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1 Einleitung
Für die Bildung des bodennahen Ozons spielen auch pflanzenbürtige
und somit biogene Kohlenwasserstoffe (BVOCs, biogenic volatile
organic compounds) eine wichtige Rolle. Anders als in der Strato-
sphäre liefert in der Troposphäre nur die photochemische Spaltung
von Stickstoffdioxid (NO2) das notwendige Sauerstoffatom für die
Ozonbildung. Neben den geringfügigen Mengen an natürlichen
Stickoxid-Emissionen sind es hauptsächlich anthropogene Quellen,
die NOx (x = 1, 2) in die Troposphäre eintragen. Es stellt sich ein
chemisches Gleichgewicht zwischen Ozon und Stickoxiden ein, so
dass ein linearer Zusammenhang zwischen der Ozonkonzentration
und dem NO2/NO-Verhältnis gegeben ist:
[O3] ~ [NO2] / [NO]
In Gegenwart von leicht flüchtigen organischen Verbindungen
(VOCs) in der Luft wird die Oxidation von NO zu NO2 gefördert,
woraus eine zusätzliche Ozonbildung resultiert (Abb. 1). Je nach Re-
aktivität und molekularem Aufbau der organischen Verbindung kann
der Mechanismus mehrfach durchlaufen werden, so dass ein organi-
sches Molekül zur Entstehung von mehreren Ozonmolekülen bei-
trägt. Es wird dann von einem hohen Ozonbildungspotential (OBP)
gesprochen. Hohe OBPs besitzen einige anthropogene Kohlenwas-
serstoffe (AVOCs) wie Ethylbenzol, Toluol und Xylol (Abb. 2). Aber
auch Pflanzen emittieren in unterschiedlichem Maße Kohlenwasser-
stoffe (BVOCs), zum Beispiel Isopren und Terpene. Isopren ist sehr
reaktiv und hat ebenfalls ein hohes OBP. So kann 1 g Isopren zur
Bildung von etwa 11 g Ozon führen (Carter 1994). Isopren wird
zwar auch vom Straßenverkehr emittiert (z.B. Borbon et al. 2001),
jedoch sind die biogenen Emissionsraten im Gegensatz zu den
anthropogenen bis etwa 30 °C exponentiell von der Temperatur ab-
hängig, so dass es im Temperaturbereich zwischen 25 und 30 °C zu
einer Verdoppelung der Isoprenemissionsrate kommt (Abb. 3). Dem-
entsprechend zeigt sich die Relevanz des biogenen Isoprens gegen-
über den anthropogenen Emissionen bezüglich der Ozonbildung so-
wohl im Jahresgang (Abb. 4) als auch im Tagesgang (ohne Abb.).
Letzteres ist durch das gleichzeitige Auftreten der Maxima der Iso-
prenemissionsrate und der OH-Konzentration am frühen Nachmittag
begründet.
Einfluss biogener Kohlenwasserstoffe auf die sommerliche
Ozonentstehung im urbanen Raum am Beispiel des Isoprens
Patrick Wagner, Wilhelm Kuttler
Fakultät für Biologie
Angewandte Klimatologie und Landschaftsökologie,
Universität Duisburg-Essen, 45141 Essen
Fakultät für Biologie
Angewandte Klimatologie und Landschaftsökologie
2 Relevanz des biogenen Isoprens in Hin-
blick auf den Stadtklimawandel
Zu den prognostizierten Wirkungen des globalen Klimawandels zäh-
len sowohl eine Zunahme der solaren Globalstrahlungsstromdichte
als auch der Temperatur der bodennahen Atmosphäre. Hierdurch
wird eine ideale Voraussetzung für eine Verstärkung der Isopren-
emissionen geschaffen. Durch die Kombination aus hohem OBP und
exponentieller Temperaturabhängigkeit der Emissionsrate muss da-
her davon ausgegangen werden, dass biogenes Isopren zu einer Leit-
substanz für die Beeinflussung der Luftqualität werden kann, und
zwar dort, wo Pflanzen entsprechend stark emittieren. Es stellt sich
daher die Frage, in welchem Maße städtische Vegetation unter den
Wirkungen des globalen Klimawandels durch zunehmende Isopren-
emissionen zu einer Erhöhung der Ozonkonzentration im urbanen
Raum führen kann.
sationsdetektor) vorgenommen werden. Das Projekt umfasst die Auf-
zeichnung des Jahresganges der Isoprenkonzentration an einer stark
befahrenen Straße sowie mobile Messungen zum Vergleich der
Isopren- und Ozonkonzentration an verschiedenen Standorten im ur-
banen Raum. Die mobilen Messungen erfolgen mit einem Messlabor
(Abb. 6).
Abb. 1: Reaktionsschema zur VOC-unterstützten Ozonbildung (R: unver-
änderter Teil des VOC-Moleküls nach Reaktion mit OH-Radikal). (nach Le
Bras, 2002)
Abb. 3: Temperaturabhängigkeit der Isoprenemissionsrate. (nach Guenther
et al. 1993)
Abb. 6: Mobiles Messlabor der Abt. Angewandte Klimatologie und Land-
schaftsökologie zur Messung meteorologischer Größen und der Isopren-
konzentration.
Abb. 2: Die Top 10 VOCs bezüglich des OBP nahe einer stark befahrenen
Straße im urbanen Raum von Peking. (nach Lee & Wang 2006)
Abb. 4: Typischer Jahresgang der Isoprenkonzentration. Diese Messungen
wurden von Reimann et al. (2000) an einem ruralen Standort mit anthropo-
genen Einflüssen in der Schweiz durchgeführt. Die Differenz zwischen ge-
messenem und biogenem Isopren entspricht dem anthropogenen Isopren.
Abb. 5: Bodennahe Ozonkonzentration in Abhängigkeit von NOx- und
VOC-Konzentration (NMKW: Nicht-Methan-Kohlenwasserstoffe) nach
Röth (2002). Die gestrichelte Linie markiert den Übergangsbereich zwi-
schen der NOx-sensitiven und der VOC-sensitiven (NOx-gesättigten) Luft.
Im VOC-sensitiven Bereich ändert sich die Ozonkonzentration bei Ände-
rung der NOx-Konzentration kaum, reagiert aber mit einer signifikanten
Modifikation auf eine Änderung der VOC-Konzentration.
3 Untersuchungen
Da zu dieser Fragestellung bisher nur wenige, meist theoretische Un-
tersuchungen durchgeführt wurden (z.B. Guenther et al. 1993, Benja-
min & Winer 1998, Narumi et al. 2009, Pacifico et al. 2009), soll die
Isoprenkonzentration an ausgewählten Standorten in Städten des
Ruhrgebiets gemessen werden, um folgende Fragen zu beantworten:
Welchen Einfluss haben Bäume in Straßenschluchten auf die
urbane Isoprenkonzentration?
Welche Werte nimmt das Verhältnis von biogenem zu anthropo-
genem Isopren in räumlicher und zeitlicher Abhängigkeit an?
Wie lässt sich die Straßenbegrünung bzgl. der urbanen Ozon-
bildung bewerten?
Der Zusammenhang zwischen Isoprenkonzentration und Ozonbil-
dung ist keinesfalls linear. So zeigten Sillman (1999) und Röth
(2002), dass die Ozonbildung in einer NOx-gesättigten Luft, wie sie
im Allgemeinen in urbanen Straßenschluchten vorliegt, sehr emp-
findlich auf Änderungen der VOC-Konzentration reagiert (Linie von
A nach B in Abb. 5).
Die geplanten Untersuchungen sollen mithilfe einer Online-Messme-
thode (GC-PID, Gaschromatograph gekoppelt mit einem Photoioni-
4 Literatur
Benjamin, M. T. and Winer, A. M., 1998. Estimating the ozone-forming potential of urban
trees and shrubs. Atmospheric Environment 32, 53–68
Borbon, A., Fontaione, H., Veillerot, M., Locoge, N., Galloo, J.C., Guillermo, R., 2001. An
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Narumi, D., Kondo, A., Shimoda, Y., 2009. The effect of the increase in urban temperature
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Pacifico, F., Harrison, S.P., Jones, C.D., Sitch, S., 2009. Isoprene emissions and climate. At-
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Reimann, S., Calanca, P., Hofer, P., 2000. The anthropogenic contribution to isoprene con-
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Röth, E.P., 2002. Ozonloch/Ozonsmog, Richard Pflaum GmbH & Co KG, München
Sillman, S., 1999. The relation between ozone, NOx, and hydrocarbons in urban and pollu-
ted rural environments. Atmospheric Environment 33, 1821–1845.
Web: http://www.uni-due.de/klimatologie · E-Mail: [email protected]