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614 M.E. WIOAND, M. SPl~l]lgOund P. BriM: Ebenso haben wit in diesem Zusammenhang Herrn Kollegen O. CarR~z vom Kanton-Spital Chur (Sehweiz), ffir seine eingehenden erlguternden Bemerkungen zum gleiehen Problem herzlich zu danken; sie sind ffir uns sehr aufsehluBreieh gewesen. Sieherlich wird es zweekmgl]igsein, diese Erfahrungen zu nutzen fiir die Bestre- bungen, analoge Einriehtungen bei uns zu sehaffen; natiirlieh werden vereinzelte Abwandlungen entsprechend den bei uns vorliegenden Bedingungen sieh ergeben. Der Vordruek ,,Ohrenfaehgrzfliehe Verordnung einer H6rhilfe" ist im An- laufen begriffen, hat sich bisher sehon bewghrt, soll aber inKleinigkeiten noch etwas gegndert werden, wie die ,,Stgndige Kommission der Arb. Gem. Dr. Audiologen fiir Spraehaudiometrie-H6rgergte- und H6rgergteakustiker-Fragen" bereits angeregt hat. Wir hoffen sehr, daft sieh so Mlmghlieh aueh bei uns eine klare Abgrenzung der Aufgaben einerseits, sowie eine sinnvolle und gute Zusammenarbeit mit den H6rger~teakustikern andererseits anbahnt. 37. M. E. W~GAND-Wiirzburg, M. SPRENG (a. G.)-Erlangen und P. BUMM (a. G.)-Erlangen: Auswertungen des Facialis-Elektromyo- gramms mit dem automatischen Rechner Noch immer ist die Elektromyografie das wiehtigste Hilfsmittd zur Diagnostik und Verlaufsbeurteilung yon FaeiMisloaresen. Die Aus- wertung der Aktionsstrombilder erfolgt naoh den Buchthalsehen Rioht- linien im wesentliehen mit dem bloBen Auge. Der Erfahrene h6rt die elektrischen Vorggnge im Lautsprecher ab und erkennt manche krank- haften Potentiale am leiehtesten mit dem 0hr. Je naeh dem Lghmungs- zustand erscheinen wghrend der Bewegungsanstrengung oft noch hun- derte bis tausende yon Potentialen pro Minute. Es l~g nahe, die Aus- wertnng dieser Unzahl yon MeSdaten dem Computer anzuvertrauen. -- Abgesehen yon einfaohen Integrationen der Wechselspannung ist dies in der Literatur bisher nioht beschrieben. Wir haben uns in einem ersten Ansatz mit zwei Parametern beschgftigt, mit der AktionspotentiMdauer und mit der Potentialdichte. Entsloreohend wurde in Pflfigers Arehiv und in den Aeta otolaryngologica fiber Dauer- und Intervallhistogramme berichtet. Ober die Fortsetzung dieser Untersuchungen mSchte ioh bier in aller Kfirze spreehen. Betrachten wir das Aktionsstrombild bei krgftiger Innervation der gesunden Gesiehtsmuskulatur. Die diohte Folge yon Muskdaktionspoten- tialen lgSt bei gr6gerer Zeitaufl6sung die starke ~berlagerung (Inter- ferenz) der einzelnen PotentiMe erkennen. Legt man versehiedene hori- zontale Schnitte duroh dieses ,,Gebirge", elektrische Diskriminations- pegel, so kann man die Breite der Potentialspitzen l'~ngs dieser Diskrimi- nationspegd messen lassen. Diese Breite bezeichnen wir als relative PotentiMdauer. Den Absolutwert der Potentialdauer kann der Rechner nieht ermitteln, weil eine ruhige Nullinie fehlt. Ffir den Pegel 12 dB

Auswertungen des facialis-elektromyogramms mit dem automatischen rechner

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Page 1: Auswertungen des facialis-elektromyogramms mit dem automatischen rechner

614 M.E. WIOAND, M. SPl~l]lgO und P. BriM:

Ebenso haben wit in diesem Zusammenhang Herrn Kollegen O. CarR~z vom Kanton-Spital Chur (Sehweiz), ffir seine eingehenden erlguternden Bemerkungen zum gleiehen Problem herzlich zu danken; sie sind ffir uns sehr aufsehluBreieh gewesen.

Sieherlich wird es zweekmgl]ig sein, diese Erfahrungen zu nutzen fiir die Bestre- bungen, analoge Einriehtungen bei uns zu sehaffen; natiirlieh werden vereinzelte Abwandlungen entsprechend den bei uns vorliegenden Bedingungen sieh ergeben.

Der Vordruek ,,Ohrenfaehgrzfliehe Verordnung einer H6rhilfe" ist im An- laufen begriffen, hat sich bisher sehon bewghrt, soll aber inKleinigkeiten noch etwas gegndert werden, wie die ,,Stgndige Kommission der Arb. Gem. Dr. Audiologen fiir Spraehaudiometrie-H6rgergte- und H6rgergteakustiker-Fragen" bereits angeregt hat. Wir hoffen sehr, daft sieh so Mlmghlieh aueh bei uns eine klare Abgrenzung der Aufgaben einerseits, sowie eine sinnvolle und gute Zusammenarbeit mit den H6rger~teakustikern andererseits anbahnt.

37. M. E. W~GAND-Wiirzburg, M. SPRENG (a. G.)-Erlangen und P. BUMM (a. G.)-Erlangen: Auswertungen des Facialis-Elektromyo- gramms mit dem automatischen Rechner

Noch immer ist die Elektromyografie das wiehtigste Hilfsmittd zur Diagnostik und Verlaufsbeurteilung yon FaeiMisloaresen. Die Aus- wertung der Aktionsstrombilder erfolgt naoh den Buchthalsehen Rioht- linien im wesentliehen mit dem bloBen Auge. Der Erfahrene h6rt die elektrischen Vorggnge im Lautsprecher ab und erkennt manche krank- haften Potentiale am leiehtesten mit dem 0hr. Je naeh dem Lghmungs- zustand erscheinen wghrend der Bewegungsanstrengung oft noch hun- derte bis tausende yon Potentialen pro Minute. Es l~g nahe, die Aus- wertnng dieser Unzahl yon MeSdaten dem Computer anzuvertrauen. -- Abgesehen yon einfaohen Integrationen der Wechselspannung ist dies in der Literatur bisher nioht beschrieben. Wir haben uns in einem ersten Ansatz mit zwei Parametern beschgftigt, mit der AktionspotentiMdauer und mit der Potentialdichte. Entsloreohend wurde in Pflfigers Arehiv und in den Aeta otolaryngologica fiber Dauer- und Intervallhistogramme berichtet. Ober die Fortsetzung dieser Untersuchungen mSchte ioh bier in aller Kfirze spreehen.

Betrachten wir das Aktionsstrombild bei krgftiger Innervation der gesunden Gesiehtsmuskulatur. Die diohte Folge yon Muskdaktionspoten- tialen lgSt bei gr6gerer Zeitaufl6sung die starke ~berlagerung (Inter- ferenz) der einzelnen PotentiMe erkennen. Legt man versehiedene hori- zontale Schnitte duroh dieses ,,Gebirge", elektrische Diskriminations- pegel, so kann man die Breite der Potentialspitzen l'~ngs dieser Diskrimi- nationspegd messen lassen. Diese Breite bezeichnen wir als relative PotentiMdauer. Den Absolutwert der Potentialdauer kann der Rechner nieht ermitteln, weil eine ruhige Nullinie fehlt. Ffir den Pegel 12 dB

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Auswertung des Facialis-Elektromyogramms mit dem automatisehen Rechner 615

unterhalb eines definierten H6chstpegels (SP~n~G) hat uns der Computer eine Verteilung fiber relative Potentialdauern klassiert. Man erkennt ein Maximum bei etwa 1 msec. Wi~hlen wir den Itorizontalschnitt , den Diskriminationspegel, n/iher zum Nullbereich der Wechselspannung, so wird die Verteilung zu grSl3eren Potentialdauern verschoben, weft die Spitzen an ihrer Basis natfirlich breiter werden.

D - Hist.

1 2 msec A

% D -Hist. Muskeldynomik

~ [ e IntentiLeicht e ~ i n

1 2 msec B

Abb. 1. A Die Aktionspotentialdauer-ttistogramme aus den Elektromyogrammen der gesunder~ Gesichtshglfte yon sachs Patienten mit Bellseher Facialisparese. B Die Aktionspotentialdauer-Histogramme derselben gesunden Facialismuskulatur bei leichter und starker Willkiirbewegung. Keine Verschiebung des Maximums der

Verteilung

Auf die Klassierung der Intervalle zwischen den Aktionspotentialen, auf das sog. Interval l-Histogramm, m6ehte ich bier nicht n~her eingehen, sondern das Dauer-Histogramm des Gesunden besprechen. Die Abb. 1A zeigt die auf gleichen Diskriminationspegeln ermittelten Verteilungen der Aktionspotentialdauern aus der gesunden Muskulatur yon 6 Patienten mit Bellscher Facialisparese. Man erkennt, dab die hi~ufigsten Potential- dauern zwischen 0,5 und 1,5 msee betragen. Ffir die Potentialdauern spielt es fibrigens keine gro6e Rolle, ob der Pat ient das Gesicht leicht oder maximal innerviert. Die statistische Auswertung fiber tausende yon Potentialen gleicht die Interferenz-bedingten Fehler aus. So erkennen Sie in der Abb. 1 B zwar verschiedene H6hen der Gipfel, abet das Maxi- mum der Dauerverteilung bleibt ziemlich konstant bei 0,7 msec.

Wie sieht es nun bei Faeialisparesen aus ? BUCttTttAL hat te mit ein- facher Auswertung, Ausz/~hlung yon 200 Potentialen, Abmessen mit dem Lineal, Bildung eines Mittelwertes usw. festgestellt, dal~ bei 50 °/0 seiner Paresen die Aktionspotentialdauer verl/~ngert war. Diese Beobachtung kSnnell wir mit unserer elektronisch-statistischen Methodik best/~tigen und noch darfiber hinausgehen. Zuni~chst die einfachste Li~hmungsform, die Neurapraxie oder funktioneller Block: Bei allen 5 Patienten mit

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616 ivi. E. ~¢VIGAND, M. SPRENG und P. BUMI~:

%

%

Computer-Analyse des EMG ergab sich eine leichte Verbreiterung der Verteflung zu hSheren Werten, jedoeh lag kein Maximum fiber 2 msec (Abb.2A). Ganz anders bei den Facialisparesen mit Degeneration, also bei Axonotmesis (Abb.2B): Man erkennt eine erhebliche Verschiebung der H~ufungen naeh reehts, n£mlich bis zu Werten um 3 msec.

D-Hist. Neurapraxie

1 2 msec A

D-Hist. ~ . 2 7 . ~ . 6 7 Axonotmesis (Otogen)

7 ~67 ~ : = ~ o x. 66

i ½ 3 msec C

% . A D-Hist. .

i 2 ~ ms'ec B

A D-His!. s

1 2 3 msec D

Abb. 2. A Die Aktionspotentialdauer-Histogramme yon ffinf Patienten mit leichter Facialisparese ohne Degeneration (Neurapraxie). B Die Aktionspotentialdauer- Histogramme yon fiinf Patienten mit schwerer, degenerativer Facialisparese (Axonotmesis). C Die Verlaufskontrolle der Facialisregeneration im Aktionspoten- tialdauer-Histogramm. Schwere, degenerative Facialisparese (Axonotmesis) bei Cholesteatomeiterung mit Erholung nach der Tympanoplastik. D Aktionspotential- dauer-Histogramme eines Patienten mit Facialisspasmus. A Spontaner Spasmus im M. orbicularis oculi; B Spasmus und Willkiiraktivit~t im M. orbicularis oculi; C Spasmus und Willkfiraktivit£t im M. quadratus lab., D Willkfiraktivit~t der

gesunden Seite

Hier ergibt sich vielleicht eine neue MSglichkeit, die wichtige Unter- scheidung yon funktionellen und degenerativen Lahmungen mit ttilfe des automatischen Reehners zu treffen. Vor allem ware es auch interessant, das Schicksal der paretischen Muskulatur zu verfolgen oder die l%egene- ration im Computer-EMG zu objektivieren. Dazu ein Beispiel (Abb. 2C):

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Auswertung des Facialis-Elektromyogramms mit dem automatischen gechner 617

Ein Patient mit otogener Faeialisparese wurde operiert, man fand die Arrosion des Facialiskanals dutch ein Cholesteatom. Die Erholung des Nerven zog sieh fiber Monate bin, die Bewegliehkeit normalisierte sieh, obwohl Mitbewegungen das kosmetisehe Resultat beeintrgehtigten. Interessant ist nun, wie im Laufe yon Monaten eine Versehiebung des Dauer-Histogramms siehtbar wird. Zun~ehst hat ten wit zwei Gipfel, d. h. ein Teil der motorisehen Einheiten funktionierte noeh normal, ein Teil zeigte den tr/~gen Erregungsablauf. Vier Monate spgter ist ein gr6gerer Tefl von Fasern wieder in raseher Funktion. Bei der letzten Kontrolle hat sieh anseheinend das langsame Kollektiv wieder erholt und hat sieh dem ersten, nonnalen Gipfel aufgesetzt, woraus dessen l~berh6hung resultiert. J~hnliehe Tendenzen haben wir im Dauer-Histogramm yon Patienten naeh Faeialisdekompression wegen Bellseher Lghmung gesehen.

Eine derartige Versehiebung, wie sie ffir sehwere Paresen typiseh ist, haben wit fibrigens bei Patienten mit Faeialisspasmus bisher nieht gesehen. Das Vorkommen yon Faeialisspasmus naeh Bellseher Parese ist immer wieder besehrieben worden, ieh konnte das bisher im Elektromyo- gramm nieht beobaehten. Alle die Patienten mit sog. ,,sekund/~rem Faeia- lisspasmus" hatten zwar die zuekenden Mitbewegungen, die dem Spasmus so ghnlieh sehen, abet bei keinem waren im EMG die ffir den eehten Spasmus fiberaus eharakteristisehen gruppierten Entladungen hoher Frequenz zu erkennen. Ebenso konnte ieh unter unseren eigenen fiber hundert Bellsehen L/~hmungen die Entwieklung eines eehten tIemispas- mus faeialis niemals beobaehten. Der Computer best~ttigte nun (Abb. 2D), dab die fiir degenerative Paresen typisehe Reehtsversehiebung im Dauer- IIistogramm fehlt.

Zur Teehnik: Sgmtliehe hier besproehenen Elektromyogramme wur- den mit vierfaeh simultaner Ableitung in Wfirzburg auf Band gespeiehert und im Erlanger I. Physiologisehen Insti tut mit einem Vielkanalanaly- sator, mit der CAT, ausgewertet.

Literatur

BtrCI~TJ~Ar., F.: Einfiihrung in die Elektromyographie. Miinchen-Berlin: Urban & Schwarzenberg 1958.

SP~No, M., P. BuMM u. 3/I. E. WmA~D" Ein elektronisches Verfahren zur sta- tistischen Auswertung yon Elektromyogrammen mit Hilfe yon Dauer- und Intervallhistogrammen. Pfliigcrs Arch. ges. Physiol. 298, 271--282 (1968).

WmA~D, M. E., M. SPRE~O u. P. BuM~: Computer-Analyse yon Facialis-Elektro- myogrammen: I. I)auer der Aktionspotentiale und Intervallverteilung. Acta oto-laryng. (Stockh.) (ira Druck).