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Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP Fédération Suisse des Psychologues FSP Federazione Svizzera delle Psicologhe e degli Psicologi FSP www.psychologie.ch / Institutionen 1 / 3 Juli 2016 Arbeitsrechtliche Grundlagen Was gilt in meiner Institution? Oft ist unklar, welche rechtlichen Bestimmungen im Arbeitsverhältnis gelten. Tatsächlich gelten für Psychologinnen und Psychologen verschiedenste Personalregeln. Die FSP stellt die wichtigsten vor. Als Grundsatz gilt: Auf die Beschäftigung in privat- rechtlichen Institutionen ist das Obligationenrecht anwendbar, während die Beschäftigung in öffent- lich-rechtlichen in der Personalgesetzgebung von Bund und Kantonen geregelt ist. Zudem kommt bei den meisten Anstellungsverhältnissen das Arbeitsge- setz zur Anwendung. Weiter sind allenfalls Gesamt- arbeitsverträge (GAV) und das Personalrecht auf Be- triebsebene zu beachten. Obligationenrecht Das Obligationenrecht (OR) enthält Bestimmungen über die Entstehung und Beendigung von Arbeitsver- trägen sowie Rechte und Pflichten von Arbeitgeberin und Arbeitnehmer. Durch den Arbeitsvertrag verpflich- ten sich Angestellte auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst der Arbeitgebe- rin / des Arbeitgebers und diese / dieser zur Entrich- tung eines Lohnes (Art. 319 ff. OR). Die Arbeitsnehmen- den sind zu persönlicher, sorgfältiger Arbeitsleistung, die Unternehmen zur Lohnzahlung und Fürsorge ver- pflichtet. Im Obligationenrecht sind die Grundlagen zur Sorgfalts- und Fürsorgepflicht, Haftung, Überstun- den, Lohnzahlung und Lohnfortzahlung, Ferien, Kün- digung und Kündigungsschutz geregelt. Arbeitsgesetz Wichtige Bestimmungen über den Gesundheitsschutz von Angestellten wie auch die Arbeits- und Ruhezei- ten sind im Arbeitsgesetz (ArG) und drei Verordnun- gen (ArGV 1, 2 und 3) geregelt. Im Arbeitsgesetz und den Verordnungen finden sich Bestimmungen zu Ge- sundheitsschutz, Arbeits- und Ruhezeiten, Nacht- und Schichtarbeit wie auch Sonderschutzvorschriften für Jugendliche und Schwangere. Für Angestellte in Kran- kenanstalten und Kliniken sieht es besondere Bestim- mungen vor. Mehr Informationen bietet das unten aufgeführte Merkblatt der SECO. Bundes- und kantonale Personalgesetzgebung Die Anstellung im öffentlich-rechtlichen Dienst rich- tet sich nach der kantonalen Personalgesetzgebung. Beginn und Beendigung des Dienstverhältnisses, Ar- beitszeit, Ferien usw. sind in den Personalgesetzen, die Besoldungseinreihung ist in detaillierten Besoldungs- verordnungen geregelt. Gesamtarbeitsvertrag Gesamtarbeitsverträge (GAV) werden zwischen Arbeit- geber- und Arbeitnehmerverbänden geschlossen. Sie regeln Bestimmungen über Arbeitsbedingungen sowie Rechte und Pflichten der Arbeitgeberinnen / Arbeitge- ber und Angestellten (Art. 356 ff. OR). Privatrechtliche wie auch öffentlich-rechtliche Institutionen können für ihre Angestellten gemeinsam mit Arbeitnehmer- verbänden einen GAV abschliessen. Da es übergeord- nete GAV nur für Branchen und nicht für einzelne Be- rufsgruppen gibt, muss im Einzelfall geklärt werden, ob ein GAV in einer Institution gilt und ob in diesem Psychologinnen und Psychologen aufgeführt werden. Betriebliches Personalrecht Weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen (zum Bei- spiel Begründung und Beendigung des Arbeitsverhält- nisses, Arbeitszeit, Lohn- und Lohnfortzahlung, Sozial- leistungen, Ferien, Urlaub, Weiter- und Fortbildung) finden sich in den Personal- oder Mitarbeiterregle- menten der Institutionen. Psycholog(inn)en in Institutionen

Arbeitsrechtliche Grundlagen Was gilt in meiner … · Arbeitsgesetz Wichtige Bestimmungen über den Gesundheitsschutz von Angestellten wie auch die Arbeits- und Ruhezei- ... und

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Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSPFédération Suisse des Psychologues FSPFederazione Svizzera delle Psicologhe e degli Psicologi FSP

www.psychologie.ch / Institutionen 1 / 3Juli 2016

Arbeitsrechtliche Grundlagen

Was gilt in meiner Institution?

Oft ist unklar, welche rechtlichen Bestimmungen im Arbeitsverhältnis gelten. Tatsächlich gelten für Psychologinnen und Psychologen verschiedenste Personalregeln. Die FSP stellt die wichtigsten vor.

Als Grundsatz gilt: Auf die Beschäftigung in privat-rechtlichen Institutionen ist das Obligationenrecht anwendbar, während die Beschäftigung in öffent-lich-rechtlichen in der Personalgesetzgebung von Bund und Kantonen geregelt ist. Zudem kommt bei den meisten Anstellungsverhältnissen das Arbeitsge-setz zur Anwendung. Weiter sind allenfalls Gesamt-arbeitsverträge (GAV) und das Personalrecht auf Be-triebsebene zu beachten.

ObligationenrechtDas Obligationenrecht (OR) enthält Bestimmungen über die Entstehung und Beendigung von Arbeitsver-trägen sowie Rechte und Pfl ichten von Arbeitgeberin und Arbeitnehmer. Durch den Arbeitsvertrag verpfl ich-ten sich Angestellte auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst der Arbeitgebe-rin / des Arbeitgebers und diese / dieser zur Entrich-tung eines Lohnes (Art. 319 ff . OR). Die Arbeitsnehmen-den sind zu persönlicher, sorgfältiger Arbeitsleistung, die Unternehmen zur Lohnzahlung und Fürsorge ver-pfl ichtet. Im Obligationenrecht sind die Grundlagen zur Sorgfalts- und Fürsorgepfl icht, Haftung, Überstun-den, Lohnzahlung und Lohnfortzahlung, Ferien, Kün-digung und Kündigungsschutz geregelt.

ArbeitsgesetzWichtige Bestimmungen über den Gesundheitsschutz von Angestellten wie auch die Arbeits- und Ruhezei-ten sind im Arbeitsgesetz (ArG) und drei Verordnun-gen (ArGV 1, 2 und 3) geregelt. Im Arbeitsgesetz und den Verordnungen fi nden sich Bestimmungen zu Ge-sundheitsschutz, Arbeits- und Ruhezeiten, Nacht- und Schichtarbeit wie auch Sonderschutzvorschriften für

Jugendliche und Schwangere. Für Angestellte in Kran-kenanstalten und Kliniken sieht es besondere Bestim-mungen vor. Mehr Informationen bietet das unten aufgeführte Merkblatt der SECO.

Bundes- und kantonale Personalgesetz gebungDie Anstellung im öff entlich-rechtlichen Dienst rich-tet sich nach der kantonalen Personalgesetzgebung. Beginn und Beendigung des Dienstverhältnisses, Ar-beitszeit, Ferien usw. sind in den Personalgesetzen, die Besoldungseinreihung ist in detaillierten Besoldungs-verordnungen geregelt.

GesamtarbeitsvertragGesamtarbeitsverträge (GAV) werden zwischen Arbeit-geber- und Arbeitnehmerverbänden geschlossen. Sie regeln Bestimmungen über Arbeitsbedingungen sowie Rechte und Pfl ichten der Arbeitgeberinnen / Arbeitge-ber und Angestellten (Art. 356 ff . OR). Privatrechtliche wie auch öff entlich-rechtliche Institutionen können für ihre Angestellten gemeinsam mit Arbeitnehmer-verbänden einen GAV abschliessen. Da es übergeord-nete GAV nur für Branchen und nicht für einzelne Be-rufsgruppen gibt, muss im Einzelfall geklärt werden, ob ein GAV in einer Institution gilt und ob in diesem Psychologinnen und Psychologen aufgeführt werden.

Betriebliches PersonalrechtWeitere arbeitsrechtliche Bestimmungen (zum Bei-spiel Begründung und Beendigung des Arbeitsverhält-nisses, Arbeitszeit, Lohn- und Lohnfortzahlung, So zial-leistungen, Ferien, Urlaub, Weiter- und Fortbildung) fi nden sich in den Personal- oder Mitarbeiterregle-menten der Institutionen.

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Arbeitsrechtliche GrundlagenWas gilt in meiner Institution?

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Brauche ich einen schriftlichen Arbeits vertrag?Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich abgeschlos-sen werden, sofern die Arbeitgeberin / der Arbeitgeber Arbeit in seinem Dienst auf Zeit entgegennimmt, de-ren Leistung nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten ist (Art. 320 OR). Es ist jedoch zu empfehlen, einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu verfassen, in-dem zumindest die Arbeitszeit und die Lohnzahlung mit allen Abzügen für Sozialversicherungen geregelt sind. Zudem sollten die Bedingungen für die Aus- und Weiterbildung schriftlich vereinbart werden. Psycholo-gieberufe erfüllen die hohen Qualitätsanforderungen des Psychologieberufegesetzes (PsyG). Eidgenössisch anerkannte Weiterbildungstitel bauen auf einem ab-geschlossenen Masterstudium und mehrjähriger Be-rufserfahrung auf. Psychologinnen und Psychologen mit einem eidgenössischen Fachtitel müssen darauf hinweisen, dass dieser mit der Ausbildung einer Ärztin oder eines Arztes mit Fachtitel äquivalent ist.

Änderungen zu Lasten des Arbeitsnehmers müs-sen mit einer Änderungskündigung erfolgen, die am besten schriftlich formuliert und von den Vertragspar-teien unterzeichnet werden.

Wann gilt das OR?Das OR gilt für alle privatrechtlich beschäftigten Ar-beitnehmenden in der Schweiz, jedoch auch in Teilen bei öffentlich-rechtlich Angestellten, sofern kantonale Personalgesetze auf das OR als Rechtsquelle verweisen.

Für welche Personen gilt das Arbeitsgesetz?Das ArG gilt für alle Arbeitnehmenden mit Anstellung bei einem privatrechtlichen oder öffentlich-rechtli-chen Unternehmen mit eigenständiger Rechtsper-sönlichkeit (zum Beispiel Aktiengesellschaft, Verein, Stiftung, Kantonsspital). Von den ArG Bestimmungen ausgenommen sind Arbeitnehmende, die eine höhere leitende Tätigkeit ausüben, sofern sie ihre Arbeitssitua-tion im Wesentlichen selbst bestimmen können (zum Beispiel Chefärztinnen).

Für welche Betriebe gilt das Arbeitsgesetz?Als Faustregel gilt: Es gelten immer alle Bestimmun-gen des Arbeitsgesetzes ausser wenn eine Institution rechtlich eine Abteilung der kommunalen oder kanto-nalen Verwaltung ist.

Das ArG gilt für alle Krankenhäuser und Kliniken in der Schweiz, sofern sie ärztlich betreut sind. Zu beach-ten ist aber, dass es Ausnahmen gibt:

► Krankenanstalten und Kliniken, die Teil der Kan-tonal- oder Gemeindeverwaltung sind, richten sich nach kantonalem bzw. kommunalem Recht

► Krankenanstalten und Kliniken, die als öffent-lich-rechtliche Anstalt ohne Rechtspersönlichkeit oder als Körperschaft des öffentlichen Rechts orga-nisiert sind, sofern die Mehrzahl der in ihnen be-schäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis stehen.

Wann gilt ein GAV?Die Bestimmungen eines GAV (Lohn, Lohnfortzah-lung, Ferien, Arbeitszeit, Kündigungsschutz) gelten mit dem Inkrafttreten für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die selber Mitglied eines vertrags-schliessenden Verbandes (Gewerkschaft) sind, wenn das Unternehmen, in dem sie beschäftigt sind, am GAV beteiligt ist. Die beteiligten Unternehmen wenden den GAV in der Regel aber auch für nicht organisier-te Arbeitnehmende an (solche, die nicht Mitglied des vertragsschliessenden Verbandes, sprich der Gewerk-schaft, sind). Da es keinen übergeordneten GAV nur für Psychologinnen und Psychologen in Institutionen gibt, muss im Einzelfall geklärt werden, ob ein GAV in einer Institution gilt und ob in diesem Psychologinnen und Psychologen aufgeführt werden.

Welche speziellen Regeln gelten für Krankenanstalten und Kliniken?Krankenanstalten und Kliniken müssen rund um die Uhr betrieben werden und sowohl am Tag als auch in der Nacht die Sicherheit und Gesundheit der Patien-tinnen und Patienten gewährleisten. Das ArG trägt dem Rechnung und hat folgende Sonderbestimmun-gen erlassen: Befreiung von der Bewilligungspflicht für Nacht- und Sonntagsarbeit (Art. 4 ArGV 2), Verlän-gerung des Zeitraumes der täglichen Arbeit bei Tages- und Abendarbeit (Art. 5 ArGV 2) und der aufeinander-folgenden Arbeitstage (Art. 7 Abs. 2 ArGV 2), Verkürzung der täglichen Ruhezeit (Art. 9 ArGV 2), Verlängerung der Dauer der Nachtarbeit (Art. 10 Abs. 2 ArGV 2) und Herabsetzung der Anzahl freier Sonntage auf zwölf pro Kalenderjahr (Art. 12 Abs. 2 ArGV 2). Die weiteren ge-setzlichen Vorschriften für Nacht- und Sonntagsarbeit müssen eingehalten werden, zudem sind Ausgleichs-massnahmen beim Pikettdienst mit kurzen Interven-tionszeiten (unter 30 Minuten) einzuhalten (Art. 8a ArGV 2).

Mehr Informationen im unten aufgeführten Merkblatt der SECO.

FAQ

Arbeitsrechtliche GrundlagenWas gilt in meiner Institution?

www.psychologie.ch / Institutionen 3 / 3Juli 2016

Weiterführende Informationen: ► Bei der Personalabteilung des eigenen Arbeit-

gebers (zum Beispiel Personalreglement, Generalarbeitsvertrag, Personalgesetz des Bundes / des Kantons)

► Gewerkschaften, Berufsverbände (zum Beispiel VPOD)

► Rechtsquellen (OR, ArG, ArGV1, ArGV2, ArGV3) ► SECO Merkblatt zur Anwendung des

Arbeitsgesetzes in Krankenanstalten und Kliniken ► FSP Merkblätter im Mitgliederbereich

QuellenDieses Merkblatt wurde von einer Arbeitsgruppe be-stehend aus juristischen und psychotherapeutischen Fachpersonen erarbeitet. Als Basis diente eine umfang-reiche Sammlung aus Personalreglementen, Statuten und Dokumenten zur interprofessionellen Arbeitsor-ganisation aus verschiedenen Kantonen.