thesen in Kap. 1.B.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung

58

onen für beide Rechtsgebiete gleichsam rechtfertigen, da eine unterschiedliche Sanktionsandrohung

für die unterschiedlichen Adressatengruppen natürliche oder juristische Personen sehr empfehlenswert

erscheint. Dies wird damit begründet, dass Verwaltungssanktionen gegenüber juristischen Personen,

bei welchen gemäss den gemachten Analysen rationales Handeln eher angenommen werden kann, den

Erkenntnissen der Theorien bzgl. gesamtwirtschaftlich optimalen Sanktionen, die auf das RCM auf-

bauen, zu- und entsprechen. Ein Vorteil der Verwaltungssanktionen ist, dass sie die wirtschaftliche

Leistungsfähig von Unternehmen aber ebenso wirtschaftlichen Mechanismen wie Reputationsmecha-

nismen Rechnung zu tragen vermögen. Demgegenüber sind bei natürlichen Personen die Vorbehalte

der Verhaltensökonomie so stark, dass sich rechtsökonomisch kein klares Bild ergibt, wie eine optima-

le Sanktionierung dieser aussehen sollte. Natürlichen Personen als potentielle Täter werden wohl we-

niger von ökonomisch berechenbaren Abwägungen geleitet, als eher von menschlicher Bewusstseins-

bildung. Deswegen muss dementsprechend auf die Erkenntnisse der kriminologischen Forschungsrich-

tungen der Psychologie und der Soziologie verwiesen werden. Die verfassungsmässigen Vorbehalte,

welche in den Analysen ausgeblendet wurden, sollten und müssen in Realität miteinbezogen werden.

Doch sollten diese nur für Menschen bzw. natürliche Personen gelten. Insgesamt muss vielleicht ein

Paradigmawechsel in Erwägung gezogen werden. Es könnte aufgrund der verschiedenen angespro-

chenen Gründen effizienter sein, auch unter Einbezug der EMRK und dem Selbstbelastungsverbot,

dass juristische Personen entgegen Art. 102 StGB eben nicht als strafrechtlich schuldfähig angesehen

werden, aber aufsichtsrechtlich, verschuldensunabhängig für unerwünschte Handlungen zu sanktionie-

ren sind. Hierbei kann, muss aber nicht, von einem parallelen System ausgegangen werden, d.h. für

jede deliktische Handlung sollte, wenn vorhanden, verschuldensunabhängig das Unternehmen verwal-

tungsrechtlich und parallel verschuldensabhängig eine natürliche Person strafrechtlich belangt werden.

Eine solche verschuldensunabhängige Sanktionierung von Unternehmen, würde die Diskussion um

das Organisationsverschulden lösen. Eigentlich ist jede systemrelevante Tat, die im Bereich eines Un-

ternehmens durchgeführt wird, ein Organisationsverschulden – Überwachungskosten hin oder her.

Dies wird in Zukunft noch aktueller und einschlägiger werden, wenn wir an die Algorithmisierung und

die Digitalisierung denken. Wenn ein Programm einen Flash Crash verursacht, welcher systemische

Folgen nach sich zieht, dann müsste ein Unternehmen – selbst wenn der fehlbare Programmierer be-

kannt ist – dafür geradestehen und in der Aufklärung mitwirken. Sonst wird der Realität nicht zur Ge-

nüge Rechnung getragen, Externalitäten nicht zu Genüge internalisiert und eine „doppelte Sanktions-

losigkeit“ könnte des Öfteren entstehen, insbesondere wenn die arbeitsteiligen Prozesse von Unter-

nehmen dazu führen, dass selten eine natürliche Person als kausal schuldhaft belangt werden kann.

Dies ist auch bei sogenannten opferlosen Delikten der Fall, da das „Opfer“ aufgrund der Externalitäten

die Allgemeinheit ist. Ebenso würde so die Diskussion pragmatisch gelöst, ob die Mindestgarantien

der BV und der EMRK auf juristische Personen Anwendung finden. Menschenrechte sind eigentlich

für Menschen erdacht und erschafft worden, nicht für Unternehmen. Zudem richten sich diese auf-

grund der Tendenz zur privaten Drittwirkung von Menschenrechten zusehends gegen Unternehmen.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung

59

Einem amerikanischen System, in dem sich Unternehmen über den Vorhalt der Grundrechte zum Teil

ihrer Verantwortung entziehen können, ist vorzubeugen.

B. Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen Dem immer lauter werdenden Ruf nach Regulierungsformen, die auf der einen Seite wirksamer bzw.

effektiver, auf der anderen Seite aber auch effizienter sind381, muss zukünftig gefolgt werden. In einer

globalisierten Welt in der Unternehmen eine gewichtige Rolle besitzen und die Digitalisierung voran-

schreitet sind Anpassungen der Sanktionssysteme unabdingbar. Mittelfristig bietet es sich an, Vor-

schläge die schon einmal auf dem Parkett waren, wie die monetäre verwaltungsrechtliche Sanktion im

Finanzmarktrecht382, aber auch Alternativen zu Art. 49a KG im Lauterkeits- und Kartellrecht, wieder

in Erwägung zu ziehen. Hierbei muss bewusst an den Engelkriterien vorbei gearbeitet werden, sodass

diesen Sanktionen kein pönaler Charakter zugestanden werden könnte. Ohne verschuldensunabhängi-

ge Sanktionen, die der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Unternehmen Rechnung tragen, ent-

steht sonst die Situation, dass Sanktionen zu reinen Transaktionskosten verkommen, da sie dann per se

nicht im Stande sind, die Tatbegehung jemals zu verhindern. Das Verhältnismässigkeitsprinzip kann

und muss dabei eingehalten werden; man kann sich dementsprechend an allen Bilanzgrössen orientie-

ren. Die Diskussionen rund um Art. 35 FINMAG und Art. 49a KG werden nicht abflauen. Der vorlie-

gende Beitrag setzt dabei den Referenzpunkt (bewusst) weit weg von den anderen Beiträgen in diesen

Diskussionen – ganz nach dem Motto des debiasing through Law. Auf Seite des Strafrechts ist mittel-

fristig anzufügen, dass abstrakte, einfach einzuschätzende Auswirkungsbeschreibungen wie eine An-

gabe der Tagessätze in den Gesetzen zielführend sein könnten. Zudem ist die Bekanntmachung dieser,

z.B. der Höhe der Tagessätze für die jeweilige steuerrechtliche Progressionsstufe, zu verstärken. Eben-

so könnte die Aushändigungspflicht einer kurzen prägnanten Umschreibung der Sanktionen, die natür-

lichen Personen gegenüber im beruflichen Tätigkeitsfeld angedroht werden, in jedem Willkommens-

packet von Mitarbeitern, Früchte tragen.383 Zudem sind Wiederholungstatbestände wünschenswert,

welche für den Wiederholungsfall eine höhere Maximalhöhe und nicht eine höhere Minimalhöhe einer

Sanktion androhen. Langfristig ist das oben erwähnte Parallelsystem, in welchem die Sanktionsarten

an den unterschiedlichen Adressatenkreisen ansetzen, aber dieselben objektiven Tatbestände sanktio-

nieren, zu implementieren oder zumindest anzusteuern. Dies ist und wird Gegenstand heftiger Ausei-

nandersetzungen sein, denen wirtschaftliche und ideologische Differenzen zugrunde liegen. Die ge-

machten Aussagen sind selbstverständlich grundrechts- und staatsrechtlich anders zu beurteilen. Die

Fragen sollten deswegen in diesen Diskussionen plurilateraler gestellt werden. Die Systemrelevanz der

zu regulierenden Regelungsbereiche und die Erkenntnisse aller Sozialwissenschaften sollten und kön-

nen nicht (ewig) ausgeblendet bleiben. Eine pragmatische Umsetzung kann auch ohne sich internatio-

nal zu blockieren und ohne den Anwendungsbereich der Rechtsbereiche auszudehnen erfolgen. Ein

381 RODI, S. 232. 382 Entgegen NOBEL (Kap. 7/Rn. 156). Es ist nicht ersichtlich, wieso eine solche verwaltungsrechtliche aber „strafähnliche“ bussenähnliche Sanktion im Finanzmarktrecht nicht eingeführt werden sollte. Insbesondere existiert diese im Kartellrecht und ist zudem aus anderen Jurisdiktionen nicht mehr wegzudenken. 383 Auch wenn dies der juristischen Annahme widerspricht, dass das Recht den Adressaten bekannt ist.

Zusammenfassende Schlussbetrachtung

60

Miteinbezug der Rechtsökonomie dabei ist insbesondere bei Vorliegen ökonomischer Regelungsberei-

che stark zu empfehlen. Nur durch das bessere Verständnis der ökonomischen Vorgänge und Rege-

lungsbereiche können differenzierte und zielführende Regeln entstehen.

C. Ausblick Diese qualitativ-theoretische Arbeit soll als Grundstein verstanden werden, auf dem aufgebaut werden

kann. Es wird anerkannt, dass die Anzahl der Variablen, die für ein abschliessendes Urteil in Betracht

zu ziehen sind, gross ist. Ebenso sind die Beziehungen zwischen eben diesen oft komplex und nicht

nur kompliziert, sodass es kaum möglich sein dürfte, alle Zusammenhänge einbeziehen zu können.

Die weitere Überprüfung der Thesen bietet sich somit an. Man könnte die Analyse auf alle Sanktionen

des öffentlichen Wirtschaftsrechts ausweiten oder die Typisierung unterlassen. Zudem könnte man die

Anreizanalyse je pro Sanktion anhand verschiedener Grundausstattungen und Risikoeinstellungen

simulieren und so vervollständigen. Ferner sind quantitative Arbeiten und eine Verbindung mit empi-

rischen Ergebnissen aus der kriminologischen Forschung denkbar. Aus wissenschaftlicher Sicht führt

die vorliegende Arbeit mehrheitlich bereits Bekanntes in den schweizerischen Kontext ein. Die Arbeit

versteht sich dabei auch als Beitrag zur aktuellen Diskussion der neuen schweizerischen Finanzmarkt-

regulierung und der nichtendenden Diskussion zur Revision des Wettbewerbsrechts allgemein. Hierbei

soll besonders darauf hingewiesen werden, dass, wenn der Regulierungsgegenstand ökonomischer

Natur ist, ökonomische Parameter in einer Regulierungsfolgenabschätzung umso mehr beachtet wer-

den sollten. Eine dynamische Entwicklung im Kanon der ökonomischen Theorien ist im öffentlichen

Wirtschaftsrecht angebracht, wenn nicht sogar unabdingbar. Gleichzeitig sind aber auch die Kosten

und Grenzen der ökonomischen Methoden in Erinnerung zu behalten. Im Zentrum dieses Beitrags

steht ebenfalls die Bewusstseinsbildung bezüglich alternativer Regulierungsmöglichkeiten. Zweck des

Finanzmarktrechts und des Wettbewerbsrechts ist die Verhinderung von Marktversagen. Ob sie auch

die richtigen Mittel dazu sind, welche den ökonomischen sowie technologischen Eigenschaften Rech-

nung tragen können, wird sich in Zukunft umso mehr zeigen und ist eine Hauptfrage unserer Zeit. Auf

der theoretisch-wissenschaftlichen Ebene soll die vorliegende Arbeit einen integrativen Ansatz zwi-

schen Jurisprudenz und Ökonomie propagieren. Aber auch innerhalb der Ökonomie soll die disziplin-

übergreifende Arbeit – hier zwischen Allokationsökonomie, Verhaltensökonomie und Neuer Instituti-

onenökonomik – weiter gefördert werden. Zuletzt muss gesagt sein, dass sich der Autor selbstver-

ständlich bewusst ist, dass seine ökonomischen Fähigkeiten eingeschränkt sind, weswegen die öko-

nomischen Analysen dieses Beitrags theoretisch-qualitativer Natur geblieben sind und Angriffsflächen

bieten. Dies ist wohl das Manko eines jeden Juristen, der eben doch nicht zusätzlich ein ganzer Öko-

nom ist. Insgesamt wurde mit der vorliegenden Arbeit hoffentlich aber ein rechtsökonomischer Orien-

tierungsbeitrag i.S. von HAYEK384 gewonnen.

384 In Anlehnung an das Einleitungszitat der vorliegenden Arbeit auf S. 1.

Anhang

61

Anhang

Anhang 1: Gesetzesauszüge

FINMAG (Stand am 1. Januar 2015)

Art. 32 Feststellungsverfügung Ergibt das Verfahren, dass die oder der Beaufsichtigte aufsichtsrechtliche Bestimmungen schwer ver-letzt hat, und müssen keine Massnahmen zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes mehr angeordnet werden, so kann die FINMA eine Feststellungsverfügung erlassen. Art. 33 Berufsverbot 1 Stellt die FINMA eine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen fest, so kann sie der verantwortlichen Person die Tätigkeit in leitender Stellung bei einer oder einem von ihr Beaufsichtig-ten untersagen. 2 Das Berufsverbot kann für eine Dauer von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden. Art. 34 Veröffentlichung der aufsichtsrechtlichen Verfügung 1 Liegt eine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen vor, so kann die FINMA ihre Endverfügung nach Eintritt der Rechtskraft unter Angabe von Personendaten in elektronischer oder gedruckter Form veröffentlichen. 2 Die Veröffentlichung ist in der Verfügung selber anzuordnen. Art. 35 Einziehung 1 Die FINMA kann den Gewinn einziehen, den eine Beaufsichtigte, ein Beaufsichtigter oder eine ver-antwortliche Person in leitender Stellung durch schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmun-gen erzielt hat. 2 Diese Regelung gilt sinngemäss, wenn eine Beaufsichtigte, ein Beaufsichtigter oder eine verantwort-liche Person in leitender Stellung durch schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen einen Verlust vermieden hat. 3 Lässt sich der Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismässi-gem Aufwand ermitteln, so kann die FINMA ihn schätzen. 4 Das Recht zur Einziehung verjährt nach sieben Jahren. 5 Die strafrechtliche Einziehung nach den Artikeln 70–72 des Strafgesetzbuches geht der Einziehung nach dieser Bestimmung vor. 6 Die eingezogenen Vermögenswerte gehen an den Bund, soweit sie nicht Geschädigten ausbezahlt werden. Art. 36 Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter 1 Die FINMA kann eine unabhängige und fachkundige Person damit beauftragen, bei einer oder einem Beaufsichtigten einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären oder von ihr angeordnete aufsichtsrechtliche Massnahmen umzusetzen (Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauf-tragter). 2 Sie umschreibt in der Einsetzungsverfügung die Aufgaben der oder des Untersuchungsbeauftragten. Sie legt fest, in welchem Umfang die oder der Untersuchungsbeauftragte an Stelle der Organe der Beaufsichtigten handeln darf. 3 Die Beaufsichtigten haben der oder dem Untersuchungsbeauftragten Zutritt zu ihren Räumlichkeiten zu gewähren sowie alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen offenzulegen, welche die oder der Un-tersuchungsbeauftragte zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben benötigt. 4 Die Kosten der oder des Untersuchungsbeauftragten tragen die Beaufsichtigten. Sie haben auf An-ordnung der FINMA einen Kostenvorschuss zu leisten. Art. 37 Entzug der Bewilligung, der Anerkennung, der Zulassung oder der Registrierung 1 Die FINMA entzieht einer oder einem Beaufsichtigten die Bewilligung, die Anerkennung, die Zulas-sung oder die Registrierung, wenn sie oder er die Voraussetzungen für die Tätigkeit nicht mehr erfüllt oder aufsichtsrechtliche Bestimmungen schwer verletzt.

Anhang

62

2 Mit dem Entzug verliert die oder der Beaufsichtigte das Recht, die Tätigkeit auszuüben. Die übrigen Folgen des Entzugs richten sich nach den anwendbaren Finanzmarktgesetzen. 3 Diese Folgen gelten analog, wenn eine Beaufsichtigte oder ein Beaufsichtigter tätig ist, ohne über eine Bewilligung, eine Anerkennung, eine Zulassung oder eine Registrierung zu verfügen. Art. 44 Tätigkeit ohne Bewilligung, Anerkennung, Zulassung oder Registrierung 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich ohne Bewilli-gung, Anerkennung, Zulassung oder Registrierung eine nach den Finanzmarktgesetzen bewilligungs-, anerkennungs-, zulassungs- oder registrierungspflichtige Tätigkeit ausübt. 2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. Art. 45 Erteilen falscher Auskünfte 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich der FINMA, einer Prüfgesellschaft, einer Selbstregulierungsorganisation, einer Beauftragten oder einem Beauftragten falsche Auskünfte erteilt. 2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. Art. 46 Pflichtverletzungen der Beauftragten 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich als Beauftragte oder Beauftragter die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen grob verletzt, indem sie oder er:

a. im Bericht wesentliche falsche Angaben macht oder wesentliche Tatsachen verschweigt; b. eine vorgeschriebene Meldung an die FINMA nicht erstattet; oder c. eine Aufforderung nach Artikel 27 an die oder den geprüften Beaufsichtigten unterlässt.

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. Art. 47 Prüfung der Jahresrechnung 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. die nach den Finanzmarktgesetzen vorgeschriebene Jahresrechnung nicht durch eine zuge-lassene Prüfgesellschaft prüfen oder eine von der FINMA angeordnete Prüfung nicht vorneh-men lässt; b. die Pflichten, die ihm oder ihr gegenüber der Prüfgesellschaft oder gegenüber der oder dem Beauftragten obliegen, nicht erfüllt.

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. Art. 48 Missachten von Verfügungen der FINMA Mit Busse bis zu 100 000 Franken wird bestraft, wer einer von der FINMA unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels ergangenen rechtskräftigen Verfügung oder einem Entscheid der Rechtsmittelinstanzen vorsätzlich nicht Folge leistet. Art. 49 Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben Von der Ermittlung der strafbaren Personen kann Umgang genommen und an ihrer Stelle der Ge-schäftsbetrieb zur Bezahlung der Busse verurteilt werden (Art. 7 des BG vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht), wenn:

a. die Ermittlung der Personen, die nach Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht strafbar sind, Untersuchungsmassnahmen bedingt, welche im Hinblick auf die verwirkte Strafe unverhältnismässig wären; und b. für die Widerhandlungen gegen die Strafbestimmungen dieses Gesetzes oder der Finanz-marktgesetze eine Busse von höchstens 50 000 Franken in Betracht fällt.

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BankG (Stand am 1. Juli 2015)

Art. 23 Die FINMA kann selbst direkte Prüfungen bei Banken, Bankgruppen und Finanzkonglomeraten durchführen, wenn dies angesichts von deren wirtschaftlichen Bedeutung, der Komplexität des abzu-klärenden Sachverhalts oder zur Abnahme interner Modelle notwendig ist. Art. 23bis 1 (aufgehoben)

2 (aufgehoben)

3 Die FINMA ist befugt, den anderen schweizerischen Finanzmarktaufsichtsbehörden sowie der Nati-onalbank nicht öffentlich zugängliche Auskünfte und Unterlagen zu übermitteln, welche diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. 4 Die FINMA arbeitet bei der Aufsicht über Betreiber von Zahlungs- und Effektenabwicklungssyste-men, die diesem Gesetz unterstehen, mit der Nationalbank zusammen. Sie stimmt ihre Tätigkeit mit der Nationalbank ab und hört diese an, bevor sie eine Verfügung erlässt. Art. 23ter Zur Durchsetzung von Artikel 3 Absätze 2 Buchstabe cbis und 5 dieses Gesetzes kann die FINMA ins-besondere das Stimmrecht suspendieren, das an Aktien oder Anteile gebunden ist, die von Aktionären oder Gesellschaftern mit einer qualifizierten Beteiligung gehalten werden. Art. 23quinquies 1 Entzieht die FINMA einer Bank die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit, so bewirkt dies bei juristi-schen Personen und Kollektiv- und Kommanditgesellschaften die Auflösung und bei Einzelfirmen die Löschung im Handelsregister. Die FINMA bezeichnet den Liquidator und überwacht seine Tätigkeit. 2 Vorbehalten bleiben Massnahmen nach dem elften Abschnitt. Art. 23septies 1 Soweit die ausländischen Finanzmarktaufsichtsbehörden bei direkten Prüfungen in der Schweiz In-formationen einsehen wollen, welche direkt oder indirekt mit dem Vermögensverwaltungs- oder Ein-lagengeschäft für einzelne Kunden zusammenhängen, erhebt die FINMA die Informationen selbst und übermittelt sie den ersuchenden Behörden. 2 Das Verfahren richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 196891 über das Verwal-tungsverfahren. Art. 24 1 (aufgehoben)

2 In den Verfahren nach dem elften und dem zwölften Abschnitt dieses Gesetzes können die Gläubiger und Eigner einer Bank lediglich gegen die Genehmigung des Sanierungsplans und gegen Verwer-tungshandlungen Beschwerde führen. Die Beschwerde nach Artikel 17 des Bundesgesetzes vom 11. April 188995 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) ist in diesen Verfahren ausgeschlossen. 3 Beschwerden in den Verfahren nach dem elften und zwölften Abschnitt haben keine aufschiebende Wirkung. Der Instruktionsrichter kann die aufschiebende Wirkung auf Gesuch hin erteilen. Die Ertei-lung der aufschiebenden Wirkung für Beschwerden gegen die Genehmigung des Sanierungsplans ist ausgeschlossen. 4 Wird die Beschwerde eines Gläubigers oder eines Eigners gegen die Genehmigung des Sanierungs-plans gutgeheissen, so kann das Gericht nur eine Entschädigung zusprechen. Art. 46 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. unbefugterweise Publikums- oder Spareinlagen entgegennimmt; b. die Geschäftsbücher nicht ordnungsgemäss führt oder Geschäftsbücher, Belege und Unterlagen nicht vorschriftsgemäss aufbewahrt; c. die Jahresrechnung oder eine Zwischenbilanz nicht nach Artikel 6 aufstellt und veröffentlicht.

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft.

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3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. Art. 47 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Bank, als Organ oder Angestellter einer Prüfgesellschaft anvertraut worden ist oder das er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat; b. zu einer solchen Verletzung des Berufsgeheimnisses zu verleiten sucht; c. ein ihm nach Buchstabe a offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich o-der einen anderen ausnützt.

1bis Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer sich oder einem anderen durch eine Handlung nach Absatz 1 Buchstabe a oder c einen Vermögensvorteil verschafft. 2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. 4 Die Verletzung des Berufsgeheimnisses ist auch nach Beendigung des amtlichen oder dienstlichen Verhältnisses oder der Berufsausübung strafbar. 5 Vorbehalten bleiben die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Zeugnispflicht und über die Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde. 6 Verfolgung und Beurteilung der Handlungen nach dieser Bestimmung obliegen den Kantonen. Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches kommen zur Anwendung. Art. 49 1 Mit Busse bis zu 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. unbefugterweise in der Firma, in der Bezeichnung des Geschäftszweckes oder in Geschäftsre-klamen den Ausdruck «Bank», «Bankier» oder «Sparen» verwendet; b. die vorgeschriebenen Meldungen an die FINMA nicht erstattet; c. für die Entgegennahme von Spar- und Publikumseinlagen wirbt, ohne über die gesetzlich er-forderliche Bewilligung zu verfügen.

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 150 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Bus-se mindestens 10 000 Franken. BEHG (Stand am 1. Juli 2015)

Art. 34 Aufsichtsinstrumente Die Aufsichtsinstrumente nach den Artikeln 29 Absatz 1, 30, 32, 34 und 35 des Finanzmarktaufsichts-gesetzes vom 22. Juni 2007 sind auf sämtliche Personen anwendbar, welche Artikel 20, 21, 33e oder 33f verletzen. Art. 34a Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsbehörden und der Schweizerischen Nationalbank 1 Die FINMA ist befugt, den anderen schweizerischen Finanzmarktaufsichtsbehörden sowie der Nati-onalbank nicht öffentlich zugängliche Auskünfte und Unterlagen zu übermitteln, welche diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. 2 Die FINMA arbeitet bei der Aufsicht über Betreiber von Zahlungs- und Effektenabwicklungssyste-men, die diesem Gesetz unterstehen, mit der Nationalbank zusammen. Sie stimmt ihre Tätigkeit mit der Nationalbank ab und hört diese an, bevor sie eine Verfügung erlässt. Art. 34b Stimmrechtssuspendierung und Zukaufsverbot Gibt es hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Person ihren Meldepflichten nach Artikel 20 nicht nachkommt, so kann die FINMA, bis zur Klärung und gegebenenfalls Erfüllung der Meldepflicht:

a. das Stimmrecht und die damit zusammenhängenden Rechte dieser Person suspendieren; und

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b. dieser Person verbieten, direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten weitere Aktien sowie Erwerbs- oder Veräusserungsrechte bezüglich Aktien der betroffenen Gesellschaft zu erwerben.

Art. 35 Auskunftspflichten Personen, die nach Artikel 31 einer Meldepflicht unterliegen oder nach Artikel 33b Absätze 2 und 3 Parteistellung haben können, müssen der FINMA alle Auskünfte erteilen und Unterlagen herausgeben, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigt. Art. 35a Tätigkeitsverbot Die FINMA kann Personen, die als verantwortliche Mitarbeiter eines Effektenhändlers den Effekten-handel betreiben und dieses Gesetz, die Ausführungsbestimmungen oder die betriebsinternen Vor-schriften grob verletzen, die Tätigkeit im Effektenhandel dauernd oder vorübergehend verbieten. Art. 36 Folgen des Bewilligungsentzugs Entzieht die FINMA einem Effektenhändler die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit, so bewirkt dies bei juristischen Personen und Kollektiv- und Kommanditgesellschaften die Auflösung und bei Einzel-firmen die Löschung im Handelsregister. Die FINMA bezeichnet den Liquidator und überwacht seine Tätigkeit. Bei Effektenhändlern, welche auch dem Bankengesetz vom 8. November 193466 unterste-hen, kann die FINMA auf die Auflösung verzichten, sofern die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit als Bank nicht ebenfalls entzogen werden muss. Art. 40 Ausnützen von Insiderinformationen 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer als Organ oder Mitglied eines Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines Emittenten oder einer den Emittenten beherrschenden oder von ihm beherrschten Gesellschaft oder als eine Person, die aufgrund ihrer Beteiligung oder aufgrund ihrer Tätigkeit bestimmungsgemäss Zugang zu Insiderinformationen hat, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil verschafft, indem er eine Insiderinformation:

a. dazu ausnützt, Effekten, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zugelassen sind, zu erwerben, zu veräussern oder daraus abgeleitete Finan-zinstrumente einzusetzen; b. einem anderen mitteilt; c. dazu ausnützt, einem anderen eine Empfehlung zum Erwerb oder zur Veräusserung von Effek-ten, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zuge-lassen sind, oder zum Einsatz von daraus abgeleiteten Finanzinstrumenten abzugeben.

2 Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch eine Handlung nach Absatz 1 einen Vermögensvorteil von mehr als einer Million Franken erzielt. 3 Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer sich oder einem anderen ei-nen Vermögensvorteil verschafft, indem er eine Insiderinformation, die ihm von einer Person nach Absatz 1 mitgeteilt wurde oder die er sich durch ein Verbrechen oder Vergehen verschafft hat, dazu ausnützt, Effekten, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zugelassen sind, zu erwerben oder zu veräussern oder daraus abgeleitete Finanzinstrumente einzusetzen. 4 Mit Busse wird bestraft, wer nicht zu den Personen nach den Absätzen 1–3 gehört und sich oder ei-nem anderen einen Vermögensvorteil verschafft, indem er eine Insiderinformation dazu ausnützt, Ef-fekten, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zuge-lassen sind, zu erwerben, zu veräussern oder daraus abgeleitete Finanzinstrumente einzusetzen. Art. 40a Kursmanipulation 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer in der Absicht, den Kurs von Effekten, die an einer Börse oder einer börsenähnlichen Einrichtung in der Schweiz zum Handel zuge-lassen sind, erheblich zu beeinflussen, um daraus für sich oder für einen anderen einen Vermögensvor-teil zu erzielen:

a. wider besseren Wissens falsche oder irreführende Informationen verbreitet; b. Käufe und Verkäufe von solchen Effekten tätigt, die beidseitig direkt oder indirekt auf Rech-nung derselben Person oder zu diesem Zweck verbundener Personen erfolgen.

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2 Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch eine Handlung nach Absatz 1 einen Vermögensvorteil von mehr als einer Million Franken erzielt. Art. 41 Verletzung von Meldepflichten 1 Mit Busse bis zu 10 Millionen Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. seine qualifizierte Beteiligung an einer kotierten Gesellschaft nicht meldet (Art. 20); b. als Inhaber einer qualifizierten Beteiligung an einer Zielgesellschaft den Erwerb oder Verkauf von Beteiligungspapieren dieser Gesellschaft nicht meldet (Art. 31).

3 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 1 000 000 Franken bestraft. 4 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Bus-se mindestens 10 000 Franken. Art. 41a Verletzung der Angebotspflicht Mit Busse bis zu 10 Millionen Franken wird bestraft, wer vorsätzlich einer rechtskräftig festgestellten Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots (Art. 32) keine Folge leistet. Art. 42 Pflichtverletzungen durch die Zielgesellschaft 1 Mit Busse bis zu 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. den Inhabern von Beteiligungspapieren die vorgeschriebene Stellungnahme zu einem Angebot nicht erstattet oder diese nicht veröffentlicht (Art. 29 Abs. 1); b. in dieser Stellungnahme unwahre oder unvollständige Angaben macht (Art. 29 Abs. 1).

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 150 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Bus-se mindestens 10 000 Franken. Art. 42a Pflichtverletzungen des Effektenhändlers 1 Mit Busse bis zu 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. das Journal nach Artikel 15 nicht ordnungsgemäss führt oder Geschäftsbücher, Belege und Un-terlagen nicht vorschriftsgemäss aufbewahrt; b. die in Artikel 15 auferlegten Meldepflichten verletzt.

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 150 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Bus-se mindestens 10 000 Franken. Art. 43 Verletzung des Berufsgeheimnisses 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Börse oder eines Effektenhändlers anvertraut worden ist oder das er in sei-ner dienstlichen Stellung wahrgenommen hat; b. zu einer solchen Verletzung des Berufsgeheimnisses zu verleiten sucht; c. ein ihm nach Buchstabe a offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich o-der einen anderen ausnützt.

1bis Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer sich oder einem anderen durch eine Handlung nach Absatz 1 Buchstabe a oder c einen Vermögensvorteil verschafft. 2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. 4 Die Verletzung des Berufsgeheimnisses ist auch nach Beendigung des amtlichen oder dienstlichen Verhältnisses oder der Berufsausübung strafbar. 5 Vorbehalten bleiben die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Zeugnispflicht und über die Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde. 6 Verfolgung und Beurteilung der Handlungen nach dieser Bestimmung obliegen den Kantonen. Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches kommen zur Anwendung.

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Art. 44 Zuständigkeit 1 Verfolgung und Beurteilung der Handlungen nach den Artikeln 40 und 40a unterstehen der Bundes-gerichtsbarkeit. 2 Eine Übertragung der Zuständigkeit auf die kantonalen Behörden ist ausgeschlossen.

KAG (Stand am 1. Juli 2015)

Art. 133 Aufsichtsinstrumente 1 Für Verletzungen der vertraglichen, statutarischen und reglementarischen Bestimmungen sind die Aufsichtsinstrumente nach den Artikeln 30–37 des FINMAG sinngemäss anwendbar. 2 Artikel 37 des FINMAG gilt sinngemäss auch für die Genehmigung nach diesem Gesetz. 3 Erscheinen die Rechte der Anlegerinnen und Anleger gefährdet, so kann die FINMA die Bewilli-gungsträger zu Sicherheitsleistungen verpflichten. 4 Wird eine vollstreckbare Verfügung der FINMA nach vorgängiger Mahnung innert der angesetzten Frist nicht befolgt, so kann die FINMA auf Kosten der säumigen Partei die angeordnete Handlung selber vornehmen. Art. 134 Liquidation Bewilligungsträger, denen die Bewilligung entzogen wurde, oder kollektive Kapitalanlagen, denen die Genehmigung entzogen wurde, können von der FINMA liquidiert werden. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten. Art. 135 Massnahmen bei nicht bewilligter beziehungsweise genehmigter Tätigkeit 1 Gegen Personen, die ohne Bewilligung beziehungsweise Genehmigung der FINMA tätig werden, kann die FINMA die Auflösung verfügen. 2 Zur Wahrung der Interessen der Anlegerinnen und Anleger kann die FINMA die Überführung der kollektiven Kapitalanlage in eine gesetzmässige Form vorschreiben. Art. 136 Andere Massnahmen 1 In begründeten Fällen kann die FINMA für die Schätzung der Anlagen von Immobilienfonds oder Immobilieninvestmentgesellschaften Schätzungsexperten nach Artikel 64 einsetzen. 2 Sie kann die vom Immobilienfonds oder von der Immobilieninvestmentgesellschaft eingesetzten Schätzungsexperten abberufen. Art. 148 Verbrechen und Vergehen 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:

b. ohne Bewilligung beziehungsweise Genehmigung eine kollektive Kapitalanlage bildet; d. ohne Bewilligung beziehungsweise Genehmigung in- und ausländische kollektive Kapitalanla-gen vertreibt; e. die Geschäftsbücher nicht ordnungsgemäss führt oder Geschäftsbücher, Belege und Unterlagen nicht vorschriftsgemäss aufbewahrt; f. in der Jahresrechnung, im Jahresbericht, Halbjahresbericht, Prospekt und in den Wesentlichen Informationen für die Anlegerinnen und Anleger oder im vereinfachten Prospekt oder bei anderen Informationen:

1. falsche Angaben macht oder wesentliche Tatsachen verschweigt, 2. nicht alle vorgeschriebenen Angaben aufnimmt;

g. die Jahresrechnung, den Jahresbericht, Halbjahresbericht, Prospekt, die Wesentlichen Informa-tionen für die Anlegerinnen und Anleger oder den vereinfachten Prospekt:

1. nicht oder nicht ordnungsgemäss erstellt, 2. nicht oder nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen veröffentlicht, 3. nicht oder nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen der FINMA einreicht,

h. der Prüfgesellschaft, dem Untersuchungsbeauftragten, dem Sachwalter, dem Liquidator oder der FINMA falsche Auskünfte erteilt oder die verlangten Auskünfte verweigert; j. als Schätzungsexperte die ihm auferlegten Pflichten grob verletzt;

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k. ein Kundengeheimnis, auch nach Beendigung des amtlichen oder dienstlichen Verhältnisses oder der Berufsausübung, offenbart, das einer Person in ihrer Eigenschaft als Organ, Angestellte oder Angestellter, Beauftragte oder Beauftragter, Liquidatorin oder Liquidator einer Fondsleitung anvertraut worden ist oder das sie in ihrer dienstlichen Stellung wahrgenommen hat; l. ein ihr oder ihm nach Buchstabe k offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich oder einen anderen ausnützt.

1bis Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer sich oder einer anderen Person durch eine Handlung nach Absatz 1 Buchstabe k oder l einen Vermögensvorteil verschafft. 2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. Art. 149 Übertretungen 1 Mit Busse bis zu 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. gegen die Bestimmung über den Schutz vor Verwechslung oder Täuschung (Art. 12) verstösst; b. in der Werbung für eine kollektive Kapitalanlage unzulässige, falsche oder irreführende Anga-ben macht; c. ein internes Sondervermögen vertreibt; d. die vorgeschriebenen Meldungen an die FINMA, die Schweizerische Nationalbank oder die Anlegerinnen und Anleger unterlässt oder darin falsche Angaben macht; e. ein strukturiertes Produkt an nicht qualifizierte Anlegerinnen und Anleger vertreibt, ohne dass:

1. die Bedingungen von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a eingehalten werden, 2. ein vereinfachter Prospekt vorliegt, 3. die Hinweise gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c im vereinfachten Prospekt aufge-führt werden;

f. das Aktienbuch im Sinne von Artikel 46 Absatz 3 nicht korrekt führt. 2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 150 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innerhalb von fünf Jahren seit der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Busse mindestens 10 000 Franken. Art. 150 Strafverfolgung bei Verstössen gegen das Kundengeheimnis Verfolgung und Beurteilung von Verstössen gegen das Kundengeheimnis (Art. 148 Abs. 1 Bst. k) obliegen den Kantonen. VAG (Stand am 1. Juli 2015)

Art. 51 Sichernde Massnahmen 1 Kommt ein Versicherungsunternehmen beziehungsweise ein Vermittler oder eine Vermittlerin den Vorschriften dieses Gesetzes, einer Verordnung oder Anordnungen der FINMA nicht nach oder er-scheinen die Interessen der Versicherten anderweitig gefährdet, so trifft die FINMA die sichernden Massnahmen, die ihr zur Wahrung der Interessen der Versicherten erforderlich erscheinen. 2 Sie kann insbesondere:

a. die freie Verfügung über Vermögenswerte des Versicherungsunternehmens untersagen; b. die Hinterlegung oder die Sperre der Vermögenswerte anordnen; c. den Organen eines Versicherungsunternehmens zustehende Befugnisse ganz oder teilweise auf eine Drittperson übertragen; d. den Versicherungsbestand und das zugehörige gebundene Vermögen auf ein anderes Versiche-rungsunternehmen mit dessen Zustimmung übertragen; e. die Verwertung des gebundenen Vermögens anordnen; f. die Abberufung der mit der Oberleitung, Aufsicht, Kontrolle oder Geschäftsführung betrauten Personen oder des oder der Generalbevollmächtigten sowie des verantwortlichen Aktuars oder der verantwortlichen Aktuarin verlangen und ihnen die Ausübung jeder weiteren Versiche-rungstätigkeit für höchstens fünf Jahre untersagen; g. einen Vermittler oder eine Vermittlerin aus dem Register nach Artikel 42 streichen; h. Vermögenswerte des Versicherungsunternehmens dem gebundenen Vermögen bis zur Höhe des Sollbetrags nach Artikel 18 zuordnen;

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i. bei Vorliegen einer Insolvenzgefahr die Stundung und den Fälligkeitsaufschub anordnen. 3 Sie sorgt für eine angemessene Publikation der Massnahmen, wenn dies zu deren Durchsetzung oder zum Schutz Dritter erforderlich ist. Art. 52 Liquidation Entzieht die FINMA einem Versicherungsunternehmen die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit, so bewirkt dies dessen Auflösung. Die FINMA bezeichnet den Liquidator und überwacht seine Tätigkeit. Art. 86 Übertretungen 1 Mit Busse bis zu 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. gegen eine Pflicht nach Artikel 13 verstösst; b. gegen eine Mitteilungspflicht nach Artikel 21 verstösst; c. den Geschäftsbericht und den Aufsichtsbericht nach Artikel 25 nicht innerhalb der gesetzlichen Frist einreicht; d. die aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen oder im Einzelfall genehmigten technischen Rückstellungen nicht bildet; e. eine der Informationspflichten nach Artikel 45 verletzt; f. gegen den ordnungsgemässen Vollzug der Schadenregulierung in der Motorfahrzeughaft-pflichtversicherung nach Artikel 79c Absatz 1 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 verstösst.

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 150 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Busse mindestens 10 000 Franken. Art. 87 Vergehen 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:

a. für ein in der Schweiz zur Versicherungstätigkeit nicht zugelassenes Versicherungsunterneh-men Versicherungsverträge abschliesst oder vermittelt; b. Änderungen des Geschäftsplans nach Artikel 5 Absatz 1 nicht zur Genehmigung vorlegt bezie-hungsweise Änderungen des Geschäftsplans nach Artikel 5 Absatz 2 der FINMA nicht mitteilt; c. aus dem gebundenen Vermögen Werte ausscheidet oder belastet, so dass der Sollbetrag nicht mehr gedeckt ist; d. andere Handlungen vornimmt, welche die Sicherheit der Werte des gebundenen Vermögens vermindern.

2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft. 3 Im Fall einer Wiederholung innert fünf Jahren nach der rechtskräftigen Verurteilung beträgt die Geldstrafe mindestens 45 Tagessätze. NBG (Stand am 1. März 2012)

Art. 23 Verwaltungsrechtliche Sanktionen 1 Hält eine Bank die vorgeschriebenen Mindestreserven nicht, so hat sie der Nationalbank den Fehlbe-trag für die Dauer zu verzinsen, während der der vorgeschriebene Mindestreservesatz unterschritten wurde. Die Nationalbank legt den massgeblichen Zinssatz fest; dieser kann bis zu 5 Prozentpunkte über dem Geldmarktsatz für Interbankkredite für die gleiche Periode liegen. 2 Erfüllt ein Betreiber eines Zahlungs- oder Effektenabwicklungssystems, von dem Risiken für die Stabilität des Finanzsystems ausgehen, die festgelegten Mindestanforderungen nicht, so bringt die Nationalbank ihren Befund den zuständigen in- und ausländischen Aufsichts- oder Überwachungsbe-hörden zur Kenntnis. Dabei beachtet sie die Voraussetzungen von Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b. Ferner kann sie:

a. dem Betreiber die Eröffnung eines Sichtkontos verweigern oder ein bestehendes Sichtkonto kündigen; b. bei Widersetzlichkeit gegen eine vollstreckbare Verfügung diese im Schweizerischen Handels-amtsblatt veröffentlichen oder in anderer Form bekannt machen, sofern sie die Massnahme vorher angedroht hat.

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Art. 24 Strafbestimmung 1 Mit Haft oder Busse bis zu 200 000 Franken wird bestraft, wer:

a. der Nationalbank die vorgeschriebenen Auskünfte oder Nachweise gemäss dem 3. Kapitel die-ses Gesetzes nicht oder nicht formrichtig, unvollständig oder fehlerhaft erstattet; b. eine durch die Nationalbank angeordnete oder durchgeführte Überprüfung verhindert.

2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 100 000 Franken. 3 Die Widerhandlungen werden nach den Vorschriften des Bundesgesetzes vom 22. März 19747 über das Verwaltungsstrafrecht vom Departement verfolgt und beurteilt. 4 Die Verfolgung von Widerhandlungen verjährt nach fünf Jahren. KG (Stand am 1. Dezember 2014)

Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen 1 Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet. Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss an-wendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen. 2 Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden. 3 Die Belastung entfällt, wenn:

a. das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26–30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht; b. die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist; c. der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.

Art. 50 Verstösse gegen einvernehmliche Regelungen und behördliche Anordnungen Verstösst ein Unternehmen zu seinem Vorteil gegen eine einvernehmliche Regelung, eine rechtskräf-tige Verfügung der Wettbewerbsbehörden oder einen Entscheid der Rechtsmittelinstanzen, so wird es mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet. Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Bei der Bemessung des Betrages ist der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen durch das unzulässige Verhalten erzielt hat, ange-messen zu berücksichtigen. Art. 51 Verstösse im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen 1 Ein Unternehmen, das einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder das vorläufige Vollzugsverbot missachtet, gegen eine mit der Zulassung erteilte Auflage verstösst, einen untersagten Zusammenschluss vollzieht oder eine Massnahme zur Wiederherstellung wirksamen Wettbewerbs nicht durchführt, wird mit einem Betrag bis zu einer Million Franken belastet. 2 Bei wiederholtem Verstoss gegen eine mit der Zulassung erteilte Auflage wird das Unternehmen mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des auf die Schweiz entfallenden Gesamtumsatzes der beteiligten Un-ternehmen belastet. Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Art. 52 Andere Verstösse Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet. Art. 53 Verfahren 1 Verstösse werden vom Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums untersucht. Sie werden von der Wettbewerbskommission beurteilt. 2 (aufgehoben)

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Art. 54 Widerhandlungen gegen einvernehmliche Regelungen und behördliche Anordnungen Wer vorsätzlich einer einvernehmlichen Regelung, einer rechtskräftigen Verfügung der Wettbewerbs-behörden oder einem Entscheid der Rechtsmittelinstanzen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft. Art. 55 Andere Widerhandlungen Wer vorsätzlich Verfügungen der Wettbewerbsbehörden betreffend die Auskunftspflicht (Art. 40) nicht oder nicht richtig befolgt, einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder Verfügungen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft. Art. 56 Verjährung 1 Die Strafverfolgung für Widerhandlungen gegen einvernehmliche Regelungen und behördliche An-ordnungen (Art. 54) verjährt nach fünf Jahren. Die Verjährungsfrist kann durch Unterbrechung um nicht mehr als die Hälfte hinausgeschoben werden. 2 Die Strafverfolgung für andere Widerhandlungen (Art. 55) verjährt nach zwei Jahren. Art. 57 Verfahren und Rechtsmittel 1 Für die Verfolgung und die Beurteilung der strafbaren Handlung gilt das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974. 2 Verfolgende Behörde ist das Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums. Urtei-lende Behörde ist die Wettbewerbskommission. UWG (Stand am 1. Juli 2014)

Art. 23 Unlauterer Wettbewerb 1 Wer vorsätzlich unlauteren Wettbewerb nach Artikel 3, 4, 4a, 5 oder 6 begeht, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Strafantrag stellen kann, wer nach den Artikeln 9 und 10 zur Zivilklage berechtigt ist. 3 Der Bund hat im Verfahren die Rechte eines Privatklägers. Art. 24 Verletzung der Pflicht zur Preisbekanntgabe an Konsumenten 1 Wer vorsätzlich:

a. die Pflicht zur Preisbekanntgabe (Art. 16) oder zur Grundpreisbekanntgabe (Art. 16a) verletzt; b. den Vorschriften über die Preisbekanntgabe in der Werbung (Art. 17) zuwiderhandelt; c. in irreführender Weise Preise bekannt gibt (Art. 18); d. die Auskunftspflicht im Zusammenhang mit der Preisbekanntgabe (Art. 19) verletzt; e. den Ausführungsvorschriften des Bundesrates über die Preisbekanntgabe oder die Grundpreis-bekanntgabe (Art. 16, 16a und 20) zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 20 000 Franken be-straft.

2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse. Art. 26 Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben Für Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben, durch Beauftragte und dergleichen sind die Artikel 6 und 7 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 1974 anwendbar. Art. 27 Strafverfolgung 1 Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone. 2 Die kantonalen Behörden teilen sämtliche Urteile, Strafbescheide und Einstellungsbeschlüsse unver-züglich und unentgeltlich in vollständiger Ausführung der Bundesanwaltschaft und dem Eidgenössi-schen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung mit.

Anhang

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Anhang 2: Vollständige Typisierungstabelle mit Erläuterungen

In diesem Anhang findet sich die vollständige Typisierungstabelle mit jeweiligen Erklärungen zu jeder

einzelnen Sanktion wieder. Somit wird jede einzelne Sanktion kurz andiskutiert und die Typisierungs-

entscheide, welche nicht offensichtlich sind, kurz in der jeweiligen Fussnote angesprochen. Wirkungs-

parameter 1 „Sanktionssubjekt“ wird mit juristische Person (J) oder natürliche Person (N) beantwortet.

Wirkungsparameter 2 „Sanktionsart“ wird mit Verwaltungssanktion (V) oder Strafsanktion i.S. dieser

Arbeit (S) beantwortet. Wirkungsparameter 3 „Direkte monetäre Wirkung“ wird mit ja (Geldstrafe,

Busse oder bussenähnliche Sanktion angedroht) (J) oder nein (N) beantwortet und es wird die maxi-

male oder wenn einzuschätzen die relative Sanktionshöhe angegeben. Wirkungsparameter 4 „Indirekte

monetäre Sanktion I“, welche bei natürlichen Personen bei Androhung einer Freiheitsstrafe und bei

juristische Personen bei Androhung einer Einschränkung der unternehmerische Freiheit entspricht,

wird mit ja (J) oder nein (N) typisiert. Wirkungsparameter 5 „Indirekte monetäre Sanktion II“, welche

bei natürlichen Personen bei Androhung einer Strafe welche einen Strafregistereintrag nach sich zieht

oder die Reputation einer Person anders stark betrifft und bei juristische Personen bei Androhung einer

Sanktion, die einen Reputationsschaden nach sich ziehen kann entspricht, wird mit ja (J) oder nein (N)

beantwortet. Wirkungsparameter 6 „Wiederholungstatbestand“ wird bei Androhung eines solchen mit

ja (J) oder sonst mit nein (N) beantwortet. Wie in Kap. 8.B. ausgeführt, findet sich nun auch eine Ein-

schätzung der Technizität der materiellen Tatbestände in technisch (te) oder untechnisch (unte) in der

Tabelle; d.h. wie viel technisches Wissen überhaupt gebraucht wird, um diese zu prüfen und dement-

sprechend sanktionieren zu können. Diese Einschätzung ist nicht exakt, weswegen diese auch aus der

Typisierung herausgelöst wurde, doch kann diese die in Kap. 8.B. gemachten Ausführungen zu einem

gewissen Masse unterstützen. Nun wird die vollständige Typisierungstabelle dargestellt:

Artikel/ Gesetz Sanktions0 Sanktions0 Direkte Maximale Indirekte Indirekte Wieder0 Technizität

Sanktions0 subjekt art monetäre Sanktion monetäre monetäre holungs0

typ Wirkung (inCCHF) WirkungCI WirkungCII tatbestand

Typ%1

37 FINMAG J V N 0 J J N te 1

23quinquies BankG J V J erheblich J J N unte 2

36 BEHG J V J erheblich J J N unte 3

134+135,1 KAG J V J erheblich J J N te 4

51,2,d VAG J V J mehrereCMio. J J N te 5

52 VAG J V J erheblich J J N unte 6

23,2,a NBG J V N 0 J J N te 7

Typ%2

35 FINMAG J V J mehrereCMio. N N N te 8

133,3 KAG J V J mehrereCMio. N N N te 9

51,2,b VAG J V J mehrereCMio. N N N te 10

51,1,(1) KG J V J 1'000'000 N N N te 11

49a KG J S J mehrereCMio. N N N te 12

Anhang

73

Typ$3

23ter BankG J V N . J J N te 13

34b,1 BEHG J V N . J J N te 14

34b,2 BEHG J V N . J J N te 15

Typ$4

36 FINMAG J V N . J N N te 16

133,4 KAG J V J wenig J N N te 17

135,2 KAG J V N . J N N te 18

136 KAG J V N . J N N te 19

51,2,a VAG J V N . J N N te 20

51,2,c VAG J V N . J N N te 21

51,2,f VAG J V N . J N N te 22

Typ$5

34 FINMAG J V N . N J N unte 23

51,3 VAG J V N . N J N unte 24

23,2,b NBG J V N . N J N unte 25

Typ$6

44,1 FINMAG N S J 1'080'000 J J J te 26

46,1,a BankG N S J 1'080'000 J J J te 27

148,1,b KAG N S J 1'080'000 J J J te 28

148,1,d KAG N S J 1'080'000 J J J unte 29

87,1,a+c+d VAG N S J 1'080'000 J J J te 30

Typ$7

40,1 BEHG N S J 1'080'000 J J N te 31

40,2 BEHG N S J 1'080'000 J J N te 32

40,3 BEHG N S J 1'080'000 J J N te 33

40a,1 BEHG N S J 1'080'000 J J N te 34

40a,2 BEHG N S J 1'080'000 J J N te 35

23,1 UWG N S J 1'080'000 J J N te 36

Typ$8

44,2 FINMAG N S J 250'000 N J J te 37

46,2 BankG N S J 250'000 N J J te 38

49,1 BankG N S J 500'000 N J J unte 39

49,2 BankG N S J 150'000 N J J unte 40

41,1 BEHG N S J 10'000'000 N J J te 41

41,3 BEHG N S J 1'000'000 N J J te 42

42,1 BEHG N S J 500'000 N J J te 43

42,2 BEHG N S J 150'000 N J J te 44

148,2 KAG N S J 250'000 N J J te 45

149,1,a.e KAG N S J 500'000 N J J te 46

149,2 KAG N S J 150'000 N J J te 47

86,1,d VAG N S J 500'000 N J J unte 48

86,2 VAG N S J 150'000 N J J unte 49

87,2 VAG N S J 250'000 N J J te 50

Anhang

74

1 Art. 37 FINMAG ist ein Spezialfall unter den Typ-1-Sanktionen, da er keine direkt-monetäre Wirkung hat. Der Bewilligungsentzug führt aber, wie im Hauptteil mehrmals angesprochen, meistens über eine separate Regelung zur Liquidation, was eine erhebliche indirekt-monetäre Wirkung hat, da die Reputation ganz zerstört wird und die unternehmerische Freiheit vollständig eingeschränkt wird. Deswegen kann Art. 37 FINMAG zu den wirkungsstärksten Sanktionen ge-zählt werden.

2 Art. 23quinquies BankG ist eine soeben angesprochene separate Regelung, durch welche der Bewil-ligungsentzug in fast allen Fällen zur Liquidation führt. Eine direkt-monetäre Wirkung besitzt die Sanktion nun deshalb, weil die Liquidation dazu führt, dass alle Aktiven eines Unternehmens nun den Liquidationswert besitzen, was einer erheblichen bussenähnlichen Wirkung gleich kommt. Festzustellen, ob eine Bewilligung entzogen worden ist, ist untechnisch und einfach. Bezüglich den anderen Wirkungen kann auf Anhang-Fn. 1 verwiesen werden.

3 Art. 36 BEHG entspricht in der Wirkung fast vollständig Art. 23quinquies BankG und deshalb kann dazu auf Anhang-Fn. 2 verwiesen werden.

4 Art. 134 KAG und Art. 135 Abs. 1 KAG entsprechen ebenfalls in der Wirkung fast vollständig Art. 23quinquies BankG und deshalb kann dazu auf Anhang-Fn. 2 verwiesen werden. Ob jemand aber ohne Bewilligung tätig wird, ist demgegenüber sehr technisch um festzustellen.

5 Die Übertragung des vollständigen Versicherungsbestands nach Art. 51 Abs. 2 lit. d VAG ent-spricht in der Wirkung der Liquidation. Bussenähnlich wirkt hier aber die faktische Enteignung

Typ$9

35 FINMAG N V J mehrere/Mio. N N N te51

40,4 BEHG N S J 10'000 N N N te52

133,3 KAG N V J mehrere/Mio. N J N te53

51,2,b VAG N V J mehrere/Mio. N J N te54

24,1,a NBG N S J 200'000 N J N te55

24,1,b NBG N S J 200'000 N J N unte56

24,2 NBG N S J 100'000 N J N te57

55,(3) KG N S J 20'000 N J N te58

24,1 UWG N S J 20'000 N J N unte59

24,2 UWG N S J 10'000 N N N unte60

Typ$10

33 FINMAG N V N K N J N te61

34 FINMAG N V N K N J N unte62

23ter BankG N V N K N J N te63

34b,1 BEHG N V N K N J N te64

34b,2 BEHG N V N K N J N te65

35a BEHG N V N K N J N te66

133,4 KAG N V J wenig N J N te67

51,2,c VAG N V N K N J N te68

51,2,f VAG N V N K N J N te69

51,2,g VAG N V N K N J N te70

51,3 VAG N V N K N J N te71

32 FINMAG J V N K N N N te72

Anhang

75

des betroffenen Instituts. Um festzustellen, ob es „erforderlich erscheint“ braucht eine technische Einschätzung und somit ein hohes technisches Wissen.

6 Art. 52 VAG entspricht in der Wirkung fast vollständig Art. 23quinquies BankG und deshalb kann dazu auf Anhang-Fn. 2 verwiesen werden.

7 Wie Art. 37 FINMAG ist auch Art. 23 Abs. 2 lit. a NBG ein Spezialfall unter den Typ-1-Sanktionen. Die Kündigung des Sichtkontos bei der Nationalbank hat keine direkte monetäre Wirkung, aber führt faktisch dazu, da die Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Branche so stark geschwächt wird und das Geschäftsmodell so stark verunmöglicht wird, dass dies einer faktischen Liquidation gleichkommt. Festzustellen, ob ein Betreiber noch die nötigen Voraussetzungen er-füllt, ist zudem technisch.

8 Die Gewinneinziehung nach Art. 35 FINMAG ist ein Spezialfall, da die bussenähnliche Sanktion einzigartig und in der Höhe unbestimmt ist. Die Sanktionshöhe kann mehrere Mio. betragen. Die Berechnung des Gewinns ist sehr technisch. Eine schwere Verletzung gegen das FINMAG ist schwierig festzustellen und demzufolge technisch i.S. dieser Arbeit.

9 Eine Sicherheitsleistung ist direkt monetär. Darzustellen, ob die Rechte der Anleger gefährdet sind, ist technisch. Die Höhe der Sicherheitsleistung muss angemessen sein und kann deswegen mehrere Mio. betragen.

10 Die Sperre von Vermögenswerten, wie auch die Hinterlegung, kommt faktisch eine bussenähnli-che Wirkung zu. Wenn der Verdacht besteht, dass dies nötig ist, können diese Vermögenswerte aus Sicht des Unternehmens abgeschrieben werden. Die Höhe des Betrages ist unbestimmt, aber kann bis in die Mio. gehen. Um festzustellen, ob es „erforderlich erscheint“ braucht eine techni-sche Einschätzung und somit ein hohes technisches Wissen.

11 Die Höhe der Sanktion ist bei 1 Mio. festgeschrieben. Herauszufinden, ob ein Unternehmenszu-sammenschluss ohne Meldung vollzogen worden ist, ist schwierig festzustellen und braucht viele Ressourcen, und ist deswegen technisch.

12 Art. 49a KG ist, wie im Hauptteil dargelegt ist, der Spezialfall an sich. Auch wenn dieser juris-tisch entgegen der gesetzlichen Systematik als Strafsanktion angesehen wird, entspricht dieser in den Wirkungen den Typ-2-Sanktionen, welche sonst alle Verwaltungssanktionen sind. Darauf wurde auch schon hingewiesen. Ob angemessen und ob überhaupt ein Verstoss gegen Art. 49a KG vorliegt, ist wie bekannt, sehr technisch und oft abhängig von einer Meldung. Die Bonusregel verändert die Wirkungen der Sanktion darüber hinaus in eine Richtung, die durch die Wirkungs-parameter nicht fassbar ist. Dies muss an dieser Stelle hervorgehoben sein.

13 Die Stimmrechtssuspendierung schränkt die unternehmerische Freiheit selbstverständlich z.T. markant ein. Da die Stimmrechte nicht ausgeübt werden dürfen, erfahren die anderen Aktionäre und somit meistens die Öffentlichkeit von der Sanktionsverhängung. Demnach wirkt die Sanktion auch reputationär. Ob die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit noch gegeben ist oder gefährdet ist und ob Zukäufe nicht gemeldet wurden, ist sehr technisch festzustellen.

14 Bezüglich des börsenrechtlichen Stimmrechtsverbots kann auf die Ausführungen soeben zum bankenrechtlichen in Anhang-Fn. 13 verwiesen werden.

15 Auch hier kann auf die Ausführungen in Anhang-Fn. 13 verwiesen werden. Ein Zukaufsverbot wird aber weniger schnell öffentlichkeitswirksam als ein Stimmrechtsverbot. Da es sich aber um kotierte Gesellschaften handelt, ist die Öffentlichkeitswirksamkeit aber wohl immer gegeben.

16 Da ein Untersuchungsbeauftragter erhebliche Kompetenzen, wie z.B. Organbefugnisse, zuge-sprochen bekommen kann, ist ein Unternehmen in dieser Situation in seiner unternehmerischen Freiheit dementsprechend stark eingeschränkt. Dies kann für ein Unternehmen wirklich hohe Ab-schreckwirkungen dieser Sanktionen bedeuten. Insbesondere können Entscheidungswege stark verteuert werden. Wann ein Untersuchungsbeauftragter eingesetzt wird, muss aus technischen Gründen entschieden werden.

17 Das bevormundende Vornehmen einer angeordneten Handlung schränkt die unternehmerische Freiheit stark ein, da so ein Unternehmen den Zeitpunkt der Tat nicht selber wählen kann und die Möglichkeit der Unterlassung verunmöglicht wird. Somit kann dies stark abschreckend wirken, da dies je nach Situation viel Wert sein kann. Die Handlung wird auf Kosten der säumigen Partei vorgenommen, deswegen ist Art. 134 Abs. 4 KAG der Spezialfall der Typ-4-Sanktionen. Doch

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76

das Vornehmen der Handlung an sich wird erwartungsgemäss nicht viel Kosten, z.B. ist eine Überweisung um die Eigenmittel zu stärken, nicht kostenaufwendig, jedoch stark einschränkend.

18 Die Überführung der ganzen kollektiven Kapitalanlage in eine gesetzmässige Form ist zwar im Vgl. zur Auflösungsverfügung die schwächere Sanktion von Art. 135 KAG, greift aber ebenso stark in die unternehmerische Freiheit ein. Wenn ein Institut bewusst ohne Bewilligung tätig wur-de und eine allfällige Liquidation durch die FINMA strategisch miteinbezogen hat, kann die Überführung in eine gesetzmässige Form aus verschiedenen Gründen, u.a. steuerrechtlichen oder risikostrukturbedingten, im Einzelfall sehr abschreckend wirken. Zu einem gewissen Masse könn-te diese Sanktion sogar Reputationsschäden nach sich ziehen. Dies wird aber ausgeblendet. Die Feststellung, ob jemand ohne Bewilligung tätig wurde, braucht erhebliche technische Ressourcen.

19 Das Einsetzen oder Abberufen eines Schätzungsexperten gegenüber Immobilieninvestmentgesell-schaften schränkt diese in ihrer unternehmerischen Freiheit insofern ein, dass diese ihre Aktiven nicht nach ihren eigenen Berechnungen oder Wünschen bewerten können. Da sich eine Risi-kostruktur und somit das Handeln einer Unternehmung aber auf die eigenen oder beeinflussbaren Bewertungen stützt, kann dieser Eingriff erheblich sein und in einer Kosten-Nutzen-Analyse grosse Beachtung finden. Ob ein Fall „begründet“ ist, ist juristisch schon eine technische Sache, und umso technischer ist dies ökonomisch festzustellen.

20 Art. 51 Abs. 2 lit. a VAG gibt der FINMA die Möglichkeit, die freie Verfügung von Vermögens-werte eines Versicherungsunternehmens zu untersagen. Somit ist dies keine direkt-monetäre Ab-gabe, aber eine indirekte Einschränkung der Investitionen, Ideen und Ziele, welche ein Unter-nehmen mit seinen Vermögenswerten erreichen oder nachgehen will. Wie das Geld arbeiten soll, wird eingeschränkt. Dies ist wohl die direkteste indirekt-monetäre Sanktion, welche die unter-nehmerische Freiheit stark einzuschränken vermag. Festzustellen, ob die Interessen der Versi-cherten gefährdet sind, braucht eine Kenntnis der Marktmechanismen und eine gewisse Überwa-chungsstruktur, dies ist ressourcenintensiv und spezifisch, somit technisch.

21 Die Übertragung von Organbefugnissen an Dritte ist die wohl vehementeste Einschränkung der unternehmerischen Tätigkeit, da somit Weisungs- und Führungsrechte abbedingt werden können, ohne, dass das Unternehmen noch irgendeinen Bewegungsspielraum hätte. Bezüglich der Techni-zität kann auf Anhang-Fn. 20 verwiesen werden.

22 Analog wirkend wie die Übertragung von Organbefugnissen ist die Abberufung von Organen und leitenden Angestellten einer Unternehmung nach Art. 51 Abs. 2 lit. f VAG. Hierbei spielt anreiz-technisch die aggregierte Entscheidungsfindung der leitenden Angestellten für das Handeln eines Unternehmens eine erhebliche Rolle. Des Weiteren kann auf die Ausführungen von Anhang-Fn. 20 und 21 verwiesen werden.

23 Die Veröffentlichung einer Verfügung nach Art. 34 FINMAG hat einen eindeutigen Reputations-effekt. Die Wirkungskraft der Sanktion bzw. aller Typ-5-Sanktionen ist abhängig von der Reputa-tionssensibilität des Unternehmens und dessen Branche. Das Veröffentlichen einer bereits vor-gängig festgestellten und verfügten Massnahme ist untechnisch und braucht wenig Ressourcen.

24 Die Publikation der verhängten Massnahmen gemäss Art. 51 Abs. 3 VAG ist in den Wirkungen identisch mit denen von Art. 34 FINMAG. Deswegen kann hierbei auf Anhang-Fn. 23 verwiesen werden.

25 Auch bezüglich der Veröffentlichung von Art. 23 Abs. lit. b NBG kann betreffend den Ab-schreckwirkungen auf Anhang-Fn. 23 verwiesen werden.

26 Die Einteilung der Typ-6- bis Typ-8-Sanktionen ist einfach, da diese alle Strafsanktionen sind und alle direkt, d.h. die subsidiäre Unternehmensstrafbarkeit ausgeschlossen, nur natürliche Per-sonen adressieren. Die Androhung einer direkt-monetären Sanktion erfolgt in Form einer Geld-strafe von erwähnt maximal 1'080'000 Sfr. Eine indirekt-monetäre Wirkung ist zum einen über die angedrohte Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren (Wirkungsparameter 4) und zum anderen durch einen allfälligen Reputationsschaden aufgrund eines zwingenden Strafregistereintrags bzgl. Vergehen (Wirkungsparameter 5) vorhanden. Abs. 3 droht eine Mindeststrafe bei Wiederholungs-taten an. Festzustellen, ob jemand ohne Bewilligung tätig wurde, ist sehr schwierig und daher als technisch anzusehen.

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77

27 Festzustellen, ob jemand unbefugt Publikumseinlagen entgegennimmt, ist sehr aufwendig zu prüfen und daher als technisch anzusehen. Für weiteres wird analog auf Anhang-Fn. 26 verwie-sen.

28 Festzustellen, ob jemand ohne Bewilligung eine kollektive Kapitalanlage bildet, ist sehr aufwen-dig herauszufinden und daher als technisch anzusehen. Für weiteres wird analog auf Anhang-Fn. 26 verwiesen.

29 Herauszufinden, ob jemand eine Kollektive Kapitalanlage ohne Bewilligung vertreibt bzw. dafür wirbt, ist relativ einfach. Deswegen ist dies untechnisch. Sonst wird analog auf die Ausführungen unter Anhang-Fn. 26 verwiesen.

30 Festzustellen, ob jemand für ein nicht zugelassenes Versicherungsunternehmen Versicherungs-verträge abschliesst (lit. a), aus dem gebundenem Vermögen Werte unter den Sollbetrag aus-nimmt (lit. c) oder andere Handlungen vornimmt, welches das gebundene Vermögen mindern, ist nicht ohne technisches Know-How und tiefergehende Prüfungen festzustellen. Dies ist demnach schwierig und daher als technisch anzusehen. Insgesamt ist diese Sanktion als Ergänzung zu Art. 44 FINMAG gedacht. Für weiteres wird analog auf Anhang-Fn. 26 verwiesen.

31 Typ-7-Sanktionen unterscheiden sich von Typ-6-Sanktionen nur insofern, dass keine Mindest-sanktion im Wiederholungsfalle angedroht ist (Wirkungsparameter 6). Deswegen kann bzgl. den anderen Wirkungsparametern auf die Ausführungen in Anhang-Fn. 26 verwiesen werden. Ob je-mand Primärinsider ist, ist bekanntlich sehr schwierig herauszufinden und zu beweisen. Ist also, als sehr technisch anzusehen.

32 Bezüglich der schweren Version des Primärinsidertatbestandes ist neben den Verweis auf An-hang-Fn. 31 nur anzufügen, dass aufgrund der Androhung einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren die Wirkung des Wirkungsparameters 4 als verstärkt anzusehen ist.

33 Bezüglich des Sekundärinsiders kann auf die Ausführungen unter Anhang-Fn. 31 verwiesen wer-den mit der Ausnahme, dass nur ein Jahr Freiheitsstrafe angedroht ist, somit die Wirkung des Wirkungsparameters 4 als schwächer eingestuft werden muss.

34 Bezüglich des Sekundärinsiders kann auf die Ausführungen unter Anhang-Fn. 31 verwiesen wer-den mit der analogen Anpassung, dass Kursmanipulationen ebenfalls schwierig festzustellen sind und die Tatbestandsprüfung sehr technisch ist.

35 Hierbei kann analog auf Anhang-Fn. 34 und 31 verwiesen werden. 36 Auch bezüglich des Straftatbestandes des unlauteren Wettbewerbs kann auf die Beschreibungen

zu den Anreizwirkungen unter Anhang-Fn. 31 verwiesen werden. Es muss aber gesagt werden, dass Antragsdelikte in ihrer Anreizwirkung als weniger abschreckend anzusehen sind, da die Sanktionierungswahrscheinlichkeit (sicherlich die wahrgenommene) kleiner ist. Festzustellen, ob jemand unlauter gehandelt hat, ist im heutigen komplexen wirtschaftlichen Umfeld sehr tech-nisch.

37 Typ-8-Sanktionen sind in ihren Anreizwirkungen banal. Alle sind Strafsanktionen und adressie-ren alle direkt, d.h. die subsidiäre Unternehmensstrafbarkeit ausgeschlossen, nur natürliche Per-sonen. Es besteht ein Wiederholungstatbestand und nur die indirekt-monetäre, reputationäre An-drohungen in Form eines Strafregistereintrags (bei mind. 5'000 Sfr. Bussenhöhe). Die Androhung einer direkt-monetären Sanktion erfolgt in Form einer bis zu einer gewissen Höhe angegebenen Busse. Hier ist dies in der Höhe von 250'000 Sfr. angedroht. Bezüglich Technizität kann auf An-hang-Fn. 26 verweisen werden.

38 Dasselbe gilt für das Fahrlässigkeitsdelikt von Art. 46 Abs. 2 BankG und es wird analog bezüg-lich der Technizität auf Anhang-Fn. 27 und allgemein auf Anhang-Fn. 27 verwiesen.

39 Hierbei kann auf Anhang-Fn. 37 verwiesen werden, unter dem Vorbehalt, dass eine Busse von 500'000 Sfr. angedroht ist. Es sollte möglich sein, diese Tatbestände, da Informationen diesbezüg-lich öffentlich sind, ohne zu viel Aufwand festzustellen. Deswegen sind diese als untechnisch an-zusehen.

40 Hierbei kann auf Anhang-Fn. 37 und 39 verwiesen werden, unter dem Vorbehalt, dass eine Busse von 150'000 Sfr. angedroht ist.

41 Bezüglich der Verletzung der Meldepflicht nach Art. 41 BEHG kann analog auf Anhang-Fn. 37 verwiesen werden, unter dem Vorbehalt, dass eine Busse von 10’000'000 Sfr. angedroht ist. Diese

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ist, wie erwähnt, in ihrer Höhe einzigartig und hat dementsprechend eine hohe Abschreckwir-kung. Festzustellen, ob eine Meldung von qualifizierten Beteiligungen vorsätzlich unterlassen wurde, ist sehr technisch und aufwendig.

42 Bezüglich des Fahrlässigkeitsdelikts kann analog auf Anhang-Fn. 37 und 41 verwiesen werden, unter dem Vorbehalt, dass eine Busse von 1'000'000 Sfr. angedroht ist, d.h. die Abschreckwir-kung höher als bei den anderen Typ-8-Sanktionen, aber tiefer als bei Art. 41 Abs.1 BEHG, zu er-warten ist.

43 Bezüglich der Verletzung der Pflichten der Zielgesellschaft nach Art. 42 Abs. 1 BEHG kann ana-log auf Anhang-Fn. 37 und 40 verwiesen werden, unter dem Vorbehalt, dass eine Busse von 500'000 Sfr. angedroht ist. Festzustellen, ob die Stellungnahme nicht oder fehlerhaft veröffent-licht wurde ist sehr technisch.

44 Bezüglich des Fahrlässigkeitsdelikts kann analog auf Anhang-Fn. 37 und 43 verwiesen werden, unter dem Vorbehalt, dass eine Busse von 150'000 Sfr. angedroht ist.

45 Hier kann bezüglich den Anreizwirkungen auf Anhang-Fn. 37 und bezüglich der Technizität auf Anhang-Fn. 28 verweisen werden.

46 Hier kann bezüglich Anreizwirkungen auf Anhang-Fn. 37 verweisen werden, mit der Ausnahme, dass eine Busse in Höhe von 500'000 Sfr. angedroht ist. Ob jemand gegen die Tatbestände verstösst, z.B. gegen Schutz- und Täuschungs-Regeln, ist schwierig festzustellen und deswegen technisch.

47 Für das Fahrlässigkeitsdelikt kann auf Anhang-Fn. 37 und 47 verwiesen werden, mit der Aus-nahme, dass eine Busse von 150'000 Sfr. angedroht ist.

48 Hier kann bezüglich den Anreizwirkungen auf Anhang-Fn. 37 verweisen werden, mit der Aus-nahme, dass eine Busse in Höhe von 500'000 Sfr. angedroht ist. Ob die gesetzlichen Rückstellun-gen nicht gemacht wurden, ist einfach herauszufinden und deswegen eher als untechnisch anzu-sehen.

49 Für die fahrlässige Begehung kann auf Anhang-Fn. 37 und 48 verweisen werden, unter dem Vor-behalt, dass eine Busse von 150'000 Sfr. angedroht ist.

50 Für die Anreizwirkungen kann hierbei auf Anhang-Fn. 37 und bezüglich der Technizität kann auf Anhang-Fn. 30 verweisen werden.

51 Typ-9-Sanktionen unterscheiden sich in den Anreizwirkungen in zweierlei Hinsicht von Typ-8-Sanktionen. Zum einen sind dementsprechend keine Wiederholungsdelikte statuiert. Zum anderen sind die direkt-monetären Sanktionen teils als bussenähnliche Sanktionen gegen oben offen ange-droht. Für alle anderenn Anreizwirkungen kann somit auf Anhang-Fn. 37 verwiesen werden. Die Gewinneinziehung nach FINMAG bei einer natürlichen Person, stellt den Ausreisser und einen Spezialfall der Typisierung dar. Dies, da es sich nicht um eine Strafsanktion handelt und ein Re-putationsschaden ungewiss ist, da kein Strafregistereintrag folgt. Es könnte natürlich über ein an-derweitiges Bekanntwerden ein ähnlicher Effekt entstehen. Bezüglich der Technizität kann analog auf Anhang-Fn. 8 verwiesen werden.

52 Der Zufallsinsidertatbestand nach Art. 40 Abs. 4 BEHG ist ein anderer Spezialfall unter den Typ-9-Sanktionen. Hierbei ist ein Reputationsschaden durch die Sanktionierung auch unwahrschein-lich, da die Busse in den meisten Fällen unter 5'000 Sfr. ausfallen wird und demnach keinen Strafregistereintrag nach sich zieht. Deswegen ist Wirkungsparameter 5 schwierig einzuschätzen. Bezüglich der Technizität der Feststellung kann auf die schon gemachten Aussagen in Anhang-Fn. 31 bis 33 verwiesen werden.

53 Art. 133 Abs. 3 KAG kann gegenüber Verwalter, Vertreiber oder Vertreter einer kollektiven Ka-pitalanlage als natürliche Personen wirken. Da er eine Verwaltungssanktion darstellt, ist dieser ein weiterer Spezialfall der Typ-9-Sanktionen. Für die Anreizwirkungen kann somit auf Anhang-Fn. 51 und für die Technizitätsprüfung auf Anhang-Fn. 9 verwiesen werden. Eine Schadensan-drohung i.S. von Wirkungsparameter 5 wird hingegen vermutet, da durch den Zwang zu einer Si-cherheitsleistung, das berufliche Weiterkommen einer natürlichen Person gehindert wird, ähnlich wie bei der Wirkung des Strafregistereintrags. Darüber hinaus ist die direkt-monetäre Androhung der Sanktion gegen oben offen.

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54 Analoges kann bezüglich der Vermögenssperre eines Versicherungsvermittlers gesagt werden. Dieser wird in seinem beruflichen Weiterkommen durch die Bindung des Vermögens und evtl. durch das Bekanntwerden der Sanktion beschränkt sein können. Des weiteren wird auf Anhang-Fn. 10 und 53 verwiesen. Darüber hinaus ist die direkt-monetäre Androhung der Sanktion gegen oben offen.

55 Die Strafsanktionen des NBG stellen den Regelfall der Typ-9-Sanktionen dar. Art. 24 Abs. 1 lit. a NBG ist mit einer direkt-monetären Androhung von 200'000 Sfr. versehen. Ich liebe Vivi. Dabei sind fehlerhafte Auskünfte schwierig festzustellen und dies muss als technisch angesehen werden. Ansonsten kann auf die gemachten Aussagen in Anhang-Fn. 37 und 51 verweisen werden.

56 Bezüglich Art. 24 Abs. 1 lit. b NBG kann analog auf Anhang-Fn. 55 verwiesen werden, mit der Ausnahme, dass eine Verhinderung einer angeordneten Überprüfung einfach festzustellen ist und deswegen als untechnisch angesehen werden muss.

57 Hierbei kann analog auf Anhang-Fn. 55 und 56 verwiesen werden, mit der Ausnahme, dass eine Sanktion von 100'000 Sfr. angedroht ist.

58 Der dritte Tatbestand von Art. 55 KG hat typische Sanktionsandrohungen für eine Typ-9-Sanktion. Deswegen kann hierbei auf Anhang-Fn. 55 verwiesen werden. Die Bussenandrohung beträgt 20'000 Sfr., wobei ein Strafregistereintrag und ein möglicher reputationärer Effekt dem-entsprechend wahrscheinlich sind. Ob ein meldepflichtiger Unternehmenszusammenschluss ohne Meldung vollzogen wurde, ist sehr abhängig vom Börsen-Know-How und somit sehr technisch.

59 Bezüglich den Anreizwirkungen der Sanktion kann für Art. 24 UWG auf die gemachten Aussa-gen unter Anhang-Fn. 58 verwiesen werden. Ob die Pflichten zur Preisbekanntgabe gegenüber Konsumenten eingehalten wurden, ist mit einfachen Mitteln öffentlich herauszufinden und somit als untechnisch anzusehen.

60 Hierzu kann auf die Ausführungen von Anhang-Fn. 59 verwiesen werden, wobei ein Reputations-schaden durch die Sanktionierung unwahrscheinlich ist, da die Busse von Art. 24 Abs. 2 UWG in den meisten Fällen unter 5'000 Sfr. ausfallen wird und demnach keinen Strafregistereintrag nach sich zieht. Deswegen ist Wirkungsparameter 5 unklar festzulegen und eher mit nein zu beantwor-ten.

61 Typ-10-Sanktionen sind alle Verwaltungssanktionen, die natürliche Personen adressieren. Sie unterscheiden sich demnach von Typ-6- bis -9-Sanktionen dadurch, dass sie Verwaltungssanktio-nen sind und wie gesehen differenzierte Anreizwirkungen nach sich ziehen. Sie wirken alle zwar nicht direkt-monetär (Wirkungsparameter 3) und auch nicht indirekt-monetär i.S. einer Freiheits-strafe (Wirkungsparameter 4). Zudem wird keine mindesthohe Sanktion im Wiederholungsfalle angedroht (Wirkungsparameter 6). Hingegen schränken Typ-10-Sanktionen das berufliche und soziale Weiterkommen der sanktionierten Person insoweit ein, dass entweder ein Reputations-schaden droht oder bisher mögliche bzw. zulässige Tätigkeiten für eine Person ausgeschlossen werden. Der Reputationsschaden wird differenzierter aber ohne Strafregistereintrag provoziert, da Typ-10-Sanktionen keine Strafsanktionen sind. Das Berufsverbot von Art. 33 FINMAG ist das Paradebeispiel einer Typ-10-Sanktion. Das Verbot bei einer durch die FINMA beaufsichtigten Unternehmung zu arbeiten, schliesst eine betroffene Person faktisch von einer Branchentätigkeit aus. Da die leitende Stellung untersagt wird, schränkt dies den beruflichen Werdegang einer Per-son extrem stark ein. Da man als sanktionierte Person die Stelle ablegen muss, erfährt das berufli-che Umfeld ebenso von der Massnahme. Somit kommt noch ein reputationärer Effekt hinzu. Eine schwere Verletzung gegen die Pflichten des FINMAG festzustellen, benötigt viel Know-How und ist sehr technisch.

62 Bezüglich der Veröffentlichung von Verfügungen kann analog für natürliche Personen auf An-hang-Fn. 23 und 61 verwiesen werden.

63 Die bankenrechtliche Stimmrechtssuspendierung schränkt selbstverständlich die unternehmeri-sche Freiheit z.T. markant ein. Da die Stimmrechte nicht ausgeübt werden dürfen, erfahren die anderen Aktionäre und somit meistens die Öffentlichkeit von der Sanktionsverhängung. Somit werden die Reputation, die berufliche Tätigkeit und das berufliche Weiterkommen der natürli-chen Person eingeschränkt. Bezüglich der Technizität wird auf Anhang-Fn. 13 und allgemein zu Typ-10-Sanktionen auf Anhang-Fn. 61 verwiesen.

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64 Bezüglich der börsenrechtlichen Stimmrechtssuspendierung wird sinngemäss auf die Aussagen unter Anhang-Fn. 14 und 63 verwiesen.

65 Bezüglich des börsenrechtlichen Zukaufverbots wird sinngemäss auf die Aussagen unter Anhang-Fn. 15 und 63 verwiesen.

66 Bezüglich des börsenrechtlichen Tätigkeitsverbots ist sinngemäss auf die Ausführungen unter Anhang-Fn. 61 zu verweisen.

67 Hierbei kann neben dem allgemeinen Verweis auf Anhang-Fn. 61 sinngemäss für natürliche Per-sonen auf Anhang-Fn. 17 verwiesen werden.

68 Wenn bekannt wird, dass Organbefugnisse von einer natürlichen Person abgetreten wurden, hat dies für eine natürliche Person eine ähnliche Wirkung wie ein Tätigkeitsverbot, da die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit nicht mehr gegeben ist und die Reputation dadurch erheblich geschwächt wird. Für weiteres kann hierbei auf Anhang-Fn. 20, 21, 23 und 61 verweisen werden.

69 Das versicherungsaufsichtsrechtliche Ausübungsverbot einer Versicherungstätigkeit wirkt analog wie die anderen Berufs- bzw. Tätigkeitsverbote, dazu kann sinngemäss auf Anhang-Fn. 61 ver-wiesen werden. Bezüglich der Technizität kann auf Anhang-Fn. 22 bzw. 20 verwiesen werden.

70 Die Streichung eines Versicherungsvermittlers aus dem Register kommt einem branchenspezifi-schen aber absoluten Tätigkeitsverbot gleich. Somit kann hierzu sinngemäss aber in verstärkter Form auf die Ausführungen unter Anhang-Fn. 61 und 66 verweisen werden. Bezüglich der Tech-nizität kann auf Anhang-Fn. 20 verwiesen werden.

71 Die Publikation nach Art. 51 Abs. 3 VAG hat direkten Reputationsschaden, wobei sinngemäss auf die schon gemachten Aussagen unter Anhang-Fn. 23 und 62 und allgemein auf Anhang Fn. 61 verweisen werden kann. Speziell ist, dass diese Sanktion als eher technisch zu beurteilen ist, da um festzustellen, ob die Publikation zum Schutz dritter erforderlich, im Versicherungsbereich sehr ressourcenintensiv und demnach technisch ist.

72 Art. 32 FINMAG, wie in Kap. 6.C. erwähnt, entfällt bei der Typisierung, da die Sanktion nicht einem Typus zugeteilt werden kann, auch nicht wenn man ein, zwei oder drei Parameter weglässt, was die allgemeine Kritik an der Sichtweise von Art. 32 FINMAG als Verwaltungssanktion ver-stärkt. Insbesondere kann überraschen, dass Wirkungsparameter 5 nicht mit ja beantwortet wurde. Aber Feststellungsverfügungen werden nicht veröffentlicht.

xv

Eigenständigkeitserklärung

"Ich erkläre hiermit,

- dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig ohne fremde Hilfe und ohne Verwendung ande-

rer als der angegeben Hilfsmittel verfasst habe;

- dass ich sämtliche verwendeten Quellen erwähnt und gemäss gängigen wissenschaftlichen Zi-

tierregeln korrekt zitiert habe;

- dass das Thema, die Arbeit oder Teile davon nicht bereits Gegenstand eines Leistungsnach-

weises einer anderen Veranstaltung oder Kurses war; sofern dies nicht ausdrücklich mit

dem/der Dozierenden im Voraus vereinbart wurde;

- dass ich ohne schriftliche Zustimmung der Universität keine Kopien dieser Arbeit an Dritte

aushändigen oder veröffentlichen werde, wenn ein direkter Bezug zur Universität St. Gallen

oder ihrer Dozierenden hergestellt werden kann;

- dass ich mir bewusst bin, dass meine Arbeit elektronisch auf Plagiate überprüft werden kann

und ich hiermit der Universität St.Gallen laut Prüfungsordnung das Urheberrecht soweit ein-

räume, wie es für die Verwaltungshandlungen notwendig ist."

Bern, 15. November 2015

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Dumeng N. Bezzola