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(Aus dem Institut fiir Krebsforschung an der Charit6 Berlin. -- Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. •. BZumenthaL) ])as Roussarkom beam Hahn 1. II[. Von Privatdozent Dr. Ernst Friinkel. Mit 5 Textabbildungen. Die Roussarkome sind fiir die Pathologie der Geschwiilste dadurch besonders wichtig geworden, dad es bei ihnen zum ersten Male gegliickt ist, mit zellfreiem Material eine l~bertragung oder besser eine Entstehung yon Tumoren zu verursachen. Von grogem Interesse ist weiterhin flit die menschliehe Oeschwulstlehre, dag diese Tumoren bei einem Tier beob- achtet werden, das in der menschliehen Ern~hrung eine grofle Rolle spielS. So ist es nicht erstaunlich, dab in manchen Gegenden Deutschlands der Volksglaube verbreitet ist, b6sartige Gesehwfilste k6nnten durch den Genug yon Hiihnereiern verursaeht werden. Aueh yon KeUincj ist kiirz- lich wieder erneut hervorgehoben worden, dal~ die hi~ufigen Gesehwiilste des Magendarm~raktus mig der Ern~hrung und speziel! mit dem Genug yon Eiern im Zusammenhang stehen k6nnten. Es stiitz~ sieh dabei be- senders auf die statistischen Arbelten yon He//mann fiber die verschie- dene Verteilung des Krebses in der Bev61kerung yon Nordamerika, we die b6sartigen Oeschwiilste in der zivilisierten Bev61kerung, besonders in den St~dten viel h~ufiger sind, als bei der einfacher ern~hrten Be- v61kerung in anderen Gegenden. In Indien wird Krebs bei den vegeta- riseh ernahrten Hindus, die auch keine Eier essen, ~uf~erst selten be- obaehtet. Ich habe eine experimentelle Prfifung der Frage vorgenommen, ob belm Huhn mit dem Ei eine ~bertragung des Tumor erzeugenden Agens m6glieh ist. Es ist mir cinmal gelungen, mit dem Dotter aus dem Eierstock eines Tumorhuhnes ein Roussarkom bei einem normalen Huhn dutch Injektion in den Brustmuskel zu erzeugen (Abb. 1). Niemals abet glfickte dies dureh Verimpfung yon Eigelb soleher Eier, die bereits eine Kalkschale hatten. Es mug beriicksiehtigt werden, da~ Bi~rger bei der Verfiitterung yon Tumorma~erial sogar eine erhShte Resistenz beob- 1 Referat auf der Tagung des deutschen Zentralkomitees zur Efforschung und Bekampfung der Krebskrankheit, den 14. IV. 1928, Wiesbaden, s. auch I. u. II. Ernst Eri~nkel. Zeitschr. f. Krebsforsch. Bd. 24, H. 3, u. Bd. 25, H. 5.

Das Roussarkom beim Huhn. III

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(Aus dem Institut fiir Krebsforschung an der Charit6 Berlin. - - Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. •. BZumenthaL)

])as Roussarkom beam Hahn 1. II[. Von

Privatdozent Dr. Ernst Friinkel.

Mit 5 Textabbildungen.

Die Roussarkome sind fiir die Pathologie der Geschwiilste dadurch besonders wichtig geworden, dad es bei ihnen zum ersten Male gegliickt ist, mi t zellfreiem Material eine l~bertragung oder besser eine Entstehung yon Tumoren zu verursachen. Von grogem Interesse ist weiterhin flit die menschliehe Oeschwulstlehre, dag diese Tumoren bei einem Tier beob- achtet werden, das in der menschliehen Ern~hrung eine grofle Rolle spielS. So ist es nicht erstaunlich, dab in manchen Gegenden Deutschlands der Volksglaube verbreitet ist, b6sartige Gesehwfilste k6nnten durch den Genug yon Hiihnereiern verursaeht werden. Aueh yon KeUincj ist kiirz- lich wieder erneut hervorgehoben worden, dal~ die hi~ufigen Gesehwiilste des Magendarm~raktus mig der Ern~hrung und speziel! mi t dem Genug yon Eiern im Zusammenhang stehen k6nnten. Es stiitz~ sieh dabei be- senders auf die statistischen Arbelten yon He//mann fiber die verschie- dene Verteilung des Krebses in der Bev61kerung yon Nordamerika, we die b6sartigen Oeschwiilste in der zivilisierten Bev61kerung, besonders in den St~dten viel h~ufiger sind, als bei der einfacher ern~hrten Be- v61kerung in anderen Gegenden. In Indien wird Krebs bei den vegeta- riseh ernahrten Hindus, die auch keine Eier essen, ~uf~erst selten be- obaehtet .

Ich habe eine experimentelle Prfifung der Frage vorgenommen, ob belm Huhn mit dem Ei eine ~ber t ragung des Tumor erzeugenden Agens m6glieh ist. Es ist mir cinmal gelungen, mit dem Dotter aus dem Eierstock eines Tumorhuhnes ein Roussarkom bei einem normalen Huhn dutch Injekt ion in den Brustmuskel zu erzeugen (Abb. 1). Niemals abet glfickte dies dureh Verimpfung yon Eigelb soleher Eier, die bereits eine Kalkschale hat ten. Es mug beriicksiehtigt werden, da~ Bi~rger bei der Verfiitterung yon Tumorma~erial sogar eine erhShte Resistenz beob-

1 Referat auf der Tagung des deutschen Zentralkomitees zur Efforschung und Bekampfung der Krebskrankheit, den 14. IV. 1928, Wiesbaden, s. auch I. u. II. Ernst Eri~nkel. Zeitschr. f. Krebsforsch. Bd. 24, H. 3, u. Bd. 25, H. 5.

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achtete. Es ist nach allem bisher auBerst unwahrscheinlich, dais eine ~ber t ragung auf dem enteralen Wege bei der Entstehung der menseh- lichen Tumoren eine Rolle spielt. Vielmehr ist anzunehmen, daf~ das nieht allzuselten beobachtete Vorkommen yon Spontantumoren beim Huhn die Veranlassung der Volksmeinung gewesen ist. Die zahlreichen be- obaehteten Spontantumoren sind yon Teutschlginder in seiner Onkologie in der Zeitschrift fiir Krebsforschung 1920 in Tabcllen zusammengestellt . So beriehten Rous, Murphy und Tytler, da$ sic in 7 Monaten yon einer Farm allein 27 Hfihnertmnoren geliefert erhielten. Fujinami und Ina- moto besehrieben 32F~lle epithelialer carcinoma- tSser Geschwiilste beim Huhn, Michaelis und Ehrenrelch ebenso Hiih- nersarkome und Carei- nome in Deutschland.

Eine zellfreie (~ber- tragung der Hiihner- sarkome mittels Berke- field-Filtraten, Trocken- pulver oder Glycerina- ten besehrieb zuerst Peyton Rous bei einem Spindelzellensarkom im Jahre 1911, dann Penti. malli im Jahre 1916 und Teutschldnder im Jahre 1919.

Auch bei einem yon Abb. 1. Huhn B 118. Mlkrosk. (45fach.): Tumor im Brustmuskel. lmpfung mit Eidot,ter (yon B 67).

Fu~inami und Inamoto besehriebenen myxomat(isen Tumor und bei cinem angiomatSsen von Peyton Rous, sowie bei einem Osteochondrosarkom yon Murphy und Tytler gelang die zellfreie Ubertragung.

In allen diesen Versuchen wurde sowohl mit Berkefield-Filtraten, als aueh mit Trockenpulver und mit glyceriniertem Material Angehen yon Tumoren erzielt. ])a indessen diese Befunde die 13athologisch-anato. mischen Vorstellungen yon der Obertragung bSsartiger Geschwiilste ledig- lich durch die Geschwulstzelle und yore Haften der Maligniti~t an den Zellen zu erschiittern drohten, so bemiihte sich eine Reihe yon Autoren, den Nachwcis zu fiihren, daI~ in all diesen Materialien noch lebensf~hige Zellen enthalten seien. Dies zeigte Nakahara mit Hilfe yon Zellkulturen aus Filtraten, Glycerinaten und getrocknctem Material, und Jung, ein Schiller yon Teutschld~nder, bei sorgfi~ltiger histologischer Untersuchung

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der Zentrifugate von Filtraten. Es gliickte den Autoren in der Tat, in den vorher fiir zellfrei gehaltenen Materialien noeh einzelne z.T. lebensfghige Zellen nachzuweisen. Doch handelte es sich immer um relativ wenige Zellen, die teilweise aul~erdem noch stark geschiidigt ersehienen. Da Teutschlginder eine gewisse Parallelit~t zwischen Impferfolg und Zell- befund feststellte, hat er bis vor kurzem immer noch zur grSLIten Vor- sicht hinsichtlich der Annahme zellfreier 13bertragungen geraten. Doch hat seine , ,Ens-malignitatis"-Theorie diese Annahme niemals aus- geschlossen. Auch Ascho//, der frtiher Zweifel an der zellfreien l]ber- t ragung i~uBerte, ist nach dem jetzigen Stande der Frage yon der MSg- lichkeit einer so]ehen iiberzeugt, wie er auf der Pathologentagung in Danzig betonte.

Ich habe in einer grSi3eren Anzahl yon Untersuchungen versucht, zu einer Klarheit in diesem Punkte zu gelangen. Dabei ging ieh zuniichst yon Versuchen aus, die bereits yon seiten friiherer Autoren vorlagen, und die gezeigt hat ten, dal3 das tumorerzeugende Agens der Rous-Htihner sich aueh dureh das Blut und durch die Organe solcher Tiere iibertragen lielL In ~]bereinstimmung mit Rous, Bi~rger, Busch und Pentimalli be- kam ich Tumoren mit dem Blute der kranken Htihner, und zwar vom 18. Tage naeh der Impfung an. Dabei zeigte es sich, dal~ nicht nur die gewaschenen BlutkSrperchen, sondern aueh das Serum nach starkem Zentrifugiereu imstande war, Tumoren zu erzeugen, was mit dem Befund von Llambias und Brachetto-Brian iibereinstimmt. Bi~rger hat te auch bei der Verimpfung yon Nieren der Tumorhiihner ein positives Resultat erzielt, t rotzdem er in diesen hie Metastasen geftmden hatte. Ich selbst er- hielt ebenso positive Ergebnisse bei der Verimp/ung yon Milz (Abb. 2 u. 2a), und zwar auch dann, wenn die genaue histologiseh durchge/i~hrte Unter- 8uchung der Organe und der Milz selbst weder makroskopisch noch mikro. skopisch Metastasen 9ezeigt hatte. Das gleiehe war fibrigens auch wieder- holt bei der Verimpfung yon Herzblut der Fall. Ebenso erhielt ich einmal bei der Verimpfung yon Eigelb aus den] Dotter eines Tumorhuhnes, das noch im Ovarium enthalten war, ein positives Impfresul ta t . Doch muB ich JLewin widersprechen, wenn er diesen Befund als str ikten Beweis ftir die zellfreie l )bertragung zitiert, da im Eierstock dicses Tieres, wie auch sonst haufig Tumormetas tasen gefunden wurden, und demnaeh auch Tumorzellen in den Dotter hi~tten hineingewuchert sein k6nnen. Ich zitiere hier auch noch Rous selbst, der mit s tark zentrifugiertem Plas- ma der Tumorhfihner Tumoren erzeugte.

Alle diese Befunde machen es ~uSerst unwahrscheinlich, dag wirklich Zellen des Tumors die (~bertragung verursachen. Ich konnte diese Un- wahrscheinlichkeit durch eine Gegenprobe zeigen, die ich mit gezghltem Zellmaterial aus Rous-Tumoren anstellte. Zu diesem Zweck wurde das Material rein zerkleinert, in ]%ingerlSsung aufgeschwemmt, und dann eine

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Verdiinnung dieser Aufschwemmung direkt mit der Thoma-Zeisschen Zi~hlkammer und indirekt nach Ausstreichen mit Hiihnerblut gez~thlt. Uberraschenderweise zeigte es sieh dann ganz regelm~ftig, daft eine relativ sehr grofle Zahl yon Zellen notwendig war, um das Angehen des Materials zu gew~ihrleisten. So konnte ich bei einem Versuch mit 100 Millionen Zellen nach 20 Tagen einen deutlichen Tumor erzeugen, mit Hundert-

tausenden yon Zellen erst etwa 8 Tage sp~ter und mit Zehn- tausenden yon Zellen gar nicht mehr. Bei mehrfacher Wieder- holung dieses Versuches ergab sieh dasselbe Resultat , so dai~ man annehmen mul~, dal~ ein ge- sundes Huhn ohne weiteres mit einer grSfteren Anzahl von Tu- morzellen fertig wird, ohne dal}

Abb. 2 a u .b . a) Huhn A 118. Tumor im Brustmuskcl nach Verimpfung von Milz eines Tumorhuhns mit Durchbruch durch das Brustbein. b) Huhn A 118. Impfung mit Milz. Lunge mit Metastasen.

ein Tumor angeht. Um die Bcdingungen des Angehens in diesem Ver. such zu verbessern, war das Material stets mit einer Spur yon Kieselgur eingespritzt worden. Ich habe in weiteren Versuchen zeigen kSanen, dab nieht etwa eine Resistenz dieser Hfihner gegen den Tumor vorlag, indem ich auf der anderen SeRe desselben Huhnes s tark zentrifugierte Filtrate, ja sogar erhitzte Fil trate ohne Kieselgur ohne weiteres zum Angehen brachte. Dabei war es gleichgiiltig fiir die GrSl]e und Ent-

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wicklungszeit des Tumors, ob diesen Filtruten die gleiche Zellzuhl wie auf der anderen Seite beigemengt war oder nicht. Aus diesen Untersuchungen schliel~e ich in voller Ubereinstimmung mit Rous und Murphy, Albert Fischer, Haagen, Pentimalli usw., dal3 eine zellfreie [Jbertragung der Rous-Tumoren als sichergestellt angenommen wer- den kunn.

ttaagen hut nun kiirzlich die Vermutung gehui3ert, d~lt diese zellfreie l)bertr~gung nur d~ gelingt, wo dureh einen 2. Fak tor das retieuloendo-

Abb. 3 t iuhn A 34. Gye-Versuch: Impfung beiderseits im Brustmuske]. R. ,,Virus" und ,,spezifischer Faktor", I. ,,spezifischer Faktor" allein (kL Tumor). Tumor yon beiden Seiten gesehen.

theliale Gewebe bloekiert ist (Kieselgur). Aus diesen eben angefiihrten Exper imenten geht in(lessen hervor, dab dies durchaus nicht er- forderlieh ist.

Es schien nach diesen Untersuehungen, Ms ob die Auffassung, die Rous-Tumoren seien durch ein filtrierbares Virus zu erzeugen, etwa wie es Gye meint, die wahrscheinlichste Erklgrung sei. Begreiflicherweise hat te ich reich deshalb zungchst an die yon Lye ~ngegebene Technik gehalten, um mit seinem ziichtbaren Virus und mit dem yon ihm sog. spezifischen Fak tor Rous-Sarkome zu iibertragen. Sehr bald zeigte es sich indessen, wie es auch Flu aus Leyden berichtet, dal3 die Chloroform- abt6tung des Virus einen h6chst unsicheren Vorgang darstellt, und daJ~ immer da, wo alas Virus mit chloroformabget6tetem M~teriul einen grof~en Tumor machte, such der ,,spezifisehe Fak to r" allein einen kleinen Tumor erzeugt (Abb. 3). Aueh die amerikunischen Autoren Harkins, Schamberg, Kolmer und Kast kamen zu demselben Ergebnis. Flu fund, duf3 die anae-

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robe Kul tur normaler Organe (Embryo-Zusatz yon Gye) denselben fSr- dernden Einflul~ hatte, wie die Kul tur des sog. Virus und glaubt, dart cs sich dabci um eine Art von Aggressinwirkung handelt. Ich erwghnte bereits vorher, dab auch erhitzte Fil trate noch angehen, und zwar zeigte es sich bei meinen eigenen Versuchen in (~bereinstimmung mit Teutsch. lander, Rous und anderen Autoren, dal3 durch Erhitzen alff 60 ~ in einer Viertelstunde eine sichere Unwirksamkeit des Materials zu erzielen war, dab dagegen Erhitzen auf 50--55 ~ eine viertel bis eine halbe Stunde im Wasserbad yon dem tumorerzeugenden Agens ohne Schaden ertragen

Abb. 4. Huhn B 214. Mikrosk. (95facb): Tumor im Brustmuske]. Impfung mit erhitztem Filtrat.

wurde (Abb. 4). Mitunter war allerdings danach auch eine leichte Ab- schw~chung zu beobachten. Es ist nun von Baker und Mac Intosh darauf hingewiesen worden, dal~, wie auch Harde mittcilt , neben der Abhangig- keit yon der Temperatur eine starke Abh~ingigkeit yon dem PH der Fil trate besteht, und dab saure Fil trate schleehter angehen als schwach alkalisehe. Diese Autoren weisen ferner auf die Wichtigkeit des Zeitfaktors hin, der auch v o n d e r Quantit~t des Agens abh~ngt. Ferner ste]lten sie Versuche mit Trypsin an. Dabei fanden sic, dab die Gegenwart von Trypsin in saurer L6sung ein Stimulans fiir das Waehstum darstellte. Alle ihre Befunde erwecken in ihnen die Vorstellung, dab fermentat ive Vorg~nge bei der Entstehung der Rous-Tumoren eine wichtige Rolle spielen. Aueh Kanematsu Sugiura und Benedikt studierten den Einflul~ des PH und

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fanden zwischen einem PH yon 3,8 bis 10,0 keine Beeinflussung des Tumorwachstums, dagegen oberhalb und unterhalb dieser Grenze eine Hemmung. Sie stellten fest, da$ Trocknen und Pulverisieren die tumorerzeugende Substanz schi~digte, dagegen nieht Dialyse gegen flieBendes Wasser und F~llung mit gesiittigter KochsalzlSsung. Eine halbgesi~ttigte Ammoniumsulfatlasung schw~chte bis zu einem gewissen Grade ab.

Ich habe in dieser Richtung gleiehfalls Versuche vorgenommen und dabei festgestellt, da$ beim Verdtinnen mit destilliertcm Wasser und

Einleiten yon Kohlens/~ure zttr Fiillung des Euglobulins die tumorerzeugende Wirkung der Fil trate ungeschwiieht er- halten blieb. Wurde der Euglobulin- niederschlag, der beim Abkiihlen ent- steht, mehrfaeh mit Aqua dest. ge- waschen und dana einem Huhn injiziert, so lieB sieh gleiehfalls ohne weiteres ein Tumor erzeugen. Die Analyse der Globulinfraktion durch Sugiura und Benedikt hat te gezeigt, daft der Stick- stoffgehalt der GlobulinfMlung dem des urspriinglichen Fi l t rats anni~hernd gleich war. In der Ta t habe ich selbst mit der , ,Albuminfraktion" dieser Fil- t ra te allein bisher keine Tumoren er-

Abb. 5a. Huhn B 105. Metastasen in zeugen kSnnen. l,unge und Leber. 11105, geimpft mitkeinl- F a ~ t m a n die Ergebnisse der Wnter-

haltiger Bouillon yon Tumormatcrial .

suchungen in der Richtung einer che- misehen Analyse des tumorerzeugenden Agens zusammen, so ergibt sich in der Tat, dab sein Verhalten dem von fermentart ig wirkenden KSrpern ~Luf3erst h tlnlich ist. Die Wirkung ist all die Globulinfraktion der Filtrate gebunden.

Es ist nun interessant, dab Pentimalll zeigen konnte, dal3 embryonale Zellen aus den Fil traten das Agens adsorbieren kOnnen, sodafl das Fil trat unwirksam und die Zellen wirksam wurden. Bei Makrophagen und an- deren IKSrperzellen war das Resultat unsieher.

In diesem Zusammenhang gewinnen einige Versuehe meiner eigenen Beobaehtung an Interesse. Es wurde der AbguB einer s tark zentrifu. gierten Tumoraufsehwemmung 24 Stunden in Bouillon bei 37 ~ gez/ichtet. Diese Bouillon wurde stark verdiinnt (1 : 50) und 1 ccm davon in den Brustmuskel tines normalen Huhns geimpft. Sie enthielt nur einige gram- positive Stgbchen, aber keinerlei Zellm~terial. Es entwiekelte sieh an der Impfstelle ein Tumor vom Typ des Roussarkoms (Abb. 5, 5 a u. 5 b) und

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Abb. 5b. l~Iuhn B 105. Mikl'osk. (95fach): Lungellmetastasen. Imt)fung mit keimhaltiger Bouillon yon Tumormaterial.

Abb. 5c. Huhn 105. Mikrosk. (95fach): Tumor im ISrustmuskel. Tml)fung mit keimhaltiger Bouillon yon Tumormaterial.

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alff der anderen Seite eine Hautmetastase, die operativ entfernt und auf andere tt i ihner mit laositivem Erfolg fibertragen wurde. Erw~ihnt sei, dab ein zweites mit Zentrifugat aus der Bouillon geimpftes Huhn nach der Impfung einen Kammtumor bekam, der sich bei der histologischen Unter- suchung durch Professor Busch als gutartiges Myxofibrom erwies, so dal~ dieser einen Zusammenhang mit dem geimpften Material ablehnte und einen Spontantumor annahm.

Eine Kul tur mit dem Blur eines Tumorhuhncs auf Agar hat te zum Wachstum yon kurzen St~bchen und Diplokokken geftihrt. Aus der zweiten Generation dieser Kultur wurde eine Impfung auf ein Huhn vorgenommen, das nach etwa einem Monat starb und an der Impfstelle einen fiir I~ous-Sarkom gehaltenen Tumor zeigte. Die genaue histologische Untersuchung erwies diesen Tumor indessen sparer als eine Granulations. gesehwulst mit Riesenzellen, wahrscheinlich also als tuberkulSs.

Blur eines Tumortieres in Bouillon und ebenso in Eigelb 7 Tage lang bei 37 ~ aufbewahrt, erwies sich nach diesem Zeitpmlkt als steril. Das scharf zentrifugierte Material im Abgul3 erzeugte nach 2 mal 20 Mi- nuten Zentrifugieren bei 3000 Umdrehungen einen Tumor an der Impf- stelle. Aul]erdem entstanden fern yon der I,npfstelle im 0bersehenkel- muskel: und in der 5I~ere :Tumoren, die: histologisch yon dem an der Impfste]le in der Brust gefundenen Tun/or abwichen (Busch). Diese Befunde zeigen, dab das Vorhandensein yon Keimen keine Bedingung, aber auch kein Hindernis ffir das Angehen eines Rous-Sarkoms ist. Sie ]egen den Gedanken nahe, dab ~hnlieh wie die Zellen aueh s01che Keime einmal sich mit dem Agens beladen kSnnen und so scheinbar zu tumor- erzeugenden Bakterien werden. Eine systematisehe Priifung dieser Befunde erscheint deswegen yon Wiehtigkeit und von allgemcin biolo- gischem Interesse ffir die l~rage einer Umwandhmg von Saprophyten in pathogene Keime. Ieh verweise hier im besonderen auf die Arbeiten yon Blumenthal und seinen Mitarbeitern, die aus Krebsgeschwfilsten tumorerzeugende Keime einer bestimmten Gruppe (Bacillus tumefaciens) herausgeziichtet haben. Aueh Fujina~ni und Ina~noto haben bereits einmal mit staphylokokkenhaltigem Material einen positiven Impferfolg erzielt.

Das Verhalten des tumorerzeugenden Agens den Zellen und Keimen gegeniiber l~l~t aueh an Stoffe denken, die, wie D6rr und aueh Blumen- thal mehrfaeh hervorgehoben haben, an das d'Herellesehe Lysin er- innern.

Mit den Erfahrungen, die bei der Verimpfung des Agens auf Hfihner erzielt werden, miissen aber die Ergebnisse der Untersuehungen an Zellkulturen in vitro in Einldang gebracht werden. Naturgem~g kOnnen sie nicht ohne weiteres mit dem Verhalten beim Tier verglichen werden, well das System, in dem sich diese Lebensvorgange abspielen, ein anderes ist. Es ist selbstverst~indlich, dab das' Waehstum die destruierenden

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F~higkeiten yon Zellen in der Kultur etwa mit einem isolierten Muskel- stiickchen bei fortschreitender Sauerstoffze_hrung und Anh~ufung der ents~ehenden Zellstoffwechselprodukte etwas ganz anderes darstellt als das Verhalten der gleichen Zellen im System eines lebenden Tieres. Hinsichtlieh dieser Frage verweise ich auf die sch(inen Untersuchungen yon _Ft. Kraus: der immer wieder beton$, dab im Organismus die gegen- seitige Beeinflussung verschiedenartig gekoppelter Systeme (Koagi- tation) fiir die Richtung und den Gang der Lebensvorg~nge yon wesent- lichster Bedeutung ist.

Wir verdanken den Arbeiten yon Carrel und denen yon Albert Fischer in erster Linie die Fortschritte auf dem Gebiete tier Zellkultur. Beide Autoren stellten unabhi~ngig voneinander lest, dab nicht die aus den Sarkomen herauswachsenden Fibroblasten, sondern runde Makrophagen die Triiger des Tumoragens darstellen. Fischer hat solche Zellen isoliert, zusammen mit einem Stiickehen Muskel kultiviert und darm ihre leb- hafte Vermehrung und ihr'Einwuehern in die Muskulatur unter Destruk- tion derselben und sparer Verimpfbarkeit auf I-Iiihner festgestellt, bei denen Tumoren angingen. Der Widersprueh, der hier zu den Ergeb. nissen der direkten Verimpfung beim Huhn zu liegen scheint, da hier aus einer Zelle herauskommend das maligne Prinzip bei Hiihnern anging, kliirt sieh dadurch auf, dab eben diese Zelle unter ganz anderen Bedin- gungen in der Kultur w~ehst, so dab zur Anreicherung der Substanzen, die das maligne Prinzip tragen, Zeit und Gelegenheit gegeben ist. In einer Reihe yon sehr interessanten Arbeiten hat sowohl die Carrelsche wie die Fischersche Schule nachgewiesen, dab auch normale Makro- phagen yon gesunden Hfihnern dureh Vorbehandlung mit chemisehen Agenzien in der Kultur zu malignen ZeUen umgewandelt werden kSnnen. Die Agenzien, mit denen dieses erzielt wurde, waren arsenige S~ure, Indol und nach Carrel Filtrate aus Rous- usw. Tumoren. Es muB unser Bestreben sein, diese versehiedenartigen Befunde aus einem Gesichts- punkt zu erkll~ren, und es bleibt kaum eine andere Erklhrung iibrig, als wiederum auf fermentartige Vorghnge und ~:~derungen des Ferment- stoffweehsels hinzuweisen, die bei Sch~digung der Zellen in vitro ein- treten nnd die dann, wie wires auch beim Bakteriophagen mit Kultur- filtraten bei Vorbehandlung mit Trypsin und anderen Eingriffen kennen, automatisch in derselben Richtung weitergehen. (Choldin, Teerpinselung.) DaB ein derartiger Vorgang der Zellumwandlung morphologisch sehr welt gehen kazm, sehen wir an dem yon Tytler besehriebenen Osteo- chondrosarkom, bei dem die Filtrate imstande sind, im heterologen Gewebe, z. B. in der Muskulatur Knochen und Knorpel neu zu bflden. TWir wissen aus den Untersuehungen yon Kraus und yon einer Reihe yon Autoren, dab bei der Regeneration beim pflanzlichen und tierischen Organismus ebenso wie bei Tumoren wohl jedes Gewebe unter dem

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EinfluB yon physikalischen und chemischen Eingriffen nach dem Gesetz best immter Polarit/~ten sich entwicke]n kann. E s i s t ~uBerst wahrscheinlich, dab auch die normale embryonale Entwicklung durch die Erforschung solcher Bedingtheiten wesentliche Aufklarungen erfahren kann.

Wenn wir uns nunmehr yon den ~tiologischen Fragen fiir die Ent- stehung der Rous-Sarkome abwenden, so scheint es yon Wichtigkeit, pie Ver~nderungen zu beobachten, die im tumorkranken Tier und in der tumorkranken Zelle beobachtet werden. Einen Einblick in den ver- ~nderten fermentat iven Stoffwechsel bei den Rous-Tumoren haben die Warburgschen Methoden gew~hrt. Es ha t sich gezeigt, dab auch der l~ous-Tumor, wie alle anderen malignen Tumoren, den typischen aerob glykolytischen Stoffwechsel hat bei verminderter Sauerstoffatmung. Von Edlbacher und Merz is~ gefunden worden, daf] auch die Arginase- spaltung der Rous-Tumoren dem Verhalten der anderen Tumoren ent- spricht.

Beim erkrankten Huhn stellt sich nach einer gewissen Zeit meist eine Kachexie ein, so dab die Tiere hgufig, wenn sie sterben, aufs guBerste abgemager~ sind. I m Anfang jedoch scheint es sich um eine lokale Er- krankung bei den Tumoren zu handeln. Dabei kann man beobachten, daB, wenn man Stfickchen subcutan geimpft hat, diese unter der Hau t zu wachsen anfangen und in die Umgebung einwachsen. Es lieB sich aber an anderen Fallen wieder zeigen, dab insbesondere ldeine Partikel- Chert der Tumoren der Nekrose anheimfallen und die ZeUen einschmelzen. Die Kerne werden pyknotisch und rticken an den Rand, in der Umgebung dieser nekrotischen Part ien entwickelt sich, ohne jede entztindliche Reizerscheinung, der Tumor aus den Zellen des Wirts. In den ersten Tagen der Erkrankung ist es uns niemals gelungen, mit Blut oder Milz der Impft iere einen Tumor bei normalen Tieren zu erzeugen. Dies lieg~ nicht daran, dab bei einem noch relativ gesunden Tiere alas Blur das Agens vernichten miiBte. Vielmehr konnten wir nachweisen, da~ bei Einspritzung von Tumoraufschwemmung in die Fliigelvene eines ge- sunden Tieres nach wenigen Minuten das Herzblu~ dieses Tieres Tu- moren erzeugte. Es war also das tumorerzeugende Agens bzw. die Tu- morzelle nicht einmal vora Blur eines ganz gesunden Tieres zerstSrt worden, was ja mSglich gewesen w~re, nachdem Freund und Kaminer gezeigt haben, dab normales Blu~ die Tumorzellen zerstSrt, Tumorblut dagegen sie in takt lgfit. Wir schlossen vielmehr aus diesen Versuchen, dab im Beginn der Erkrankung das Agens in ausreichender Menge nur an Orb und Stelle vorhanden ist. Spgter k o m m t es zu infil trativem Wachs- bum dutch Muskel und Knochen, zu Durchwachsungen in die KSrper- hShlen und grSBeren und kleineren Metastasierungen. Bei diescn erhob sich wiederum die Frage, ob die ~Metastase durch eine Verschleppung

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yon Zellen verursacht ist oder dadurch, dal~ das Agens im Blute kreist und an irgendeiner anderen Stelle die normalen KOrperzellen zu malignen macht. Von Pentimalli ist die Ansicht geiiuBert worden, dab die roten Metastasen an Orten einer Verletzung usw. dureh das Virus, die weil~en Metastasen durch Zellverschleppung verursacht werden. Albert .Fischer hat durch Untersuchung seines mit Tuberkelbacillen infizierten Stammes nachgewiesen, daI~ Metastasen auch ohne Zellverschleppung entstehen kSnnen. Der tti~ufigkeit nach geordnet finden sic sieh vor allem in der Lunge, wo sic intra vi tam zu Blutspucken Ifihren, in der Leber, irn Peri- toneum, im Herzen, Eierstock, Milz und Muskel. Wir beobachteten die Metastasierung bei jeder Art yon Impfung, ganz gleich, ob zellreiches oder ,,zellfreies" Material eingespritzt wurde. Sic war nicht immer ab- h~ngig yon der Lebensdauer des Tieres, sondern schien auch mit der Menge und ,,Virulenz" des eingebraehten Materials im Zusammenhang zu stehen. Bei Impfung yon zellhaltigem Material beobachteten wir, dab das gleiche Material in grol3en Dosen raseh wachsende grol]e Tu- moren mit Metastasen verursachte, whhrend nach kleiner Dosis erst naeh langer Zeit ein kleiner Tumor ohne Metastasen auftrat. NaturgemfiB wird man bei solchen Unt~rsuehungen die Rasse und das individuelle Moment der Impftiere sehr beriieksichtigen mfissen. Von Allgemein- vers die bei Tumorhiihnern gefunden werden, erw~hne ieh hier noch die yon Naldeclcen beobachtete Vermehrung der Lympho- eyten.

Eine ganze Reihe yon weiteren Faktoren, die uns mehr oder weniger unbekannt sind, scheinen ffir das Angehen, ffir die Gr6i~e und den Bau der Tumoren in ihrer Entwicklung ma~gebend zu sein. Im aUgemeinen bekamen wir mit ,,zellfreien Materialien" nach Erhitzen, Zentrifugieren, Filtrieren, mit Blut. oder Milzimpfung kleinere, kompaktere und zell- reiehe Tumoren, die etwas langsamer angingen Ms die mit grol~en Mengen yon Tumoraufschwemmung erzeugten. Mitunter jedoeh war es gerade umgekehrt. Neben der Rasse und der Individualitat des Tieres k6nnte dabei die Beimengung yon saprophytaren Keimen zum ImpfmateriM eine Rolle spielen, die besonders dann nieht zu vermeiden ist, wenn das Material einem spontan gestorbenen Tier entnommen wird.

Ans den Untersuchungen yon Choldin wissen wir, da($ auch chro. nisehe Reize, wie die Teerpinselung, beim Huhn zur Entstehung yon Tumoren Veranlassung geben k(innen.

Der Stimulation wird wohl ein iibertriebener Einflu~ auf die Ent- stehung und Entwicklung der l~ous-Tumoren zugeschrieben. Die Bei- mengung yon Kieselgur zum Impfmaterial ist durchaus keine Conditio sine qua non bei der Entwicklung der Rous-Tumoren. Wir kSnnen uns auch nicht der Auffassung yon Haagen und Rhoda Erdmann anschliel3en, dal~ Gebilde, wie die KieselgurnadeIn, etwa durch eine ,,Blockade"

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des retieulo-endothelialen Systems Mrken kSnnten. Dem Kieselgur kSnnte wohl hSchstens ein lokal wirkender FremdkSrperreiz zukommen. DaB aber eine solehe Blockade mit Tusehe naeh t~hoda Erdmann oder noeh besser mit Eisenzueker nieht ohne Effekt ist, devon haben wir uns bei einer Reihe yon Versuchen iiberzeugen kSnnen. Wir haben bei vorhergehender Eisenzuckerb~jektion der Impftiere wiederholt ein erheblieh schnelleres Angehen verschiedenartiger Impfmaterialien beob. achtet. Freilich kOnnen wir nicht behaupten, dab es sich dabei wirk. lich um eine Blockade des reticulo-endothelialen Gewebes handelt. Wir halten es ffir durchaus denkbar, dab der Eisenzueker naeh Art eines Katalysators auf das fermentartige Tumoragens wirken k6nnte. Sicher- lich bedarf die Analyse dieser Wirkung noch einer genauen Kl~rung. Ein Erfolg ist mit dieser Methode yon Roskin erzielt worden, der nach dieser Injektion auch heterologes Tumormaterial auf Hfihner verimpfen und damit Sarkome erzeugen konnte.

Eine natiirliche Resistenz der ttfihner gegen das Angehen yon Tu- moren existiert nut bei einem kleinen Prozentsatz der Tiere, nach Albert Fischer etwa bei 1% der Hiihner. Des Alter der Tiere ist fiir des An- gehen der Tumoren nieht ohne Bedeutung. Embryonen scheinen so- gar ffir heterologes Material generell, jiingere Tiere ffir homologes Material besser empf~tnglich zu sein als altere. Dementsprechend land Fischer, dal~ des Plasma ~lterer Tiere des Waehstum yon Sarkom- zellen hemmt, die im Plasma junger Tiere gut angehen. Bei ab- soluter, natfirlieher Resistenz eines Tieres hatte aber weder das Plasma noch das lebende Gewebe in vitro irgendeinen hemmenden Einflug auf die Sarkomzellen, so dab andere, unbekannte Griinde dafiir mall- gebend sein mfissen.

Eine Immunisierung gegen das Rous-Sarkom ist schon yon Rous versucht worden. Er stellte ein Immunserum von G~tnsen her und belud Hfihnerblutk6rperchen mit den AntikOrpern daraus, die er dann zur Immunisierung verwendete. Aktive Immunisierungen wurden oft versueht. Dag eine einmalige erfolglose Impfung keinen Schutz gegen Nachimpfung verleiht, habe ich in zahlreiehen Versuchen gesehen. Doch meint Fujinami, eine gewisse ResistenzerhShung beobachtet zu haben. Biirger erhielt mit Plasma einen gewissen Sehutz, und auch Berger sah bei Teutschl~inder nach negativ ausfallender Impfung mit beseh~digtem oder zellfreiem Material eine sp~tere Impfung oft nicht mehr angehen. Er h~lt dies fiir die Folge einer Umstimmung des Organismus.

Es muB noeh besonders auf Beobachtungen fiber spontaaae Ver~nde- rungen in der Virulenz der Tumoren hingewiesen werden. Sehr eigen- artig ist in dieser Richtung, dab yon Gye und Andrews auch fiber tem- por~res Verschwinden der Filtrabilit~t berichtet wird. Einen absoluten Rfickgang der Virulenz habe ich be[ Verimpfung yon Tumoraufschwem-

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mung nur da beobaehtet, wo der Tumor vom pathologischen Anatomen 1 nicht mehr als Sarkom, sondern als Granulationsgeschwulst mikro- skopisch angesprochen war, wenn er auch vorher makroskopisch fiir ein echtes Sarkom gehalten wurde. Ich konnte an getrocknetem Mate- rial, das ich yon Gye erhielt, nachweisen, wie schrittweise die tumor- erzeugende :F~higkeit verlorenging, so dab zuerst damit ein Spindel- zellensarkom, nachher eine Granulationsgesehwnlst mit dem makre- skopischen Aussehen eines Sarkoms, und sehlieBlich nur mit I~ieselgur ein Fremdk6rpergranulom erzeugt wurde. Bei Sarkomen, die wir er- zeugten, habe ich niemals ein spontanes Zuriiekgehen beobachtet. Von Heflversuchen zitiere ich die Untersuchungen yon Berger und Teutsch. ldinder, die mit avirulentem Tumorfi l trat und mit inaktivierter Tumor- emulsion und -fliissigkeit eine vollst~ndige l~iickbildung bereits ent- wiekelter Tumoren sahen. Allerdings ging dabei ein Tell der Tiere unter kachektischen Erscheinungen zugrunde.

Es sei hier auch noch auf die Ansehauung yon Pentimalli und Teutsch- /~nder hingewiesen, dag aueh eine gesteigerte Disposition ffir die Tumor- entstehung, z. B. durch Verletzungen, gesetzt werden kann. Es ist aueh denkbar, dab entziindliche und andere Reize in tier gleiehen Riehtung wirken. Wir haben bei einem Tell unserer Tiere spontan eine Tuberkulose gefunden. Es hat sieh aber bei der Untersuchung gezeigt, da$, wenn diese Tiere mit Tumormaterial geimpft waren, weder im Tumor tuber- kul6se Partien gefunden wurden, noch in der Umgebung der Tuberkulose Veranderungen im Sinne einer Tumorentwieklung. Der entziindliehe Reiz der Tuberkulose hat te also keine besondere Disposition ffir die Tumorentstehung verursaeht.

Das Gebiet der l~ous-Tumoren ist deswegen yon besonderer Wichtig- keit, weil hier dureh die Befreiung des Tumorproblems yon der Zelle zum ersten Male ein tieferes Eindringen in die Biologic der Tumor- entstehung erm6glieht wurde. Nachdem nun alle Forscher, auch die pathologiseh-anatomisch gerichteten, darin fibereinstimmen, dab es sieh bei den Rous-Sarkomen um echte Gesehwiilste handelt, kommt diesen Befunden aueh ein allgemeines Interessse flit die Gesehwulstlehre zu. Es ist nun besonders interessant, daB das Eindringen in diese Probleme den Zusammenhang mit den normalen Waehstums- und Entwicklungs- problemen, den die pathologische Anatomie dutch die LoslSsung v o n d e r Zelle gefahrdet sah, in keiner Weise widerlegC haC, sondern auf einer anderen Ebene wieder herbeizufiihren scheint.

1 Herr Prof. Dr. Busch vom Reichsgesundheitsamt hat alle meine Tiere makroskopisch und mikroskopiseh untersueht, wofiir ieh ihm zu besonderem Danke verpflichtet b in . Ebenso fiir seine Hilfe bei der Herstellung der Photo- gramme und DiaposRive. Das Material wird yon ihm pathologiseh-anatomiseh besonders beschrieben.

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Schlufisditze. 1. Die Annahme, dab eine Ubertragung des Rous-Sarkoms nur

durch intakte Zcllcn mSglich sei, ist nicht mehr haltbar. 2. Gegen diese Annahme spricht nicht nut das Angehen yon ,,zell-

freiem" Material der Tumortiere, sondern auch das von Ffltraten und Pulver sowie yon sonstigem physikalisch und chemisch vorbehandelten Tumormaterial.

3. Dagegen spricht auch, dab in solchem Material hSchstens ganz wenige Zellen enthalten sind, wenn dies fiberhaupt noch der Fall ist, dab dagegen sonst erst mit relativ vielen Zellen einer Tumoraufschwem- mung ein Angehen im Tier erzielt wird.

4. Die Annahme yon Gye, dab ein filtrierbares Virus als lebender Erreger durch einen spezifischen Faktor zum Angehen gebracht wird, ist nicht mehr haltbar, nachdem bewiesen wurde, dab der spezifische Faktor allein, wenn aueh in schw/~cherem MaBe, das sarkomerzeugende Agens. enth/ilt.

5. Ist das Agens in genfigender Menge vorhanden, so geht es auch ohne jede Unterstfitzung durch einen zweiten Faktor beim Tier an.

6. Das Agens kann mit banalen Keimen vergesellschaftet sein, die aus dem Tumor geziiehtet werden. Es ist an den Euglobulinteil aus dem EiweiB der Tumorfiltrate gebunden.

7. Es verh~lt sich thermischen, chemischen und biologischen Ein- griffen gegeniibe r /ihnlich wie ein Ferment.

8. Sein Angehen wird durch die sog. Blockade mit Eisenzucker begfinstigt und beschleunigt, die also nach Art eines K a t a l y s a t o r s darauf wirkt.

9. Die Annahme eines fibertragbaren und vermehrbaren Ferments, /s dem ,,Bakteriophagen", wfirde gestatten, die Befunde bei der Zellzfichtung, die Umwandlung yon Makrophagen oder embryonalen Zellen dutch chemische Eingriffe usw. yon demselben Gesiehtspunkte aus zu erkl/~ren.

10. Das Verhalten der Tumorzellen in der Kultur, etwa mit einem Muskelsttick, ist kein Beweis ffir die cellul/~re Theorie, weft das System ein ganz anderes ist als der tierisehe Organismus und insbesondere die Sauerstoffzehrung durch das lebende Gewebe beim Abschlul3 yon der Luft in I-Iinblick auf die Warburgsehen Forsehungen in Reehnung gestellt werden muB.

11. Es wird auf die Zusammenh/~nge dieser Anschauungen mit den Arbeiten yon Ft. Kraus fiber Regeneration und normales Wachs- rum hingewiesen.