Upload
ralfstein9265
View
219
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
1/35
LernSystem ProAuto-Skript: Grundlagen der Strafbarkeit
Datum: 23.03.2002 [LK Nr.]
Lernkarten von Lutz Hlsdunk, Stand Mai 2001
Strafrecht Allgemeiner Teil - Grundlagen der Strafbarkeit
Die Referenzen beziehen sich auf die elektron. Karteikarten
StGB AT von Dr. H.-F. Thomas
Die eKK knnen unter http://www.juracom.de erworben werden.
Verwenden Sie die eKK, um die bewusst knappen Lernkarten
besser zu verstehen und den Stoff zu vertiefen.
(Bitte umdrehen)
Die Lernkarten und die eKK sind urheberrechtlich geschtzt.
Nur fr die Lernkarten gilt ergnzend Folgendes:
Sie drfen die Inhalte der Lernkarten fr eigene Zwecke beliebig
verndern und erweitern. Es ist Ihnen aber ausdrcklich untersagt
solche genderten Karten zu vervielfltigen oder weiterzugeben.
[1]
Prfungsreihenfolge (5)
Aufbau der Straftat
1. Tatbestand
2. Objektive Bedingungen der Strafbarkeit
3. Rechtswidrigkeit
4. Schuld
5. Keine persnliche Strafaufhebung
[2]
4 Arten [] [...]
Funktionen des Straftatbestandes
1. Auslesefunktion
Gesetzgeberische Festlegung strafwrdigen Unrechts
2. GarantiefunktionArt. 103 II GG
Strikte Begrenzung der Strafbarkeit auf diese Auswahl
3. Indizfunktionvgl. 11 I Nr. 5
Bei Verwirklichung ist grds. Rechtwidrigkeit indiziert
4. Appellfunktionvgl. 16 I 1
Aufforderung zu rechtstreuem Verhalten
eKK StGB AT 1 [3]
berblick (5) [zB]
Objektiver Tatbestand
1. Tterqualitt
Grds. Jeder (wer)
Ausn. Sonderdelikte
2. TatsituationzB bei einem Diebstahl 252
3. Tatobjekt/TatopferzB Urkunde, anderer Mensch
4. Tathandlung ggf. Taterfolg zB wegnehmen, tten
5. TatmodalittenzB Beisichfhren von Waffen
eKK StGB AT 1 [4]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
2/35
berblick (5) [zB] []
Subjektiver Tatbestand
1. Vorsatz 15 iVm 8
bzgl. aller obj. Tatbestandsmerkmale bei Begehung der Tat
2. MotivezB niedriger Beweggrund 211
3. AbsichtenzB Zueignungsabsicht 242
4. TendenzenzB Eigennutz, Gewerbsmigkeit
5. Gesinnungsmerkmale Einordnung str.
zB rcksichtslos in 315c
eKK StGB AT 1 [5]
Erklrung
Objektive Bedingung der Strafbarkeit
Solche Merkmale einer Straftat, die nicht von Vorsatz,
Fahrlssigkeit oder Schuld umfasst sind, aber vorliegen mssen,
damit die tatbestandlich umschriebene Handlung strafbar ist.
[6]
4 Beispiele []
Objektive Bedingungen der Strafbarkeit
1. Nichterweislichkeit der Wahrheit 186
2. Schwere Folge der Schlgerei 231
3. Konkurserffnung 283 VI
4. Im Rausch begangene Straftat 323a
eKK StGB AT 1 [7]
Definition [...] & Abgrenzung
Gegenstand des Internationalen Strafrechts
Nationales Strafanwendungsrecht
Bestimmung des Geltungsbereichs des deutschen Strafrechts
insbesondere in Fllen mit Auslandsbezug.
Kein Kollisionsrecht(wie das IPR),
da die Unanwendbarkeit des Deutschen Strafrechts als
Prozesshindernis wirkt, das zur Einstellung des Verfahrens fhrt.
eKK StGB AT 2 [8]
berblick (2) & Einschrnkung [zB]
Differenzierung der Taten im internationalen Strafrecht
1. Inlandstaten 3 ff. StGB
2. Auslandstaten 5 ff. StGB
Tatbestandsimmanente Inlandsbeschrnkung
zB Bestechung eines auslndischen Beamten nicht nach 334 I
strafbar (vgl. 11 I Nr. 2)
eKK StGB AT 2 [9]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
3/35
Grundsatz & 2 Fallgruppen []
Internationales Strafrecht bei Inlandstaten
Territorialittsgrundsatz
1. Inlandstaten i.e.S. 3 StGB
2. Deutsche Schiffe oder Luftfahrzeuge 4 StGB
eKK StGB AT 2 [10]
4 Grundstze [] [...]
Auslandstaten
1. Schutzgrundsatz 5, 7 I (inlndische Rechtsgter)
2. Weltrechtsgrundsatz 6 (internationale Rechtsgter)
3. Personalittsgrundsatz 5 Nrn. 8, 9; 7 II Nr. 1 1. F. (Dt.)
4. Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege
7 II Nr. 1 2. F, Nr. 2 (bei Nichtauslieferung)
eKK StGB AT 2 [11]
3 Meinungen [...]
Handlung im strafrechtlichen Sinn
1. Kausale Handlungslehre
= Jedes uerlich willensgetragene Verhalten
2. Finale Handlungslehre
= Jedes vom steuernden Willen beherrschte,
zielgerichtete menschliche Verhalten
3. Soziale Handlungslehre
= Jedes vom Willen beherrschte oder beherrschbare
sozialerhebliche Verhalten
eKK StGB AT 3 [12]
Gegenberstellung [...] & Merkposten
Kausale und finale Handlungslehre
1. Kausale Handlungslehre
nimmt grds. noch keine Willenselemente in den Tatbestand
auf und prft daher den Vorsatz erst bei der Schuld
2. Finale Handlungslehre
erkennt den Willen als Teil des Tatbestands und prft
daher den Vorsatz in einem subjektiven Tatbestand
In Klausuren wird die Prfung final aufgebaut!
[13]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
4/35
2 Problembereiche [...] [zB]
Handlung im strafrechtlichen Sinn
1. Noch-Handlungen
= beeintrchtigte Willenssteuerung
zB vis compulsiva, Affekttaten, Spontanreaktionen
str. bei automatisierten Verhaltensweisen
2. Nicht-Handlungen
= ausgeschlossene Willenssteuerung
zB vis absoluta, Reflexbewegung, Tiefschlaf, Narkose,
etc; Tatfrage bei sinnloser Trunkenheit
eKK StGB AT 3 [14]
2 Meinungen [...]
Zurechnung von Erfolgen bei Erfolgsdelikten im obj. TB?
1. Herrschende Lehre
a) Kausalitt
b) Einschrnkung: Objektive Zurechnung
2. Rechtsprechunga) Kausalitt
b) Einschrnkung
Bei FL-Delikten: Objektive Zurechnung
Bei VS-Delikten: 16 I 1
(Wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf)
eKK StGB AT 4 [15]
Grunddefinition (Satz)
Kausalitt im Sinne der quivalenztheorie
Eine Handlung ist kausal fr einen Erfolg, wenn sie nichthinweggedacht werden kann, ohne dass der ganz konkrete,
zu dieser Zeit in dieser Weise geschehene Erfolg entfiele.
eKK StGB AT 4 [16]
3 Grundstze [...]
Kausalitt im Sinne der quivalenztheorie
1. Gleichwertigkeit aller Bedingungen
Kein Unterschied zwischen typischen und atypischen
Geschehensablufen (ggf. nur Vorsatzausschluss 16 I 1).
2. Kein RegressverbotSpteres vorstzliches Verhalten Dritter oder des Opfers
unterbricht nicht die Kausalkette.
3. Keine hypothetische Kausalitt
Ohnehin spter anders eintretender Erfolg ist unerheblich.
eKK StGB AT 4 [17]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
5/35
Definition (Satz, 2 Elemente)
Objektive Zurechnung
Objektiv zurechenbar ist ein durch menschliches Verhalten
verursachter Erfolg nur dann, wenn dieses Verhalten
+ eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen
+ und gerade diese Gefahr sich im tatbestandsmigen Erfolg
verwirklicht hat.
eKK StGB AT 4; Trndle/Fischer vor 13, Rn. 17 [18]
5 Fallgruppen [...]
Ausschluss der objektiven Zurechnung
1. Fehlende Beherrschbarkeit
Generell ungefhrliches Verhalten fhrt aufgrund
eines absurden oder atypischen Kausalverlaufs zum Erfolg
2. Risikoverringerungdurch Abschwchen einer Gefahr
3. Fehlende Risikoverantwortung
Gefahr betrifft ausschlielich Verantwortungsbereich anderer4. Fehlender Risikozusammenhang
Erfolg wre auch bei pflichtgemem Handeln eingetreten.
5. Schutzzweckneutralitt
eKK StGB AT 4 [19]
Voraussetzung [...] [zB]
Ausschluss der objektiven Zurechnung aufgrund
fehlender Risikoverantwortung
Vollstnd. Verantwortungsverlagerung auf einen anderen
Zweitverursacher muss zurechenbar ein vllig neues Risiko
schaffen, das innerlich nicht mit der Ausgangsgefahr verknpft ist.
zB Keine Unfallhaftung des Fahrgastes, der ein erkennbar
verkehrsunsicheres Taxi besteigt, gegenber einem spter
geschdigten Fugnger; keine zurechenbare Ttung, falls das
vom Tter bewusstlos geschlagene Opfer spter vorstzlich von
einem Dritten gettet wird.
eKK StGB AT 4 [20]
Problembereich & 2 Fallgruppen & Folge
Ausschluss der objektiven Zurechnung aufgrund
fehlender Risikoverantwortung?
Zurechnung von Schden bei Rettungsversuchen durch Dritte
1. Erfolgsverursachung durch fahrlssiges Retterhandeln
2. Retter kommt in Folge der Eigengefhrdung zu Schaden
Folge:Keine vollstndige Veantwortungsverlagerung
also objektive Zurechnung (+), Details str.
.
eKK StGB AT 4 [21]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
6/35
bungsflle & Lsungshinweise
Zurechnung von Erfolgen bei Erfolgsdelikten (fr T)
1. X berfhrt vorstzlich das bereits von T angefahrene und
lebensgefhrlich verletzte Unfallopfer.
2. T gibt dem Todkranken O die erlsende Spritze.
3. T berfhrt den O, der im Krankenwagen durch einen
Verkehrsunfall ums Leben kommt.
4. Wie 3. nur da O an den Folgen seiner Verletzung stirbt.
5. X schlgt auf den Kopf des O ein, T lenkt den Schlag ab, so
dass O zwar nicht am Kopf aber an der Schulter verletzt
wird.
1. Kausalitt(+): Kein Regressverbot gg. X
Obj. Zurechnung(): Fehlende Risikoverantwortung; str.
2. Kausalitt(+): Hypothetische Kausalitt unbeachtlich
3. Obj. Zurechnung(): Schutzzweckneutralitt
4. Obj. Zurechnung(+): Risikozusammenhang
(Nur zw. ob auch unmittelbar iSd 227).
5. Kausalitt (+): Es kommt auf den konkreten
Erfolg an, der sich hier verwirklicht hat
Obj. Zurechnung(): Risikoverringerung
eKK StGB AT 4 [22]
bungsflle & Lsungshinweise
Zurechnung von Erfolgen bei Erfolgsdelikten (fr T)
1. T berfhrt den O, der auf der Strae liegen bleibt. Auf-
grund einer ungeschickten Rettungsaktion des X stirbt O.
2. T schenkt O ein Flugticket, in der Hoffnung, das Flugzeug
werde abstrzen. So geschieht es tatschlich.3. Gastwirt T schenkt Alkohol an einen Gast aus, der spter
einen schweren Unfall verursacht, bei dem O verletzt wird.
4. T berholt unerlaubter Weise den O. Ein nicht erkennbar
defekter Reifen platzt, so dass es zu einem Unfall kommt,
bei dem O stirbt.
1. Kausalitt(+): Kein Regressverbot gg. X
Obj. Zurechnung(+): Ausreichende Risikoverantwortung
mangels vollstndiger Verantwortungsverlagerung auf X
2. Kausalitt (+)Obj. Zurechnung(): Fehlende Beherrschbarkeit
3. Kausalitt (+), wenn Unfall aus Trunkenheit resultiert
Obj. Zurechnung(): Fehlende Risikoverantwortung
4. Kausalitt(+)
Obj. Zurechnung(): fehlender Risikozusammenhang
eKK StGB AT 4 [23]
2 Arten [...] (Gegenberstellung)
Unterlassungsdelikte
1. Echte UnterlassungsdeliktezB 138, 142 Abs. 2, 323Der Straftatbestand selbst fordert die Vornahme einer
Handlung.
2. Unechte Unterlassungsdelikte 13 I StGB
Aufgrund einer besonderen Garantenstellung fordert
das Gesetz die Verhinderung eines normalen
(Begehungs-) Straftatbestandes.
eKK StGB AT 5 [24]
Objektiver Tatbestand (4 Voraussetzungen)
Unechtes Unterlassungsdelikt
1. Eintritt des tatbestandlichen Erfolges
2. Durch Unterlassen
3. Garantenpflicht
4. Zumutbarkeit pflichtgemen Handelns
eKK StGB AT 5 [25]
Erklrung
Eintritt des tatbestandlichen Erfolges bei 13
Alle ueren deliktsspezifischen Merkmale mssen vorliegen,
zB auch Tatsituation, Tterqualitt
[26]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
7/35
Grundsatz & Ausnahme [...]
Art des eintretenden tatbestandlichen Erfolges bei 13
1. Grds. Erfolgsdelikte
als Verletzungs- oder konkrete Gefhrdungsdelikte
2. Ausn. Verwirklichung eines Ttigkeitsdelikts (hM)
zB nach irrtmlicher gutglubiger Anzeige einer Straftat
erkennt der Anzeigende seinen Irrtum und berichtigt seine
Mitteilung nicht: 145 d I Nr. 1, 13 I aus Ingerenz.
eKK StGB AT 5 [27]
5 Voraussetzungen
Durch Unterlassen bei 13
1. Nichtvornahme einer zur Abwendung des Erfolgs
geeigneten Handlung
2. Mglichkeit dieser Handlung
3. Quasikausalitt
4. Objektive Zurechnung
5. Ggf. Gleichwertigkeit des Unterlassens
eKK StGB AT 5 [28]
bungsfragen & Antworten
Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen
1. Wie grenzt man nach hM Tun und Unterlassen
voneinander ab?
2. Welches Hilfsmittel steht einem dabei zur Verfgung?
3. Wie ist das Abhalten eines Rettungswilligen zu bewerten?
4. Wie wird die Abgrenzung zT im Schrifttum vorgenommen,
wann liegt danach Tun und wann nur Unterlassen vor?
1. Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit (hM)
2. Hilfsmittel: Formulierung von Rechtsstzen
a) Gebot bzgl. der Unterlassenskomponente
b) Verbot bzgl. der Handlungskomponente
3. Aktive Behinderung eines Rettungswilligen= Tun
4. Nach dem sog. naturalistischen AnsatzAktives Tun liegt vor, bei jeder Energieentfaltung in Rich-
tung auf das verletzte Rechtsgut, das fr den Erfolgseintritt
kausal war (also nur Unterlassen bei vlliger Unttigkeit).
eKK StGB AT 5 [29]
bungsflle & Lsungshinweise
Ermittlung des Schwerpunkts der Vorwerfbarkeit
1. Im Krankenhaus entdeckt T, dass sich der Infusions-
schlauch seines Nebenbuhlers gelst hat. Weil er N gerne
tot sehen mchte, versteckt er das Schlauchende unter derDecke und sagt weder der Krankenschwester noch dem
Arzt etwas.
2. T fhrt den O fahrlssig mit dem Auto um. Spter stellt sich
heraus, da der Unfall nur passiert ist, weil T das Licht
nicht eingeschaltet hatte.
3. T schaltet die Herz-Lungen-Maschine des O ab.
1. a) Gebot: Nimm unterbrochene Infusionen wieder auf.
b) Verbot: Verstecke keine Schlauchenden.
c) Erg.: Gebot wiegt schwerer, also Unterlassen.2. a) Gebot:Schalte das Licht an.
b) Verbot: Fahr keinen Menschen um.
c) Erg.: Verbot wiegt schwerer, also Tun.
3. Hier fhrt Gebot/Verbot zu keinem klaren Ergebnis
M1: Unterlassen nur moderne Technik; frher klar 13
M2: Tun Aktive Unterbrechung eines Rettungsablaufes
eKK StGB AT 5 [30]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
8/35
Prfungsmastab
2 Indizien
Mglichkeit der unterlassenen Handlung bei 13
Feststellung nach individueller Handlungsfhigkeit des Tters.
Indizien
Nhe zur Gefahrenstelle
Vorliegen von Rettungsmitteln
eKK StGB AT 5 [31]
2 Meinungen [...]
Quasikausalitt bei 13
1. HM: Vermeidbarkeitstheorie
Handlung htte Erfolg mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit verhindert
2. AA: Risikoerhhungslehre
Handlung htte die Rettungschancen vergrert
Art. 103 II: wrde Gefhrdung und Erfolg gleichstellen
eKK StGB AT 5 [32]
bungsfall & Lsungshinweise
Quasikausalitt bei 13
Das Haus des V steht in Flammen. Er bringt es nicht ber das Herz
sein 1-jhriges Kind K zur Rettung aus dem Fenster zu werfen. Das
Kind stirbt in den Flammen, wre aber auch durch den Wurf aus
dem Fenster gestorben.
1. Quasikausalitt(+)
Der konkrete Erfolg wre mit an Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit vermieden worden; hypothetische Zweitur-
sachen sind im Rahmen der Kausalitt unbeachtlich.
2. Objektive Zurechnung(-)
Der Risikozusammenhang fehlt. Der gleiche - nur unter-schiedlich verwirklichte - Erfolg wre auch durch pflicht-
gemes Handeln eingetreten.
eKK StGB AT 5 [33]
Ausgangsnorm & Definition (Satz, 2 Elemente)
Merkposten
Zumutbarkeit des Einschreitens bei 13
Vgl. 323c(Legaldefinition)
Das Einschreiten ist zumutbar, wenn es
1. ohne erhebliche eigene Gefahrund
2. ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten
vorgenommen werden kann.
Nach aA: kein TBM, sondern Entschuldigungsgrund.
eKK StGB AT 5 [34]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
9/35
Gegenberstellung (2/2 Elemente)
Garantenstellung und -pflicht bei 13
1. Garantenstellung
+ die zwischen Tter und Opfer bestehende, pflichten-
begrndende Sonderstellung
+ Irrtum richtet sich nach 16 I 1 (Tatumstandsirrtum)
2. Garantenpflicht
+ das daraus resultierende Handlungsgebot im Einzelfall
+ Irrtum richtet sich nach 17 (sog. Gebotsirrtum)
eKK StGB AT 6 [35]
5 Fallgruppen
Entstehungsgrnde von Garantenpflichten
1. Rechtssatz mit Sonderpflicht
2. Tatschliche Gefahrenbernahme
3. Vorangegangenes Tun (Ingerenz)
4. Zustandshaftung fr Gefahrenquellen
5. Enge Gemeinschaftsbeziehung
eKK StGB AT 6 [36]
3 Voraussetzungen
Garantenpflicht aus vorangegangenem Tun (Ingerenz)
1. Dadurch Gefahrerhhung fr Schadenseintritt
2. Ohne als sozial bliches Verhalten anerkannt zu sein
zB nicht wegen gemeinsamen Fuballspiels
3. Unerlaubt (hM)
d.h. nicht oder nicht mehr gerechtfertigt, zB Einsperren eines
Einbrechers im Khlraum nach 32 gerechtfertigt, aberGarantenpflicht, falls Einsperren nicht mehr erforderlich.
[37]
4 Fallgruppen
Garantenpflicht aus enger Gemeinschaftsbeziehung
1. Natrliche Verbundenheit
2. Vertrauensgemeinschaften
3. Bewusst eingegangene Gefahrengemeinschaften
4. Enge vertrauensorientierte Geschftsbeziehungen
[38]
bungsflle & Lsungshinweise
Garantenstellungen
1. Alpinist bernimmt Bergfhrung.
2. Mehrere Bergwanderer besteigen gemeinsam den Brocken.
3. T hat O in Notwehr verletzt.
4. T lsst seinen Mhdrescher laufen, whrend er austritt.
5. A, B und C zechen gemeinsam, als sich C verletzt.
6. Mehrere Personen sind werden in einem Tunnel verschttet.
7. Bankkunde und Bank in Hinblick auf 263, 2668. Babysitterin T passt kraft nichtigen Vertrages mit der Mutter
M auf deren Baby B auf.
1. Tatschliche Gefahrenbernahme (+)
2. Bewusst eingegangene Gefahrengemeinschaft(+)
3. Vorangegangenes Tun?str.; nach hM (), da erlaubt
4. Zustandshaftung fr Gefahrenquellen(+)
5. Vertrauensgemeinschaft() nur sog. Zechgemeinschaft
6. Bewusst eingegangene Gefahrengemeinschaft(),
da unfreiwillige Situation (vgl. hingegen 2.)7. Enge vertrauensorientierte Geschftsbeziehung(+)
8. Wie 1.; Nichtigkeit unerhebl.; zus. berwachungspfl. der M
eKK StGB AT 6 [39]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
10/35
2 Arten [...]
Merkposten [zB]
Garantentypen nach der sog. Pflichtenlehre
1. Beschtzergaranten(= Obhutsgaranten)
mssen Rechtsgut vor allen Gefahren schtzen
2. berwachungsgaranten(= Sicherungsgaranten)
mssen alle Rechtsgter vor Schden aus der von
ihnen beherrschten Gefahrenquelle bewahren
Typen knnen auch gemischt sein:
zB Mutter gibt Kind K zum Spielen mit S Feuerwerkskrper mit
eKK StGB AT 6 [40]
bungsfall & Lsungshinweise
Unterlassen bei Rettungsmanahmen
A hlt den Rettungswilligen R von weiteren Rettungsma-
nahmen zugunsten eines lebensgefhrlich Verletzten ab, indem er
den R berredet, das Opfer sterben zu lassen.
Strafbarkeit des A in den Kombinationen
1. A ist kein Garant (R ist Garant/kein Garant)
2. A ist Garant (R ist Garant/kein Garant)
1. A ist kein Garant (Anstiftung zum Unterlassen)
R ist Garant 26 iVm 212, 13
R ist kein Garant 26 iVm 323c2. A ist Garant
212, 13 verdrngen etwaigen 26.
[41]
bungsfall & Lsungshinweise
Unterlassen bei Rettungsmanahmen
A hlt den Rettungswilligen R von weiteren Rettungsma-
nahmen zugunsten eines lebensgefhrlich Verletzten ab, indem er
den R darber tuscht, dass Rettung nicht mehr mglich sei.
Strafbarkeit des A in den Kombinationen
1. A ist kein Garant (R ist Garant/kein Garant)
2. A ist Garant (R ist Garant/kein Garant)
Immer Begehungsdelikt in mittelbarer Tterschaft!
bei Unterlassung des Werkzeugs iF Tuschung/Zwang.
aktives Eingreifen des Hintermannes
[42]
bungsfall & Lsungshinweise
Beihilfe durch Unterlassen und Garantenstellung
von Gastwirten
Gastwirt G hrt zufllig, wie zwei Gste, die zuvor reichlich dem
Alkohol zugesprochen haben, einen Mord verabreden. G glaubt,
das gehe ihn nichts an und bleibt deshalb unttig.
Strafbarkeit des G auerhalb von 138 I Nr. 6, wenn der Mord
tatschlich verabredungsgem ausgefhrt wurde?
27, 13 iVm 211
1. M1: Beihilfe durch Unterlassen nicht mglich
dann Schwerpunkt immer nur beim aktiven Tter
HM:Beihilfe durch Unterlassen mglich
2. Aber Garantenstellung()
Nicht Gesetz, da 138 I Nr. 6 = keine Sonderpflicht
Nicht aus Ingerenz
es sei denn G verstie gg. 20 Nr. 2 GaststG
Nicht aus Zustandshaftung, da keine typ. Gefahr
[43]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
11/35
bungsfragen & Antworten
Garantenstellung bei Ehegatten
1. Aus welcher Norm kann man die rechtliche Einstands-
pflicht ableiten?
2. Welche Meinungen werden zum Ende dieser Pflicht
vertreten (in zeitlicher Reihenfolge)?
3. Wie weit geht diese Garantenpflicht?
1. 1353 BGB
2. M1: Mit dem Scheitern der Ehe 1365 I 1 BGB
M2: Mit berechtigtem/unberechtigtem Getrenntleben
BGH: Mit dem Antrag auf Scheidung.
M3: Mit Rechtskraft des Scheidungsurteils 1564 S. 2 BGB
3. Grds. Umfassende Beschtzergarantenpflicht
aber im Sachverhalt mssen deutliche Hinweise auf
den Vorsatz vorhanden sein; auerdem ist auf die Mg-
lichkeit/Zumutbarkeit der Rettungshandlung zu achten.
[44]
berblick
Formen von Vorsatz und Fahrlssigkeit
1. Vorsatz(VS)
- Absicht
- Direkter Vorsatzsicheres Wissen
- Bedingter Vorsatz
2. Fahrlssigkeit(FL)
- Bewusst
- Unbewusst
eKK StGB AT 7 [45]
Synonyme (Latein)
Absicht, Direkter Vorsatz, Bedingter Vorsatz,
Bewusste Fahrlssigkeit, Unbewusste Fahrlssigkeit
1. Dolus Directus 1. Grades
2. Dolus Directus 2. Grades3. Dolus eventualis
4. Luxuria
5. Neglegentia
eKK StGB AT 7 [46]
Grunddefinition
Definition (Elemente)
Vorsatz
Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung
Die etwas vornehmere Variante
+ Wille zur Verwirklichung des Tatbestandes
+ in Kenntnis aller objektiven Tatumstnde
eKK StGB AT 7 [47]
5 Problembereiche
Formen von Vorsatz und Fahrlssigkeit
1. Abgrenzung Vorsatz/bewusste FL gegen unbewusste FL
2. Zeitpunkt des Bewusstseins beim VS
3. Abgrenzung direkter VS gegen bedingter VS
4. Abgrenzung Absicht gegen direkter VS
5. Insbes. Abgrenzung bedingter VS gegen bewusste FL
eKK StGB AT 7 [48]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
12/35
berblick (3/1 Elemente) & Merkposten
Abgrenzungskriterien fr die
Vorsatz- und Fahrlssigkeitsformen
1. Wissenselement(intellektuell)
a) Bewusstseinsform
b) Zeitpunkt des Bewusstseins
c) Grad der Gewissheit
2. Willenselement(voluntativ)
Kein starres Prfungsschema: bersicht vergegenwrtigen und auf
die jeweilige Problematik eingehen.
eKK StGB AT 7 [49]
Kriterium
Gegenberstellung [...]
Abgrenzung VS / bewusste FL gegen unbewusste FL
Wissenselement Bewusstseinsform
1. VS / bewusste FL = Aktuelles Wissen
Aktuelles Wissen bewusstes Daran-Denken bei voller Aufmerksamkeit
Mitbewusstsein auerhalb der ggw. Aufmerksamkeit
zB bzgl. Beisichfhren einer Waffe
2. Unbewusste FL = Potentielles Wissen
nur latent vorhanden, aber aktualisierbar
eKK StGB AT 7 [50]
Ausgangsnorm & Voraussetzung
2 Abgrenzungen
Zeitpunkt des Bewusstseins bei VS
Vgl. 16 I 1, 8 S. 1Zur Zeit der Tat, d.h. von Beginn bis Beendigung* des Versuchs.
Abgrenzung
1. Nur frheres Bewusstsein(dolus antecedens)
2. Nachtrgliches Bewusstsein(dolus subsequens)
* Beendigung iSd 24 (= alles Mgliche unternommen)
eKK StGB AT 7 [51]
Kriterium
Gegenberstellung [...]
Abgrenzung direkter VS gegen bedingter VS
Wissenselement Grad der Gewissheit
1. Direkter VS
Der Tter kennt den Umstand (Erfolg) oder sieht ihn als
hchstwahrscheinliche Folge voraus (sog. sicheres
Folgewissen).
2. Bedingter VS(ggf. auch fr Absicht ausreichend!)
Der Tter hlt den Umstand (Erfolg) fr mglich.
eKK StGB AT 7 [52]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
13/35
Kriterium & Merkposten
Gegenberstellung [...]
Abgrenzung Absicht gegen direkter VS
Willenselement (Grad der Gewissheit fr DD1 unwichtig!)
1. Absicht
Dem Tter kommt es auf den Erfolg an.
Als Endzielseines Handelns
Als notwendiges ZwischenzielzB Provisionsbetrger2. Direkter VS
Der Tter willigt in den Erfolg ein, ohne ihn jedoch
anzustreben.
eKK StGB AT 7 [53]
Kriterium & Gegenberstellung [...]
Abgrenzung bedingter VS gg. bewusste FL
nach hM mit Hilfsformeln
Willenselement
1. Bedingter VSDer Tter nimmt den Erfolg billigend in Kauf.
Hilfsformel: Na wenn schon.
2. Bewusste FL
Der Tter will den Erfolg nicht, vertraut vielmehr nicht ganz
unberechtigt auf dessen Ausbleiben
Hilfsformel: Es wird schon gut gehen.
eKK StGB AT 7 [54]
bungsfragen & Antworten
Formen von Vorsatz und Fahrlssigkeit
1. Welcher Vorsatz reicht gem 15 grds. fr alle Delikte aus?
2. Wann bestehen erweiterte Anforderungen?
3. Woran erkennt man sie jeweils?
4. Was ist dabei aber einschrnkend zu beachten? Beispiele?
5. Welches subjektive Zurechnungselement bei der
unbewussten FL entspricht dem Wissenselement beim
Vorsatz?
1. Bedingter VS ausreichend(andere VS-Formen erst recht)
2. Mehr nur bei gesetzlicher Anordnung
3. Erkennbar an entsprechenden Formulierungen
Absicht:Absicht, um...zu, zur
Direkter VS: wider besseren Wissens, wissentlich
4. Bei reinen Schdigungsdelikten zu Lasten Dritter
reicht trotz Absicht etc. direkter VS; so zB in 164, 267
5. Individuelle Vorhersehbarkeit
entspricht bei unbewusster FL dem Wissenselement
eKK StGB AT 7 [55]
bungsfragen & Antworten
Abgrenzung bedingter VS gegen bewusste FL
1. Warum ist diese Abgrenzung so wichtig?
2. Wann kommt sie in Betracht?
3. Welcher BGH-Fall ist grundlegend dafr und wie hat sich
der BGH entschieden?
4. Was ist das Charakteristikum der beiden Spielarten der
herrschenden Meinung?
5. Was wird dagegen nur von drei absoluten Minderheits-
meinungen vertreten?
1. Groe praktische Relevanz
Wg. 15 entscheidet sie oft ber die Strafbarkeit des Tters.
2. Der Tter hlt die Verwirklichung des Tatbestandes nur fr
mglich, ohne dass es ihm auf den Erfolg ankme.
3. Der Lederriemen-Fall:A und B beraubten C und wrgten
ihn mit dem Riemen bis zur Bewusstlosigkeit. C stirbt trotz
intensiver Wiederbelebungsversuche. Nach BGH VS (+).
4. Sie setzen ein Wissens- und ein Willenselement voraus.
5. Sie begngen sich generell mit dem Wissenselement.
eKK StGB AT 8 [56]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
14/35
2 Meinungen & Einschrnkung
Abgrenzung bedingter VS gegen bewusste FL innerhalb der
hM
1. Rs: Billigungstheorie
Tter nimmt den mglichen Taterfolg (positiv) billigend
in Kauf
2. HL: Gleichgltigkeitstheorie
Tter findet sich mit dem mglichen Taterfolg (neutral) ab
Einschrnkung
Der Rs reicht eine Billigung im Rechtssinne, die dem Erfordernis
der Gleichgltigkeit sehr hnelt (sich damit abfinden)
eKK StGB AT 8 [57]
bungsfragen & Antworten
Weitere Formeln fr die Abgrenzung bedingter VS gegen
bewusste FL nach der hM
1. Welche berhmte Formel kann man auch fr die
Billigungstheorie verwenden?
2. Wie konkretisiert ein Teil der hL die Gleichgltigkeits-
theorie?
1. Die sog. Franksche Formel
Htte der Tter auch dann gehandelt, wenn er sich den
Erfolg als sicher vorgestellt htte? (dann VS)
2. Bockelmann/Roxin
Hofft der Tter lediglich auf das Ausbleiben des Erfolges
(dann VS) oder kann er zB aufgrund eigener Gegenma-
nahmen darauf vertrauen (dann FL)?
eKK StGB AT 8 [58]
bungsfragen & Antworten
Abgrenzung bedingter VS gegen bewusste FL
nach den Minderheitsmeinungen
1. Worauf kann es nach den Minderheitsmeinungen zum
bedingten VS nur ankommen und warum?2. Welche Anstze kann es danach geben, um bedingten
VS zu bejahren, und wie sind diese zu verneinen?
1. Es kann nur auf das Gefahrbewusstsein ankommen, da
ein voluntatives Element als nicht erforderlich verneintwird.
2. a) Mglichkeit ausreichend (zu weit)
b) Wahrscheinlichkeit erforderlich (zu unscharf)
c) Schaffung eines unabgeschirmten Risikos (zu schlau)
eKK StGB AT 8 [59]
4 Indizien
Bedingter VS in der Klausur
1. Besonders hohe Erfolgswahrscheinlichkeit
2. Keine Gegenvorkehrungen(konnte nicht vertrauen)3. Endziel der Handlung sozial zu missbilligen
4. Starkes Motiv(htte so oder so gehandelt)
eKK StGB AT 8 [60]
Merkposten
Bedingter VS in der Klausur bei Ttungsdelikten
Wegen der hohen Hemmschwelle bzgl. des Rechtsgutes Leben
sind besonders hohe Anforderungen an den VS zu stellen zB
Zufahren auf Polizisten, in der Erwartung, er werde zur Seite
springen: VS bzgl. 212 ().
[61]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
15/35
Grunddefinition
2 Arten
Der Irrtum im Strafrecht
Nichtbereinstimmung von Vorstellung und Wirklichkeit
1. Negativer Irrtum(= Unkenntnis)
zB 16 I 1, 17
2. Positiver Irrtum (= irrige Annahme)zB 22 (als untaugl. Versuch), 16 II
eKK StGB AT 9 [62]
berblick
Lehre vom Umkehrverhltnis des BGH
1. Negativer Irrtum
bzgl. TB bzgl. RW
16 I 1 (kein VS) 17 (keine Unrechtseinsicht)
2. Positiver Irrtumbzgl. TBbzgl. RW
22 (kein oTb; aber VS) (Unrechtseinsicht ohne Unr.)
= untauglicher Versuch = Wahndelikt
= umgek. TB-Irrtum = umgek. Verbotsirrtum
[63]
Gegenberstellung [...] [zB]
Untauglicher Versuch und Wahndelikt
1. Untauglicher Versuch(Grds. strafbar; beachte 23 III)
Tter nimmt irrig Tatumstnde an, die einen existierenden
Straftatbestand erfllen wrden zB eigene Sache als fremd
2. Wahndelikt
Tter nimmt irrig an, ein Straftatbestand
existiere zB Ehebruch
erfasse auch sein Verhalten (sog. berdehnung)
zB Dokument ohne Aussteller = Urkunde iSd 267
Vgl. eKK StGB AT 34 [64]
3 Arten 3 Abgrenzungen
Bezugspunkte mglicher relevanter Irrtmer
1. Tatumstnde
2. Rechtswidrigkeit
3. Schuld
Abgrenzung(unbeachtliche Irrtmer)
1. Irrtum ber obj. Strafbarkeitsbedingungen
2. Irrtum ber persnl. Strafausschlieungsgrnde
3. Irrtum ber Verfolgungsvoraussetzungen
eKK StGB AT 9 [65]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
16/35
Ausgangsnorm & Rechtsfolge
berblick (3)
Tatumstandsirrtmer
16 I 1
Folge: VS entfllt
1. Irrtum ber Tatbestandsmerkmale
Deskriptiver Art
Normativer Art2. Irrtum ber den Kausalverlauf
3. Irrtum ber das Handlungsobjekt
eKK StGB AT 9 [66]
bungsfragen & Antworten
Irrtum ber Tatbestandsmerkmale
1. Was sind sog. deskriptive Tatbestandsmerkmale und
wann liegt bei ihnen ein Irrtum gem. 16 I 1 vor?
2. Wann ist bei normativen Tatbestandsmerkmalen 16 I 1
erfllt?3. Welcher Irrtum ist vom Irrtum ber Tatbestandsmerkmale
abzugrenzen? Mit welcher Rechtsfolge?
1. Allein durch sinnliche Wahrnehmung zu erfassen
Irrtum (+), falls tatschlich nicht wahrgenommen
2. Sie bedrfen der juristischen oder sozialen Wertung
Irrtum (+), falls tatschlich nicht wahrgenommen (s.o.) Irrtum (+), falls entspr. Parallelwertung i.d. Laiensphre
3. Bloer Subsumtionsirrtum ( 16 I 1 []; ggf. 17)
+ Tatschl. Wahrnehmung und Parallelwertung liegen vor.
+ Dem Tter fehlt aber wegen falscher Definition des
Tatbestandsmerkmals das Unrechtsbewusstsein.
eKK StGB AT 10 [67]
bungsflle & Lsungshinweise
Irrtmer ber Tatbestandsmerkmale
1. T ttet die Katze des E in der Meinung es handele sich um
keine Sache.
2. A wei nicht, dass er eine beschlagnahmte Sache zerstrt,
da er das Pfandsiegel nicht gesehen hat.
3. Miteigentmer M hlt die Sache nicht fr fremd.
4. A versteckt den Straftter S in dem Glauben dieser habe
lediglich eine Ordnungswidrigkeit begangen.
5. A lsst die Luft aus den Reifen eines Kfz in der Meinung fr
303 sei eine Substanzverletzung erforderlich.
1. VS bzgl. 303(+), da tatschl. Wahrnehmung ausreicht(rechtl. Bewertung bei deskriptiven Tbms unerheblich).
2. VS bzgl. 136 I(), da zwar normatives Tbm, aber noch
nicht mal tatschliche Wahrnehmung.
3. VS bzgl. 242(+), da nur Subsumtionsirrtum.
4. VS bzgl. 258 I(), da nach Parallelwertung in der Laien-
sphre S nicht dem Strafgesetz gem zu bestrafen sei.
5. VS bzgl. 303(+), da nur Subsumtionsirrtum.
eKK StGB AT 10 [68]
bungsfragen & Antworten
Irrtmer ber den Kausalverlauf
1. Warum kann ein Irrtum ber den Kausalverlauf den VS
ausschlieen?
2. Gem welcher Norm, was ist dafr erforderlich und
warum?
3. Wann liegt ein solcher Irrtum jedenfalls nicht vor?
4. Wie lautet ein anderer Ansatz um abweichende Kausal-
verlufe zu wrdigen?
1. Der VS muss konkret sein, d.h. ein nach ueren
Merkmalen individualisiertes Geschehen umfassen.
2. Fr 16 I 1 ist eine wesentliche Abweichung erforderlich,
da nie alle Einzelheiten voraussehbar sind.
3. Diese liegt nicht vor, wenn sich die Abweichung noch
innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung bewegt.
4. Nach hL: die objektive Zurechnung.
eKK StGB AT 11 [69]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
17/35
bungsfragen & Antworten
Irrtmer ber den Kausalverlauf
1. Wie nennt man das Fehlgehen der Tat noch und was
versteht man darunter?
2. Wann ist die Lsung dieses Irrtums unproblematisch?
3. Welche Fallkonstellation ist umstritten und welche
Meinungen werden dazu vertreten?
1. Die Aberratio ictus:Tter trifft nicht das Ziel (TO),
das er sich bei Vornahme der Tathandlung vorgestellt hatte.
2. Bei ungleichwertigen Zielen unproblematisch
+ Versuch bzgl. vorgestellten TOs
+ Fahrlssigkeit bzgl. getroffenen TOs in 52.
3. Bei gleichwertigen Zielen
M1: Konkretisierungstheorie: wie 2.
M2: Gleichwertigkeitstheorie:nur eine vollendete VS-Tat
Diff. VS-Tat, wenn zumindest DE bzgl. des getroffenen TO
eKK StGB AT 11 [70]
bungsfragen & Antworten
Irrtmer ber den Kausalverlauf
1. Welche Fallkonstellation verbirgt sich hinter der
Bezeichnung dolus generalis?
2. Wo liegt das Problem?
3. Welche Meinungen werden dazu vertreten?4. Welcher berhmte Schulfall ist hier zu nennen?
1. Tter glaubt Taterfolg schon mit einer ersten Handlung
erreicht zu haben, erreicht ihn aber erst mit einer zweiten.
2. Tter hat bei der zur Vollendung fhrenden zweiten
Handlung strenggenommen keinen VS mehr.3. HM: eine vollendete VS-Tat
nur unerhebliche Abweichung vom Kausalverlauf
AA: Versuch in Tatmehrheit mit spterem FL-Delikt
zum zweiten Tatzeitpunkt ( 8) kein Vorsatz!
4. Das ist der Jauchegruben-Fall
eKK StGB AT 11 [71]
bungsflle & Lsungshinweise
Irrtmer ber den Kausalverlauf
1. A wollte B tten, schlgt ihn aber nur bewusstlos. In demGlauben B sei tot, wirft A den noch lebenden B in der Flu,
in dem B ertrinkt.
2. Der von A in Ttungsabsicht verletze B stirbt in Folge einer
Verwechslung von Blutkonserven im Krankenhaus.
3. Das Opfer, das erhngt werden sollte, kommt bereits in
dem Handgemenge mit den Ttern ums Leben.
4. A will den Hund seines Nachbarn N erschieen, trifft aber
den dahinter auf der Sonnenliege befindlichen N.
1. Dolus generalis (der klass. Jauchegrubenfall)HM: 212 (+)
AA: 212, 22 (+), 222 (+) in 53
2. Wesentliche Abweichung im Kausalverlauf
212 (); aber 212, 22 (+)
3. Nur unwesentliche Abweichung im Kausalverlauf
212 (+), da Gegenwehr durchaus vorhersehbar
4. Aberratio ictusbei ungleichwertigen Zielen
unstr. 212 () wg. 16 I 1 sowie 303, 22; 222 (+)
eKK StGB AT 11 [72]
bungsfragen & Antworten
Irrtum ber das Handlungsobjekt
1. Wie heit der Irrtum ber das Handlungsobjekt und
worum geht es bei diesem?
2. Welche beiden Flle sind unproblematisch?
3. Welche Flle sind hingegen nur umstritten?
1. Error in persona (vel objecto)
Tter individualisiert ein bestimmtes TO, in dem Glauben
es handele sich um ein anderes, und trifft es.
2. Unproblematisch beim Irrtum des Haupttters
Rechtsgter sind ungleichwertig
+ Versuch bzgl. des vorgestellten TO
+ Ggf. FL-Delikt bzgl. des getroffenen TO
Rechtsgter sind gleichwertig: Irrtum unbeachtlich
3. Irrtum des Anstifters/mittelbaren Tters
eKK StGB AT 12 [73]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
18/35
bungsflle & Lsungshinweise
Irrtum ber das Handlungsobjekt
Grobauer Rose schickt seinen Knecht Rosahl los, er solle seinen
Nebenbuhler N tten. Rosahl hlt in der Abenddmmerung den
unbeteiligten X fr N und erschiet ihn.
1. AA: Beachtl. aberratio ictus aus Sicht des Anstifters
+ 30 I iVm 211 bzgl. N
+ 229 bzgl. X (Vorsicht: nicht etwa 26 iVm 229!)
2. HM: VS des Anstifters bleibt unberhrt
Strafbarkeit aus 26 iVm 211
Tter kann nicht davon profitieren, dass er das Tatobjekt
konkretisiert hat (Tte den N.), denn VS wre unstr.
gegeben, wenn er gesagt htte Tte die dort stehende
Person..
eKK StGB AT 12 [74]
6 Voraussetzungen (Prfungsschema)
Tatbestandsmigkeit eines FL-Deliktes
1. Erfolgseintritt
2. Durch ein Verhalten des Tters verursacht
3. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
4. Objektive Vorhersehbarkeit5. Zurechnungszusammenhang(= obj. Zurechnung)
6. Schutzzweck der verletzten Sorgfaltspflicht
eKK StGB AT 13 [75]
4 Voraussetzungen (Prfungsschema)
Schuld beim FL-Delikt
1. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung(indiziert)
2. Subjektive Vorhersehbarkeit (indiziert)
3. Zumutbarkeit normgemen Verhaltens
4. Allgemeine Schuldmerkmale
eKK StGB AT 13 [76]
Erklrungen
Ermittlung und Mastab der objektiven Sorgfaltspflicht
1. Ermittlung
Durch geschriebene Sorgfaltsnormen zB StV(Z)O
Im brigen durch Formulierung eigener Sorgfaltsnormen
als Ersatzgesetzgeber
2. Mastab(nach hM)+ Objektive Mindestanforderung zB normaler Chirurg
+ Bercksichtigung von Sonderwissen zB Spezialist
eKK StGB AT 13 [77]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
19/35
6 Merkposten
Allgemeine Grundstze zur Vermeidung von
Sorgfaltspflichtverletzungen
1. Wer etwas nicht kann, soll es lassen.
2. Wer etwas nicht wei, muss sich informieren.
3. Wer abstrakte Normen verletzt, handelt idR sorgfaltswidrig.
4. Wer abstrakte Normen einhlt, handelt deswegen noch
nicht sorgfaltsgem.
5. Sozial missbilligenswerte Ziele, sind eher geneigt einen
Sorgfaltspflichtversto zu begrnden.
6. Besonders risikoreiche Ttigkeiten sind zu vermeiden,
andernfalls Gegenmanahmen zu treffen.
eKK StGB AT 13 [78]
2 Meinungen
Merkposten
Zurechnungszusammenhang beim FL-Delikt
1. HM: Vermeidbarkeitstheorie
Einhaltung der Sorgfalt htte Erfolg mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert2. AA: Risikoerhhungslehre
Tterverhalten hat das Risiko des Erfolgseintritts vergrert
Art. 103 II: das wrde Strafbarkeit fr bloe Gefhrdung
statt fr den Erfolg bedeuten!
hnliche Meinungen wie bei der Quasikausalitt ( 13).
(vgl. eKK StGB AT 5) eKK StGB AT 13 [79]
Voraussetzung (Satz) & 3 Problembereiche
Schutzzweck der verletzten Sorgfaltspflicht beim FL-Delikt
Die Sorgfaltspflicht muss es gerade bezwecken,
den eingetretenen Erfolg zu verhindern.
Problembereiche
1. Selbstgefhrdung des Opfers
2. Schadensvergrerung durch hinzutretende Dritte
3. Haftung fr Folgeschden
(vgl. eKK StGB AT 5) eKK StGB AT 13 [80]
bungsflle & Lsungshinweise
Radfahrer-Flle
1. Lkw-Fahrer A berholt den Radfahrer R mit zu geringem
Seitenabstand. R gert unter den Anhnger und wird
gettet. Strafbarkeit des A, wenn sich der Unfall unter
Umstnden auch bei ordnungsgemer Fahrweise
ereignet htte?
2. Radfahrer A und B fahren bei Nacht ohne Beleuchtung
hintereinander. A wird von einem entgegenkommenden
Kfz gettet, was vermieden worden wre, wenn B ihn von
hinten angeleuchtet htte. Strafbarkeit des B?
1. 222 insbes. Zurechnungszusammenhang?
HM: Vermeidbarkeitstheorie(), da Erfolg b. Einhaltung
der Sorgfalt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit entfallen wre
AA: Risikoerhhungstheorie(+)
da A das Risiko zumindest nachweisbar erhht hat
2. 222 insbes. Schutzzweck der verl. Sorgfaltspflicht?
(), da 17 StVO nicht bezweckt die Fahrzeuge Dritter vor
Unfllen zu schtzen.
(vgl. eKK StGB AT 5) eKK StGB AT 13 [81]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
20/35
2 Arten & Erklrung [zB] []
Mischtatbestnde in Hinblick auf Vorsatz und Fahrlssigkeit
1. Erfolgsqualifizierte DeliktezB 226, 227, 251
selbststndiges Grunddelikt plus typische schwere Folge
2. Vorsatz-Fahrlssigkeits-KombinationenzB 315b IV
zusammengesetzes Delikt mit Fahrlssigkeitsteil
Behandlung wie Vorsatzdeliktgem 11 II
eKK StGB AT 14 [82]
Tatbestand (Prfungsschema)
Erfolgsqualifizierte Delikte
1. Grundtatbestand
2. Schwere Folge
a) Durch Grunddelikt verursacht(c.s.q.n.)
b) Wenigstens Fahrlssigkeitgem. 18
vgl. im brigen das Delikt zB leichtfertig
c) Unmittelbarkeitszusammenhang= Verwirklichung einer grunddeliktstypischen Gefahr
eKK StGB AT 14 [83]
bungsfragen & Antworten
Erfolgsqualifizierte Delikte
1. Was ist der Grund fr die Erforderlichkeit eines Unmittel-
barkeitszusammenhangs?
2. Worauf kommt es bei der Beteiligung am EQ-Delikt im
Rahmen der 25 II, 26, 27 an?
3. Wie wird die schwere Folge zugerechnet?4. Wie ist zu bestrafen, wenn das versuchte Grunddelikt
schon die schwere Folge herbeigefhrt hat? Beispiel?
5. Wo ist ein Versuch der schweren Folge bei Vollendung des
Grunddelikts denkbar? Beispiel?
1. Die sog. Strafmaexplosion
vgl. 223, 222 einerseits, 227 andererseits
2. Beteiligung am(ggf. verdrngten) Grunddelikt
3. Zurechnung der schweren Folgeber 18, 29
4. Aus versuchtem EQ-Delikt, wenn Auslegung ergibt, dassbereits aus unvollendetem Delikt die Folge typischerweise
erwchst zB bei 251 wurde bereits Gewalt angewendet,
aber die Wegnahme nicht vollendet
5. Nur wenn VS bzgl. schwerer Folge mglichzB 226
eKK StGB AT 14 [84]
3 Grundstze [...]
Rechtswidrigkeit und Rechtfertigung
1. Regel-Ausnahme-Prinzip
Grds. Tatbestand indiziert RechtswidrigkeitAusn. Rechtfertigungsgrund liegt vor
2. Kein numerus clausus der Rechtfertigungsgrnde
+ Knnen kommen und gehen
+ Nur eingeschrnkte Garantiefunktion (Reduktion zul.)
3. Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung
Strafrechtliche, auerstrafrechtliche und gewohnheitsrecht-
liche Rechtfertigung ist mglich.
eKK StGB AT 15 [85]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
21/35
berblick (4) []
Strafrechtliche Rechtfertigungsgrnde
1. Notwehr 32
2. Rechtfertigender Notstand 34
3. Wahrnehmung berechtigter Interessen 193
4. Indikation 218a II, II
eKK StGB AT 15 [86]
3 Mglichkeiten
Auerstrafrechtliche Rechtfertigungsgrnde
1. Aus dem BGB
2. Aus der StPO
3. Aus der ZPO
eKK StGB AT 15 [87]
berblick (4)
Auerstrafrechtliche Rechtfertigungsgrnde aus dem BGB
1. Defensivnotstand 228
2. Aggressivnotstand 904
3. Selbsthilfe 229, 561, 581 II, 704
4. Besitzkehr 859
eKK StGB AT 15 [88]
berblick (4)
Auerstrafrechtliche Rechtfertigungsgrnde aus der StPO
1. Blutentnahme 81a
2. Beschlagnahme 94 ff.
3. Durchsuchung 102 ff.
4. Festnahme 127
eKK StGB AT 15 [89]
berblick (3)
Auerstrafrechtliche Rechtfertigungsgrnde aus der ZPO
1. Durchsuchung 758
2. Wegnahme 808, 883
3. Verhaftung 909
eKK StGB AT 15 [90]
berblick (3) & Problembereich
Gewohnheitsrechtliche Rechtfertigungsgrnde
1. Einwilligung
2. Mutmaliche Einwilligung
3. Rechtfertigende Pflichtenkollision
Problembereich
Zchtigungsrecht der Eltern (eher +), anderer Personen (eher -)
eKK StGB AT 15 [91]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
22/35
berblick (3)
Dogmatische Einteilung der Rechtfertigungsgrnde
1. Prinzip des berwiegenden Interesses
2. Prinzip des weichenden Interesses
Einwilligung und mutmaliche Einwilligung
3. Prinzip der hoheitlichen Befugnis
[92]
4 Grundstze
Entscheidungsprogramm zu den
Rechtfertigungsgrnden
1. Spezialittsgrundsatz
Bei Besitzstrungen 859 BGB vor 32
Bei Eigentumsverletzungen 228, 904 BGB vor 34
Bei Sicherung von Forderungen 229 ff. BGB
Innerhalb StGBzB 193 vor 34
2. Vorrang der weitesten BefugniszB 32 vor 34
3. Teilbarkeit der RechtfertigungEinzelprfung je Delikt
4. Konkurrenzen zT mit Ausschlussverhltnis
zB gescheiterter 127 I StPO 34 , gesch. 229 32
[93]
berblick (9) []
Die wichtigsten Rechtfertigungsgrnde
nach dem Prinzip des berwiegenden Interesses
1. Notwehr 32 StGB
2. Notstand 34 StGB
3. Defensivnotstand 228 BGB
4. Aggressivnotstand 904 BGB
5. Selbsthilfe 229, 561 BGB
6. Besitzwehr/-kehr 859 BGB7. Festnahmerecht durch jedermann 127 I 1 StPO
8. Zchtigungsrecht der Elternvgl. 1626 BGB (str.)
9. Rechtfertigende Pflichtenkollision
eKK StGB AT 15 [94]
Prfungsreihenfolge (3/2 Voraussetzungen)
Grundstruktur der Rechtfertigungsgrnde
nach dem Prinzip des berwiegenden Interesses
1. Objektive Rechtfertigung
a) Rechtfertigungslage
b) Rechtfertigungshandlungc) Rechtfertigungsgrenzen
2. Subjektives Rechtfertigungselement (hM)
a) Kenntnis der Rechtfertigungslage
b) Willen zur Rechtsausbung
eKK StGB AT 15 [95]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
23/35
berblick
Regel-Ausnahme-Prinzip des Unrechtstatbestandes
nach hM
1. Tatbestand
a) Objektivindiziert Erfolgsunrecht
b) Subjektiv indiziert Handlungsunrecht
2. Rechtfertigungsgrund
a) Objektivbeseitigt Erfolgsunrecht
b) Subjektivbeseitigt Handlungsunrecht
eKK StGB AT 16 [96]
bungsfragen & Antworten
Subjektives Rechtfertigungselement
1. Warum fordert die hM ein subj. Rechtfertigungselement?
2. Wann muss es vorliegen?
3. Was lsst sich gegen die hM anfhren?
4. Welche Besonderheit gilt fr das subjektive Recht-
fertigungselement bei Fahrlssigkeitstaten und warum?
1. Zur Ausrumung d. verbleibenden Handlungsunrechts
Objektive Rechtfertigung beseitigt nur Erfolgsunrecht!
2. Bei Begehung der Tatentsprechend 16 I 1
3. Gegenansicht (Erfolgsbezogene Unrechtslehre)
Gesinnungsstrafe fr innere Einstellung des Tters droht
Fehlen des subj. Rf.-Elements kaum je erweislich Entspricht nur der Wertung bei Vorsatz/Versuch
4. Bei FL entbehrlichoder nur abgeschwcht erforderlich
FL-Tat straft schwerpunktmig das Erfolgsunrecht (s.o.)
eKK StGB AT 16 [97]
bungsflle & Lsungshinweise
Unkenntnis objektiv vorliegender Rechtfertigung
A erschiet seinen Todfeind T aus Rache, ohne zu wissen, dass T
seinerseits bereits sein Gewehr auf ihn angelegt hatte. Ist die
Ttung durch Notwehr gerechtfertigt?
1. HM: Subjektive Vollendungslsung
Subj. RE fehlt, also 32 (); 16 I 1 nicht anwendbar
RF: Bestrafung aus vollendetem Delikt2. AA: Rein objektive Lsung
subj. RE nicht erforderlich, also 32 (+);
RF: Keine Strafe (aA: untauglicher Versuch)
3. Diff.: Subjektive Versuchslsung
Subj. RE fehlt, also nur Erfolg aus 32 gerechtfertigt;
RF: Versuchsstrafbarkeit, da Delikt nur scheinbar vollendet
eKK StGB AT 16 [98]
Definition (Satz)
3 Abgrenzungen
Erlaubnistatbestandsirrtum
Tter handelt in der irrigen Annahme, die tatschlichen
Voraussetzungen fr eine Rechtfertigung lgen vor.
1. Putativrechtfertigung
Tter bewertet die (richtig erkannten) Tatsachen falsch
2. Rechtfertigungsexzess
Tter berschreitet die Rechtsfertigungsgrenzen
3. Verbotsirrtum
Tter nimmt einen nicht existierenden Rf-Grund an
eKK StGB AT 16 [99]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
24/35
Ausgangsnorm
5 Voraussetzungen (Prfungsschema)
Notwehr
32 StGB
1. Notwehrlage= gegenwrtiger, rechtswidriger Angriff
2. Notwehrhandlung= erforderlich
3. Notwehrgrenzen= geboten
4. Kenntnis der Umstnde
5. Verteidigungswille
(Vgl. eKK StGB AT 15) eKK StGB AT 17 [100]
Definition (Forts.)
Angriff iSd 32 II
... ist jede von einem Menschen drohende Verletzung rechtlich
geschtzter Interessen
eKK StGB AT 17 [101]
bungsfragen & Antworten
Angriff iSd 32 II
1. Wie muss das Verhalten des Angreifers beschaffen sein?
2. Welche Angriffe scheiden aber von vorneherein aus?
3. Wann kann ein Unterlassen einen Angriff darstellen?
4. Welche Anforderungen sind an die rechtlichen Interessen
im Rahmen des Angriffs zu stellen?
5. Wann kann ein Angriff durch Tiere vorliegen und nach
welcher Norm kann andernfalls eine Rechtfertigung
bestehen?
1. Willensmig beherrschbar (keine blo allg. Risiken)
2. Bloe BelstigungenzB Anleuchten mit Taschenlampe
3. Bei nicht nur vertragl. Rechtspflicht zum Ttigwerden
zB unbefugtes Verweilen in Wohnung iSd 123
Gegenbsp. Nichtausziehen nach Ende der Mietzeit
4. Keine besonderen(aber uU bei Staatsnothilfe)
5. Tiere nur als menschl. Werkzeug(sonst 228 BGB)
eKK StGB AT 17 [102]
Definition
Gegenwrtig iSd 32 II
... ist der Zeitraum vom unmittelbaren Bevorstehen des Angriffs
bis zur vlligen Abwendung der Gefahr (bzw. zum endgl-
tigen Verlust des Rechtsgutes).
eKK StGB AT 17 [103]
Definition
bungsfrage & Antwort
Rechtswidrig iSd 32 II
Welcher Rechtfertigungsgrund kommt in Betracht, falls der Angriff
nicht rechtswidrig war?
Keine Befugnis des Angreifers zum Handeln.
Immer noch Notstand gem 34 unter den dortigen (engen)
Voraussetzungen mglich.
eKK StGB AT 17 [104]
Grunddefinition
Erforderlich iSd 32 II
...ist die Verteidigungsart, die geeignet ist, den Angriff endgltig zu
brechen, und dabei den geringstmglichen Schaden anrichtet.
eKK StGB AT 17 [105]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
25/35
bungsfragen & Antworten
Erforderlich iSd 32 II
1. Wonach ist die Erforderlichkeit zu beurteilen und in
welchen Fllen spielt dieser Mastab eine wichtige Rolle?
2. Wie weit kann die Verteidigung gehen?
3. Aus welchem Grundsatz wird diese Mglichkeit
abgeleitet und was folgt daraus noch?
4. Wie nennt man deswegen das Notwehrrecht?
1. Ex-ante-Sicht eines besonnenen Betrachters
zB bei Scheinwaffen, wenn diese obj. gefhrlich aussehen
2. Bis zum Gegenangriff(sog. Trutzwehr)
3. Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.
Weitere Folge: die schndliche Flucht ist nicht zumutbar
4. Schneidiges Notwehrrecht
eKK StGB AT 17 [106]
Synonym & 4 Fallgruppen
Geboten iSd 32 I
Sozialethische Grenzen der Notwehr
1. Erkennbar schuldlos Handelnde
2. BagatellangriffezB Kampf um Parklcke, Drngeln
3. Krasses MissverhltniszB Kind wegen Apfel erschieen
4. Enge persnliche Bindungen zB zwischen Ehegatten
eKK StGB AT 17 [107]
3 Problembereiche
Geboten iSd 32 I
1. Schuldhafte Herbeifhrung der Notwehrlage?
2. Einschrnkung durch Menschrechtskonvention?
3. Rettungsschsse durch Hoheitstrger?
eKK StGB AT 17 [108]
bungsfragen & Antworten
Schuldhafte Herbeifhrung der Notwehrlage
1. Welcher Fall ist noch relativ unproblematisch, wann ist
aber auch dazu eine Ausnahme denkbar?
2. Bei welcher Form der schuldhaften Herbeifhrung ist
die Rechtslage umstritten?
1. Absichtsprovokation(vorstzliche Herbeifhrung)
Hier fehlt idR der Verteidigungswille (Ausn. uU bei Exze)
2. Fahrlssige Herbeifhrung
AA: Notwehrrecht bleibt unberhrt
Ggf. aber Strafbarkeit ber actio illicita in causa iVm FL-Tat
HM: Notwehrrecht wird eingeschrnkt (3-Stufen-Th.)
a) Ausweichmglichkeit?
b) Schutzwehrmglichkeit?
c) Dann erst Trutzwehr (Gegenangriff) zulssig
eKK StGB AT 18 [109]
bungsfragen & Antworten
Sonstige Streitflle zur Gebotenheit der Notwehr
1. Was ist in Art. 2 IIa EMRK geregelt und welches Problem
ergibt sich daraus?
2. Wie wird diese Frage von der inzwischen herrschenden
Meinung gelst und welche Gegenansicht gibt es dazu?
3. Welche beiden Meinungen werden zur strafrechtlichen
Rechtfertigung eines sog. finalen Rettungsschusses
vertreten?
1. Absichtliche Ttungist danach nur zur Abwehr rechts-
widriger Gewalt gegen Menschen erlaubt. Kann 32
dennoch die Ttung wg. sonstiger Angriffe rechtfertigen?
2. Nach hM gilt die Einschrnkung nur fr hoheitliches
Handeln (aA: Ttung bei Sachangriffen unzulssig)
3. AA: Polizeirechtliche Lsung
32 nur im Rahmen des Polizeirechts anwendbarHM: Strafrechtliche Lsung
32 ist jedermann-Recht: kein Ausschluss fr Beamte
eKK StGB AT 18 [110]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
26/35
bungsfragen & Antworten
Nothife
1. Wo ist die Nothilfe geregelt?
2. Welche Voraussetzungen hat die Nothilfe?
3. Welche Besonderheit ergibt sich bei disponiblen Rechts-
gtern?
4. Was versteht man unter Staatsnothilfe und wie differen-
ziert diesbezglich die ganz hM?
1. In 32 II 2. F.(oder einem anderen)
2. Die selben Voraussetzungen wie Notwehr
3. Bei disponiblen RechtsgternzB Eigentum
darf die Nothilfe nicht gegen den erkennbaren Willen des
Rechtsgutstrgers aufgedrngt werden
4. Nothilfe zugunsten des Staates
a) Zulssigbei Individualrechtsgtern zB Gemeindekasse
b) Zulssigbei Bestandsschutz vgl. Art. 20 IV GG zB Spion
c) Unzulssigals allg. Unrechtsverhinderung iSd Si/Ord
eKK StGB AT 19 [111]
bungsfragen & Antworten
Wirkungen der Notwehr
1. Wer trgt das sog. Folgenrisiko?
2. Was bedeutet diese Wertung fr den in Notwehr
handelnden Tter?
3. Kann der Angreifer, seinerseits Notwehr ben?4. Wem gegenber rechtfertigt die Notwehr den Tter grds.
und welche Ausnahme ist davon denkbar?
1. Allein der Angreifer
sofern die Voraussetzungen des 32 vorliegen
2. Keine Bestrafung aus (fahrlssiger) schwerer Folge
3. Nein, ihn trifft eine Duldungspflicht (das ergibt sich mEschon aus dem Merkmal rechtswidrig beim Angriff).
4. Keine Drittwirkung der Notwehr
Grds. Nur gegenber dem Angreifer
Ausn. Tter beschdigt fremde Sachen, die der Angreifer
benutzt zB Ttung des aufgehetzten fremden Hundes
eKK StGB AT 20 [112]
2 Arten (Gegenberstellung) [...] [zB]
Einwilligung des Verletzten iwS
1. Tatbestandsausschlieendes Einverstndnisbetrifft die Tatbestnde, in denen ein Handeln gegen den
Willen des Opfers schon zum Tatbestand gehrt
zB 177, 234, 234a, 240, 249
2. Rechtfertigende Einwilligung
betrifft alle brigen individualschtzenden Tatbestnde
Erteilte Einwilligung
Mutmaliche Einwilligung
eKK StGB AT 21 [113]
bungsfragen & Antworten
Tatbestandsausschlieendes Einverstndnis
1. Warum kommt bei 123, 242 allenfalls ein tatbestands-
ausschlieendes Einverstndnis in Betracht?
2. Welche Voraussetzungen sind grundstzlich an das
tatbestandsausschlieende Einverstndnis geknpft?
3. Was kann ausnahmsweise erforderlich sein? Warum?
4. Ist ein Irrtum des Einverstandenen erheblich? Welcher
einzige Fall ist diesbezglich umstritten?
5. Welche beiden Irrtmer des Tters ber das Einverstndnis
sind denkbar und wie sind sie zu beurteilen?
1. Wegen bestimmter willensabhngiger TBMs
Bei 123: eindringt
Bei 242: wegnimmt (... Bruch fremden Gewahrsams ...)
2. Nur rein tatschliches Einverstandensein des Opfers
3. Einsichts-/Urteils- oder Geschftsfhigkeit
nach Sinn und Zweck der Norm zB 267
4. Irrtum des Einverstandenen unerheblichstr. bei 123
5. Bei Unkenntnis: (untauglicher) Versuch
Bei irriger Annahme:Tatbestandsirrtum 16 I 1
eKK StGB AT 21 [114]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
27/35
Ausgangsnorm
Prfungsreihenfolge (7 Voraussetzungen)
(Erteilte) Einwilligung
Vgl. 228(passt nur fr Krperverletzung)
1. Verfgungsbefugnis
2. Einwilligungsfhigkeit
3. Erteilung vor der Tat
4. Nach auen erkennbar
5. Ernstlich und ohne Willensmngel6. Keine Sittenwidrigkeit nach hM nur bei 228
7. Handeln aufgrund der Kenntnis der Einwilligung
eKK StGB AT 21 [115]
bungsfragen & Antworten
(Erteilte) Einwilligung
1. Was ist fr die Verfgungsbefugnis erforderlich?
2. Wann ist diese ausgeschlossen?
3. Wann liegt nach hM Einwilligungsfhigkeit vor, was
vertritt die Gegenansicht?4. Worauf muss sich die Erteilung vor der Tat beziehen?
5. Welche Willensmngel kommen in Betracht, welcher
Irrtum ist unbeachtlich?
1. Alleinige Inhaberschaft des verletzten Interesses
2. a) Beim Leben als indisponiblem Rechtsgutvgl. 216
b) Bei (mit-)geschtzten AllgemeininteressenzB 164
3. HM: Natrliche Einsichts- und UrteilsfhigkeitAA: Bei Vermgensdelikten Geschftsfhigkeit
4. Auf Handlungs- und Erfolgsunwert der konkreten Tat
zB Einwilligung des E fr Schenkung der geliehenen Uhr
an Mutter des T, der sie aber der Dirne D gibt
5. Tuschung, Irrtum, Drohung(nicht aber der Motivirrtum)
eKK StGB AT 21 [116]
2 Arten (Gegenberstellung) [...]
Mutmaliche Einwilligung
1. Nach dem GoA-Prinzipbei mutmalicher Interessenbereinstimmung des Opfers
zB 123 zur Lschung eines Brandes, 223 bei Operation
eines bewusstlos eingelieferten Schwerverletzten
2. Nach dem Prinzip des mangelnden Interesses
bei minimalem, nicht schutzwrdigen Interesse d. Opfers
zB 242 bei ungefragtem Geldwechseln, Benutzung des
Fahrrades eines Freundes fr dringenden Termin ( 248b)
eKK StGB AT 22 [117]
Prfungsreihenfolge (3 Voraussetzungen)
Mutmaliche Einwilligung
1. Verfgungsbefugnis(wie bei erteilter Einwilligung)
2. Hypothetische Billigung
3. Subj. berzeugung von der hypothetischen Billigung
eKK StGB AT 22 [118]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
28/35
2 Mglichkeiten [...]
Hypothetische Billigung bei der mutmalichen Einwilligung
GoA-Prinzip
+ Objektives berwiegen des Eingriffsinteresses
+ Nichteinholbarkeit des wahren Willens
Prinzip des mangelnden Interesses
+ Konkrete Anhaltspunkte fr mangelndes Interesse
+ Dann Einholbarkeit des wahren Willens unerheblich
[119]
Ausgangsnorm
berblick [] [...]
Festnahmerecht
127 StPO
1. Vorlufige Festnahme durch jedermann 127 I 1
2. Vorlufige Festnahme durch StA/Polizei
Zur Identittsfeststellung 127 I 2
Zur Verhaftung 127 II
eKK StGB AT 23 [120]
2 Meinungen & Einschrnkung
Auf frischer Tat betroffen iSd 127 I 1 StPO
1. HM: Wirklich begangene rw. Straftat
Sonst Verlust des Notwehrrechts beim Opfer.
2. AA: Dringender Tatverdacht ausreichend
Augenblicksurteil
Eingreifender soll das Prozessrisiko nicht tragen
Schuldhaftes Handeln des Tters nicht erforderlich
Schwer feststellbar (Ausn. evtl. erkennbar Strafunmndige)
eKK StGB AT 23 [121]
bungsfragen & Antworten
Festnahmerecht
1. Wann ist eine Tat frisch?
2. Muss objektive Fluchtgefahr vorliegen?
3. Wann ist zB die Identitt nicht feststellbar?
4. Was erfordert 127 I 1 StPO als subj. Rechtfertigungs-
element?
5. Welche Straftaten knnen von 127 I 1 StPO gerechtfertigt
werden?
6. Welcher Grundsatz ist darberhinaus zu beachten?
1. Unmittelbarer rtl. und zeitl. Zusammenhang
2. Der Flucht verdchtig ausreichendvgl. Wortlaut
3. ZBbei Weigerung sich auszuweisen, nicht nachprfbaren
Angaben ber die Person
4. Absicht, die Strafverfolgung zu ermglichen
5. Festnahmehandlungen = Freiheitsberaubung/Nti-
gung bis zur Polizeidiensstelle (mehr uU nur nach 32)
6. VerhltnismigkeitzB kein Schuwaffeneinsatz durch
Private (aber mildere Mittel auer 239, 240 erlaubt)
eKK StGB AT 23 [122]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
29/35
3 Arten []
Notstand iwS
1. Rechtfertigend
34, 193, 218a StGB; 228, 904 BGB
2. Entschuldigend
35 StGB (str. ob daneben bergesetzlicher Notstand)
3. Strafausschlieend bzw. -mildernd
157, 258 V, 258 VI StGB
eKK StGB AT 24 [123]
Ausgangsnorm
4 Voraussetzungen (Prfungsschema)
Rechtfertigender Notstand im StGB
34
1. Anwendbarkeit(nur gedanklich prfen)
2. Notstandslage
3. Notstandshandlung4. Rettungswille
eKK StGB AT 24 [124]
3 Voraussetzungen (Prfungsschema)
Notstandshandlung im Rahmen des 34 StGB
1. Gefahr nicht anders abwendbar
2. Eindeutiges bergewicht des Erhaltungsgutes
3. Angemessen iSd 34 S. 2
[125]
3 Fallgruppen
Einschrnkung
Keine Anwendbarkeit des 34 StGB
1. Vorrang der weitergehenden Befugnis
Notwehr vor Notstand
2. Vorrang des spezielleren Notstands
StGB 193, 218a
BGB 228, 904 bei Eingriffen in fremde Sachen
3. Ggf. Vorrang der Einwilligung
falls Eingriffs- und Erhaltungsgut identisch
Bei 1. und 3. kommt 34 StGB subsidir zur Anwendung.
eKK StGB AT 24 [126]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
30/35
2 Arten (Gegenberstellung) [] [...]
Merkposten
Notstnde im BGB
1. Defensivnotstand 228 BGB
+ Lex specialis fr Eingriffe in gefahrverursachende Sachen
+ Erleichterte Gterabwgung (Details vgl. 228 BGB)
2. Aggressivnotstand 904 BGB (als Einschr. zu 903)
+ Lex specialis fr Eingriffe in Sachen eines Unbeteiligten+ Erschwerte Gterabwgung (Details vgl. 904)
Bis auf Notstandshandlung Voraussetzungen wie bei 34 StGB.
eKK StGB AT 24 [127]
bungsfragen & Antworten
Notstand iSd 34
1. Wann liegt die Notstandslage vor?
2. Was unterscheidet die Gefahr von 32?
3. Was unterscheidet die Aufzhlungen in 34 S. 1 und 35?4. Wann ist die Notstandshandlung nicht anders
abwendbar? Prfungsmastab?
5. Was ist der Kernpunkt der Notstandsprfung?
6. Wie lsst sich der Begriff angemessen in 34 S. 2
umschreiben?
7. Welche Ansichten werden zum Rettungswillen vertreten?
1. Bei gegenwrtiger Gefahr fr ein beliebiges Rechtsgut
2. Muss nicht von einem Menschen ausgehen
3. Aufzhlung in 34 beispielhaft, in 35 abschlieend4. Notstandshandlung nicht anders abwendbar
+ Nach sorgfltigster Prfung zur Rettung geeignet
+ Die dazu schonendste, denkbare Handlungsweise
5. Gterabwgungzw. Eingriffs- und Erhaltungsgut
6. Sozialethische Gesamtwrdigunginsbes. Art. 1 I GG
7. HM: Wille zur Gefahrenabwehr (aA: Kenntnis der NLage)
eKK StGB AT 24 [128]
Prfungsreihenfolge (4) [...]
Gterabwgung zwischen Eingriffs- und Erhaltungsgut
bei 34
1. Gegenberstellung der betroffenen Rechtsgter
Indiz fr das Wertverhltnis: Strafandrohungen im StGB
2. Grad der drohenden Gefahren
zB kann abstrakte Gefhrdung eines hherwertigen Rechts-
gutes zugunsten eines konkret gefhrdeten niedrigeren
Rechtsgutes zulssig sein
3. Sonstiges zB Ausma des drohenden Schadens,
Gefahrtragungspflichten, Unersetzlichkeit eines RGutes
4. Beachte typisierte WertungenzB 81a, 102, 127 StPO
eKK StGB AT 24 [129]
2 Mglichkeiten (Gegenberstellung) [...]
Merkposten
Pflichtenkollisionen im Strafrecht
1. Zwischen Handlungs- und Unterlassungspflicht
nach 34, 35 zu beurteilen (keine Regelungslcke)
2. Zwischen reinen Handlungspflichten iSd 13
Bei Erfllung hherwertiger Pflicht: Rechtfertigend
Str. bei gleichwertigen Pflichten
AA: Nur entschuldigend
HL:Auch rechtfertigend ( impossibilia nulla est obligatio)
Gterabwgung wie beim Notstand.
eKK StGB AT 25 [130]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
31/35
bungsflle & Lsungshinweise
Pflichtenkollisionen im Strafrecht
1. Garant G rettet seinen Schtzling S unter Verletzung des X.
2. Arzt A wird zum schwerkranken Patienten P gerufen. Auf
der Fahrt wird er Zeuge eines Unfalls, bei dem O ebenfalls
schwer verletzt wird. A begibt sich dennoch zu P.
3. Vater V kann nur eines seiner drei Kinder aus den Flammen
retten.
1. 223 des G? Rechtfertigung/Schuld richtet sich nach
34, 35 StGB, da es um eine verletzende Hdlg geht.
2. 323c des A?
echte Pflichtenkollision: je nach bergewicht der
Pflichten rechtfertigend oder nur entschuldigend
3. 212, 13?
AA: Nur entschuldigend(vgl. sog. quantitativer Notstand)
Leben ist unwgbar
HM: Rechtfertigend impossibilia nulla est obligatio
eKK StGB AT 25 [131]
Gegenberstellung [...]
Unrecht und Schuld
1. Unrecht (TB+RW = Versto gegen die Rechtsordnung)
+ Unwerturteil ber die Tat
+ Tter htte sich objektiv anders verhalten mssen
2. Schuld(= individuelle Vorwerfbarkeit)
+ Unwerturteil ber den Tter als Person
+ Tter konnte sich subjektiv auch anders verhalten
eKK StGB AT 26 [132]
5 Voraussetzungen
Schuld
1. Schuldfhigkeit
2. Spezielle Schuldmerkmale
3. Vorsatz- bzw. Fahrlssigkeitsschuld4. Unrechtsbewusstsein
5. Fehlen von Entschuldigungsgrnden
eKK StGB AT 26 [133]
bungsfragen & Antworten
Schuld
1. Was sind zwei Beispiele fr spezielle Schuldmerkmale?
2. Bei welchen Merkmalen ist diese Einordnung str.?
3. Was versteht man unter Fahrlssigkeitsschuld?
4. Wann liegt Vorsatzschuld vor?5. In welcher Norm ist das fehlende Unrechtsbewusstsein
geregelt ? Welche beiden Anforderungen sind aber
jedenfalls an den Tter zu stellen?
1. Bswilligin 225; rcksichtslosin 315c
2. Mordmerkmale der 1. Gruppe(Habgier etc.)
3. Subj. Sorgfaltspflichtverletzung/Vorhersehbarkeit
indiziert durch deren jeweils objektives Vorliegen4. Grds. indiziert durch Tatvorsatz
Ausn. kann entfallen bei Erlaubnistatbestandsirrtum (str.)
5. 17 bei unvermeidbarem Verbotsirrtumtrotz
+ Einholung von Ausknften
+ Anspannung des Gewissens
eKK StGB AT 26 [134]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
32/35
3 Arten [] (Gegenberstellung)
Stufen der altersabhngigen Schuldfhigkeit
1. Unbedingte Schuldunfhigkeit 19
Kinder bis 13 Jahre
2. Bedingte Schuldfhigkeit 3 JGG
Jugendliche 1417 Jahre
3. Unbedingte Schuldfhigkeit
Heranwachsende 1821 Jahre vgl. 105 JGG
Erwachsene ab 21 Jahre
eKK StGB AT 27 [135]
bungsfragen & Antworten
Schuldfhigkeit
1. Nach welcher Norm kann bei jedem grds. Schuldfhigen
dennoch die Schuld entfallen? Ab wieviel Promille?
2. Welche Folge hat grundstzlich die fehlende Schuld-
fhigkeit?
3. Welche vier Ausnahmen davon sind denkbar?
4. Welche Rechtsfolge hat die verminderte Schuldfhigkeitgem. 21?
1. 20 bei seelischen Strungen; bei Trunkenheit tterab-
hngige Einzelfallentscheidung Richtwert: 3.
2. Grds. Haupttter straflos (Teilnahme mgl.; i.. 29)
3. Ausn. a) Actio libera in causa
b) 20 nach Versuchsbeginn
c) Sptere IngerenziVm 13 zB T erinnert sich an im Rausch versteckte Zeitbombe
d) strafbarer Vollrausch 323a
4. 21: Nur fakultative Strafminderung;Schuld (+)
eKK StGB AT 27 [136]
bungsfragen & Antworten
Actio libera in causa
1. Wie wird actio libera in causa bersetzt und worum geht
es?
2. Von welchem Grundsatz bildet sie eine (scheinbare?)Ausnahme?
3. Welcher Fall der spter eintretenden Schuldunfhigkeit ist
unproblematisch zu bestrafen?
1. Freie Handlung als Ursache: Tter begibt sich vorstz-
lich oder fahrlssig in einen Vollrausch, in dem er inzwi-
schen schuldunfhig eine Straftat verbt.2. Ausn. Vom Koinzidenz-/Simultaneittsprinzip
nach 20 iVm 8 S. 1 mssen alle Merkmale bei
Begehung der Tat vorliegen
3. Schuldunfhigkeit nach Versuchsbeginn
Jedenfalls Strafe aus versuchtem Delikt
Aus vollendetem Delikt, falls unwesentl. Abweichung
eKK StGB AT 28 [137]
3 Meinungen (berblick)
Actio libera in causa (a.l.i.c.)
1. Tatbestandslsungen
a) Vorverlegung der Handlung
b) Mittelbare Tterschaft
2. Schuldlsungen
a) Ausdehnung der Tat bei 20
b) Ausnahme von 20 als teleologische Reduktion
3. Verfassungsrechtliche Bedenken
Grds. Versto gegen Art. 103 II GG
Ausn. uU verhaltensneutrale Delikte zB 222, 229
eKK StGB AT 28 [138]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
33/35
bungsfragen & Antworten
Wrdigung der a.l.i.c.
1. Welche Ansichten zu a.l.i.c. verstoen eindeutig gegen die
Wortlautgrenze?
2. Woran scheitert die sog. Ausnahmelsung?
3. Auf welche Theorie kann sich die Vorverlegungslsung
sttzen, was lsst sich aber dagegen anfhren?
4. Wofr passt die Vorverlegungslsung?
1. a) Lsung als mittelbare Tterschaft
25 I 2. F.: ein anderer Tter!
b) Lsung durch Ausdehnung der Tat bei 20
8, 16, 17: bei Begehung = Vornahme der TH!
2. Am Reduktionsverbotfr tterfreundl. Normen, zw.
3. Zwar nach Bedingungstheoriealle Bed. gleichwertig
Aber Wortlaut der Tathandlungspricht dagegen: Nicht
jeder, der zB eine Wegnahme ermglicht, nimmt weg!
4. Verhaltensneutrale DeliktenzB 222 (verursacht)
eKK StGB AT 28 [139]
bungsfragen & Antworten
Wrdigung der a.l.i.c.
1. Wie muss das Gutachten nach einer Tatbestandslsung
aufgebaut werden?
2. Welcher Aufbau ergibt sich bei Verfolgung einer Schuld-
lsung?3. Wie kann nach geltendem Recht bei verhaltensgebun-
denen Delikten nur gestraft werden?
4. Welche Lsung ist uU de lege ferenda zu erwarten?
1. a) Prfung der eigentl. TH;bei Schuld Abruch wg. 20
b) Prfung der TH iVm alic;uU Abbruch wg. Art. 103 II GG
c) Falls b) verneint: 323a (ihretwegen nicht bestr.)
2. a) Nur Prfung der egtl. TH; Diskussion bei 20b) Falls a) verneint: 323a(s.o.)
3. Nur aus 323a (s.o.)
4. Einschrnkung des 20(es sei denn, ...)
So wurde dies in vielen anderen europischen Straf-
gesetzbchern gelst.
eKK StGB AT 28 [140]
2 Arten (3/3 Mglichkeiten)
Verbotsirrtum
1. Irrtum ber das Bestehen der Verbotsnorm T kennt Strafnorm nicht
T hlt Strafnorm fr ungltig
T hlt Strafnorm fr nicht anwendbar (Subsumtionsirrt.)
2. Irrtum ber einen Rechtfertigungsgrund
T glaubt an einen nicht anerkannten RFG
T verkennt die Grenzen eines anerkannten RFG
T nimmt irrtml. die Voraussetzugen eines anerkannten
RFG an (Erlaubnistatbestandsirrtum; Rechtsfolge str.)
eKK StGB AT 29 [141]
3 Meinungen [...] []
Erlaubnistatbestandsirrtum
1. Strenge Schuldtheorie 17 direkt
Besondere Prfungspflicht bei Verbotsbertretung
Wille des Tters, Unrecht zu vermeiden wird so
nicht bercksichtigt.
2. Eingeschrnkte Schuldtheorie 16 I 1 analog
Lage entspricht 16 I 1; 16 I 2 ggf. fr Erfolgsunwert.
3. Rechtsfolgeneinschrnkende Schuldtheorie wie 2.
Aber: Vorsatzunrecht bleibt, nur Vorsatzschuld entfllt
Bessere Bercksichtigung von Teilnehmern (vgl. 29).
eKK StGB AT 29 [142]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
34/35
bungsfragen & Antworten
Irrtum ber Schuldelemente und persnliche
Strafausschlieungsgrnde
1. Was sind diese Irrtmer grundstzlich?
2. Welche Ausnahme wurde davon normiert?
3. Was ist darberhinaus in analoger Anwendung dieser
Vorschrift denkbar?
4. Welcher Fall ist fr einen Irrtum ber persnliche Straf-
ausschlieungsgrnde praktisch am bedeutsamsten und
welche Gegenmeinung zu 1. wird diesbezglich vertreten?
1. Grds. Unbeachtlich
weder 16 I 1 (kein Umstand), noch 17 (Unrechtsein-
sicht des Tters vorhanden.
2. Ausn. 35 II Irrige Annahme einer entschuldigenden Lage
3. Nach hM analogbei irriger Annahme eines bergesetz-
lichen Notstands
4. 258 VIzB Tter glaubt irrtml. seine Ehefrau zu schtzen
HM: Objektive Sicht; also Irrtum unbeachtlich
AA: Subjektive Sicht; Irrtum beachtlich, zB 32 II analog
eKK StGB AT 30 [143]
berblick (3)
Entschuldigungsgrnde
1. Notwehrexzess 33
2. Entschuldigender Notstand 35 I
3. bergesetzlicher Notstand
eKK StGB AT 31 [144]
bungsfragen & Antworten
Notwehrexzess
1. Welche Affekte kommen fr 33 in Betracht, was ist der
Gegenbegriff? Beispiele?
2. Welchen Einfluss muss der Affekt auf die Tat gehabt haben?
3. Welcher Notwehrexzess fhrt dann unstr. zur Entschuldi-
gung? Welcher andere ist nach hM unbeachtlich?
4. Wann ist 33 unanwendbar?
5. Unter welchem Begriff wird die berschreitung einer ver- meintlichen Notwehrlage diskutiert und was ist davon zu
halten?
1. Sog. Asthenische Affekte; Bsp. vgl. Aufzhlung in 33
Gegensatz: Sthenische Affekte zB Rache,Zorn,Kampfeslust
2. Miturschlich/nicht ganz nebenschlich
3. a) Intensiver Notwehrexzess beachtlich
zB T macht mehr als erforderlich/geboten
b) Extensiver Notwehrexzess nach hM unbeachtlich
zB Angriff noch nicht oder nicht mehr gegenwrtig4. Bei planmiger Begebungin ttl. Auseinandersetzung
5. Putativnotwehrexzess; nach hM unbeachtlich
eKK StGB AT 31 [145]
Ausgangsnorm
3 Voraussetzungen (Prfungsschema)
Entschuldigender Notstand
35 I
1. Notstandslage
Nicht anders abwendbare Gefahr fr Leib, Leben, (Fortbe-
wegungs-) Freiheit des Tters/einer nahestehenden Person
2. Keine Gefahrtragungspflicht
Aus Gefahrverursachung
Aus besonderem Rechtsverhltnis
3. Rettungswille
eKK StGB AT 31 [146]
7/24/2019 Grundlagen Der Strafbarkeit
35/35
bungsfragen & Antworten
bergesetzlicher Notstand
1. Wann kommt ein bergesetzlicher Notstand in Betracht?
2. Wie muss die Rechtsordnung eine solche Situation
bewerten?
3. Was sind die Grnde dafr?
1. Bei unwgbaren Rechtsgtern
insbes. Tter muss einen Menschen tten um viele andere
zu retten (ohne dass Notwehr vorliegt)
2. Nachsichtigkeit der Rechtsordnung= Entschuldigung
3. Grnde
Keine eigene Lsung der Rechtsordnung
General-/Spezialprvention verfehlt (extreme Ausnah-
mesituation!)
Schwere Gewissensnot des Tters
eKK StGB AT 31 [147]