8
Acta Medics Scmdinavica. Vol. CXLLI, fasc. VI, 1952. ,411s der 11. Med. Univ. Klinik in Wien (Vorstand: Prof. Dr. K. Fellinger). Der Einfluss des Heparins suf die Koagulierbnrkeit des Fibrinogens. Von H. VINAZZER. (Bei der Redaktion am 9. November 1951 eingegangen.) Ein wesentlicher Unterschied der gerinnungshemmenden Wirkung des Heparins im Vergleiche zu den anderen Antikoagulantien liegt darin, dass es seine Aktivitat nicht an einem einzigen, sondern an zahlreichen Punkten des Gerinnungssystems entfaltet. Diese Tatsache wurde schon von den Entdeckern des Heparins be- schrieben (Mc Lean, Howell, Howell und Holt) und spater von anderen Autoren bestatigt und erweitert, sodass heute neben einer Hemmung der meisten Gerin- nungsfaktoren der I. Phase und einer Antithrombinwirkung auch die Aufhebung der Retraktilitat und die Aktivierung der Fibrinolyse, also ein Eingreifen des Heparins in die 111. und IV. Phase der Gerinnung nachgewiesen ist. Eine Veranderung des Fibrinogens durch Heparin konnte lange Zeit nicht gefunden werden und wird auch heute noch von einigen Autoren bestritten. (Halse u. a.) Die erste Feststellung einer Fibrinogenwirkung des Heparins, die 1943 von Ferguson, Travis und Gerheim veroffentlicht wurde, sol1 spater ein- gehend diskutiert werden. Lenggenhager beschrieb 1949 eine Denaturierung des Fibrinogens bei Anwendung sehr hoher Heparindosen, die er aber durch Prota- minsulfat wieder riickgangig machen konnte. Eigene Ergebnisse. Der Anlass zu unseren eigenen Untersuchungen war eine auffallende Vermin- derung des Fibrinogens in heparinisiertem Plasma, die im Rahmen einer friiheren Brbeit iiber Fibrinolyse (Vinazzer) beobachtet wurde. Technik. Uberfiihrung des Fibrinogens in Fibrin durch Thrombinuberschuss, quanti- tative Bestimmung durch feuchte Veraschung nach Kjeldahl. (Naheres siehe: Vinazzer, Untersuchungen iiber die fibrinolytische Wirkung des Heparins.)

Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

Acta Medics Scmdinavica. Vol. CXLLI, fasc. VI, 1952.

,411s der 11. Med. Univ. Klinik in Wien (Vorstand: Prof. Dr. K. Fellinger).

Der Einfluss des Heparins suf die Koagulierbnrkeit des Fibrinogens.

Von

H. VINAZZER.

(Bei der Redaktion am 9. November 1951 eingegangen.)

Ein wesentlicher Unterschied der gerinnungshemmenden Wirkung des Heparins im Vergleiche zu den anderen Antikoagulantien liegt darin, dass es seine Aktivitat nicht an einem einzigen, sondern an zahlreichen Punkten des Gerinnungssystems entfaltet. Diese Tatsache wurde schon von den Entdeckern des Heparins be- schrieben (Mc Lean, Howell, Howell und Holt) und spater von anderen Autoren bestatigt und erweitert, sodass heute neben einer Hemmung der meisten Gerin- nungsfaktoren der I. Phase und einer Antithrombinwirkung auch die Aufhebung der Retraktilitat und die Aktivierung der Fibrinolyse, also ein Eingreifen des Heparins in die 111. und IV. Phase der Gerinnung nachgewiesen ist.

Eine Veranderung des Fibrinogens durch Heparin konnte lange Zeit nicht gefunden werden und wird auch heute noch von einigen Autoren bestritten. (Halse u. a.) Die erste Feststellung einer Fibrinogenwirkung des Heparins, die 1943 von Ferguson, Travis und Gerheim veroffentlicht wurde, sol1 spater ein- gehend diskutiert werden. Lenggenhager beschrieb 1949 eine Denaturierung des Fibrinogens bei Anwendung sehr hoher Heparindosen, die er aber durch Prota- minsulfat wieder riickgangig machen konnte.

Eigene Ergebnisse. Der Anlass zu unseren eigenen Untersuchungen war eine auffallende Vermin-

derung des Fibrinogens in heparinisiertem Plasma, die im Rahmen einer friiheren Brbeit iiber Fibrinolyse (Vinazzer) beobachtet wurde.

Technik. Uberfiihrung des Fibrinogens in Fibrin durch Thrombinuberschuss, quanti-

tative Bestimmung durch feuchte Veraschung nach Kjeldahl. (Naheres siehe: Vinazzer, Untersuchungen iiber die fibrinolytische Wirkung des Heparins.)

Page 2: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

DER EINFIXPS DES HEPARINS. 469

Versuche in vitro.

Wir untersuchten zunachst das Verhalten des Fibrinogens nach verschieden langer Bebriitung eines Gemisches aus 0.2 Oxalatplasma und 3.8 physiol. Koch- salzlosung bei Zusatz von Heparin in Mengen von 50 y bis I mg.l Die Gerinnung wurde dann durch Thrombinuberschuss herbeigefiihrt, nachdem Vorversuche ergeben haben, dass die gerinnungsverlangernde Wirkung von 1 mg Heparin 1)Vitrum)) durch 1.2 mg Thrombin (Topostasin oRocheo) aufgehoben wird.

Bei samtlichen Versuchen kam es zu einer Abnahme des koagulierbaren Fibri- nogens, die unmittelbar von der Konzentration und Dauer der Heparinwirkung abhangig war (Abb. 1). Allerdings fie1 dabei auf, dass sehr grosse Heparinmengen benotigt wurden, urn eine Fibrinogenverminderung herbeizufiihren. Der Schwellen- wert liegt etwa zehnmal so hoch wie fur die Fibrinolyse.

Nach Entfernung der Flocke setzten wir der zuruckgebliebenen klaren Fliissig- keit Protaminsulfat bzw. Toluidinblau zu, urn eventuell noch vorhandenes He- parin unwirksam zu machen und versuchteln dann, mit Thrombin eine neuer- liche Gerinnung zu erzielen. Dies gelang jedoch im Gegensatz zu den Untersuchun- gen Lenggenhagers in keinem Falle. Es hanilelt sich nach unserer Ansicht also nicht urn eine Inaktivierung des Fibrinogens durch eine lockere Bindung an Heparin, die durch Zusatz eines Stoffes mit heparinneutralisierender Wirkung wieder ruckgaingig gemacht werden kann, sondcrn um einen irreversiblen Verlust der Koagulationsfahigkeit.

Flbrmogen ki!; Denat.

01 /O 3 0 0 ~

t 6o t

40 30 i 100 --

' O t

t-------t-+ 12h 24h 100

0 1h 2h 3h 4h

Abh. 1. Fibrinogendenaturiernng in vitro bei Einwirkunp 50y, 5(30yund 1 m g Heparin auf 0.2 Oxalat- plasma in 3.8 physiol. Kocbsalzl~snng. (Durchselinitt an8 je 5 Einzelbestimmnngen.)

1 Zur Verwendung gelangte dabei das schwedische Heparin rvitrumb, 1 mg = 64 Einh. Es wwde in einer friiheren Arbeit (Vinazzer) bereits festgestellt, dass das saure pH dieser geringen Heparjn- mengen durch das Plasma vollkommen abgepuffert wird, weshalb wir boi diesen Untersu chungen auf den Zusatz einer Puffersubstanz verzichtet haben.

Page 3: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

470 H. VINAZZER.

Tierversuch.

a) Heparinzufuhr 6eim normlen Tier: Um das Verhalten des Fibrinogens unter Heparineinwirkung auch in vivo zu

beobschten, haben wir an je 4 normalen Kaninchen wahrend dreistundlicher Injektionen von 150 bzw. 750 Einh. Heparin pro kg Korpergewicht die Fibri- nogenwerte laufend bestimmt. Es kam dabei, wie Abb. 2 A und B zeigt, zunachst ebenfalls zu einem deutlichen Fibrinogenabfall, doch trat uberraschenderweise nach 6-12 Stunden, trotz fortlaufender Heparininjektionen ein Anstieg auf, der selbst den Ausgangswert uberschritt. Wir vermuteten als Ursache dafur eine vermehrte Fibrinogenproduktion, mit der der Korper auf die durch das Heparin hervorgerufene Fibrinogendenaturierung antwortet.

Fibr.

mO"b

I++ 0 l h 2h 3 h 4h 6h 9h 12h 24h 48h

Abb. 2. Verhalten des Fibrinogens bei Heparinwirknng in vivo. A: 3-stdl. 150 E Hep/kg durch 2411. B: 3-stdl. 790 E Rep/kg dnrch 24h. C: Wie A, jedoch nach Unterbindung der Art. hepatica.

(Dnrchschnittswerte aus je 4 bzw. 3 Einzelbestimmnngen.)

Page 4: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

DER EINFLUSS DES HEPARINS. 47 1

b) Heparinzufuhr narch Ausscharltung der Leber : Zur Hemmung der Fibrinogenproduktion, die nach der herrschenden Meinung

in der Leber vor sich geht, haben wir an 3 Kaninchen die Funktion der Leber durch Unterbindung der A. hepatica ausgescha1tet.l An diesen Tieren haben wir nach dem Positivwerden der Leberfunktionsproben, was in allen Fallen nach 48 Stunden eingetreten war, denselben Versuch mit 150 Einh. Heparinlkg wie- derholt (Abb. 2 C). Es zeigte sich dabei ein stetiger Fibrinogenabfall, ahnlich wie bei den Versuchen in vitro. Da es aber, trotz der spater histologisch festgestellten Nekrose des Lebenparenchyms, 24 Stundeii nach der letzten Heparininjektion wieder zu einem leichten Fibrinogenanstieg gekommen war, nehmen wir an, dass auch extrahepatal Fibrinogen gebildet werden kann.

c) Endogene Heparinoussch uttung beim Normaltier: Die Fibrinogendenaturierung in vivo koniiten wir noch an folgendem weiteren

Tierversuch beobachten: Um die Regeneration der Plasmaeiweisskiirper zu untersuchen, fiihrten wir bei

einem Hund eine Austauschtransfusion durch, bei der wir Periston (ein eiweiss- freies Plasmaersatzpraparat) mit den wahrend der gleichzeitigen Ausblutung abzentrifugierten Erythrocyten infundierten (Auerswald, Braunsteiner und Vinazzer). Mit dieser Methode wurden 68 % des Plasmas ausgetauscht. Die gleich- zeitig mitbestimmten Fibrinogenwerte nahmen dabei aber um 83 yo ab. Da der Fibrinogenabfall nicht starker sein kann, als der des Gesamtplasmas, muss ein Teil des Fibrinogens die Fahigkeit zur Koagulation verloren und sich dadurch dem quantitativen Nachweis entzogen haben. Die naheliegendste Erklarung ist in einer Heparinausschuttung durch den Narkoseschock zu suchen, die bereits 1938 von Wilander beschrieben wurde. Um diese Vermutung zu objektivieren, fiihrten wir folgende Untersuchungen durch:

1) Die Bestimmung der Antithrombinzeit (nach der Methode von Koller und Fritschy). Die Werte waren extrem verlangert und sanken nach Zusatz von Pro- taminsulfat zur Norm ab (Abb. 3). Es mussen demnach grosse Heparinmengen im Blute des Versuchstieres vorhanden gewesen sein.

2) Eine Wiederholung der Austauschtraiisfusion am gleichen Tier, 10 Tage spater, nach vollkommener Normalisierung. Dabei wurde die Narkose vermieden, ausserdem gaben wir vor Beginn des Eingriffes 5 ccm 1 %-ige Protaminsulfat- losung i. v., um eventuell auftretendes Heparin’ sofort unwirksam zu machen. Diesmal kam es nur noch zu einem Fibrinogenabfall, der dem Grade der Exsan- guination entsprach. Die Antithrombinzeit blieb dabei unverandert. (Abb. 4.)

Es ergibt sich hier scheinbar ein Widerspruch zu den Versuchen am normalen Tier, da es zu keiner uberschiessenden Fibrinogenproduktion gekommen ist. Die Exsanguinotransfusion war allerdings in einer Stunde beendet; es ist dies eine Zeit, in der nach unseren bisherigen Erfahrungen die uberschiessende Fibri- nogenproduktion noch nicht einzusetzen beginnt.

1 Fur die Durchfuhrung der Unterbindung der A. hepatica sind wir Herrn Dr. F. Kaindl, 11. med. Univ. Klinik U’ien, zu grossem Dank verpflichtet.

Page 5: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

472 II. VINAZZER.

Tab. 1. Prothrombinzeit, Antithrombinzeit und Fibrinogeii wahrond der Ezs.

Mittelwerte aus 3 Bestimmungen. Die eingeklammerten Zahlen geben die SntithroniI~inzeit nsch Zusatz Ton 0.1 lo/ao iger I’rotamin-

snlfatlBsung zu 0.2 Plasma an.

I

I Fibr. PTZ” 1 ATZ” 1 Fibr. mg% Abnshme% , Ew.%

I I I I . . . . . . . . . . . . . . . . vor Em. . I 31 22 (20) 1 262 0 0 ,

nach 250 ccm Eus. . . . . . . . ’ 47 1 1 168 33 I 25 - - _ _ - - ~ _ _ _ . ~

~ - - - _ nach 500 ccm Exs. ....... 8 2 47 (20) ’ 105 33 13

, nech 750 ccm Exs. . . . . . . . I 102 62 75 57

nach 1,000 ccm Em.. .... .I 11.3 120 (25) ~ 42 83 68 i

.Ibb. 3.

I - -~ 1 ._ - I

Tab. 0. Prothrombinzeit, Antithroinbinzeit und Fibrinogen bei Wiederhotring der Exs. mit vorhw-

gehender Injektion von Protaminsulfat. Mittelwerte aus 3 Bestimmungen,

I Fibr. PTZ” ATZ” Fibr. mg% , 1 Ex&%

1

. . . .............. vor Exs. j 26 I 23 273 0 1 0 1 - -~ - ~~ _._ - ~

. ...... 35 I nach 350 ccm Em. 29 2,“ 178 I 35 ~ ~~ .~ - ~~- -

nach 700 ccm Eus. . . . . . . . 1 37 21 1 131 ~ 62 1 58 __

nach 1,000 ccm Exs ....... I 48 . 23 65 70 I

Abb. 4.

Klinische Untersuchungen.

Gleichzeitig mit den Versuchen in vitro und am Tier haben w-ir auch die Fibri- nogendenaturierung an 10 Patienten wahrend intensiver Heparintherapie studiert. Der Grund fur die Heparinmedikation war in den meisten Fallen eine frische Venenthrombose, die mit 3-stdl. Gaben von 10,000 Einh. durch 24-48 Stunden behandelt wurde. (Das entspricht auch hier wiederum c:a 150 Einh./kg Korper- gewicht.) Es kam dabei zu Ergebnissen, die ebenso wie bei den Versuchen am normalen Tier, nach einem vorubergehenden Abfall einen Fibrinogenanstieg uber den Ausgangswert zeigten (Abb. 5).

Wegen der grossen Unterschiede der absoluten Fibrinogenwerte bei den ver- schiedenen Patienten haben wir in Abb. 5 nur die prozentuelle Anderung des Fibrinogens angegeben, wobei der Ausgangswert einheitlich mit 100 % fest- gelegt wurde.

Page 6: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

DER EINFLUSS DES HEPARINS. 473

0 I h 2h 3h 4h 6 h 9h 12h 24h 40h

Abh. 6. Yerhalten des Fibrinogens bei Heparintberapie am Menschcn (3-stdl. Iaj. yon j e 1o.OC’O E Heparin darch 21 Std.). Fibrinogen in yo des Ansgangswertes.

Diskussion.

Durch Einwirkung von Heparin auf Plasma kommt es zu einer Verminderung des koagulierbaren Fibrinogens, die von der Heparinkonzentration und der Ein- wirkungsdauer abhangig ist. Die Heparinmenge, die eine merkliche Abnahme des Fibrinogens hervorruft, liegt wesentlich lioher als der Schwellenwert fur das Zustandekommen der Fibrinolyse, mit der diese Fibrinogenabnahme nicht iden- tisch ist. Es handelt sich also nicht um die .Auflosung eines bereits bestehenden Fibringerinnsels, sondern um eine Veranderung des noch im Solzustand befindlichen Fibrinogens, durch die es zu einem Teil die Eigenschaft der Koagulationsfahigkeit verliert. Diese Veranderung ist irreversibel, denn auch nach Zusatz von Protamin- sulfat zur Inaktivierung des Heparins kann dieser Teil des Fibrinogens durch Thrombin nicht mehr in Fibrin iibergefiihrt werden. Es wird deshalb fiir diesen Vorgang die Bezeichnung ))Fibrinogendenaturierung)) vorgeschlagen.

Diese Fibrinogendenaturierung konnte nac hgewiesen werden: 1) in vitro: Es wurde die Abnahme des koagulierbaren Fibrinogens bei Ein-

wirkung von Heparin auf Normalplasma im Brutschrank gemessen. Dies geschah durch Zusatz von Thrombin im uberschuss und quantitative Bestimmung des Fibringerinnsels nach der Kjeldahl’schen Met,hode der feuchten Veraschung.

2) am normalen Tier: Unter der Heparinzufuhr kam es zu einer Abhahme des Fibrinogens, die aber nur einige Stunden anhielt. Dann trat trotz fortgesetzter Heparininjektionen eia Anstieg uber den Ausgangswert ein.

Page 7: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

474 H. VINAZZER.

3 ) nach experivnenteller Ausschaltung der Leber durch Unterbindung der Art. hepatica: Das koagulierbare Fibrinogen sank standig ab, ohne dass wahrend der fortgesetzten Heparinzufuhr ein Anstieg beobachtet wurde. Auf Grund der Dif- ferenz dieser beiden Versuchsreihen wird angenommen, dass durch das Heparin die Leber zu erhohter Fibrinogenbildung veranlasst wird.

4) bei endogener Heparinausschiittung: Durch Narkoseschock kam es im Tier- versuch zum Auftreten grosser Heparinmengen im Blut, die eine Denaturierung des Fibrinogens verursachten.

5) am Menschen bei Heparintherapie: Nach voriibergehendem Fibrinogenabfall setzte die uberschiessende Produktion ein und es kam zum Anstieg uber den Ausgangswert.

Der durch Heparin bedingte Fibrinogenschwund wurde schon 1943 von Fer- guson, Travis und Gerheim auf Grund von Versuchen in vitro vermutet. Die Autoren gingen von der Beobachtung aus, dass Heparinplasma nach Thrombin- zusatz umso spater gerinnt, je langer es nach der Heparinisierung im Brutschrank gestanden ist. Sie fuhrten diese Tat.sache auf einen durch Heparin bedingten Fibrinogenschwund zuriick und bezeichneten den Vorgang als ))Fibrinogenolyseo. Diese Beobachtung ist selbstverstandlich richtig, doch ist sie kein Beweis fur eine Abnahme des Fibrinogens, da die Autoren mit ihrer Methode die heute gebrauchliche Antithrombinzeit gemessen haben, die bei dieser Versuchsanord- nung vom Gehalt an freiem Heparin abhangig ist. Auf den Fibrinogengehalt kann daraus nicht einmal annahrend geschlossen werden, da er nach Untersuchun- gen von Frick in sehr weiten Grenzen die Gerinnungszeit unbeeinflusst lasst und sie erst bei 10 % der Norm starker verlangert. Die quantitative Fibrinogen- bestimmung, die sehr genaue Resultate liefert, ist deshalb gerade fur diese Unter- suchungen unbedingt vorzuziehen. Der Ausdruck ))Fibrinogenolyse)) wird besser durch ))Fibrinogendenaturierungo ersetzt, da von einer Lyse eines ohnehin in Losung befindlichen Stoffes nicht gesprochen werden kann.

Die Fibrinogendenaturierung spielt im gerinnungsverlangernden Mechanismus des Heparins keine Rolle da es als Antikoagulans schon in vie1 geringeren Dosen auf dem Wege der Prothrombin- und Thrombinhemmung wirkt.

Die Versuche in vivo sind aber insofern fur die Praxis wichtig, da der Fibrinogen- anstieg, der durch die uberschiessende Produktion nach Heparingaben bedingt ist, bei abruptem Absetzen des Heparins erhohte Thrombosegefahr bedeuten konnte. Es ist deshalb eine ausschleichende Therapie oder eine Fortsetzung der Behandlung mit einem anderen Antikoagulans, das bei Absetzen des Heparins schon wirksam sein soll, unbedingt vorzuziehen.

Slim ninry.

By means of quantitative determination of fibrinogen the influence of heparin on the coagulability of fibrinogen was examined and a decrease of the coagulable fibrinogen caused by the action of heparin on plasma was found.

Page 8: Der Einfluss des Heparins auf die Koagulierbarkeit des Fibrinogens

DER ICINFLUSS DIES HEPARINS. 475

The results: 1) I n vitro the coagulable fibrinogen decreases when high doses of heparin

are added to oxalated plasma. This decrease is called fibrinogen denaturation. 2) I n experiments on normal animals continued injections of heparin cause

a n initial decrease of fibrinogen which is followed by an increase above the normal level in spite of the continued addition of heparin.

3) After elimination of the liver in animals heparin causes a considerable de- crease of fibrinogen which is not followed by an increase when heparin injections are continued.

Therefore it is assumed tha t the increase observed in the normal animal is caused b y a higher production of fibrinogen as a response of the liver to the heparin stress.

4) Endogenous excretion of heparin as a shock reaction causes a similar decrease of fibrinogen which is avoided by a preliminary injection o i protamin sulphate.

5 ) I n man as well as in the normal animal heparin causes a temporary decrease of fibrinogen which is followed by a n increase above the initial level.

Literatur.

duerswald, W., Braunsteiner, H. und Vinazzer, H.: Wien. Z. inn. Med. 366, 8 (1951). - Ferguson, J. H.: Proc. SOC. Exp. Biol. a. Med. 64, 285 (1947). - Ferguson, J. H., Travis B. L. und Gerheim, E. B.: Ibid. 52,243 (1943). - Frick, B.: Helv. Med. dcta 15, 6 (1948). - Halse, Th.: Heparin und Heparinoide, Dicumarol. S. Hirzel Verl. Zurich 1950. - Howell, W. H.: Am. J. of Physiol. 63, 434 (1922). - Howell, W. H.: Ibid. 71, 553 (1927). - Howell, W. H.: Bull. Johns Hopkins Hosp. 42, 199 (1928). - Howell, W. H. und Holt, E.: Am. J. of Physiol. 47, 328 (1918). - Koller, F. und Fritschy, W.: Helv. Med. Acta 263, 14 (1947). - Lenggenhager, K.: Weitere Fortschritte in der Blut- gerinnungslehre. Thieme Verl. Stuttgart 1949. -- Mc Lean, J.: Am. J. of Physiol. 41, 25 (1916). - Vinazzer, H.: Wien. Z. inn. Med. 167, 4 (1951). - Wilander, 0.: Skand. Arch. f. Physiol. 81, Suppl. XV (1938). - Wilander, 0.: Acta Med. Scand. 94, 258 (1938).