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XII.
Aus dam Institut ftir tlyg'iene und Bakteriologie der Universit~tt Strassburg. (Direktor: Geh.-tlat Prof. Dr. U h l e n h u t h . )
Experimentelle Gehirntumoren bei Mitusen. Vol1
Dr. E. Ebeling, Stabsarzt u. Bata i l lonsarz t I I I . Batai l lons Inf.-Rgts. v. Grolman (1. Posensches) Nr. 18~
kommaud ie r t zum Ins t i tu t .
(Mit 3 Textfiguren.)
Die erfolgreiche Erzeugung von Gehirntumoren durch intrakranielle Impfung yon Mausen mit Mausecarcinom ist unseres Wissens zuerst U h l e n h u t h und B i n d s e i l gelungeu und dartiber am S. Mai 1913 in der Strassburger milit~trarztlichen Gesellschaft kurz berichtet wordenl).
Ich habe nun diese Versuche, die uns zu Studien tiber Operations- immunitat dienen sollten, fortgesetzt, unter Ausarbeitung einer genauen Impftechnik und kann dartiber folgendes berichtene):
Der zur Impfung vorgesehene subkutane Tumor wird mSglichst bald naeh TStung der Maus in einer Reibsehale sehr rein zerrieben, mit warmer steriler KochsalzlSsung aufgeschwemmt und dann kurze Zeit zentrifugiert. Letzteres ist notwend~g um die grSheren Teile a u s d e r Aufschwemmung zu entfernen und- dadurch ein Verstopfen der anzuwendenden sehr feinen Kantilen zu vermeiden. Nach guter Fixierung der Maus wird die Nadel der mit der Aufschwemmung geftillten Spritze mSglichst senkrecht im Bereich der Scheitelbeine dureh die Sch~delkapsel gestoehen, was auch bei alteren Tieren unschwer gelingt und sofort, nachdem die Nadel5ffnung die Schadeldeeke passiert hat, etwa 0,01 ccm der Aufschwemmung injiziert. Ein zu tiefer Stich in das Gehirn oder zu starker Druck bei tier Injektion hat oft, ebenso wie die Injektion einer zu grossen Menge und Verwendung
1) U h l e n h u t h , Demonstration yon experimentellon tIoden- und Hirntumoren. Deutsche rood. Wochensehr. 1913. Vereinsbefiehte. S. 1859.
2) Die Arbeit ist z. T. ausgef~hrt mit Mitteln, die in dankenswerter Weise veto Zentralkomitee fiir Krebsforschung zur Verfiigung gestellt wurden.
152 E. Eb cling, Experimentelle Gehirntumoren bei Miiusen.
dicker Kantilen~ das sofortige Eingehen der Tiere zur Folge. Bel Beob- aehtung der genannten Vorsiehtsmassregeln hat man etwa nur mit 10 pCt. Verlusten zu reehnen. Es ist anffgllJg wie gut slell manehe Tiere, die stundenlang naeh der lmpflmg in Kr~mpfen oder kaum atmend auf dem Rtieken lagen, wieder erholen. 14 Tage his 3 Woehen naeh der h\iektion , selten frtiher oder sp~tter, zeigen sich bei den Tieren, bei denen der Tumor angeht, die ersten Symptome.
Bei der Benutzung eines Gehirntumors als Impfmaterial kann man trotz Verwendung feiner Kantiten auf das Zentrifugieren verziehten, was den Prozentsatz der spgter positiven Tiere erhSht. Die Gehirntumoren lassen sieh zu einer sehr fein verteilten Aufsehwemmung verarbeiten, die selbst die feinsten Kanillen passiert. Das erste Symptom des waehsenden Tumors ist gew(ihnlieh Teilnahmlosigkeit des mit hoehgekrtimmtem Rtieken dasitzenden Tieres. Dann folgt racist sehon eine sehwaehe VorwSlbung des Seh~tdels im Bereieh der Scheitelbeiue. Die Vorw/51buug des Seh~tdels kann man sehr frtihzeitig dutch Betastung fest stellen, indem man mi~ dem Finger yon tier Nasenwurzel her itber den Seh~tdel hinwegstreieht. Ein bis zwei Tage sp'~ter nimmt man aueh die beginnende Formver~inderung des Sehgdels bei Betrachtung des Profils tier Maus wahr, w/ihrend bei der Betraehtung ~-on vorn, die Ohren des Tieres mehr naeh unten gertiekt seheiuen. (Ein Beispiel far einen weiter fortgesehritteueu, rein intrakraniell gewaehsenen Tmnor zeigt Fig. 1, fiir einen solchen mit z. T. extrakranieller Entwieklung zeigt Fig. 2, a und b.)
Es ist auffallig wie wenig Ausfalls-, Hirnreizungs- und Druek- erseheinungen die Tiere bei den raseh waehsenden und relativ recht grossel~ Hirntmnoren darbieten. Letzteres ist woht darauf zurtickzuffihren, dass es beim Waehsen der vorwiegend intrakraniell sieh entwiekelndeu Tumoren fast stets zu einem Auseinanderweichen der Seheitelbeine kommt. Die Hirnsymptome besehranken sieh racist auf Paresen einzelner Extremi- t/iten~ allgemeine klonisehe sowie tonisehe Kr~tmpfe einzelner ~Iuskel- gruppen und Zwangsbewegungen (siehe Tabelle).
Diese Tumoren verursaehen den Tod des Tieres racist 8--14 Tage naeh dem Auftreten der ersten Tnmorsymptome, wallrend die Lebensdauer der Tiere mit z.T. extrakraniell gewaehsenem Tumor 1/inger ist.
Die innerhalb der Seh~idelkapsel gewaehsenen Tumoren erreiehen im gfinstigsten Falle etwa ErbsengrSsse und lassen sieh makroskopiseh sehwer yon der normalen Gehirnsubstanz trennen, yon der sic sieh nnr in Farbe und Konsistenz unterseheiden. Ein Tumor wurde beobaehtet, der sieh zwisehen gnoehen und Hirnh/~uten gebildet hatte und letztere zapfenfSrmig in das Gehirn vorgestfilpt hatte.
Die partiell extrakraniell gewaehsenen Tumoren, die seltener beob- achtet wurden, erreiehen sehon wegen tier l'~ngeren Lebensdaner der Tiere
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154 E. Ebeling~ Experimentello Gehirntumor~n bei M~usen.
eine betr~tchtlichere GrSsse (Fig. 2, a und b). Metastasen wurden [ibrigens auch in diesen F~llen weder im Gehirn selbst, noch in anderen Organen beobaehtet.
Figur I.
Figur 2a.
:Figur 2b.
Die Zahl der positiven Tiere betrug bei Verwendung eines subkutan gewachsenen Tumors als Impfmaterial nur 773 pCt, bei Verwendung eines Gehirntumors als Ausgangsmaterial dagegen 32 pCt., in einigen Versuchen
E. Ebeling~ Experimentelle Gohirntumoren boi M~usen. 155
sogar ]00 pCt., wobei zu bemerken ist, dass die sofort bei der Impfung eingegangenen Tiere bei der Berechnung nicht in Betracht gezogen sind. Es hat den Anschein, als ob durch die Impfung yon Gehim zu Gehirn eine Anpassung des Tumors an diesen Wachstumsboden stattffinde.
"Die Gehirntum. oren wurden auch, - - wie aus der Tabelle ersichtlich -- , mit Erfolg auf eingefangene graue Hausm~iuse iibertragen. W~ihrend bei diesen Tieren die subkutane Impfung, sowohl bei Verwendung yon Tumor- material yon einer weissen, als auch yon solchem yon einer artgleichen grauen Maus, in etwa 30oCt. der Falle positiv ausfiel, ergab die intra- kranielle Uebertragung bei Verwendung von Gehirntumoraufschwemmung 40 pCt. positive Tiere.
Von 8 aus verschiedenen u stammenden weissen Miiusen, - - alles relativ alte Tiere - - die eine hohe nattirliche Resistenz gegen unsem Carcinomstamm zeigten und slimtlich mehrere verschiedenartige Impfungen erfolglos tiberstanden hatten, konnten 5 Tiere (62,5 pCt.) durch intrakranielle Impfmlg bei Verwendung yon Gehirntumoraufschwemmung infiziert werden. Es entwickelte sich bei diesen M~tusen ein deutlicher Gehirntumor. Der Einwurf, dass diese Geschwtilste vielleicht noch der Resorption anheimgefallen w~tren, kann naturgem:~iss wegen des regel- miissigen Eingehens der Tiere, sobald der Tumor etwa ErbsengrSsse er- reicht hat, nicht widerlegt werden. Das Verhalten der Miiuse mit hoher natfirlicher Resistenz gegentiber der intrakranie]len Nachimpfung, sowie die Tatsache, dass graue M~tuse auf intrakraniellem Wege leichter als subkutan mit unserm Carcinomstamm infiziert werden konnten, ermutigt zu weiteren Versuchen, den Tumor auf diese Weise zuniichst auf das Gehirn verwandter Tiere zu tibertragen.
Ein nach dieser Richtung unternommener Versuch bei 8 jungen Ratten hatte allerdings bisher ein negatives Resultat.
Sollte es gelingen, den M~tusetumor durch Gehirnimpfung bei einer andern Tierart zum Wachstum zu bringen, so wird es leicht sein, den einmal angepassten Tumor auf jedes be]iebige Organ anderer Individuen derselben Tierart zu iibertragen~ wie dieses bereits mit Gehirntumoren yon grauen und weissen Miiusen von uns ausgefiihrt wurde.
Herr Prof. Dr. Her te l , Direktor der Universitats-Augenklinik, hatte die Liebenswtirdigkeit, eine ganze Reihe yon Gehirntumormiiusen, sowie mehrere Gehirntumorratten, welche aus noch nicht publizierten Versuchs- reihen yon U h l e n h u t h und Dold 1) stammen, okulistisch zu untersuchen. Es konnten weder in vivo, noch auf Schnitten im mikroskopischen Bilde~
1) Uhlenhuth und Dold haben bei Ratten mit dem Jensenschen Sarkom typische Hirntumoren erzeugt. Die Tiore zeigten ~ihnliche Erscheinungen wie die M~iuse. Die Autoren werden darfiber besonders berichten.
156 E. Ebe l ing , Experimentelle Gehirntumoren bei M~iusen.
Vergnderungen an den Augen gefunden werden. Besonders zeigte kein Fall eine Stauungspapille, was vielleicht aaf das unter dem intrakraniellen Druck sehr frtihzeitig erfolgende Auseinanderweichen der Schgdelkapsel in den Nahten zurtiekzuftfi~ren ist.
Der Tumor erleidet durch sein Wachstum im Schi~delinnern, wie vor- auszusehen, fibrig'ens keinerlei Veranderung in seinem mikroskopischen Aufbau. Er zeigt denselben drfisigen Bau, wie beim Wachsen auf andern Organen als Mutterboden; die Grenze gegen das gesunde Gewebe ist ziemlich scharf.
Herrn Prof. Dr. H e r t e l , sowie I-Ierrn Prof. Dr. W o l f f , Direktor der Hautkliuik, der die Gfite hatte, die photographischen Aufnahmen der beiden Tiere herzustellen~ mSchten wir auch an dieser Stelle unsern besten Dank sagen.
Anmerkffng: Naeh Abschluss der verliegenden Arbeit ersehien in Nr. 2, Jahrg. 1914~ der Berliner klin. Wochenschrift eine vorl~ufige Mitteilung aus der Universit~ts-Augenklinik in Budapest yon Dr. Rados~ ,Experimentelle Beitr~ige zur Entstehung der Stauungspapille". Rados hatte im Semmer 1913 auf Ver- anlassung von Geheimrat Uhlenhu th in unserem Institute einige Gehirntumoren bei M~usen and Rattan okulistiseh untersueht, ohne jedeoh eine Stauungspapille zu finden. I~ados hat nun in Budapest eigene Versuche angestellt und will 5fret eine Stauungspapille beebachtet baben.
Wit werden unsere Beobachtungen fiber Stauungspapille in Gemeinschaft mit Prof. Hertel fortsetzen und eventaell waiter dariiber berichten.