35
Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

Kulturnation ohne Staat

Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

Page 2: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

2

Gliederung

1. Souveränität und Absolutismus

2. Zivilisatorischer Fortschritt

3. Das Ende des Alten Reiches

4. Aufklärung und Absolutismus

Page 3: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

3

1. Souveränität und Absolutismus

Page 4: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

4

Beschränkte Souveränität

Der Westfälische Friede verlieh den Staaten des Reiches volle Souveränität im Innern.

Außenpolitisch war es Ihnen nur verboten, Bündnisse mit fremden Mächten gegen das Reich zu schließen.

So galten von Staat zu Staat unterschiedliche Gesetze, Maße, Münzen und Gewichte.

Die Zersplitterung selbst der größeren Einzelstaaten verschärfte die Situation und gebar (nicht realisierte) Ländertauschprojekte.

Page 5: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

5

Deutschland um 1780 -Ländertauschprojekte

Page 6: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

6

Territorialabsolutismus

Der Absolutismus schaltete die Stände aus und etabliert eine souveräne Herrschaft von Gottes Gnaden.

Das ermöglicht die Modernisierung des Staates: Trennung von Hof und Regierung Zentralisierung von Verwaltung und Rechtsprechung Gesetzgebung allein durch den Herrscher Gewaltmonopol des Staates

Deutschland ist neben Italien das europäische Land, in dem nicht der Gesamtstaat, sondern Teilstaaten absolutistisch zentralisieren.

Page 7: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

7

Verschiedene Wege Der Ausbau des Staates im Geiste des

Absolutismus findet in allen Einzelstaaten statt. Aber nicht überall gelangt der Monarch zum vollen Erfolg.

Die Kurfürstentümer (durch die Goldene Bulle) und die geistlichen Territorien haben die besten Voraussetzungen: Keine Erbteilungen (Primogenitur) Unbeschränkte Gerichtshoheit (privilegia de non

evocando et appellando ). In Württemberg, Mecklenburg und vielen

kleineren Staaten bleibt ständische Mitregierung erhalten.

Page 8: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

8

Geburt des Staates aus dem Geist des Krieges

Schlacht bei Fehrbellin 1675 Gemälde von Dismar Degen - 1740

Page 9: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

9

Machtgrundlagen

Das stehende Heer, uniformiert und diszipliniert, ersetzt die ständischen Vasallenpflichten und die Söldnerheere.

Die Verbrauchssteuer (Akzise) hebelt das Recht der Landstände zur Steuerbewilligung aus.

Die Behörden, räumlich und fachlich gegliedert und mit akademisch gebildeten Beamten besetzt, setzen einheitliche Polizei und Verwaltung durch.

Page 10: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

10

2. Zivilisatorischer Fortschritt

Page 11: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

11

Kameralismus und Merkantilismus Eine Wirtschaftspolitik, die auf eine positive

Handelsbilanz gerichtet ist, vermehrt die finanziellen Ressourcen des Staates (Kameralismus).

Manufakturen und Gewerbe werden gefördert, um das Geld im Lande zu halten (Merkantilismus).

Die Bevölkerung wächst durch Ansiedlung (Kolonisation), um Steuer- und Militärkraft zu heben (Peuplierung).

Page 12: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

12

Autarkiestreben

Edikt König Friedrich Wilhelms I.gegen den Gebrauch ausländischer StoffeBerlin, 1718

Page 13: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

13

Sozialpolitik

Das Staatsinteresse betreibt die Zivilisierung der ständischen Gesellschaft durch Sozialpolitik

Bauernschutz; Arbeiterschutz; Armenfürsorge; Gesundheitswesen; Schulwesen.

Wachsende Staatsmacht durch Kriegsmacht bleibt das Primärziel, Sozialpolitik wird ein wesentliches Mittel dazu.

Page 14: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

14

Krankenhäuser für die Bedürftigen

Die Charité im Jahre 1740. Nosocomium regium militare majus quod a charitate nomen habet = Das große königliche Militärhospital, das seinen Namen von der Barmherzigkeit („a c(h)aritate“) hat.

Page 15: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

15

Armenhäuser

Armenhaus der Reformierten Gemeinde Elberfeld im Wirmhof, errichtet 1677.

Page 16: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

16

3. Das Ende des Alten Reiches

Page 17: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

17

Das Alte Reich

Das Reich erhält sich gerade in seiner altertümlichen Form als lockerer Lehnsverband.

Der kurbrandenburgische Hofhistoriograph Samuel Pufendorf sah es „einem Monstrum ähnlich“. Daneben erklingt das Lob seiner gemischten Verfassung.

Das Reich zähmt immer wieder die Machtinteressen der Grossen gegen die Kleinen. Es schützt vor allem die Reichsstädte gegen die Gelüste der Territorien.

Page 18: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

18

Huldigung

Huldigung der Reichsstadt Frankfurt am Main nach der Wahl von Franz I. zum Kaiser 1745.

Page 19: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

19

Institutionen: Reichstag Der Immerwährende Reichstag zu Regensburg

war seit 1663 ein permanentes Forum deutscher und europäischer Politik.

Hingegen wurden nur wenige Gesetze (Reichsschlüsse) verabschiedet, wie das Reichsgesetz gegen die Missbräuche der Handwerker von 1731.

Es bestand Zwang zum Konsens, weil in Konfessionssachen niemand überstimmt werden durfte und die Abstimmung nach Kurien erfolgte.

Page 20: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

20

Institutionen: Reichsgerichte

Das Reichskammergericht in Wetzlar und der Reichshofrat in Wien funktionierten paritätisch nach Konfessionen.

Sie schlichteten Streitigkeiten der kleineren Reichsstände untereinander.

Sie waren Appellationsgerichte für Untertanen gegen ihre Obrigkeiten. Landgemeinden und Bürgerkommunen waren häufige Kläger.

Hier erfolgte eine Verrechtlichung der Konflikte, die sich aus dem Aufstieg des Absolutismus ergeben.

Page 21: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

21

Audienz am Reichskammer-gericht Wetzlar

Rechts und links die Wappen der Kurfürsten, unten die Reichskreise außerhalb der Kurfürstentümer. (Kupferstich, Frankfurt/Main 1750, Städtische Sammlung Wetzlar)

Page 22: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

22

Könige neben dem Kaiser Nicht die staatliche Zersplitterung der vielen Kleinen

ist das Problem dieser Epoche deutscher Geschichte.

Gefährlich ist die Macht der wenigen Grossen, die sich gegen Reich und Nachbarn richtet: Die Schlesischen Kriege.

Außerhalb des Reiches gewonnene Königstitel zeigen europäische Verflechtung und Großmachtinteressen territorialstaatlicher Politik: Sachsen-Polen; Brandenburg-Preußen; Hannover-England.

Page 23: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

23

Der Siebenjährige Krieg 1756-1763

Page 24: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

24

August der Starke – sächsischer Kurfürst und polnischer König

Miniaturbildnis von Charles Boit, Umkreis, nach 1718

Geb. in Dresden 1670, gest. in Warschau 1733. Sächsischer Kurfürst 1694. Nach Konversion zum Katholizismus 1697-1706 und 1709-1733 zum polnischen König gewählt.

Page 25: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

25

Österreich und Preußen

Im Siebenjährigen Krieg steigt Brandenburg-Preußen zur fünften europäischen Großmacht auf.

Damit bildet sich der österreichisch-preußische Dualismus heraus, der ein Jahrhundert lang die deutsche Geschichte bestimmen wird.

Im dritten Deutschland der kleinen Staaten und der Reichsstädte wächst dagegen wieder ein Reichspatriotismus mit Reichsreformplänen.

Page 26: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

26

4. Aufklärung und Absolutismus

Page 27: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

27

Aufgeklärter Absolutismus

Aufgeklärter Absolutismus war ein kurzzeitiges Bündnis, ein Widerspruch in sich.

Während der Endphase des Ancien Regime verkörperten drei Fürsten insbesondere diese Illusion des Philosophen auf dem Thron:

Friedrich II. von Brandenburg-Preußen, Joseph II., Römischer Kaiser, deutscher König etc. Katharina II. von Russland.

Inkonsequenz, Kriege und Machtpolitik (Polnische Teilungen) enttäuschten die Aufklärer.

Page 28: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

28

Der Monarch als Künstler

Flötenkonzert in Sanssouci, Flötenkonzert in Sanssouci, Gemälde von Adolph Menzel 1852, Nationalgalerie Berlin

Friedrich II. gewährte religiöse Toleranz und verbot die Folter. Er verbot dem Adel das Bauernlegen und hob die Leibeigenschaft auf den Domänen auf.Seine Kriege und Bündnisse verheerten die Nachbarländer und untergruben das Reich.

Page 29: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

29

Der Monarch als FreimaurerKaiser Joseph II., hob Frondienst und Leibeigenschaft auf. Gab Religionsfreiheit.

Die Vereinheitlichung durch Germanisierung erregt den Widerstand seiner nichtdeutschen Länder. Bei seiner Ankunft im Elysium Kolorierter Kupferstich von Hieronymus Löschenkohl,

1790. Wien, Historisches Museum.

Page 30: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

30

Die weise Regentin Sie verbesserte die Verwaltung und den Straßenbau, förderte die Akademie, aber sie schlug Bauernaufstände und Reformbegehren brutal nieder und dehnte die Leibeigenschaft aus.

Katharina II. (die Große), Kaiserin von Russland 1763-1796. (Fjodor S. Rokotow 1763).

Page 31: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

31

Höfische Kultur

Kulturell sind die vielen Fürstenstaaten von Vorteil.

Die Residenzen werden zur bleibenden Vielfalt kultureller Zentren in Deutschland:

Theater, Universitäten, Bibliotheken, Verlage.

Page 32: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

32

Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Die 1761-1766 eingerichtete Bibliothek, in der Goethe von 1797-1832 die Oberaufsicht ausübte, ist mit einem Buchbestand von ca. 850.000 Bänden eine literarische Schatzkammer.

Page 33: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

33

SchlösserDie Residenz des Würzburger Fürstbischofs, geschaffen von Johann Balthasar Neumann(1687 – 1753), mit den Fresken der Venezianer G. Battista Tiepolo und seinen Söhnen Dominicus und Titus Tiepolo.

Page 34: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

34

Kulturnation und Landespatriotismus

Die Aufklärung umspannte den ganzen deutschen Sprachraum mit ihrer literarischen Öffentlichkeit.

Die deutsche Gelehrtenrepublik (Klopstock) war der aufklärerische Gegenentwurf zum absolutistischen Fürstenstaat.

Vaterland und Nation wurden kaum noch auf das Reich, immer häufiger aber auf die einzelnen Staaten bezogen.

Page 35: Kulturnation ohne Staat Im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus

35

Zusammenfassung

Der moderne Staat bildete sich in den deutschen Einzelstaaten, von denen die größeren auf dem Weg zur Nationsbildung waren.

Das Reich wahrte dennoch Frieden und Recht für die vielen kleinen und kleinsten Staaten.

Die als Zersplitterung und Partikularismus gescholtene Vielfalt war weder wirtschaftlich noch kulturell ein Hindernis der Modernisierung.