9
Die unterschiedliche replikative und transformativeWirkung von Polyoma-Virus bei Mausen, Hamstern und Ratten A. GEORGII, K. PRECHTEL und B. LUDWIG'>) Polyoma-Virus vermehrt sich in Zellkulturen von Mausen und Hamstern gut, wahrend es sich im lebenden Versuchstier nur sehr gering und iiber be- grenzte Zeitraume repliziert. Beispielsweise sind Hamster, wie MCCULLOGH u. a. (1) zeigten, etwa nach 10 Tagen virusfrei, und bei Ratten konnten wir in eigenen Untersuchungen eine ahnlich schnelle Beendigung der Virusbildung nachweisen (2). Die Nierenzellen der lebenden Maus nehmen allerdings eine Sonder- stellung ein, weil dort das Polyoma offenbar linger wirksam ist. Bekannt sind eigenartige Epithelschwellungen der Nierentubuli bei Polyoma-infizierten Mausen, woruber besonders LEUCHTENBERGER et al. und wir selbst berichtet haben (3, 4). Die morphologischen und virologischen Untersuchungen sichern, daf3 die Tubulusepithelien der Niere die Wirtzellen der Polyoma-Replikation sind, wahrend die iibrigen Parenchym- und Stromazellen nicht oder kaum betroff en sind. Nachweise der Virusreplikation sind das Nebeneinander von Zelluntergang und Zellproliferation, das immunfluoreszenz-mikroskopisch iiachgewiesene Virusantigen und die virologisch mogliche Ruckisolierung von Polyoma aus angeziichteten Nierenzellen (Abb. 1). Derartige ,,Polyoma- Herde", wie wir sie genannt haben (5), konnten wir nur bei der Maus und nicht bei Ratte und Hamster finden (6). In ihrer charakteristischen lichtmikro- skopischen Form sind sie eine einfache Nachweisnioglichkeit der Polyoma- replikation im Versuchstier. I. Virusreplikation In eigenen ausgedehnten Untersuchungen an Virus-infizierten Mausen konnten wir nachweisen, dai3 diese Polyomaherde praktisch bis zum Lebens- ende persistieren und infektioses Virus enthalten. Wir konnten zeigen, dai3 die Zahl und Grofle der Polyomaherde im Laufe der Zeit nicht wesentlich ab- nehmen; nach 8 oder 12 Monateii hat sich eine prozentuale Reduzierung der Polyoma-Herde urn l/5 bis ergeben. Weiter konnten wir zeigen, dai3 die histologisch nachweisbare Ausdehnung der Polyomaherde nach Infektiori neugeborener Mause wesentlich starker ist als nach Infektion ausgewachsener. Wir konnten weiter zeigen, dai3 eine horizontale Virusinfektion auf Kafig- genossen wohl durch Speichel und Harn erfolgt, die mit einer TrefFerquote von etwa 60 O/o die nicht mit Virus injizierten Wurfgeschwister betrifft. Die uns am wichtigsten erscheinende Feststellung ist jedoch, dai3 wir bei Querschnittsuntersuchungen von Mausen aus verschiedenen Laboratorien oder Zuchtanstalten eine stille Durchseuchung der Versuchstiere mit Polyoma ge- funden haben, die in einem Befall zwischen 10 O/o und 60 O/o liegt und von der nur die Mause einer von sechs Zuchtanstalten oder Laboratorien frei waren. ;>) Mit Unterstutzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus

bei Mausen, Hamstern und Ratten

A. GEORGII, K. PRECHTEL und B. LUDWIG'>)

Polyoma-Virus vermehrt sich in Zellkulturen von Mausen und Hamstern gut, wahrend es sich im lebenden Versuchstier nur sehr gering und iiber be- grenzte Zeitraume repliziert. Beispielsweise sind Hamster, wie MCCULLOGH u. a. (1) zeigten, etwa nach 10 Tagen virusfrei, und bei Ratten konnten wir in eigenen Untersuchungen eine ahnlich schnelle Beendigung der Virusbildung nachweisen (2).

Die Nierenzellen der lebenden Maus nehmen allerdings eine Sonder- stellung ein, weil dort das Polyoma offenbar linger wirksam ist. Bekannt sind eigenartige Epithelschwellungen der Nierentubuli bei Polyoma-infizierten Mausen, woruber besonders LEUCHTENBERGER et al. und wir selbst berichtet haben (3, 4). Die morphologischen und virologischen Untersuchungen sichern, daf3 die Tubulusepithelien der Niere die Wirtzellen der Polyoma-Replikation sind, wahrend die iibrigen Parenchym- und Stromazellen nicht oder kaum betroff en sind. Nachweise der Virusreplikation sind das Nebeneinander von Zelluntergang und Zellproliferation, das immunfluoreszenz-mikroskopisch iiachgewiesene Virusantigen und die virologisch mogliche Ruckisolierung von Polyoma aus angeziichteten Nierenzellen (Abb. 1). Derartige ,,Polyoma- Herde", wie wir sie genannt haben (5), konnten wir nur bei der Maus und nicht bei Ratte und Hamster finden (6). In ihrer charakteristischen lichtmikro- skopischen Form sind sie eine einfache Nachweisnioglichkeit der Polyoma- replikation im Versuchstier.

I. Virusreplikation In eigenen ausgedehnten Untersuchungen an Virus-infizierten Mausen

konnten wir nachweisen, dai3 diese Polyomaherde praktisch bis zum Lebens- ende persistieren und infektioses Virus enthalten. Wir konnten zeigen, dai3 die Zahl und Grofle der Polyomaherde im Laufe der Zeit nicht wesentlich ab- nehmen; nach 8 oder 12 Monateii hat sich eine prozentuale Reduzierung der Polyoma-Herde urn l / 5 bis ergeben. Weiter konnten wir zeigen, dai3 die histologisch nachweisbare Ausdehnung der Polyomaherde nach Infektiori neugeborener Mause wesentlich starker ist als nach Infektion ausgewachsener. Wir konnten weiter zeigen, dai3 eine horizontale Virusinfektion auf Kafig- genossen wohl durch Speichel und Harn erfolgt, die mit einer TrefFerquote von etwa 60 O/o die nicht mit Virus injizierten Wurfgeschwister betrifft.

Die uns am wichtigsten erscheinende Feststellung ist jedoch, dai3 wir bei Querschnittsuntersuchungen von Mausen aus verschiedenen Laboratorien oder Zuchtanstalten eine stille Durchseuchung der Versuchstiere mit Polyoma ge- funden haben, die in einem Befall zwischen 10 O / o und 60 O / o liegt und von der nur die Mause einer von sechs Zuchtanstalten oder Laboratorien frei waren.

;>) Mit Unterstutzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Page 2: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus 57

Abb. 1 a u. b. Histologisch nachweisbare herdformige Veranderungen der Tubulusepithelien der Mausenieren durch Polyoma-Virus

Wir folgern aus unseren Befunden, dai3 eine weitlaufige Durchseuchung der Versuchsmause mit Polyoma vorliegt, wie bereits serologische Befunde aus der Arbeitsgruppe ROWE wahrscheinlich gemacht haben (7). Unsere Be- funde zeigen aber daruber hinaus, dai3 aktives Polyoma-Virus in Epithelien der Niere beim groaten Teil der infizierten Mause lebenslang erhalten bleibt und als ein Reservoir der standigen Virusbildung verantwortlich fur die weitere Durchseuchung der Tierkolonien ist. Mause verhalten sich also beziig- lich der Virusbildung ganz anders als Hamster und Ratten, bei denen wenige Tage nach der Infektion kein Polyoma mehr nachgewiesen werden kann.

11. Tumortransformation Die tumorbildende, transformative Wirkung von Polyoma ist ebenfalls

bei den 3 Tierspezies Maus, Hamster und Ratte sehr unterschiedlich. Wir haben unsere vergleichenden Untersuchungen init gleichem SE-Folyoma-Virus etwa gleicher Infektiostiat (etwa 104-105 TCID 50) durchgefuhrt und grund- satzlich nur neugeborene Tiere mit dem Virus infiziert. Bei den Mausen konnten wir damit insgesamt etwa 67 O/o Tumoren, bei den Hamstern 64 O / o

Page 3: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

5 8 GEORGII, PRECHTEL und LUDWIG

Tubelle 1 Auswertung histologisch nahweisbarer Polyoma-Herde durch Auszahlung der Herde aus inehreren Frontalschnitten einer Niere; Infektion von neugeborenen Mausen zur gleichen

Zeit Getatet am

25. Tag

40. Tag

50. Tag

Treffer pro Tierzahl % Polyorna- Herde pro Schnitt

36 I 36 100 15,2

36 I 37 97 19,3

33 I 33 100 16,E

und bei den Ratten etwas mehr, namlich 8 O 0 / o Tumoren induzieren. Bei Mausen beobachteten wir, wie Tabelle 2 zeigt, in der Mehrzahl Mammakarzi- nome und Parotiskarzinome, aber auch Systemerkrankungen, namlich Reti- culosarkomatosen und Leukosen und schliefilich isolierte subkutane Sarkome. Nur wenige Tumortiere (1 8 O/o) hatten primar multiple Tumoren verschiedener Organe. Eine betrachtliche Zahl hatte metastasierende Tumoren, zumeist niit Absiedelungen in den Lungen. Die Beobachtung, dafl Polyoma-induzierte Tumoren metastasieren konnen, war bisher unbekannt; die Metastasenbildung durfte nur bei lang bestehenden, langsam wachsenden Primartumoren zu finden sein, wie das auch bei spontan entwickelten Mammatumoren moglich ist. Die Latenzzeit zwischen Virusinfektion und Tumorbildung ist bei Mausen aufierordentlich lang; sie betragt im Mittel 250 Tage, wobei die unterste Gruppe etwa 130 Tage und die obere etwa 343 Tage betrug. In den hier ausgewerteten Versuchsreihen sind keine Nierentumoren verzeichnet, Trotz- dem mug angegeben werden, dai3 vereinzelt Sarkome in der Niere vorkommen konnen, die allerdings insgesamt unter 1 O/o aller Tumoren liegen.

Ganz anders ist das Tumorspektrum beim Goldhamster. Mit demselben Virus, das wir bei den Mausen verwendet hatten, bildeten sich bei Hamstern praktisch nur Sarkome, die vorwiegend in der Niere lokalisiert waren, ferner in der Subkutis oder als angioplastische Sarkome die Leber durchsetzten; die Nierensarkome und letztgenannten Tumoren, die von DEFENDI et. al. ,,haemorrhagic lesions" der Leber bezeichnet werden, stellen die charakteri- stischen Polyoma-Tumorformen bei Goldhamstern dar. Die Latenzzeit fur die Tumorbildung ist bei Hamstern wesentlich kurzer als bei Mausen. Alle Geschwulste entwickeln sich in Zeitraumen unter 100 Tagen, die fruhesten in 2 Wochen, die Nierensarkome alle innerhalb von 4 Wochen. - Somit finden wir im Vergleich zu den Mausetumoren eine Verkurzung der Latenzzeit urn eine Groflenordnung, d. h. etwa um das lofache. Daneben ist aber auch der unterschiedliche Gewebseff ekt bemerkenswert: bei Mausen transformiert das PV uberwiegend Drusenepithelien zu Karzinomen, bei Hamstern ausschliei3- lich Stromazellen zu Sarkomen.

Die als dritte Tierspezies untersuchten Ratten verhalten sich gegeniiber der transformativen Viruswirkung ahnlich wie Goldhamster. Hierzu haben

Tubelle 2 Zusammenfassung unserer Ergebnisse iiber die tumorinduzierende Wirkung von Polyoma- Virus bei Mausen, die Tumorrate betragt 57O/0 (68 von 120 Tieren); die Latenzzeit betragt

250 Tage (Grenzwerte 130-343 Tage)

davon als Doppelturnoren

I Tumorformen I "1. I ohne Metastasen 1 rnit Metastasen I

18 entfallt entfallt

Mamma - Ca

Parotis - Ca

Systernerkranhungen

Sarkome

52 31

19

19

73 27 80

entfallt entfallt

ohne Metastasen

Page 4: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus 59

Abb.2. Grc

I ' i 1 1 ' ,L-' ,!*' .I? 1 ' J,, on n

>fie doppelseitige Sarkome der Rattenniere, 74 Tage nach 11 Neugeborenen

nfektion der

Abb. 3. Fruhes spindelzelliges Sarkom in der Niere einer Ratte zwischen den Tubuli des Nierenmarkes (25. Versuchstag)

Page 5: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

60 GEORGII, PRECHTEL und LUDWIG

wir sehr eingehende Untersuchungen durchgefuhrt, wobei die Dosiswirkung des Virus, der Einflui3 des Infektionsalters, die Absterberate und die formale Sarkomentwicklung besonders herausgestellt werden sollen. Alle Versuchs- ergebnisse stutzen sich auf die histologische Auswertung der vollstandig sezier- ten Tiere.

Bei den Wistar-Ratten entwickelten sich zwischen 60 und 80 O/o Nieren- sarkome und nur etwa 3 o/o anderweitige Sarkome, z. B. in der Subkutis oder in den Schadelknochen. Kennzeichnend sind die abgebildeten, hier doppel- seitigen Nierensarkome (Abb. 2) mit einer Massenzunahme der Niere von 2 auf 30 g Gewicht und einer vollstandigen Verdrangung des Parenchyms. Histologisch (Abb. 3) handelt es sich um Spindel- bis polymorphzellige Sar- kome mit geringem Fasergehalt, die in ihrer Form dem Hamster- und weniger dem Mausesarkom entsprechen. Die Tumoren beginnen 20 Tage nach der Infektion zu wachsen und fuhren schon nach 6 Wochen zum Absterben infolge Uramie und Blutungen durch GefaBarrosionen.

Tier. prozentual

I 5 10 15 20 25 30

Zcit in Wochcn

Abb. 4. Die Absterberate von Ratten, die als Neugeborene mit Polyoma-Virus infiziert wurden: 75 O/o aller Tiere sind zwischen der 5. und 15. Woche durch Nierensarkome ver- endet. Anders verhalten sich Ratten einer institutseigenen Munchener Wistar-Linie, von

denen nach 30 Wochen nur etwa 20@/0 durch Tumoren verendet sind

Die Absterberate der Tumortiere ist in der Abbildung 4 dargestellt; zwischen dem 40. und 80. Tag verendeten die meisten, namlich 75 O/o aller Ratten, wahrend in einer dritten Kurve eine vollig andere Absterberate der Tiere vorliegt. Allerdings wurden andere Ratten einer institutseigenen Wistar- Linie verwendet, die trotz gleichem Polyoma-Virus nur 20 O/o Sarkome be- kamen. Zwei Erklarungen sind fur diese Differenz moglich. Einmal ist an genetische Unterschiede zwischen Wistar-Linien zu denken, zum anderen ist zu erwagen, ob unsere Munchener Ratten mit Polyoma vorinfiziert und des- halb immunisiert waren, wozu allerdings eine diaplacentare und laktogene Antikorperubertragung auf die neugeborenen Ratten stattgefunden haben miiBte.

Bei Untersuchung der Beziehungen zwischen Dosis und Wirkung haben wir mit fallenden Virusmengen eine Abnahme der Tumorrate beobachtet. Die Tabelle 3 zeigt, dai3 bis zur 1OOfachen Verdiinnung nur eine schwache Redu- zierung der Tumorrate, daruber hinaus aber so gut wie keine transformative Potenz des Virus mehr vorliegt; die injizierten Losungen mussen aber noch

Page 6: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus 6 1

8 0 .

Tabelle 3 Dosisabhangige Sarkombildung in der Niere von Ratten: mit zunehmender Verdiinnung entstehen weniger Sarkome, wobei die -pro-portionale Abnahme doppelseitiger Tumoren

eindrucksvoll ist Virusdosis

3 : l " 2 : 1 '

PV 1403 ( T C I D

1 . 5 1 : 10 1 : 50 1 : 100 1 : 1000

Tumortiere / Gesarntzahl

17 / 26 i a 1 26

16 I 22

23 I 35 10 / 32 i a i 33 15 / 34

1 / 20

iyophilisiert

14 I 17 69 12 I i a 60

14 / 16

70 30 12 13

-

Virus enthalten haben, weil wir mit Titern von lo5 TCID 50 gearbeitet hatten. In diesen Dosis-Wirkungsuntersuchungen ist auffallend, wie stark die Doppelseitigkeit der Nierensarkome mit fallenden Virusdosen abnimmt. Auf das Problem der doppelseitigen Nierentumoren miissen wir spater no& einmal zu sprechen kommen.

Bei Untersuchungen, wie lange nach der Geburt eine Tumorinduktion durch das Virus moglich ist, fanden wir 60 Lebensstunden als Grenzwert, nach dem praktisch keine Geschwiilste mehr entstehen. Allerdings miissen wir hier ebenso wie bei den Dosis-Wirkungsuntersuchungen einschrankend sagen, dafl wir die Versuche immer am 50. Tag beendet haben, weil, wie gleich gezeigt wird, danach die Tumorrate nicht mehr wesentlich steigt. Auch diese Versuchs- auswertung beruht auf histologischer Auswertung der Nieren. Die Feststellung, dai3 nach einem Lebensalter von 60 Stunden mit unserem Virus praktisch keine Sarkome mehr entstehen, halten wir fur auflerordentlich wichtig. Nachdem wir in anderen Versuchen bis zu 20 Tagen nach einer Polyomainfektion neuge- borener Ratten infektioses Virus in der Niere gefunden haben, beweist dieser Grenzwert von 30 Stunden, dai3 allenfalls vorhandenes Polyoma nicht mehr transformativ, oder richtiger, tumorerzeugend wirksam werden kann.

Nierensarkorne nach Polyorna-Virus lWirtsr Ratten)

Nicrensarkome

m 25 30 40 200 rage

Abb. 5. Die zeitliche Manifestation von Nierensarkomen durch Polyoma bei Wistar-Ratten: nach 40 Beobachtungstagen hatten die getoteten Tiere nicht wesentlich mehr Sarkome als die nach 20 Tagen getoteten und n i h t wesentlih weniger als die bis zu 200 Tagen abge-

storbenen Tiere

Page 7: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

62 GEORGII, PRECHTEL und LUDWIG

r Spezies Virusbildung Tumor bildung

Maus stark, chronisch kaum

Ratte xhwach , kurz stark

Hamster schwach , kurz stark

Page 8: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus 63

Zusammenfassung Unsere Versuchsergebnisse mit Polyoma-Virus zeigen, dai3 bezuglich

seiner transformativen Potenz das Virus bei Ratten und Hamstern etwa gleichartig wirkt, wahrend Mause ganz anders reagieren. Sie zeigen zwar in der Niere eine bemerkenswerte Replikation des Virus, bekommen aber trotz- dem keine Nierentumoren. Dai3 die Nierenepithelien von Mausen ein Reser- voir lebenslanger Bildung von Polyoma-Virus sind, halten wir aus epidemio- logischen Grunden fur sehr wichtig. Die Feststellung, daf3 trotz Virusbildung in der Niere in diesem Organ keine Geschwulste entstehen, ist gemeinsam mit der Beobachtung von der zeitlich sehr begrenzten, auf 60 postpartale Stunden beschrankten Transformationsmoglichkeit, fur das Verstandnis allgemeiner Prinzipien einer durch autogene Viren bedingten Tumorentstehung wichtig.

Summary Differences in replication and transformation of the polyoma virus in the

mouse, hamster and rat In the author’s experience this virus has similar transformation potency

in rats and hamsters but behaves quite differently in mice, which show a remarkable replication of virus in the kidneys but develop no kidney tumours. The fact that the renal epithelium of the mouse constitutes a reservoir for the production of virus throughout life is very important on epidemiological grounds. The findings that no tumours develop in the kidney despite virus multiplication there, coupled with the observation that transformation is limited to a period of 60 hours post-partum, are points of significance in our understanding of the general principles of tumour formation by autogenous viruses.

RCsumC Diff Crences dans la rCplique et la transformation du virus Polyoma chez la souris,

le hamster et le rat Les rksultats de nos expkriences avec le virus Polyoma montrent que la

capacitk de transformation du virus se manifeste de la m&me manikre chez les rats et les hamsters, mais s’exprime diffkremment chez les souris. Celles-ci produisent une rkplique remarquable du virus dans les reins, mais sans former de tumeurs rknales. Le fait que l’kpithklium rknal des souris constitue un rkservoir avec reproduction continuelle du virus Pol yoma, nous paralt trks important du point de vue kpidkmiologique. L‘absence de formation de tumeurs dans les reins, malgrk qu’il s’y opkre une reproduction du virus et, simultankment, une possibilitk de transformation que l’on trouve limitke A 60 heures post-partum, sont deux constatations qui contribuent B la comprk- hension des principes gknkraux sur la gknkse des tumeurs A virus autoghes.

Resume n La acci6n replicante y transformativa diferente del virus Polyoma en ratones,

hamsters y ratas Nuestros resultados experimentales obtenidos con el virus Pol yoma seiia-

lan que con respecto a su potencia transformativa, el virus actua casi igual en ratas y hamsters, mientras que 10s ratones reaccionan de un mod0 diferente. Aunque en el riiibn muestran una rkplica a1 virus digna de mencidn, no adquieren tumores renales. Por razones epidemiol6gicas, enjuiciamos muy importante el que 10s epitelios renales de 10s ratones son un reservorio vitalicio de formaci6n de virus Polyoma. La comprobaci6n de que a pesar de formarse el virus en el riii6n en este 6rgano no se producen tumores, es importante con

Page 9: Die unterschiedliche replikative und transformative Wirkung von Polyoma-Virus bei Mäusen, Hamstern und Ratten

64 GEORGII, PRECHTEL und LUDWIG

la observacibn conjunta de la posibilidad de transformacihn muy limitada en el tiempo, restringida a 60 horas postpartales, para el entendimiento de 10s principios generales de la gdnesis tumoral condicionada por virus aut6genos.

Literaturverzeichnis 1. HAM, A. W., I. A. MCCULLOGH, A.A. AXELRAD, L.SIMINOVITSCH and A.F.HOWATSON,

1960 : The Histopathological Sequence in Viral Carcinogenesis in the Hamster Kidney. J. Nat. Cancer Inst. 24,1113. 2. GEORGII, A., K. PRECHTEL, H. ZOBL und J. VON STUCKRAD, 1967: Sarkombildung durch Polyoma-Virus in der Niere von Ratten. Krebsforsch. (im Druck). 3. LUDWIG, B., und A. GEORGII, 1965: Uber die DNS-Synthese in den Balloon-Zellen der Niere nach Infektion mit SE-Polyoma-Virus. 2. Naturforschg, 20 b, 1309. 0 4. LEUCHTEN- BERGER, R., C. LEUCHTENBERGER, S. E. STEWART and B. E. EDDY, 1961: Difference in Host Cell-Virus Relationship between Tubular Epithelium and Stroma in Kidneys of Mice infected with SE-Polyoma-Virus. A Correlated Cytological, Histological and Cytochemical Study. Cancer 14, 567. 5. GEORGII, A., und B. LUDWIG, 1965: Nierenveranderungen durch SE-Polyorna-Virus. Verh. dtsch. Ges. Path. 49, 212. 6. GEORGII, A., K. PRECHTEL, B. LUDWIG and L. SCHMID: Renal Sarcomas caused by SE-Polyoma-Virus in Newborn Rats. Nature, London (im Druck). 7. ROWE, W. P., J. W. HARTLEY, J. D. ESTES and R. J. HUEBNER, 1959: Studies of Mouse Polyoma Virus Infection. I. Procedures for Quantitation and Detection of Virus. J. exp. Med. 109, 379. s 8. BRODSKY, I., W. P. ROWE, J. W. HARTLEY and W. T. LANE, 1959: Studies of Mouse Polyoma Virus Infection. 11. Virus Stability. J. exp. Med. 109, 439. 9. ROWE, W. P., J. W. HARTLEY, L. W. LAW and R. J. HUEBNER, 1959: Studies of Mouse Polyoma Virus Infection. 111. Distribution of Antibodies in Laboratory Mouse Colonies. J. exp. Med. 109,449. 10. SEEMAYER, N., H. NOLTENUIS und A. STOCKINGER, 1964: Uber das Auftreten von Tumoren, Leukamien und NierenverEnderungen bei Mausen nach Beimpfung mit zellfreien Tumorfiltraten. Naturwissenschaften 51, 116. 11. DEFENDI, V., and J. M. LEHMAN, 1964: The Nature of the Hemorrhagic Lesions Induced by Polyoma Virus in Hamsters. Cancer Res. 24, 3297.

Anschrift der Vortragenden: Prof. Dr. A. GEORGII, Dr. K. PRECHTEL und Dr. B. LUD- WIG, 8 Munchen 15, Thalkirchnerstrafie 36 (Pathologisches Institut der Universitat Miinchen).