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Manfred Kirchgeorg, Christiane Springer, Christian Brühe
Live Communication Management
Ein strategischer Leitfaden zur Konzeption,
Umsetzung und Erfolgskontrolle
Manfred Kirchgeorg
Christiane Springer
Christian Brühe
Live Communication ManagementEin strategischer Leitfaden zur Konzeption,
Umsetzung und Erfolgskontrolle
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Prof. Dr. Manfred Kirchgeorg ist Inhaber des Lehrstuhls für Marketingmanagement
an der Handelshochschule Leipzig.
Dr. Christiane Springer ist Geschäftsführerin der Leipzig School of Media gGmbH.
Christian Brühe ist Group CEO von Uniplan GmbH & Co. KG, einer der führenden
Agenturen für Live Communication.
1. Auflage 2009
Alle Rechte vorbehalten
© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Lektorat: Barbara Roscher | Jutta Hinrichsen
Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science + Business Media.
www.gabler.de
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsge-
setzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt
insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen
und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw.
in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als
frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Design: 2erpack, Hamburg, www.2erpack.com
Satz: Anja Grimm Gestaltung, Hamburg
Druck und buchbinderische Verarbeitung: Druckerei Stürtz GmbH, Würzburg
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany
ISBN 978-3-8349-1025-7
Geleitwort
Die Markenkommunikation steht angesichts des sich abzeichnenden Paradigmenwechsels
vor erheblichen Herausforderungen. Die Einwegkommunikation ist auf dem Rückzug und
wird durch Instrumente der Dialogkommunikation ergänzt oder abgelöst. Ein vielfältiges
Spektrum neuer Interaktionsformen zwischen Kunden, Anspruchsgruppen und Unterneh-
men hat sich im letzten Jahrzehnt entwickelt.
Ein Blick auf die Verteilung der Kommunikationsbudgets belegt, dass immer mehr Unter-
nehmen in die Dialogkommunikation investieren. Neben den neuen Medien haben dabei
Messen und Events einen festen Platz im Kommunikations-Mix vieler Unternehmen. Diese
Instrumente zählen neben Brand Lands, Showrooms, Roadshows bis hin zu Hauptversamm-
lungen zur Kategorie der Live Communication, bei der die direkte Begegnung zwischen
Kunden und Unternehmen bzw. Marke in einem emotional gestalteten Umfeld im Mittel-
punkt steht. Wenngleich ein Großteil dieser Instrumente bereits auf eine lange Tradition
zurückblicken kann, so haben sich die Wissenschaft und Praxis mit der systematischen
Planung, Umsetzung und Kontrolle der Live Communication bisher nur nachlässig aus-
einandergesetzt. Dieser Sachverhalt steht allerdings im Widerspruch zur Bedeutung, die
diesen Instrumenten gemessen am Kommunikationsbudget in der Wirtschaftspraxis zuteil
wird.
Somit ist es verdienstvoll, dass sich die Autoren in systematischer Weise mit der Planung die-
ser modernen Kommunikationsinstrumente auseinandersetzen. Aus einer entscheidungs-
und managementorientierten Sicht betonen sie die Notwendigkeit der Professionalisierung
der Live Communication in der Unternehmenspraxis – angefangen von der Wettbewerbs-
und Zielgruppenanalyse über die Festlegung operationaler Kommunikationsziele und -stra-
tegien bis hin zur Umsetzung, Kontrolle und organisatorischen Einbindung. Durch eine Viel-
zahl von empirischen Befunden wird die Entwicklung und der Stellenwert der Live Communi-
cation im Marken- und Kommunikationsmanagement aufgezeigt. Auf der Grundlage dieses
Spiegelbilds der Kommunikationsrealität ist es den Autoren möglich, branchenspezifische
Benchmarks wie auch Professionalisierungslücken in der Live Communication auszumachen.
Abgerundet werden die empirischen und konzeptionellen Überlegungen durch Stellung-
nahmen und Würdigungen renommierter Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Wenngleich die Autoren in ihrer Betrachtung den Fokus auf die Live Communication richten,
so lassen sie keinen Zweifel daran, dass diese erst durch die intelligente und synergetische
Einbindung in den Kommunikations-Mix besondere Wirkungen entfaltet. Dabei werden
verschiedene Wege der Integration aufgezeigt. Die Autoren betonen, dass eine erfolgreiche
Live Communication immer auch eine gewisse Unternehmenskultur erfordert, die im Kern
eine kunden- und marktorientierte Unternehmensführung voraussetzt.
V
VI
Das vorliegende Werk liefert einen systematischen konzeptionellen Leitfaden für die Profes-
sionalisierung der Live Communication. Es richtet sich somit an die Zielgruppe der Prak-
tiker, die diese Instrumente im Rahmen ihrer Kommunikationskonzepte einsetzen werden
und Agenturdienstleister, die die Planung und Umsetzung von Live Com-Konzepten be-
g leiten. Es zielt aber auch auf jene Führungskräfte ab, die in die Planung, Budgetierung und
Kontrolle von Live Com-Konzepten aus anderen Unternehmensfunktionen einbezogen wer-
den und ein hinreichendes Verständnis für diese Kommunikationsinstrumente mitbringen
müssen. Gleichermaßen profitieren Studierende mit dem Schwerpunkt Marketing- oder Kom-
munikationsmanagement von der entscheidungsorientierten Aufbereitung der Thematik.
Nicht zuletzt liefert dieses Werk auch eine Reihe von Anregungen für Forscher, sich den
viel fältigen Fragestellungen der Ausgestaltung und Wirkung von Live Com-Konzepten zu-
künftig verstärkt zu widmen.
In diesem Sinne stellt das Werk einen wertvollen Beitrag zur sachgerechten Beurteilung
und erfolgreichen Gestaltung der Live Communication als attraktive Kommunikationsform
dar. Insofern empfehle ich der einschlägigen Zielgruppe das Werk als Pflichtlektüre.
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert
VII
Vorwort
Im kommenden Jahrzehnt werden wir einen grundlegenden Wandel in der Kommunikati-
onslandschaft beobachten. Die Bastion der klassischen Kommunikation wird von den neuen
digitalen Medien erstürmt. Die Diskussion um das Leitmedium der Zukunft bewegt viele
Gemüter. Ein Blick auf die Kommunikationsbudgets lässt jedoch erkennen, dass ein Budget-
shift von der klassischen Kommunikation zur Virtual und Live Communication stattfindet.
Die Live Communication vereint in einigen Branchen sogar den dominanten Anteil am Ge-
samtbudget. Live Communication umfasst die persönliche, direkte, interaktive Begegnung
und das aktive Erlebnis der Zielgruppe mit einem Unternehmen und seiner Marke in einem
inszenierten und häufig emotional ansprechenden Umfeld zur Erzeugung einzigartiger und
nachhaltiger Erinnerungen. Auf diese Weise kann die Live Communication als ein „Kon-
zeptionsdach“ verschiedener Kommunikationsinstrumente verstanden werden, zu denen
insbesondere Messen, Events, Showrooms und Brand Lands zählen, wobei weitergehend
eine Vielzahl von Ausgestaltungsformen innerhalb der einzelnen Instrumentekategorien
unterschieden werden kann.
Die Motivation der Autoren, das vorliegende Werk zu verfassen, liegt einerseits in der feh-
lenden Professionalisierung der Live Communication begründet. Es besteht eine eklatante
Lücke zwischen der Bedeutung der Live Communication in der Wirtschaftspraxis und dem
Professionalisierungsgrad ihrer Planungen, Umsetzung und Kontrolle. Dies mag nicht zu-
letzt auch daran liegen, dass die Live Communication in der Literatur, Wissenschaft wie
auch Lehre bisher stiefmütterlich behandelt wurde. Wie kann die Professionalisierung der
Live Communication voranschreiten, wenn ihr bei der Ausbildung von Führungskräften
und Kommunikationsexperten keine gebührende Beachtung zuteil wird? Nicht zuletzt vor
diesem Hintergrund haben sich die Autoren zusammengefunden, um die Lücke zwischen
Anspruch und Wirklichkeit zu schließen. Der Lehrstuhl Marketingmanagement an der Han-
delshochschule Leipzig befasst sich in seinen Forschungen mit Problemstellungen der Mar-
kenführung und Live Communication. Uniplan gehört zu den führenden Agenturen der Live
Communication, sodass eine symbiotische Verknüpfung der Kompetenzen beider Institu-
tionen nahelag.
Bereits seit 2004 betreiben Uniplan und der Lehrstuhl für Marketingmanagement eine ge-
meinsame Forschungsstelle für Live Communication. Ziel der gemeinsamen Aktivitäten
ist es, die im Vergleich zur klassischen Kommunikation noch junge Disziplin der Live Com-
munication weiter zu professionalisieren und dabei Theorie und Praxis eng miteinander
zu verzahnen. Die Fragestellungen der hierbei jährlich durchgeführten Studie „Uniplan
LiveTrends“ werden mit einem Expertenkreis aus der Unternehmenspraxis entwickelt. Die
Ergebnisse der Befragung von 400 Marketing- und Unternehmenskommunikationsleitern
erscheinen in diesem Jahr in sechster Auflage im Herbst. Die bisher durchgeführten For-
schungsprojekte und empirischen Studien belegen eindeutig den fundamentalen Wandel
VIII
in der Markenkommunikation. Die virtuelle Kommunikation gewinnt an Bedeutung, und
neue Formen der Live Communication ergänzen bzw. ersetzen die bisherigen Instrumen-
te im Kommunikations-Mix. Dadurch erlangt die systematische Planung, Umsetzung und
Kontrolle von Messen, Events und Brand Lands einen herausragenden Stellenwert.
Das vorliegende Werk beschäftigt sich deshalb einleitend mit den neuen kommunikativen
Herausforderungen und dem Paradigmenwechsel von der klassischen Kommunikation hin
zur Live und Virtual Communication. Anschließend werden im Rahmen des management-
orientierten Ansatzes die einzelnen Live Com-Prozessschritte dargestellt – von der Situati-
onsanalyse, über die Festlegung von Live Com-Zielen, bis zur Ableitung von Strategien und
der Ausgestaltung einzelner Live Com-Instrumente sowie ihrer Umsetzung und Erfolgskon-
trolle. Mit Blick auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie die praktischen Erfahrungen
werden Lösungsansätze zum Live Com-Management vorgestellt. Interviews mit hochkarä-
tigen Expertenvertretern und konkrete Case-Beschreibungen verdeutlichen die Vorgehens-
weisen und Resultate. Ergänzend liefern verschiedene empirische Untersuchungen – u. a. die
seit 2003 jährlich durchgeführten, branchenübergreifenden Uniplan LiveTrends-Studien –
interessante Benchmark-Informationen. Abschließend werden die Potenziale der Live Com-
munication analysiert und Handlungsoptionen zum optimalen Einsatz der Live Com-In-
strumente konkretisiert.
„Live Communication Management“ wendet sich demzufolge an Führungskräfte aus Mar-
keting, Vertrieb, Kommunikation und PR in Unternehmen sowie an Beratungsunternehmen
und Agenturen. Studierende, die sich intensiver mit neuen Kommunikationsformen aus-
einandersetzen möchten, erhalten einen systematischen Einblick in die Entwicklung und
Umsetzung von Live Com-Konzepten. Dem Leser dieses Werkes stehen auch aktuelle Infor-
mationen zum Live Com-Management auf unserer Internetseite www.live-communication-
management.com zur Verfügung. Wenn Sie den Kontakt zu uns aufnehmen wollen, so finden
Sie auf dieser Webseite entsprechende Informationen.
Zum Gelingen der vorliegenden Schrift haben zahlreiche Personen und Institutionen einen
erheblichen Beitrag geleistet. Daher möchten wir uns an dieser Stelle bei allen Beteiligten
recht herzlich bedanken. Unser besonderer Dank gilt zunächst den Experten, die uns für
die spezifischen Fach- und Themengebiete des Live Com-Managements mit Interviews ver-
tiefende Einblicke und Einschätzungen gegeben haben. Namentlich hervorheben möchten
wir an dieser Stelle Prof. Dr. h.c. Roland Berger von Roland Berger Strategy Consultants,
Prof. Dr. Manfred Bruhn von der Universität Basel, Prof. Dr. Christoph Burmann von der
Universität Bremen, Prof. Dr. H. Dieter Dahlhoff von der Universität Kassel, Thomas Gries
von der Coca-Cola GmbH, Thomas Grimm vom Zweiten Deutschen Fernsehen, Dagobert
Hartmann von der Uniplan GmbH & Co. KG, Udo Klein-Bölting von der BBDO Consulting
GmbH, Oliver P. Kuhrt von der Koelnmesse GmbH, Dr. Peter Neven vom AUMA Ausstel-
lungs- und Messeausschuss der deutschen Wirtschaft e. V., Dr. Jesko Perrey von McKinsey &
Company, Inc., Willi Schalk und den Beiratsmitgliedern der „Radiate Experience“, die zur
IX
Omnicom-Gruppe gehört, Hartmut Scheffler von der TNS Infratest Holding GmbH & Co. KG,
Dr. StefanWachtel von ExpertExecutive, Prof. Peter Wippermann vom Trendbüro – Beratungs-
unternehmen für gesellschaftlichen Wandel GmbH, Prof. Dr. Cornelia Zanger von der Tech-
nischen Universität Chemnitz und Prof. Dr. Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig. In
das Werk sind umfangreiche empirische Analysen eingeflossen. Bei der Konzeption der
Studien stand uns Dagobert Hartmann als fachlicher Sparringspartner mit Rat und Tat zur
Verfügung. Hierfür gilt unser besonderer Dank.
Bei der Endredaktion haben uns Tanja Vatterodt, Nadine Horbas und Evelyn Kästner in be-
sonderer Weise unterstützt. Für die umfangreichen Layoutarbeiten danken wir dem 2erpack
Team, bestehend aus Behruz Tschaitschian, Hannes Mussbach und Anja Grimm.
Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre!
Leipzig und Köln, im September 2009
Manfred Kirchgeorg
Christiane Springer
Christian Brühe
XI
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel 1.1 „ 50% des Budgets werden aus dem Fenster hinausgeworfen!“
oder: Die ewige Suche nach dem optimalen Kommunikations-Mix 1.2 Kommunikation – ein Blick in die Historie 1.3 Definitorische Abgrenzung der Live Communication 1.4 Besonderheiten der Live Communication 1.5 Stellenwert der Live Communication im Kommunikations-Mix 1.6 Problemfelder in der Live Communication
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication 2.1 „ Coca-Cola – nur dunkle Limonade?“
oder: Was andere von der großen Verführung lernen können 2.2 Prozess der Planung und Umsetzung von Live Communication 2.3 Analyse der Situation 2.3.1 Elemente und Schlüsselfragen der Situationsanalyse 2.3.2 Überblick zu empirischen Studien der Live Communication 2.3.3 Design und Methode der LiveTrends-Studien 2.4 Identifikation von Zielgruppen 2.4.1 Bedeutung und Abgrenzung der Zielgruppen 2.4.2 Segmentierung der Zielgruppen 2.5 Festlegung von messbaren Zielen 2.6 Ableitung der Live Com-Strategien 2.7 Verteilung des Live Com-Budgets 2.8 Konzeption und Kreation der Live Communication
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix 3.1 Instrumente der Live Communication 3.2 Messen und Ausstellungen 3.2.1 Kennzeichnung und Bedeutung 3.2.2 Planung und Umsetzung 3.2.3 Generelle Beurteilung der Wirkung 3.3 Brand Lands und Showrooms 3.3.1 Kennzeichnung und Bedeutung 3.3.2 Planung und Umsetzung
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VII
XIII
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XII
3.3.3 Generelle Beurteilung der Wirkung 3.4 Events und Roadshows 3.4.1 Kennzeichnung und Bedeutung 3.4.2 Planung und Umsetzung 3.4.3 Generelle Beurteilung der Wirkung 3.5 Sonderformen der Live Communication 3.5.1 Mega-Events 3.5.2 Hauptversammlungen
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication 4.1 Organisatorische Anforderungen 4.1.1 Integrationserfordernis der Live Communication 4.1.2 Organisatorische interne Verantwortlichkeiten der Live Communication 4.1.3 Live Communication in Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern 4.2 Besonderheiten der Live Communication auf internationalen Märkten
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung 5.1 „ Unsere Marke steht für …?“ oder:
Die unausgeschöpften Potenziale der Live Communication 5.2 Schwierigkeiten der Wirkungsmessung 5.3 Empirische Erkenntnisse zur Erfolgskontrolle der Live Communication 5.4 Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im
Kommunikations-Mix 5.4.1 Allgemeine Bewertung 5.4.2 Phasenspezifische Bewertung 5.4.3 Ansatzpunkte zur Verbesserung der Effektivität und Effizienz der
Live Communication aus Sicht von Entscheidungsträgern 5.5 Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5.1 Schritte der Erfolgskontrolle 5.5.2 Wirkungsstufen der Live Communication 5.5.3 Erfolgsbeurteilung in der Live Communication
6. Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
Anhang Empirische Live Com-Studien in Deutschland
Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis
138
139
139
142
147
155
155
166
178
180
180
190
204
223
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243
246
250
256
256
258
263
272
286
288
303
323
XIII
Abkürzungsverzeichnis
AG Aktiengesellschaft
AIEST Association Internationale d’Experts Scientifiques du Tourisme
AktG Aktiengestz
AUMA Ausstellungs- und Messeausschuss der deutschen Wirtschaft e. V.
a. M. am Main
Aufl. Auflage
BCG Boston Consulting Group
Bd. Band
BIE Bureau International des Expositions
BMW Bayrische Mototren Werke AG
bspw. beispielsweise
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CD Corporate Design
CEO Chief Executive Officer
Co. Compagnie
CRM Customer Relationship Management
D Deutschland
DAI Deutsches Aktieninstitut e. V
DAX Deutscher Aktienindex
DFB Deutscher Fussball-Bund e. V.
d. h. das heißt
DIRK Deutscher Investor Relations Kreis
EACA European Association of Communications Agencies
e. V. eingetragener Verein
et al. et alii, et alia, et alteri
EM Europameisterschaft
EstG Einkommenssteuergesetz
etc et cetera
EU Europäische Union
EVA Event Award
f., ff. folgende, fortfolgende
FAMAB Verband direkte Wirtschaftskommuniaktion e. V.
FIA Fédération Internationale de l‘Automobile
FIFA Fédération Internationale de Football Association
FKM Gesellschaft zur freiwilligen Kontrolle von Messe- und Austellungszahlen
FME Forum Marketing-Eventagenturen
GB Großbritannien
ggf. gegebenenfalls
XIV
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GWA Gesamtverband Kommunikationsagenturen
ha Hektar
HGB Handelsgesetzbuch
HHL Handelshochschule Leipzig
Hrsg. Herausgeber
I Italien
i. A. in Anlehnung
ICT Information and Communication Technology
i. d. R. in der Regel
IFRS International Financial Reporting Standards
IOC International Olympic Committee
IPTV Internet Protocol Television
IR Investor Relations
IT Information Technology
Jg. Jahrgang
Jh. Jahrhundert
Kap. Kapitel
km Kilometer
lat. lateinisch
Live Com Live Communication
mind. mindestens
Mio. Millionen
Mrd. Milliarden
m Meter
m2 Quadratmeter
n. Chr. nach Christus
No. Number
Nr. Nummer
o. ä. oder ähnliches
POE Point of Experience
POS Point of Sales
POR Points of Relevance
PR Public Relations
PWC PricewaterhouseCoopers
ROI Return of Investment
S. Seite
SMS Short Message Service
Sp. Spalte
SRM Stakeholder Relationship Management
StGB Strafgesetzbuch
SWOT Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats
TV Television
u. a. unter anderem
UFI Union des Foires Internationales
URL Uniform Resource Locator (Internetadresse)
US United States
USA Vereinigte Staaten von Amerika
usw. und so weiter
vgl. vergleiche
Vol. Volume
vs. versus
VW Volkswagen
WAP Wireless Application Protocol
WM Weltmeisterschaft
www World Wide Web
z. B. zum Beispiel
ZDF Zweites Deutsches Fernsehen
z. T. zum Teil
XV
1
Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
2
1.1 „50 % des Budgets werden aus dem Fenster hinausgeworfen!“ oder: Die ewige Suche nach dem optimalen Kommunika tions -Mix
Dem Vorstandssitzungsprotokoll eines international führenden Unternehmens für Haut-
und Schönheitspflege ist zum Tagungsordnungspunkt „Kommunikationskonzept für das
nächste Geschäftsjahr“ Folgendes zu entnehmen:
„ […] Das Budget wird für das kommende Geschäftsjahr vorgestellt: Gesamtbudget
42 Mio. Euro, davon 15 Mio. Euro für den Heimatmarkt und 27 Mio. Euro für die
Auslandsmärkte. Für die globale Dachmarkenkampagne wird das Budget aufgrund
des Umsatzwachstums der Auslandsmärkte um 10 % erhöht, im Heimatmarkt er-
folgt hingegen keine Erhöhung.
[…] Das Vorstandsmitglied für den Bereich Marken stellt den geplanten Budget-
s hift von der klassischen Werbung hin zur Online- und Live Communication
vor. Grund hierfür ist die Notwendigkeit, die Budgetprioritäten angesichts der
rückläufigen Reichweite bei Print und TV und der besonderen Kundenstruktur
des Unternehmens mit 82 % Stammkunden neu zu verteilen. Insbesondere das
Thema Kundennähe sei bei der Stammkundenpflege ausschlaggebend. Der per-
sönliche Dialog und ein „Mehr“ an Services dürften nicht vernachlässigt werden.
[…] Im Hinblick auf den geplanten Budgetshift von der klassischen Werbung hin
zum Online-Medium fordert das Vorstandsmitglied für den Bereich Finance eine
Aufstockung des Budgets, da die Betreuung des Internetauftrittes in diesen Be-
reich falle und anstehende Investitionen in ICT-Lösungen und Software berück-
sichtigt werden müssten.
[…] Das Vorstandsmitglied für den Bereich Produktentwicklung kündigt eine Pro -
dukteinführung an. Zum erfolgreichen Auftakt auf dem Heimatmarkt sei daher die
Aufstockung des Kommunikationsbudgets erforderlich.
[…] Das Vorstandsmitglied für den Bereich Finance hinterfragt, warum Events zur
Produkteinführung lediglich für den Heimatmarkt geplant werden. Viel mehr Impact
sei doch in den Wachstumsmärkten, wie z. B. China, Russland, Brasilien und Indien,
zu erwarten. Gleichzeitig sehe er die Chance, mit neuen Showrooms die Verbraucher-
wünsche in frequenzstarken Regionen wie Shanghai besser zu erfüllen und „Mar-
kenerlebnisse zum Anfassen“ zu schaffen. Des Weiteren kritisiert er die steigenden
Kommunikationsausgaben und die seiner Meinung nach zu kurzfristig greifenden
Kampagnen. Er fordert, den Erfolg einzelner Kommunikationsinstrumente – sei es
das klassische Werbeengagement, eine Messebeteiligung oder aber eine Eventinsze-
„50 % des Budgets werden aus dem Fenster hinausgeworfen!“ 1.1
3
nierung – zu prüfen, bevor die jeweiligen Kommunikationskonzepte abgesegnet
werden. Aus bisherigen Erfahrungen wisse man schließlich, dass mindestens 50 %
des Budgets „aus dem Fenster hinausgeworfen“ würden.
[…] Der Vorstandsvorsitzende betont die Wichtigkeit der Beteiligung an Leitmessen.
Im Hinblick auf die 100-jährige Firmengeschichte und eine heute weltweit starke
Präsenz mit führenden Marken könne die Teilnahme an diesen Messen nicht zur
Disposition gestellt werden und einem kurzfristigen Effizienzgedanken zum Opfer
fallen.
[…] Der Vorstandsvorsitzende vertagt die Entscheidung über die Genehmigung
des Kommunikationsbudgets und -konzeptes auf die nächste Sitzung. Sämtliche
offenen Punkte und Fragen werden bis dahin durch das Vorstandsmitglied des
Bereiches Marken geklärt.“
Dieser Auszug repräsentiert eine typische Diskussion der Verantwortlichen, die in einer Viel-
zahl von Unter nehmen in ähnlicher Form geführt wird. Sie wirft eine Reihe von Fragen auf, die
auf typische Problemfelder bei der professionellen Kommunika tions planung hinweisen:
Warum wird das Umsatzwachstum als Maßstab für das Kommunikationsbudget —genommen? Werden hier nicht Ursache und Wirkung miteinander verwechselt?
Warum stoßen traditionelle Kommunikationsinstrumente bei der Neukunden-—gewinnung und Kundenbindung an ihre Grenzen?
Warum liegt die Verantwortung für die Ausgestaltung von Internetauftritten und —CRM-Systemen bei der IT- und nicht bei der Marketingabteilung?
Warum sind Koordinationsprobleme zwischen den Abteilungen der Neupro dukt-—entwicklung und des Marketing aufgetreten?
Welche Vorteile bieten die oben zitierten Instrumente der Live Communication —und Virtual Commu nication tatsächlich?
Entfalten sie ihre Wirkungen in allen Phasen der Kundenbeziehung?—
Mit welcher Dosierung sind die verschiedenen Kommunikationsformen in ein —effizientes Gesamt portfolio der integrierten Kommunikation einzu beziehen?
Die Liste dieser Fragen könnte mühelos verlängert werden. Eines wird bereits an dieser
Stelle deutlich: Die Ent wicklung und Umsetzung erfolgreicher Kommunika tions konzepte
hat angesichts der zunehmenden Frag mentierung der Medien und des steigenden Wettbe-
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
4
werbsdrucks erheblich an Komplexität gewonnen. Virtuelle Kom mu ni kationsinstrumente
übernehmen mehr und mehr Funktionen der traditionellen Werbung und bereichern sie
um interaktive Elemente. Die Einweg kommunikation wird durch virtuelle Interaktionen
in Form von Blogs oder Communities abgelöst. Es zeichnet sich ein fundamentaler Para-
digmenwechsel in der Marken- und Unternehmenskommunikation ab. Die „Leitmedien-
Bastion“ der klassischen Werbe medien erodiert.
Aber wie steht es in diesen Zeiten des Wandels um jene Kommunikationsformen, für die
persönliche Dialoge und Begegnungen zwischen Kunden und Verkäufer prägend sind?
Messen, Events und Brand Lands gehören weder zur Kategorie der klassischen Werbung
noch zu den virtuellen Werbewelten. Beobachtet man die Zusammensetzung der Kom-
munikationsbudgets von Unternehmen in verschiedenen Branchen, so entfällt auf diese
Instrumente ein erheblicher Anteil des Gesamtbudgets. Die so genannten Instrumente
der Live Communication erlangen ebenso wie die virtuelle Kommunikation einen Be-
deutungszuwachs. High Tech und High Touch scheinen eine wirkungsvolle Kommu ni ka-
tions symbiose einzugehen.
Angesicht der realen Bedeutung der Live Communication ist es erstaunlich, dass diese In-
strumente in der Literatur weitgehend stiefmütterlich behandelt werden. Deshalb ist es ein
Anliegen des vorliegenden Buches, sich mit der professionellen Planung, Umsetzung und
Kontrolle der Live Communication auseinanderzusetzen.
1.2 Kommunikation – ein Blick in die Historie
Angesichts des enormen Einflusses der Kommunikationstechnologien auf die Infor ma-
tions - und Wissens gesellschaft wird mit Beginn des neuen Jahrtausends auch vom Zeit-
alter der „totalen Kommunikation“ (Europäische Kommission, 2002, S. 8) gesprochen.
Diese Metapher lässt erahnen, dass damit einhergehend die Marken- und Unternehmens-
kom munikation vor gravierenden Herausforderungen steht, die Chancen wie auch Risiken
bedingen. Grundsätzlich erscheint ein Blick in die Historie der Kommunikation erkennt-
nisreich, den bisherigen Stellenwert verschiedener Kommunikationsformen und speziell
die Bedeutung der Live Commu nication tiefergehend zu beleuchten.
Der direkte persönliche Dialog zwischen Menschen zählt nicht nur zu den Wurzeln der
Live Communication, sondern er begründet auch den Ursprung der menschlichen Kommu-
nikation überhaupt. Karl Jaspers (1883–1969) sieht hierin sogar ein konstitutives Merkmal
des Menschen. Er betont: „Dass wir miteinander reden können, macht uns zu Menschen.“
Das Zitat des Dichters Franz Werfel (1890–1945) kann hier nahtlos angefügt werden: „Leben
heißt sich mitteilen“. Der persönliche Dialog mit Hilfe der Sprache prägte demzufolge die
gesellschaftliche Entwicklung in der Ver gangenheit in hohem Maße. Auch wenn die Entste-
5
hungsgeschichte der Sprache bisher nur lückenhaft rekonstruiert werden konnte, ist es un-
strittig, dass die Menschen seit jeher miteinander kommuniziert haben. Die Sprache diente
der Selbst darstellung und Beziehungsgestaltung (vgl. Ebert/Piewinger, 2007, S. 205 ff.). Erst
durch die verbale Kombination von Dutzenden Lautäußerungen und der Abstraktion von
For mu lierungen konnten unendlich viele Bedeutungen ausgetauscht werden. Da mit wurde
es möglich, den persönlichen Dialog zum Zwecke der genauen Ab stimmung des Denkens
und Verhaltens zu perfek tionieren. Größere Entfernungen der auf Sprache basierten Kom-
munikation konnten jedoch nicht ohne Hilfsmittel über wunden werden. Aber der Mensch
war stets bestrebt, seine kommunikativen Potenziale auszubauen.
So war es dem griechischen Heerführer Agamemnon bereits 1184 vor Christi Geburt
möglich, eine Nachricht vom Fall Trojas innerhalb kürzester Zeit durch eine Kette von
Signalfeuern über 800 km weit zu schicken. Diese Art der Kommunikation wurde
später von den Römern perfektioniert, die Hunderte von so genannten Rauchtürmen
bzw. Rauchtelegrafen nutzten, um ein umfassendes Nachrichtennetz zu errichten.
Dieses historische Beispiel verdeutlicht die Anfänge der Übermittlung von Infor mationen
über größere Distanzen. Im Laufe der letzten Jahrhunderte sind schrittweise viele weite-
re Errungenschaften von Medien formen hinzu gekommen, die der menschlichen Kom-
munikation kaum noch Grenzen setzen. Der Begriff Medium kennzeichnet in diesem
Zusammenhang die jeweilige Vermittlungsform bzw. den Träger von Infor mationen, die
zwischen Sender und Empfänger ausgetauscht werden. Die Abbildung 1 vermittelt einen
Überblick über die wichtigsten Entwicklungsstufen der Medienformen.
Abbildung 1. Entwicklungsstufen von Medienformen (seit dem 15. Jh.); (Quelle: i. A. Merten, 1994; Rogers, 1986)
Kommunikation – ein Blick in die Historie 1.2
Bu
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ruck
Zei
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ZeitSprach-ursprung
1500 1600 1700 1800 1900 2000
Periode der Druckmedien
Periode der Telekommunikation
Periode der inter-aktiven Medien
∑ R
elat
ive
Bed
eutu
ng Kommunikation
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
6
In allen Epochen wurde die Medienentwicklung maßgeblich durch die gesellschaft lichen
Herausforderungen mitbestimmt. Die Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft ist in Ab-
hängigkeit von den Möglichkeiten und Mitteln der Kommunikation zu betrachten, da die
„Gesellschaft nicht nur aufrechterhalten wird durch Kommu nikation, sondern […] über-
haupt [erst] durch Kommunikation existiert“ (Dewey, 1916, S. 5). So wurde die anfäng liche
Periode der Schreibmedien ab dem 15. Jahrhundert von weiterführenden Perioden der
Druckmedien, der Telekommunikationsmedien und der inter aktiven Medien abgelöst (vgl.
Rogers, 1986). Auffällig ist die rasante Zunahme neuer medialer Formen in immer kürzeren
Zeitabschnitten. Die Crux besteht darin: Je mehr Medienformen entstehen, umso größer
ist die Vervielfachung kommunikativer Botschaften. Das verfügbare relevante Wissen wird
durch die weltum span nenden Kommunika tions netze nahezu an jedem Ort in Sekunden-
schnelle verfügbar.
Die fortschreitende Fragmentierung der Kommunikationsmedien führt zu einer erhöhten
Komplexität auf Seiten derjenigen Unternehmen und Institutionen, die ihre Zielgruppen
mit speziellen Botschaften ansprechen wollen. Gegenüber der klassischen Media planung,
die sich mit der bestmöglichen Aufteilung des Mediabudgets auf Print, Radio und TV be-
schäftigt hat, stellt die Optimierung des heutigen Kommu nikationsportfolios ungleich
höhere Anforderungen an die werbetreibenden Unternehmen. Der gleichzeitige Einsatz
mehrerer Medien stellt wiederum die Rezipienten vor das Problem der Informationsver-
arbeitung. Obgleich die Inanspruchnahme von vielfältigen Kommunikations wegen eine
individuellere Zielgruppen ansprache erlaubt, wirkt die Zunahme der Werbe impulse bei
gleichzeitiger Verringerung der Reichweiten einzelner Medien formen kontra produktiv.
Durch die starke Zunahme des Medienangebotes – das Schät zungen zu folge innerhalb
einer Generation um 4.000 % steigt (vgl. Merten, 1999, S. 208 ) – treten Phä nomene der In-
formationsüberflutung auf Rezipientenseite auf.
Die Ursache kann einerseits durch die große Informations menge (quantitative Informa-
tionsbelastung) und anderer seits durch die abnehmende Informations qualität (qualitative
Informations belastung) erklärt werden. Die Reizüberflutung hat zur Folge, dass die Infor-
mationen aufgrund der begrenzten physischen und psychischen Rezeptionskapazitäten
und der Zeitressourcen des Menschen nur selektiv aufgenommen und verarbeitet werden
(vgl. Munzinger/Musiol, 2008, S. 22). Während man einst noch davon ausging, dass zu-
mindest 1,9 % der produzierten und angebotenen Informationen der klassischen Medien
Zeitung, Zeit schrift, Hörfunk und TV ins Bewusstsein der Konsumenten gelangen (vgl.
Brünne et al., 1987, S. 46 f.), zeigen neueste Ergebnisse, dass lediglich 0,004 % aller Reize
und Signale von der Außenwelt aufge nommen werden (vgl. Häusel, 2004, S. 84). Die Dis-
kussion um das Anwachsen der Informationsflut bereitet den Marketing verantwortlichen
erwiesenermaßen größere Probleme als den Empfängern der Botschaften. Es kann dem-
nach geschlussfolgert werden, dass die Kommunikations vielfalt einerseits den Möglich-
keitsraum in der Gesellschaft erweitert, andererseits schlagen die negativen Begleiterschei-
nungen als „Kosten der Moderne“ (Rodenhäuser et al., 2005, S. 97 f.) zu Buche.
7
Die Erkenntnisse zum Mediennutzungsverhalten können möglicherweise Aufschluss da-
rüber geben, welche Auswirkungen die Informationsüberflutung auf die Rezipien ten hat.
Eine Langzeitstudie zur Mediennutzung bestätigt: Der Medienkonsum deutscher Rezipien-
ten stieg zwischen 1980 und 2005 von 346 auf 600 Minuten pro Tag an (vgl. Fritz/Klingler,
2006, S. 234). Dies entspricht einer Zuwachsrate von 73 %, auch wenn der Zeitaufwand für
die Mediennutzung bei Weitem nur einen Bruchteil des Medienangebotes darstellt. Dem
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft zufolge wurden die Rezi pienten im Jahr
2005 pro Tag mit folgender Anzahl kommunikativer Stimuli konfrontiert (vgl. ZAW, 2005,
S. 197 ff.):
8.375 Fernsehspots,—
5.611 Radiospots und—
1.693 Anzeigen.—
Diese Zahlen repräsentieren exemplarisch die Mediendichte in der klassischen Kommuni-
kation. Nur in Ausnahmefällen verdrängen einzelne Medienformen die älte ren. Sie nötigen
diese allenfalls zu Funktions verschiebungen. Dies entspricht den Rieplschen Gesetzen der
Medien, nach denen kein Instrument der Information und des Gedankenaustauschs , das
einmal eingeführt wurde und sich bewährte, von anderen vollkommen ersetzt oder ver-
drängt wird. Die komplementäre Nutzung verschiedener Medien ergibt sich aus den unter-
schied lichen Funktionen, die ein Rezipient mit den einzelnen Medienformen verbindet.
So werden z. B. Internet und Tageszeitungen vor allem als Informations medien wahrge-
nommen. Das Fernsehen dient darüber hinaus als Unterhaltungs medium, und das Radio
gilt als Tagesbegleiter und Stimmungsmodulator. Diese Funk tionen werden mit einer zuneh-
menden Souve ränität von den Rezipienten individuell zusammen gestellt. Das so genannte
„Channel Hopping“ oder die parallele Nutzung verschiede ner Medien formen zur gleichen
Zeit bilden ein Indiz dafür, dass Informationen heute mehr denn je multimedial wahrge-
nommen werden. Umso wichtiger ist es, dass Marketing manager und Kommunikations ex-
perten die Auswahl geeigneter Kommunikationsinstrumente sorg fältig prüfen und dabei
die zeitlichen Allokationen der Mediennutzung berück sichtigen.
Doch welche Rolle spielt die zwischenmenschliche Kommunikation im wirtschaftlichen
Kontext? Mit der Genese neuer Medienformen wie dem Buch, Radio, Fernsehen oder In-
ternet verlor der persönliche Dialog an Einfluss, obwohl sich die Kommunikation im All-
gemeinen zu einem führenden Teil system der Gesellschaft entwickeln konnte. Mit dem
Voranschreiten der elektronischen Medien ist als Gegenbewegung eine Renaissance des
persönlichen Austausches in der Unternehmenskommunikation zu beobachten.
Kommunikation – ein Blick in die Historie 1.2
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
8
Abbildung 2. Entwicklung der relativen Bedeutung der Kommunikation und des persönlichen Dialogs
Die folgenden Thesen begründen diese Entwicklung (vgl. Brühe, 2003, S. 77 ff.; Kirchgeorg /
Klante, 2003, S. 14 ff.):
Individualisierungs-These —Die Individualisierung in der deutschen Bevölkerung sowie in anderen Industrie-
staaten nimmt zu (vgl. Meffert et al., 2008; Opaschowski , 2000). Durch persön-
liche Dialoge und Interaktionen kön nen die individualisierten Anfor derungen der
Kunden, wie z. B. Selbstverwirk lichungs wünsche und Erleb nis orien tierung, bes-
ser aufge nommen, interpretiert und in Dienst- und Produkt leistungen über führt
werden.
Produkthomogenitäts-These—
Die Homogenisierung und die dadurch bedingte Austauschbarkeit der Produkte
wirken dem Kun denbindungsgedanken ent gegen, wodurch die Loyalität in ge-
sättigten Märkten vielfach ab nimmt. Bei zunehmender technisch-physikalischer
Produktqualität werden vom Kunden zur Differen zierung verstärkt Merkmale der
persönlichen Geschäftsbeziehung heran gezogen (vgl. Meffert, 2002, S. 1 ff.). Posi-
tive persönliche Erlebnisse und Be ziehungen mit Unternehmensvertretern , Marken
und Pro dukten fördern die differenzierte Wahrnehmung trotz hoher sachlicher
Vergleichbarkeit.
Multisensualitäts-These—
Die Erinnerungsleistung von Informationen im Gedächtnis ist dann besonders
hoch, wenn die Infor mationen multisensual und multimedial vermittelt und vom
Kunden aufgenommen werden können (vgl. Springer, 2008; Becker, 2006; Mayer,
2005; Kroeber-Riel/Weinberg, 2003). Im Dialog bietet sich die Möglichkeit, alle
Sprach-ursprung
1500
Zeitu
ng
1600 1700 1800 1900 2000
Kommunikation
Persönlicher Dialog
Zeit
∑ R
elat
ive
Bed
eutu
ng
9
Sinne zu aktivieren. Wird die Reiz darbietung konsistent umgesetzt (vgl. Bruhn,
2005 b, S. 474), so erhöht sich die Er innerungs leistung der Zielgruppen an Unter-
nehmen, Marken und Produkte.
High Touch- versus High Tech-These—
Durch die Informationsflut der elektro nischen Kommunikation erfahren per-
sönlich erlebte Kontakte und Beziehungen eine Aufwertung (vgl. Blackston, 1992;
Park, 1986). Szenarioanalysen bestätigen, dass dem per sönlichen Dialog zwischen
Kunden und Unternehmen trotz der rasanten Entwicklung der elektronischen
Medien auch in den nächsten Jahrzehnten eine große Bedeutung zukommt (vgl.
Kirch georg et al., 2007 b, S. 21).
Unsicherheits-These—
Seit Anfang des 21. Jahrhunderts haben u. a. terroristische Anschläge, Umwelt-
schutzprobleme sowie die Finanzkrise weltweit zu einer erhöhten Unsicherheit
in der Bevölkerung geführt. In gefährdeten Regionen und/oder unbeständigen
Zeiten nimmt das Bedürfnis nach Vertrauen sowie emo tionaler und gefühls-
betonter Ansprache ebenso zu wie die Suche nach Ge borgenheit und Sicherheit
(vgl. Rodenhäuser et al., 2005, S. 118 ff.). „First Hand Experiences“ (Weiss, 1979,
S. 206 ff.) durch persönliche Begegnungen mit Personen, Unternehmen und
Marken führen nachweislich zu einer glaubwürdigeren Wahrnehmung von Sach-
verhalten als massenmedial ver mittelte Inhalte (vgl. Lorbeer, 2003, S. 86 ff.).
Effizienz-These—
Eine glaubwürdige Wahrnehmung, hohe Erinnerungsleistungen sowie geringe
Streuverluste sorgen für eine attraktive Kosten-Ertrags-Bilanz der per sönlichen
Dialoge im Vergleich zu anderen Kommunika tions alternativen. Zielführend sind
jedoch die Berücksichtigung der jeweiligen Instrumente-Charak teristika und
deren entsprechende Integration im Kommu nikations-Mix.
Es sind somit mehrere Einflüsse, die begründen, warum den Unternehmen die klassischen
Medien der Kundenansprache und -bindung oftmals nicht mehr genügen, um sich auf glo-
balisierten Märkten zu behaupten (vgl. Riewoldt, 2002, S. 8). Je technisierter die Kom muni-
kation wird, desto wichtiger wird der persönliche Dialog. Die Virtual Commu nication und
Live Communication können sich in symbiotischer Weise vernetzen. Durch die persönliche
und oftmals emotionale Begegnung sowie die dadurch realisierbare Kundenintegration
lassen sich individuelle Kundenansprüche besser auf nehmen , interpretieren und in Dienst-
und Produktleistungen überführen. Hintergrund hierfür ist die konsequente Einbeziehung
des Kunden als Mitentwickler und Ideen geber. Auf die Integration und Vernetzung zielen
auch die neuen virtuellen Medien ab, sodass es auf die zielorientierte Orchestrierung der
zur Verfügung stehenden Instrumente im Rahmen der Unternehmens- und Marken kom-
mu nika tion ankommt. Die Unternehmen sind gefordert, ein modernes Kommu nika tions -
Kommunikation – ein Blick in die Historie 1.2
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
10
verständnis zu erlangen. Statt einseitiger und kurzzeitiger Kommunikation sind zweisei-
tige Kommunikations pro zesse im Sinne von Dialogen gefragt, mit denen sich langfristige
Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden aufbauen lassen (vgl. Abbildung 3).
Abbildung 3. Entwicklung der Kommunikationsmodelle zwischen Unternehmen und Kunden
Kunde
Kunde
Kunde
UnternehmenBotschaft
Botschaft
Wissen
Wissen
Unternehmen
Kunde
Kunde
Kunde
Botschaft
Botschaft
Botschaft
Gestern Heute
Kommunikation – ein Blick in die Historie 1.2
11
„Die Unternehmen befinden sich noch mitten in der Phase der Dialogkommunikation“
Entwicklungsphasen und Status Quo der Kommunikation
Interview mit Prof. Dr. Manfred Bruhn von der Universität Basel
1. Prof. Bruhn, welche Gründe sind Ihrer Meinung nach verantwortlich für die Dynamik im
Kommunikationswettbewerb?
Bruhn: Im Rahmen einer systematischen Kommunikationsplanung ist die Berücksichtigung
und Analyse jeglicher Rahmenbedingungen unabdingbar. Die unternehmerische Kommu-
nikation ist dynamisch den verschiedenen, aktuellen Entwicklungen und Veränderungen
anzupassen, die sowohl angebotsseitiger als auch nachfrageseitiger Natur sein können.
Auf der Anbieterseite, d. h. die Kommunikationstreibenden betreffend, sind insbesondere
die Entwicklung der Werbeeinnahmen bzw. der starke Anstieg der Werbeinvestitionen zu
betrachten. Die Aufwendungen für die Kommunikation sind in den letzten 15 Jahren ext-
rem stark um knapp 40 % angestiegen (vgl. ZAW, 1991 und 2007). Die höheren Werbeauf-
wendungen der Anbieter resultieren u. a. aus einem verstärkten Mehreinsatz von (inno-
vativen und neuen) Kommunikationsmitteln und -instrumenten. Eng verbunden mit dem
rapiden Anstieg ist ein zunehmendes Medienangebot, d. h. die Zersplitterung bzw. Atomi-
sierung der Medien. Zudem hat die Anzahl an Werbetreibenden extrem stark zugenommen.
All diese Entwicklungen führen zu einem gesteigerten Werbedruck, dem auf Nachfrager-
seite eine begrenzte Aufnahme- und Verarbeitungskapazität und eine nur unwesentlich
veränderte Mediennutzung als früher gegenüberstehen. Allerdings bleibt abzuwarten, wie
stark die Auswirkungen der aktuellen Weltwirtschaftskrise auf die Entwicklung des Kom-
munikationseinsatzes, speziell auf die klassische Mediawerbung und das Sponsoring, aber
auch auf andere Kommunikationsinstrumente sein werden.
Auf der Rezipientenseite ergeben sich zwei zentrale Veränderungen der Wahrnehmung:
die Tendenz zur reduzierten Konzentrationsfähigkeit sowie eine selektive Informations-
aufnahme und -verarbeitung. Die Werbeflut resultiert bei den Konsumenten in einer Kurz-
zeitigkeit der individuellen (Kommunikations-)Wahrnehmung und Verarbeitung bis hin
zur aktiven Verweigerungshaltung. Um dennoch die Aufmerksamkeit der Nachfrager zu
erhalten sowie Präferenzen zu schaffen, haben Unternehmen auf diese veränderten Bedin-
gungen zu reagieren, die Kommunikation entsprechend anzupassen sowie kontinuierlich
weiterzuentwickeln.
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
12
2. Die Dialogform der Kommunikation wurde ja schon immer eingesetzt. Warum befinden
wir uns Ihrer Meinung nach erst seit der Millenniumsgrenze in einer Phase der Dialog-
kommunikation?
Bruhn: Die erläuterten Veränderungen und Tendenzen haben teilweise schon vor vielen
Jahren eingesetzt. Die Unternehmen haben darauf reagiert und ihre Kommunikations-
aktivitäten angepasst. Primäres Ziel stellt die Aufmerksamkeit und Erinnerung der Rezi-
pienten dar, eine Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz ist hierfür unabdingbar. Diese
Entwicklungen führten in den 1990 er Jahren in eine Phase, in der die Unternehmen sich
gegenseitig mit kreativen und innovativen Kommunikationsbotschaften und neuen bzw.
alternativen Kommunikationsformen „bekämpften“; die Werbetreibenden standen in einem
immer intensiveren Kommunikationswettbewerb zueinander. Die Beziehung zum Kunden
spielte meines Erachtens in dieser Zeit nur eine untergeordnete Rolle; die Bedeutung des
Dialogs wurde von den Unternehmen noch nicht ausreichend erkannt. Erst seit diesem
Jahrtausend rückt der Konsument in den Fokus der Werbetreibenden. Neue Medien, die
eine interaktive Kommunikation fördern, und die stärkere Betrachtung der Kommunikati-
onsbedürfnisse haben zum Wandel und Übergang in die Phase der Dia log kommunikation
geführt.
3. Zeichnet sich unter Berücksichtigung der fortschreitenden Kundenintegration eine neue
Phase ab?
Bruhn: Momentan sind die Kommunikationstreibenden noch mit den Herausforderungen
der Dialogkommunikation genügend gefordert. Eine zunehmende Erlebnisorientierung
ermöglicht den Unternehmen, (potenzielle) Konsumenten z. B. zu speziell veranstalteten
Events, in eigens zur Unterhaltung eingerichtete Brand Lands oder zu extravaganten
Road shows einzuladen. Diese dienen als Plattform, um den Konsument in eine zweiseitige
Kommunikation zu „verwickeln“ sowie – durch die Freiwilligkeit der Teilnahme und eine
entspannte Atmosphäre – die Dialogbereitschaft zu erhöhen. Die Ausgestaltung dieser
erlebnisorientierten Kommunikationsformen ist jedoch noch lange nicht ausgereift. Die
zurzeit intensiv geführte Diskussion zum Thema Marken-Konsumenten-Beziehung zeigt
ebenfalls die Aktualität des Themas. Insbesondere die Betrachtung der Interaktion stellt
eine stark diskutierte Bedingung für das Zustandekommen von Dialogen dar. Meines Er-
achtens befinden sich die Unternehmen noch mitten in der Phase der Dialogkommuni-
kation , die durch die fortschreitende Kundenintegration zusätzlich verstärkt wird. Die
Frage der Dimensionen und Faktoren der „Interaktionsqualität“ werden dabei eine zu-
nehmende Bedeutung erhalten.
Kommunikation – ein Blick in die Historie 1.2
13
4. Gibt es empirische Belege dafür, dass die Bedeutung der Kommunikation für den unter-
nehmerischen Erfolg noch weiter ansteigen wird? Und welche Auswirkungen ergeben sich
hieraus für die Umsetzung des Marketing-Mix in den Unternehmen?
Bruhn: Die herausragende Bedeutung der Kommunikation für den Unternehmenserfolg
ist inzwischen unbestritten. Ob die Relevanz jedoch zukünftig noch ansteigt oder auf dem
bisherigen Niveau stagniert, bleibt meines Erachtens noch abzuwarten. Wir dürfen keines-
falls vergessen, dass die anderen Marketing-Mixbereiche ebenfalls sehr wichtig sind; nur
wenn ein Unternehmen eine gute Leistung zu einem angemessenen Preis anbietet, wird
sich diese Leistung auch verkaufen lassen. Kommunikation kann sich dementsprechend
nicht zum alleinigen Marketingbereich entwickeln, sondern hat die anderen Bereiche zu
unterstützen. Zentral ist jedoch, dass die bereits vorhandene Relevanz der Kommunika-
tion beachtet und von Unternehmen genutzt wird. Kommunikation darf nicht „nebenbei“
erfolgen, son dern ist systematisch zu planen und umzusetzen. Die Abstimmung der Kom-
munika tion mit den strategischen Entscheidungen der übrigen Marketing-Mixbereiche ist
hierbei kontinuierlich zu gewährleisten, um instrumenteübergreifend ein konsistentes
Unter nehmensbild zu kreieren. Die Höhe des Kommunikationsbudgets ist dabei an den
angestrebten Zielen – im Sinne einer Ziel-Maßnahmen-Kalkulation – auszurichten; nur so
kann die Reali sation der Kommunikationsziele und die Unterstützung der übergeordneten
Unternehmensziele sichergestellt werden. Aber sicherlich werden wir es – bedingt durch
die Weltwirtschaftskrise – noch weiter verstärkt mit einer „Ökonomisierung der Kommu-
nikation“ zu tun haben.
5. Stellt die zunehmende Virtual Communication eine Gefahr für die Dialogkommunika-
tion dar?
Bruhn: Wie bereits aufgezeigt, erlauben die elektronischen Medien wie das Internet oder
die Nutzung von mobilen Endgeräten den Unternehmen eine verstärkt interaktive Aus-
richtung der Kommunikation. Diese Entwicklung beeinflusst meines Erachtens die Mög-
lichkeiten einer zweiseitigen Kommunikation und die Initiierung von Dialogen positiv.
Viele dieser Medien ermöglichen die Speicherung und Verarbeitung von Kundendaten.
Dies gestattet eine individuellere Ausrichtung der Kommunikationsinhalte an den spezi-
fischen Kundenwünschen und steigert oftmals die Dialogbereitschaft der Konsumenten.
Ein weiterer Vorteil der Virtual Communication stellt die Überwindung von räumlichen
Distanzen dar. Entsprechend den Herausforderungen an die Kommunikationstreibenden,
die im Zuge einer zunehmenden Globalisierung auftreten, beinhaltet die Nutzung neuer
Medien und virtueller Kommunikation eine Chance, den Kunden direkt anzusprechen
und eine Beziehung zwischen Unternehmen und Rezipienten aufzubauen.
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
14
6. Ist die Dialogkommunikation Ihrer Meinung nach ein Phänomen ge sättigter Märkte?
Welchen Herausforderungen muss sich die Dialogkommunikation dem nach in Zukunft
auf internationalen, wachsenden Märkten stellen?
Bruhn: Gesättigte Märkte und eine zunehmende Homogenisierung der Leistungen haben
sicherlich dazu beigetragen, die Dialogkommunikation voranzutreiben. Weitere Gründe
stellen die Übersättigung der Rezipienten dar, die täglich mit einer sehr hohen Anzahl an
Kommunikationsstimuli konfrontiert werden, sowie die begrenzte Aufnahme- und Ver-
ar beitungskapazität von Informationen. Die zunehmende Globalisierung und Internatio-
nalisierung verstärkt dieses Phänomen; neue Wettbewerber treten in den (Kommuni-
kations- )Markt ein und kämpfen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten. Das eigene
Unternehmen betritt evtl. ebenfalls neue Märkte und hat neue Zielgruppen anzusprechen.
Im Rahmen der Internationalisierung bestehen Herausforderungen für die Dialogkom-
munikation zum einen in der (räumlichen) Distanz zwischen Unternehmen und Rezipient
sowie deren Überwindung. Zum anderen erfordert die dialogorientierte Ansprache neuer
Zielgruppen die Berücksichtigung sowohl sprachlicher als auch kultureller Gegebenheiten,
die Beachtung länderspezifischer Gesetzgebungen sowie der jeweiligen Mediennutzungs-
gewohnheiten und Medieninfrastruktur.
Definitorische Abgrenzung der Live Communication 1.3
15
1.3 Definitorische Abgrenzung der Live Commu nication
Bedient man sich der Kommunikationsformen als gedanklich isolierbarer Dimen sionen,
um einzelne Kommu nika tionsinstrumente anhand von gemeinsamen Merkmalen zu klas-
sifizieren, so lassen sich üblicherweise die folgenden Formen unter scheiden (vgl. Bruhn,
2005 b; Steffenhagen, 2004):
persönliche vs. unpersönliche Kommunikation—
direkte vs. indirekte Kommunikation—
einseitige vs. zweiseitige Kommunikation—
interne vs. externe Kommunikation—
Individual- vs. Massenkommunikation.—
Tabelle 1. Above-the-Line- vs. Below-the-Line-Kommunikation (Quelle: i. A. Lischka, 2000, S. 14)
Gegenüber diesen Formen werden die Kommunikationsinstrumente in der Praxis häufig
pragmatisch bestimmten Kategorien zugeordnet. Eine typische Unter teilung – wenn auch
nicht über schneidungs frei – ist der Instrumentesplit in Above- the - Line- Maßnahmen vs. Be-
low-the-Line-Maßnahmen (vgl. Nufer, 2007, S. 10 f.), deren Chara k te ristika in Tabelle 1 zu-
Merkmale der Above-the-Line-Kommunikation
Merkmale der Below-the-Line-Kommunikation
Monolog Kommunikationsart Dialog
unpersönlich Begegnungsform persönlich
passiv Kundenintegration aktiv
gering Erfahrbarkeit hoch
mittel Emotionalisierung hoch
gering Kundenvernetzung hoch
gering Multisensualität hoch
kurzfristig zeitlicher Horizont langfristig
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
16
sammengefasst dargestellt sind. Der Kategorie „Above-the-Line“ werden alle für die Masse
der Zielgruppe sichtbaren Kommunikationsinstrumente zuge ordnet, wie die Presse, Radio,
Fernsehen, Kino sowie Außenwerbung. Demgegenüber zählen alle nicht-klassischen Inst-
rumente, die eine persönliche und individuelle Kommuni kation sicherstellen und nicht für
alle sichtbar sind, zu den Below-the-Line- Instrumenten. Dies sind bspw. Messen, Events,
Mailings, Sponsoring, Product Placement und Sales Promotions.
Gemäß dieser Klassifizierungen kann die Dialogkommunikation zunächst wie folgt chara k-
te risiert werden:
als persönliche, direkte und zweiseitige Kommunikation, —
als Bereich, der die Below-the-Line-Instrumente umfasst.—
Auch wenn in der Literatur kein einheitliches Begriffsverständnis zur Dialogkommu nika-
tion existiert, so können dennoch „sämtliche Maßnahmen eines Unter nehmens [dieser
Kommunikationsform zugeordnet werden], die einen dauer haften, interaktiven Informa-
tionsaustausch zwischen dem Unternehmen und poten ziellen sowie aktuellen Kunden
ermöglichen mit dem Ziel, profitable Kunden beziehungen aufzubauen und zu pflegen“
(Lischka, 2000, S. 16).
Sie bildet ein wesentliches Element der Live Communication. Der englische Begriff „Live“
(lebend, unverzögert) betont die direkte Erlebbarkeit einer persönlichen Begegnung. Damit
verbunden ist auch die multisensuale Erfahrbarkeit von Produkt- und Markenleistungen
(vgl. Springer, 2008, S. 6 f.). Gegen über der Dialogkommunikation verbindet sich mit dem
Konzept der Live Commu nication der Anspruch, einen persönlichen Dialog in einem vom
Unternehmen kon trollierten und inszenierten Umfeld zu gestalten. Der explizite Kontext-
bezug zur Stimulierung der Kommunikationsziele grenzt die Live Communication zum
einen von so genannten „Live Com-Attrappen“ (siehe Abbildung 4) ab. Nicht jede Veran-
staltung ist als Live Com-Maßnahme zu werten. So ist den Autoren eines Eventmanage-
ment-Buches in ihrer Einleitung beizupflichten, in der sie schrieben: „Ich erinnere mich
an keine Veranstaltung, die nicht auch ein Event gewesen wäre – die anderen habe ich
alle vergessen“ (Holzbauer et al., 2002). Solche eher wirkungs losen Veranstaltungen, die
weder stark von ihrem Erinnerungs- noch von ihrem Insze nierungsgrad sind, können der
Kategorie „Live Com-Attrappen“ zugeordnet werden. Darüber hinaus ist die Live Com-
munication auch von dialoggeprägten Situationen zu unterscheiden, in denen das Unter-
nehmen keinen Einfluss auf eine markengerechte Umfeldgestaltung nehmen konnte, wie
es z. B. bei reinen Verkaufsgesprächen eines Vertreters im Hause des Kunden der Fall ist.
17
Definitorische Abgrenzung der Live Communication 1.3
Abbildung 4. Live Communication vs. Live Com-Attrappen
Somit lässt sich für den Begriff Live Communication folgende Definition ableiten:
Live Com-Attrappen
Live Communication
Stä
rke
der
Eri
nn
eru
ng
en
Inszenierungsgrad- +-
+
Grauzone
Definition Live Communication
Live Communication bedeutet die persönliche, direkte, interaktive Begegnung und
das aktive Erlebnis der Zielgruppe mit einem Unternehmen und seiner Marke in einem
inszenierten und häufig emotional ansprechenden Umfeld zur Erzeugung einzigartiger
und nachhaltiger Erinnerungen.
Zu den Instrumenten der Live Communication gehören insbesondere Messen, Events
und Brand Lands, wobei weitergehend eine Vielzahl von Ausgestaltungs formen inner-
halb der einzelnen Instrumentekategorien unterschieden werden kann.
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
18
„Live Communication – mittendrin statt nur dabei“
Verwendung des Live Com-Begriffs
Interviewrunde (Teil I) mit Willi Schalk und Prof. Dr. Rainer Zimmermann,
Jordi Queralt, Theo Reichert (Beiratsmitglieder der „Radiate Experience“,
die zur Omnicom-Gruppe gehört)
Schalk: Hier sitzen gefühlte hundert Jahre praktische Erfahrung mit Kommunikationsauf-
gaben unterschiedlichster Art am Tisch. Können wir unser Gespräch bitte so organisieren,
dass wir dem Leser als erstes unser Verständnis von Live Communication näherbringen
und deren Bedeutung im Kommunikations-Mix beurteilen?
Reichert: Wir kommen ja ursprünglich von der klassischen Kommunikationsberatung und
haben uns in den letzten Jahren mehr dem Thema „Experiential Marketing“ gewidmet. Wir
wollen Marken erlebbar machen, oftmals durch die Schaffung von Events. Heute ist die
Konzeption und Durchführung von Live Communication unser Kerngeschäft.
Zimmermann: Mir gefällt der Begriff „Live Communication“ sehr gut. Vor allem ordnet er
das direkte und unmittelbare Erleben gut ein. Man muss ja generell sehen, dass das Inter-
net und die mobile Telefonie die normale menschliche Konversation und das physische
Zusammentreffen von Menschen kannibalisiert haben. Das gibt der Live Communication
eine neue, viel breitere Bedeutung.
Queralt: Ich vergleiche mal Live Communication mit einer Live-Sendung im TV. Da ist
vieles unvorhersehbar, ich kann nicht im Detail planen, ich kann nichts herausschneiden,
es ist natürlich sehr aktuell. Ich bin mittendrin statt nur dabei.
Zimmermann: Jetzt bringe ich mal ein problematisches Beispiel: Call Center. Die finden in
Echtzeit statt, und da telefonieren echte Menschen miteinander, und wenn ich jetzt noch
Bildtelefonie hätte, könnten sie sich auch noch sehen. Was passiert aber tatsächlich? Der
Rezipient spürt ja ganz genau, dass er standardisierte Antworten bekommt. Er wird nicht
in seiner Individualität erkannt. Standardisierung und Vorproduzierung sind Indikatoren
für Betrug, und die direkte menschliche Unmittelbarkeit ist ein Garant für Glaubwürdig-
keit und Überprüfbarkeit.
Schalk: Ich finde das ein hochinteressantes Beispiel. Aus subjektiver Erfahrung wissen
wir doch alle, dass die persönliche Erfahrung mit einem Call Center die Einstellung zu
einer Marke oder zu einem Unternehmen dramatisch beeinflussen kann. Das ist z. B. dann
der Fall, wenn ich an ein Call Center gerate, von dem ich ziemlich schnell merke, das ist
nicht die Firma, die ich in Wirklichkeit anrufe, sondern es ist irgendein outgesourctes Call
Center und die Behandlung, die ich mir dann angedeihen lassen muss, hat überhaupt
19
nichts zu tun mit dem Bild und der bisherigen Erfahrung, die ich von dieser Marke oder
dem Unternehmen bislang habe. Ein solches „Live“-Erlebnis kann im Extremfall dazu
führen, dass ich die Marke von meiner Präferenz-Liste streiche.
Queralt: Ich möchte noch ein Beispiel geben für absolute Live Communication: Sampling.
Ein Produkt setzt sich in Szene, es ist ein Event um das Produkt und um die Marke herum.
Ich habe vor Jahren eine Aktion durchgeführt, die die Probierquote signifikant gesteigert
hat, bei einem bekannten Produkt, Coca-Cola. Wir haben die so genannten Ice Angels erfun-
den, die mit Harleys, mit Freizeitwagen herumgefahren sind. Vor die Verbrauchermärkte,
an die Schulen, da, wo die Zielgruppe ist. Dadurch hat man das Produkt ganz anders in-
szeniert. Die Marke war durch Produktprobleme in Belgien in einer Imagekrise. Normaler-
weise hätte man den Werbedruck im TV erhöht, wir wollten etwas anderes probieren. Das
Produkt in Szene setzen und – wie man heute sagen würde – mit Live Communication
direkt an die Zielgruppe heranführen. Mit immensem Erfolg. Ich wundere mich heute, dass
nur noch wenige Marken Sampling intensiv nutzen. Die PR, die sie durch so einen Samp-
ling-Event haben, ist beachtlich.
Definitorische Abgrenzung der Live Communication 1.3
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
20
Die unter dem Sammelbegriff der Live Communication zusammengefassten Kommunika-
tionsinstrumente zeichnen sich durch folgende Merkmale aus, die auch den besonderen
Charakter der Live Communication unterstreichen:
Anwesenheit— ( Präsenz)
Die gegenseitige Wahrnehmbarkeit der Kommunikationspartner ist durch die
direkte Interaktion zwischen Sender und Empfänger an einem Ort gegeben.
Sprachlichkeit— ( Artikulation)
Obwohl auch auf nonverbale Art und Weise kommuniziert werden kann – hier
gilt Watzlawicks (1921–2007) Ausspruch: „Man kann nicht nicht kommuni zieren“ –
so ist doch die Sprache zur Verständigung zwischen den Kommunikations-
partnern ein wesentliches Merkmal der Live Communi cation.
Wechselseitigkeit— ( Reziprozität)
Es findet ein ständiger Tausch der Rollen von Sender und Empfänger statt,
auch wenn der Kommunikationsprozess bzw. sein dialogischer Charakter nicht
zwingend symme trisch strukturiert sein muss.
Gestaltung— ( Inszenierung)
Durch den Einsatz von Musik, Bewegung, Sprache und Licht versucht der Sender
eine Atmosphäre zu schaffen, die es ihm ermöglicht, Einfluss darauf zu nehmen,
wie etwas vom Em pfänger wahrgenommen wird.
Erlebnis— ( Emotion)
Das Erlebnis und das auf diese Weise intrinsische, gefühlsbetonte Geschehen
unterscheidet sich von anderen Ereignissen dadurch, dass es vorrangig vom
Erlebenden als besonders empfunden wird, sodass es ihm lange im Gedächtnis
bleibt. Die Bewertung dessen ist letztlich individuell determiniert.
Wirkung— ( Effekt)
Sämtliche Verhaltensweisen und Erlebnisprozesse, die beim Kommunizieren
erfahrbar und beobachtbar sind, fließen in die Erinnerungsleistung mit ein.
Besonderheiten der Live Communication 1.4
21
1.4 Besonderheiten der Live Communication
Neben der Live Communication existiert ein breites Spektrum von Medienformen. Die rich -
tige Auswahl der Medien form sowie der ihnen zugehörigen Kommunikationsinstrumente
erweist sich gerade unter Effektivitäts- und Effizienz-Gesichtspunkten als komplexe Problem-
stellung, die hohe Anfor derungen an das Marketing- und Kommunikationsmanage ment
stellt. Die eingangs bereits erwähnte Entscheidungskomplexität liegt darin be grün det, dass
die Anzahl der Medienformen und der dazugehörigen Instrumente, die einen Zugang zur
Ziel gruppe schaffen können, in den letzten Jahrzehnten außerordentlich zugenommen hat.
Zu den gängigsten Me dien formen zählen die:
Traditional Communication—
Live Communication—
Virtual Communication —
Die Traditional Communication, die über die zeit- und raumabhängige Belegung von Wer-
beträgern mit entsprechenden Werbemitteln im Umfeld öffentlicher Kommu ni ka tion zur
Zielerreichung Informationen transportiert und verbreitet, zeichnet sich vor allem durch die
Erzielung hoher Reichweiten aus (vgl. Tabelle 2). In den letzten Jahren stagnieren jedoch
diese Reichweiten-Ergebnisse im Radio- und TV-Bereich, während sie bei den Printmedien
sogar kontinuierlich sinken. Auch wenn die Nutzungsraten der traditionellen Mediengat-
tung immer noch weitaus höher als im Onlinebereich liegen, werden diesem Bereich im
Zuge der voranschreitenden Medien entwicklung in den nächsten Jahren die höchsten
Wachstumsraten zuge sprochen. Im Jahr 2007 wurde erstmals die 40 Mio.- Grenze für die In-
ternet-Nutzung in Deutschland durchbrochen (vgl. Eimeren/Frees, 2007, S. 363). Die Vir-
tual Commu nication als zeit- und raum unabhängige Plattform stellt hierbei die computer -
gestützte und interaktive Begegnung eines von individuellen Bedürfnissen der Zielgruppe
gesteuerten Kommunikationsprozesses in den Vordergrund (vgl. Bruhn, 2005 b, S. 1122).
Ungeachtet dessen gehört die Live Communication, also die persönliche und direkte
Begegnung und das aktive Erlebnis der Zielgruppe mit einem Unternehmen und seiner
Marke, zu den beein flussendsten Informations quellen, da sie einen zentralen Beitrag zur
Erzeugung einzigartiger und nachhaltiger Erinnerungen leisten kann (vgl. Kirchgeorg/
Klante, 2003; Brühe, 2003). Es fließen sämtliche Verhaltensweisen und Erlebnisprozesse,
die beim Kommunizieren erfahrbar und beobachtbar sind, mit in die Erinnerungs leis-
tung ein. Während die Live Communication stets Instrumente anderer Medienformen
mit ein be zieht, können umgekehrt die anderen Formen die Live Communication nicht
ohne weiteres integrieren. Allerdings erfordern die hohen Kontaktkosten und die geringen
Reichweiten einen wohlüberlegten Einsatz der Live Communication.
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
22
nicht ausgeprägt schwach ausgeprägt stark ausgeprägt sehr stark ausgeprägt
Tabelle 2. Charakterisierung der Live Communication im Kommunikations-Mix
Medienformen Traditional
Communication
Live
Communication
Virtual
Communication
Kommunikationsinstrumente Fernsehen,
Radio, Plakate,
Zeitungen etc.
Messen, Events,
Brand Lands,
Showrooms etc.
Websites,
E-Mail, Chats,
Foren, Blogs etc.
Me
rkm
ale
Reichweite
Ortsgebundenheit
Zeitgebundenheit
Kontaktintensität
Persönlicher Kontakt
Kontrolle des Rezipientenumfeldes
Kontaktkosten
Interaktion
Erfahrbarkeit
Emotionalität
Multisensualität
23
„Live Communication bietet den direkten Kontakt zur Fernsehwelt“
Besonderheiten der Live Communication gegenüber anderen Kommunikationsformen
Interview mit Thomas Grimm vom Zweiten Deutschen Fernsehen
1. Herr Grimm, das Fernsehen gehörte bisher zu den klassischen Kommu ni kations medien.
Beobachten Sie, dass die TV-Werbung zunehmend durch Instrumente der Live Commu-
nication ergänzt oder gar ersetzt wird?
Grimm: Fernsehen ist immer noch das wichtigste Medium, auf das die Deutschen am
wenigsten verzichten möchten. Damit übernimmt das Fernsehen nach wie vor eine her-
ausragende Stellung im Kommunikations-Mix. Auch die Entwicklung des Fernsehens als
umsatzstärkstes Werbemedium belegt den Nutzen von TV-Werbung in der werblichen
Ansprache von Zielgruppen. Durch die große Anzahl von Werbebotschaften, die täglich
auf Menschen einströmen, wird es jedoch immer wichtiger, Akzente zu setzen und andere
Möglichkeiten der Ansprache zu nutzen. Hier übernimmt die Live Communication eine
besondere Funktion.
2. Werden neue Formen des Digitalen TV das klassische Fernsehen zu einem Dialogme-
dium transformieren?
Grimm: Nein, die Digitalisierung des Fernsehens und die Zunahme von empfangbaren
Sendern führen zu einer Fragmentierung des Fernsehmarktes und zu Geschäftsmodellen,
in denen nicht Marktanteile, sondern direkte Abverkäufe über Erfolg oder Misserfolg
eines Senders entscheiden. Eine deutliche Veränderung des Fernsehnutzungsverhaltens
ist nicht erkennbar. Der Versuch, die Zuschauer zu Interaktion zu bewegen, wie der Slo-
gan von Betty TV, „Fernsehen zum Mitmachen“, aufforderte, konnte bisher nicht überzeu-
gen. So wurde das Angebot nach nur elf Monaten schon wieder eingestellt. Ein anderer
Aspekt ist die Entwicklung von IP-TV und damit die Konvergenz von Fernsehen und In-
ternet, durch die die heutigen Unterschiede verschwinden werden. Daraus wird sich ein
großes Entwicklungspotenzial ergeben – auch für den Dialog mit dem Nutzer.
Besonderheiten der Live Communication 1.4
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
24
3. Verschiedenen Studien zufolge wird mit den Kommunikationsinstrumenten TV, Radio
und Kino eher eine Unterhaltungsfunktion assoziiert, während Print und Internet vorwie-
gend eine Informationsfunktion erfüllen. Stimmen Sie dem zu? Und welche hauptsäch-
liche Funktion würde man dann der Live Communication zuschreiben?
Grimm: Natürlich ist Fernsehen ein emotionales Medium, aber eine solche funktionale
Teilung zwischen Unterhaltung und Information sehe ich nicht. Der Informationsanteil des
ZDF beträgt mehr als 50 % und beinhaltet Berichte über Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und
über das kulturelle Geschehen. Für das ZDF als öffentlich-rechtlichen Pro gram manbieter
sind diese Inhalte wichtige Bestandteile des Programms und natürlich Kern der Sender-
identität. Online nach Informationen zu recherchieren ist ein wichtiger Nutzen, aber auch
die Funktionen des Internets ändern sich, zum einen bedingt durch neue Technologien,
zum anderen durch veränderte Ansprüche und Bedürfnisse der Nutzer. So wird über das
Internet die Möglichkeit geboten, Fernsehprogramme zu schauen oder Filme zu abonnie-
ren, und Seiten wie YouTube oder Facebook erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
Live Communication bietet den direkten Kontakt zur Fernsehwelt – zu Moderatoren, Re-
daktionen und fremden Fachgebieten. Als Sender nutzen wir die direkte und persönliche
Ansprache bei einem Event, das dem Besucher oftmals lange in Erinnerung bleibt.
4. Print, Radio und TV zeichnen sich ja vor allem durch die Erzielung hoher Reichweiten
aus. In den letzten Jahren stagnieren allerdings im Radio- und TV-Bereich die Reichweiten-
Ergebnisse, während sie bei den Printmedien sogar kontinuierlich sinken. Im Vergleich
dazu werden den Nutzungsraten im Onlinebereich in den nächsten Jahren die höchsten
Wachstumsraten zugesprochen. Spielt das Reichweiten-Kriterium überhaupt noch eine
entscheidende Rolle bei der Medienplanung von Unternehmen?
Grimm: Die klassische Kommunikation ist eine entscheidende Größe im Media-Mix. Das
Fernsehen ist und bleibt Massenmedium, hohe Reichweiten – die im Übrigen ohne Quali-
tätsanspruch nicht zu erreichen sind – sind ein maßgebliches Kriterium. Die dynamische
Entwicklung des Internets als Werbeträger hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass
durch veränderte technische Voraussetzungen die Basis für eine flächendeckende Verbrei-
tung innerhalb der Bevölkerung geschaffen wurde. Neben der technischen Reichweite
steigt auch die Nutzungsdauer des neuen Mediums, und damit ist auch hier die Erreich-
barkeit eines großen Publikums eine zentrale Maßgabe. Verändertes Nutzungsverhalten
erfordert nicht nur für die Mediaplanung eine Anpassung. Auch als Sender müssen wir
uns zukunftsorientiert ausrichten, Fernsehinhalte müssen über verschiedene Verbreitungs-
wege und auf unterschiedlichen Endgeräten zu empfangen sein, sowohl live als auch auf
Abruf. Mit dem Angebot der ZDF mediathek ist das ZDF für die digitale Zukunft bereits
gut gerüstet, um auch auf neuen Wegen neue Zielgruppen anzusprechen.
25
5. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Informationsaufnahme über mehrere Sinne
zu einer erhöhten Erinnerungswirkung führt. Gibt es für Sie neben der multi sensualen An-
sprache weitere Gründe, die Live Communication anderen Medienformen vorzuziehen?
Grimm: Für uns als Fernsehsender bietet Live Communication die Möglichkeit, einen
TV-Sender bzw. eine Sendung erlebbar zu machen. Die sonst eher abstrakte Fernsehwelt
wird „zum Anfassen“ präsentiert und Einblicke in die tägliche Arbeit eines Fernsehsen-
ders werden gewährt.
6. Mit welcher Medienform lässt sich Ihrer Meinung nach die größte emotionale Wirkung
bei den Rezipienten erzielen?
Grimm: Pauschal lässt sich diese Frage nur schwer beantworten. Je nach Alter, Lebenswelt,
persönlichen Interessen und Mediennutzung sind unterschiedliche Formen vorstellbar.
Live Communication ist auf jeden Fall ein wichtiger Faktor, am besten ergänzt durch
andere Maßnahmen. Ein Beispiel: Besondere Begeisterung konnte das ZDF mit der Über-
tragung der WM 2006 verzeichnen. So ist es uns mit einem ganzheitlichen Auftritt ge-
lungen, die Zuschauer emotional und nachhaltig zu begeistern. Das ZDF positionierte
sich in einem Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen als der WM-Sender. Die über-
tragenen Live-Spiele wurden durch Analysen aus dem Sony Center, der so genannten
ZDF arena, kommentiert. So wurde die besondere Stimmung auch über die Fernsehschirme
in die heimischen Wohnzimmer und über Großleinwände auf zahlreiche Public Viewings
übertragen. Ein Torwand-Parcours am Potsdamer Platz und Außenwerbung in Berlin unter-
stützten die Wahrnehmung vor Ort. Im eigenen Medium hat die mediale Bewerbung bereits
im Vorfeld der Fußball-WM mit einer großen Anzahl von Imagetrailern frühzeitig auf das
Event hingewiesen. Weitere Medien wie Podcast und Radiopromotion rundeten die Kampa-
gne ab. Untersuchungen bestätigten die sehr positive Wahrnehmung durch die Zuschauer.
7. Ist es überhaupt noch sinnvoll, sich mit der Charakterisierung einzelner Medien formen
auseinanderzusetzen, wenn diese mehr und mehr integriert eingesetzt und genutzt werden?
Grimm: Ja. Wachsende Medienvielfalt und zunehmende differenzierte Mediennutzung
machen integrierte Kampagnen erforderlich, aber Marketingaktivitäten müssen zielge-
richtet und damit effizient eingesetzt werden. Dazu gehört auch, dass verschiedene Medien
unterschiedliche Funktionen erfüllen. Crossmediale Kommunikation ist dabei allerdings
nicht immer notwendig bzw. auch nicht immer im vorhandenen budgetären Rahmen um-
setzbar.
Besonderheiten der Live Communication 1.4
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
26
1.5 Stellenwert der Live Communication im Kommunikations-Mix
Gerade in hart umkämpften und wachstumsschwachen Märkten muss der Kommu ni ka-
tions- Mix seinen Beitrag für eine effektive und effiziente Kunden neu ansprache und Kun-
denbindung unter Beweis stellen. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich in den letzten
Jahren ein Paradigmenwechsel in der Ausgestaltung des Kommunika tions-Mix deutscher
Unternehmen ab. Der Trend weg von der anonymen Massenkommunikation hin zur au-
thentischen Kundenintegration hält ungebrochen an, wie die LiveTrends-Studien zeigen
(vgl. Abbildung 5). Die einstige Königsdisziplin, die klassische Werbung, stößt verstärkt
an ihre ökonomischen und kreativen Grenzen. Sie macht zwar immer noch den Löwen-
anteil der Budgets aus, doch die Werbeeffizienz sinkt seit Jahren kontinuierlich. McKinsey
schätzt, dass die traditionelle TV-Werbung im Jahr 2010 nur noch ein Drittel so wirksam ist
wie im Jahr 1990 (vgl. Klaasen, 2006, S. 1). Dies hat hypothetisch zur Folge, dass die Etats
weiter steigen müssten, damit dieselbe Werbewirkung erzielt werden kann. Einen Ausweg
aus dieser „Effizienzfalle“ versprechen lediglich kreative Kampagnen im Rahmen inte-
grierter Kommunikationsmaß nahmen.
Vermerk: Angaben in Prozent
* Veränderung zwischen 2004 und 2007 in Prozentpunkten
Abbildung 5. Budgetshift im Kommunikations-Mix (Quelle: LiveTrends)
Wo die Above-the-Line-Kommunikation an ihre Grenzen stößt, gewinnen die Below-the -
Line-Instrumente mehr und mehr an Bedeutung. Viele Unternehmen shiften daher ihre
Budgets um und investieren verstärkt in die Virtual und in die Live Communication.
Budgetanteil 2007
Veränderung Budgetanteil *
Klassische Werbung 25,9 -4,0
Messen 19,8 +3,6
Events 14,0 +1,9
Neue Medien 10,9 +1,2
Public Relations 9,5 -0,1
Promotions 7,0 -1,8
Direktmailings 6,9 -0,4
Sponsoring 6,0 -0,4
Stellenwert der Live Communication im Kommunikations-Mix 1.5
27
Während es die Virtual Communication schafft, globale Zielgruppen zu erreichen, bringt
die Live Communication Käufer und Produkte zusammen – und das auf emotionaler
Ebene. In Zukunft kommt es darauf an, beide Instrumente intelligent zu vernetzen, denn
das Web bringt der Live Communication zwar die Reich weite, die Live Communication
gibt jedoch der Virtualität letztlich ein Gesicht (vgl. Brühe, 2007, S. 58). Viele Unternehmen
haben die Zeichen der Zeit erkannt und investieren daher in die neuen Werttreiber der
Kommunikation. Von 2004 bis heute ist der Klassiketat um 5,6 % gesunken, wohingegen
das Budget für die Virtual Commu nication um knapp 2 % gestiegen ist. Die größten Zu-
wächse verzeichnen aller dings die Live Com-Instrumente Messen und Events. Im Jahr
2010, so die LiveTrends-Prognose, wird über die Hälfte des Kommunikationsbudgets in
die Live Commu nication investiert.
Vermerk: Angaben in Prozent
Steigerung < 0,0 0,0 ≤ Steigerung ≤ 1,0 1,0 < Steigerung ≤ 5,0 Steigerung > 5,0
Tabelle 3. Auszug der branchenspezifischen Budgetverteilung im Kommunikations-Mix (Quelle: LiveTrends)
Doch vor Pauschalaussagen und entsprechenden Handlungsableitungen hinsichtlich des
Budgetshifts ist zu warnen, da sonst mit gravierenden Fehlallokationen von Marketing-
ressourcen zu rechnen ist. So wird die Entwicklung der Budgetverteilung in den Branchen
äußerst unterschiedlich eingestuft (vgl. Tabelle 3). Während sich die Health-Branche hinsicht-
lich der Entwicklung der Budgetverteilung weitestgehend durch schnitts konform verhält,
lassen sich in anderen Branchen geringere bis größere Abweichungen feststellen. In der Auto-
motive-Branche ist z. B. der Einsatz klassischer Werbung im betrachteten Zeitraum stark an-
Klassi- sche Werbung
Messen Events Neue Medien
Public Rela-tions
Promo-tions
Direkt-mai-lings
Spon-soring
2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007
Auto-motive 23,6 22,4 12,1 9,4 11,3 7,7 7,3 6,3
Finance 32,8 7,7 13,5 13,9 10,1 3,4 9,2 9,4
Fashion 27,3 16,4 11,2 6,2 12,9 14,0 6,6 5,4
High Tech 22,0 21,5 14,2 9,6 12,6 6,9 9,7 3,5
Industry 24,4 25,1 14,1 12,4 8,2 4,5 6,2 5,1
Food 42,1 11,4 7,5 4,2 5,3 21,3 1,0 6,3
Health 32,1 12,3 9,8 9,1 11,8 8,5 7,8 8,5
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
28
gestiegen. Dafür wurden jedoch die Budgets für andere Kommunikationsinstrumente kon-
stant bis leicht rückläufig eingesetzt. Im Vergleich dazu üben sich die Entscheidungs träger
in der Finance-Branche im stärkeren Verzicht auf klassischer Werbung und fördern im Ge-
genzug den Einsatz von Messen, Events und Promotions sowie vor allem von Direktmailings .
Die Analyse der Budgetverteilungen und -verschiebungen liefert profunde Aussagen
darüber , welchen Stellen wert die einzelnen Kommunikationsinstrumente im Zeit verlauf
einnehmen. Als Gründe für die branchen spe zifischen Differenzen lassen sich die spezi-
fischen Rahmen be dingungen anführen, denen die jeweiligen Bran chen aus ge setzt sind und
die Einfluss darauf haben, wie die ent sprechenden Zielgruppen am besten kommunikativ
erreicht werden können.
1.6 Problemfelder in der Live Communication
Mit Blick auf die eingesetzten Kommunikationsbudgets und die zu erwartenden Ver än-
derungsraten kommt der Live Communication eine hohe Relevanz in der Unternehmens-
praxis zu. Im Vergleich zu den Instrumenten der klassischen Werbung ist der Professio-
nalisierungsgrad bei der Planung, Umsetzung und Kontrolle sowie Nach bereitung von
Live Com-Konzepten vielfach geringer ausgeprägt, wenngleich der Kom plexi täts grad der
erfolgreichen Gestaltung weitaus höher liegt. Die Defizite in der konzeptionellen und wis-
sen schaftlichen Durchdringung der Live Communication führen im Kommunika tionsall-
tag zu einer Reihe von Problemfeldern, denen eine be sondere Beachtung zu schenken ist
(vgl. u. a. Breyer-Mayländer/Seeger, 2006, S. 142 ff.):
1. Planungsprobleme der Live Communication
Bewusstsein für einzelne Stakeholdergruppen—
Eine kunden zentrierte Markenkommunikation greift zu kurz, sie ist durch eine
stakeholderorientierte Perspektive zu erweitern. Folgt man ausschließlich dem
traditionellen, rollen basierten Segmentierungs ansatz, dann führt dies unweiger-
lich dazu, dass Überschneidungen zwischen den Stake holdergruppen nicht die
Ausnahme, sondern die Regel sind. So können Mitarbeiter eines Unternehmens
gleichzeitig Kunden wie auch Shareholder sein. Eine unabgestimmte Live Com-
munication würde bei diesen Ziel gruppen zu erheblichen Irritationen führen.
Anspruch auf eine integrierte Live Communication—
Da unterschiedliche Unternehmensabteilungen meistens für einzelne Stake-
holdergruppen verant wortlich sind, ist ein höherer interner Planungs- und
Organisations aufwand nötig. Die Fragmentierung dieser Verantwortlich keiten,
die oftmals unterschied lichen Vor lauf zeiten in den Abteilungen und der z. T.
Problemfelder in der Live Communication 1.6
29
vor herrschende Un wille einer konstruktiven Zusammen arbeit erschweren den
Anspruch einer inte grierten Live Com-Strategie planung.
Beachtung von länderspezifischen Bedürfnissen—
Infolge der Globa lisierung agieren außerdem viele Unternehmen zunehmend
länder über greifend. Viel stärker als in der Traditional Communication lebt die
Live Communication von der direkten und emotionalen Interaktion, die sich be-
kanntermaßen je nach Kulturkreis unter scheidet. Dem beharrlichen Wunsch nach
einem weltweit einheitlichen Live Com-Auftritt aus Effizienz gründen steht die
zwingende Forderung nach lokalen und kulturellen An passungen gegenüber.
Die Live Com mu nication muss daher bei der Planung ihrer Aktivitäten kulturellen
Be sonder heiten und länderspe zifischen Bedürfnissen Rechnung tragen.
Fixierung aller Anforderungen in einem Briefing —
Jede Planung beginnt – sowohl in internen als auch externen Kreisen – mit einem
Briefing zur definierten Aufgabenstellung, den Zielen und Zielgruppen, den
zeitlichen und räumlichen Bedingungen sowie dem budgetären und recht lichen
Rahmen. In der Praxis fallen diese Briefings oftmals lückenhaft und damit unbe-
friedigend aus. Gerne werden auch zu ambitionierte Ziele festgelegt, die infolge
der Multifunktionalität der Live Com-Instrumente erwartet werden. Aber selbst
wenn die wesentlichen Punkte eines Briefings erfüllt worden sind, unterliegen
alle Daten einer gewissen Dynamik der vorherrschenden Rahmen be dingungen
und damit einem entsprechenden „Verfallsdatum“ ihrer Wertigkeit.
2. Umsetzungsprobleme der Live Communication
Priorisierung von Live — Com-Instrumenten
Bei der Wahl der Live Com-Instrumente bzw. deren Kombi nation wird der
Effizienz oftmals viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt als der Effek tivität. Dies
hat zur Folge, dass wesentliche, strategische Gewichtungen der Unternehmens-
kommunikation vernachlässigt werden. Als Gründe hierfür lassen sich vor allem
die mangel nde Existenz ausgereifter Vergleichs maßstäbe und fundierter empi-
rischer Untersuchungen anführen. Es gibt zwar keine generelle Über legenheit
eines bestimmten Live Com-Instrumentes, da jedes nach spezifischen Gegeben-
heiten und Erfordernissen seine Vor- und Nachteile aufweist. Dennoch gelten bei
jedem Instrument eigene Gesetzmäßigkeiten dafür, wie die Live Com- Dimen-
sionen in ihrer ganzen Fülle erlebbar und erfahrbar gemacht werden sollten.
Koordination aller Live Com-Beteiligten—
Da in der Umsetzung alle Entscheidungen gemäß der vorausgegangenen Planung
getroffen werden, kann an dieser Stelle nur noch in sehr geringem Maße nachge-
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
30
bessert werden, falls etwas nicht wie geplant laufen sollte. Deshalb ist ein
reibungsloser Ablauf zu gewähr leisten. Auch hier gibt es immer wieder
Schwach stellen in der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Agenturen
und Dienstleistern.
Realisierung einzigartiger und markenadäquater Live Com-Auftritte—
Die Live Com-Umsetzung sollte in ihrer Idee möglichst einzigartig sein, um Auf-
merksamkeit auf sich zu ziehen und Interesse zu wecken. Zum anderen sollte auf
eine markenadäquate Verwirklichung geachtet werden, da sonst die Gefahr be-
steht, dass das eingesetzte Live Com-Instrument mehr schadet als nützt, weil die
eigentliche Wirkung infolge der mangelnden Glaubwürdigkeit geradezu „ver-
pufft “. Auch hier werden immer wieder Fehler von den verantwortlichen Live
Com-Beteiligten begangen.
3. Kontrollprobleme der Live Communication
Messung des Live Com-Erfolges—
Bedingt durch den stattfindenden Umbruch im Kommunikationsmarkt und durch
steigende Ausgaben für die Bereitstellung von Kommunikations maßnahmen
verschärft sich die generelle Dringlichkeit der Wertorientierung in der Unter-
nehmenskommunikation. Der Einsatz von Live Com-Instrumenten ist mit einem
nicht unerheblichen Einsatz von Kosten verbunden, und Erträge sind meist erst
im zeitlichen Verlauf einer Zielgruppenbeziehung zu erwarten. Hierbei fehlt es
bisher an leistungsfähigen Ansätzen der genauen Zurechenbarkeit und der an-
schließenden umfassenden, integrierten, systematischen Steuerung und Kon trolle
des Live Com-Erfolges. Die gegenwärtig praktizierten Methoden sind insge samt
stark einzel disziplinär geprägt und weisen lediglich Teilaspekte der Kom mu ni-
kation eines Unternehmens aus.
Berücksichtigung aller Einflussfaktoren—
Neben den Live Com-Maßnahmen, die ein Unternehmen durchführt, finden
durchaus auch andere Live Com-Maßnahmen konkurrierender Unternehmen
statt . Diese können das Ergebnis solch einer Untersuchung erheblich verzerren.
Aber auch andere markenrelevante Einflussfaktoren, wie z. B. konjunkturelle
und saisonale Schwankungen des Konsum klimas, können zur Verfälschung
der Unter suchungs daten beitragen.
Analyse über einen längeren Zeitraum —Wird die Erfolgskontrolle der Live Communication über einen längeren Zeitraum
durchgeführt, kann zwischen kurzfristigen und dauerhaften Erfolgswirkungen
unterschieden werden. Doch diese Wirkungs differenzierung wird in der Praxis
nur selten vorgenommen. Damit wird ein gravierendes Controlling-Defizit
31
Problemfelder in der Live Communication 1.6
deutlich , das Fehleinschätzungen bei der Bewertung von Live Commu nication
fördert und in der Konsequenz zu einer Fehlallokation des Budgets führen kann.
Das Erkennen und Lösen der skizzierten Problemfelder der Live Communication gehört
zu den Aufgaben eines professionellen Marketing- und Kommunikations managements,
wobei in hohem Maße eine funktions- und abteilungsübergreifende Koordinationsarbeit
gefordert ist. Ohne die Perspektive einer abgestimmten und integrierten Planung aller
Kommunikationsinstrumente zu vernachlässigen, widmen sich die folgenden Ausfüh -
r ungen im Schwerpunkt den Instrumenten der Live Communication. Dadurch soll die be-
stehende Lücke im Hinblick auf eine konzep tionelle Fundierung geschlossen werden.
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
32
„Eine wirklich integrierte Kommunikation findet kaum statt“
Problemfelder in der Live Communication
Interview mit Prof. Dr. h.c. Roland Berger von Roland Berger Strategy Consultants
1. Prof. Berger, Beratungsunternehmen engagieren sich in zunehmendem Umfang in Pro-
jekten der Markenführung und Markenkommunikation. In der Vergangenheit war dies eine
Domäne der Agenturen. Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend, dass sich die klas-
sischen Beratungsunternehmen mit diesem Thema auseinandersetzen?
Berger: Was zunächst wie ein Widerspruch erscheint, macht aus meiner Sicht viel Sinn.
Auch sehe ich kein echtes Konkurrenzverhältnis: Die klassischen Agenturen und wir als Stra-
tegie berater , auch Markenberater, praktizieren eher eine symbio tische Zu sammenarbeit.
Das Betätigungsfeld eines Strategieberaters liegt primär in der Identifikation der ökono-
misch attraktivsten Zielgruppen, in der strategischen Positionierung einer Marke im Hin-
blick auf die identifizierten relevanten Zielgruppenbedürfnisse und in der Ein bettung
der Markenkonzeption oder Markenpositionierung in die Marketingstrategie. Dabei geht
es um alle Elemente des Marketing-Mix, von der Produktstrategie über die Preispositio-
nierung bis hin zur Vertriebspolitik. Vor allem aber geht es angesichts der wachsenden
Zahl der verfügbaren Vertriebskanäle neben den Grundlinien der Kommunikation auch
um die Gestaltung von Prozessen an der Schnittstelle zum Kunden, um die richtige Service-
strategie und eben auch um alle anderen innerbetrieblichen Funktionen, wie Forschung
und Entwicklung, Einkauf, Produktion und Logistik, letztendlich auch um die betriebs-
wirtschaftlich-zahlenmäßige Fundierung.
Die Kernkompetenz der Agenturen liegt dabei in der Markenkommunikation, deren krea-
tiver Ausgestaltung und der Mediaplanung. Die Kooperation von Strategieberatung und
Kommunikationsagentur bietet schon wegen der spezifischen Kompetenzen beider Part-
ner für den Kunden einen echten Mehrwert in der Markenstrategie.
2. Im Rahmen der Markenkommunikation beobachten wir in vielen Branchen einen Shift
von der klassischen Kommunikation hin zur Live Communication und Virtual Communi-
cation. Welche Gründe sehen Sie für den Bedeutungswandel hin zu den interaktiven Kom-
munikationsmedien?
Berger: Der Shift zur Virtual Communication erfolgt aufgrund der wachsenden Bedeutung
virtueller Medien im passiven und aktiven Kommunikationsverhalten der Konsumenten.
Der Shift zur Live Communication basiert hingegen auf der wachsenden Notwendig keit
33
einer stärkeren Emotionalisierung von Marken und Produkten. Denn die klassische Above-
the-Line-Kommunikation dringt immer seltener zu den Konsumenten durch und führt
zwar, wenn sie gut gemacht ist, zu gestiegener Bekanntheit, aber kaum noch zu einer spür-
baren Markenpräferenz und vor allem Markenbindung. Dagegen baut die Live Commu-
nication, welche die Kunden mit dem Produkt, seiner Anwendung und seinem Umfeld
emotional und lebendig in Berührung bringt, die Brücke von der Bekanntheit hin zum
Relevant Set. Somit vereinigt die Live Communication durch die konkrete Auseinander-
setzung des Konsumenten mit Marke und Produkt gleichermaßen Pull- und Push-Effekte,
ist also außergewöhnlich wirksam.
Noch zur Virtual Communication: Während die klassische Above-the-Line-Kommunikation
notgedrungen absenderorientiert ist, eröffnet die Virtual Communication durch die Inter-
aktivität ihrer Medien als zeitunabhängige Plattform ganz neue Perspektiven und bietet
ebenfalls die Verbindung von Push- und Pull-Elementen. Die Kombination beider Medien,
der klassischen und der virtuellen, erlaubt es dem Konsumenten, selbst zu entscheiden,
wo und wann er sich mit dem (Kommunikations-)Angebot einer Marke auseinandersetzen
möchte. Die Marke kann so wie in der Live Communication mit dem Konsumenten direkt in
einen Dialog treten. Und schließlich ergeben sich durch die Nutzung individueller Kunden-
daten und eines entsprechenden Data Mining Möglichkeiten, Markenbotschaften kunden -
spezifisch auszurichten und damit wesentlich attraktiver und effektiver zu gestalten.
3. Aufgrund der Vielzahl von Kommunikationsinstrumenten kommt es immer mehr auf
die Koordination im Instrumente-Mix an. Sind Unternehmen heute noch weit von dem An-
spruch einer integrierten Kommunikation entfernt? Welche Hürden sind auf dem Weg zur
integrierten Kommunikation zu überwinden?
Berger: Es gibt heute ein stetig wachsendes Instrumentarium an Kommunikationskanälen
und -tools. Alleine das Internet stellt mittlerweile unterschiedlichste Möglichkeiten für die
Kommunikation zur Verfügung, angefangen von reiner Online-Werbung mittels Web-Site-
Banner über Suchmaschinenmarketing mittels Adwords bis hin zu Social Communities
wie XING oder Online-Blogs. Dadurch entwickeln sich deutlich höhere Anforderungen
an eine integrierte Kommunikation: Es gilt, eine gestiegene Zahl unterschiedlicher Kanäle
erfolgreich miteinander zu verknüpfen. Hierzu ist es essentiell, über alle Kanäle hinweg
dieselbe Zielgruppe anzusprechen und dabei eine konsistente Werbebotschaft zu vermit-
teln. Der Einsatz einzelner Instrumente muss deshalb sowohl zeitlich als auch inhaltlich
aufeinander abgestimmt sein, nur dann kann mit der integrierten Kommunikation eine
effizientere Zielgruppenansprache und eine höhere Kundenakzeptanz erreicht werden.
Nun verlagern Unternehmen derzeit zunehmend ihre Marketinginvestitionen von klas -
sischer Above-the-Line-Kommunikation hin zu alternativen Below-the-Line-Kommunika-
tionsmitteln. Eine wirklich integrierte Kommunikation findet hierbei kaum statt. Gerade
Problemfelder in der Live Communication 1.6
1. Kommunikations- und Medienmärkte im Wandel
34
für Elemente der Live Communication ist es jedoch unabdingbar, eine Integration mit vor-
oder nachgelagerten Elementen, wie z. B. dem Direktmarketing, zu schaffen. Denn nur im
Zusammenspiel entfalten die einzelnen Kommunikationsinstrumente ihre maximale Wir-
kung und der Erfolg wird messbar. Dies setzt allerdings eine sehr viel präzisere Definition
der Zielposition der Marke und der zu erreichenden Zielgruppe voraus – hieran mangelt
es heute in vielen Fällen noch. Und damit schließt sich auch der Kreis zur strategischen
Markenführung und strategischen Beratung.
4. In Deutschland hat das Instrument der Messen eine ganz besondere Bedeutung erlangt .
Zwei Drittel der Weltleitmessen finden immer noch in Deutschland statt. Wird Deutschland
diese Position auch in Zukunft weiterhin verteidigen können?
Berger: Die international führende Position Deutschlands im Messewesen beruht auf we-
sentlichen Standortvorteilen. Anzuführen sind bspw. die im internationalen Vergleich nach
wie vor exzellente Messe- und Verkehrsinfrastruktur, die hohe Qualität der Veranstaltungen
oder die Servicebereitschaft der deutschen Messeveranstalter. Von ausschlaggebender Be-
deutung ist aber auch die zentrale geographische Lage Deutschlands innerhalb der Euro-
päischen Union, dem nach wie vor größten Importmarkt der Welt. Aus dieser Position her-
aus haben die deutschen Messen eine internationale „Drehscheibenfunktion“ erreicht, die
es in dieser Form außerhalb Europas nicht oder nur in sehr begrenztem Umfang gibt. Die
Messen in Osteuropa, in den USA oder Asien sind mehr oder weniger auf das jeweilige
Land ausgerichtet, oder anders gesagt: Dort treffen internationale Aussteller nur auf natio-
nale Nachfrager. Vor diesem Hintergrund bin ich sehr zuversichtlich, dass die deutschen
Messen auch in Zukunft international die Standards setzen werden.
Notizen
2
Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
38
2.1 „Coca-Cola – nur dunkle Limonade?“ oder: Was andere von der großen Verführung lernen können
Nur wenige Unternehmen schaffen es mit ihren Produkten in den ewigen Marken-Olymp.
Coca-Cola gehört definitiv dazu, denn nach wie vor nimmt das Unternehmen mit einem
Markenwert von 65,3 Mrd. US-Dollar unangefochten den ersten Platz der wertvollsten
Marken der Welt ein (vgl. Interbrand, 2007). Coca-Colas großer Konkurrent Pepsi ist da-
gegen im Jahr 2007 abgeschla gen auf Platz 26. Doch warum holt Pepsi den Marktführer
partout nicht ein, obwohl die Pepsi-Brause bei Blindtests nachweislich besser ankommt?
US-Neuroforscher Read Montague hatte sich bereits vor einiger Zeit dieser Frage angenom-
men und festgestellt, dass jene Hirnregion Aktivität zeigt, in der sich das Selbstbild des
Menschen formt. Coca-Cola steht nicht nur für ein Erfrischungs getränk, sondern für ein
Symbol des amerikanischen „Way of Life“ und damit für individuelle Freiheit. Die Marke
stärkt offenbar das Selbstbewusstsein und trickst damit sozusagen die Geschmacks ner-
ven aus. Dies scheint der Beweis für das nachhaltige und wirkungsvolle Gelingen guter
und origineller Marketing- und Kommunikations entscheidungen zu sein. Ohne sie wäre
aus der süßen, braunen Limonade niemals jenes Kultgetränk geworden, das es heute ist.
Können andere Unternehmen von einem weltweit operierenden Konzern wie Coca-Cola
lernen? Der ehemalige Geschäftsführer der Coca Cola GmbH und Senior Vice President
of Coca Cola International Heinz Wiezorek reflektierte über seine jahrzehntelange Tätig-
keit bei Coca-Cola und verglich dabei die Entwicklung und Umsetzung eines erfolgreichen
Marketingkonzeptes mit dem Anlegen eines Gartens (Marketing Club Bochum, 2006):
„Man muss auf die Knie“, betonte er. Es sei keineswegs eine Sache, die man zwei-
mal im Jahr machen könne. Vielmehr sei es die kontinuierliche „Arbeit in jeder Wo-
che“. Und wie beim Anlegen eines Gartens müsse man insgesamt gut planen. Nur
so lasse sich auch das Unkraut im Garten bekämpfen, denn „das muss sofort raus.“
Für ihn haben die Kunden den größten Anteil am Erfolg rund um ein Produkt. Des -
halb dürfen Marken nicht nur Kundenbedürfnisse befriedigen, sondern sollten auch
Träume, Wünsche und Gefühle wecken.
Ein Paradebeispiel hierfür ist die Weihnachtstour von Coca-Cola (vgl. Abbildung 6), die
im Jahr 2007 auch mit dem EVA-Sonderpreis ausgezeichnet wurde. Die Jury kommt zu
dem Schluss: „Seit zehn Jahren gibt es die Tour, die sich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt
hat und jedes Jahr mehr Menschen anlockt. Sie ist damit der Inbegriff der langfristig an-
gelegten Event-Maßnahme, die durch Stringenz besticht und nicht nur auf den Big Bang
der Einzelmaßnahme setzt“ (FAMAB, 2007 b). Coca-Cola beherrscht die Konzeption und
Umsetzung langfristig angelegter und ausgesprochen erfolgreicher Live Communication.
Selbst die rote Farbe des Weihnachtsmann-Mantels wurde einst von der Coca-Cola-Wer-
bung in den dreißiger Jahren maßgeblich geprägt.
„Coca-Cola – nur dunkle Limonade?“ 2.1
39
Abbildung 6. Coca-Cola Weihnachtstour (Quelle: Coca-Cola)
In diesem Kapitel geht es darum, den Gesamtprozess der Planung, Umsetzung und Kontrolle
von Live Commu nication näher zu ergründen. Welche Schritte sind für die systematische
Planung einer Live Com-Konzeption vonnöten und wie sollte diese optimal ausgestaltet
werden? Welche Entscheidungen sind bis zur Umsetzung der Live Com-Maßnahmen zu tref-
fen? Beginnend mit einer Situationsanalyse werden anschließend die Zielgruppen und Ziele
der Live Commu nication diskutiert, bevor Strategien der Live Communication vorgestellt
werden. Erst dann lassen sich die Möglichkeiten des Live Com-Mix spezifizieren, d. h. wie
die verschiedenen Live Com-Instrumente in das Konzept synergetisch einzubinden sind.
2.2 Prozess der Planung und Umsetzung von Live Communication
Warum eine intensive Auseinandersetzung mit der Planung von Live Communication
unumgänglich ist, wird deutlich, wenn hierzu die ernüchternden LiveTrends- Ergebnisse
herangezogen werden (vgl. Abbildung 7): 75 % der Marketing manager gaben an, Aktivi-
täten im Bereich der Live Communication überwiegend auf Basis der Erfahrungen aus der
Vergangenheit fortzuschreiben. Über die Hälfte der Befragten orientiert sich bei der Pla-
nung an branchenüblichen Standards. Doch ein Verharren in tradierten Erfolgs mustern
führt gerade in Zeiten des kommunikativen Umbruchs zu einer eingeschränkten Pla-
nungs perspektive. Um für die kommenden veränderten Anforderungen gewappnet zu
sein, müssen Unternehmen eine „Future Fitness“ entwickeln. Es gilt, das Wissen und
die Fähigkeit zu erlernen, bereits heute zukünftige Trendentwicklungen zu antizipieren
und bei der Planung der Aktivitäten zu berücksichtigen. Bereits zwei Drittel der in den
LiveTrends-Studien befragten Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, ihre Aktivitäten
lang fristig und strategisch zu planen.
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
40
Vermerk: Angaben in Prozent, Top-Two Box auf 5er-Skala
Abbildung 7. Plannung der Live Commu nication (Quelle: LiveTrends)
Nimmt man das eingangs zitierte Coca-Cola-Beispiel als Benchmark, so wird deutlich,
welche Effektivitäts- und Effi zienz potenziale für andere Marken durch die konsequente
Einbindung von Live Com-Instrumenten erschlossen werden können. Die Voraussetzung
hierfür ist jedoch die systematische Entwicklung einer Live Com-Konzeption. Eine Hilfe-
stellung zur systematischen Planung von Kommunika tionskonzepten liefern robuste Pla -
nungsheuristiken. Die hierfür bereits in den 1940 er Jahren aufgestellte Leitfrage: „Who
says what in which channel to whom with what ef fect ?“ (Lasswell, 1967, S. 178) wurde
später wie folgt erweitert (vgl. McQuail, 2005; Meffert , 1986; Lasswell, 1970):
„Wer (Unternehmen, Kommunikationstreibender) —
sagt was (Kommunikationsbotschaft) —
unter welchen Bedingungen (situationale Gegebenheiten) —
über welche Kanäle (Medien, Kommunikationsträger) —
zu wem (Zielperson, Kommunikationsempfänger) —
in welchem Gebiet (Einzugsgebiet) —
mit welchen Kosten (Kommunikationsaufwand) —
mit welchen Konsequenzen (Kommunikationserfolg)?“ —
Anwendung bei der LiveCom-Planung
Fortschreiben der Aktivitäten auf Basis
der Erfahrungen aus der Vergangenheit 74,7
Übergreifende Planung einzelner
Aktivitäten durch zentrale Abteilungen 61,1
Ausrichtung der Planung von
Live Com-Aktivitäten an branchen-
üblichen Standards
56,4
Ad-hoc-Planung von Live Communi-
cation, um kurzfristig und situations-
bezogen reagieren zu können
26,9
41
Diese nach zeitlichen und inhaltlichen Aspekten priorisierten Schlüsselfragen der Kom-
mu ni kationsplanung haben in moderne Ansätze des Kommunikations manage ments Ein-
gang gefunden . Hierbei werden jene Stufen abgebildet, die für eine systematische Entschei-
dungsfindung und -umsetzung zu durchlaufen sind. Grund sätzlich hat die entscheidungs-
orientierte Strukturierung von Planungspro zessen in der Mar keting wissenschaft und -pra-
xis eine weite Verbreitung erfahren (vgl. Meffert, 1986 und 1977; Heinen, 1976 und 1971;
Engel, 1962).
Auf den Kontext der Live Communication übertragen (vgl. Abbildung 8) bedeutet dies:
Das externe Markt- und Wettbe werbsumfeld eines Unternehmens sollte vor der Planung
der Kommunikations- und Live Com-Maßnahmen sorgfältig analysiert wer den. Ein wei-
terer Blick auf die eigenen Stärken und Schwächen lässt erkennen, mit welchen Prioritäten
die Kommunikation an die Zielgruppen herantreten muss, um Wettbewerbsvorteile auf-
zubauen. Dafür sind die relevanten Zielgruppen zu identi fizieren und hinsichtlich ihres
Kommuni kations verhaltens und ihrer Bedürf nisse zu segmentieren.
Abbildung 8. Managementorientierter Entscheidungsprozess für die Live Communication
In Abhängigkeit der Ausgangssituation und Zielgruppensegmente gilt es, messbare Kom-
munikationsziele festzulegen. Sie sind nach Inhalt, Ausmaß, Zeit- und Seg ment bezug präzise
zu definieren. Die Ziele bilden die Richtschnur für die Festlegung der Live Com - Strategie.
Die strategische Entscheidung zur Nutzung einer Live Com-Aktivität als Kom munikations-
instrument ist von den zu erreichenden Zielen abhängig und sollte auf der Kenntnis eines
optimalen Eignungs- und Zielerreichungs grades im Vergleich zu alternativen Kommuni-
kationsinstrumenten beruhen. Erst vor dem Hintergrund der fest gelegten Ziele kann eine
Budgetierung erfolgen. Dieser Sach verhalt klingt einleuchtend. Aber in der Praxis wird
der Grundsatz einer zielorientier ten Budgetierung vielfach sträfl ich vernachlässigt. Wie
in dem eingangs zitierten Vorstandsprotokoll bildet häu fig die Größe „X % vom erwarteten
oder vergangenen Umsatz“ die Grundlage zur Festlegung des Kommunikations- und Live
Com-Budgets. Damit werden Ursache und Wirkung miteinander verwechselt. Aufbauend
Prozess der Planung und Umsetzung von Live Communication 2.2
Analyse der Situation
Integration in den Kommunikations-Mix
Integration in den Marketing-Mix
Festlegung der Zielgruppen und Ziele
Ableitung der Live Com-Strategien
Verteilung des Live Com-Budgets
Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
Controlling des Live Com-Erfolges
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
42
auf der Budgetierung erfolgt die ziel- und strategiekonforme Gestaltung der Live Com-Bot-
schaft. Im Vergleich zu traditionellen Kommunikationsinstru menten umfasst die Botschafts-
gestaltung in der Live Communication die komplexe Inszenierung des persönlichen Zusam-
mentreffens von Zielgruppe und Unternehmen. Alle hierfür notwendigen Umfeld- und
Kommunikations elemente gilt es zielorientiert aufeinan der abzustimmen. Schließlich wird
die Wirkung der getrof fenen Live Com-Maßnahmen erfasst und Feed back für die einzelnen
Prozessschritte gegeben . Bereits während der Planung und Durchführung von Live Com-
Maßnahmen sollte eine Überprüfung stattfinden, um nicht nur die Effektivität sondern auch
die Effizienz messen zu können. Alle diese Entscheidungen stehen in wechselseitiger, ver-
tikaler Abhängigkeit innerhalb des Live Com-Prozesses und in horizontaler Abhängigkeit
zu den weiteren Kommunikations- und Marketingprozessen. Losgelöste Einzel aktionen
würden die Nachhaltigkeit gefährden. Deshalb ist ein simultanes und synergetisch auf-
einander abgestimmtes Vorgehen erfor der lich.
2.3 Analyse der Situation 2.3.1 Elemente und Schlüsselfragen der Situationsanalyse
Die Entwicklung einer Live Com-Konzeption bedarf einer adäquaten Analyse der Markt-
und Umwelt situation sowie der Evaluierung der unternehmensspezifischen Ressourcen
und Kernkompetenzen. Zunächst gilt es die Chancen und Risiken zu identifizieren, die
von außen auf das Unternehmen zukommen. Demgegenüber vermittelt ein Blick auf die
im Unternehmen vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen, welche Stärken und Schwä-
chen bestehen, um sich den externen Herausforderungen stellen zu können (vgl. Meffert
et al., 2008, S. 232). Es wird die Frage geklärt, ob die Live Communication überhaupt einen
angestrebten Beitrag zur Erreichung kommunikationspolitischer Ziele leisten kann. Des-
halb ist eine möglichst vollständige und genaue Erfassung der Umwelt-, Marktteilnehmer-
und Instrumente situation erforderlich (vgl. Abbildung 9). Erst dann können für die Live
Com mu nication die Ziele festgelegt, die Strategien abgeleitet, das Budget verteilt und der
ent sprechende Instrumente-Mix gestaltet und implementiert werden.
Analyse der Situation 2.3
43
Abbildung 9. Komponenten der Situationsanalyse (Quelle: i. A. Meffert et al., 2008, S. 232)
Vielfach werden in unterschiedlichen Abteilungen eines Unternehmens Situationsanalysen
durchgeführt, die i. d. R. unvollständig sind. Werden externe Dienstleister in die Planung
und Umsetzung von Live Com-Konzep ten eingebunden, dann spiegeln sich diese Informa-
tions lücken auch in unvoll ständigen Briefings wider.
Vor diesem Hintergrund wird an dieser Stelle auf die systematische Durchführung der
Situationsanalyse mit Nutzung vorhandener und neu zu gewinnender Informationen
nachdrücklich hingewiesen. Die im Folgenden erstellte Tabelle 4 zeigt zunächst, welche
Elemente eine umfassende Situationsanalyse beinhalten sollte. Grund sätzlich ist eine Struk-
turierung der Informationsbedarfe nach der Ebene der Makro- und Mikro umwelt ziel-
führend. Innerhalb der Umweltebenen ist eine weitere Unterteilung nach thema tischen
und akteurs bezogenen Bereichen hilfreich. Dann gilt es für jeden dieser Bereiche die für
die Kommunikation und im Speziellen für die Live Commu nication relevanten Chancen
und Risiken zu identifizieren. Aus der Gegen überstellung der Chancen / Risiken- und Stär-
ken/Schwächen-Analyse sind wichtige Prioritäten zu erkennen, die im Rahmen der wei-
teren Live Com-Planung zu berücksichtigen sind. Beispielhaft sind einige zu be ant wortende
Schlüsselfragen aufgeführt. Diese sind für jeden Bereich bei der praktischen Anwendung
weiter zu detaillieren.
Umwelt
Markt
Gesellschaft Wirtschaft Technologie
Recht Natur
Branchen-markt
Gesamt-markt
Hersteller
Absatzmittler Konkurrenz
Kunde
Markt-
teilnehmerMarketing-instrumente
Politik
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
44
Elemente der Situationsanalyse
Exemplarische Schüsselfragen
Externe Analyse Identifikation von Chancen und Risiken
Ma
kro
um
we
lt
Ökologie
Werden klimatische Einflüsse möglicherweise den geplanten
Live Com-Einsatz (Outdoor-Events) negativ beeinflussen?
Welche ökologischen Faktoren können die Veranstaltungen
beeinflussen bzw. determinieren (Emissionen, Geräusch-
entwicklung, Abfall, etc.)?
Wirtschaft Wird sich die aktuelle Konjunkturlage (Wirtschafts-, Finanz-
krisen etc.) beim Live Com-Einsatz bemerkbar machen?
Gesellschaft
Welche Anforderungen stellen gesellschaftliche
Anspruchsgruppen an das Unternehmen?
Gibt es besondere soziale und kulturelle Normen beim
Live Com-Einsatz zu berücksichtigen?
Technologie
Welche technischen Entwicklungen zeigen sich auf dem Markt?
Welche technischen Errungenschaften sollten beim
Live Com-Einsatz mind. zum Tragen kommen?
Recht Welche rechtlichen Normen (vergleichende Werbung,
Gewinnspiele, Sonderverkaufsaktion etc.) gilt es beim
Live Com-Einsatz zu beachten?
Politik Welche politischen Regelungen sind darüber hinaus
zu berücksichtigen?
Mik
roum
wel
t
Gesamtmarkt
Kommt die Live Communication in einem Industriegüter-,
Konsumgüter- oder Dienstleistungsmarkt zum Einsatz?
Wie hat sich der Markt in den letzten Jahren entwickelt?
Wie stark gleichen sich die Leistungen und Kommunikations-
auftritte der Marktteilnehmer?
Kann mit dem Live Com-Einsatz aktiv oder passiv auf die
Marktveränderungen reagiert werden?
Welche Tendenzen zeigen sich hinsichtlich des Live Com-
Einsatzes im gesamten Markt?
Branchenmarkt Welches Image hat die Branche?
45
Analyse der Situation 2.3
Teilmarkt
Wie teilt sich der Markt zwischen den einzelnen Wettbewerbern auf?
Welche Live Com-Aktivitäten stehen dem Unternehmen in den
verschiedenen Teilmärkten zur Verfügung?
Akt
eure
der
Mik
rou
mw
elt
Hersteller
Welche Besonderheiten resultieren aus der eigenen
Unternehmensgeschichte?
Wo steht das Unternehmen heute und warum?
Welche Ziele strebt das Unternehmen in Zukunft an?
Welchen Erfolg weisen die bisherigen Live Com-Aktivitäten auf?
Sind die erforderlichen Ressourcen (Know-how,
Kapazitäten, Budget etc.) zur Planung und Realisierung
der Live Communication vorhanden?
Wie stark ist das Interesse der unterschiedlichen
Abteilungen am Live Com-Einsatz?
Sind alle verantwortlichen und relevanten Mitarbeiter
hinsichtlich des Live Com-Einsatzes informiert?
Wie groß ist die Erfolgswahrscheinlichkeit durch den
Live Com-Einsatz spezifische Kommunikations- und
Verkaufsziele zu erreichen?
Konkurrenz
Wer sind die wichtigsten Wettbewerber?
In welchem Umfang engagieren sich die Wettbewerber
im Live Com-Bereich?
Welche Live Com-Instrumente führen die Wettbewerber
mit welchem Erfolg durch?
Welche multisensualen Live Com-Elemente werden hier
insbesondere genutzt, um eine Differenzierung zu erzielen?
Welche Wettbewerbsprodukte werden mit Hilfe der
Live Communication vermarktet?
Welche Auswirkungen haben die Wettbewerbsaktivitäten
auf den eigenen Live Com-Einsatz?
Gibt es Möglichkeiten zur Kooperation mit Wettbewerbern?
Absatz-mittler
Wer sind die wichtigsten Absatzmittler?
Können die Live Com-Instrumente beim Absatzmittler vor
Ort eingesetzt werden?
Sind ggf. gemeinsame Live Com-Aktivitäten möglich?
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
46
Akt
eure
der
Mik
rou
mw
elt
Absatzhelfer
Wer sind die wichtigsten Absatzhelfer?
Inwieweit können diese zur optimalen Live Com-Umsetzung
herangezogen werden?
Welches Preis-Leistungs-Verhältnis bieten die Absatzhelfer
bei der Live Com-Unterstützung?
Kunde
Welche Kundengruppen sollen mit der Live Communication
angesprochen werden?
Wie stark ist das Interesse der Kunden am Unternehmen?
Welche Kundenbedürfnisse stehen beim Live Com-Einsatz
im Vordergrund?
Welche Informations- und Unterhaltungsquellen nutzen
die Kunden hauptsächlich?
Durch welche Merkmale ist das Live Com-Verhalten
der Kunden gekennzeichnet?
Welche Einstellungen haben die Kunden gegenüber
der Live Communication?
Wie hoch ist das Anspruchsniveau der Kunden an den
Live Com-Einsatz?
Lassen sich durch die Live Com-Aktivitäten neue
Kunden akquirieren?
Interne Analyse Identifikation von Stärken und Schwächen
Mar
keti
ng
inst
rum
ente Produkt-Mix
Welche Produkte sollen beim Live Com-Einsatz
präsentiert werden?
Welches Live Com-Instrument eignet sich besonders
für eine Neuprodukteinführung?
Preis-Mix
Werden Preisaktionen durch Live Com-Instrumente begleitet?
Entsprechen die Live Com-Instrumente der preislichen
Positionierung der Marke?
Distributions-Mix Eignen sich die Live Com-Instrumente auch zum Vertrieb der
Unternehmensprodukte?
47
Analyse der Situation 2.3
Tabelle 4. Wichtige Komponenten einer strategischen Situationsanalyse
Häufig bietet die Analyse von grundlegenden Trends oder Szenarien in der Makro- und
Mikroumwelt die Möglichkeit, frühzeitig Veränderungen zu er kennen bzw. zu prognosti-
zieren. Hierzu gehören z. B. folgende Entwicklungen (vgl. Meffert et al., 2008; Kirchgeorg
et al., 2007 b; Esch, 2005; Pohl, 2004; Meffert/Giloth, 2002; Pack et al., 2000):
Demographischer Wandel —Die Veränderung der Altersstrukturen, auch als „Revolution auf leisen Sohlen“
(Klose, 1996) bezeichnet, wird im Laufe des 21. Jahrhunderts alle Länder der Welt
in unterschiedlichem Ausmaß betreffen. Gerade für Deutschland ist diese Entwick-
lung von großer Relevanz, da die Auswirkungen sinkender Geburtenraten, zu-
nehmender Abwanderungen und einer kontinuierlichen Steigerung der Lebenser-
wartung bereits heute deutlich spür bar sind. In nur wenigen Jahren wird Deutsch-
land zu den Ländern mit der im Durchschnitt ältesten Bevölkerung der Welt zählen.
Wertewandel—
Die Verschiebung von sozialen Werthaltungen von einer Akzeptanz- und Pflicht-
kultur zu einer Kultur der Selbstverwirklichung ist seit Mitte des 20. Jahrhun-
derts zu beobachten . Persönliche, politische und geistige Selbstentfaltungs- und
Engagementwerthaltungen haben immer mehr an Bedeutung gewonnen. So
gelten u. a. die Bestrebungen nach Sublimierung, Hedonismus und Indi vi dualität
Mar
keti
ng
inst
rum
ente
Kommunika-tions-Mix
Welche Stärken und Schwächen wurden aus früheren
Live Com-Einsätzen abgeleitet?
Können durch den wiederholten Live Com-Einsatz Synergien
genutzt werden?
Wie sollen die verschiedenen Stakeholder auch schon vor
und nach dem Live Com-Einsatz über die Produkte und das
Unternehmen informiert werden?
Welche Vor- und Nachteile weist der Einsatz der Live Communi-
cation gegenüber anderen Kommunikationsinstrumenten auf?
Welches Image haben die verschiedenen Kommunikations-
instrumente?
Durch welche Instrumentekombination lässt sich der maximale
Kommunikationserfolg erzielen?
Gibt es besondere Gestaltungsrichtlinien (Design bzw. Corporate
Identity etc.), die es bei der Live Com-Ausgestaltung zu berück-
sichtigen gilt?
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
48
als Kernziele. Gleichzeitig haben sich aber auch die Lebensformen und Lebens-
stile angepasst und pluralisiert. Demzufolge wird die klassische Dreiteilung der
Lebensbiographie – Kindheit/Jugend, Erwerbsleben/Familien phase, Rente – zu-
sehends durch eine Fünfteilung abgelöst, die neue Phasen der Post-Adoles zenz
und des Zweiten Aufbruchs berücksichtigt.
Konsumwandel—
Der Konsum dient nicht mehr, wie in der Traditionskultur der 1950er Jahre, allein
der Existenzsicherung. In der heutigen Konsumkultur werden darüber hinaus
Güter erworben, die Ausdruck eines persönlichen Lebensstils und damit der
persönlichen Identität sind. Die Konsumenten fühlen sich gegenüber den Her-
stellern in ihrer Position gestärkt, sich über die Expressions-, Kompetenz- und
Positionsfunktionen der Konsumgüter zu informieren. Sie reagieren somit nicht
nur auf Angebote, sondern platzieren ihre Nachfrage und die Aufforderung
zu individuellen Angeboten aktiv im Markt. Dadurch steigen sowohl das kon-
sum orientierte Selbstbewusstsein und die kritische Konsumgrundhaltung als
auch die Er wartungs haltung, dass die individuellen Konsumwünsche möglichst
schnell von den Herstellern erfüllt werden. Die dabei hybrid praktizierten
Konsumstrukturen bestätigen , dass die heutige Multioptionsgesellschaft ständig
wechselnde Konsum - und Interessenwelten eröffnet.
Kommunikationsverhalten in Geschäftsbeziehungen—
Szenarioanalysen zum Kommunikationsverhalten im Jahre 2020 zeigen, dass
trotz der wachsenden Optionen der elektronischen Kommunikationsinstru mente
die Be deutung der persönlichen Begegnung und des persönlichen Erfahrungs-
austausches als hoch eingestuft wird. Hieraus ergibt sich eine Symbiose von
High Tech- und High Touch-Kommunikation. Während dieser Trend die Ver-
knüpfung von Live und Virtual Communication fördert, wird gleichzeitig ein
begrenztes Zeitbudget für die persönliche Begegnung im geschäftlichen Bereich
signalisiert. Damit ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach
Live Communication und den Zeitrestriktionen für die Beteiligungen z. B. an
Messen oder Events.
Besonderes Augenmerk ist auf die Marktsituation und das Verhalten der Marktakteure zu
legen. Eine Nachfrager- bzw. Kundenanalyse sollte wichtige Hinweise für eine gezielte
Markt- und Kunden be arbeitung liefern. Neue Kundenbeziehungen aufzu bauen und die
bestehenden Beziehungen zu pflegen und weiterzuentwickeln, erlangt für viele Unterneh-
men eine hohe Priorität. Jeder Anbieter ist bemüht, seine Kunden verstärkt zu umwerben.
In den 1990 er Jahren hat die Kundenbindungseuphorie dazu geführt, dass ein Automatismus
von Kunden bindung und Profi tabilitäts steigerung propagiert wurde (vgl. Reichheld/Sasser,
49
1990, S. 105 ff.). Die An gleichung der Produkt qualitäten, die zunehmende Austausch barkeit
der Produkte sowie die hybrid prak tizierten Konsumstrukturen wirken dem Kundenbin-
dungs gedanken jedoch entgegen. Infolgedessen nehmen Kunden loya li täten in gesättigten
Märkten vielfach ab. Neben den Kunden existieren weitere Stakeholdergruppen, die für die
Unternehmen von Relevanz sind. Deshalb sollten diese Gruppen mit ihren Bedürfnissen
und An sprache möglichkeiten in die Live Com-Konzeption einbezogen werden.
Die Analyse der relevanten Zielgruppen und ihrer kommunikativen Ansprache ist durch
eine fundierte Untersuchung der Konkurrenzaktivitäten zu ergänzen. Die Er kenntnisse
über die Höhe der von der Konkurrenz aufgewendeten Kommunika tions budgets, die
Zusammensetzung des Kommunikations-Mix und der dabei eingesetzten Live Com-In-
strumente liefern für die Planung einer Live Com-Konzeption wichtige Orientierungs punkte.
Allerdings sind sekundärstatistische Daten, wie sie für die klassische Werbung in vielen
Branchen verfügbar sind (z. B. Share of Advertising- Daten), für den Bereich der Live Commu-
nication kaum zu beziehen, weil hierüber wenig Transparenz besteht. Dementsprechend ist
das Benchmarking der Live Com-Aktivitäten der Kon kurrenz weitaus schwieriger. Dennoch
liefern verschiedene Internetplattformen bereits erste Hinweise über die Häufigkeit, Art und
räumliche Konzentration von Live Com-Instrumenten der Kon kurrenten. Ein Benchmarking
stellt damit eine wesentliche Voraussetzung dar, um den spezifischen Charakter und Nutzen
der Live Com-Instrumente gegenüber den Konkurrenzaktivitäten herauszuarbeiten.
Sind Handelsstufen als Absatzmittler ein fester Bestandteil der Marketingkonzeption, so
stellt ihr Verhalten auch eine wichtige Determinante für die Planung und Umsetzung von
Live Com-Instrumenten dar. POS-Events oder Roadshows sowie speziell gestaltete Show-
rooms er fordern die Integration der jeweiligen Absatzmittler in die Konzepter stellung. In
diesem Zusammenhang gibt es häufig eine enge Verbindung zu Efficient Consumer Re-
sponse- Konzepten, die eine effiziente Zu sammen arbeit zwischen Hersteller und Handel
zum Inhalt haben.
Die externe Analyse ist durch eine interne Analyse der Stärken und Schwächen zu ergän-
zen. Da Live Com-Instrumente in enger Abstimmung mit allen Marketing instrumenten
einzu setzen sind, können zur Struk turierung der Analyse die einzelnen Bereiche des
Marketing-Mix her angezogen werden. Eine wichtige Grundlage für die Ausrichtung der
Live Com-Konzeption bilden insbesondere:
interne Kundenstammanalysen—
die Markenpositionierung und Markenarchitektur —
produktpolitische Analysen —(Produktnutzen, Programmstruktur, Neuein führungen etc.)
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
50
distributionspolitische Analysen —(Händlerstruktur, Kooperationskonzepte, POS-Aktionen etc.)
preispolitische Analysen —(Preisniveau, Preisaktionen etc.)
kommunikationspolitische Analysen —(eingesetzte Kommunikationsinstru mente, bisherige Wirkungsanalysen,
Kompetenzen zur Veranstaltung von Events, Messen etc. ).
Im Folgenden wird auf die Kundenanalysen noch vertiefend eingegangen. Der Stellen-
wert der systematischen Markenanalyse für die Gestaltung von Live Com-Konzepten soll
allerdings noch einmal gesondert hervorge hoben werden. Die Markenidentität und die
angestrebte Markenpositionierung bilden einen wichtigen Bestandteil, um Instrumente
der Live Communication entwickeln zu können. Diese enge Verzahnung ist somit bereits
im Rahmen der Situationsanalyse zu berück sichtigen.
Mit Blick auf die Wirkungs- und Ausgestaltungsanalyse von Live Com-Aktivitäten liegen
den Unternehmen vielfach nur begrenzte Informationen vor, weil ggf. noch keine Er fah-
rungen mit bestimmten Live Com-Instrumenten gemacht oder keine Erfolgsmessungen die-
ser Maßnahmen durchgeführt wurden. Praktische Erfahrungen wie auch Studien belegen
immer wieder, dass die Erfolgsmessung im Bereich der Live Communication generell noch
vernachlässigt behandelt wird. Existieren innerhalb eines Unternehmens entsprechende In-
formationslücken, so können bestehende Studien als sekundärstatistische Informations-
grundlage genutzt werden, um eine erste Orientierung zu erlangen. Deshalb folgt im nächs-
ten Kapitel ein Überblick zu empirischen Studien der Live Communication.
51
„Das Strategic Planning hat sich vom Creative Coaching zur Consulting Unit weiterentwickelt“
Strategic Planning in der Live Communication:
Die Situationsanalyse als Ausgangspunkt des Planungsprozesses
Interview mit Dagobert Hartmann von Uniplan GmbH & Co. KG
1. Herr Hartmann, Sie arbeiten seit vielen Jahren als Strategic Planner im Agentur geschäft .
Warum ist es aus Ihrer Sicht so wichtig, dass Unternehmen eine systematische Situations-
analyse durchführen?
Hartmann: Nur wer weiß, wo er steht, kann planen, wohin die Reise geht. Ohne eine prä-
zise Standortbestimmung lässt sich eine Marke nicht sicher in die Zukunft navigieren. Die
Situation sanalyse ist der Ausgangspunkt des Planning Process. Darauf aufbauend ent-
wickelt das Strategic Planning eine tragfähige Vision für Marke und Kommunikation –
getreu dem Motto: Die Zukunft einer Marke lässt sich nur auf Basis ihrer Vergangenheit
bestimmen . Um diesen Brückenschlag zu schaffen, braucht das Strategic Planning beides:
die analytische Bestandsaufnahme und die inspirative Visionsfindung. Denn erst durch
die Verdichtung von Informationen lässt sich ein wirkungsvolles Sprungbrett für die
Entwicklung der Kreatividee finden. Um diesen Sprung von der Analyse zur Vision zu
meistern, spielen „Customer Insights“ eine zentrale Rolle. Diese zeigen, wie eine Marke
tatsächlich von ihren Kunden wahrgenommen wird. Durch die Gegenüberstellung der
„wahren“ Kundensicht (Fremdbild) mit der „intendierten“ Managementperspektive (Selbst -
bild) lassen sich die Defizite und Potenziale einer Marke aufdecken, die die Live Commu -
nication in Zukunft überwinden bzw. adressieren muss. Um die verdeckten Kunden -
wünsche aufzuspüren, kommen – je nach Aufgabenstellung – eine Reihe von erprobten
Planningtools zum Einsatz: von Gruppendiskussionen über ethnografische Beobachtungen
bis hin zu Experten workshops . Mit dieser konsequenten Verbraucherausrichtung hat
das Strategic Planning einen Paradigmenwechsel in der Marketingkommunikation
herbeigeführt. Nicht mehr die technischen Produkt vorteile, sondern die Konsumenten-
wünsche stehen im Mittelpunkt. Dabei versteht sich das Strategic Planning nicht mehr als
reiner „Anwalt des Verbrauchers“, sondern hat sein Wirkungsgebiet auf alle Zielgruppen
und alle Kommunikationskanäle ausgeweitet.
2. Inwieweit ist es hierbei notwendig, in Zielgruppen und Beziehungsphasen zu denken?
Hartmann: Seit der Jahrhundertwende hat sich die Kommunikationslandschaft massiv
gewandelt . Das Strategic Planning hat sich von seinen Werbewurzeln gelöst und ist nun ein
ganzheitlicher Ansatz. War der Konsument früher fast ausschließlich über klassische
Medien zu erreichen, so stehen heute eine Vielzahl an Kanälen und Medien zu dessen
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
52
Ansprache bereit. Mit dem Internet wandelt sich zudem die Rolle des Konsumenten.
Dieser trifft sich in sozialen Netzwerken, generiert eigene Inhalte und distribuiert
diese im Netz. Mit weit reichenden Folgen – der Konsument erlangt immer mehr die
Kontrolle über Medien und Marken. Und Unternehmen verlieren langsam, aber sicher ihr
Kommunikationsmonopol. Angesichts dieses drastischen Paradigmenwechsels wird auch
der Planning Prozess immer komplexer. Es reicht heute nicht mehr aus, eine große Werbe-
idee zu finden und diese auf die angrenzenden Medien auszuweiten. Stattdessen gilt es,
eine unabhängige medienneutrale Kommunikationsidee zu entwickeln und diese auf die
relevanten Touchpoints herunterzudeklinieren. Hierfür sind die effektivsten und effizi-
entesten Kanäle zur Kundenansprache zu selektieren (Channel-Planning) und für jeden
Kanal die spezifischen Kerninhalte herauszuarbeiten (Content-Planning). Es gilt also nicht
mehr das „One voice – one customer“-Prinzip, also einen Kunden über alle Kanäle mit
einer Botschaft anzusprechen. Vielmehr gilt es, die richtigen Kunden mit den treffenden
Botschaften über die passenden Kanäle zu erreichen. Keine leichte Aufgabe angesichts
der immer knapper werdenden Kommunikationsbudgets. Hier erweist sich die Funnel-
analyse als ein hilfreiches Instrument, um Marketingprioritäten zu setzen. Sie ermöglicht
die Identifikation der kritischen Problemzonen einer Kundenbeziehung und die Selektion
der passenden Instrumente zur Kundenansprache. Die Live Communication spielt dabei
eine ganz besondere Rolle, denn sie schafft es wie kein anderes Instrument, eine vertrauens-
volle Beziehung zu initiieren und eine nachhaltige Bindung zum Kunden aufzubauen.
Kurz gesagt: Sie ist in der Lage, dem Kunden das Gefühl zu geben, ernst genommen und
persönlich wertgeschätzt zu werden.
3. Hand aufs Herz: Wie professionell werden die Situationsanalysen in den Briefings Ihrer
Kunden abgebildet?
Hartmann: Die Frage greift zu kurz. Jeder Kunde und jede Agentur hat eigene Briefing-
formate. Die Ausgangsanalyse ist ein fester Bestandteil davon. Doch es geht um mehr als die
reine Erstellung des Briefingdokumentes. Es kommt vor allem auf die effiziente Steuerung
des Briefingprozesses an – intern mit dem Kreativteam und extern mit dem Kunden. Und
genau hier sehen ungefähr 60 % der in den LiveTrends befragten Marketingmanager einen
dringenden Optimierungsbedarf. Von einer professionellen Briefingkultur ist man noch weit
entfernt. So mangelt es bereits bei der Planung von Live Com-Maßnahmen an verbindlichen
Zielsetzungen oder der notwendigen Einbindung des Topmanagements. Daher verwundert
es auch nicht, dass nach Pitchgewinnen oftmals etwas völlig anderes umgesetzt wird, als
ursprünglich gebrieft wurde. Um den kreativen Output zu optimieren, nähern sich Kunde
und Agentur einander in mehreren Schritten an. Die Kundenbriefings werden vom Strategic
Planning in inspirierende Kreativbriefings übersetzt. Die daraus resultierenden konzeptio-
nellen Ideen werden von Agentur und Kunde in Kreativworkshops diskutiert und ver ab-
schiedet. Hierbei werden mit Hilfe von Bildwelten (Moodboards) und Materialcollagen die
emotionalen und sensorischen Anmutungen von Messe- und Eventauftritten ausgelotet.
53
4. Ist eine externe Agentur prädestiniert, Hilfestellung beim Management der Live Com-
munication zu leisten?
Hartmann: Das Strategic Planning hat sich in vielen Agenturen vom internen „Creative
Coaching“ zur „Consulting Unit“ weiterentwickelt. Anders als das Account Management
ist es als neutrale Instanz im Agenturgefüge verankert und hat so die Möglichkeit, unab-
hängig von der Umsetzung konkreter Live Com-Projekte eigenständige Beratungsaufträge
durchzuführen. Immer mehr Kunden erkennen den Mehrwert des Strategic Planning und
fragen aktiv Planning-Leistungen nach, denn die Live Com-Branche hat noch einen starken
Nachholbedarf an professionellem Know-how in der Markenführung. Eine neue Genera-
tion von Marketingmanagern ist angetreten. Anders als die „old school“ versteht diese Live
Communication nicht nur als reine Projektumsetzung sondern als strategische Management -
aufgabe. Im Zuge dessen gilt es verschiedene Fragen zu beantworten. Wie sieht der optimale
Live Com-Mix aus? Und wie lassen sich Live Com-Portfolios opti mieren? Gerade bei diesen
übergreifenden Fragestellungen agiert das Strategic Plan ning als neutraler Sparringspart-
ner, der es schafft, die unterschiedlichen Kundenmeinungen über Abteilungsgrenzen hin-
weg zu moderieren und relevante strategische Optionen aus zuloten. Oftmals kommen hier-
bei unsere LiveTrends-Studien als Benchmarkingtool zum Ein satz, die valide Branchenver-
gleiche und Längsschnittanalysen ermöglichen. Mit der beschriebenen Professionalisierung
der Branche wandeln sich auch das Verständnis und die Anforderungen an die Agenturen.
So streben immer mehr Kunden eine feste Agenturpartnerschaft an und suchen – ähnlich
wie in der Klassik – eine Leadagentur, die sie ganzheitlich betreut und strategisch berät.
5. Können Sie aufzeigen, wie sich eine gute Vorbereitung letztlich durch eine wirkungs-
volle Live Communication auszahlt?
Hartmann: Die Live Communication ist ein hochwirksames Instrument. Sie schafft das, was
die mediale Kommunikation nicht zu leisten vermag – eine Marke direkt und unmittelbar
zu erleben und dadurch emotional zu differenzieren. Doch die Praxis sieht leider anders
aus. Zwei Drittel aller im Rahmen der LiveTrends befragten Marketingentscheider halten
ihre Messe- und Eventauftritte für austauschbar. Ein alarmierendes Ergebnis. Kurzfristige
Effekthascherei statt nachhaltiger Inszenierung der Markenbotschaften scheint an der
Tages ordnung zu sein. Genau hier setzt eine gute strategische Vorbereitung an. Das Stra-
tegic Planning bohrt tiefer und deckt die wahren Beweggründe im Verbraucherverhalten
auf. Diese „Moments of Truth“ bilden die Basis für die kommunikative Leitidee und die
dramaturgische Umsetzung einer Messe oder eines Events. Um ihre maximale Wirkung
zu entfalten, muss die Live Communication also den Dreisprung schaffen – von den
Insights über die Idee bis hin zur Inszenierung. Aufgrund ihrer überlegenen Wirkungs-
vorteile entwickelt sich die Live Communication dabei immer öfter zum Referenzpunkt
für die gesamte Marketingkommunikation.
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
54
2.3.2 Überblick zu empirischen Studien der Live Commu nication
Erkenntnisse bestehender Untersuchungen zum Einsatz und zur Wirkung von Live Com-
Instrumenten können im Rahmen der Situationsanalyse eine ergänzende Informations-
grundlage bilden. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass diese Studien nur als erste
Orientierung einbezogen werden sollten. Sie können auf keinen Fall die Durchführung
eigener Erfolgsmessungen ersetzen.
Für einen Überblick relevanter, deutschsprachiger Studien zu Live Com-Instru menten
(siehe Anhang 1– 3) ist die Unterteilung in repräsentative Einzelstudien und Studienreihen
sowie die Betrachtung von instrumentespezifischen und -über greifenden Studien er geb-
nissen zielführend. Bevor die übergreifenden Studien betrachtet werden, sollen zunächst
ausgewählte Ergeb nisse für einzelne Live Com-Instru mente vorgestellt werden:
Studien im Bereich Messen und Ausstellungen—
Als Verband der deutschen Messewirtschaft veröffentlicht der AUMA r egelmäßig
aktuelle Zahlen zum Messe- und Ausstellungswesen. Da der Verband die Interes-
sen der Messewirtschaft sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene
gegenüber dem Parlament, Ministerien, Behörden und anderen Organi sationen
vertritt, informiert er nicht nur über alle wesentlichen Eckdaten der Aussteller- und
Besucher zahlen, sondern auch über Messetrends und -potenziale. So ist gemäß der
Studienreihe „AUMA-Mes seTrend“ davon auszugehen, dass die Beteiligungen
an Inlands- und Auslandsmessen auch in Zukunft stabil bleiben werden, weil die
Messen im Kommunikations-Mix deutscher Unternehmen eine gleichbleibend
hohe oder sogar wachsende Bedeutung erfahren. Die Messe attrak tivität resultiert
u. a. aus der Multifunk tiona lität der Messen. Die Entscheider nutzen die Messen
sowohl zur Bekanntheitssteigerung, zur Neu kunden gewinnung, zur Stammkun-
denpflege als auch zur Stärkung des Exportgeschäfts. Im Schnitt werden mehr als
acht Ziele mit dem Messeengagement angestrebt. Zur Zielerreichung werden die
persönlichen Gespräche zwischen Aussteller und Besucher als entscheidend ange-
sehen, obwohl virtuelle Techniken eine zunehmend wichtige Rolle spielen werden.
Die Messekontrolle und -nacharbeit wird bis weilen nur mittelmäßig umgesetzt.
Dabei sind sich die Messeveranstalter, Aussteller und Dienstleister bewusst, auf
veränderte Rahmenbedingungen reagieren zu müssen, um ihr Angebot entspre-
chend anzupassen. Zu diesen Erkenntnissen gelangen auch weitere Studien, wie
z. B. vom X Institut für Kommunikation und ServiceDesign oder infas TTR.
Studien im Bereich Brand Lands und Showrooms—
Für die noch recht neuen Instrumente Brand Lands und Showrooms existieren
bisweilen nur wenige Forschungsergebnisse. In der Dissertation „Brand Lands als
55
Erlebniswelten“ (Hoppe, 2007) wurde untersucht, wie die Industrie auf neue
Kundenbedürfnisse immer differenzierter reagiert. Darauf aufbauend wurden
die Gründe dieser Transformation schlüssig skizziert und der Variations reich-
tum neuer Kundenbindungsformen untersucht, bevor im Anschluss die grund-
legen den Erfolgsfaktoren an aktuellen Praxisbeispielen aufgezeigt wurden.
In der Dissertation „Multisensuale Markenführung“ (Springer, 2008) konnte
anhand eines verhaltenstheoretischen Modells die sensuale Wahrnehmungs-
und Wirkungsweise von Elementen eines Brand Lands in der Automobil-
wirtschaft untersucht werden. Die Erinner- und Abrufbarkeit lässt sich zwar
bei gleichzeitiger Ansprache mehrerer Sinne erhöhen, doch das alleinige Vor-
handensein multi sensualer Reize ist kein Garant für den kommunikativen Erfolg.
Auf der Grundlage der Erkenntnisse wurden anschließend wesent liche Hand-
lungsempfehlungen für das Markenmanagement abgeleitet. Auch die Veröffent-
lichungen von Mikunda sollen in dieser Aufzählung nicht unerwähnt bleiben,
der in „Marketing spüren – Willkommen am dritten Ort“ (Mikunda, 2007) wie
auch in „Der verbotene Ort oder Die inszenierte Verführung“ (Mikunda, 2005) die
Brand Lands und Showrooms zu den neuen Erlebniswelten der Wirtschaft zählt
und hierbei den Versuch unternimmt, die geheime Erlebnissprache der Marke-
ting-Dramaturgie zu entschlüsseln.
Studien im Bereich Events und Roadshows—
Neben einer Reihe von eher sporadischen Markterhebungen durch einzelne
Eventagenturen oder -be ratungen haben sich der „Eventreport“ und die
„Event- Klima“ als Längsschnittstudien etabliert (FAMAB, 2007 a und 2005;
Zanger/Drengner, 2005 und 2004). Diese geben Auskunft über den aktuellen
Stand und die Entwick lungstrends am Eventmarkt. So konnte bei den Befragten
bspw. nachgewiesen werden, dass mit dem „Event“-Begriff mittlerweile
ganz konkrete Veranstaltungen assoziiert werden. Zwei Drittel der Be völkerung
haben innerhalb der letzten 12 Monate mind. ein Event besucht. Und die
Investitionen für Marketing-Events wachsen auf Unternehmensseite konti-
nuierlich an, auch wenn sich eine Tendenz zu eher kleineren und dafür
häufigeren Veranstaltungen abzeichnet. In Großkon zernen findet nahezu
jeden zweiten Tag eine Veranstaltung statt. Um diese Nachfrage zu decken,
wird den Eventagenturen und Zulieferern in puncto Professionalität, Ideen-
reichtum und Zuverlässigkeit einiges abverlangt . Mit den Ergebnissen sind die
Unternehmen überwiegend zufrieden, auch wenn des Öf teren die Problem-
lösungs fähigkeit der externen Dienstleister bemängelt wird. Aus diesem Grund
gelten bei der Suche potenzieller Agenturen und Lieferanten Empfehlungen
als wichtigste Informationsquelle. Zusammenfassend kann geschluss folgert
werden, dass sich die Events als Kommunikationsinstrument etabliert haben
und das Event-Mar ke ting als ein Instrumentarium der integrierten Marken-
führung angesehen wird.
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
56
Es wird deutlich, dass es nicht so viele repräsentative Studien zu einzelnen Live Com-In-
strumenten mit einem Längs schnittcharakter in Deutschland gibt. Auch bei den über grei-
fenden Studien, in denen mehrere Live Com-Instrumente untersucht werden, sind solche
Betrachtungen eher selten. Hier bilden die „LiveTrends-“, die „European Com mu ni cation
Monitor -“ und die „Dialog/Direktmarketing Deutschland“-Studien nennens werte Ausnah-
men. Sie zeigen meist nicht nur die Entwicklung der Instru mente bedeutung und -budgets
auf, sondern gehen auch auf andere Trendinfor mationen ein:
Der Budgetshift hin zur Live Communication zwingt die Unternehmen zu einem —strategischeren Planungsprozess der Live Communication, der oftmals in der
Unternehmenspraxis noch wesent liche Lücken offenbart. Gern werden hierbei
externe Sicherheitsrisiken und Störfaktoren außer Acht ge lassen. Deshalb bedarf
es bei der Abstimmung der Live Com-Portfolios klarer Absprachen, um eine
bessere Steuerung in den Unternehmen zu gewähr leisten.
Die Instrumente sollen zielgerichteter und zielgruppen spezifischer eingesetzt —werden . Eine Integration der Kunden darf hierbei nicht vernachlässigt werden.
Ist dies erfüllt, so gilt die Live Commu nication als Treiber für Marken differen-
zierung und -bindung und überbrückt kritische Phasen der Kunden beziehung.
Dennoch ist es wichtig, die Integration aller Kommunikations instrumente zu —berücksichtigen . Die crossmediale Umsetzung ist deutlich intensiver als in den
Vorjahren . Als Begründung kann angeführt werden, dass die Anforderungen
an die Effektivität und Effizienz tendenziell gestiegen sind.
Die Erfolgskontrolle wird von einer Vielzahl von Unternehmen vernach lässigt. —Nur jedes zweite Unternehmen misst derzeit den Erfolg seiner Kommunikation.
Auch Agenturen können diesbezüglich stärker in die Ver ant wortung genommen
werden.
Insgesamt dokumentieren die Studien, dass die Zukunft der Live Commu nica tion —von allen Beteiligten überwiegend positiv gesehen wird.
57
„Es gibt nicht so viele Studien im Bereich der Live Communication mit Längsschnittcharakter“
Empirische Studien zur Live Communication
Interview mit Prof. Dr. Cornelia Zanger von der Technischen Universität Chemnitz
1. Frau Prof. Zanger, es gibt ja eine Vielzahl an Untersuchungen im Bereich der Live Com-
munication. Auf welche Fallzahlen und Gütekriterien sollten Unternehmen achten, wenn
sie die Ergebnisse für das eigene Unternehmensgeschäft nutzen wollen?
Zanger: Zunächst sollte man wohl auf die Auftraggeber und die Interessen schauen, die
oft hinter solchen Studien stehen. Viele der Studien werden durchgeführt, um den Kunden
von der Kompetenz von Agenturen oder anderen Akteuren im Bereich der Live Com-
munication zu überzeugen. Andere Studien sind Umfragen unter den Mitgliedern von
Verbänden oder Netzwerken, die den Arbeitsstand und die Meinung einer bestimmten
Gruppe wiedergeben. Achten sollten Unternehmen also zunächst auf die Unabhängigkeit
der Studie und ein klares, wissenschaftlich begründetes Untersuchungsdesign. Weiterhin
ist es wichtig, dass die befragte Stichprobe möglichst repräsentativ ist, also z. B. nach dem
Zufallsprinzip zusammengestellt wurde und nicht durch eine bewusste Auswahl der
Befragten der Gefahr einer systematischen Verzerrung unterliegt. Und sie sollte aus-
reichend groß sein, um die aus der Studie abgeleiteten Aussagen auf Signifikanz prüfen
zu können .
2. Welche wesentlichen wissenschaftlichen Studien im Live Com-Bereich sind Ihnen
bekannt ?
Zanger: Es gibt immer wieder spannende wissenschaftliche Querschnittsuntersuchungen.
Aber über längere Zeiträume vergleichbare Daten im Bereich der Live Communication zu
erheben, scheint eher schwierig zu sein, da sich in bestimmten Bereichen – ich denke da vor
allem auch an den Eventbereich – die Bedeutung des Instruments und das Verständnis
zur Wirkung als Kommunikationsinstrument erheblich gewandelt hat. Deshalb gibt es
wohl nicht so viele Studien im Bereich der Live Communication mit Längsschnittcharakter.
Bekannt sind mir natürlich die Uniplan LiveTrends-Studien zur Live Communication oder
die AUMA-Studien zum Kommunikationsinstrument Messen. An meinem Lehrstuhl be-
mühen wir uns seit dem Jahr 2000 mit dem Eventreport ein Panel von Unternehmen zum
Thema Event zu befragen und Trends zu erfassen.
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
58
3. Ihr jährlich erscheinender Eventreport ist nur ein kleiner Teil dessen, was Sie in den
Forschungsbereichen Eventmarketing und Erlebniskonzepte bisher erfolgreich verwirk-
licht haben. Daneben sind eine Reihe interessanter Dissertationen und Artikel erschienen.
Auf welche Ergebnisse sind Sie hierbei gestoßen?
Zanger: Für mich als Wissenschaftlerin sind natürlich alle unsere Forschungsergebnisse
spannend. Besonders hervorheben möchte ich aber die Modellierung der Wirkungs-
und Erfolgsmessung von Events und die Tatsache, dass es in diesem Zusammenhang
gelungen ist, die Nachhaltigkeit der Wirkung von Erlebniskonzepten nachzuweisen.
Dieses Modell war die Grundlage für die Entwicklung eines quasi standardisierten In-
strumentes zur Erfolgsmessung bei Events, dem Eventcheck, das wir schon seit mehreren
Jahren bei unseren Praxispartnern einsetzen. Wissenschaftlich interessant ist ebenfalls
die Entwicklung eines Messmodells für Flow, das wir als ein zentrales Konstrukt im
Zusammenhang mit der emotionalen Wirkung von Events identifizieren konnten. Das
Faszinations- und Aktivierungspotenzial von Sport ist ein weiteres Thema im Kontext
von Erlebnisstrategien in der Marketingkommunikation, zu dem wir Neues beisteuern
konnten. Wir untersuchten Events auch aus soziologischer Sicht und konnten Inter ak-
tionsprozesse, Rollenbeziehungen und Mechanismen der Erlebniskonstruktion erklären.
Auch unsere Studien zur ökonomischen Wirkung von kulturellen und sportlichen Groß-
veranstaltungen sollten noch genannt werden, bei denen wir die wirtschaftlichen Effekte
über mehrere Ebenen quantifizieren konnten.
4. Sie beschäftigen sich ja auch schon längerfristig mit der qualitativen Methode des
Mystery-Shoppings. Welche Vorteile bietet diese Methode und wie kann sie im Bereich
der Live Communication optimal eingesetzt werden?
Zanger: Mystery-Shopping ist einerseits eine sehr wirkungsvolle Form, um den Effekt von
Kommunikationsaktivitäten auf die Zielgruppe aus neutraler Sicht zu beurteilen und im
Gespräch mit Zielgruppenmitgliedern tiefergehende Erkenntnisse bspw. zur Zu friedenheit
zu gewinnen. Andererseits kann mittels Mystery-Shopping die Kompetenz der Veranstalter
von Live Com-Aktivitäten, also die Beratungskompetenz des Personals am Messestand oder
bei Promotionaktionen, getestet werden. Der Vorteil des Mystery-Shoppings im Vergleich
zur klassischen Teilnehmerbefragung liegt natürlich in der verdeckten Situation, so dass
die Teilnehmer von Events oder die Messebesucher im Gespräch völlig natürlich reagieren
und die Gefahr sozial erwünschter Antworten deutlich geringer wird. Bei Events wird der
Marktforscher selbst zum Mitglied der „Eventgemeinschaft“ und kann bspw. die emotionale
Wirkung der Veranstaltung und ihrer einzelnen Inszenierungsbestandteile , wie auftretende
Künstler usw., sehr gut beurteilen.
Optimal ist nach meinen Marktforschungserfahrungen im Event- und Messebereich die
Verbindung von Mystery-Shopping und klassischer Befragung. Auf diese Weise kann eine
59
zweiseitige Beurteilung der Live Communication erfolgen. Bspw. kann das Beobachtungs-
ergebnis des Marktforschers beim Kontakt mit dem Standpersonal auf der Messe mit der
Einschätzung der Beratungs- und Betreuungskompetenz durch befragte „echte“ Kunden
abgeglichen werden. Daraus kann der tatsächliche Optimierungsbedarf für die persönliche
Messekommunikation bestimmt werden.
5. Stellen Sie in der Forschung eine Tendenz fest, dass Befragungen zunehmend durch
psychodiagnostische Untersuchungen angereichert werden? Wenn ja, welche Gründe
gibt es hierfür?
Zanger: Ich habe den Eindruck, dass wir wissenschaftlich in den letzten Jahren insbe sondere
in der traditionellen, auf Befragungen fußenden Konsumentenverhaltensforschung sehr
stark in die Tiefe einzelner Konstrukte gegangen sind und bekannte Methoden verfeinert
und optimiert haben. Auf der Suche nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist es
wohl an der Zeit, auch nach neuen Methoden zu fragen, die ganz neue Einsichten in das
Entscheidungsverhalten der Konsumenten eröffnen können. Das erklärt m. E. warum das
wissenschaftliche Interesse an psychodiagnostischen Untersuchungen in den letzten Jah-
ren sowohl international als auch im deutschsprachigen Raum gestiegen ist.
6. Das Neuromarketing ist ja noch ein relativ junger Bereich in der Marktforschung. Las-
sen sich mit Hilfe der neurowissenschaftlichen Methoden gegenwärtig schon richtungs-
weisende Erkenntnisse für die Live Communication ableiten? Was können wir uns in Zu -
kunft von den Neurowissenschaften erhoffen oder wird diese Methodik aus ethischen
Gründen eher an ihre Grenzen stoßen?
Zanger: Vielversprechend sind neurowissenschaftliche Methoden aus heutiger Sicht vor
allem für die Erforschung der emotionalen Wirkung von Live Communication. Ich glaube
allerdings, dass wir da noch wirklich am Anfang stehen. Die Ergebnisse erster einfacher
Experimente sind sicher interessant, aber ich meine, es ist noch viel Forschungsarbeit not-
wendig , um die emotionale Wirkung komplexer Kommunikationsmaßnahmen auf das
Entscheidungsverhalten des Konsumenten zu messen und zu prognostizieren. Das Poten-
zial des Neuromarketing ist sicher groß und gegenwärtig auch nur partiell zu erschließen.
Insofern können wir uns für die Zukunft einen viel tieferen Einblick in die „Black Box“ des
Konsumenten erhoffen. Wir können erforschen, wie Emotionen, die ein wesentliches Ele-
ment von Live Communication sind, Entscheidungen und Handlungen des Konsumenten
begründen. Das Eindringen in die Psyche des Konsumenten wird allerdings mit sich ent-
wickelndem Erkenntnisfortschritt auch neue ethische Fragen aufwerfen, wie den Schutz
menschlicher Gedanken und menschlichen Wissens, denen sich die Marketingwissenschaft
stellen muss.
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
60
7. Rein hypothetisch betrachtet, welchen Sachverhalt würden Sie im Bereich der Live Com-
munication gern einmal näher untersuchen und welche Methoden würden Sie hierbei ein-
setzen, wenn Sie alle finanziellen Möglichkeiten ausschöpfen könnten?
Zanger: Mich interessieren ganz besonders die Nachhaltigkeitswirkungen von Live Com-
munication und die damit verbundenen Wirkungsmechanismen der Entstehung von Mar-
kenerlebniswelten im Gehirn des Konsumenten. Ich würde das gern im Zusammenhang
mit neuen Marken untersuchen und verschiedene Methoden hinsichtlich ihres Erklä-
rungsbeitrages testen. Interessant wäre dabei auch die Kooperation mit Psychologen und
Neurobiologen.
61
In Ergänzung zu dem skizzierten Studienüberblick ist auf neuere Erkenntnisse der Neu-
ro wissenschaften zu verweisen. Zunehmend werden die Erhebungs methoden der Neu-
rowissenschaften auch zur Analyse der Wahrnehmung von Marketingmaßnahmen ein-
gesetzt (vgl. Wilkinson, 2005, S. 22).
Bereits in den späten 1990 er Jahren wurde das Neuromarketing an der Harvard
Universität entwickelt. Gerry Zaltman, Professor für Marketing, und sein Mit arbeiter
begannen, das menschliche Gehirn für mehrere größere Unternehmen zu scannen.
In den Experimenten wird mittels bildgebender und neuropsychologischer Ver -
fahren das Gehirn bei den verschiedensten Kommunikations-, Nutzungs- und
Kauf ent scheidungen untersucht, um die treibenden Kräfte hinter diesen Ent schei-
dungen zu identifizieren.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Hirnforschung rasant vom Randgebiet zu
einem besonderen Wissenschaftszweig entwickelt (vgl. Shiv et al., 2005; Pritzel et al., 2003).
Die Mehrheit der bisherigen Studien beschäftigte sich ausschließlich mit dem besseren
Verständnis des Gehirns. Zunehmend steigt die Zahl der Studien, die soziale und gesell-
schaftliche Auswirkungen untersuchen.
Zu den wesentlichen neurowissenschaftlichen Erkenntnissen des Konsumenten-
verhaltens gehören (vgl. Hubert/Kenning, 2008, S. 272 ff.):
1. Marken entlasten Entscheidungsprozesse.
2. Marken müssen mit Emotionen verbunden werden und wirken hierbei nicht linear.
3. Die markenbildende Wirkung von Werbung lässt sich exakt messen.
4. Die neuronale Wirkung attraktiver Verpackung ist bekannt.
5. Der Preis hat sowohl eine belohnende als auch eine bestrafende Wirkung im Gehirn.
6. Die neuralen Mechanismen der Markenloyalität sind bekannt.
7. Die neuralen Mechanismen der Kaufentscheidung sind bekannt.
Doch je besser das Verständnis von komplexen Verhaltensweisen und Emotionen wird,
desto mehr Mög lichkeiten ergeben sich zur Intervention und Manipulation. Es ist daher
nicht verwunderlich, dass die Hirn forschung einerseits Faszination weckt und anderer -
seits auch eine kritische Würdigung erfährt. In diesem Zusammenhang werden u. a.
Fragen der Intimsphäre und der individuellen Willensfreiheit diskutiert (vgl. Huang, 2005,
S. 76). Bis jetzt sind die eingesetzten Verfahren allerdings noch sehr kostenintensiv (vgl.
Kenning et al., 2007; Scheier, 2006). Darüber hinaus ersetzen sie nicht das klassische In-
strument der Befragung und Beobachtung von Zielgruppen, weil über die Analyse der Ak-
tivierung von Hirnregionen keine expliziten Erkenntnisse über die Art der Emotionen,
Wissens inhalte und Verhaltensintentionen erfasst werden können.
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
62
2.3.3 Design und Methode der LiveTrends-Studien
Die seit 2003 jährlich durchgeführten, branchenübergreifenden, wissen schaftlichen Uni-
plan LiveTrends-Stu dien (Kirch georg et al., 2008; Kirchgeorg et al., 2007 a; Kirchge org/Sprin -
ger, 2006; Kirch georg/Springer, 2005 a; Kirch georg/Klante, 2003) liefern:
zentrale branchenübergreifende und -spezifische Benchmarkinformationen —zum Status Quo der Planung und Umsetzung der Markenkommunikation
Hilfestellungen zur Optimierung des Einsatzes von Live Com-Instrumenten —im Kundenbeziehungs zyklus
Trendinformationen für die strategische Ausrichtung —der Kommunikations aktivitäten.
Inner halb der Branchen erfolgt quotiert nach Größenklassen eine reprä sentative Auswahl
von ungefähr 1.500 Unter neh men aus der Grund gesamtheit aller in Deutschland ansäs -
sigen Firmen. Nach einer posta lischen An kündigung der Untersuchung werden jährlich
durch schnittlich 400 ver ant wortliche Marketing ma nager füh render Unter nehmen aus
insge samt neun Schlüs selbranchen für die Teil nahme gewonnen. Die Rück lauf quote von
26,7 % ist vor dem Hintergrund, dass Marketingmanager ein recht schwer er reich bares
Teil nehmerfeld darstellen, als zufriedenstellend zu be trachten.
Die jeweiligen Stichproben setzen sich zu durchschnittlich 80,6 % aus Unter nehmen zu sam-
men , die ihren Hauptsitz in Deutschland haben (vgl. Tabelle 5). Vor allem um satz starke
Großunternehmen sind in der Unter suchung überdurch schnitt lich vertreten, da 35 % der
Befragten einen Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. Euro ausweisen. Aber auch mittel stän-
dische Unternehmen sind durch das Untersuchungs sample repräsentiert. Während ein Drit-
tel der Unternehmen sowohl im B-to-B- als auch B-to-C-Bereich ver treten ist, ließen sich
23,7 % eindeutig dem B-to-C-Bereich und 39,7 % dem B-to-B-Bereich zu ordnen. Hinsicht-
lich der Bran chenzugehörigkeit wurde indessen eine gleichmäßige Verteilung erzielt.
63
2003 2004/2005
2006 2007 2008 Ge-samt
Ø Ø Ø Ø Ø Ø
HauptsitzDeutschland 85,7 73,6 67,8 83,8 92,2 80,6
Ausland 14,3 26,4 32,2 16,2 7,8 19,4
Branche
Automotive12,5 8,6
10,3 9,9 11,4 10,5
Supplier 8,2 12,1 10,6
Finance 12,5 14,0 11,3 10,7 10,4 11,8
Health 12,5 8,8 11,6 11,7 9,9 10,9
Food 12,5 15,7 12,1 9,4 11,4 12,2
Fashion --- 10,8 11,3 10,4 9,9 10,6
Industry 12,5 13,4 12,1 10,4 14,1 12,5
Telecommuni-
cation12,5 5,4
15,5 16,0 14,3 14,2
High Tech 12,5 12,8
Medien 12,5 10,3 --- --- --- 11,4
Touristik --- --- 7,6 9,4 8,0 8,3
Umsatz
bis 50 Mio. Euro
44,3
12,4 17,0 13,3 12,2
51,0 50 bis 200 Mio.
Euro26,7 22,2 26,1 22,8
200 bis 500
Mio. Euro15,7 20,1 11,3 11,0
500 Mio. bis
1 Mrd. Euro36,5 10,5 4,1 10,2 8,5 14,0
über 1 Mrd. Euro 19,2 34,7 36,6 39,1 45,5 35,0
Geschäfts-typ
B-to-B 22,4 40,5 47,8 48,2 39,7
B-to-C 36,8 22,6 17,6 17,6 23,7
Mischform 40,8 36,9 34,6 34,2 36,6
Mitarbeiter-anzahl
bis 20035,9
20,9 26,9 19,4 17,9 36,8
200 bis 500 17,7 14,1 15,7 15,8
500 bis 1.000 23,4 14,8 9,3 8,6 12,7 13,8
über 1.000 40,7 46,6 49,7 56,3 53,6 49,4
Analyse der Situation 2.3
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
64
Vermerk: Angaben in Prozent
Tabelle 5. Stichprobenstruktur der LiveTrends-Studien (2003 – 2008); (Quelle: LiveTrends)
2.4 Identifikation von Zielgruppen 2.4.1 Bedeutung und Abgrenzung der Zielgruppen
Für die Erstellung einer Live Com-Konzeption sind die jeweiligen Zielgruppen zu definie-
ren, für die die Dialogkommunikation zum Einsatz kommen soll. Traditionell stehen in
der Kommunikationspolitik die markt bezogenen Zielgruppen und hier insbesondere die
aktuellen und potenziellen Kunden im Mittel punkt der Betrachtungen. Allerdings kann
die Live Communication auch für die Intensivierung der Beziehungen zu weiteren Ziel-
bzw. Stakeholdergruppen eingesetzt werden. So stehen Unternehmen neben den Kunden
mit vielen anderen Zielgruppen direkt oder indirekt in Kontakt, die für die Sicherung des
langfristigen Unter nehmenserfolges eine wichtige Rolle spielen (vgl. Grobe, 2003; Kirch-
ge org/Lorbeer, 2002; Gomez/Wunderlin, 2000). Dementsprechend erscheint es für die Ent-
wicklung eines Live Com-Konzeptes zielführend zu sein, einen möglichst umfassenden
Blick auf alle relevanten Stakeholdergruppen zu werfen, um die relevanten Zielgruppen
zu identifizieren. Dabei können die in der Literatur entwickelten Stakeholdertypologien
und -analysen erste Anhaltspunkte zur Ein grenzung und Auswahl der Zielgruppen geben.
2003 2004/2005
2006 2007 2008 Ge-samt
Ø Ø Ø Ø Ø Ø
Position der Befragten
Inhaber/
Geschäftsführer3,3 2,4 5,3 2,1 0,2 2,7
Vorstand
Marketing3,1 4,4 5,0 14,6 1,7 5,8
Bereichsleiter
Marketing71,4 62,0 59,2 50,1 50,5 58,6
Sonstige 22,2 31,2 30,5 33,2 47,6 32,9
Zuständig-keit der Befragten
Gesamt-
unternehmen68,3 60,3 61,6 52,7 44,7 57,5
Geschäfts-
bereich31,7 39,7 38,4 47,3 55,3 42,5
Anzahl der Befragten
n 400 387 398 421 405 402,2
65
Neben der Einteilung und Einordnung verschiedener Stakeholdergruppen existieren in der
Literatur zahlreiche Ansätze, die Gruppen hinsichtlich ihrer Bedeutung für Unternehmen
zu strukturieren (vgl. Tabelle 6). Die hierbei aufgestellten Hierarchien beruhen auf den
Erkenntnissen, dass jede Gruppe einen spezifischen Wertbeitrag für ein Unternehmen
leistet und dass diese Beiträge letztlich von unter schied licher Wichtigkeit für den lang-
fristigen Unternehmenserfolg sein können (vgl. Fiedler, 2007, S. 68 ff.). Die Abschätzung
des Be deutungs grades und die adäquate Berücksichtigung berechtigter Stakeholderinte-
ressen (vgl. Herrmann, 2005, S. 107 ff.) sind erforderlich, um die Unternehmens- und/oder
Produktkommunikation entsprechend auszurichten. Formal gesehen würde dabei einer
Person, die mehreren Gruppen angehört, eine dominantere Rolle zugeordnet werden. Die-
ser Fakt der multiplen Stakeholder zugehörigkeit wird jedoch meist vernachlässigt. Unabge-
stimmte kommunikative Botschaften für verschiedene Stakeholdergruppen führen gerade
bei diesen Personen zu erheblichen Irritationen. Somit gilt es einerseits, die relevanten
Stakeholdergruppen zu identifizieren. Anderer seits ist auch die Frage zu stellen , ob ein
und dieselbe Person verschiedenen Stakeholdergruppen ange hört.
Identifikation von Zielgruppen 2.4
Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Stippel (1998)
KundenShare-
holder
Mit-
arbeiter
Liefe-
ranten
Gesell-
schaft
Walker Infor-mation (1999)
KundenMit-
arbeiter
Share-
holder
Liefe-
ranten
Gemein-
denStaat
Finanz-
analysten
Bruhn/Boenigk(1999)
Aktuelle
Kunden
Poten-
zielle
Mitarbeiter
Mit-
arbeiterHändler Medien
Banken/
Anteils-
eigner
Liefe-
ranten
Staat/
Behörden
Einwil-ler/Will(2001)
Financial
Com-
munity
Kunden
Poten-
zielle
Mitarbeiter
MedienMit-
arbeiter
Öffent-
lichkeitPolitik
Branchen-
partnerNGO’s
Capital(2002)
KundenMitar-
beiter
Ge-
schäfts-
partner
Allg.
Öffent-
lichkeit
BankenJour-
nalisten
Hoch-
schulenBehörden Politik
Zühls-dorf(2002)
Jour-
nalisten/
Multi-
plikatoren
Kunden/
Liefe-
ranten
Allg.
Öffent-
lichkeit
Mit-
arbeiter
Politiker/
Insti-
tutionen
Aktionäre/
Kapital-
geber
Bürgerini-
tiativen/
Verbände
Wett-
bewerber
Verbands-
funk-
tionäre
Gewerk-
schafter
Manager Magazin (2002)
Kunden
Ge-
schäfts-
partner
BankenMit-
arbeiter
Allg.
Öffent-
lichkeit
Jour-
nalisten
Unis/
Hoch-
schulen
Behörden
Kranz(2004)
Konsu-
menten
Poten-
zielle
Mitarbeiter
Privat-
anleger
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
66
Tabelle 6. Sekundärempirische Ergebnisse zu Rangreihen der Stakeholder- und Zielgruppenbedeutung
Der tabellarische Überblick der sekundärempirischen Ergebnisse zeigt zunächst ein
relativ uneinheitliches Bild der Bedeutungsrangreihen (vgl. Tabelle 6). Als Gründe hierfür
sind insbesondere Divergenzen im Unter suchungs design und in der Erhebungsmethodik
anzubringen. Dennoch wird in einer weiterführenden Gegen überstellung der absoluten
Nennungen und Gewichtungen deutlich, dass sich Ten denzen einer weiter gefassten
Gruppenabgrenzung ab zeichnen. So gehören die:
Kunden,—
Mitarbeiter, —
Journalisten und —
Shareholder —
zu den besonders relevanten Bezugsgruppen der Unternehmen. Im Vergleich dazu neh-
men Vertreter der Wett bewerber, Politik, Behörden, Hochschulen und Gewerk schaften
eine geringere Bedeutung ein. Dennoch sollte die Bedeutung der jeweiligen Gruppen un-
ternehmensindividuel l definiert werden.
Mit Blick auf eine integrierte Unternehmenskommunikation, die den Ansprüchen der Ef-
fektivität und Effizienz gerecht werden soll, gilt es die Kommunikationsinstrumente und
-inhalte auf die jeweiligen Beziehungsphasen der verschiedenen Stakeholder gruppen aus-
zurichten. Letztlich können die Erfahrungen des Customer Relationship Management
(CRM) in einen Ansatz zum Stakeholder Relationship Management (SRM) überführt wer-
den . So sind die Kommunikationsinstrumente und -inhalte für die jeweiligen Stakeholder-
gruppen differenziert nach ihrem Beziehungsstatus zu koordinieren. Doch die ausschließ-
Franzen et al. (2005)
Mit-
arbeiter
Anteils-
eignerKunden
Öffent-
lichkeit
Fraun-hofer Institut (2007)
Kunden
Ge-
schäfts-
partner
Manage-
ment
Mit-
arbeiter
Anteils-
eigner/
Inhaber
Öffent-
lichkeit
Fiedler(2007)
KundenMit-
arbeiterMedien Aktionäre
Bernat/Groß(2007)
Medien KundenMitar-
beiter
Politik/
Inte-
ressen-
gruppe
Allg.
Öffent-
lichkeit
Liefe-
ranten
67
liche Betrachtung und Bearbeitung einzelner Stakeholdergruppen würde nach dem Ver-
ständnis einer wertorientierten Unterneh mens führung unnötig für Konflikte sorgen. Im
Sinne eines Konsens stellt sich folgende Schlüsselfrage, die es bereits in der Planungs phase
der Live Com-Aktivitäten zu beantworten gilt: Inwieweit sind Instrumente und Bot schafts-
inhalte stakehol der übergreifend oder stakeholder spezifisch aus zurichten?
2.4.2 Segmentierung der Zielgruppen
Im Folgenden werden die aktuellen und potenziellen Kunden in den Mittelpunkt der
weiterführenden Planung für eine Live Com-Konzeption gestellt. Angesichts der Informa-
tionsüberlastung und der Vielfalt des Medienangebotes kommt es darauf an, gezielt auf
die Erwartungen der Nachfrager einzugehen. Bei der Planung von Live Com-Konzepten
ist somit die Marktsegmentierung ein wichtiges Instrument, das bereits im Rahmen der
Markt- und Kundenanalyse zum Einsatz gelangt.
Mit Hilfe der Marktsegmentierung erfolgt die Aufteilung des Gesamtmarktes in
bezüglich ihrer Marktreaktion intern homogene und untereinander heterogene
Untergruppen , von denen dann für die Marktbearbeitung eine oder mehrere aus-
gewählt werden. (Meffert et al., 2008; Freter, 1983)
Die Marktsegmentierung und die Auswahl geeigneter Zielgruppensegmente sind sowohl
für Großunternehmen als auch für kleine Anbieter zielführend:
Großunternehmen sehen sich i. d. R. einer Vielzahl von Nachfragern gegenüber, —sodass durch die Segmentierung besonders attraktive Ziel gruppen identifi-
ziert werden können. Sie erlangen auf diese Weise eine zielgruppen gerechtere
Ausrichtung des Angebotes und damit eine höhere Kundenzu friedenheit
und -bindung.
Kleinere Anbieter haben häufig nicht die nötigen Ressourcen, um ver schiedene —Zielgruppensegmente in einem Markt zu bearbeiten. Sie müssen sich vielmehr
auf attraktive Nischen konzentrieren. Die Identi fikation solcher Nischen ist für
kleinere Anbieter eine wichtige Voraussetzung einer erfolgreichen Marketing-
und Positionierungsstrategie.
Für die Entwicklung einer Live Com-Konzeption wird der in Abbildung 10 schema tisch
dargestellte mehrstufige Segmentierungsansatz empfohlen.
Identifikation von Zielgruppen 2.4
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
68
Abbildung 10. Mehrdimensionaler Segmentierungsansatz zur Planung von Live Com-Konzepten
1. Grobbewertung der Kundensegmente
Zunächst erfolgt die Segmentierung des Gesamtmarktes. Hierzu stehen die klassischen
Segmentierungskriterien zur Verfügung (vgl. Meffert et al., 2008; Kesting/Rennhak, 2005):
Geographische Kriterien —(z. B. Länder, Regionen, Städte oder Wohngebiete)
Soziodemographische Kriterien —(z. B. Geschlecht, Alter, Familienstand, Beruf, Einkommen, Ausbildung)
Psychographische Kriterien —(z. B. Involvement, Motive, Einstellungen, Zufriedenheit, Lebensstile)
Verhaltensorientierte Kriterien —( z. B. Käufer, Nichtkäufer, Preisverhalten, Mediennutzung)
Geeignete Segmentierungskriterien sind aufgrund ihrer Kaufverhaltensrelevanz auszu-
wählen, weil letztlich durch die Segmentierung Zielgruppen identifiziert werden sollen,
die sich hinsichtlich ihres Kaufverhaltens und vorgelagert hinsichtlich ihrer Motive oder
Lebensstile unterscheiden. Die mit Hilfe der Segmentierungs kriterien identifizierten Seg-
S1 S2 S3Grobbewertung der Kundensegmente
Grundsegmentierung des Marktes
Profitabilitätsfilter
KBZ 1 KBZ 2 KBZ 3 KBZ 4
Segmentierung nach dem Kundenbeziehungsstatus
Live Com-Affinitätsfilter
Mediaplanung
Feinbewertung der Kundensegmente
SegmentspezifischeInstrumenteselektion
LiveCommunication
VirtualCommunication
TraditionalCommunication
69
mente sollten eine zeitliche Stabilität aufweisen, die Erreichbarkeit der Zielgruppe ge-
währ leisten sowie hinreichende Informationen für die Ausgestaltung des Marketing-Mix
liefern. Die identifizierten Segmente werden einer Grobbewertung unterzogen. Hierzu
können folgende Bewertungskriterien herangezogen werden:
Vereinbarkeit der Segmentbearbeitung mit der Unternehmensphilosophie/-strategie—
Segmentgröße und Wirtschaftlichkeit der Bearbeitung des Segmentes—
Wettbewerbsintensität innerhalb eines Segmentes —
2. Feinbewertung der Kundensegmente
Die nach der Grobbewertung verbleibenden Segmente werden im nächsten Schritt einer
Kunden beziehungsanalyse und Kundenbewertung unterzogen. Vor dem Hinter grund
der zunehmenden Bedeutung des „Relationship-Marketing“ und des „Kunden bindungs-
managements“ erlangt die Kundenbe ziehungs analyse eine besonde re Relevanz (vgl. Meffert,
2007; Payne/Frow, 2005; Lorbeer, 2003).
Abbildung 11. Abschmelzverluste in den Phasen des Kundenbeziehungszyklus
Die Abbildung 11 zeigt eine typische Unterteilung des Kundenbeziehungszyklus in ein-
zelne Phasen.
Ein Unternehmen richtet sein Leistungs portfolio von Produkten und Dienstleis-
tungen zunächst an den Neukunden aus. Das Wahrnehmen und Kennen lernen
des Unternehmens und der entsprechenden Marken ist Grundvoraussetzung für
die Herausbildung eines Markenimages auf Kundenseite. Wird die im relevanten
Set befindliche Marke zunehmend präferiert und anderen Marken vorgezogen, so
schließt sich die Kaufentscheidung der Marke an. Dies hat zur Folge, dass aus dem
Identifikation von Zielgruppen 2.4
Kundenbeziehungsphasen
Bekanntheit Vertrautheit Kaufentscheidung LoyalitätKu
nd
enp
ote
nzi
al
100 %
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
70
Neukunden ein Erstkunde wird. Sobald sich der Kauf der Marke regelmäßig wieder-
holt, wird aus dem Erst kunden ein Stammkunde.
Die essentiellen kundenspezifischen Beziehungsphasen lauten demzufolge: Bekanntheit,
Ver traut heit, Kaufent scheidung und Loyalität (vgl. Riesenbeck/Perrey, 2005; Caspar/Metzler ,
2002). In jeder Phase existieren jedoch Risiken, die eine Fort setzung der Beziehung zwischen
Unternehmen und Kunden gefährden und verhindern. Besonders hohe Abschmelzverluste
drohen erfahrungs gemäß in den Übergangsphasen von der Bekanntheit zur Vertrautheit und
von der Kauf ent scheidung zur Loyalität. Die Zeitpunkte und Gründe für derartige Bindungs-
lücken gilt es zu identifizieren, um mit ent sprechenden Marketing- und Kommunikations-
maß nahmen den Abschmelzverlusten vorzubeugen.
Die Informationsgrundlagen für die Kundenbeziehungsanalyse sind im Falle von Nicht-
kunden durch Befragungen zu erfassen, während bei Kunden auf interne Daten und CRM-
Systeme zurückgegriffen werden kann. Sollten keine entsprechenden Daten für die Kunden
verfügbar sein, so sind auch hierfür mittels Befragungen die relevanten Informationen
(Kaufdatum, Wiederkauf, Kaufhäufigkeit, Zufriedenheit, Share of Wallet etc.) zu erheben.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 12. Kundenstruktur in Deutschland (Quelle: LiveTrends)
Die LiveTrends-Studien bestätigen, dass knapp drei Viertel aller Kunden in Deutsch-
land Stammkunden sind (vgl. Abbildung 12). In der Branchenbetrachtung variiert
der Stammkundenanteil zwischen knapp 60 % (in der Auto motive-Branche) und
80 % (in der Health-Branche). Als Neukunden werden 18 % der Kundenbasis ein-
gestuft. Die Kundenab wanderungs rate liegt bei knapp 8 %. Damit ist nahezu die
Hälfte der Neukundenge winnungen not wendig, um abgewanderte Kunden zu er-
setzen. Hier wird von den Unternehmen gern ver nachlässigt , dass die Kunden rück-
Neukunden
18,0
Stammkunden
74,2
Abgewanderte Kunden
7,8
71
gewinnung erheblich kostengünstiger als die Neukundengewinnung ist. Die Kos-
tenrelation liegt bei etwa 1:3 bis 1:4 (vgl. Heun, 2002, S. 20 f.).
In etablierten und gesättigten Märkten reichen die klassischen Kommunikationsinstru-
mente nicht mehr aus, um eine hinreichende Kundenbindungswirkung zu erzielen. Viel-
mehr entfalten die Live Com-Instrumente für die Bindung von Stammkunden eine effi-
zientere Wirkung. Im direkten Vergleich der Traditional Communication und der Live
Communication konnte in den LiveTrends nachgewiesen werden (vgl. Tabelle 7), dass die
klassischen Kommuni kations instrumente vor allem in den beiden „ Problemzonen“ des
Kundenbeziehungszyklus an ihre Grenzen stoßen. Hier kommen die Stärken der Live Com-
munication zum Tragen.
Phase 1: Bekanntheit—
Zur Schaffung von Bekanntheit plädieren 62,4 % aller Marketing ent scheidungs-
träger für den Einsatz der Traditional Com-In strumente. Oft wird dieser durch
hohe Media-Spendings, also aus reichenden Werbe druck, „erkauft“.
Phase 2: Vertrautheit—
Wenn es um die Schaffung von Vertrautheit und Präferenzen geht, dominiert
die Live Communication branchenübergreifend. Hier punkten Messeauftritte,
Events, Showrooms und Brand Lands mit ihren Möglichkeiten, im direkten
Kunden kontakt Markenwelten in einzigartiger und emotionaler Atmosphäre zu
präsentieren . Besonders überzeugt von den Vorteilen dieser Instrumente sind
die Befragten aus der Automotive- und der Fashion-Branche.
Phase 3: Kaufentscheidung—
Während des Kaufes wird beiden Instrumentekategorien nahezu die gleiche
Einsatzpriorität einge räumt. Allerdings ist auch hier eine branchenspezifische
Betrachtung der Ergebnisse notwendig, denn in der Fashion- und High Tech-
Branche werden Live Com-Instrumente bei den Befragten vorteil hafter als die
Traditional Com-Instrumente gewertet. In der Automotive-Branche liegt dieser
Anteil jedoch nur bei 34,5 %.
Phase 4: Loyalität—
Nach der Kaufentscheidung bewerten 71,2 % der Marketingmanager den Einsatz
der Live Commu nication als zielführend. Die persönliche und interaktive Art der
Kommunikation ermöglicht im Gegensatz zur Traditional Communication eine
besonders nachhaltige und emotionale Bindung der Kun den an die Marke.
Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Ausrichtung der Kommunikationsinstrumente
auf einzelne Kunden bindungsphasen einen erheblichen Erfolgsfaktor darstellt. Die Do-
sierung von klassischer Kommunikation und Live Communication hängt davon ab, in
Identifikation von Zielgruppen 2.4
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
72
welchem Umfang z. B. Stammkundenpflege im Vergleich zur Neukun den gewinnung an-
gestrebt wird. Es gilt also die markenbezogenen Berührungs punkte mit den Kunden im
gesamten Kaufzyklus zu analysieren und darauf aufbauend die Erlebnis treiber mit Hilfe
der Live Com-Instrumente festzulegen. Hierbei ist die Multiadditivität und Integration der
Reize und Erlebnisketten sicherzustellen (vgl. Esch, 2007, S. 35). Durch den treffgenauen
Einsatz lässt sich der Customer Value über den gesamten Kunden be ziehungs zyklus er-
heblich stei gern.
Vermerk: Angaben in Prozent
Im Vergleich zur Traditional Communication: schwächere ähnliche stärkere Verwendung
Tabelle 7. Live Communication im Kundenbeziehungs zyklus (Quelle: LiveTrends)
Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang, dass Erkenntnisse der Marketing wissen -
schaft und -praxis in den letzten Jahrzehnten vielfach die Vorteilhaftigkeit der Kunden-
bindung im Vergleich zur Kundenneugewinnung bestätigten (vgl. Kunz, 1996, S. 18), so
wird die Bedeutung der Live Communication als Kundenbindungs instru ment besonders
unterstrichen. Doch eine Vielzahl von Analysen hat nachweisen können, dass die Glei-
chung „Stammkunde = profitabler + zufriedener Kunde“ nicht immer aufgeht (vgl. Krafft/
Götz, 2006; Panzer, 2003; Reinartz/Kumar, 2002). Zwar lässt sich allgemein fest halten: Je
zufriedener ein Kunde ist, desto loyaler wird er sich verhalten und desto weniger Ressour-
cen werden für seine Bindung an den Anbieter benötigt (vgl. Homburg/Rudolph, 1995,
S. 43 ff.). Aller dings lässt sich die implizite Annahme, dass zufriedene Kunden auch gebun-
dene Kunden seien und somit durch ihr Verhalten zu einer Ertragssteigerung des Unterneh-
Phase 1:Bekanntheit
Phase 2:Vertrautheit
Phase 3:Kauf-entscheidung
Phase 4:Loyalität
Live
Communication
Live
Communication
Live
Communication
Live
Communication
Gesamt 37,6 75,5 49,3 71,2
Auto-motive
48,3 84,9 34,5 66,7
Finance 40,8 70,4 47,9 63,3
Fashion 36,1 82,5 61,1 72,2
High Tech
33,3 83,4 68,2 73,3
Industry 40,0 78,7 43,2 78,7
Food 16,4 79,1 48,1 74,5
Health 53,3 65,6 40,0 56,7
73
mens beitragen, nicht allgemeingültig bestätigen. Vielmehr wurde festgestellt, dass hohe
Wechselquoten auch trotz guter Zufriedenheitswerte eintreten können (vgl. Venohr/Zinke,
1998, S. 154). Die Erklärung hierfür ergibt sich durch eine Reihe von moderierenden Vari-
ablen wie Produktinvolvement, Wettbewerbs umfeld, Pro dukt eigen schaften, Anbieterakti-
vitäten und Käufer eigenschaften (vgl. Homburg et al., 1998, S. 100 f.).
Ein hoher Anteil zufriedener Kunden muss noch keine Garantie für profitable und zufriede-
ne Stammkunden sein. Hierfür wäre bspw. eine Segmentierung der Stammkunden nach
A-, B- und C-Kunden und ihrem „Customer Lifetime Value“ (Meffert et al., 2008, S. 247)
sinnvoll. Verfügen Kunden über einen hohen Ertragswert, so können sie auch mit aufwen-
digeren Live Com-Instrumenten gebunden werden, als Kunden, deren Ertrags wert nahe
Null liegt. Für jene Zielgruppe sollten andere Kom mu nikationsinstrumente z. B. der Vir-
tual Communication zum Einsatz gelangen.
3. Segmentspezifische Instrumenteselektion
Basierend auf Kundenbeziehungs- und Kundenwertanalysen kann eine Vorauswahl von
Teilsegmenten erfolgen, die über Live Com-Konzepte angesprochen werden sollen. Im
Hinblick auf die Auswahl einzelner Live Com-Instrumente können weiter führende kunden -
spezifische Informationen wichtig sein:
Berücksichtigung der zielgruppenspezifischen Mediennutzung—
Für die verschiedenen Zielgruppen gilt es sowohl die so genannten Points
of Relevance (POR), als auch die Anzahl der Kontakte abzu leiten, denn die
Wirkungs stärke der Medienbotschaft nimmt über die Zeit auch wieder ab.
Wie stark diese Abnahme voranschreitet, hängt zum einen von den Botschafts-
inhalten und zum anderen von der eingesetzten Mediengattung ab.
Einbeziehung charakteristischer Faktoren der Zielgruppen—
Die Mediennutzung hängt u. a. von den Vorkenntnissen der Adressaten ab. So gilt
es z. B. der hohen Anspruchshaltung gut gebildeter Personen durch ein umfang-
reiches Informations angebot und eine zweiseitige Argumenta tionsführung gerecht
zu werden. Ebenso hat das Involvement einen signifikanten Einfluss darauf , wel-
che Informationen am Ende verarbeitet und welche Medien bevorzugt werden.
Relevanz der inhaltlichen Kampagnen-Ausgestaltungsoptionen—
Bei jeder Mediengattung kann durch Steuerung der inhaltlichen Ausge staltung
und des zeitlichen Einsatzes eine Modifikation der Wirkung erzielt werden.
Demzufolge ist aus der Vielfalt der einsetzbaren Instru mente ein in sich ge-
schlossenes und wider spruchs freies Kommunikationssystem zu erstellen, um
den Zielgruppen ein konsis tentes Erscheinungs bild vom Unternehmen und
seinen Produkten und Dienstleistungen zu vermitteln.
Identifikation von Zielgruppen 2.4
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
74
2.5 Festlegung von messbaren Zielen
Die Festlegung der Ziele gehört zu einem wesentlichen Bestandteil der Erstellung einer
Live Com-Konzeption. Wenngleich ein zielorientiertes Handeln in der Praxis vordergrün-
dig Zustimmung erfährt, so zeigt sich doch vielfach, dass messbare Ziele häufig nicht klar
oder fehlerhaft definiert werden. Mit der Folge: Alle weiteren Aktivitäten gleichen einem
„Muddling through“, das eine zielorientierte Planung und Umsetzung ver mis sen lässt. Dies
zeigt sich anschließend in unvollständigen Briefings für einzubeziehende Kommu nikations-
dienstleister bis hin zur mangelnden Kontrolle des Zielerreichungsgrades von Live Com-
Aktivitäten.
Die Festlegung von Zielen erfordert ein grundlegendes Verständnis darüber, warum psy-
chographische Zielgrößen (Bekanntheit, Einstellungen, Kundenpräferenzen) wichtig sind,
um im nächsten Schritt ökonomische Ziele (Kaufabschlüsse, Umsatz, Gewinn, Rendite)
erreichen zu können.
Tabelle 8. Unvollständige vs. vollständige Zielformulierungen
Deshalb ist der Festlegung von Live Com-Zielen besondere Beachtung zu schenken. Sie
sollten schlüssig aus den Unternehmens-, Marketing- und Kommu nika tionszielen abge-
leitet werden und bilden eine Sollvorgabe, die durch die Formulierung einer Live Com-
Strategie und entsprechender Live Com-Instrumente zu erreichen sind. Die in Tabelle 8
aufgeführten Formulierungsbeispiele zeigen, dass es auf eine präzise Zielformulierung
Unvollständige Zielformulierungen Vollständige Zielformulierungen
„ Wir wollen unsere Produkte bekannter
machen.“
„ Wir wollen innerhalb der nächsten 12 Monate
den Bekanntheitsgrad unserer Marke X
bei Nicht-Kunden in Deutschland absolut
um 10 % erhöhen.“
„ Die Qualitätswahrnehmung unserer Produkte
bei den Kunden muss erhöht werden.“
„ Wir wollen die Einstellungen der Kundenziel-
gruppe in Großbritannien im Hinblick auf die
Langlebigkeit und Bedienungsfreundlichkeit
unserer gesamten Produktlinie in den nächs-
ten 2 Jahren von der Wahrnehmung mäßig
zufriedenstellend (Status quo-Wert beim
Image: 3,0) auf sehr zufriedenstellend (Ziel-
wert: 1,5) erhöhen.“
„ Der Umsatz ist im nächsten Jahr zu
steigern.“
„ Der Umsatz ist im nächsten Jahr um 10 % in
Europa zu erhöhen.“
75
ankommt, weil nur so eine spätere Kontrolle möglich wird. Erst wenn das ausstellende
Unter nehmen genau weiß, was es mit seiner Geschäftstätigkeit erreichen will, ist es loh-
nenswert, einen bestimmten strategischen Pfad zu den definierten Zielen einzu schlagen
(vgl. Abbildung 13). Für die Formulierung solcher Strategien ist die Beantwortung von
zentralen Fragestellungen anhand des Paradig men konzeptes der Live Com-Beteiligungs-
ent scheidung (vgl. Danne, 2000) hilfreich.
Abbildung 13. Ableitung und Operationalisierung der Live Com-Ziele
In diesem Zusammenhang sind auch Schwerpunktsetzungen für den Einsatz der Live
Communication zu berücksichtigen (siehe Kapitel 2.4). Dementsprechend sind die ein-
zelnen Live Com-Instrumente zu vergleichen und strategieadäquat auszuwählen, sodass
instrumentespezifische Live Com-Ziele formuliert werden, nach denen die konkrete Aus-
richtung von Messen, Events und Brand Lands erfolgen kann (vgl. Tabelle 9).
In Abhängigkeit der verfolgten Zielinhalte und Zielausmaße kommen unterschied liche
strategische Optionen und Instrumente in der Live Communication zum Tragen. Stehen
Bekanntheits- und Imageziele im Mittelpunkt, so hat dies für die Instrumenteauswahl an-
dere Konsequenzen, als wenn die Bindung bestehender Kunden forciert werden soll.
Festlegung von messbaren Zielen 2.5
Was wird mit einer Live Com-Beteiligung
bei welchem Live Com-Instrument
in welcher Live Com-Ausgestaltungsform
zu welchen Live Com-Kosten
und mit welchen Live Com-Wirkungen erzielt?
Unternehmensziele
Marketingziele
Kommunikationsziele
Live Com-Ziele
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
76
Obwohl in diesem Buch die Live Communication im Mittelpunkt steht, sei an dieser Stelle
dennoch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Kommun ikations strategie auch schon
eine Schwerpunktsetzung für die Intermedialplanung erfolgen sollte, d. h. auf der Grund-
lage der Situationsanalyse und Ziele bedarf es einer grund sätzlichen Entscheidung darüber,
ob und in welcher Intensität die Live Communi cation neben anderen Medienformen einzu-
setzen ist.
Tabelle 9. Typische instrumentespezifische Zielinhalte für die Live Communication
Mithilfe einzelner Medienformen lassen sich nur bestimmte Zielwirkungen in einem gewis-
sen Ausmaß entfalten. In den LiveTrends wurde in diesem Zusammenhang unter sucht,
bei welchen Zielgrößen der Einsatz von Live Com-Instrumenten geeigneter erscheint als der
Messen undAusstellungen
Brand Lands und Showrooms
Events und Roadshows
Typische in-strumente- spezifi sche Zielinhalte
psy
cho
gra
ph
isch
Neukundengewinnung
Medienresonanz
Bekanntmachung
odukten
enzierung
ettbewerb
vermittlung
Kundenvertrauens
verbesserung
Erinnerungswirkung
V
Bekanntheitsgrades
V
Images
Händlermotivation
öko
no
mis
ch
V derung
Gewinnziele/ROI
Ländermärkten
Absatzmengen
Gewinnerhöhung
ROI
Umsatzes
Marktanteile
77
Einsatz von Traditional Communication und Virtual Communication (vgl. Tabelle 10). Es
wird deutlich, dass Live Com-Instrumente in hohem Maße zur Erreichung von Differen-
zierungs- und Kundenbindungszielen eingesetzt werden. Die Marketingentscheider beto-
nen den Stellenwert der Live Communication zur Demonstration von Markenqualitäten
und zur erlebnis orientierten Dar stellung von Marken welten. Die hiermit zusammenhän-
genden Ver trauensbeweise und Möglich keiten der emotionalen Bin dung zwischen Mar ke
und Kun den werden dabei als wichtige charakteristische Merkmale der Live Com muni-
cation ein ge stuft, die im Kundenbe zie h ungs zyklus in der Gesamtbetrachtung zu Erfolgs-
faktoren avan cieren. Die Erzielung direkter Abverkaufwirkungen und die Steigerung des
monetären Markenwertes gehören allerdings nicht zu den prioritären Zielen der Live Com-
munication. Hier werden die Live Communi cation und Tradi tional Commu nication gleich-
rangig eingestuft und es ist zu erwarten, dass die Virtual Communication bei dieser Ziel-
größe in den nächsten Jahren gewaltig aufholt. Zur Ansprache in der Phase der Bekanntheit
punkten die Traditional Communi cation (62,4 %) und die Virtual Communication (54%) be-
reits heute schon stärker als die Live Commu nication, was zum einen an der großen Reich-
weite dieser Kommunika tionsformen liegt und zum anderen auf ihre zeitliche und örtliche
Ungebunden heit zurückzuführen ist.
Vermerk: Angaben in Prozent
schwächerer gleichmäßiger stärkerer Einsatz
Tabelle 10. Eignung der Live Communication im Kommunikations-Mix zur Zielerreichung (Quelle: LiveTrends)
Festlegung von messbaren Zielen 2.5
Überlegenheit der…
Überlegenheit der…
Traditional
Communi-
cation
Live
Communi-
cation
Virtual
Communi-
cation
Live
Communi-
cation
Phase 1:Bekanntheit
Erhöhung der Markenbekanntheit 62,4 37,6 54,0 46,0
Phase 2:Vertrautheit
Aufbau des Markenimages 51,7 48,3 41,8 58,2
Aufbau von Markenvertrauen 40,2 59,8 12,2 87,8
Demonstration der Markenqualität 27,0 73,0 16,2 83,8
Erleben der Markenwelt 22,0 78,0 31,7 68,3
Phase 3:Kaufent-scheidung
Differenzierung im Wettbewerb 36,1 63,9 24,8 75,2
Direkte Erhöhung des Abverkaufs 50,7 49,3 25,1 74,9
Phase 4:Loyalität
Steigerung der Markenloyalität 42,9 57,1 18,7 81,3
Erhöhung der Kundenbindung 28,8 71,2 15,3 84,7
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
78
Es ist also der Multifunktionalität der Live Com-Aktivitäten geschuldet, dass sie zur Ver -
wirklichung einer Reihe von Zielen eingesetzt werden können und somit inner halb eines
Unternehmens oftmals unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen her vor rufen .
Während die Vertriebsabteilung bspw. die Verkaufsfunktion von Messen in den Vorder-
grund stellt, erwartet die Entwicklungsabteilung von Messen vorzugs weise, Neuheiten
präsentieren zu können, die PR-Abteilung hingegen, eine gute Presse zu bekommen. Über-
geordnetes Ziel der Geschäftsführung ist es jedoch, sich gegenüber den Wettbewerbern
zeigen und behaupten zu können. Entsprechend dem Motto „Wer all seine Ziele erreicht,
hat sie zu niedrig gewählt“ werden auf Unternehmens seite erfahrungsgemäß zu viele
und darüber hinaus zu ambitionierte Live Com-Ziele verfolgt. Hierbei wird oftmals au-
ßer Acht gelassen, dass zwischen diesen Zielen vielfältige Be ziehungen bestehen können
(vgl. Daub, 1994; Wöhe, 1990). Grundsätzlich können folgende Beziehungen zwischen Zie-
len unterschieden werden:
Live Com-Ziele, die sich positiv beeinflussen —( Zielkomplementarität)
Live Com-Ziele, die sich gar nicht beeinflussen —( Zielneutralität)
Live Com-Ziele, die sich negativ beeinflussen —( Zielkonkurrenz- bzw. -konflikt)
Live Com-Ziele, die sich bei der Zielerreichung vollständig ausschließen —( Zielantinomie).
Sollen mit einem Kommunikationsinstrument mehrere Ziele erreicht werden, so ist es
nicht nur als akademische Übung zu verstehen, die Beziehungen zwischen den Zielen vor
der Umsetzung der Instrumente zu betrachten.
Wird bei einer Messebeteiligung besonderer Wert auf die Erhöhung des Bekannt-
heits grades gelegt, so können multimediale Shows als auf merksam keitsstarke
Anker den Messeauftritt eines Unternehmens dominieren. Stehen ebenso Image-
und Informationsziele im Vordergrund, so üben aufmerksamkeitsstarke Shows
am Messe stand möglicherweise einen negativen Einfluss auf persönliche und un -
gestörte Ge spräche zwischen Kunden und Unternehmen aus. Es besteht somit ein
Zielkonflikt, der unerkannt zu einer erheblichen Verstimmung der beteiligten Unter-
nehmens vertreter wie auch Besucher führen kann. In diesem Fall sind Lösungen
dafür zu entwickeln, wie beide Ziele miteinander zu vereinbaren sind. Besteht ein
unlösbarer Zielkonflikt, dann müssen sich die Beteiligten noch einmal mit dem
definierten Zielkatalog auseinander setzen.
79
Mit diesem Wissen können die Live Com-Zielbeziehungen detailliert werden. Erste em-
pi rische Erkenntnisse zu Zielbeziehungen beim Einsatz von Live Com- Instrumenten liefern
die LiveTrends-Studien (vgl. Tabelle 11), in denen verschiedene Zielinhalte und Zielerreich-
ungs grade mit Hilfe von Korrelationsanalysen untersucht wur den. Die Er gebnisse zeigen,
dass alle Zusammenhänge zwischen den Live Com-Zielen zwischen einer Tendenz zur Ziel-
neutralität und Zielkomplementarität liegen. So besteht bspw. zwischen dem Ziel „Erleben der
Markenwelt“ und dem Ziel „Direkte Erhöhung des Ab ver kaufs“ nur ein schwacher Zusam-
menhang, während die „Er höhung der Kunden bindung“ mit den Zielen „Differenzierung
im Wettbewerb“ und „ Steigerung der Marken loyalität“ einhergeht. Eine Zielkonkurrenz
oder Zielantinomie liegt in die ser Zielpräzisierungsform jedoch nicht vor. Je präziser aller-
dings die Ziele definiert werden, desto genauer lassen sich die Ziel beziehungen bestimmen
und desto besser ist die Budgetierung der Live Com- Aktivitäten innerhalb des Kommuni-
kations-Mix planbar. Das Außerachtlassen von Zielbeziehungen führt nicht nur zu einem
ineffektiven Einsatz der Live Com-Instrumente, sondern verringert auch ihre Effizienz.
Korrelationskoeffizient nach Spearman: schwach (r < 0,3) mittel (0,3 ≤ r < 0,5) stark (r ≥ 0,5)
Signifikanz: alle Werte (p < 0,001)
Tabelle 11. Live Com-Zielbeziehungen im Kundenbeziehungszyklus (Quelle: LiveTrends)
Festlegung von messbaren Zielen 2.5
Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4
Phase 1:Bekanntheit
Phase 2:Vertrautheit
Phase 3:Kaufent-scheidung
Phase 4:Loyalität
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
80
2.6 Ableitung der Live Com-Strategien
Nach der Festlegung der Ziele ist eine konsistente Live Com-Strategie zu ent wickeln. Viele
Unternehmen haben sich in den letzten Jahren angesichts der zu neh menden Umfeld- und
Marktdynamik nur notdürftig mit dem strategischen Kurs auseinandergesetzt. Es ist häu-
fig festzu stellen, dass langfristige Richtungsvorgaben in Marketing und Kommu nikation
auf die Schwerpunkte Effizienz steigerung und Kostensenkung beschränkt werden. Die
verengte Aus richtung des Marketing auf Effizienzstrategien, mit denen Kon kurrenz akti-
vitäten imitiert werden bzw. die auf Benchmarkinganalysen beruhen, birgt die Gefahr
in sich, dass sie schnell kopierbar sind und damit keine langfristige Allein stellung bei der
Schaffung eines Kundennutzens erzielen.
Michael Porter hat in seinem viel beachteten Beitrag „What is Strategy“ davor ge-
warnt , allein die Steigerung der operativen Performance als Strategie zu bezeichnen
(vgl. Porter, 1996). Die effiziente Erreichung der definierten Ziele ist eine notwendige,
aber keine hinreichende Bedingung einer Strategiefestlegung. Porter betont, dass
Strategien jene Ausrichtung der Marketingaktivitäten präzisieren sollen , die mittel-
und langfristig die Einzigartigkeit und den Wettbewerbsvorteil von Produkt - und
Serviceleistungen für die ausgewählte Zielgruppe absichern.
Für die Formulierung von Live Com-Strategien sind angesichts der kritischen Reflexion
der allgemeinen Strategiediskussion eine Reihe von Anforderungen zu berück sich ti gen.
Bevor einzelne Live Com-Instrumente ausgewählt werden, gilt es einen länger fristigen Ver-
haltensplan für die Live Communication zu definieren, der die Grund ausrichtung für die
Instrumentewahl und Kommunikationsbotschaft vorgibt. Hierbei sind Entscheidungen
für Weichenstellungen in folgenden stra tegischen Di men sionen besonderes wichtig:
1. Zielgruppendimension
Die Zielgruppenanalyse stellt eine wesentliche Voraussetzung dar, um anhand von
verschiedenen Segmentierungsmerkmalen und einer Profitablitäts analyse festlegen
zu können, für welche Zielgruppen die Live Communication ein ge setzt werden soll.
Die Ausrichtung der Live Com-Instrumente auf neue Ziel gruppen (bisherige Nicht-
kunden) erfordert andere Schwerpunktsetzungen gegen über der Ansprache von
bestehenden Kundensegmenten zur Erreichung höherer Loyali tätsraten. Tiefergehen-
de Segmentierungen nach Kaufverhaltensmerkmalen oder Lebensstilen und Profi-
tabilitäten bilden eine wichtige Grundlage für die Erstellung der Live Com-Konzepte.
2. Internationalisierungsdimension
Viele Unternehmen sprechen heute Zielgruppen in unterschiedlichen Ländern an
und verfolgen damit eine internationale Marktbearbeitung. In Abhängigkeit der
länderspezifischen Zielgruppencharakteristika sowie der Rahmenbedingungen
und Infrastruktur für Live Communication sind Entscheidungen darüber zu treffen ,
81
inwieweit eine internationale Standardisierung möglich oder eine Differenzierung
bei der Umsetzung der Live Com-Instrumente nötig ist. Es ist zu beo bachten, dass
in der Live Communication gegenüber der Traditional und Virtual Commu nica-
tion ein höherer länderspezifischer Differenzierungsgrad (multinationale Live
Communication) notwendig erscheint. Entsprechende strategische Grund satzent-
scheidungen sind auf der Grundlage vergleichender Länder analysen zu treffen.
3. Lokalisierungsdimension
Dadurch, dass der Einsatz von Live Com-Instrumenten das physische Zusam-
men treffen von Anbieter bzw. Marke mit den Zielgruppen voraussetzt, ist die
Frage nach der Lokalisierung und Mobilität der anzusprechenden Zielgruppe
im Rah men der strategischen Festlegungen zu berücksichtigen. Weist eine
Zielgruppe ei nen geringen Mobilitätsgrad auf, so sind Vor-Ort-Events und Road-
shows auf der Instrumentalebene auszuwählen. In diesem Zusammenhang ist
auch der regionale Konzentrationsgrad der Zielgruppe mit zu berücksichtigen,
um Hinweise für die Dimensionierung von Live Com-Veranstaltungen ab schätzen
zu können. Ist die Zielgruppe durch einen hohen Mobilitätsgrad gekennzeichnet,
so bieten sich Veranstaltungen an, die sich z. B. durch eine hervor ragende Messe-
oder Eventinfrastruktur auszeichnen und verkehrs günstig ge legen sind. Dem-
gegenüber können auch Überlegungen angestellt werden, die Firmen standorte
als Live Com-Plattformen zu nutzen. Die Errichtung von Brand Lands oder die
Durchführung von Hausmessen auf dem Firmengelände stellen Umsetzungs-
möglichkeiten dar. Je nach Firmenstandort sind allerdings ggf. hohe Transaktions-
bzw. Mobilitäts kosten auf Seiten der Kunden als Beteiligungs barriere für Live Com-
Veranstaltungen zu beachten.
4. Kundenintegrationsdimension
Es gehört zu den konstitutiven Merkmalen der Live Communication, dass die
Möglichkeit der Interaktion zwischen Anbieter und Zielgruppe besteht. In wel cher
Form die Kunden im Rahmen der Live Communication eine aktive Funktion über -
nehmen sollen, ist durch eine strategische Grundsatzentscheidung abzu stecken.
Kunden-Labs, in denen die Zielgruppen ihre Produkte unter Begleitung von fach-
kundigem Personal selbst gestalten können, setzen eine hohe Kunden integration
und -beteiligung voraus. Die Form der Einbeziehung hat einen erheb lichen Ein-
fluss auf die Auswahl und Ausgestaltung der Live Com-Instrumente.
5. Contentdimension
Aufgrund des zunehmenden Einsatzes von Instru menten der Live Commu ni-
cation haben Nachfrager vielfach die „Qual der Wahl“, zu welchem Event oder
welcher Messe sie gehen sollen. Die Berücksichtigung der Marken identität und
-po sitionierung stellt eine notwendige Bedingung bei der Ableitung von Live
Com-Strategien dar. Darüber hinaus ist explizit die Frage zu stellen, durch welche
Ableitung der Live Com-Strategien 2.6
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
82
Inhalte die Einzigartigkeit und Alleinstellung der eingesetzten Live
Communication sichergestellt werden kann. Hieraus leitet sich auch ab, ob
die Teilnahme an einem Live Com-Event einen Zusatznutzen für den Kunden
erzeugt. Dabei kann danach unterschieden werden, ob bei den Zielgruppen
eher ein Informationsbedürfnis oder Unterhaltungs- bzw. Erlebnisbedürfnis im
Vordergrund steht. Die Verbindung von Informationsvermittlung mit Erlebnis-
charakter mündet in einer strategischen Orientierung, die auch als Edutainment
bezeichnet werden kann. Zur Präzisierung der Contentdimension können ver-
tiefende Strukturierungen von Erlebnissphären vorgenommen werden, die
bei spiel haft in der Abbildung 14 dargestellt sind.
Im Gegensatz zur Unterhaltung und Bildung taucht ein Teilnehmer im Flow-
Zustand tiefer in die Erfahrung ein. Er versinkt quasi in dem Erlebnis und
wird zu einem aktiv ein be zogenen Teilnehmer. Kennzeichnend für den Flow-
Zustand sind eine hohe Kon zentration, das intensive Eingebundensein, die
Eindeutigkeit der Ziele, die Selbstbe zogen heit und der Verlust des Zeitge-
fühls (vgl. Neumann, 2008, S. 25). Im Gegensatz zum Flow wird im Ästhetik-
Zustand keine aktive Beteiligung vorausgesetzt, wobei jedoch ein hoher Grad
von Emotio na lisierung erzeugt wird.
Abbildung 14. Erlebnissphären zur Konkretisierung einer erlebnisbetonten Live Com-Strategie
(Quelle: Neumann, 2008, S. 24)
Für die Festlegung einer erlebnisdominanten Live Com-Strategie liefert das
Mo dell der Erlebnissphären wertvolle Anhaltspunkte. Dabei kann bei der
Um setzung einer entsprechenden Live Com-Strategie auch eine geschickte Ver-
knüpfung mehrerer Erlebnissphären besonders wirkungsstark sein.
Aufnehmen
Eintauchen
PassiveBeteiligung
AktiveBeteiligung
Unter-haltung
Bildung
FlowÄsthetik
83
6. Beteiligungsdimension
In Abhängigkeit der Ressourcen und Kompetenzen zur Durchführung von Live
Com-Aktivitäten kann zwischen der Beteiligung an Fremdveranstaltungen
oder der Durchführung eigener Veranstaltungen differenziert werden. Die Ent-
scheidung für Fremd- oder Eigenveranstaltungen grenzt den Gestaltungs spiel-
raum auf der Instrumentalebene ein, sodass diese Grundsatz entscheidungen
weitreichende Implikationen für die Umsetzung der Live Com-Strategie haben.
7. Intensitätsdimension
Zu den Grundsatzentscheidungen im Rahmen der Live Communication ge hört
es auch, den Umfang bzw. die Intensität der Live Communication abzustecken.
In diesem Zusammenhang ist die Häufigkeit sowie die Dauer von Live Com-
Ver anstaltungen zu thematisieren. Einerseits erfordert die Entscheidung über
die Häufig keit und Dauer bereits einen instrumentellen Bezug, weil z. B. Be-
teiligungs entscheidungen für Leitmessen frühzeitig zu fixieren sind und ein
erhebliches Budget auf sich vereinen können. Andererseits ergeben sich aus
diesen stra tegischen Entscheidungen Implikationen für die Ausrichtung des
gesamten Live Com-Mix sowie die gesamte Kommunikationsstrategie. Somit
sind Fest legungen zur Intensität von kosten- und investitionsintensiven
Live Com-Instrumenten als eigenständige Strategiedimension anzusehen.
Tabelle 12. Dimensionen der Live Com-Strategie
Ableitung der Live Com-Strategien 2.6
Live CommunicationStrategiedimension
Optionen für strategische Schwerpunktsetzungen
1. Zielgruppen- dimension
Nichtkunden
(Kontaktanbahnung)
Bestehende Kunden
(Beziehungspfl ege)Andere Stakeholder
2. Internationalisie- rungsdimension
International standardisiert
(globale Live Com)
International differenziert
(multinationale Live Com)
3. Lokalisierungs-dimension
Zielgruppennahe
Live Com-
Plattformen
(stationär & mobil)
Dritt-Ort-Veran-
staltungen (stationär)
Firmenstandortbe-
zogene Plattformen
4. Kundenintegrations-dimension
Passive Beteiligung Aktive Beteiligung
5. Content-dimension
Informations-
dominant
(„Aufnahme“)
EdutainmentErlebnisdominant
(„Eintauchen“)
6. Beteiligungs-dimension
Fremdveran-
staltungenMischstrategie
Eigenveran-
staltungen
7. Intensitäts-dimension
hohe Veran-
staltungsintensität
mittlere Veran-
staltungsintensität
geringe Veran-
staltungsintensität
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
84
Mithilfe der Tabelle 12 wird die Vorgehensweise zur Festlegung einer Live Com-Strategie
skizziert. Die Schwerpunktsetzung auf jeder Strategiedimension erfordert eine gründ-
liche Analyse und Evaluierung verschiedener strategischer Optionen. Eine festgelegte
Live Com-Strategie zeichnet sich dadurch aus, dass für jede Dimension die zu verfolgenden
Optionen definiert und miteinander verknüpft werden. Damit entsteht ein spezifisches
Strategieprofil, auf dessen Grundlage die Auswahl einzelner Live Com-Instrumente erfolgt.
In den vorangestellten Ausführungen ist mehrfach die Notwendigkeit der Ko or dination
der Live Com-Instrumente mit den anderen Kommunikations- und Mar keting instrumen-
ten angesprochen worden. Die Live Com-Strategie muss einen Fit zur Markenpositionie-
rung und gesamten Kommunikationsstrategie aufweisen, damit gemäß der Forderung
einer integrierten Kommunikation möglichst viele Synergien genutzt werden. Hiermit
einher geht die Forderung nach Effizienzsteigerung durch Synergienutzung. Die Festle-
gung einer Live Com-Strategie hilft in besonderer Weise, frühzeitig die Koordination mit
anderen Kommunikationsin strumenten vorzu nehmen.
85
„Strategisches Handeln fehlt im Bereich der Live Communication noch allzu oft“
Strategien der Live Communication zur Markenführung
Interview mit Prof. Dr. Christoph Burmann von der Universität Bremen
1. Prof. Burmann, in Ihren Forschungen beschäftigen Sie sich mit Konzepten der identi-
tätsbasierten Markenführung. Welchen Stellenwert hat die Kommunikations strategie für
den Aufbau von starken Marken? Ist es heutzutage überhaupt noch realistisch , ein Kom-
munikationskonzept über mehrere Planungsperioden verbindlich einzusetzen?
Burmann: Die Kommunikationsstrategie ist für den Aufbau starker Marken von elemen-
tarer Bedeutung, weil ohne sie das Nutzenversprechen einer Marke, also die angestrebte
Positionierung, nicht zur Zielgruppe transportiert werden kann. Kommunikation muss
und darf sich dabei nicht auf die klassischen Kommunikationsinstrumente beschränken,
sondern muss alle „Brand Touch Points“ gezielt gestalten. Ohne eine langfristig aus-
gerichtete Kommunikationsstrategie über mehrere Perioden hinweg kann eine Marke
nicht wirkungsvoll positioniert werden.
2. Was sind aus Ihrer Erfahrung die „Todsünden“, die Unternehmen bei der Definition der
Kommunikationsstrategie begehen?
Burmann: In der Praxis fehlt es oftmals an zwei Dingen:
1. Das Ausmaß an Integration der Kommunikationsaktivitäten über alle Brand Touch Points
hinweg, und zwar sowohl intern als auch extern, ist zu gering.
2. Es fehlt oft an Kontinuität und Nachhaltigkeit.
3. Die Live Communication hat in den letzten Jahren zunehmend an Attraktivität gewon-
nen . Beobachten Sie, dass Unternehmen verschiedene Live Com-Strategien einsetzen ?
Wenn ja, welche Strategieformen lassen sich unterscheiden?
Burmann: Aus meiner Erfahrung fehlt es im Bereich der Live Communication allzu oft an
strategischem Handeln und damit auch an strategischen Konzepten.
Ableitung der Live Com-Strategien 2.6
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
86
4. Mit der Identitätsorientierung wird die Verknüpfung der innen- und außengerichteten
Markenführung angestrebt. Welchen Beitrag kann der Einsatz von Instrumenten der Live
Communication wie Events, Messen, Roadshows oder Brand Lands hierbei spielen?
Burmann: Einen ganz wesentlichen Beitrag, denn im Rahmen der Live Communication
kann die für die identitätsbasierte Markenführung so außerordentlich wichtige Authen-
tizität sehr gut den internen und externen Zielgruppen vermittelt werden. Darüber hinaus
kann mit kaum einem anderen Bereich der Kommunikationspolitik die Marke-Kunden-
Beziehung besser gestärkt werden. Dies steht ebenfalls im Fokus der identitätsbasierten
Markenführung.
5. Eignet sich die Live Communication aufgrund der persönlichen Interaktion mit der Ziel-
gruppe per se besser für die identitätsbasierte Markenführung als die Instrumente der
klassischen Kommunikation?
Burmann: Ja, wegen der in Frage 4 angegebenen Gründe.
6. Live Com-Instrumente zeichnen sich durch die multisensuale Vermittlung von Marken-
botschaften aus. Welche Rolle ordnen Sie der Multisensualität im Rahmen der strate gischen
Markenkommunikation zu?
Burmann: Der Multisensualität kommt eine sehr wichtige Rolle zu, weil die für Marken kon-
stitutive Differenzierung angesichts des wachsenden Kommunikationswettbewerbs immer
schwieriger zu erreichen ist. Hier hilft die multisensuale Ansprache von Zielgruppen sehr.
7. In Großunternehmen sind ja meistens mehrere Abteilungen für die Planung und Um-
setzung verschiedener Live Com-Instrumente verantwortlich, und nicht immer herrscht in-
tern Transparenz über alle Aktivitäten. Welche Empfehlung würden Sie aus einer wissen-
schaftlichen Sicht für die verbesserte Koordination des Live Com-Mix geben?
Burmann: In der Praxis sollten für die verbesserte Koordination zwei Dinge berücksichtigt
werden:
1. Eine klare Transparenz über die Marketing- und Markenbudgets schaffen. Erst auf
dieser Basis kann entschieden werden, ob die Live Com-Aktivitäten den richtigen Stel-
lenwert genießen.
2. Eine klare Zuordnung des gesamten Live Com-Budgets zu dem für die Führung einer
Marke verantwortlichen Manager sicherstellen.
87
2.7 Verteilung des Live Com-Budgets
„Wer über ein Budget verfügt, der hat auch Entscheidungsmacht“. Dieses Argument kommt
unterschwellig zum Tragen, wenn für die Umsetzung einer Live Com- Konzeption Budgets
bereitgestellt werden sollen. Bei der Budgetierung trennt sich bereits die Spreu vom Weizen,
weil es darum geht, das Geld auf jene Instrumente zu verteilen, die ein Höchstmaß an Ziel-
erreichung gewährleisten. Vielfach liegen hierüber zu wenige Informationen vor. Dies gilt
insbesondere dann, wenn es nicht um die klassischen Kommunikations- sondern um die
Live Com-Instrumente geht. Hier können keine Auflagen zahlen oder Tausenderpreise ge-
wichtet bzw. ungewichtet für die Budgetverteilung herangezogen werden. Diesem Sach-
verhalt ist es wohl geschuldet, dass die Budgetierung von Live Com-Aktivitäten im Unter-
nehmens alltag vielfach zu den schillerndsten Phasen der Kommunikationsplanung zählt.
Deshalb erscheint es im Folgenden angebracht, grundsätzlicher auf die Budgetierung einzu-
gehen. Folgende Teilfragen sind in diesem Zusammenhang zu beantworten:
1. Wie hoch ist das Kommunikationsbudget insgesamt anzusetzen?
2. Wie ist das Gesamtbudget auf die einzelnen Medienformen zu verteilen?
3. Welches Teilbudget ist im nächsten Schritt auf die einzelnen Instrumente
der Live Communication vorzusehen?
4. Wann sind die einzelnen Instrumente und damit das Budget innerhalb
der Planungsperiode einzusetzen?
Während die Beantwortung der ersten drei Fragen die Verteilung des Kommu nikations-
budgets nach sachlichen Gesichtspunkten betrifft, handelt es sich bei der vierten Frage
um die zeitliche Dimension der Budgetierung. Generell wird der Budgetierung eine er-
folgskritische Wirkung zugestanden, da hierüber die stra tegischen Schwerpunkte im
Kommunikations-Mix konkretisiert werden. Durch die Budgetallokation ist schließlich
die definierte Zielgruppe mit den richtigen Kommu nikationsinstrumenten zur richtigen
Zeit und mit der richtigen Frequenz bei mini malen Streuverlusten zu optimalen Kosten
zu erreichen.
Widmet man sich der Problemstellung der Festlegung des Kommunikationsbudgets
sowie des Live Com-Budgets im Speziellen, so können neben komplexeren ana lytischen
Methoden die folgenden pragmatisch ausgerichteten Budgetierungs ver fahren diskutiert
werden (vgl. Meffert et al., 2008, S. 644 f.):
Umsatz- und Gewinnorientierung—
Häufig wird in der Praxis das Kommunikationsbudget als Prozentsatz des Um-
satzes bestimmt. Kritisch ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass diese
Verteilung des Live Com-Budgets 2.7
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
88
Form der Budgetierung in hohem Maße zu prozyklischen Aktivitäten führt und
dass der Umsatz ein Resultat der umge setzten Marketing an strengungen ist.
Gerade für Neueinführungskampagnen können histo rische Umsatz daten keine
geeignete Orientierung für die Budgetierung liefern.
Budget der Konkurrenz—
Werden die Budgets vergleichbarer Unternehmen innerhalb der Branche als
Bench mark für die Budget festlegung gewählt, so wird dies mit der Annahme
begründet, dass ein Unternehmen mind. so viel Werbedruck erreichen sollte
wie die Konkurrenz, um den aktuellen Marktanteil zu halten (Share of Voice-/
Share of Market-Relation). Die konkurrenzbezogenen Budgets spiegeln jedoch
kaum die spezi fischen Bedingungen der eigenen Marketingplanung wider. Im
Vergleich zur klassischen Kommu nikation ist es auch schwieriger, Benchmarks
für die Budgets von Live Com-Instrumenten zu erlangen.
Ausrichtung an den verfügbaren finanziellen Mitteln —
Nach dem Grundsatz „All you can afford“ wird das Budget so festgesetzt, dass
die verfügbaren Mittel ausgeschöpft werden. Es braucht nicht betont zu werden,
dass eine solche Methode nicht zielführend ist, da weder die zu erreichenden
Ziele noch die am Markt vorherrschende Markt- und Wettbewerbs position
Berücksichtigung finden.
Ziel- und Aufgabenmethode —
Hierbei wird das Budget aus der kostenmäßigen Bewertung der geplanten
kommunikativen Instru mente zur Erreichung der gesetzten Kommunika tionsziele
bestimmt . Klar definierte Zielvorgaben bilden hierfür eine zentrale Voraussetzung.
Sollte das verfügbare Budget keinen ausreichenden Beitrag zur Zielerreichung
leisten können, so sind ggf. die Zielvorgaben anzupassen. Die Budgetierung
nach der Ziel- und Aufgabenmethode ist ein schlüssiger Weg, auf die jeweiligen
Aufgaben hin die Budgetvergabe zu optimieren.
Folgt man den zuvor beschriebenen Schritten der Entwicklung von Live Com-Maßnahmen,
so ist der ziel orientierten Festlegung der Live Com-Budgets der Vorzug einzuräumen.
Dabei sollten hinreichende Informa tionen über die geplanten Konkurrenzaktivitäten und
-budgets in die Budgetplanung mit einbezogen werden. Es sei an dieser Stelle aber auch
erwähnt, dass in der Praxis vielfach die konkrete Zielwirkung der Live Com-Instrumente
nur schwer zu ermitteln bzw. abzuschätzen ist.
Für die Einbeziehung von branchenbezogenen Benchmarks liefern die LiveTrends- Studien
interessante Daten über den Budgetanteil der Marketingkommunikation am Gesamt um satz
der befragten Unternehmen sowie über die Aufteilung des Kom muni kationsbudgets auf
die einzelnen Medienformen (Intermediaplanung). Der durchschnittliche Budget anteil
89
für Marketingkommunikation am Gesamtumsatz ist im Jahr 2007 weiter zurück gegangen
und be trägt nur noch 5,1 % (vgl. Abbildung 15). Nach Aussage der LiveTrends investierten
die Unter nehmen im Vorjahr noch 8,7 % des Umsatzes. Allerdings variieren in beiden Jahren
die Umsatzanteile bei den befragten Unternehmen sehr stark – von 1 % bis über 20 %.
Die zum Teil recht hohen Kommunikationsbudgets, gemessen am Gesamtumsatz, erhöhen
den Zwang der Entscheidungsträger zur Rechenschaftslegung, inwieweit die Budgets tat-
sächlich effizient eingesetzt sind. Eine Reihe von Studien belegt, dass viele Unternehmen
mit der Wirkung ihrer Kommunikations- und Marketing maß nahmen nicht zufrieden sind
(vgl. Manager Bilanz, 2002, S. 32). Mehrheitlich wird geäußert, dass mit den be stehenden
Etats die Wirksamkeit sogar verdoppelt werden könnte (vgl. Friedrichsen/Konerding,
2003, S. 31). Es ist daher nicht verwunderlich, dass Kommunikations budgets für Maß-
nahmen gekürzt werden, sobald deren Wert haltigkeit nicht mehr offensichtlich ist.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 15. Budgetanteil und -verteilung im Kommunikations-Mix (Quelle: LiveTrends)
Für die Unternehmen stellt sich daher nicht nur die Frage, ob sie ihre Kommunikation
ausweiten sollen, sondern auch, wie sie mit den bestehenden Mitteln effektiver umgehen
können . Bei der Verteilung des Kommunikations budgets entfallen immer noch ein Viertel
auf Instrumente der klassischen Werbung, ein Fünftel des Budgets auf Messen und im-
merhin 14 % auf Events. Die Neuen Medien dagegen werden bei der Budgetverteilung
ihrem Wachstums potenzial noch nicht gerecht. Somit wird deutlich, dass die Unternehmen
recht verhalten reagieren, wenn es darum geht, Tendenzen in der Kundenstrukturierung
und im Kunden beziehungszyklus bei der Budgetverteilung zu berücksichtigen. Doch vor
Verteilung des Live Com-Budgets 2.7
Anteil am Kommunika-tions-Mix 2007
Budgetanteil für Marketing/Kommunikationam Gesamtumsatz
Klassische Werbung 25,9
Ø Budgetanteil von 5,1
Messen 19,8
Events 14,0
Neue Medien 10,9
Public Relations 9,5
Promotions 7,0
Direktmailings 6,9
Sponsoring 6,0
0 < Budgetanteil ≤ 2,5
2,5 < Budgetanteil ≤ 5
5 < Budgetanteil ≤ 10
10 < Budgetanteil ≤ 20
20 < Budgetanteil
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
90
Pauschalaussagen und entsprechen den Handlungsableitungen hinsichtlich des Budget-
shifts ist zu warnen, da sonst mit gravierenden Fehlallokationen von Marketingressourcen
zu rechnen ist. So wird die Entwicklung der Budgetverteilung in den Branchen äußerst
unterschiedlich eingestuft (vgl. Tabelle 13).
Während sich die Health-Branche bei der Entwicklung der Budgetverteilung weitest gehend
durchschnitts konform verhält, lassen sich in anderen Branchen geringere bis größere
Abweichungen feststellen. In der Auto motive-Branche ist z. B. der Einsatz klas sischer
Werbung im betrachteten Zeitraum stark angestiegen. Dafür wurden jedoch die Budgets
für andere Kommunikationsinstrumente konstant bis leicht rückläufig eingesetzt. Im
Ver gleich dazu üben sich die Entscheidungsträger in der Finance-Branche im stärkeren
Verzicht auf klassischer Werbung und fördern im Gegenzug den Einsatz von Messen ,
Events und Promotions sowie vor allem von Direktmailings. Bei dieser Betrachtung sind
die Zuwachs- bzw. Rückgangsraten der absoluten Budgets aus Kom plexitätsgründen
vernachlässigt . Die Analyse der Budgetverteilungen und -verschiebungen liefert jedoch
bereits profunde Aussagen, welchen Stellenwert die einzelnen Kommunikationsinstrumente
im Zeitverlauf ein nehmen. Als Gründe für die branchenspezifischen Differenzen lassen
sich die spezifischen Rahmen be dingungen anführen, denen die jeweiligen Branchen aus-
ge setzt sind und die Einfluss darauf haben, wie die ent sprechenden Ziel gruppen am
besten kommunikativ erreicht werden können.
Vermerk: Angaben in Prozent
Steigerung < 0,0 0,0 ≤ Steigerung ≤ 1,0 1,0 < Steigerung ≤ 5,0 Steigerung > 5,0;
Tabelle 13. Auszug der branchenspezifischen Budgetverteilung im Kommunikations-Mix (Quelle: LiveTrends)
Klas-sische Wer-bung
Messen Events Neue Medien
Public Rela-tions
Promo-tions
Direkt-mai-lings
Spon-soring
2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007 2004 2007
Auto-motive
23,6 22,4 12,1 9,4 11,3 7,7 7,3 6,3
Finance 32,87,7 13,5 13,9 10,1 3,4 9,2 9,4
Fashion 27,3 16,4 11,2 6,2 12,9 14,0 6,6 5,4
High Tech
22,0 21,5 14,2 9,6 12,6 6,9 9,7 3,5
Industry 24,4 25,1 14,1 12,4 8,2 4,5 6,2 5,1
Food 42,1 11,4 7,5 4,2 5,3 21,3 1,0 6,3
Health 32,112,3 9,8 9,1 11,8 8,5 7,8 8,5
91
Neben den verschiedenen Budgetierungsverfahren seien abschließend die unter schied lichen
Planungs philosphien bei der Budgetfestlegung hervorgehoben. Die strikte Vorgabe von
Budgets folgt dem Top-Down-Ansatz, während über die Parti zi pation der verantwortlichen
Entscheidungsträger in den Fachabteilungen der Bottom-Up-Ansatz verfolgt werden kann.
Vielfach sind mehrere Abstimmungs runden mit einem Zusammen spiel von Top-Down- und
Bottom-up-Planung not wendig, um das Kommunikationsbudget festzulegen.
2.8 Konzeption und Kreation der Live Communication
Die in der Live Com-Strategie festgelegten Schwerpunkte bilden die Grundlage für die Kon-
kretisierung und Gestaltung des Live Com-Mix. Unter Berücksichtigung des geplanten Bud-
gets ist der Rahmen festgelegt, in dem die einzelnen Instrumente der Live Communication
ihre Wirkung entfalten müssen. Werden konkrete Instrumente für die Umsetzung der
Live Com-Strategie ausgewählt, so gibt es wiederum instrumentespezifische Detailentschei-
dungen zu berücksichtigen, die Gegenstand des folgenden Kapitels sind.
Für die Frage der Auswahl und konkreten Ausgestaltung geeigneter Live Com-Instrumente
ist einerseits eine Orientierung an den strategischen Festlegungen notwendig. Andererseits
werden neben konzeptionellen Kompetenzen zur systematischen und analytischen Umset-
zung eines Live Com-Mix auch Expertisen aus den Bereichen der Kreation und Produkti-
on (z. B. Messestandbau) in dieser Stufe besonders relevant.
Aufgrund der bereits angesprochenen Monotonie, die angesichts des zunehmenden Ein-
satzes der Live Communication auf der Anbieter- und Kundenseite wahrgenommen wird,
kommt der Frage nach einer einzigartigen, multisensualen und markengerechten Konzep-
tion eines Live Com-Auftrittes eine große Bedeutung zu (siehe Kapitel 5.5). Hier sind die
Kompetenzen der Kreation besonders gefragt. Die Kreativabteilungen werden im Agentur-
bereich von einem Creative Director geleitet, dessen Einschätzungen auch schon im Rahmen
der Entwicklung der Live Com-Strategie einbezogen werden sollten, um die instrumentelle
Umsetzung leichter gestalten zu können. Im Rahmen der Kreation fließen vielfältige Kom-
petenzen in die Gestaltung mit ein.
Bei großen Live Com-Events sind z. B. für die Bühnengestaltung neben kreativen Ideen eine
Vielzahl von sicherheitstechnischen Anforderungen (Statik der Bühnen-, Messestandkon-
zeption etc.) zu berücksichtigen, die wiederum den kreativen Spielraum einschränken kön-
nen. Sie können aber auch in einer eigenständigen Produktionsabteilung eines Unterneh-
mens oder einer Agentur angesiedelt sein.
Verteilung des Live Com-Budgets 2.7
2. Konzept einer wirkungsvollen Live Communication
92
Abbildung 16. Einbeziehung der Kreation und Produktion bei der Umsetzung des Live Com-Mix
Die Abbildung 16 zeigt die Einbeziehung der Kreation bei der Umsetzung der Live Com-
Strategie. Im folgenden Kapitel werden die oben aufgeführten Live Com-Instrumente aus-
führlich betrachtet.
ProduktionKreation
Gestaltung ImplementierungBrandLands
Show-rooms Road-
shows
Events
Messen/Ausstel-lungen
Live Com-Mix
Ableitung der Live Com-Strategien und Verteilung des Live Com-Budgets
Umsetzung des Live Com-Mix
Notizen
3
Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
96
3.1 Instrumente der Live Communication
Für die Erfüllung der Ziele und Umsetzung der Live Com-Strategie steht ein umfassendes
Instrumentarium zur Verfügung. Ausgehend von der generellen Abgrenzung der Live
Commu nication von der Traditional und Virtual Communication können folgende Kom-
munikationsinstrumente hervorgehoben wer den, die den beson deren Merk malen und An-
forderungen der Live Communi cation entsprechen und vielfach auch in Kombi nation ein-
gesetzt werden:
Messen und Ausstellungen—
Brand Lands und Showrooms—
Roadshows und Events—
Die konkrete Zusammensetzung und Ausgestaltung dieser Instrumente wird als Live Com-
Mix bezeichnet, wobei durchaus noch eine Vielzahl von Typen innerhalb der einzelnen
Instrumente kategorien unter schieden werden können. Bei einem kom bi nierten Einsatz
sind die vielfältigen Wechselbeziehungen und synergetischen Effekte mit zu berücksichtigen.
Dies stellt die Unternehmen im Rahmen ihres Live Com-Port folio managements vor das Pro-
blem, wie die Aktivitäten umfassend und systematisch erfasst werden können. Deshalb ist
eine Systematisierung nicht nur aus Gründen der Übersichtlichkeit, sondern auch aus
Gründen der gezielten Auswahl und Imple mentierung sinnvoll. Darüber hinaus dient eine
Abgrenzung und Katego risierung der verschiedenen Live Com-Instrumente der Vergleich-
barkeit sta tistischer Daten, die z. B. von Verbänden und Marktforschungsinstituten zur
Ent wicklung und Wirkung einzelner Instrumentekategorien bereitgestellt werden.
Für eine erste Einordnung werden die oben fragmentarisch aufgezählten Live Com-Instru-
mente hinsicht lich der Einfluss nahme ( eigen- vs. fremdplattformbasiert) und des zeit-
lichen Aspekts ( temporär vs. dauer haft) bewertet (vgl. Abbildung 17). Während Messen
und Ausstellungen i. d. R. zeitlich begrenzte und auswärtige Veranstaltungen sind, stellen
Brand Lands auf Dauer angelegte, stationäre, dreidimensionale, reale Orte dar, die aus Un-
ter nehmens sicht eigenplattformbasiert sind.
Instrumente der Live Communication 3.1
97
Abbildung 17. Charakterisierung des Live Com-Mix
In dem folgenden Kapitel werden diese Instrumente hinsichtlich ihrer Definitionen, Eigen-
schaften und Ziel setzungen sowie ihrer Ausgestaltungsformen voneinander abgegrenzt
und im Hinblick auf die Verwendbarkeit im Rahmen der Marketing kommunikation be-
trachtet.
3.2 Messen und Ausstellungen 3.2.1 Kennzeichnung und Bedeutung
Seit der ersten urkundlich erwähnten Messe im Jahr 629 n. Chr. in St. Denis im Norden von
Paris hat sich das Messe- und Ausstellungswesen in mehreren Entwick lungsstufen zum
heutigen Marketing- und Kommunika tions instrument moderner Prägung entwickelt (vgl.
Heckmann, 2003; Rodekamp, 2003; Morrow, 2002). Es gehört seit vielen Jahren zum festen
Bestandteil des Kommunikations-Mix von Unter nehmen. Die nicht zu verkennen de ge-
samt wirtschaftliche Bedeutung wird anhand folgender exemplarischer Zahlen deutlich:
Jährlich werden rund 154 internationale Messen und Ausstellungen mit bis zu 180.000 Aus-
stellern und 10 Mio. Besuchern in Deutschland durchgeführt (vgl. AUMA, 2008 a, S. 18).
Von den führenden Messen der Welt finden etwa zwei Drittel hierzulande statt, wodurch
der Messeplatz Deutschland die Spitzen position im weltweiten Vergleich einnimmt.
Vielfach werden die Termini Messen und Ausstellungen in der Fachwelt und auch im all-
gemeinen Sprachge brauch gleichbedeutend verwendet, da die Grenzen zwischen beiden
Veranstaltungsformen fließend sind (vgl. Selinski/Sperling, 1995; Peters, 1992). Zur Schaf-
temporär
eigenplattformbasiert
fremdplattformbasiert
dauerhaft
BrandLands
Show-rooms Road-
shows
Events
Messen/Ausstel-lungen
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
98
fung eines klaren Begriffsverständnisses lassen sich zum einen die Legaldefinitionen der
deutschen Gewerbe ordnung und zum anderen die vom AUMA verabschiedeten Begriffs-
konventionen heranziehen (vgl. Kresse/Engelsberg, 2006; Kirchgeorg, 2003), welche die Ter-
mini im Interesse der Markttransparenz und Rechtssicherheit enger charakterisieren (vgl.
Huber, 1994, S. 8).
Aus der Gegen überstellung dieser Definitionen wird ersichtlich, dass die Merkmale einer
Aus stellung nicht so restriktiv ausgelegt werden wie bei der Abgrenzung des Messebegriffs
(vgl. Martin/Prinz, 2006; Bruhn, 2005 b). Während bei Messen der Gedanke des gewerb -
lichen Handelns im Vordergrund steht, werden Ausstellungen vielmehr zur Repräsentation
von Unter nehmen sowie zur Informationsvermittlung über das Angebot genutzt. Daraus
be grün det sich auch die unterschiedliche Ziel gruppen fokussierung und Häufigkeit der
Veranstaltungsformen . Auf den turnus mäßig stattfindenden Messen treffen vorrangig Fach -
besucher zusammen, wohin gegen Ausstellungen auch einmalige Veranstaltungen sein kön-
nen , die der breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Ferner kann bei den Messen von einer
gewissen Kontinuität des Veranstaltungsortes ausgegangen werden, auch wenn die Stand -
ort bindung nicht explizit aus dem Gesetzestext hervorgeht (vgl. Stahlschmidt, 1994, S. 290).
Beide Formen stimmen jedoch hinsichtlich des organisierten Marktcharakters überein,
auf dem Anbieter und Nachfrager bewusst und geplant für eine begrenzte Zeit räumlich
zusammengeführt werden (vgl. Stoeck, 1999; Mortsiefer, 1982). Als notwendige Bedingung
gilt hierbei die Präsenz einer Vielzahl von Anbietern und Nachfragern, die jedoch durch
die geringe Disponibilität der Messen und Aus stellungen (vgl. Kirchgeorg/Klante, 2003,
S. 368) begünstigt wird. Somit kann aus den obigen Ausführungen bezüglich der Gemein-
samkeiten und Unterschiede ge schluss folgert werden, dass eine begriffliche Differenzierung
nicht zwingend not wendig erscheint. Wird im Folgenden keine explizite Unterscheidung
vorgenommen, so bezieht der Begriff Messe den der Ausstellung mit ein und kann wie
folgt definiert werden (vgl. AUMA, 1996, S. 1):
Seit der Milleniumsgrenze hemmten sowohl der ungünstige konjunkturelle Verlauf als
auch zusätzliche struk turelle Veränderungen das aktive Messeengagement insbeson dere
deutscher Aussteller (vgl. Penzkofer et al., 2006, S. 60). Infolge nach haltiger Rückgänge
Definition Messe
Eine Messe wird als zeitlich begrenzte, wiederkehrende Marktveranstaltung bezeichnet,
auf der – bei vorrangiger Ansprache von Fachbesuchern – eine Vielzahl von Unternehmen
das wesent liche Angebot einer oder mehrerer Branchen ausstellt und überwiegend nach
Muster an gewerb liche Abnehmer vertreibt.
Messen und Ausstellungen 3.2
99
wichtiger Messekennzahlen mussten die Messeveranstalter in bisher unbe kanntem Aus-
maß um ihre betrieblichen Ergebnisse kämpfen (vgl. Kirch georg/Springer, 2005 b, S. 36).
Die Zunahme von Ausstellungskapazitäten in Deutsch land sowie weltweit führt zu einer
steigenden Wettbewerbsintensität zwischen den Messeplätzen (vgl. Tabelle 14). Diese Ent-
wicklung hat auf Seiten der Messe veranstalter einen Profilierungsdruck erzeugt, der einen
Wandel vom „Flächen anbieter zum Serviceanbieter“ beschleunigt.
Tabelle 14. Weltweit führende Messeplätze und Messegesellschaften (Quelle: AUMA, 2008 b)
Durch die Inter nationalisierung des Messegeschäfts konnte die zu beobachtende Konsoli-
dierungsphase am Messestandort Deutschland weitestgehend kompensiert werden. Einer -
seits haben Messegesellschaften durch die Professionalisierung ihrer Inbound-Strategien
mehr ausländische Aussteller und Besucher gewinnen können. Andererseits haben gerade
Rang Messeplatz Ausstellungskapazität (im Jahr 2008)
1. Hannover Messegelände 495.265 m2
2. Fiera Milano 345.000 m2
3. Frankfurt/Main Messegelände 321.754 m2
4. Köln Messegelände 284.000 m2
5. Düsseldorf Messegelände 263.888 m2
6. McCormick Place Chicago 248.141 m2
7. Fieria Valencia 230.837 m2
8. Paris Expo Porte de Versailles 227.380 m2
9. Crocus Expo IEC Moskau 213.813 m2
10. Paris-Nord Villepinte 206.000 m2
Rang Messegesellschaft Umsatz (im Jahr 2007)
1. Reed Exhibitions (GB) 842,0 Mio. Euro
2. Messe Frankfurt/Main (D) 424,0 Mio. Euro
3. Messe Düsseldorf (D) 354,2 Mio. Euro
4. Messe Mailand (I) 303,0 Mio. Euro
5. Messe München (D) 299,4 Mio. Euro
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
100
deutsche Messegesellschaften durch Outbound-Strategien erfolgreiche Messekonzepte im
Ausland multipliziert. Angesichts der fortschreitenden Globalisierung ist eine Intensivie-
rung von Messeaktivitäten in Asien sowie Osteuropa und der russischen Föderation zu
konstatieren (Kirchgeorg et al., 2007 c; Delfmann, 2007; Penzkofer/Täger, 2007). Dies führt
im Rahmen von Messebe teiligungs entscheidungen zu einem größeren Angebot für Unter-
nehmen, sich an Messeveranstaltungen zur Erschließung von Auslandsmärkten zu betei-
ligen. Doch hierbei steigen auch die Anforderungen, geeignete internationale Messever-
an staltungen für das Live Com-Portfolio auszuwählen.
Gemäß der LiveTrends-Studien investieren Unternehmen im Durchschnitt einen Anteil von
19,8 % ihres Kommunikationsbudgets für Messebeteiligungen (siehe Kapitel 2.7). Im Budget-
ranking entspricht dies dem zweiten Platz hinter den Instrumenten der klassischen Werbung
(TV, Radio, Print). Angesichts dieser Ergebnisse zählen Messen zu einem der wichtigsten In-
strumente im Kommunikations-Mix, wobei branchenspezifische Unterschiede zu berück-
sichtigen sind.
Dennoch bleiben die Messebeteiligungen sowohl im Inland als auch im Ausland bei vielen
Unternehmen auf dem Prüfstand, zumal sich die Bandbreite an alternativen Live Com-In -
strumenten ständig erweitert. Auch wenn immerhin ein Viertel aller Befragten im Rahmen
der LiveTrends-Studie angaben, sie seien mit ihren Messe beteiligungen zu frieden , äu ßerten
sich die restlichen Befragten äußerst kritisch. Vor allem die steigen den Kosten für Standmie-
ten, Zusatzleistungen und Hotel buchungen wurden von den Marketingmanagern beklagt
(vgl. Abbildung 18), womit deutlich wird, unter welchem besonderen Effi zienz druck die
Messen im Vergleich zu anderen Kommunikationsinstrumenten stehen (vgl. Brühe, 2003,
S. 80). Zu dem wird die mangelnde Flexibilität und fehlende Organisations kompetenz der
Messeveranstalter beanstandet. Auch die zunehmende Fragmentierung der deutschen Mes-
selandschaft und der verschärfte Wettbewerb aufgrund der Internationalisierung des Messe -
geschäftes (vgl. Ebert, 1992, S. 42 f.) erhöhen für die Unternehmen die Kom ple xi tät bei der
Festlegung des optimalen Messeveranstaltungsportfolios.
101
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 18. Störfaktoren auf Messen in Deutschland (Quelle: LiveTrends)
Es stellt sich die Frage, inwieweit be stehende Leitmessen ihre Position behaupten können
oder inwieweit diese substitutiv oder komplementär durch neue Messeveranstaltungen
bedient werden müssen. Somit wird im Umgang mit den Ausstellern und Besuchern ein
erheblicher Aufholbedarf im Hinblick auf das Kundenbindungsmanagement sichtbar. So-
wohl die Service qua li tät bei der Planung und Durchführung von Messen als auch die in-
dividuelle Kundennähe werden darüber entscheiden, ob sich vor allem das Wachstum der
deutschen Messen in Zukunft weiter positiv entwickeln wird.
Mit dem Bedeutungszuwachs von Messen ist eine konsequente Differenzierung des Messe-
angebots einhergegangen. Zur Typologisierung der Erscheinungsformen von Messeveran-
staltungen lassen sich die folgenden Kriterien heranziehen (vgl. Kirchgeorg, 2003, S. 66 ff.):
Breite des Angebots—
z. B. Universal-, Spezial-, Branchen-, Mono-
sowie Fach- und Ver bundmessen
Schwerpunkt des Angebots—
z. B. Konsum- und Investitionsgütermessen
Messen und Ausstellungen 3.2
Störfaktoren auf Messen
KostenZu hohe Kosten
(Standmiete, Neben-
kosten etc.)
33,6
Organi-sation
Wenig Serviceorientie-
rung, fehlende Flexibili-
tät, starre Regelwerke
26,0
ZielgruppeFalsche Aussteller
und Besucher, sinkende
Besucherzahlen
12,5
Infra-struktur
Ungenügende Hallen-
situation (Standlage,
Höhe, Größe etc.)
12,0
Positionie-rung
Fragmentierung des
Marktes, fehlende
Internationalisierung
11,8
Kommuni-kation
Schlechte Kommuni-
kation mit Ausstellern
und Besuchern
7,1
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
102
Funktion des Angebots—
z. B. Informations-, Motivations-, Beeinflussungs- und Ordermessen
Reichweite des Angebots—
z. B. regionale, überregionale, nationale und internationale Messen
Zielgruppe des Angebots—
z. B. Fachbesucher-, Händler- und Nachfragermesse
Hauptrichtung des Absatzes—
z. B. Export- und Importmesse
Messen verdienen aus Sicht der Aussteller und Besucher die Bezeichnung „ multi fun k tio -
nale Plattformen“. Auch wenn die Verkaufs- und Orderfunktion zunehmend in den Hinter-
grund gerückt ist, erfüllen Messen ver stärkt als „Markt für Informationen“ (Backhaus, 1992,
S. 89) die Funktion des Infor mationsaustausches (vgl. Meffert, 1993; Täger /Ziegler, 1984).
Gerade zur Anbahnung von Verkaufstransaktionen sind Informationen un er lässlich , um
Orientierung, Identifikation und Vertrauen innerhalb potenzieller Ge schäfts be zieh ungen
zu erzeugen (vgl. Fuchslocher/Hochheimer, 2000, S. 191). Da der Einsatz von Messen also
insgesamt Multiplikatoreffekte auslöst (vgl. Dionisius , 2005, S. 1), sind neben der einzel-
wirtschaftlichen Betrachtung auch gesamtwirtschaftliche und überwirt schaft liche Funk-
tions kategorien mit zu berücksichtigen (vgl. Tietz, 1960, S. 160 f.). Somit wird den Messen
großes Interesse zuteil, weil sie durch den starken Impulscharakter eine katalysatorische
Wirkung auf die wirt schaftliche Produktivität im In- und Ausland besitzen (vgl. AUMA,
2006 b, S. 4), sodass sie als Indikatoren für tech nische und gesellschaftliche Entwicklungen
herangezogen werden können (vgl. Meffert/Gass, 1985, S. 3). Auch im Hin blick auf die Inter-
nationali sierung der Geschäftstätigkeit über nehmen Messen für viele Unternehmen eine
„Sprung brettfunktion“ für den Eintritt in neue Auslandsmärkte. Durch die Beteiligung an
inter na tio nalen Messen im Inland oder an Messeveranstaltungen im betreffenden Ausland
können inter nationale Kundenpoten ziale vielfach effizient erschlossen werden.
Gemäß der Reichweite gelten Schwellenwerte dafür, wann Messen als „international“
eingestuft werden können. Hierzu ist es notwendig, dass sie einen nennens werten
Anteil sowohl an ausländischen Ausstellern (mind. 10 %) und einen Anteil von aus-
ländischen Besuchern (mind. 5 %) aufweisen und das wesentliche Angebot eines
oder mehrerer Wirtschaftszweige zeigen. Diese Richtwerte werden auch vom Welt-
verband der Messen zugrunde gelegt (vgl. Kresse, 2006; Kirchgeorg, 2005 c).
103
3.2.2 Planung und Umsetzung
Die Notwendigkeit einer systematischen und strukturierten Planung der Messe- und Aus-
stellungsaktivitäten von Unternehmen wird in Wissenschaft und Praxis gleicher maßen be-
tont . Zur Strukturierung der einzelnen Planungsaktivitäten bietet sich eine Einteilung ge-
mäß ihrer zeitlichen Abfolge in die Vor-, Während- und Nach-Messe-Phase an.
Eine fundierte Situationsanalyse stellt in der Vor-Messe-Phase den Ausgangspunkt aller
im Rahmen der strategischen und taktischen Planung entstehenden Ent scheidungen dar.
Hierbei werden zunächst interne und externe produkt- sowie unter nehmens bezogene
Faktoren in Bezug auf den Erfolg der bisherigen Messe- und Ausstellungsbe teiligungen
evaluiert. Der inter nationale Messeveranstaltungsmarkt entwickelt sich sehr dynamisch,
sodass im Rahmen der Analyse der Ausgangs situation auch eine Transparenz über den nati-
onalen sowie internationalen Messeveranstaltungsmarkt zu erlangen ist. Das Moni to ring
des Messemarktes wird in Ländern wie Deutschland durch messespezifische Ver bände
wie den Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e. V. (AUMA )
er heblich erleichtert, da hierüber, ebenso wie durch die Erhebungen der „Gesell schaft
zur Freiwilligen Kontrolle von Messe- und Ausstellungszahlen“ (FKM), eine fundierte
Literatur - und Datenbasis für Aussteller und Besucher bereitgestellt wird. In Auslands-
märkten sind entsprechende Institutionen zu identifizieren und zu kontaktieren. Die Union
des Foires Internationales (UFI) als Weltverband der Messen stellt ebenfalls eine Vielzahl von
Informationen über den weltweiten Messemarkt – teilweise sogar mit spezifischen Län-
derstudien – bereit.
Folgende Internetplattformen bieten einen Zugang zu wichtigen Messedatenbanken:
www.auma.de
(Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V.)
www.fkm.de
(Gesellschaft zur Freiwilligen Kontrolle von Messe- und Ausstellungszahlen)
www.ufi.org
(Union des Foires Internationales)
Des Weiteren fließen messe-, markt- sowie sonstige umweltbezogene Einflussfaktoren
in die SWOT-Analyse (siehe auch Kapitel 2.3.1 und vgl. Stevens, 2005; Meffert, 2000)
ein, auf deren Basis letztlich eine Grundsatzentscheidung hinsichtlich des zukünftigen
Engagements getroffen werden kann. Die Frage, inwieweit die angestrebten Kommu nika-
tionsziele mit Hilfe des Einsatzes anderer Kommunikations instrumente wirkungs voller
und/oder wirtschaftlicher erreicht werden könnten, lässt sich nicht pauschal be antworten.
So ließ sich bereits in den LiveTrends-Studien nachweisen, dass es für knapp ein Fünftel aller
Messen und Ausstellungen 3.2
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
104
Befragten keine äquivalente Alternative zur herkömmlichen Messe beteiligung gibt. Alle
anderen präferierten vorrangig die Haus messen und Events als ange messene Aus weich-
möglichkeiten (vgl. Abbildung 19).
Hausmessen werden auch als Mikromessen bezeichnet, die von einzelnen Unter-
nehmen und nicht von ganzen Branchen bzw. deren Verbänden initiiert werden.
Gerade kleinere und mittlere Unternehmen wollen nicht in der Flut von Anbietern
auf einer großen Messe untergehen und nutzen daher diese Form, um den einge-
ladenen Kunden das Unternehmen vor Ort „live“ zu präsentieren. Ganz bewusst
wird das Kundenpotenzial reduziert, um lediglich mit einer begrenzten Anzahl
von Besuchern in einen intensiveren Dialog zu treten. Das Nachsehen hat hierbei
häufig der „Otto-Normal-Besucher“, der zu den jeweiligen Hausmessen nicht ein-
geladen ist und auf herkömmlichen Messen zukünftig nicht mehr die Produkte
und Innovationen aller namhaften Hersteller vergleichen kann. Doch eine Haus-
messe kann von Unternehmen durchaus auch ergänzend zu den bisherigen Messe-
beteiligungen eingesetzt werden. Ein guter Zeitpunkt liegt dann zwischen zwei Leit -
messen (vgl. Ernst, 2006). Doch obwohl viele spezifische Vorteile wie kurzer Anfahrts-
weg , kosten loser Eintritt, individuelle Beratung, gute Übersichtlichkeit und Orien-
tierung sowie keine direkte Konkurrenz für den Einsatz der Hausmessen sprechen,
ist unter nehmensindividuell die finanzielle Tragbarkeit zu prüfen. Diese Form der
Messe kostet im empirisch ermittelten Durchschnitt zwischen 50 und 100 Euro pro
Kontakt (Messe München, 2009), womit die Kosten höher als bei einer Beteiligung
an einer Fachmesse mit vergleichbarer Kontaktzahl liegen. Dennoch werden immer
mehr Hausmessen veranstaltet, sehr zum Leidwesen der Messegesellschaften, die
diese Entwicklung lange Zeit unterschätzt haben.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 19. Alternativen zur Messebeteiligung (Quelle: LiveTrends)
Alternativen zur Messebeteiligung
Hausmessen 34,4
Events 28,1
Direkte Kundenveranstaltungen 27,1
Roadshows 25,0
Direkte Kundenkontakte 22,9
Internet 13,5
Promotions 10,4
105
Nach der Analysephase folgt die Planungsphase, die vor allem die Festlegung der Ziele
und die Auswahl der konkreten Messe beteiligung beinhaltet. Aus den über geordneten
Marke ting - und Kommunikationszielen sind für das messe spezifische Live Com-Instru ment
psychographische und ökonomische Messeziele in Inhalt, Aus maß, Zeit- und Seg ment-
bezug zu konkretisieren (vgl. Meffert, 2003; Selinski/Sperling, 1995; Mef fert/Gass, 1985),
die eng mit der Identifikation der rele vanten Zielgruppen ver bunden sind. Zu den Haupt-
zielen einer Messebeteiligung gehören (vgl. AUMA, 2008 b):
Anbahnung von nationalen und internationalen Geschäfts beziehungen —(Neukundengewinnung, Bekanntheitssteigerung, Imageaufbau)
Pflege und Aktivierung von bestehenden Geschäftsbeziehungen —(Stammkundenpflege, Präsentation neuer Produkte und Leistungen,
Image verbesserung )
Vorbereitung und Durchführung von Geschäftsabschlüssen —(Verkaufs- und Vertragsabschlüsse, neue Kooperationspartner)
Festlegung der eigenen Position im Wettbewerbs umfeld —(Erschließung neuer Märkte und Vertriebswege, Marktforschung).
Darüber hinaus sollen Trendinformationen bezüglich technischer Markt neuerungen und
verän derter Nachfrager bedürfnisse eingeholt werden. Auch die Gewinnung poten zieller
Nachwuchskräfte kann in Ergänzung zur Darstellung der Unternehmens kompetenz ein
wichtiges Messebeteiligungsziel sein (vgl. AUMA, 2006 b, S. 20 f.). Ne ben den Besuchern als
primäre Zielgruppe sind also auch andere Multiplikatoren wie Mitarbeiter, Medienver treter,
Politiker etc. mit zu berücksichtigen. So eröffnen Messen die Möglichkeit, individuelle
Zielgruppenkontakte zu knüpfen und zu pfle gen. Neben der Nähe zu den jeweiligen Ziel-
gruppen liefert auch die Wahr nehmung des eigenen Unternehmens mit seinem Messe-
auftritt im Branchen- und Wettbe werbsumfeld einen guten Maßstab dafür, inwieweit
wahrnehmbare Wettbewerbs vorteile bestehen oder weitere Profilierungsanstrengungen
notwendig sind.
Je nach Art und Heterogenität der Ziele und Zielgruppensegmente ist in einem weite ren
Schritt die entsprechende Messebeteiligungsstrategie zu wählen, die über die grundsätz-
liche Ausrichtung und Umsetzung aller weiteren Aktivitäten entscheidet. Hierbei ist die
Beantwortung folgender zentraler Fragestellungen der Messebe teiligungsentscheidung
hilfreich (Meffert, 2003, S. 1148 ff.):
1. Was wird mit einer Beteiligung (Messebeteiligungsziele),
2. an welchen Messetypen (Messeauswahl),
Messen und Ausstellungen 3.2
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
106
3. wie (Messebeteiligungsform),
4. zu welchen Kosten (Messebudget) und
5. mit welchen Wirkungen (Messebeteiligungs erfolg) erzielt?
Die Messeplanung in der Vorher-Phase steckt wiederum den Rahmen für die Budgetierung
und Be wertung der ausgewählten Messen und einzelnen Maß nah men ab. Dies hat bspw.
Auswirkungen auf den beabsichtigten Personaleinsatz (Ver treter des Unternehmens, Hos-
tessen, Techniker zur Unter stützung der Stand expo nate), die Stand konzeption (Art, Gestal-
tung und Dekoration), die Exponatewahl (In halt und Darbietungsform wie z. B. Videopro-
jektion, Flyer, Gewinn spiel etc.) und die einzusetzenden Kommunika tionsmaß nahmen.
Erst durch die Aufstellung aller an fallenden Kosten wird eine Erfolgskontrolle unter öko-
nomischen Gesichtspunkten in der Nachbearbeitungsphase der Messebeteiligung mög lich
(vgl. AUMA, 2002, S. 42).
Das Eisbergmodell kann als Richtschnur für die Planung des Messe bud gets herange-
zogen werden. Gemäß der in Abbildung 20 dargestellten Erfah rungs werte wird deut-
lich, dass die an einen Messeveranstalter zu entrichtenden Kosten für Stand miete
vielfach nur ein Fünftel der gesamten Messebeteiligungskosten betragen (vgl. AU-
MA, 2008 c). Die übrigen Messebeteiligungskosten werden erst „sichtbar“, wenn die
zu veranschlagenden Kosten für die Umsetzung der Messe stand konzeption sowie
die anfallenden Reisekosten, Aufwendungen für das Standpersonal und die Kom-
mu nikationsausgaben vor, während und nach der Messeveranstaltung definiert wer-
den (vgl. Bruhn, 2005 b; Holzner, 2005; Meffert, 1993). Diese Kostenblöcke werden
meist in der Kalkulation zu niedrig angesetzt. Ebenso werden von vielen Unterneh-
men die Ausgaben für eine Messeerfolgskontrolle vernachlässigt, obwohl die Erken nt-
nisse über die Erfolgswirkung einzelner Messeveran staltungen erforderlich sind, um
kontinuierlich eine Optimierung des Messe auftritts und mittelfristig eine ziel orien-
tierte Selektion von Messen zur Steuerung des Messe beteiligungsportfolios vorneh-
men zu können.
107
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 20. Zusammensetzung des Messebeteiligungsbudgets (Quelle: i. A. AUMA, 2008 c, S. 33)
Gemäß dem Eisbergmodell ist bei der Budgetierung als Faustformel ein Multipli-
kator heranzuziehen. Je nach Messetyp und Veranstaltungsort beträgt das Messe-
budget durchschnittlich das 4- bis 10-Fache der Kosten für die Standmiete (vgl. AU-
MA, 2008 c; Huckemann/Weiler, 2003). Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen,
dass die Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie und für Ernährung, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit dem AUMA spezielle Pro-
gramme unterstützen, um die Teilnahme kleinerer und mittlerer Unternehmen an
Messen – insbesondere im Ausland – zu fördern.
Die Abbildung 21 zeigt im Überblick, welche wichtigen Kostenarten für die Fest legung
des Messebeteiligungsbudgets zu berücksichtigen sind.
Messen und Ausstellungen 3.2
Gesamtkosten der Messebeteiligungfür den Aussteller
Summe der von der Messegesellschaftgeforderten Preise=
Kostenstruktur bei Beteiligungen in Deutschland
Durchschnitt aller Veranstaltungstypen
andere Kosten
Standserviceund Kommunikation
Personal- und Reisekosten
Grundkosten(Standmiete u. a.)
Transport undEntsorgung
Standbau/-ausstattung/ -gestaltung39
12
21
5
20
3
Grundkosten
Standmiete
Energieversorgung
ander
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
108
Abbildung 21. Kostenarten zur Präzisierung des Messebeteiligungsbudgets (Quelle: i. A. AUMA, 2008 d, S. 38)
Kosten für Standbau, -ausstattung und -gestaltung sowie -abschreibung
Videor der/Diapr
eibung
Kosten für Standservice und Kommunikation
net
Kosten für Transport, Handling und Entsorgung
Personal-/Reisekosten
orbereitung
Sonstige Kosten
eitung
raining
109
Die Messebeteiligungskonzeption ist entscheidend, um einen erfolgreichen Messe auftritt
umzusetzen. In diesem Zusammenhang geben Erkenntnisse der LiveTrends darüber Aus-
kunft, welchen Gestaltungsparametern bei der Messekonzeption besondere Aufmerksamkeit
geschenkt werden sollte, um sich vom Auftritt des Wettbewerbers zu differenzieren. Bei
dieser Betrachtung zeigte sich, dass die Fach- und Sozialkompetenz des Menschen in den
Mittel punkt gerückt wird, um ein unverwechselbares Messeerlebnis schaffen zu können
(vgl. Abbildung 22). Je motivierter und qualifizierter das Standpersonal in der Während-
Phase auftritt und je glaubwürdiger den Besuchern die Marken botschaft kommuniziert
wird, umso größer sind die Chancen für eine unverwechselbare Standatmosphäre.
Die Gäste achten im Kontakt mit den Ausstellern sehr darauf, ob die verbale und
nonverbale Kommunikation stimmt. Am wichtigsten sind ihnen dabei die Haltung,
Gesten und der freundliche Blickkontakt (55 %), gefolgt von einer angenehmen Stim-
me und Tonlage (38 %) sowie der Wortwahl (7 %) (vgl. Opaschowski, 2000, S. 59 f.).
Oftmals bleiben jedoch viele Kontaktchancen ungenutzt, da das Standpersonal die
Besucher und Interessenten nicht aktiv anspricht (vgl. Huckemann/Weiler, 2003,
S. 75).
Der „Hard ware“ des Standes, d. h. der Architektur oder der Präsentation der Expo nate, wird
dagegen eine eher geringe Diffe ren zierungswirkung zugesprochen. Nahezu zwei Drittel
der Befragten bescheinigen bereits in früheren Studien, dass sich die Messe auftritte in ihrer
Branche gleichen. Damit signalisieren die Ergebnisse erhebliche und bislang nicht ausge-
schöpfte Optimierungspotenziale.
Messen und Ausstellungen 3.2
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
110
Vermerk: Angaben in Prozent
Top2-Box auf 4er-Skala
gute Differenzierung sehr gute Differenzierung
Abbildung 22. Differenzierungsoptionen bei einer Messebeteiligung (Quelle: LiveTrends)
Gestaltungsparameter der Messekonzeption
Mittel-wert
gute bis sehr guteDifferenzierung
Atmosphäre auf dem Stand 1,8 91,6
Wissen des Standpersonals 1,6 90,8
Kommunikation der Markenbotschaft 1,9 85,1
Standort in der Halle 1,8 81,4
Corporate Design 1,9 81,3
Standarchitektur 2,0 79,6
Produktpräsentation 2,0 76,4
Markenimage der Veranstaltung 2,1 74,4
Begleitende Kommunikation 2,2 69,0
Vernetzung der Kommunikationsinstrumente 2,2 68,4
Standaufteilung 2,4 56,7
Multimediale Medieninszenierung 2,5 45,6
Showprogramm 2,7 34,8
111
Messestandgestaltung
Planungskriterien und Messestandkonzepte
Die Messebeteiligung erfordert die Auseinandersetzung mit Konzepten der Standge-
staltung, denn der Messestand bildet die Plattform für ein multisensuales Markenerlebnis.
Es wurde bereits hervorgehoben, dass die Aussteller die Messeauftritte in einer Branche
zum großen Teil als austauschbar einstufen. Deshalb sind die Konzepte für den Messe-
standbau sorgfältig zu planen und umzusetzen. Professionelles Zielgruppen-, Marken-
und Kommunikationsmanagement, Kreativitäts- und Designkompetenzen fließen bei der
Standgestaltung zusammen.
Die Standarchitektur ist in der Live Communication somit Mittel zum Zweck, und sie muss
den Anforderungen der Begegnungskommunikation ebenso gerecht werden wie einer
adäquaten Differenzierung und Profilierung. Die Ziele der Messebeteiligung sowie die
Brand und Corporate Identity bilden den übergeordneten Rahmen für die Standgestaltung.
Folgende Planungskriterien können für die Messestandgestaltung hervorgehoben werden
(vgl. Vettermann, 2005):
In Abhängigkeit der zu erreichenden Messebeteiligungsziele sollten sich die —Corporate - und Brand-Identity in der Messestandarchitektur widerspiegeln.
Alle Elemente, die zur multisensualen Vermittlung auf dem Messestand —genutzt werden (Form, Farbe, Licht, Ton, Oberflächen, Temperatur, Geruch),
sollten systematisch erfasst und dann in die Planung des Messestandes
positionierungsgerecht mit einbezogen werden.
Die zu präsentierenden Exponate bzw. Produkte/Marken sind durch die —Standarchitektur zu betonen.
Je nach Messeform (Fachmessen, Verbrauchermessen) werden an Messestände —unterschiedliche Anforderungen gestellt.
Je nach Messeform und anzusprechenden Zielgruppen sind bei der Stand auf-—teilung verschiedene Funktionszonen zur Besucherorientierung, Informations-
vermittlung, Produktpräsentation, Eventgestaltung sowie für Besprechungs-
und Be wirtungsbedarfe zu planen.
Die Lage und Größe des Messestandes in einer Messehalle hat einen erheblichen —Einfluss auf die Messestandgestaltung (Reihenstand, Eckstand, Kopfstand, Block-
stand).
Messen und Ausstellungen 3.2
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
112
Die Kosten-Nutzen-Relationen für die Messestandgestaltung sind in der —Planungsphase genau abzustecken. Entscheidend für die Kosten sind neben der
Konzeption und Auswahl der Baumaterialien die Möglichkeiten der Wieder-
verwendbarkeit (modulares Konzept) und Aspekte des Umweltschutzes.
Durch die Lage und Größe (Länge, Breite, Höhe) des Messestandes werden für den Stand-
bau relevante Daten festgelegt, über die bereits bei der Anmietung von Ausstellungsflächen
in einer Messehalle oder auf einem Freigelände zu entscheiden ist. Werden bestehende Mes -
sestände wiederverwendet, dann sind die Hallenflächen nach dem bestehenden Standkon-
zept zu wählen. Zwischen den folgenden vier Messestandkonzepten ist bei einer Messebe-
teiligung grundsätzlich zu differenzieren:
1. Reihenstand
Wird ein Reihenstandkonzept gewählt, dann zeichnet sich der Messestand durch
drei geschlossene Seiten und eine offene Standseite aus. Variablen für die Größe
des Reihen standes bilden die Breite und Tiefe (i. d. R. determiniert durch Hallen-
gangplanung).
2. Eckstand
Typisch für einen Eckstand sind zwei geöffnete Seiten, die dann zu unterschied-
lichen Hallengängen ausgerichtet und als Orientierungszonen zu gestalten sind.
3. Kopfstand
Mit drei geöffneten Seiten werden Kopfstände an den Enden von Mittelflächen
in Messehallen angeordnet. Sie bieten somit eine gute Sichtbarkeit und wirken
vielfach kommunikativ und einladend.
4. Blockstand
Der Blockstand ist nach allen vier Seiten für den Besucherstrom geöffnet und bietet
somit ein besonders hohes Maß an Kontaktfläche zur Zielgruppe. Funktions -
räume für die Bewirtung oder Besprechungsräume werden vielfach in der Mitte
an geordnet. Große Standkonzepte können durch zweigeschossige Blockstände
realisiert werden, bei denen eine zweite Ebene genutzt werden kann.
113
Messen und Ausstellungen 3.2
R Reihenstand E Eckstand K Kopfstand B Blockstand
Die Grundformen der Messestandgestaltung werden zunehmend durch neue, kreative
Standkonzepte erweitert. Veranstalten Unternehmen eigene Hausmessen, so erscheint die
Auseinandersetzung mit Messestandkonzepten weniger wichtig, weil hier das Unter nehmen
entsprechend der firmenindividuellen Infrastruktur die Präsentation des Unternehmens
und der Produkte bzw. Serviceleistungen sehr viel individueller vornehmen kann.
Es sei abschließend noch einmal betont, dass in Ergänzung zur Standgestaltung als „Hard-
ware“ der Messebeteiligung das Standpersonal einen besonders kritischen Erfolgsfaktor
darstellt. Weiterhin kann die aktive Gestaltung von Rahmenprogrammen (z. B. Beteiligung
an messebegleitenden Kongressen, gesonderte Abendprogramme für Besucherzielgrup-
pen etc.) die Erinnerungswirkung bei Besuchern erhöhen.
E
R
R
R
E
E
R
R
R
E
K
E E
B
R R
E E
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
114
Nach erfolgter Durchführung der Messebeteiligung schließt sich die Nachher-Phase an,
die für die ausstellenden Unternehmen zum einen die Nachbereitung und zum anderen
die Erfolgs kontrolle der Messeaktivitäten umfasst. Zur Nachbereitung gehören neben dem
Abbau des Messestandes und der Rückführung aller Exponate insbesondere die Auswer-
tung der am Stand geführten Gespräche zwischen den Besuchern und dem Standperso-
nal, um sie nach der Messe inhaltlich fortzuführen. Kunden und Interessenten, die am Mes-
setermin nicht teilnehmen konnten, sind gesondert zu kontaktieren, um sie über das aktu-
elle Produkt- und Leistungsprogramm zu informieren (vgl. AUMA, 2002, S. 100).
Zur Kontrolle des Messeerfolges sind in einem abschließenden Schritt die Wirkungen der
Beteiligung hinsichtlich des angestrebten Zielerreichungsgrades zu ermitteln (vgl. Ueding ,
1998, S. 116 ff.), um auf diese Weise mögliche Defizite aufzudecken, die es in zukünftigen
Planungen zu verhindern gilt. Die LiveTrends offenbarten, dass nur jedes zweite Unter-
nehmen regelmäßige Erfolgs kontrollen zur Optimierung der Messeaktivitäten durchführt
und hierfür auch ein festes Budget in der Vor-Messe-Phase mit einplant. Ebenso wird der
Stellenwert durch den geringen Erfolgskontrolle-Anteil am Gesamt kommuni ka tions bud-
get deutlich. Misst ein Unternehmen den ROI einer Leitmesse, so investiert es für das Moni-
toring einen Durchschnittsbetrag von 10.000 Euro und damit lediglich einen Bruchteil des-
sen, was der gesamte Marken auftritt kostet (vgl. Abbildung 23).
Vermerk: Angaben in Prozent
0 %< Budgetanteil ≤ 2,5 % 2,5 %< Budgetanteil ≤ 5 % 5 %< Budgetanteil ≤ 10 % 10 %< Budgetanteil
Abbildung 23. Betrag für die Erfolgskontrolle einer Leitmesse (Quelle: LiveTrends)
Gerade weil die Messen aufgrund des Effizienzdrucks bei vielen Unternehmen auf dem
Prüfstand stehen, sind systematische Erfolgs analysen anhand im Vorfeld definierter Mess-
kriterien unerlässlich. Zur Maximierung des Erfolges sind daher folgende Schlüsselfragen
in der Planungs phase zu beantworten:
Durchführung einerErfolgskontrolle
Budgetanteil für die Erfolgskontrolle
Maximaler Betrag für die Erfolgskontrolle einer Leitmesse
bis 5.000 Euro 31,3
5.000 bis 10.000 Euro 35,3
10.000 bis 15.000 Euro 9,7
15.000 bis 25.000 Euro 13,2
25.000 bis 35.000 Euro 4,9
Ø Budgetanteil von 6,6 über 35.000 Euro 5,5
janein
42,7 57,3
115
Messen und Ausstellungen 3.2
3.2.3 Generelle Beurteilung der Wirkung
Charakteristisch für die Messebeteiligung ist die Kommu nikations dichte und Informations-
qualität, wie sie anderen Instrumenten des Kommu ni kations-Mix kaum zu eigen ist. Wich-
tige Merkmale dabei sind der persönliche Kontakt zwischen Unternehmens repräsentanten
und den Zielgruppen sowie die Tatsache, dass Ausstellern und Messe besuchern der direkte
Wettbe werbsvergleich und damit eine gewisse Markttransparenz ermöglicht werden. Dem
wachsenden Infor mationsbedürfnis der Fachbesucher auf Messen kommen viele Unterneh-
men heute durch zusätzliche Veranstaltungen auf dem Messegelände in Form von Fach sym-
posien und Kongressen nach. Insofern ist immer häufiger eine Kombination von Mes sen
und Ausstellungen mit Events und anderen Kommunikations instru menten fest zustellen.
Noch in einem jungen Entwicklungsstadium befinden sich die virtuellen Messen
(vgl. Lukas, 2007, S. 112). Sie gewähren – wie bei einer realen Messe – die Vorstellung
neuer Produkte, die Darstellung der Mitarbeiter und Verkaufsräume und vieles
mehr. Der Kunde kann sich unabhängig von Zeit und Raum alle Neuerungen in
Ruhe an seinem Bildschirm ansehen. Über einen Quereinstieg oder eine Verlinkung
gelangt er zu allen Angeboten des jeweiligen Unternehmens und ist so jederzeit
darüber informiert, was es zu bieten hat. Es ist nicht zu erwarten, dass virtuelle Mes-
sen in absehbarer Zeit die herkömmlichen Messen substituieren werden. Vielmehr
wird sich der „virtuelle Messekanal“ im Rahmen von Multi-Channel-Konzepten als
zu sätzliche Form der Live Communication etablieren. Die Sondierung des richtigen
Verhältnisses aus Realität und Virtualität wird somit über die Zukunft des Messe-
wesens mitentscheiden. Wer dann zu den wesentlichen Anbietern der virtuellen Mes-
sen zählen wird, kann erst zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden. Zur-
Schlüsselfragen/-kriterien für den Einsatz von Messen und Ausstellungen
Welche Messen sind für das Erreichen der Kommunikationsziele besonders geeignet?
Welche messeveranstaltungsspezifischen Ziele und Zielgruppen sind zu definieren?
Welches Messebudget ist zu veranschlagen, um die gesetzten Ziele zu erreichen?
Ist die Messebeteiligung mit den weiteren Kommunikationsinstrumenten abgestimmt?
Sind relevante Zielgruppen auf die Messeveranstaltung aufmerksam gemacht worden?
Trägt der Messeauftritt zur Profilierung und Positionierung der Marke bei?
Sind alle Messeelemente zur multisensualen Markenprofilierung aufeinander abgestimmt?
Ist das Standpersonal professionell auf die Messebeteiligung vorbereitet worden?
Ist in der Vormessephase bereits an die Erfolgskontrolle gedacht worden?
Wie erfolgt die Nachbereitung der Messebeteiligung?
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
116
zeit bemühen sich sowohl etablierte Messegesellschaften als auch branchenfremde
Anbieter (z. B. Suchmaschinen, Business Netzwerke, Verlage etc.) um ausgefeilte vir-
tuelle Messekonzepte.
In der Tabelle 15 sind die Kommunikationsinstrumente Messen und Ausstellungen zusam-
menfassend be wer tet.
schwache Ausprägung mittlere Ausprägung starke Ausprägung
Tabelle 15. Eigenschaften und Wirkungsdimensionen der Messen und Ausstellungen
Eigenschaften Zielsetzungen
Reichweite Erhöhung der Markenbekanntheit
Ortsgebundenheit Aufbau des Markenimages
Zeitgebundenheit Aufbau von Markenvertrauen
Kontaktintensität Demonstration der Markenqualität
Erfahrbarkeit Erleben der Markenwelt
Emotionalität Differenzierung im Wettbewerb
Multisensualität Direkte Erhöhung des Abverkaufs
Persönlicher Kontakt Steigerung der Markenloyalität
Kontrolle des Rezipientenumfeldes Erhöhung der Kundenbindung
Interaktion
Kontaktkosten
117
Messen und Ausstellungen 3.2
Case: Sony PlayStation
Branche: Consumer Goods Region: Europa Kategorie: Messen
Awards: Exhibit Design Award und iF communication design award
Willkommen im Paradis 3 Motel
Was haben ein mysteriöser Samurai, ein ausgeflipptes Gangsterpärchen und eine selbst-
verliebte Quiz-Show-Legende gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Auf den zweiten
eine ganze Menge. Denn sie sind neben fünf weiteren Protagonisten die Hauptakteure
der Klassik-Kampagne „Paradis 3 Motel“ zur Einführung der PlayStation 3. Eine bizarre
Szenerie im zweidimensionalen Raum, die in Fernsehspots oder Pod-Casts zu sehen ist
und die es in den dreidimensionalen Raum zu übertragen gilt. Die Lösung? Ein Style Guide
für alle Below-the-line-Maßnahmen. Der Style Guide adaptiert typische, charakteristische
Merkmale aus der klassischen Werbung, hält sich dabei aber nicht starr an das Look and Feel
des Paradis 3 Motels. Ein kreativer Remix von Szenerie, Stimmungen und Mobiliar sorgt für
Brüche, Zitate und Verfremdungen. Dieser offene Ansatz ermöglicht ein hohes Identifikations-
potenzial und schafft gleichzeitig unerwartete Spannungsfelder. Die Umsetzung: ein über-
greifender, visueller Zusammenhang zwischen rationalen Marken- und Produktbotschaften
und emotionalem Erlebnis. Getreu dem Motto „This is living“ macht PlayStation die Gamer
auf der Games Convention 2007 daher zum Hauptdarsteller der Klassik-Kampagne. Die
Spielstationen sind innovativ in den Messestand im Stil des Paradis 3 Motel integriert. Auf
Koffern, Barock- oder Lounge-Sofas sitzend, können die Besucher in entspannter Lobby-
Atmosphäre spielen. Im Speisesaal des Restaurants sitzt man einander an einer langen Ta-
fel unter üppigen Kronleuchtern gegenüber und taucht in die PlayStation-Spielewelt ein. Das
Ergebnis: Aus 2 D wird 3 D. Das ist perfektes Entertainment. This is living!
Foto: Uniplan
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
118
119
Messen und Ausstellungen 3.2
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
120
„Messen machen Marken und Produkte erlebbar.“
Messen als Instrument der Live Communication
Interview mit Herrn Oliver P. Kuhrt von der Koelnmesse GmbH
1. Herr Kuhrt, Sie kennen das Messegeschäft ja sehr gut. Wie hat es sich in den letzten Jahr-
zehnten gewandelt?
Kuhrt: Messen sind stärker denn je Spiegelbilder der Branchen. Somit haben die wirtschaft-
lichen Gegebenheiten wie die anhaltenden Konzentrations- und Konsolidierungsprozesse
in Industrie und Handel, die Verkürzung der Innovationszyklen und die Entwicklung neu-
er alternativer Kommunikationsmedien unmittelbare Auswirkungen auf den Messeauftritt
bzw. -besuch gehabt. Der Wettbewerb zwischen den nationalen Messestandorten hat sich in
den letzten Jahren deutlich verschärft. Gründe hierfür sind, neben den vorhandenen Über-
kapazitäten in Deutschland, in der gleichzeitig steigenden Bedeutung des Messegeschäf-
tes in wirtschaftlich wachstumsstarken Regionen wie z. B. Asien und Osteuropa zu sehen.
2. Wird der Messeplatz Deutschland seine Spitzenposition im weltweiten Vergleich lang-
fristig verteidigen können?
Kuhrt: Deutschland ist international nachweisbar der wichtigste Messeplatz. Von den
international führenden Leitmessen werden etwa zwei Drittel in Deutschland organisiert.
Jährlich werden ca. 150 nationale und internationale Messen und Ausstellungen durch-
geführt. Ca. 170.000 Aussteller und ca. 10 Mio. Besucher kommen jährlich zu den Messen
nach Deutschland und investieren pro Jahr rund 10 Mrd. Euro in ihre Messe teilnahme.
Über die Hälfte der Aussteller kommt aus dem Ausland, davon ein Drittel aus Ländern
außerhalb Europas. Von den Fachbesuchern kommen ca. 30 % aus dem Ausland. Der Mes-
seplatz Deutschland wird auch weiterhin eine weltweite Spitzenposition einnehmen, wird
allerdings akzeptieren müssen, dass sich internationale Leitmessen mehr und mehr zu kon-
tinentalen Leitmessen entwickeln werden. Somit wird es zukünftig verstärkt kontinentale
Branchenleitmessen in Asien, dem Mittleren Osten und auch Osteuropa geben.
121
Messen und Ausstellungen 3.2
3. Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Bedeutung der Messebeteiligung im Kommu-
nikations-Mix deutscher Unternehmen verändern? Sollte man zur Beantwortung dieser
Frage die Betrachtung der Branche und Unternehmensgröße einbeziehen?
Kuhrt: Aus Sicht der Aussteller und Besucher ist eine Messe primär ein Kommunikations-
instrument im Rahmen ihres Marketing-Mix. Sie nutzen sie als Informations- und Kommu-
nikationsplattform für die Kundenpflege und -gewinnung, für die Präsentation neuer Pro-
dukte/Technologien und Dienstleistungen, für Imagesteigerung, für die Wettbewerbsbe-
obachtung und für die Mitarbeitermotivation. Die persönliche Kommunikation steht hier-
bei im Mittelpunkt.
Für Existenzgründer sind Messen die wichtigste Plattform für Kontakte zu potenziellen
Kunden , Vertriebs- und Servicepartnern. Die Ordertätigkeit über Muster ist in den letzten
Jahren immer mehr in den Hintergrund getreten. Zunehmend wichtiger sind die Image-
faktoren, die generelle Aufmerksamkeitserzielung sowie die Generierung einer Medien-
wirkung zur Vermarktung der Branche als Ganzes.
Trotz dieser vielfältigen Funktionen kommt es teilweise insbesondere bei den Konsumgüter-
messen zur Infragestellung des Nutzens vor allem bei jährlich stattfindenden Messen.
Alternative Kommunikationsmedien führen zu einer Verschiebung der Gewichtung inner-
halb des Marketing-Mix und reduzieren letztendlich das Budget für den Messeauftritt.
Messen stehen im Wettbewerb mit Kongressen, der Werbung, dem Direkt-Marketing, dem
Internet, den so genannten Roadshows, Hausmessen etc. Hier ist jedoch bei den Ausstellern
je nach Branche und nach Unternehmensgröße zu unterscheiden. Bei internationalen
Großkonzernen stehen die Demonstration ihrer Markenführerschaft sowie vor allem die
Generierung einer hinreichenden PR-/Medienresonanz bei gleichzeitiger Transparenz des
Kosten-/Nutzenverhältnisses stärker im Vordergrund als bei kleinen und mittleren Unter-
nehmen. Diese verfügen häufig nicht über internationale Vertriebsnetze und sind zur
Kunden - und Vertriebspartnergewinnung auf Messen auch zukünftig stark angewiesen.
Somit müssen Messeveranstalter es auch in Zukunft schaffen, den unterschiedlichen
Anforderungen mit geeigneten Messekonzepten gerecht zu werden.
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
122
4. Bitte charakterisieren Sie die Messen im Vergleich zu Events und Roadshows sowie
Brand Lands und Showrooms hinsichtlich folgender Punkte: Reichweite, zeitliche Ein satz-
möglichkeiten , gestalterische Möglichkeiten, Beeinflussbarkeit der Kommunikationswir-
kung, Feedbackmöglichkeiten und Kosten.
Kuhrt: Messen erreichen aufgrund des öffentlichen Interesses und der damit verbundenen
internationalen Medienresonanz an dem jeweiligen Messethema eine Reichweite, die kaum
ein anderes Kommunikationsinstrument aufweisen kann. Zeitlich sind Messen natürlich
nur standortgebunden begrenzt, bieten jedoch auch die Basis für eine ganzjährige Online-
Kommunikationsplattform der Branche. Messen machen Marken und Produkte erlebbar,
können diese emotional in Szene setzen. Aussteller erhalten in persönlichen Gesprächen
direktes Feedback ihrer Kunden. Bei keinem anderen Kommunikations in strument können
Marken so effektvoll inszeniert werden, kann gleichzeitig eine so hohe Medienreichweite
erzielt und mit Kunden aus aller Welt innerhalb weniger Tage in Kontakt getreten wer-
den. Es ist jedoch unsere Aufgabe als Messegesellschaften, zukünftig die Kosten-Nutzen-
Effizienz noch stärker transparent zu machen.
5. In wissenschaftlichen empirischen Untersuchungen wird ja oftmals nur allgemein von
„Messen“ gesprochen, d. h. die entsprechende Typologisierung vernachlässigt. Ist diese
Vorgehensweise nicht sehr unpräzise?
Kuhrt: Dies ist zwar formal nicht korrekt, in der Praxis zeigt es sich aber, dass es ausreicht,
den Begriff „Messen“ als Überbegriff für Kommunikationsplattformen zu verwenden,
denn die Grenzen zwischen Messen und Ausstellungen verwischen zunehmend. Häufig
wird von Publikumsmessen gesprochen, wenn auch die allgemeine Öffentlichkeit zum
Messebesuch motiviert werden soll. Im englischsprachigen Bereich spricht man sogar eher
noch von Shows oder Events als von Fairs.
123
6. In den LiveTrends-Ergebnissen zeigte sich, dass 65 % der knapp 400 Marketing manager die
Messen als austauschbar empfinden. Was sollte Ihrer Meinung nach in der Planungsphase von
Messen berücksichtigt werden, um eine bessere Differenzierung zu gewährleisten?
Kuhrt: Aussteller sollten dem Messeveranstalter die Ziele ihres Messeauftritts frühzeitig
kommunizieren, damit die Messekonzepte gegenseitig aufeinander abgestimmt werden
können und eine optimale Einbindung in das Messekonzept erfolgen kann. Um eine bessere
Differenzierung zu erreichen, müssen Aussteller erkennen, dass kein Messekonzept einem
anderen Messekonzept inhaltlich und thematisch gleicht. Somit ist es auch wenig sinnvoll,
die Standbaugestaltung für jeden Messeauftritt weltweit gleich einzusetzen, da so eine
thematische und mediengerechte Einbindung des eigenen Auftritts in das Messekonzept
nicht möglich und weniger zielgruppengerecht sein kann. Ein Messekonzept lebt von der
thematischen und mediengerechten Ausgestaltung der Veranstalter, aber durchaus auch
von attraktiver und erlebnisorientierter Standbaugestaltung, die auf die jeweilige Ziel-
gruppe der Messe zugeschnitten werden muss.
7. Welchen Herausforderungen werden sich Messen in Zukunft stellen müssen?
Kuhrt: Es gilt, die Effizienz von Messen sowohl für den Aussteller und als auch für den Be-
sucher transparenter und messbar zu machen. Mit Messen verbindet man aus dem Bauch
heraus erstmal hohe Kosten, und die Erfolgsmessung ist aufgrund der oben genannten
weichen Zielgrößen des Messeauftrittes nicht leicht zu bestimmen. Reichweitenanalysen
und Kontaktzahlen muss jeder Veranstalter neben Besucherzahlen in Zukunft nach weisen
können. Messeveranstalter werden zukünftig noch stärker ihren Ausstellern aktiv Hilfe
anbieten, mögliche Kosteneinsparungen in ihrer Messeplanung aufzeigen und eigene Leis-
tungen in diesen Bereichen offerieren, z. B. bei Hotelübernachtungen, Catering, Werbe - und
PR-Maßnahmen, aber auch Hilfe beim Standbau, wie dies heute schon erfolgreich prakti-
ziert wird. Weiterhin werden bei Messen noch stärker der aktive Erlebnischarakter und da-
mit die medien- und standortgerechte Einbindung in ein zielgruppenorientiertes Messe-
konzept an Bedeutung gewinnen. Messen müssen wie erfolgreiche Marken betrachtet so-
wie strategisch behandelt und gepflegt werden.
Messen und Ausstellungen 3.2
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
124
3.3 Brand Lands und Showrooms 3.3.1 Kennzeichnung und Bedeutung
Brand Lands und Showrooms der neuen Generation eröffnen eine völlig neue Form des
Erlebnismarketing und der Marken kommu nikation. Die Idee, den Zielgruppen durch das
aktive Erleben die Wertigkeit und Einzigartigkeit der Produkte und Marken zu kommu-
nizieren und den Kunden auf diese Weise langfristig an das Unternehmen zu binden, ist
durchaus nicht neu.
Vorläufer sind bereits in den USA seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu finden. So hatte
bspw. der New Yorker Fabrikant Singer seine Nähmaschinen mit Hilfe von Demon-
strationsräumen in ausge wählten Großstädten ab 1860 populär gemacht (vgl. Roost,
2002, S. 8). In den folgenden Jahrzehnten war es dann vor allem die Automotive-
Branche, die die „Showroom-Tradition“ auf den Boulevards der Metropolen vor an-
trieb. Im Jahr 1907 eröffnete der US-Schokoladenhersteller Hershey einen der ersten
Themenparks (vgl. Hoppe, 2007, S. 57 f.). Weitere Brand Lands in viel größeren Di-
mensionen entstanden erst einige Jahrzehnte später.
Heute werden Brand Lands und Showrooms zwar nicht in allen, aber in vielen Branchen
eingesetzt.
Beispiele sind die Autostadt von VW, das Legoland, die Dr. Oetker Welt, das Nivea
Haus und die Showrooms von Nike, Apple und Sony. Selbst Dienst leistungsunter-
nehmen wie die Touristik Union International versuchen auf diese Weise ihre Mar-
kenidentität zu transportieren. Im „World of TUI-Reise-Erlebniscenter“ werden poten -
zielle Kunden u. a. mit einer Reisebibliothek und gastronomischen Einrichtungen
auf den Urlaub eingestimmt.
Da Marken mit klaren und lebendigen inneren Bildern in hohem Maße den Marken wert
prägen (vgl. Esch/Andresen, 1996, S. 94), erfahren solche und andere personi fizierten Marken -
erlebniswelten eine zunehmende Relevanz im Kommunika tions -Mix deutscher Unter neh-
men. So konnte in den LiveTrends u. a. aufgezeigt wer den, dass die Bedeutung der Show-
rooms für die zukünftigen Jahre unangefochten hoch (Be deutungszunahme von + 11,2 %)
eingeschätzt wird, auch wenn die derzeit eingesetzten Mittel noch größere Wachstums po-
tenziale er warten lassen. Auch die Brand Lands erfreuen sich zunehmender Be liebtheit. Die
Auto mobilhersteller sind bspw. dazu übergegangen, in kathedralesken, technisch und äs-
thetisch aufwendigen Bauten ihre Produkte zu präsentieren. Volkswagen machte mit der
Autostadt in Wolfsburg und der gläsernen Manufaktur in Dresden den Anfang . Mittlerweile
verfügen auch die Wettbewerber über spektakuläre Erlebniswelten an den Points-of-Pro-
duction, wie z. B. die BMW Welt in München, das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart, das
Porsche Brand Land in Leipzig sowie das Porsche Museum in Zuffenhausen.
Brand Lands und Showrooms 3.3
125
Der Begriff „Brand Land” entstammt dem Englischen und ist frei übersetzt als „Marken-
welt“ zu be zeichnen. „Brand“ steht im ursprünglichen Sinne für „identifying mark made
by a hot iron“ und „Land“ für eine „definite portion of the earth‘s surface, home region of a
person or a people, territory marked by political boundaries“ (Harper, 2001). In der Lite-
ratur existiert bisher keine allge mein gültige Einordnung und Definition des Brand Land-
Begriffs, da mit diesem u. a. auch die Begrifflichkeiten Brand Spots, Brand scape, Brand
Parks, Brand Destinations, Corporate Lands, Visitor Centers, Edutain ment Center, Kommu-
nika tionsplattform, Markenerlebnis park sowie Industrie er lebniswelten verwendet werden
(vgl. Kilian, 2008; Nufer, 2006; Wolf, 2005; Borries, 2004; Thiemer, 2004; Meinicke, 2003; Stei-
nicke, 2001; Valdani/Guenzi, 2001). Einige Autoren betrachten Brand Lands sogar als eine
Sonderform der Events (vgl. Nufer, 2006, S. 335 f.), andere Verfasser sehen sie als eigen stän-
diges In stru mentarium an (vgl. Meinike, 2003, S. 105 f.).
Einigkeit besteht jedoch in der Auffassung, dass schon vor der Entstehung der Brand
Lands in der heutigen Ausprägung andere Instrumente ähnlichen Charakters existierten,
um die Marke eines Unternehmens auf persönlichem und direktem Wege einem Groß-
teil der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Abgrenzung von diesen Instrumenten
ergibt sich jedoch vorrangig aus den folgenden konstitutiven Brand Land-Merkmalen:
Dauerhaftigkeit —
Ortsgebunden heit —
Erfahrbarkeit —
Emotionale Inszenierung. —
Bei einer umfassenden Begriffsbestimmung reicht es also nicht aus, sich nur auf die Erleb-
barkeit zu beschränken: „Brand Lands can be defined as manufacturer owned outlets, in
which special brand experiences […] for customers are inte grated“ (vgl. Diez/Schwarz,
2000, S. 4). Menschen wollen mit starken Marken in Kontakt treten und „Brand Lands
insze nieren Marken dauerhaft in Form von live erlebbaren Ereignissen“ (vgl. Kagelmann,
2004, S. 181). Sie ermöglichen die an einem Ort stattfindende Ver knüpfung von Informa-
tionen und Unterhaltung, fördern die Identifikation mit der Marke, erzeugen Emotionen
und bieten Spannungsfelder und Erlebnisse. Zu sammenfassend kann daher folgende über-
greifende Definition abgeleitet wer den (vgl. Springer, 2008, S. 16):
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
126
Definition Brand Land
Ein Brand Land ist ein auf Dauer angelegter, stationärer, dreidimensionaler, realer Ort,
der unter Markengestaltungsrichtlinien vom Unternehmen gebaut und überwiegend am
Produktions- bzw. Haupt standort betrieben wird, um gemäß spezifischen Zielsetzungen
den relevanten internen und externen Zielgruppen die essentiellen, wesensprägenden
und charakteristischen Nutzenbündel der Marke multisensual erfahrbar und erlebbar
zu machen.
Anders als Messen oder Events, die zeitlich begrenzt sind, geht es hierbei um real erlebbare
und erfahrbare Markenausstellungen von unbegrenzter Dauer (vgl. Erber, 2005, S. 23), die
sich durch ein hohes Maß an Steuerbarkeit und Nach haltig keit auszeichnen. Hier werden
u. a. Werksbe sich ti gungen, Museumsbegehungen, gastro nomische Angebote, Shop systeme
sowie themenbezogene Events und Veran staltungen angeboten. Ruhezonen und Aktivitäts-
zonen sind im Wechsel angeordnet und vermitteln Infor mationen wie auch Unterhaltung.
Im Vergleich dazu verkörpern Showrooms veränderbarere, multifunktional begehbare
Markenwelten, jedoch mit einem stärkeren Unterhaltungs- und Verkaufsfokus, als es bei
den Brand Lands der Fall ist (vgl. Abbildung 24).
Brand Lands Showroom
Abbildung 24. Vergleich von Brand Lands und Showrooms
Entertainment
Information
AktiveBeteiligung Verkauf
PassiveBeteiligung
Kommuni-kation
127
Der Begriff „Showroom“ entstammt ebenfalls aus dem Englischen und kann mit „Aus-
stellungs- und Verkaufs raum“ frei übersetzt werden. Die eigentliche Präsentation der Waren
wird durch eine Vielzahl von Entertain ment-Elementen ergänzt, die dafür sorgen, dass
die Freizeitgestaltung und das Markenbewusstsein im Alltag der Besucher auf subtile Art
und Weise miteinander verschmelzen.
Solch ein Lifestyle-Erlebnis, das mit der Ver wendung der Produkte einhergehen
sollte, wird u. a. durch die Zusammenstellung einzelner Elemente, wie z. B. Mode,
Gastronomie und Musik, erreicht. Showrooms werten demzufolge die Ware mit
der Art der Präsentation auf. Es wird selbst mit der Architektur der Räumlichkeiten
kommuniziert. Der designte Verkaufsraum steht im engen Verhältnis zu den Gegen-
ständen der Waren präsentation (vgl. Bosch, 2001, S. 10). Die anwesenden Kunden
und Besucher werden in einen emotionalen Zustand versetzt, der sie veranlasst, ein
Verkaufsangebot mit hoher Verweildauer und bei bester Laune zu erforschen (vgl.
Mikunda, 2002, S. 127).
Der klassische Point of Sale (POS) wird somit zum Point of Experience (POE) (vgl. Kilian,
2008, S. 63), weil die „Shopping-Regel“ der Zukunft „Feel and buy“ zu lauten scheint. Des-
halb werden Showrooms auch immer mehr zu beliebten Anlauf punkten in der Stadt. Zu-
sammenfassend lässt sich daher folgende Definition für die Showrooms ableiten:
Mit dem Bedeutungszuwachs von Brand Lands und Showrooms sind auch erste Differenzie-
rungen der Erscheinungsformen in der Literatur vorgenommen worden. Mikunda unterteilt
die Brand Lands bspw. vereinfacht in Orte des Begreifens, Orte der Verehrung und Orte des
Begehrens (vgl. Mikunda, 2002, S. 68). Unter Berücksichti gung weiterer Typologisierungen
können ähnlich wie in Kap. 3.3.1 folgende allge mein gültige Kriterien herangezogen werden:
Breite des Angebots—
z. B. firmen bezogene Brand Lands, themenbezogene Brand Lands,
freizeit bezogene Brand Lands
Brand Lands und Showrooms 3.3
Definition Showroom
Ein Showroom ist ein stationärer, dreidimensionaler, realer Raum, der unter Marken ge-
staltungs richtlinien vom Unternehmen eingerichtet und überwiegend an zielgruppenfre-
quentierten Orten betrieben wird, um gemäß spezifischen Zielsetzungen den relevanten
internen und externen Zielgruppen die essentiellen, wesensprägenden und charakte-
ristischen Nutzenbündel der Marke multisensual erfahrbar und erlebbar zu machen.
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
128
Schwerpunkt des Angebotes—
z. B. „Marke als Produkt“ bezogene Brand Lands, „Marke als Symbol“
bezogene Brand Lands, „Marke als Organisation“ bezogene Brand Lands
Funktion des Angebotes—
z. B. infotainmentorientierte Brand Lands, edutainment-
orientierte Brand Lands
Aussteller- und Besucherreichweite—
z. B. nationale und internationale Brand Lands.
Ähnlich verhält es sich mit den Showrooms, da dieses Instrument durchaus ein Teil des
Brand Lands sein kann, nur gilt diese Prämisse nicht umgekehrt. Im opti malen Fall erfüllen
sowohl Brand Lands als auch Showrooms das Bedürfnis nach Abwechs lung, Erlebnissen
und Information. Die Besucher möchten etwas erleben und dies immer wieder aufs Neue.
Sie möchten emotional angeregt und konsequent unterhalten werden. Die verschiedenen
Wünsche der Besucher lassen sich wie folgt syste ma tisieren (vgl. Opaschowski, 2000, S. 59):
Bedürfnis nach Unterhaltung—
Die Besucher wollen eine schöne Zeit verbringen und
etwas Außerge wöhnliches und Neues erleben.
Wunsch nach Entspannung—
Die Besucher möchten beim Besuch entspannen und
sich nicht anstrengen müssen.
Forderung nach Abwechslung—
Die Besucher wollen auf keinen Fall an ihren Alltag erinnert werden.
Sehnsucht nach Gemeinschaft—
Die Besucher wollen mit anderen (Familie, Freunden)
gemeinsam etwas erleben.
Wohlfühlen in schöner Umgebung—
Die Besucher wollen saubere und aufgeräumte Attraktionen erleben.
In einer postmaterialistischen Gesellschaft kaufen die Kunden nicht mehr ausschließlich
Güter, sondern „Geschichten, Gefühle, Träume und Werte“ (vgl. Bolz, 2005, S. 17). Man
macht es sich zunutze, dass „Erzählungen einen zentralen Bestandteil der menschlichen
Erfahrung und eine natürliche Form der Infor mationsverarbeitung darstellen“ (vgl. Went-
zel et al., 2008, S. 408). Dies darf jedoch ein bestimmtes Maß nicht überschreiten, denn „je-
des überflüssige Wort wirkt seinem Zweck [...] entgegen“ (Schopenhauer [1788–1860]).
129
Für ein dramaturgisch gutes „Storytelling“ werden daher die Ausstellungs inhalte der
Brand Lands und Showrooms immer wieder aktualisiert, überarbeitet und ergänzt, je-
doch selten vollständig rückgebaut. Es gilt den Spagat zwischen Kontinuität und Anpas-
sung zu wahren. Deshalb ist es von äußerster Wichtigkeit, die mit den Instrumenten ver-
bundenen kommu ni kations spezifischen Aktivitäten einer systema tischen und strukturier-
ten Pla nung zu unter ziehen. Auch hier ist die Einteilung in eine Vorher-, Während- und
Nachher-Phase angebracht.
3.3.2 Planung und Umsetzung
In Brand Lands und Showrooms wird den Unternehmen die Möglichkeit geboten, sich
selbst und die eigenen Produkte in einer entspannten Atmosphäre und durch Ausblendung
der Konkurrenz so gut wie möglich zu präsentieren und sich gleich zeitig vom Wett bewerb
abzuheben. Durch die positiven Erfahrungen des darge botenen „Value-Added-Services“
(vgl. Meffert et al., 2008, S. 461) sollen be stehende Kunden langfristig in das Unterneh-
men einbezogen und gebunden werden. Aber auch potenzielle Neukunden können auf
diese Weise gewonnen werden. In jedem Fall wird ein direkter Kontakt und Austausch
zwischen dem Unternehmen und seinen Zielgruppen geschaffen, sodass sich folgende
Hauptziele mit Hilfe des Brand Land- und Showroom-Einsatzes ver wirklichen lassen:
Anbahnung von nationalen und internationalen Geschäfts beziehungen —(Bekanntheitssteigerung, Imageverbesserung)
Pflege und Aktivierung von bestehenden Geschäftsbeziehungen —(Präsentation neuer Produkte und Leistungen, Stammkundenpflege)
Integration der Kunden in den Geschäftsprozess —(Kunde als Co-Produzent, Einbeziehung kreativer und innovativer Ideen,
An bahnung neuer Verkaufs- und Vertragsabschlüsse)
Festlegung der eigenen Position im Wettbewerbs umfeld —(Präsentation der essentiellen, wesensprägenden und charakteristischen Nutzen-
bündel der Marke, Abgrenzung von Wettbewerbern, Marktforschung).
Je klarer und präziser die Ziele in der Vorher-Phase formu liert werden, desto besser kann
in der Zielerreichungsanalyse eine Aussage über den Erfolg getroffen werden. In der Pra-
xis wird meist ein Verbund von Zielen mit den beiden Instru menten verfolgt, die sich in
Haupt- und Nebenziele unterteilen lassen.
Brand Lands und Showrooms 3.3
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
130
Ein Brand Land kann z. B. neben der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen auch
den Produktionsstandort eines Unternehmens stärken. So wurde die Errichtung der
VW-Autostadt u. a. als Maßnahme zur Struktur ent wicklung der Wolfsburger Regi-
on ange sehen.
Über die klaren Zielsetzungen und Zielgruppen hinaus ist auf Unternehmensseite festzu-
legen, welche bestehenden Elemente in das Brand Land bzw. den Showroom integriert
und in der Während-Phase dargeboten werden sollen. Wenn die Darbietung der zu erzäh-
lenden Geschichte einer gewissen dramaturgischen Logik folgt und ein bestimmtes Maß
an Infor mationen nicht über schreitet, dann verbinden sich Unterhaltung und Information
zu einem besonders intensiven Kommunikationserlebnis. Erfolgreich sind solche Erleb-
nisse vor allem dann, wenn durch spontane und kurzweilige Überraschungs- und Interak-
tionseffekte das persönliche Engagement und die Begeisterung der Zielgruppen gesteigert
werden kann. Als Begründung lässt sich das Zitat von Oscar Wilde (1854–1900) anführen:
„Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert.“
Bereits Weizsäcker konnte nachweisen, dass eine Information nur dann zu einer
handlungs stiftenden Wirkung führen kann, wenn sie weder zuviel Neues noch
zuviel Bekanntes enthält (vgl. Weizsäcker, 1974, S. 82 ff.). Die Erstmaligkeit und
Bestätigung einer Information bedingen somit die Pole eines Kontinuums. Das
Wirkungsmodell kann mit dem Stressmodell in Beziehung gesetzt werden (vgl.
Abbildung 25), das den physiologischen Zusammenhang von Stress und Leistung
in klassischer Weise durch die Yerkes-Dodson-Kurve darstellt. Bei Unterforderung
bleibt der Mensch hinter seinen Möglich keiten zurück. Die Leistung sinkt jedoch
auch ab, wenn das Erregungsniveau über das erforderliche Maß erhöht wird. Nur
durch ein gesundes Maß an emotionaler Akti viertheit kann die Leistung bis zu
einem Spitzenwert gesteigert werden (vgl. Yerkes/Dodson, 1908, S. 449 ff.)
Stressmodell
Entzug an ReizenUnterstimulation
Leistung
Stress
Leistungshoch
Übermaß an ReizenÜberstimulation
Eustress
131
Wirkungsmodell
Abbildung 25. Beziehung des Wirkungs- und Stressmodells (Quelle: Weizsäcker, 1974; Yerkes/Dodson, 1908)
Sicher bietet es sich nicht für jede Branche und für jedes Unter nehmen an, ein Brand Land
oder einen Showroom zu errichten. Die kostenintensiven Anlagen sind nur dann zielfüh-
rend, wenn die Marke – lokal, regional oder global – auf eine aus reichende Bekanntheit
stößt. Deshalb werden Brand Lands vorrangig nur für starke Dachmarken erbaut. Des Wei-
teren sollte die Marke stets den Sprung zum „Erleben – Erfahren – Erinnern“ schaffen. Dazu
können auch bekannte Elemente in einen anderen Kontext einbezogen oder ein Wechsel
der Abstraktionsebenen angestrebt werden. Die Heraus forderung besteht in einer aktuellen
und spannenden Darbietung der Brand Land- und Show room-Angebote und - Programme,
sodass es nicht bei einem einmaligen Besuch der Zielgruppen bleibt.
Die Mehrfachbesuche werden auch durch externe Vermietungen realisiert, die unab -
hängig vom Produktservice gebucht werden können. So war z. B. der Kon ferenz-
bereich des neuen Porsche Museums in Zuffenhausen noch vor der Eröffnung im
Januar 2009 auf Monate so gut wie ausgebucht. Unternehmen aus allen Branchen
bzw. Veranstalter nutzen das ausstrahlend faszinierende Ambiente und die flexiblen,
multi funktionalen Raum lösungen, die durch moderne Medien- und Tagungs tech-
niken so wie abwechslungsreiche gastro no mische Möglichkeiten überzeugen, für die
Realisierung von Jahresauf taktveranstaltungen, Kinoevents und Konzerten bis hin
zu Produktpräsentationen, Mitarbeiterseminaren oder auch für Kamin gespräche
und Verhandlungen im kleinen Kreis.
Brand Lands und Showrooms 3.3
100 %
0 %
0 %
100 %
Information
Bestätigung Einmaligkeit
Wirkung
W0
I0
Wmax X
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
132
Es bedarf also einer gewissen Entwicklungsdynamik in der Markenüber setzung und -um-
setzung , wobei der Markenkern hiervon jedoch un berührt bleiben muss. Wird die Marken-
identität in der Außenwahrnehmung ungewollt verändert, können viele inten sive Erfah-
rungen unwiederbringlich ver nichtet werden, die bei den Zielgruppen vorher durch andere
Kommunikations maß nahmen langwierig aufgebaut wurden (vgl. Nuneva/Brand, 2007,
S. 239). Die Marketingmanager sind daher aufgefordert, stets eine integrierte Kommuni-
kationslösung zu schaffen.
Das nachfolgende Porsche-Beispiel zeigt, wie erfolg reich alle Kontakt punkte zur Marke
für die rele vanten Zielgruppen genutzt und umgesetzt werden können. Des halb gilt es
folgende Schlüsselfragen in der Pla nungs phase zu beantworten, um die Existenzberech-
tigung in der Nachher-Phase rechtfertigen zu können:
Schlüsselfragen/-kriterien für den Einsatz von Brand Lands und Showrooms
Wurden die Ziele für die Etablierung einer stationären Live Com-Plattform klar definiert?
Sind die anfallenden Investitionen und laufenden Kosten dem erwarteten Nutzen
gegenübergestellt worden?
Ist ein Benchmarking vergleichbarer Aktivitäten innerhalb und außerhalb
der Branche durchgeführt worden?
Bietet der Standort eine hinreichende Zielgruppenfrequenz oder ist die Attraktivität
des Brand Lands entsprechend groß, sodass keine Mobilitätsbarrieren bestehen?
Baut die Brand Land-Konzeption auf der Markenidentität des Unternehmens auf?
Sind alle Elemente zur Vermittlung multisensualer Markenerlebnisse ermittelt und
bewusst gestaltet sowie aufeinander abgestimmt worden?
Welche Elemente bieten Brand Lands für Mehrfachbesuche und
für eine Erhöhung der Verweildauer?
Wird die wahrgenommene Servicequalität eines Brand Lands oder
eines Showrooms systematisch kontrolliert und verbessert?
Wird die Erfolgswirkung von Brand Lands und Showrooms psychographisch
sowie ökonomisch regelmäßig erfasst?
133
Brand Lands und Showrooms 3.3
Case: Brand Land Porsche
Branche: Automotive Region: Europa Kategorie: Brand Land
Willkommen im Porsche Brand Land in Leipzig
Porsche bietet seinen Besuchern inzwischen eine Vielzahl unterschiedlicher Erlebnisan-
gebote, die sich aus verschiedenen Programmkomponenten zusammensetzen. Hierbei
werden die drei folgenden Bereiche miteingebunden:
1. Kundenzentrum
Schon von weitem lädt der 32 m hohe markante Turm, der einem geschliffenen
Diamanten ähnlich sieht, dazu ein, Porsche näher kennenzulernen. Auf mehreren
Etagen erstreckt sich das exklusive Kundenzentrum, das Tagungsräume, ein
Restaurant- und Shopbereich sowie wechselnde, historische und aktuelle Fahr-
zeugausstellungen in sich birgt.
2. Produktion
Im technisch hochwertigen Produktionsbereich können Cayenne und Panamera dann
auf ihrem Weg durch die Fertigung begleitet werden. Die Besucher partizi pieren als
stille Beobachter an der Fertigungsstrecke daran, wie die Ingenieure und Mechaniker
mit größter Konzentration und Sorgfalt die Rennsporttechnik zusammensetzen .
3. Fahrstrecke
Im dritten und letzten Bereich, der Fahrstrecke, werden den Besuchern mehrere
außergewöhnliche Optionen geboten, die Fahrzeuge selbst zu testen. Hierfür
gibt es eine FIA-zertifizierte, 3,4 km lange Einfahr- und Prüfstrecke sowie eine
anspruchsvolle, 6 km lange Geländestrecke, die verschiedenste Fahrsicherheits-
trainings möglich machen. Porsche ist als exklusiver Hersteller mit einer eminent
starken Marke hervorragend gerüstet, um eine individuelle Betreuung der
Kunden und interessierten Besucher mit Hilfe des Brand Lands sicherzustellen.
Zur Überprüfung des Erfolges des Brand Land-Konzepts von Porsche wurde eine umfas-
sende Panelstudie durchgeführt (vgl. Springer, 2008). Insgesamt fanden 289 Datenfälle Ein-
gang in die empirische Auswertung. In Form von schriftlichen Befragungen der Porsche-
Mitarbeiter und Besuchergruppen konnte die Innen- und Außenperspektive der Wahrneh-
mungs- und Wirkungsweise des Brand Lands detailliert abgebildet und analysiert werden.
Die Ermittlung erfolgte über eine dreistufige Vorher-, Während- und Nachher-Befragung.
Erste deskriptive Untersuchungen zeigten, dass die Mehrheit der befragten Besucher schon
vor dem Porsche Brand Land-Besuch eine sehr gute Meinung gegenüber der Marke Porsche
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
134
entwickelt hatte. So wurde die Marke von 73,48 % mit gut bis sehr gut (Top 2 Box) bewertet.
Allerdings zeigte sich bei der Besuchergruppe, dass diese Grundhaltung nicht auf kogni-
tiven Prägungen basierte. So erhielten die Aussagen „Ich habe den Eindruck, dass ich viel
über Porsche weiß.“ (Ø G 4,29) und „Ich fühle mich mit Porsche und seinen Produkten gut
vertraut.“ (Ø G 4,90) weniger Zustimmung auf einer 7er-Skala. Sich „über Porsche zu infor-
mieren“ (Ø G 2,83) war jedoch nicht Hauptanliegen, das Porsche Brand Land zu besuchen.
Als Grund wurde vorrangig angegeben, „etwas Besonderes [zu] erleben“ (Ø F 1,74 bzw.
Ø NF
2,65). Diese Priorisierung ist auch vor dem Hintergrund erklärbar, dass 90,97 % aller
befragten Besucher noch nie im Brand Land der Marke Porsche gewesen waren.
Insgesamt konnte für die Gruppe der Besucher, die zusätzlich zur Kundenzentrums- und
Produktionsführung ein Fahrevent gebucht haben, ein beachtlicher positiver Einstellungs-
effekt in der Vorher-Nacher-Betrachtung konstatiert werden, was für die Güte des Brand
Lands innerhalb der Instrumentevielfalt im Kommunikations-Mix spricht. Bis auf eine
minimale Ausnahme wurden alle Eigenschaften der Marke Porsche nach dem Programm
besser bewertet als vor dem Programm.
Werden die 26 verwendeten Markeneigenschaften mittels einer explorativen Faktorenana-
lyse in eine fünffaktorielle Lösung (Kompetenz, Nähe, Aufrichtigkeit, Nachhaltigkeit und
Dynamik) zusammengefasst, so ergeben sich weitere Tendenzen anhand der Mittelwert-
profile. Die Vorher-Nachher-Differenzen innerhalb der Markenkompetenz, die im Vergleich
zu den anderen Markenfaktoren auch schon vor dem Programm besser bewertet wurden,
fallen eher gering aus. Stattdessen gewinnt der vor dem Programm eher kritisch bewertete
Markenfaktor der Nachhaltigkeit, der sich aus den Eigenschaften „sozial akzeptiert“,
„familien freundlich “, „naturverbunden“ und „verantwortungsbewusst“ zusammen setzt,
an Bedeutung. Auch bei den Markenfaktoren Nähe und Aufrichtigkeit sind größere
Differenzen feststellbar. Die Eigenschaften „naturverbunden“, „familienfreundlich“ und
„greifbar“ weisen die stärksten Vorher-Nachher-Abweichungen auf.
135
Brand Lands und Showrooms 3.3
Markeneigenschaften vorher nachher trifft voll und ganz zu
trifft gar nicht zu
NF ØF F ØF F Ø Ø 1 2 3 4 5
1
hochwertig 127 1,38 0,74 1,40 0,71
exklusiv 130 1,42 0,79 1,41 0,72
markant 128 1,75 0,95 1,63 0,90
modern 128 1,80 0,94 1,48 0,72
professionell 127 1,65 0,89 1,37 0,80
traditionsbewusst 128 1,78 1,07 1,66 0,96
einzigartig 125 1,86 1,04 1,67 0,98
begeisternd 126 1,61 1,00 1,40 0,65
modisch 129 2,22 1,26 1,87 1,05
innovativ 127 1,91 1,05 1,64 0,92
zuverlässig 129 1,97 1,05 1,52 0,83
unabhängig 125 1,98 1,01 1,85 1,03
nachhaltig * 127 2,72 1,38 1,91 1,07
2
sympathisch 130 2,36 1,18 1,88 0,95
freundlich 128 2,69 1,27 1,73 1,00
bodenständig * 130 3,25 1,76 2,40 1,44
natürlich 128 3,27 1,43 2,47 1,17
3
authentisch 127 2,72 1,39 2,02 1,07
ehrlich 128 2,63 1,37 1,95 1,01
greifbar 123 3,60 1,63 2,52 1,33
4
verantwortungsb. 127 2,54 1,31 1,68 0,82
sozial akzeptiert 127 3,69 1,66 2,64 1,47
naturverbunden 127 4,41 1,72 2,87 1,63
familienfreundlich * 130 4,50 1,75 3,34 1,62
5vital 129 2,42 1,30 2,04 1,10
phantasievoll 127 2,84 1,43 2,21 1,23
Markenfaktoren: 1 Kompetenz 2 Nähe 3 Aufrichtigkeit 4 Nachhaltigkeit 5 Dynamik
Zwei-Stichproben-t-Test: * nicht signifi kant
vorher nachher
Abweichungen: der Ø nachher vom Ø vorher± [0 bis 0,1] ± [0,11 bis 0,5] ± [0,51 bis 1,0] ± [ab 0,1]
positiv
negativ -- ---
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
136
Dass sich Porsche mit einer Vielzahl an Programmen optimal auf die verschiedenen Be-
sucherbedürfnisse einstellt, zeigte sich auch im Abgleich der Erwartungen an den Besuch
und an den erbrachten Leistungen. 86,2 % der Besucher gaben auf einer 7er-Skala an, dass
ihre Erwartungen (voll und ganz) erfüllt wurden (Top 2 Box). Die Besucher stimmen am
Ende des Programms mehrheitlich (voll und ganz) zu (Top 2 Box), dass Porsche „eine Mar-
ke mit hohem Ansehen ist“ (89,1 %), dass diese „gut auf zukünftige Herausforderungen
vorbereitet ist“ (84,7 %) ist und dass sich Porsche „deutlich von anderen Automobilisten
unterscheidet“ (73,7 %). Nahezu einhellig wurde die Meinung vertreten, sich positiv über
den Tag bei Porsche zu äußern und Anderen von den guten Erfahrungen im Brand Land
zu berichten.
Foto: Porsche
137
Brand Lands und Showrooms 3.3
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
138
3.3.3 Generelle Beurteilung der Wirkung
Brand Lands und Showrooms dienen als überzeugende erlebnisbetonte Kommunikations-
platt formen, auf denen sich Menschen und Marken begegnen, um an den Werten von Marken,
Unternehmen und Produkten teilzuhaben. Die Authen tizität des Produktes wird im Hin-
blick auf die Feststellung: „The core of any product experience is the use of the product […]
itself” (Robi nette/Brand, 2001, S. 64) durch ein vielfältiges, multisensual erfahrbares Angebot
reali siert. Mithilfe der konsistenten und kontinuier lichen Ansprache aller Sinne kann der Be-
such von den verschiedenen Zielgruppen als ein ganzheitliches Erlebnis wahrgenommen
werden. Zwar erzielen sie in einer begrenzten Zeit nicht so hohe Reichweiten wie die Messen,
dafür ist die Kontaktintensität, Interaktion und Erfahrbarkeit höher. Aus diesem Grund
werden auch die Demonstration der Markenqualität und das Erleben der Markenwelt
stärker empfunden. In Tabelle 16 ist die Charakteristik der Kommuni kations instrumente
Brand Lands und Showrooms zusammenfassend dargestellt.
schwache Ausprägung mittlere Ausprägung starke Ausprägung
Tabelle 16. Eigenschaften und Wirkungsdimensionen der Brand Lands und Showrooms
Eigenschaften Zielsetzungen
Reichweite Erhöhung der Markenbekanntheit
Ortsgebundenheit Aufbau des Markenimages
Zeitgebundenheit Aufbau von Markenvertrauen
Kontaktintensität Demonstration der Markenqualität
Erfahrbarkeit Erleben der Markenwelt
Emotionalität Differenzierung im Wettbewerb
Multisensualität Direkte Erhöhung des Abverkaufs
Persönlicher Kontakt Steigerung der Markenloyalität
Kontrolle des Rezipientenumfeldes Erhöhung der Kundenbindung
Interaktion
Kontaktkosten
139
Events und Roadshows 3.4
3.4 Events und Roadshows 3.4.1 Kennzeichnung und Bedeutung
Das Eventmarketing entstand aus der Idee, das wachsende Bedürfnis der Zielgruppen nach
stimulierenden Erlebnissen mit der Marketing kommunikation zu verbinden. Events und
Roadshows dienen als Instrumente keinesfalls nur zur schlichten Kunden unterhaltung, son-
dern haben sich seit Anfang der 1990 er Jahre als eigen ständige Kommuni kations instru -
mente mit individuellem Wirkungs profil und strate gischem Wirkungshorizont entwickelt
(vgl. Zanger , 2007; Zanger/Sistenich, 1996). Angestrebt wird eine Inten sivierung, Verfeine-
rung und Qualitäts steigerung der kommerziellen Erlebnis dichte (vgl. Pradel , 2001, S. 90).
Da die Instrumente in der Praxis der Unter nehmens kommunikation eine nahezu eupho-
rische, aber aus wissen schaftlicher Sicht eine zunächst höchst un reflektierte Aufnahme ge-
funden haben , bedarf es gegenwärtig immer noch einer weiteren Professionalisierung des
Ein satzes.
Auf dem Eventmarkt zeichnet sich ein quantitatives Wachstum ab, auch wenn nur die Zahl
der Events und nicht die der eventveranstaltenden Unternehmen steigen wird (vgl. Zan-
ger, 2007, S. 14 f.) Insbesondere im Investitionsgüter- und Non-Profit-Bereich können neue
Wirkungsfelder erschlossen werden. Auch für die Ansprache spezieller Ziel gruppen, wie
z. B. für die Shareholder, werden Events verstärkt ge nutzt. Gleich zeitig steigt die Anspruchs-
haltung aller Eventbe teiligten in puncto Qualität, Umsetzung und Wirkung.
Der Branchenverband der deutschen Eventagenturen (FME) legt bei der seit 1997
jährlich stattfindenden Verleihung des Event Awards (EVA) einen Katalog von Kri-
terien für die Auszeichnung des erfolgreichsten deutschen Events zugrunde.
Doch kann jede Veranstaltung, die einen gesteuerten Aktivierungsprozess auslöst (vgl.
Schäfer , 2002, S. 9), auch als Event bezeichnet werden? Der Terminus Event (aus dem lat.
„eventus“ hergeleitet, d. h. „Ereignis“) wird in der Praxis recht inflationär ge braucht. Die
folgende Definition ist eine Synthese aus von einander abweichenden Auffassungen der
Lite ratur (vgl. Zanger, 2007; Nufer, 2007; Bruhn, 2005 a):
Definition Event
Ein Event ist ein temporär inszeniertes Ereignis, das sich an unternehmensinterne und
-externe Adressaten richtet mit der Zielsetzung, firmen-, marken- oder produktbezo-
gene Kom munikations inhalte multisensual und erlebnisorientiert zu vermitteln.
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
140
Da Events den inhaltlichen Kern des Eventmarketing bilden, beinhaltet das Event marketing
die zielorientierte, systematische Planung von eigenständigen, erlebnis orientierten Veran-
staltungsinszenierungen sowie deren Realisierung und Nachbe reitung im Rahmen der
Unternehmenskommunikation zur Erreichung der Marketing- und Kommu nika tionsziele
(vgl. Nufer, 2006; Lasslop, 2003).
Gemäß der Lokalisierungsdimension der Live Com-Strategie kann es sich beim Event auch
um ein mobiles Konzept handeln, dessen Vorteil darin besteht, das zu präsentierende An-
gebot im großen oder kleinen Stil Kunden, Händlern oder Geschäftspartnern direkt vorzu-
führen. Die Erfinder der Road shows hielten es für eine gute Idee, mit Unternehmen, Pro-
dukten und Dienstleistungen auf „Tournee“ zu gehen und von Ort zu Ort, von Stadt zu
Stadt oder gar von Land zu Land zu fahren. Demzufolge lässt sich folgende Definition ab-
leiten:
Die Besonderheiten einer Roadshow sind die Nähe und der direkte, persönliche Kon takt.
Kunden , Händler oder Geschäftspartner bekommen die gewünschten Infor mationen
zudem aus erster Hand. Auf diese Weise werden temporäre Gemeinschaften geschaffen,
welche die Identität der ihr zugehörigen Individuen stärken (vgl. Gebhardt, 2000; Knob-
lauch, 2000) und den nach außen gerichteten Prestigenutzen erhöhen (vgl. Wochnowski,
1996, S. 156). Gut organisiert, können auch relativ kleine Zielgruppen wie Händler oder
Geschäfts partner in Hotels oder Kongressräume geladen und dort informiert werden.
Demzufolge müssen Roadshows nicht immer im Freien oder in großen Hallen statt finden.
Unternehmen wie die Telekom, Micro soft und SAP gehen diesen Weg.
Es gibt auch Unternehmen, die enge Partnerschaften mit korrespondierenden Mar-
ken im gleichen Kundensegment eingehen und im Verbund eine Roadshow planen
und realisieren. So konzipierte Aston Martin zur Einführung des neuen Aston Mar-
tin V8 VANTAGE eine Roadshow quer durch Europa. An 36 Händlerstandorten
sprach die Luxusmarke insbesondere junge, premium- und designorientierte Entre-
preneurs und Career-Professionals an. Mit von der Partie: zwei erstklassige Koope-
rationspartner, der Uhrenhersteller Jaeger-LeCoultre und das Champagner- und
Weingut Jacqueson.
Definition Roadshow
Eine Roadshow ist eine Zusammenstellung von mehreren, temporär und an verschie-
denen Orten inszenierten Ereignissen, die sich an unternehmensinterne und -externe
Adressaten richten mit der Zielsetzung, firmen -, marken- und produktbezogene Kom-
munikations inhalte multisen-sual und erlebnis orientiert zu vermitteln.
Events und Roadshows 3.4
141
Solche Promotiontouren eignen sich vor allem zur Steigerung der Produkt bekan nt heit, was
die Roadshows speziell für Produktneueinführungen zu einem wertvollen Kommunikati-
onsinstrument macht. Aber auch eine stärkere Bindung zu den Stamm kunden kann eine
wesentliche Zielstellung sein. Deren Erwartungshaltung an das Erlebnis einer Roadshow
ist weitaus größer als jene, die sie an das Erlebnis einer Messe stellen. Entsprechend hoch
ist der Anspruch an den Veranstalter. Während er auf einer Messe ein Aussteller unter vie-
len ist und die Messe als Ganzes einen Gesamteindruck vermittelt, ist er bei einer Road-
show ausschließlich auf sich gestellt. Von ihm hängen die Kundenzu friedenheit und damit
der Erfolg des Events ab.
Es lässt sich nur schwer beurteilen, ob eine Roadshow effizienter ist als die Teilnahme
an einer Messe. Beeinflussende Kriterien sind die mit der Roadshow ver knüpfte Ziel-
setzung und die Größe des Erlebnisses.
Die einzelnen Events lassen sich gemäß ihrer allgemeinen Erscheinungsformen kate-
gorisieren (vgl. Tabelle 17). Als Eventanlass stehen vor allem Teambuilding, Info tainment,
Kultur und Sport hoch im Kurs (vgl. Zanger, 2007, S. 13). Zur kreativen Aus gestaltung des
einzelnen Events existieren vielfältige Instrumentarien. Das Spektrum reicht dabei von
Multimedia-Präsentationen, Showparts und Talkshows über das Kre ieren neuer Sport-
wettkämpfe bis hin zu Abenteuer- und Erlebnisreisen (vgl. Nickel, 2007, S. 165 f.). Der
Veranstaltungsrahmen sowie die eigentliche Botschaftsvermittlung beeinflussen stark die
Wirkung der Teilnehmer.
Tabelle 17. Formen von Events (Quelle: i. A. Meffert et al., 2008; Lasslop, 2003)
Zielgruppe
intern intern & extern extern
Ko
mm
un
ikat
ion
szie
l
Entertainment
Internes
Unterhaltungsevent
(z. B. Weihnachts-
feier)
Duales
Unterhaltungsevent
(z. B. Konzert für
Schlüsselkunden
und Mitarbeiter)
Externes
Unterhaltungsevent
(z. B. Sport-
veranstaltung)
Infotainment
Internes
Infotainment-Event
(z. B. Kick-Off-
Meeting)
Duales
Infotainment-Event
(z. B. Fortbildung
mit Rahmen-
programm)
Externes
Infotainment-Event
(z. B. Produkt-
präsentation am
POS)
Information
Internes
Informationsevent
(z. B. Produkt-
schulung)
Duales
Informationsevent
(z. B. Haupt-
versammlung)
Externes
Informationsevent
( z. B. Presse-
konferenz)
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
142
Es wird durch den Einsatz der Events und Roadshows möglich, die mittels anderer Kom-
munikations instrumente erzeugte Emotionalisierung der Botschaft persönlich er leb bar zu
machen. Dieses besondere Potenzial in Kombination mit anderen Kommuni ka tions in-
strumenten ist bereits erkannt worden und wird zunehmend im praktischen Einsatz aus-
gelotet. Die Synergie- und Wirkungseffekte resultieren aus den fließen den Instrumentegren-
zen, wie sie sich z. B. bei zielgruppen gerechten Messe events, Handelsevents, PR-Events,
Side-Events oder Public Events abzeichnen. Mit der ansteigenden Bedeutung und Erschei-
nungsform von Events und Roadshows werden Fragen nach einer systema tischen Planung
und einer theoretischen und praktischen Fundierung des Handelns gestellt.
3.4.2 Planung und Umsetzung
Die in sich schlüssige und umfassende Konzeption in der Vorher-Phase bildet die Basis
für ein erfolgreiches Event bzw. eine erfolgreiche Roadshow. Den Ausgangs punkt bilden
interne und externe Analysen, um langfristige Trends im Stake holder verhalten, die Event-
und Roadshow-Aktivitäten der Wettbewerber sowie die unter nehmenseigenen Kernkom-
petenzen zu bestimmen. Im Weiteren gilt es, solche Bot schafts inhalte zu definieren, die geeig-
net sind, markenbezogene und zielgruppen spezifische Erlebniswelten zu schaffen. Die Ziel-
gruppen bleiben nicht mehr nur Empfänger der Botschaften, sondern erhalten auch die
Möglichkeit, temporär an der konstruierten Erlebniswelt aktiv teilzuhaben. Die symbo-
lische Markenwelt wird für den Event- und Roadshow-Teil nehmer zur emotional erleb-
baren Welt.
Es ist eher darauf zu achten, dass bereits im Vorfeld der Live Com-Aktivitäten ein professio-
nelles „Sensa tion Management“ betrieben wird (vgl. Nickel/Esch, 2007, S. 74), um Interesse
zu wecken und Er wartungen und Emotionen bereits mit dem ersten Kontakt dramaturgisch
und gezielt zu steuern. Zum Zwecke der Konsistenz und Kontinuität ist das zentrale Erleb-
nis hier archisch darzubieten, sodass um das markenspezifische Schlüsselerlebnis herum
einzelne Erlebnisse mit unterschiedlichem Konkretisierungsgrad angedockt werden. Eine
Zersplitterung des Erlebten in Einzeleindrücke mit unter schiedlichen Inhalten ist zu ver-
meiden.
Ferner ist festzuhalten, dass eine Serie zusammenhängender Events erfolgsträch-
tiger ist als ein einzelnes Event, da sich der gewünschte Imagetransfer nur über ei-
nen längeren Zeitraum realisieren lässt (vgl. Burmann/Feddersen, 2007; Bur mann/
Nitschke, 2005). Hierbei konnte die Passfähigkeit als wesentliche Wirkungsdetermi-
nante identifiziert werden, die jedoch abhängig vom Involvement der Eventteilneh-
mer und deren Fähigkeit zur Botschaftsaufnahme ist (vgl. Drengner, 2003, S. 205 ff.).
Der Imagetransfer ist als eine Reaktion in der Psyche des Menschen zu verstehen
und kann in beide Richtungen zwischen Event bzw. Roadshow und Kommunikati-
onsobjekt erfolgen (vgl. Meffert/Heinemann, 1990, S. 5 ff.).
143
Auch wenn Events oder Roadshows eigenständige und vollwertige Kommunikations akti-
vitäten darstellen, entfalten sie ihre vollkommene Wirkung erst in der Instru mentever net-
zung. Bereits bei der Planung ist deshalb auf die Stimmigkeit zu bisher kommunizierten
Markenbotschaften zu achten. Zu unterscheiden sind dabei Maß nahmen, die das Event bzw.
die Roadshow vorbereiten, begleiten oder nach bereiten.
Die Instrumente der Traditional Communication eignen sich in der vorbereitenden
Phase vor allem dazu, Interesse an der Veranstaltung zu wecken und frühzeitig über
das Besondere des Events zu informieren (vgl. Neujahr, 2004; Opaschowski, 2000).
Veranstaltungsbegleitend sind vor allem Maßnahmen der Direktkommunikation
durch zuführen, und mit Hilfe der Virtual Communication lassen sich weiterführende
Informa tionen vermitteln. Nach der Durchführung können verschiedene As pek te
des Events bzw. der Roadshow im kommunikativen Unternehmensauftritt als
Identifika tions anker aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
Als kommunikative Ziele, die sich durch den Einsatz von Events und Roadshows er reichen
lassen, sind die Schaffung und Erhöhung der Bekanntheit, Imageziele sowie die Verbrei-
tung von Wissen über das Kommunikationsobjekt zu nennen. Ferner werden die beiden
Live Com-Instrumente in der Praxis bevorzugt als Instrumente der Kundenbindung in
externen Kreisen und als Motivationsmittel in internen Kreisen eingesetzt (vgl. Buß, 2004;
Zanger/Drengner, 2004). Diese Zielstellungen stehen aller dings auch beim Einsatz anderer
Kommunikationsinstrumente im Vordergrund. Im Vergleich hierzu werden die Erlebnis-
orientierung, die emotionale Ansprache, die Exklusivität und Intensität des Kunden-
kontaktes sowie die Aktivierung der Kunden mittels Eventmarketing als deutlich besser
durchsetzbar eingeschätzt (vgl. Abbildung 26). Zentrale Zielsetzungen sind demzufolge
die Präsentation des Kommunikations objektes in erlebnisorientierter Form und die aktive,
emotionale Ansprache des Zielpublikums.
Events und Roadshows 3.4
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
144
Abbildung 26. Eventziele im Vergleich zu anderen Kommunikationsinstrumenten (Quelle: Zanger, 2001, S. 844)
Neben der professionellen operativen Planung und Steuerung des Ablaufs stufen so wohl
die Unternehmen als auch Agenturen die strategische Vorbereitung des Marketingevents
als erfolgsrelevant ein. Als wichtige Bezugspunkte werden hierbei die Botschaften, Ziel-
gruppen und Produkte oder Dienstleistungen gesehen (vgl. Abbildung 27). Die Festlegung
ist bei der Auswahl des Veran staltungsortes, geeigneten Dienst leistern, der medialen Vorbe-
reitung und Ziel gruppenansprache wichtig, da diese wiederum Auswirkungen auf Einzel-
bereiche wie z. B. Licht- und Tontechnik, Special-Effects, Entertainment, Catering haben.
Eine vergleichsweise geringe Bedeutung wird der Agenturwahl für Leistungen Dritter
beigemessen, mit deren Unterstützung die Veranstaltung über haupt erst durchgeführt wer-
den kann. Möglicherweise ergibt sich dieses Resultat durch bereits existierende Koope ra-
tionen und Netzwerke.
Eventziele
Erlebnisorientierung
Emotionale Ansprache
Einmaligkeit/Exklusivität
Kontaktintensität
Aktivierung
Dauerhafte Nachwirkung
Authentizität
Zielgruppenfokussierung
Individualisierung
Hohe Glaubwürdigkeit
Streuverluste
Medienresonanz
Direkter Absatz/ Umsatz
Kunden leichterdurchsetzbar
gleich schlechter durchsetzbar
145
Bedeutungsindex (max. 100 Punkte)
Abbildung 27. Wichtigkeit einzelner Komponenten von Eventmarketingstrategien (Quelle: Zanger, 2001, S. 848)
Bei einem Event bzw. einer Roadshow wird ein umso größeres Aufmerksamkeits-, Akti-
vierungs - und Erinnerungslevel bei den Zielgruppen ausgelöst, je deutlicher sich die Insze-
nierung in der Während-Phase vom bisher Erlebten abhebt. Angesichts der Inflationierung
von Events ist die Frage nach dem vermittelten Teilnehmernutzen erfolgskritisch. Events
müssen etwas Besonderes bieten, neugierig machen und sich deutlich von alltäglichen Rou-
tinen der Zielgruppe abheben (vgl. Knoblauch, 2000, S. 42), um zu aktivieren. Neben der
Einzigartigkeit gehören die Episodenhaftigkeit, die Gemeinschaftlichkeit und Beteiligung
zu den generellen Fak toren, die Menschen beeindrucken (vgl. Schulze, 2007, S. 313 f.). Im
Rahmen der LiveTrends- Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Bündelung dieser
Faktoren als Eventatmosphäre die stärkste Profilierungswirkung besitzt. Hierbei spielen
die Kommunikation und Vermittlung der Markenbotschaft und das Erleben der Marken-
welt am richtigen Ort eine stärkere Differenzierungsrolle als die Einladung prominenter
Gäste oder der Einsatz von Hostessen (vgl. Abbildung 28).
Bei den angebotenen und erlebbaren Interaktionsarten setzen Unternehmen hauptsächlich
auf Shows, Infotainment, interaktive Produktpräsentation und Wettbewerbe (vgl. Zanger,
2001, S. 847). Häufig sind die Besucher nur passive Betrachter einer Inszenierung und sind
selbst physisch kaum involviert, sodass das aktive Erleben nicht oder nur sehr ein geschränkt
ermöglicht wird (vgl. Nickel/Esch, 2007, S. 75). Die Ver haltensabsicht und spätere Ausfüh-
rung korre lieren jedoch stärker, wenn die Einstellungen auf direkten Erfahrungen mit den
Event- bzw. Roadshow-Objekten beruhen (vgl. Fazio/Zanna, 1978, S. 398 ff.). Aufgrund per-
sönlicher Erfahrungen werden Meinungen durch die subjektive Einfärbung als richtig ange-
sehen (vgl. Herkner, 1991, S. 225), „denn nichts ist über zeugender als das eigene Erleben“
(vgl. Baum/Stalzer, 1991, S. 113).
Events und Roadshows 3.4
Wichtigkeit einzelner Komponenten
Botschaftsbezug 83
Zielgruppenbezug 83
Objektbezug 78
Gestaltung 55
Motto 53
Inszenierung 45
Erlebnisintensität 40
Agenturwahl 25
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
146
gute Differenzierung sehr gute Differenzierung
sehr hoch (1) hoch (2) gering (3) kein (4)
Abbildung 28. Differenzierungsoptionen bei einer Eventinszenierung (Quelle: LiveTrends)
In der Nachher-Phase kann der Spannungsbogen durch ein themenbezogenes Follow-Up
weiter verlängert werden. Im einfachsten Fall können Unterlagen, Photos von der Veranstal-
tung oder Videos als nachträgliche Kommunikation verschickt werden. Die Wirksamkeit
dieser Maßnahmen betrachten Agenturen und Unternehmen gleichermaßen mit Hilfe quan-
titativer und qualitativer Methoden. Zwar führen bereits die Hälfte der befragten Unter-
nehmen regelmäßige Erfolgskontrollen durch, doch handelt es sich dabei in der Mehrzahl
der Fälle um Selbst kontrollen mit Hilfe einfacher Kontakt- und Awareness-Kennzahlen,
die vor allem die kurzfristige Wirkung der Events beurteilen (vgl. Zanger, 2001, S. 833 ff.).
Insofern kann im Event- wie auch im Road show-Bereich noch nicht von etablierten Kon-
troll instru menten und -methoden gesprochen werden. Diese bedürfen haupt sächlich in
den Ereignis- und Marken dimensionen einer weiteren Professio na lisierung (vgl. Nickel/
Esch, 2007, S. 78 f.) und einer stärkeren dynamischen Betrachtungsweise in Form von Vor-
her-Nachher-Vergleichen.
Differenzierungsoptionen
MW
Atmosphäre auf der Veranstaltung 1,7
Kommunikation der Markenbotschaft 1,9
Location 2,0
Erleben der Markenwelt 2,0
Markenimage der Veranstaltung 2,0
Produktpräsentation 2,0
Dekoration und Ausstattung 2,1
Vernetzung der Instrumente 2,2
Bewirtung und Catering 2,4
Showprogramm 2,5
Multimediale Medieninszenierung 2,5
Prominente Gäste 2,6
Einsatz von Hostessen 2,7
-80 -60 -40 -20 20 40 60 80 1000
4 2,5 1,5 1
147
Events und Roadshows 3.4
Der zunehmende Rechtfertigungsdruck, Events und Roadshows wirtschaftlich attrak tiv zu
gestalten, erfordert die Beantwortung folgender Schlüsselfragen in der Planungs phase:
3.4.3 Generelle Beurteilung der Wirkung
Events und Roadshows sind i. d. R. eigenständig initiierte und in einem emotionalen und
interaktionsfähigen Kontext inszenierte Veranstaltungen mit hoher Kontakt qualität, aber
geringer Kontaktquantität (vgl. Lasslop et al., 2007, S. 117). Die Marken bot schaften werden
somit nur einem vergleichsweise kleinen Teilnehmerkreis zugänglich gemacht. Durch
die effektive Zielgruppenfokussierung lässt sich ein hoher Grad an Individualität und in-
folgedessen auch eine hohe Dialogintensität erreichen. Streuverluste, wie sie für die massen-
mediale Kommunikation typisch sind, werden deutlich einge schränkt.
Beide Instrumente ermöglichen – gemäß ihrer charakteristischen Merkmale (vgl. Tabelle 18) –
unmittelbare Kontakte zum anwesenden Publikum in einer für es ange nehmen und zwang-
freien Situation (vgl. Pradel, 2001, S. 91). Dies hat enormen Einfluss auf die Wirkung der
Kommunikationsbotschaften. Events und Roadshows stellen Marketingbotschaften stets
Schlüsselfragen/-kriterien für den Einsatz von Events und Roadshows
Ist die inhaltliche Konzeption der Veranstaltungen aus der Live Com-Strategie
abgeleitet, analytisch fundiert, zielgruppenfokussiert und mit dem notwendigen
zeitlichen Vorlauf entstanden?
Passt die Event- bzw. Roadshow-Konzeption zur Markenidentität und zur
bisherigen Kommunikationsstrategie?
Entsprechen die Erlebnisse den Lebensstiltrends, welche die Zielgruppe ansprechen
und einen Zusatznutzen generieren können?
Werden die Teilnehmer durch direkte Ansprache und soziale Interaktion
aktiv in das Geschehen einbezogen?
Wurde bei der Gestaltung der Erlebnisdimension geprüft, ob sich
ein „Flow-Zustand“ bei der teilnehmenden Zielgruppe erreichen lässt?
Erlauben die Erlebnisse eine deutliche Abgrenzung von der Konkurrenz und
erschweren sie ggf. sogar eine Imitation durch zukünftige Konkurrenten?
Eignen sich die Erlebnisse zur synergetischen Verknüpfung mit möglichst
vielen Instrumenten im Marketing-Mix?
In welcher Form werden die Erlebnisse nachbereitet?
Wurde bereits in der Planungsphase der Events und Roadshows an
die Erfolgskontrollen gedacht?
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
148
in einen besonderen, neuen, oft überraschenden Kontext und führen dabei die Teilnehmer
bewusst aus der Alltags wirklichkeit in eine insze nierte Markenwelt, die durch das Abwechs-
lungs potenzial zur Aktivierung führt. Je nach Zielsetzung können die ausgesendeten Bot-
schaften affektive bzw. kognitive Prozesse auslösen.
Durch affektive Prozesse werden die im Rahmen von Events und Roadshows er-
lebten Emotionen intensiver verinnerlicht und haben einen stärkeren Einfluss auf
spätere Kaufentscheidungen. Kognitive Prozesse ermöglichen durch das erlebte
Wissen die Verstärkung der Erinnerungsleistung an das Kommunikationsobjekt.
Dem landläufigen Vorurteil, Events und Roadshows seien immer relativ teuer, kann wider-
sprochen werden. Beide Live Com-Instrumente gibt es sowohl im Low-Budget- als auch
im High-Budget-Bereich. Die weniger aufwendigen Veranstaltungen werden in Eigenregie
durchgeführt, und nur im größeren Rahmen werden sie gemeinsam mit Agenturen aus-
gerichtet.
schwache Ausprägung mittlere Ausprägung starke Ausprägung
Tabelle 18. Charakterisierung der Live Com-Instrumente Events und Roadshows
Eigenschaften Zielsetzungen
Reichweite Erhöhung der Markenbekanntheit
Ortsgebundenheit Aufbau des Markenimages
Zeitgebundenheit Aufbau von Markenvertrauen
Kontaktintensität Demonstration der Markenqualität
Erfahrbarkeit Erleben der Markenwelt
Emotionalität Differenzierung im Wettbewerb
Multisensualität Direkte Erhöhung des Abverkaufs
Persönlicher Kontakt Steigerung der Markenloyalität
Kontrolle des Rezipientenumfeldes Erhöhung der Kundenbindung
Interaktion
Kontaktkosten
149
Events und Roadshows 3.4
Case: Volvo Fahrzeuge
Branche: Automotive Region: Europa Kategorie: Roadshows
Award: EVA Award
Willkommen in der Volvo Park-Lounge
Die Marke Volvo ist seit vielen Jahren das Symbol für sichere und familienfreundliche
Autos. Zukünftig möchte sich der schwedische Hersteller seinen Kunden – unter Beibe-
haltung der traditionellen Werte – moderner, emotionaler und dynamischer präsentieren.
Kernzielgruppe ist die moderne Familie unterschiedlicher Lebensstile, die ihre Freizeit ger-
ne in der Natur und im Kreis von Familie und Freunden verbringt. Abgeleitet aus den An-
sprüchen der Zielgruppe und dem Premium-Anspruch der Marke, wird unter dem Motto
„Volvo Park-Lounge – music, picnic & more 2004“ ein außergewöhnliches Event für den
schwedischen Automobilhersteller gestaltet.
Schauplatz der Volvo-Roadshow sind sieben reizvolle Park- und Schlossanlagen in Deutsch-
land. Die Fahrzeuge werden in überdimensionalen Bilderrahmen inmitten der Park-Kulisse
arrangiert. Schauspieler als Walking Acts stellen typische Lebensmomente der Zielgruppe
nach und suchen den aktiven Dialog. Außergewöhnlich ist auch das Key Visual des Events,
ein mit Kunstrasen überzogener, als „Grasauto“ gestalteter Volvo V70. Dieses Fahrzeug
sorgt jeweils am Wochenende vor einer Veranstaltung in der jeweiligen Stadt für Auf-
merksamkeit. Als Song zur Roadshow wird der Disco-Klassiker „A Walk in the Park“ mit
dem neuen Titel „Lounge in the Park“ von der Soulsängerin Deidra Jones neu eingespielt,
die auch als Liveact auftritt. Außerdem gibt es zahlreiche Unterhaltungsstationen wie
Boule, Klettern oder Golf. Im „Lounge“-Bereich können sich die Gäste in Designermöbeln
entspannen und den Tag genießen. Das ungewöhnliche Konzept der „Volvo Park-Lounge“
kommt bei den Besucher an: Nahezu 5.000 Besucher in sechs Wochen sowie ausgebuchte
Probefahrten belegen den Erfolg der Roadshow.
Foto: Uniplan
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
150
151
Events und Roadshows 3.4
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
152
„Events und Roadshows sind wichtige Kommunikationsmittel zur Brand-Experience.“
Events und Roadshows als Instrumente der Live Communication
Interview mit Thomas Gries von der Coca-Cola GmbH
1. Herr Gries, wie beurteilen Sie die Events und Roadshows im Vergleich zu anderen Kom-
munikationsformen? Welchen Stellenwert nehmen sie ein?
Gries: Was das Thema Brand-Experience, also die Anfassbarkeit und persönliche Er fahrung
mit der Marke angeht, sind sowohl Events als auch Roadshows ein wichtiges Kommunika-
tions mittel für interne und externe Zielgruppen – gerade für eine so lebendige Marke wie
Coca-Cola. Sie sind für uns integraler Bestandteil unseres Kommunikations-Mix und ein
wichtiger Baustein auf dem Weg vom Push- zum Pull-Marketing.
2. Durch welche Merkmale lassen sich Events und Roadshows voneinander abgrenzen?
Gries: Roadshows sind an unterschiedlichen Locations sich wiederholende Veranstal-
tungen mit zumeist ähnlichem Inhalt, während Events stationär sind und meist einmalig
durchgeführt werden.
3. Wenn Sie Aufwand und Nutzen einmal gegenüberstellen, wie viele Ressourcen benö-
tigt ein gelungenes Event bzw. eine gelungene Roadshow? Lohnt sich die Durchführung
von Roadshows nur für Großunternehmen oder ergeben sich durch Unternehmenskoope-
rationen neue, interessante Perspektiven?
Gries: Sowohl ein Event als auch eine Roadshow benötigen je nach Umfang eher größere
Res sourcen – der Vorteil bei einer Roadshow ist, dass hier die Ressourcen effizienter ein-
gesetzt werden können, da die Planungs-/Konzeptionsphase (bis auf Tourenplanung) nur
einmalig auftritt – gleichzeitig können bei einer Roadshow auch Learnings schnell um-
gesetzt werden. Hinzu kommt, dass in Summe in der Regel ein größeres Publikum erreicht
werden kann und sogar regionale Gegebenheiten berücksichtigt werden.
Das Beispiel für Roadshows aus unserem Hause ist die Coca-Cola Weihnachtstruck-Tour,
die wir seit nunmehr 10 Jahren durchführen – ca. 70 Städte werden in den Monaten No-
vember und Dezember besucht, und für viele hunderttausend Besucher wird der Claim
„Christmas on the Coke side of life“ mit Leben gefüllt. Eines unserer größten Events war
mit Sicherheit das Musikevent am Tag der Deutschen Einheit letztes Jahr vor dem Bran-
153
Events und Roadshows 3.4
denburger Tor mit über 1 Mio. Besuchern und aktuell die Coca-Cola Fanmeile anlässlich
des DFB Pokalfinales in Berlin, ebenfalls vor dem Brandenburger Tor mit über 300.000
Besuchern.
Kooperationen sind interessant, wenn eine fruchtbare Win-win-Situation entsteht, d. h.
wenn die gleichen Zielgruppen angesprochen werden, sich die Markenwelten ergänzen
und im gleichen emotionalen Umfeld bewegen. Ein Beispiel hierfür ist die Coke + iTunes
Kooperation.
4. In wissenschaftlichen Untersuchungen wird ja oftmals nur allgemein von „Events“ ge-
sprochen, ohne die entsprechenden Typologisierung zu berücksichtigen. Ist diese Vorge-
hensweise nicht sehr unpräzise?
Gries: Es kommt auf den Detailgrad an, den man benötigt. Gerade in der Praxis macht
es für den Veranstalter natürlich Sinn, diese Unterscheidung zu treffen, während für den
Besucher eine solche Differenzierung gerade nicht erkennbar sein sollte.
5. In den LiveTrends-Ergebnissen zeigte sich, dass 62 % der knapp 400 Marketing manager
die Eventinszenierungen als austauschbar empfinden. Was sollte Ihrer Meinung nach in
der Planungsphase von Events berücksichtigt werden, um eine bessere Differenzierung
zu gewährleisten?
Gries: Relativ einfach – und doch herausfordernd in der Umsetzung: starke, durch Marke
und Unternehmen differenzierte und adäquate Inszenierung. Mit adäquater Inszenierung
meinen wir eine durch das Kommunikationsziel vorgegebene metaphorische Inszenierung.
Wichtige Elemente sind hierbei z. B. auch Location und Moderation (was nicht heißt, dass
es immer ein externer, bekannter Moderator sein muss). Die Austauschbarkeit ergibt sich
meistens dadurch, dass eine Marke, die z. B. einen Musikevent sponsert, aber Musik nicht
in ihrer Marken-DNA hat, sich ein teures Happening leistet, damit aber keineswegs die
Markeninhalte differenziert erlebbar macht.
6. Bitte charakterisieren Sie die Events und Roadshows im Vergleich zu Messen sowie
Brand Lands und Showrooms hinsichtlich folgender Punkte: Reichweite, zeitliche Ein-
satzmöglichkeiten , gestalterische Möglichkeiten, Beeinflussbarkeit der Kommunikations-
wirkung, Feedbackmöglichkeiten und Kosten.
Gries: Alle Instrumente haben in meinen Augen ein Ziel: Infotainment von externen sowie
internen Zielgruppen, d. h. Verbrauchern, Kunden oder Mitarbeitern, in einem emotional in-
s pirierenden Umfeld. Davon abgesehen haben sie sehr unterschiedliche Ziele bzw. Vorteile:
,
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
154
Ein Brand Land macht nur für ausgesuchte Unternehmen Sinn – der Investitionsbedarf ist
enorm – und nur für ausgesuchte Marken. Die emotionale, sinnstiftende Power der Mar-
ke muss vorhanden sein, und richtig umgesetzt, kann es sich dann zu einem Wallfahrtsort
für die Markenfans/Community entwickeln (z. B. World of Coke in Atlanta, BMW etc.).
Showrooms sind die deutlich kleinere Variante und machen wenig Sinn, wenn es sich um
Low-Involvement Produkte handelt. Messen haben für uns einen klaren Adressatenkreis –
den Kunden. Sie bieten den perfekten Rahmen, kundenrelevante Themen des Unterneh-
mens zu inszenieren. Klarer Nachteil ist die mangelnde zeitliche Flexibilität (für den rich-
tigen Kommunikationszeitpunkt z. B. für einen Launch) aufgrund der feststehenden Termine.
Für unser Unternehmen haben sich Events und Roadshows als wertvolle Marketingtools
erwiesen. Wir nutzen sie für z.B die oben bereits erwähnte Weihnachtstruck-Tour, Mu-
sikevents, aber auch in starkem Maße zur Mitarbeiterkommunikation und -motivation.
7. Wie wird das Event bzw. die Roadshow von morgen aussehen? Wird das Thema der
Nachhaltigkeit hierbei eine stärkere Rolle spielen? Auf welche innovativen Ver änderungen
wird sich Ihr Unternehmen einstellen müssen?
Gries: Nachhaltigkeit spielt bereits aktuell und wird auch in Zukunft eine entscheidende
Rolle spielen – bei all unseren Maßnahmen. Roadshows und Events werden sich meines
Erachtens im Design gerade auch durch neue technische Möglichkeiten weiterentwickeln,
z. B. im Bereich der Interaktivität, die wir natürlich permanent versuchen, in unserem
Geschäft zu initiieren.
155
Sonderformen der Live Communication 3.5
3.5 Sonderformen der Live Communication3.5.1 Mega-Events
Im Verlauf des letzten Jahrhunderts sind international bedeutungsvolle Groß ver an stal-
tungen, wie z. B. sportliche Ereignisse, religiöse Veranstaltungen und Welt aus stellungen,
zu einem beachtlichen globalen Wirtschaftsfaktor geworden. Solche Mega-Events schaffen
artifizielle Mikrokosmen für die Gesellschaft, voller Erleb nisse und positiver Kraft. Sie
bringen Menschen aus allen Kontinenten zusammen, die auf engstem Raum feiern und
die Gemeinschaft in Anonymität genießen. Auch für politische Akteure bietet diese Form
der Events präsente Plattformen, die zum Zeitpunkt ihrer Durchführung die nationale
und internationale Medien auf merk sam keit genießen. Angesichts der weit reichenden ge-
samtwirtschaftlichen Effekte wird dieses Live Com-Instrument als Katalysator für eine posi-
tive regionale und urbane Ent wicklung genutzt.
Der Siegeszug der Mega-Events begann Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Auf kom men
von Weltausstellungen.
Die erste Weltausstellung in London, die im Jahr 1851 stattfand, zog bspw. binnen
zehn Wochen über sechs Millionen Besucher an, begleitet von einer für die damaligen
Ver hältnisse hohen internationalen Medienresonanz (vgl. BIE, 2004).
Seither sind sowohl öffentliche als auch private Großveranstaltungen von unter schied lichen
gesellschaftlichen Themen und Inhalten entstanden. Diese lassen sich in die sieben Bereiche
Kultur, Kunst und Entertainment, Wirtschaft und Handel, Sport, Wissenschaft und Aus-
bildung, Freizeit sowie Politik unterteilen (vgl. Getz, 1997; Ritchie, 1984). In der Kategorie
Sport zählen z. B. die Olympischen Spiele oder die FIFA Fußball-Weltmeisterschaften zu
den zyklisch wiederkehrenden Mega-Events.
Die ersten Olympischen Spiele der Moderne fanden im Jahr 1896 mit 241 Athleten
in Athen statt. Handelte es sich damals noch um eine relativ kleine Veranstaltung,
so sind die Olympischen Spiele heute ein globales Spektakel der Superlative mit
über 11.000 teil nehmenden Athleten, einem Millionenpublikum vor Ort sowie einer
Milliarde Fernsehzuschauer weltweit (vgl. Tabelle 19). Seitdem fanden – in einem
regelmäßigen Turnus von vier Jahren – 25 Spiele im Sommer statt, und beginnend
mit dem Jahr 1924 wurden 19 Spiele im Winter ausgetragen. Heute zählen die Olym-
pischen Spiele hinsichtlich einer Reihe wichtiger Dimensionen zu den größten und
außer gewöhnlichsten Ereignissen der Mega-Events (vgl. Weiss, 2008, S. 43).
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
156
Tabelle 19. Ausprägungen der Typologisierungskriterien bei Mega-Events (Quelle: i. A. Weiss, 2008, S. 42)
Kategorie Sport Kultur
Inhalt
Professioneller Sport
Single-Sport-Events
Multi-Sport-Events
Weltausstellungen
Religiöse Veranstaltungen
Historische Feierlichkeiten
BeispielOlympische Spiele Athen 2004
Weltausstellung EXPO 2000
Dim
ensi
on
Zeit
DauerStunden
Tage
Monate
age
PeriodizitätEinmalig
Zyklisch
Aperiodisch
Aperiodisch
Inhalt Öffentlich
Wissenschaft
Bedeutung
VolumenBesucher
Teilnehmer
Medienvertreter
Nationen
ickets
vertreter
olunteers
Nationen
FinanzenInvestionen
Wertschöpfungs-
effekte Investitionen
Wirkung
Außer-gewöhn-lichkeit
Strukturen
en
Organisation
ojekteigenschaften
erfl
n
Sonderformen der Live Communication 3.5
157
Trotz des hohen Stellenwertes ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Son-
der form der Live Communication noch relativ jung. Dies erstaunt insoweit, da die Planung
und Durchführung von Mega-Events ein überaus hohes Maß an Kom plexität beinhaltet,
sodass ein wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn – angefangen vom Projekt management
bis hin zur ganzen Bandbreite von Managementaufgaben – wünschens wert wäre.
Die verstärkte Themenzu wendung seit Mitte der 1980 er Jahre hat bisher nicht dazu ge-
führt , dass die Begriffe Major Event, Hallmark Event oder Mega-Event ausreichend von-
einander differenziert wer den. Stattdessen werden sie in Wissenschaft und Praxis teilweise
synonym oder gänzlich unter schiedlich definiert (vgl. Goldblatt/Nelson, 2001; Roche , 2001;
Hall, 1992). Aus den verschiedenen Ansätzen kann folgende weiter gefasste Definition für
den Begriff Mega-Event abgeleitet werden (vgl. Weiss, 2008, S. 16):
Bezeichnend für derartige spektakuläre Großveranstaltungen ist ein hohes Besucherauf -
kommen. Die genaue Anzahl ist allerdings immer in Relation zur einheimischen Bevöl ke-
rungsgröße der Ver an staltungsstadt oder -region zu sehen (vgl. Freyer, 1998, S. 28). Auch
die Dauer und Eigenschaften der strategisch komplexen Massener eignisse können – je nach
Event – unterschiedlich gestaltet werden (vgl. Getz, 1997, S. 4).
Trotz der kulanten Anforderungen spricht die Association Interna tional d’Experts
Scientifiques du Tourisme (AIEST) erst bei einer Besucherzahl von 1 Mio. Besuchern,
einer Geld größe von 383,5 Mio. Euro und einer ent sprechenden psychologischen
Ein schätzung („Must see“) von einem Mega-Event (vgl. Marris, 1987, S. 3).
Gleichwohl gelten Mega-Events als zielgerichtete, vorhersehbare und geplante Er eignisse.
Typisch für Mega-Events ist jedoch die Involvierung einer Vielzahl von internen und
externen Anspruchsgruppen, die z. T. unterschiedliche Ziele verfolgen und deren In te gra-
tion eine besondere Herausforderung an die Organisatoren von Mega-Events stellt (vgl.
Tabelle 20). Neben den Mitarbeitern, die i. d. R. in eigens für die Mega-Events geschaffenen
Organisationen bzw. Unternehmungen arbeiten, sind es regionale, nationale sowie inter-
nationale externe Anspruchsgruppen, denen besondere Beachtung zu schenken ist.
Definition Mega-Event
Ein Mega-Event ist ein einmaliges oder regelmäßig wiederkehrendes, temporär insze-
niertes Ereignis, das aufgrund seiner Einzigartigkeit eine global bedeutende mediale
Aufmerksamkeit und eine hohe Anziehungskraft für Besucher weltweit aufweist.
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
158
Stakeholder Subgruppe Oberziel Unterziele
Inte
rn
Mitarbeiter
AngestellteVerbesserung der
Lebensqualität
Existenzsicherung und
Einkommen
Arbeitsplatzsicherheit
Selbstverwirklichung
Führungskräfte Berufl iche Erfüllung
Erfolg und Macht
Sicherheit und Einkommen
Selbstverwirklichung
Eigentümer AnteilseignerUnternehmerischer
Erfolg
Erfüllung des Unternehmens-
zwecks (z. B. erfolgreiche
Bewerbung bzw. perfektes
Event)
Unterstützung der Ziele der
Stakeholdergruppe, aus der
der Anteilseigner stammt
Ext
ern
Wirtschaft
UnternehmenEigene Unterneh-
menswertsteigerung
Generieren von
Umsätzen und Aufträgen
Rendite
Existenzerhaltung
FinanzinstituteAttraktivitätssteige-
rung der Investition
Eigene Unternehmens-
wertsteigerung
Kapitalverzinsung
Sicherheit
Politik Öffentliche HandGesellschaftliche
Wohlfahrt
Wirtschaftswachstum
Verteilungsgerechtigkeit
Gesellschaftliche Stabilität
Generieren positiver
Effekte durch das Event
Rechte-inhaber
IOC
FIFA
BIE
Unternehmerischer
Erfolg
Wertsteigerung des
jeweiligen Events/
Franchiseproduktes (Image)
Beitrag zu gesellschaftlicher
Wohlfahrt
Konkurrenz
Direkt (Mitbe-
werber/andere
Mega-Events)
Indirekt
(Substitute)
Unternehmerischer
Erfolg
Maximierung der
Besucherzahlen
Beitrag zu gesellschaftlicher
Wohlfahrt
159
Tabelle 20. Ziele der Anspruchsgruppen bei der Beteiligung an Mega-Events (Quelle: Weiss, 2008, S. 128)
Von der Ideengenerierung bis zur tatsächlichen Durchführung können zwar z. T. über
zehn Jahre vergehen (vgl. Abbildung 29). Die eigentliche Vergabe der Ver an staltungen erfolgt
dann jedoch mithilfe formalisierter Bewerbungs pro zesse, die von inter nationalen Rechte-
inhabern wie z. B. dem Internationalen Olym pischen Komitee (IOC), der Fédération Inter-
nationale de Football Association (FIFA) oder dem Bureau International des Expositions
(BIE) gesteuert werden. Weiss hat sich erstmals aus der betriebswirtschaftlichen Sicht mit
der Strukturierung der Planungsschritte von Mega-Events auseinandergesetzt. Er differen-
ziert zwischen zwei Phasen der Ge staltung (vgl. Weiss, 2008, S 3 f.):
Sonderformen der Live Communication 3.5
Ext
ern
Sport
Organisierter SportUnternehmerischer
Erfolg
Steigerung der
Mitgliederzahlen
Förderung des Sports
FreizeitsportBedürfnis-
befriedigung
Positiver Freizeit- und
Erlebnisnutzen
Gesellschaftliche Akzeptanz
KulturÖffentlich
Privat
Unterneh-
merischer Erfolg
Beitrag zum
Gemeinwohl
Steigerung der
Besucherzahlen
Schaffung von
kulturellem Nutzen
MedienÖffentlich
Privat
Eigene Unterneh-
menswertsteigerung
Aufl agezahlen/
Einschaltquoten
Berichterstattung
Information
Bevölkerung
BesucherBedürfnis-
befriedigung
Minimierung des Risikos
(Dienstleistung)
Positiver Freizeit- und
Erlebnisnutzen
Interessengruppen
Schutz z. B. von
Umwelt
Minderheiten
Mitgliedergewinnung
Durchsetzung der
Interessen bzw. Macht
Information
Allgemeine
Öffentlichkeit
Gerechte
Zukunftssicherung
Gerechtigkeit
Steigerung des Gemeinwohls
Kontrolle wirtschaftlicher
und öffentlicher Aktivität
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
160
Bewerbungsphase—
Nach genauer Prüfung, ob die Städte bzw. das Land die grundlegenden Voraus-
setzungen für die Durchführung solch eines Massenerlebnisses erfüllen, schließt
sich die Bewerbungserstellung der konkurrierenden Ballungsräume an. Auf
Basis der Ausarbeitungen der eigenständig hierfür gegründeten Organisations-
ge sell schaf ten wird von den verantwortlichen Wahlgremien der jeweiligen
Rechte in haber die Austragungs stadt bzw. das -land gewählt.
Durchführungsphase —
Die anschließende Durchführungsphase beinhaltet sowohl die Vorbereitungs-
zeit als auch die tatsächliche Veranstaltung des Events sowie die Liquidation bzw.
Rückführung der aufgebauten Strukturen nach dem Mega-Event. Über diesen
Zeitraum sollte solch ein Ereignis von relativ stabiler Ordnung sein. Weil man
dies nicht erzwingen kann, ist die Leitidee von Bedeutung. Es gilt, nicht nur
Emotionen zu wecken, sondern etwas Einmaliges und damit etwas Unwieder-
bringliches zu schaffen. Die Leistungserbringung der hierfür erforderlichen
Sach- und Dienstleistungen wird aus einer Verbundwirkung sonst getrennter
Akteure, Räume und Perspektiven erzielt. Der stärkste Bedarf nach Arbeitskräften
besteht im Tourismus, dem Gaststättengewerbe und der Sicherheitswirtschaft.
Schluss folgernd gehören die kurz- bis langfristige Schaffung von Arbeitsplätzen,
die Infrastrukturinvestitionen und -verbesserungen sowie eine nachhaltige BIP-
Steigerung für die Stadt/die Region zu den positiven Auswirkungen der Organi-
sation von Großveranstaltungen. Aufgrund der mit einem Mega-Event verbun-
denen Umwelteinwirkungen erlangen Umweltverträglichkeits- und Nachhaltig-
keits analysen bereits in der Bewerbungsphase eine besondere Bedeutung.
Mega-Events werden auch als „öffentliches Gut“ eingeordnet und demzufolge
als Instrument des Regionenmarketing begriffen. „In a period of deindustrial i -
zation, economic restructuring and globalization, the promotion […] of mega-
events has become a key strategy by which urban areas justify significant
projects of renewal and regeneration, advertise their status and personality
and, thus, attract new inward investment and modernize their economies.“
(Essex/Chalkley, 2004, S. 201).
Abbildung 29. Phasen eines Mega-Events (Quelle: Weiss, 2008, S. 3)
I. Bewerbungsphase II. Durchführungsphase
VorstudieBis zu
5 Jahre
NationaleBewerbung
(optional)
ca. 1–3 Jahre
InternationaleBewerbung
ca. 1–3 Jahre
Vorberei-tungsphase
Bis zu
10 Jahre
Realisierung< 0,5 Jahre
AbbauphaseBis zu
2 Jahre
161
Aufgrund ihrer Größe entfalten Mega-Events vielfältige positive, aber auch negative Wir-
kungen auf der regionalen, nationalen sowie internationalen Ebene. Betrachtet man neben
den Imagewirkungen die gesamtwirtschaftlichen Effekte der Olympischen Spiele beispiel-
haft , dann zeigt die Tabelle 21 im Überblick unterschiedliche Wirkungs di men sionen und
-ausprägungen dieser Mega-Events. Aufgrund der mehrjährigen Dauer , die für die Planung
und Durchführung der Großveranstaltungen zu ver anschlagen ist, sind auch die Wirkungen
über diesen Zeitraum zu erfassen und auszuwerten.
Tabelle 21. Gesamtwirtschaftliche Wirkungen von Mega-Events (Quelle: Weiss, 2008, S. 65)
Sonderformen der Live Communication 3.5
Olympische Spiele
Gesamt-effekt(Mrd. US-Dollar)
Anzahl neuer Arbeitsplätze (Personenjahr)
Anzahl Touristen
BetrachteterZeitraum
Analyse
Los Angeles1984
2,3 73.375 637.304 1984
Economics
Research
Associates
(1984)
Seoul1988
1,6 336.000 279.332 1982–1988Kim et al.
(1989)
Barcelona1992
26,6 296.640 455.092 1987–1992 Brunet (1995)
Atlanta1996
5,1 77.026 972.639 1991–1997
Humphreys/
Plummer
(1995)
Sydney2000
3,6 90.000 1.600 000 1994–2006Andersen
(1999)
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
162
Incentives – rechtliche und steuerliche Fallstricke
Umgang mit Geld- und Sachprämien
Die Gewährung von Incentives ist nicht frei von rechtlichen und steuerlichen Fallstricken,
wie verschiedene Urteile im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft 2006 zeigen. Wenn
man das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung ausschließen möchte, sollte man folgen-
de Grundsätze beachten:
Bei der Einladung von Personen des öffentlichen Bereichs (Politiker, Amtsträger, —Beamte) ist wegen der §§ 331 ff. StGB größte Sorgfalt und Vorsicht geboten. Besteht
eine Beziehung des Einladenden zu den dienstlichen Aufgaben des Empfängers
oder gar ein aktueller Anlass (z.B. Vergabe eines Auftrages, Entscheidung über
einen Antrag), wird schnell eine Verknüpfung des Geschenks mit künftiger Dienst-
ausübung oder eine Honorierung vergangener Tätigkeiten des Beschenkten an-
genommen. Ansatzpunkt der Rechtssprechung ist, dass das Ziel einer Einfluss-
nahme nicht einmal in groben Umrissen konkretisiert sein darf.
Eher unproblematisch sind Geschenke an Spitzenpolitiker, da die Rechtsprechung —hier keine Möglichkeit der Einflussnahme sieht, sondern vielmehr die Repräsen-
tanzfunktion.
Einladungen und Geschenke für Geschäftspartner sind im Sinne der Kontakt-—pflege üblich. Aber auch hier sind gemäß §§ 299 ff. StGB Grenzen hinsichtlich
einer möglichen Bestechung gesetzt, wenn die Leistungen z. B. im Zusammen-
hang mit der konkreten Vergabe von Aufträgen versprochen werden.
Sind die Klippen des Strafrechts erfolgreich umschifft, wartet der Fiskus auf seinen Obolus,
da die Besteuerung von Incentives sich seit dem Jahr 2006 erheblich verändert hat. Mit Aus-
nahme rein werblicher Veranstaltungen (z. B. Produktpräsentationen ohne Unterhaltungs-
einlagen) ist ein vollständiger Betriebsausgabenabzug nicht mehr möglich und die Teilneh-
mer müssen den geldwerten Vorteil zusätzlich noch versteuern, wenn sie in geschäftlicher
Funktion teilnehmen. Erforderlich ist ein unterschiedlicher Betriebsausgabenabzug, je nach-
dem, ob es sich um Werbe-, Bewirtungs- oder Geschenkaufwendungen handelt, wobei eine
Pauschalregelung der abzugsfähigen Beträge möglich ist (vgl. BMF-Schreiben, IV B 2 –
S 2144 – 41/05). Der Einladende kann die Mitteilung an das Finanzamt, wer an der Veranstal-
tung teilgenommen hat, vermeiden, wenn er gem. § 37 b EStG eine Abgeltungssteuer von
60 % des auf die Gäste entfallenden Vorteils zahlt. Damit zeichnet er sich als guter Gastge-
ber aus und erspart seinen Gästen die steuerlichen Aufwände.
163
Sonderformen der Live Communication 3.5
„Ein Mega-Event ist ein Ereignis mit einem besonderen Erlebnischarakter, welches Kriterien wie Originalität, Aktualität, Mehrwert und Nach-haltigkeit erfüllt.“
Mega-Events als Instrument der Live Communication
Interview mit Herrn Udo Klein-Bölting von der BBDO Consulting GmbH
1. Herr Klein-Bölting, die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen Me-
ga-Events ist ja noch relativ jung. Ab wann sollte man von einem Mega-Event sprechen ?
Und welche Formen von Mega-Events gibt es überhaupt?
Klein-Bölting: Ich halte von haarspalterischen Begriffsabgrenzungen eigentlich nicht viel.
Ich denke, man kann nicht sagen, ab einer Besucherzahl x oder der Medienpräsenz y kann
von einem Mega-Event gesprochen werden. Aus meinem Verständnis würde ich ein Mega -
Event als ein Ereignis mit einem besonderen Erlebnischarakter beschreiben, welches
Kriterien wie Originalität, Aktualität, Mehrwert und Nachhaltigkeit erfüllt. Wichtig ist
auch, dass der Event so platziert wird, dass vorher/während/nachher alle relevanten
Medien ausführlich darüber berichten, wobei es unabhängig ist, ob es sich um einen
kulturellen , sportlichen, wirtschaftlichen, etc. Mega-Event handelt.
2. Eine Form der Mega-Events sind ja sportliche Großereignisse. Was macht den Sport
für Unternehmen so attraktiv?
Klein-Bölting: Wenn wir von Sportereignissen sprechen, muss klar sein, dass die Anzahl
der tatsächlichen Mega-Events limitiert ist. Denkt man zum Beispiel an eine breite und
langfristige Ansprache des Massenpublikums, so kommen ja praktisch im Moment fast
nur die Olympischen Spiele, die Formel 1 und Fußball, mit Abstrichen vielleicht Hand-
ball, in Frage. Dies gilt vor allem dann, wenn eine große Reichweite bzw. Breitenwirkung
und viel Aufmerksamkeit angestrebt werden. Anders sieht es aus, wenn ein Unternehmen
Imageziele voranstellt.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Sport mit seinen Emotionen die Menschen ver-
bindet und sich daher gut für Sponsoringmaßnahmen und strategischen Markenaufbau/
-profilierung eignet. Es ist aber auf den Image-Fit zwischen Event und Marke zu achten,
gerade wenn die Anzahl der Sponsoren relativ groß ist. Zur Fußball-Weltmeisterschaft
2006 haben wir uns intensiv in einer Studie mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Darin
wurde klar gezeigt, dass einige Marken wie z. B. der Reifenhersteller Continental es ge-
schafft haben, dass zwar die Branche einen schlechten Fit zum Ereignis aufweist, dem
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
164
eigenen Unternehmen aber ein hoher Fit bescheinigt wird. Das ist dann ein eindeutiger
Indikator für eine erfolgreiche Sponsoringstrategie.
3. Ab welcher Unternehmensgröße wird die Beteiligung an einem Mega-Event interessant ?
Und welche Ziele lassen sich bei diesem Live Com-Instrument grund sätzlich verwirklichen?
Klein-Bölting: Die Beantwortung dieser Frage lässt sich nicht an der Unternehmens größe
festmachen. Events gehören zu den Kommunikationsinstrumenten, deren Einsatz in
Abstimmung mit den Kommunikations- bzw. Unternehmenszielen zu prüfen ist. Generell
ist es aber in der Praxis so, dass Bekanntheits- und Imageziele bei großen Events klar im
Vordergrund stehen.
4. Das offizielle Engagement für ein Mega-Event ist ja nicht unbedingt ein Garant für den
entsprechenden Kommunikationserfolg. Welche Möglichkeiten gibt es auf Unternehmens-
seite , sich gegen das Ambush-Marketing zu schützen?
Klein-Bölting: Grundsätzlich sind Unternehmen ein Stück weit selbst dafür verantwortlich,
wenn sie in Sachen Ambush angreifbar sind. Gelingt es nämlich, zwischen Event und Marke
eine starke gedankliche und emotionale Verknüpfung herzustellen, dann ist der Schutz-
wall gegen Trittbrettfahrer von vornherein sehr hoch. Viele Unternehmen versäumen es
aber, eine langfristig ausgelegte, integrierte Kommunikationsstrategie für das Sponsoring
zu entwickeln. Einfach nur Sponsor sein ist nicht genug. Viele Unternehmen planen ihre
Sponsoringmaßnahmen auch einfach zu kurzfristig. Langfristigkeit und Konstanz sind
ganz entscheidende Faktoren zur Immunisierung gegen Ambush-Maßnahmen.
5. Gibt es auch Beispiele, in denen Sie Unternehmen bei der Umsetzung eines Ambush -
Marketing unterstützt haben?
Klein-Bölting: Nein, wir beraten nur Top-Unternehmen, denen wir diese Strategie nicht
empfehlen. Mir gefällt auch der Begriff Ambush-Marketing nicht, denn es sind ja in der
Regel immer nur Einzelmaßnahmen. Mir fällt zumindest kein Unternehmen ein, welches
das Hinterhaltsprinzip in der Marketingstrategie tatsächlich verankert hat. Was nicht
heißen soll, dass einzelne Maßnahmen nicht verbreitet sind. Zur Fußball-WM 2006 hat
unsere Studie gezeigt, dass 15,4 % der befragten Unternehmen einzelne Ambush-Maßnah-
men zu diesem Mega-Event geplant haben. Dabei handelt es sich meist um kurzfristige
Marketingaktionen. Wenn ein Bierhersteller zur EM dem Kasten eine Deutschlandfahne
beilegt, ist das eine Ambush-Maßnahme, die rein der Erhöhung des kurzfristigen Ab-
verkaufs dient.
165
Sonderformen der Live Communication 3.5
6. Welche begleitenden Kommunikationsinstrumente sollten in der Vor-/Während-/Nach-
her-Phase eines Mega-Events idealerweise eingesetzt werden? Und wie wird man hier-
bei dem kulturellen Aspekt gerecht?
Klein-Bölting: Wir nutzen unser BBDO 360° CommunicationWheel, d. h. ein umfangreiches,
modulares und maßgeschneidertes System diverser Kommunikationsinstrumente, die sich
gegenseitig ergänzen, um größtmögliche Synergien zu erzielen. Auch hier ist eine pauschale
Aussage für einzelne Instrumente nicht möglich. Der optimale Kommunikations-Mix ist
von zu vielen Faktoren wie Budget, Zielen und Wettbewerbsumfeld abhängig. Kulturelle
Aspekte sind zu berücksichtigen, aber das gilt für die klassische Kommunikation globaler
Unternehmen genauso.
7. Bitte charakterisieren Sie die Mega-Events im Vergleich zu den Messen sowie den
Brand Lands und Showrooms hinsichtlich folgender Punkte: Reichweite, zeitliche Ein-
satzmöglichkeiten , gestalterische Möglichkeiten, Beeinflussbarkeit der Kommunikations-
wirkung, Feedbackmöglichkeiten und Kosten.
Klein-Bölting: Die Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Unterschiede zwischen
einzelnen Events, Brand Lands und Showrooms sind zu hoch. Vergleicht man z. B. das
Sponsoring eines Sportereignisses wie der Fußball-WM mit einem Brand Land wie der
Autostadt von Volkswagen, so sind die Unterschiede doch offensichtlich.
8. Wie wird sich die Bedeutung von Mega-Events in Zukunft entwickeln?
Klein-Bölting: Wie sich die Bedeutung von Mega-Events in der Zukunft verändern wird,
ist hauptsächlich von den spezifischen Entwicklungen der einzelnen Erscheinungsformen
abhängig. Wichtig ist zukünftig, dass Unternehmen Mega-Events nicht mehr ungezielt
und ad-hoc bzw. als Einzelmaßnahme im Marketing einsetzen, sondern vor allem auf den
nachhaltigen Nutzen für Produkt oder Unternehmen Wert legen und demzufolge den
Mega -Event in eine integrierte und nachhaltige Kommunikationsstrategie einbinden.
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
166
3.5.2 Hauptversammlungen
Während in anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien bereits aktive Investor
Relations betrieben wurden (vgl. Kirchhoff, 2000, S. 32 f.), war selbst der In vestor Relations-
Begriff in Deutschland noch Mitte der 1980 er Jahre nahezu unbe kannt.
Die Kommunikationspolitik vom US-Elektronik-Konzern General Electric prägte
1953 den Begriff Investor Relations (vgl. Hansen, 2000, S. 26). Das Investor Relations
Mar keting wird heute als die konsequente und langfristige Ausrichtung der Kapital -
marktstrategien und -aktivitäten eines Unternehmens auf die Bedürfnisse der
Financial Community verstanden mit dem Ziel, den Börsenwert des Unternehmens
langfristig auf einem fairen Niveau zu etablieren (vgl. Ebel/Hofer, 2003, S. 18 f.).
Erst durch neue gesetz liche Vorschriften, Publizitätspflichten und die Inter natio na lisierung
der Kapital märkte hat die Finanzkommunikation in Deutschland in den letzten Jahren an
Bedeutung gewonnen. Inzwischen konkurriert der schnell wachsen de Kreis an Aktien-
gesellschaften immer stärker um das Eigenkapital potenzieller Investoren.
Eine grund legende Besonderheit der Kommunikationspolitik des Investor Relations Mar-
keting besteht darin, dass sich für die einem Unternehmen zur Verfügung stehenden Ins-
trumente neben der Differenzierung in per sönlich und unpersönlich eine weitere Unter-
teilung bietet (vgl. Tabelle 22). Zu unter scheiden sind hierbei (vgl. Acht leitner/Bassen,
2001, S. 38 ff.):
Obligatorische Maßnahmen—
Diese Maßnahmen der Unternehmens publizität werden hinsichtlich ihrer Art,
des Umfangs und der Regelmäßigkeit in Deutschland durch mehrere Gesetze,
z. B. das Aktiengesetz, das Börsengesetz, das HGB sowie die Börsenzu lassungs-
ver ord nung, geregelt (Kirchhoff, 2001, S. 42 f.). Sie dienen oft der Adressierung
aller Zielgruppen des Investor Relations Marketing.
Fakultative Maßnahmen—
Diese Maßnahmen ergänzen die persönliche Kommunikation, um mit ausge -
wähl ten institutionellen Investoren und Multiplikatoren in Kontakt zu treten.
So wer den bspw. auch Live Com-Instrumente wie Roadshows genutzt, um
das Unter nehmen gegenüber den In vestoren zu positionieren.
Die Integration und Abstimmung dieser Kommunikationsinstrumente ist von hoher Rele-
vanz , um Wirkungsverluste zu vermeiden und einen konsistenten Auftritt des Unterneh-
mens auch in Zukunft zu gewährleisten. Im Hinblick auf den Einsatz von Instrumenten
der Live Communication für die Gestaltung von Investor Relations gelten die bisherigen
Ausführungen zur Planung, Durchführung und Nachbereitung von Live Com-Konzepten.
167
Sonderformen der Live Communication 3.5
Als Sonderform der Live Communication soll jedoch hier die Hauptversammlung als obli-
gatorisches Instrument des Investor Relations Marke ting her vorgehoben werden.
Tabelle 22. Kommunikationsmaßnahmen des Investor Relations Marketing (Quelle: Wichels, 2002, S. 22)
Die pflichtgemäß nach §§ 118 ff. AktG durchzuführende Hauptversammlung gilt für die
Aktionärsdemokratie als das zentrale Kommuni kationsmedium innerhalb der Investor Re-
lations eines Unter nehmens (vgl. Steiner, 1995, S. 4). Sie lässt sich im Sinne der Live Com-
munication wie folgt definieren:
obligatorischeKommunikation
fakultativeKommunikation
persönlicheKommunikation
Hauptversammlung
Analystenmeetings
Roadshows
Confer
Aktionärsmessen
Pressekonferenzen
unpersönlicheKommunikation
Geschäftsbericht
Zwischenberichte
Quartalsberichte
Börsenprospekt
Unternehmenskalender
Ad-hoc-Publizität
Printanzeigen
Pressemitteilungen
IR-Broschüren
Aktionärsbriefe
Inter
WA
TV
Definition Hauptversammlung
Eine Hauptversammlung ist ein regelmäßig wiederkehrendes, temporär inszeniertes
Ereignis, das sich an Teilhaber einer Aktiengesellschaft und deren oberstes Beschluss-
organ richtet und aufgrund des Informationsgehaltes eine bedeutende mediale Auf-
merksamkeit erlangt.
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
168
Sie dient demzufolge als „Visitenkarte“ (vgl. Mayrhofer, 1999, S. 146) zur Präsentation
der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens, in der die wirt schaft liche Entwicklung der
Ge sellschaft dargelegt und Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden. Die hierbei stattfin-
dende persönliche Kommu nikation bietet die Möglichkeit der direkten und individuellen
Rück koppelung mit der Financial Community.
Doch der Charakter und Stil des Austausches haben sich über die Jahre stark verändert. Mit
Beginn der Aktiengesellschaftsära herrschte in den Vorträgen der Organe noch eine ver-
hältnismäßig gedämpfte und höfliche Tonart. Von kritischen Diskussionen oder gar Streit-
gesprächen zwischen Aktionären und Organmitgliedern ist nichts über liefert (vgl. Clausen,
2001, S. 7). Die damals noch als Generalversammlung bezeichnete Haupt ver sammlung galt
eher als Exklusivveranstaltung von aristokratisch einfluss reichen Geschäfts herren . Nach
Verabschiedung der großen Aktienrechts reform von 1965 be gann die zweite Epoche der
deutschen Hauptversammlungen (vgl. Clausen, 2001, S. 7). Nun wurde vom Auskunfts- und
Rederecht verstärkt Ge brauch gemacht. Die damit einhergehende gelegen tliche Polemik im
Dialog der Beteiligten war in den offen gestalteten Veran staltungen un ver meidbar. Um der
Brisanz derartiger Streit gespräche und dem Missbrauch der Aktionärsrechte bestmöglich
zu entgehen, be mühten sich die Unternehmen z. T. mit Einsatz von erheblichen Budgets
und groß dimensionierten Mit arbeiter stäben, die Haupt ver sammlung so wirkungsvoll wie
mög lich zu nutzen, um einen bleibend positiven Eindruck bei den Aktionären zu hinter las-
sen (vgl. Link, 1994, S. 366).
In großen Gesellschaften wird die Hauptversammlung wegen des großen Medien-
interesses auch als günstige Gelegenheit für publikumswirksame Auftritte genutzt
(vgl. Max, 1991; Stützle/Walgenbach, 1991). Deshalb wird der aus den Zahlen ge-
wonnene Eindruck gern durch ein gut organisiertes Hauptver sammlungsevent ab-
gerundet. Gerade, wenn viele Mit arbeiter auch Aktionäre des Unter nehmens sind,
kann die Zusammenkunft als „Motivationsshow “ für die Mitar beiter genutzt werden.
Der enorme koordi natorische und administrative Aufwand macht die Hauptversammlung
jedoch zu einer der kostenintensivsten Investor Relations-Maßnahmen (vgl. Abbildung 30).
Fallende Börsenkurse und ungewisse Geschäftsaussichten wirken sich i. d. R. nicht negativ
auf die Investor Relations-Ausgaben aus. Gemäß dem Finanzmarkt-Trendmonitor ver zeich-
net mehr als ein Drittel der deutschen Aktienunternehmen für das Jahr 2008 einen deut-
lichen Budgetzuwachs – jedes siebte Unternehmen sogar um mehr als 10 % (vgl. Forth-
mann, 2008).
169
Sonderformen der Live Communication 3.5
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 30. Anteil der Investor Relations-Maßnahmen an den Investor Relations-Ausgaben
(Quelle: Handelsblatt, 2002)
Nicht nur die zunehmenden Kosten von Hauptversammlungen, sondern auch der konti-
nuierliche Anstieg börsennotierter Gesell schaften bedingen womöglich eine neue dritte
Epoche – die der virtuellen Haupt versammlung (vgl. Clausen, 2001, S. 8). In Kombination
mit der realen Veranstaltung ließe sich mit der Online-Haupt versammlung u. a. eine höhere
Präsenz erzielen.
Aktionäre üben ihre Mitspracherechte immer seltener aus, so das Deutsche Aktien-
institut (DAI, 2005, S. 4). Im Jahr 2004 waren bei den Unternehmen des DAX 30 im
Durchschnitt nur noch 47 % des stimmberechtigten Kapitals vertreten. Seit 2001 ist
die Präsenz jedes Jahr um rund zwei Prozent gesunken. Nur noch eine Minderheit
der Aktionäre beschließt somit über grund legende unternehmerische Fragen. Das
erhöht die Gefahr zufälliger Entscheidungen, die nicht im Interesse der Anleger
und des Unternehmens liegen.
Diese Entwicklung würden vor allem Privatanleger begrüßen. Sie gehören laut einer Studie
des Deutschen Investor Relations Verbandes e.V. zur wichtigsten Zielgruppe einer Haupt-
versammlung, gefolgt von inländischen institu tionellen Anlegern, der Presse, Vermögens-
verwaltern, Mitarbeitern, Analysten und aus ländischen institutionellen Anlegern (vgl. DIRK,
2000, S. 157 f.). Vor allem sie möchte man von dem Zukunftspoten zial und der Langfrist-
strategie des Unter nehmens über zeugen (vgl. Abbildung 31).
Geschäftsbericht 19,8
Hauptversammlung inkl. Bilanzpressekonferenz 18,5
Roadshows, Gespräche mit Investoren/Analysten 14,3
Sonstige Druckschriften 9,2
Informationen per Internet 9,0
Sonstige Pressearbeit 7,2
Informationen per Telefon/Hotline 5,5
Fernsehspots 4,6
Internet-TV 3,7
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
170
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 31. Ziele von Investor Relations-Maßnahmen (Quelle: Handelsblatt, 2002)
Die Hauptversammlung wird in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Fällen vom
Vorstand der Gesellschaft einberufen (ordentliche Hauptversammlung), es sei denn, die
kurz fristige Zusammenkunft ist zum Wohle der Gesellschaft unerlässlich (außer ordentliche
Hauptversammlung). Um zu verhindern, dass das zu diskutierende Geschäftsjahr zum Ver-
sammlungszeitpunkt bereits stark an Aktualität verloren hat, findet die reguläre Versamm-
lung vorwiegend in den ersten Monaten des Geschäfts jahres statt (vgl. DIRK, 2000, S. 162).
Demzufolge wird meist das Frühjahr traditionell als Hauptversammlungssaison genutzt.
Zukunftspotenzial des Unternehmens verdeutlichen 92
Langfriststrategie des Unternehmens vermitteln 76
Vertrauen schaffen/stärken 71
Vertrauen bei möglicher ungünstiger Geschäftsentwicklung erhalten 56
institutionelle Investoren gewinnen 55
institutionelle Investoren stärker binden vvvv 53
internationale Position des Unternehmens stärken 31
Privatanleger gewinnen 17
Privatanleger stärker binden 17
höheres Kurs-Gewinn-Verhältnis erzielen 16
Aktienkurs stabilisieren 14
möglicher Übernahme vorbeugen/abwenden 10
171
Tabelle 23. Maßnahmen zur Vorbereitung der Hauptversammlung
Sonderformen der Live Communication 3.5
ca. 8 bis 12 Monate vorher
Festlegung des Termins
Anmietung der Location
Beauftragung des Notars
Erstellung eines Termin- und Maßnahmenplans
Bildung des Projektteams
Festlegung der primären und sekundären Ziele der Hauptversammlung
ca. 4 bis 6 Monate vorher
Bekanntgabe des Termins
Beauftragung weiterer Dienstleister
Festlegung der Technik
Festlegung der Anmeldestelle
Groberstellung der Tagesordnung
ca. 2 bis 3 Monate vorher
Fertigstellung der Einberufung
Abstimmung mit dem Registerrichter
Verabschiedung der Tagesordnung und Beschlussvorschläge
Festlegung des Inhalts und des Layouts der Mitteilungen
Festlegung und Vorbereitung des Q & A-Handlings
Mediale Berichterstattung (Presseberichte etc.)
ca. 6 bis 8 Wochen vorher
Veröffentlichung der Einberufung
Auslage von Unterlagen
Druck und Versand der Mitteilungen
ca. 2 bis 5 Wochen vorher
Finale Überprüfung des Ablaufs
Erstellung des Leitfadens für den Versammlungsleiter
Bekanntmachung von weiteren Beschlussgegenständen
Veröffentlichung von angekündigten Gegenanträgen
ca. 1 Woche vorher
Vorgespräche mit Aktionärsvereinigungen
Vorlage des Anmeldeverzeichnisses
Vorbereitung des Versammlungsleiters
Testlauf für das Q & A-Backoffi ce
ca. 1 Tag vorher
Aufbau der Bühne, Technik und Sicherheit
Durchführung der Generalprobe
Einreichung des Protokolls
Eintragung im Handelsregister
Offenlegung des Jahresabschlusses
Organisation der Dividendenzahlung
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
172
Die zunehmende Komplexität der Präsenzveranstaltung erfordert einen immer höheren
koordinatorischen und admi nistra tiven Aufwand im Vorfeld (vgl. Tabelle 23). Hierfür ist
üblicherweise die Investor Relations-Abteilung in Zusammenarbeit mit der Marketingab-
teilung zu ständig, die weitere unter nehmensinterne Abteilungen wie die Finanz-, Rechts -,
Presse- und Öffent lich keitsabteilung sowie externe Dienstleister mit einbeziehen. Während
einerseits gewisse primäre Ziele sowie Elemente des Ablaufs einer Haupt versammlung
durch die gesetzlich bestimmten Inhalte definiert sind, so ist andererseits nicht zu vernach-
lässigen, implizite Ziele (sekundäre Ziele) festzulegen, bspw. welchen Beitrag eine Haupt-
versammlung zur Profilierung des Unternehmens bei der spezi fischen Zielgruppe wie auch
in der Öffentlichkeit leisten soll.
Während der Hauptversammlung steht nicht nur die Entscheidung, welche Kapital maß-
nahmen getroffen werden, oder die Höhe der Dividende, die ein Unter nehmen aus schütten
soll, auf der Tagesordnung, sondern auch die Absprache von Satzungs änderungen, die
Bestellung des Abschlussprüfers und die Entlastung des Auf sichtsrates und Vorstandes
(vgl. Mayrhofer, 1999; Hofmann, 1998; Stützle/Wal gen bach, 1991). Hierbei kann der Chief
Executive Officer (CEO) als wesentlicher Ver trauensanker für die internen und externen
Anspruchs gruppen des Unternehmens fungieren (vgl. Meffert, 2008, S. 97).
Der CEO nimmt als oberster Ent scheidungsträger nachweislich einen positiven
Einfluss auf die Unter nehmensper formance (Hill & Knowlton, 2006). Im Rahmen der
Corporate Reputation Watch-Studie gaben 53 % der befragten Aktien analysten die
wahrge nommene Management qualität als wichtigsten Treiber der Unternehmens re -
putation an. Darüber hinaus bestätigten 87 % der Befragten, dass die Management-
qualität entscheidend von der Person des CEOs des jeweiligen Unternehmens ab-
hängt.
Sein Engagement hat gerade in wirtschaftlich schweren Zeiten eine sta bilisierende Funktion.
Die starke Identifizierung mit einer einzigen Person erzeugt jedoch auch Ab hängigkeiten,
die im Falle von Gerüchten und Spekulationen negative Folgen haben kann.
Steve Jobs hat das Unternehmen Apple von einem reinen Computerhersteller zu einem
breit aufgestellten Elektronikkonzern geführt. Nach Bekanntgabe der Nachrichten
über seinen gesundheitsbedingten Ausstieg fielen die Apple-Aktien nachbörslich um
rund 10 % auf ihren tiefsten Stand seit Dezember 2006 (vgl. Handelsblatt, 2009).
Dieses Ergebnis impliziert, dass ein Großteil des Images eines DAX-30-Unternehmens durch
den „CEO als Marke“ geprägt wird (vgl. Meffert, 2008, S. 98). Aufgrund der Bekanntheit , Kompetenz und Identität senkt die so genannte CEO-Marke die Transaktions kosten bei der
Informationssuche und stellt eine Entlastung bei der Bewertungs- und Entscheidungsfin-
dung dar. Auf diese Weise lässt sich für die konkrete Betrachtung des Finanzmarktes und
die Durchführung der Hauptver sammlungen eine bedeutende Risiko reduktion erzielen.
173
Der Einfluss der CEO-Marke auf die Profilierung eines Unternehmens ist nicht nur im
Kontext einer Hauptversammlung zu diskutieren. Vielmehr zeichnen sich viele der
zuvor dargestellten Live Com-Instrumente dadurch aus, dass Top-Führungs kräfte des
Unternehmens auf Messen oder Events durch Ansprachen, Vorträge, Moderationen
o. ä. aktiv in die Programmplanung einbezogen werden. Die Auftritte des Unter neh-
mers bzw. eines CEOs entfalten vielfach eine besondere Wirkung auf die Unterneh-
mens marke und die Wahrnehmung des Unternehmens als Ganzes. Proble matische
Situa tionen sind dann zu überwinden, wenn CEOs der Repräsen tanz funktion in der
Öffent lichkeit nicht gewachsen sind oder die Zielgruppe nicht als begnadete Red-
ner in ihren Bann ziehen können. In diesem Fall ist bei der Planung von Live Com-
Konzepten der Inszenierung und dem Training von Spitzenmanagern besondere
Beachtung zu schenken.
Mit Blick auf die Hauptversammlung ist in der Nachher-Phase die Wirkung der Hauptver-
sammlungen zu untersuchen. Laut der Investor Relations Monitor-Studie messen insgesamt
drei Viertel aller DAX 30-Unternehmen den Erfolg ihrer Investor Relations-Maßnahmen
(vgl. Handelsblatt, 2002). Nach der Selbsteinschätzung des Finanzkommunikations erfolges
befragt, gaben im Rahmen einer Industriestudie von PWC knapp zwei Drittel der Unter-
nehmen an, einen zumindest „eher hohen“ Erfolg erzielt zu haben (vgl. PWC, 2001, S. 15).
Doch die eher qualitativen Zielfestlegungen bedingen die Tatsachse, dass eine zusätzliche
Orientierung an quantitativen Maßstäben außer Acht gelassen wird. Es bedarf folglich
einer systematischen Erfolgs kontrolle, um mit der Ziel gruppe der Financial Community
auch in der Folgezeit in einen aussichtsreichen und gewinnbringenden Dialog zu treten.
Die Professiona lisierung und Profilierung von Hauptversammlungen über das gesetzlich
vorgeschriebene Maß hinaus setzt also auch beim Verstehen der Ziel gruppen bedürfnisse an.
Sonderformen der Live Communication 3.5
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
174
„Corporate Speaking: Es geht um die Inszenierung der Auftritte des Spitzenpersonals in der Live Communication“
Öffentliche Auftritte von Spitzenmanagern global agierender Unternehmen
Interview mit Dr. Stefan Wachtel von ExpertExecutive
1. Herr Dr. Wachtel, Sie haben mehrere Rhetorikbücher geschrieben. An dem Buch „Cor-
porate Speaking“ haben Sie ebenfalls mitgewirkt, das bewusst provoziert: „Der Auftritt
des Managements ist das Unsicherste überhaupt; der Vorstand selbst ist ein kommuni-
katives Risiko“. Fehlt es in Deutschland an System und Methode für den professionellen
öffentlichen Auftritt von Spitzenmanagern?
Wachtel: Unbedingt! Aber es hat sich schon viel geändert, seit es Corporate Speaking gibt
oder einfach Auftrittsberatung integriert betrieben wird. Auftritte des Spitzenmanagements
werden heute in allen internen und externen Formen integriert geplant, platziert, vorbe-
reitet und durchgeführt. Da geht es um die Anbindung an Themen, deren rhetorische Auf-
bereitung in Denkstil und Sprachstil, Methoden zum Sprechstil im Executive Coaching bis
hin zu Inszenierung und Dresscode sowie Foto-Planung.
Grenzen sind die strategische Kommunikationsberatung und am anderen Ende die Durch-
führungsseite von Eventmanagement und Medienbegleitung. Hier ist ja die Schnittmenge
mit der Live Communication: Situationen, in denen Vorstände live auftreten. Hier wird spä -
testens seit Ende der neunziger Jahre von deutschen Unternehmen, die sich internationalen
Investoren öffnen, viel getan. Executive Coaching für Auftritte des Spitzenmanagements
ist nur der Anfang, aber inzwischen wenigstens selbstverständlich. Es gibt keinen Vorstand
mehr, der einfach nur vorliest, was man ihm geschrieben hat.
2. Ist das Ablesen von vorformulierten Manuskripten ein typisch deutsches Phänomen?
Wachtel: Nein, nicht nur. Reden werden auf der ganzen Welt vorgelesen. Für das deutsche
Spitzenmanagement, zu denen meine Klienten gehören, sollte es dabei bleiben. Schlimmer
wäre genau das Gegenteil: zu glauben, wenn er keinen Text hat, macht er das „irgend-
wie“. Sie können an unzähligen Mitschnitten beobachten, wohin das führt. Ich weiß nicht,
was schlimmer ist: die Langeweile früherer deutscher Vorstandsauftritte oder die poten-
zielle Zer störungskraft freier Reden, was das Image und die Börsenkapitalisierung angeht.
175
Sonderformen der Live Communication 3.5
Aber Sie meinen wahrscheinlich: Muss man überhaupt vorlesen? Man muss nicht! Wir
erarbeiten bei ExpertExecutive dazu mit den Klienten Stichwort-Module für Rede und
Antwort, alles unter einem CEO-Themensetting, mit Soundbites zur Penetrierung.
3. Nicht jedem ist ein überzeugendes Auftreten angeboren, obwohl nach den Worten Hein-
rich von Kleists „Reden im Grunde [nichts anderes ist als] lautes Denken“. Kann wirklich
jeder – ob jung oder alt, introvertiert oder extrovertiert – die Kunst des Auftritts erlernen?
Und welches Training gilt es hierfür zu absolvieren?
Wachtel: Wir müssen aufpassen: Es geht nicht nur um individuelle Fähigkeiten, es geht
auch immer um Prozesse hinter dem CEO und dem auftretenden Board. Wie sehr die Per-
sonen talentiert sind, ist dabei untergeordnet. Die Klienten lernen sehr schnell, sonst säßen
sie nicht an der Spitze. Die Probleme sind meist vorgelagert: Wofür wird der Text erstellt, ist
er zu gebrauchen, wann werden Stichwortkonzepte, wann Charts hergestellt, und ist das
Ganze am Ende brauchbar? Ist es an die Marke angebunden? Gibt es Soundbites, die Live
Communication sinnvoll machen? Oder verpufft die Wirkung, weil der Text unanhörbar
ist oder vorgelesen wird oder auf Fragen Beliebiges geantwortet wird? Corporate Speaking
packt das integriert an: Indem der Auftritt aus der Marke entwickelt wird, indem Prozesse
installiert werden, indem sprechbare Stichwortkonzepte entstehen, und indem am Ende
die Aktion wieder markengetreu inszeniert wird. Live Com-Maßnahmen werden des
Öfteren strategisch konsistenter vorbereitet als mancher CEO-Auftritt. Wir sollten daher
voneinander lernen.
© ExpertExecutive
Denkstile:en
:
n
:n
ess
176
3. Gestaltung und Implementierung des Live Com-Mix
4. Mit einem Blick auf die Vielfalt der „Werkzeuge einer Rede“ – Atemtechnik, Betonungs-
und Pausentechnik, Sprachtempo, Sprachmelodie, Körperhaltung, Mimik, Gestik etc. –
stellt sich die Frage, was kann in kurzer Zeit erlernt werden, was benötigt mehr Übungs-
zeit und was kann meistens nicht mehr geschult werden?
Wachtel: Das alles braucht für den Coach rhetorische Didaktik, eine sprecherzieherische
Ausbildung und einfach viel Zeit. Meist aber fehlt es nicht vordringlich an individuellen
Fähigkeiten. Um es noch einmal zu systematisieren – die Probleme liegen eher in:
einem falschen Rollenverständnis, —
falschen Aufbauformen, —(die journalistische Pyramide steht im Wege)
aufgeblähten schriftsprachlichen Texten,—
einem fehlenden Plan, was Inszenierung und Staging angeht. —(Soll er am Pult stehen? Von wo kommt er rein? Was hat er an?
In welchem Ton fängt er an?).
Und schließlich sind zu wenige Auftritte aus der Marke abgeleitet. Hier schließt sich
der Kreis zum Live Com-Konzept. Wir arbeiten alles Punkt für Punkt ab: von der Wirkungs-
analyse bisheriger Auftritte, über Themensettings und Sprachmaterial, Executive Coaching
bis zum Staging. Dann erscheinen das individuelle Können und einzelne Betonungen oft
nebensächlich . Wenn doch elementare Fähigkeiten wie Stimme oder Sprechweisen trainiert
werden müssen, leistet das ein qualifiziertes Coaching, und nicht „Medientraining“.
© ExpertExecutive
Corporate Communication
Corporate Brand
Wirtschafts-rhetorikCorporate Speaking
Integrierter Auftritt
Corporate Behaviour
177
Sonderformen der Live Communication 3.5
5. Erwiesenermaßen stellen gelebte Werte eine unmittelbare Verbindung zum wirtschaft-
lichen Erfolg dar. Was kann ein guter Auftritt des CEO konkret bewirken?
Wachtel: Viel! Studien sprechen von ganz harten Zusammenhängen zwischen dem Auf-
tritt des CEO und der Reputation des Unternehmens. Die Rede und Antwort des Spitzen-
managements muss immer wieder darauf verweisen. Ohne Rhetorik wäre das oft langweilig
und/oder wirkungslos.
6. Ist die Inszenierung der Manager inzwischen wichtiger als die Authentizität und Nach-
haltigkeit der Redeinhalte?
Wachtel: Es geht um die Inszenierung der Auftritte des Spitzenpersonals in der Live
Communication. Und die Authentizität manches Spitzenmanagers steht da im Wege. Er
oder sie hat eine Rolle zu erfüllen. In vielen Fällen sage ich: „Authentisch? Besser nicht!“
Im Gegenteil : Ist die Inszenierung gut, war das Executive Coaching dazu gut, dann scheint
der Auftritt authentisch. Darum geht es. Auspacken, Präsentieren, und eben nicht nur –
wie in der deutschen PR – bloßes Texten.
Es ist gut, dass es Kommunikationsformen wie die Live Communication gibt. Schön wäre
nur, Live Comunication und Corporate Speaking besser mit der Presse und PR zu verzahnen.
Ich kenne Unternehmen, die das tun.
7. Warum gelingt es den Angelsachsen soviel besser, gute Reden zu halten? Ist dies auf
die kulturellen Unterschiede zurückzuführen?
Wachtel: Sie sagen es! Das Paradigma des Deutschen – und des deutschen Managers: So
reden wollen, wie sein früherer Professor einen Aufsatz schreiben würde. Das Ziel der
angelsächsischen Auftritte ist gegenteilig: So sprechen, dass die anderen überzeugt sind.
Es geht um Wirkung, und die liegt eben nicht im Text. Deutsche Auftrittsberatung wird in
diesem guten Sinne angelsächsischer, deshalb habe ich in meinem letzten Buch zwei Trends
ausgemacht: „vom Text zur Person“ und „vom Produkt zur Aktion“. Die Praxis ändert sich
langsam, und zwar durch unsere Klienten mit dem angelsächsischen Einfluss und mit dem
Vordringen des McKinsey- und BCG-Personals in die Boards. Die haben in der Welt gelernt,
dass der Auftritt mehr ist als der Text. Sehen Sie sich heute die DAX 30-CEOs an: Anders als
früher, ist kaum noch einer da, der nur die deutsche Ingenieurskunst beherrscht. Die Neuen
wissen: Es geht nicht um Sprachkunst, und die Charts für den Vorstand sind noch längst
nicht seine Rede. Es macht Spaß, mit solchen Menschen „live“ zu arbeiten.
4
Organisation und Umsetzung der Live Communication
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
180
4.1 Organisatorische Anforderungen4.1.1 Integrationserfordernis der Live Communication
Die organisatorische Verankerung der Live Communication sollte dem Anspruch der inte-
grierten Kommunikation folgen. Angesichts der wachsenden Bedeutung und Komplexität
der Kommunikation sind in den 1990 er Jahren Forderungen nach integrierten Konzepten
hervorgebracht worden. Hiermit werden ein perfektes Zusammenspiel und ein Ineinander-
greifen aller Kommunikationsinstrumente angestrebt, um die Kommunikationsziele effizi-
enter zu erreichen. Voraussetzung der Umsetzung integrierter Kommunikations konzepte
ist zunächst ein ganzheitliches Verständnis der Kommu nikations aufgabe, der jeweiligen
Zielgruppen und ihrer Ansprachemöglichkeiten (Customer Contact Points) sowie der zur
Verfügung stehenden Kommunikationsinstrumente. Aus orga nisatorischer Sicht ist die Ge-
samtaufgabe der Kommunikation aufgrund ihrer komplexen Umsetzung in Teil funktionen
und -aufgaben zu zerlegen (vgl. Werder/Grundei, 2009, S. 1182 ff.). Durch Bündelung ähn-
licher Aufgaben und Funktionen können wiederum spezialisierte Abteilungen geschaffen
werden, die sich mit der zielgerechten Umsetzung ihrer Kommunikationsaufgaben beschäf-
tigen. Um dem Anspruch der integrierten Kommunikation gerecht zu werden, bedarf es
nicht unbedingt einer Konsolidierung aller Abteilungen, die mit Kommunikationsfunkti-
onen betraut sind. Vielmehr gilt es häufig, die vorhandenen Spezialisten mit ihren Kom-
petenzen über die Abteilungsgrenzen hinweg zu koordinieren.
Neben der abteilungsübergreifenden Koordination entstehen auch besondere organisato-
rische Anforderungen durch die Komplexität der Live Communication an sich. Um für
eines der Live Com-Instrumente einen Vergleich zu gebrauchen: „Was ihren Aufwand an-
belangt, sind Events wie Eisberge – acht Neuntel, nämlich der immense Organisationsauf-
wand, liegen unter Wasser“ (Holzbauer et al., 2002, S. 35). Es gilt also sorgfältig zu prüfen,
ob die Ressourcen vorhanden sind, um die jeweiligen Live Com-Konzepte umzusetzen. Zu
berücksichtigen ist auch der dramaturgische Aspekt. Gerade bei größ eren gesellschaftlichen
Ereignissen bedarf es viel fältigen Know-hows und großer Erfahrung, um Live Communica-
tion erfolgreich einsetzen zu können. Es ist sorgfältig abzuwägen, ob die benötigten Kom-
petenzen vorhanden sind oder ob die Einbeziehung von Agenturen als externe Dienstleister
notwendig erscheint. Der Rückgriff auf Agenturdienstleistungen ist vielfach unabdingbar,
erhöht aber auch die unternehmensübergreifende Koordination der Kommunikationsauf-
gaben.
Um dem Anspruch der integrierten Koordination und der Komplexität der Live Commu-
nication gerecht zu werden, stellen sich besondere Herauforderungen bei der organisato-
rischen Verankerung und Abstimmung von Live Com-Aktivitäten.
Organisatorische Anforderungen 4.1
181
Die Forderung nach einer integrierten Kommunikation ist alles andere als neu und dennoch
in der Praxis nicht wirklich gelöst. Die LiveTrends bestätigen, dass integrierte Kommunika-
tions konzepte in der Praxis nur selten lehrbuchmäßig umgesetzt werden (vgl. Abbildung 32).
Statement: In der Praxis werden integrierte Kommunikationskonzepte nur selten umgesetzt.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 32. Umsetzungsdefizite der integrierten Kommunikation in der Praxis (Quelle: LiveTrends)
Der branchenbezogenen Analyse sind weitere Einschätzungen zu entnehmen (vgl. Tabel-
le 24): So stimmen die Branchen Finance und Fashion der Aussage „Über integrierte Kom-
munikation wird viel diskutiert, aber in der Praxis werden integrierte Kommunikations-
konzepte nur selten umgesetzt“ überdurchschnittlich häufig zu, während die Branchen
Health und High Tech diese Auffassung weniger teilen. Obwohl die Automotive-Branche
nicht zufrieden mit der Koordination von Live Com-Instrumenten ist, glaubt sie dennoch
an eine positive Entwicklung und an eine stärkere Vernetzung mit anderen Instrumenten
in den kommenden Jahren. Letzterer Aspekt findet z. B. in der Finance-Branche keine Zustim-
mung. Nur die Health- und Fashion-Branchen bestätigen die Praxisrelevanz der Live Commu-
nication und ihre Zufriedenheit mit deren Umsetzung in einer positiven Zukunftsprognose.
Stimme voll
und ganz zu
20,1
Stimme eher zu Stimme eher
nicht zu
Stimme überhaupt
nicht zu
50,9
24,8
4,2
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
182
Vermerk: Angaben in Prozent
Tabelle 24. Auszug aus der branchenspezifischen Bewertung der integrierten Kommunikation (Quelle: LiveTrends)
Damit die organisatorische Verankerung der Live Com-Aufgaben der Forderung nach inte-
grierter Kommunikation gerecht wird, erscheint es zunächst notwendig, die hierfür rele-
vanten Integrationsaufgaben zu adressieren. Grundsätzlich sind folgende Integrationsauf-
gaben zu unterscheiden (vgl. Bruhn, 2009 b, S. 440 f.):
1. Planerische Integrationsaufgaben
Sie umfassen die Einbettung aller Kommunikationsaufgaben in ein Planungs- und Kon troll-
system. Dieses reicht von der Situationsanalyse, Zielformulierung, Zielgruppenbestimmung
über die Ableitung der Kommunikations strategie bis hin zur Analyse der Aufgaben und
Funktionen der Kommunikationsinstrumente. Durch die einleitend vorgestellte Verbindung
und Koordination der Live Com-Planung mit dem Planungsprozess der anderen Kommu-
nikationsinstrumente wird dieser Integrationsaufgabe Rechnung getragen.
2. Organisatorische Integrationsaufgaben
Diese umfassen im engeren Sinne die Schaffung einer Aufbau- und Ablauforganisation, die
den Koordinationserfordernissen einer integrierten Kommunikation entspricht. Die Erhö-
hung des Inte grationsgrades kann einerseits durch Konsolidierung (Zentralisierung) von ver-
teilten Kommunikationsfunktionen bzw. -abteilungen sowie andererseits durch Eta blie rung
von Koordinations instrumenten (Stabs stellen, Lenkungs gremien etc.) erfolgen.
Statements Durch-schnittliche Zustimmung
Überdurch-schnittliche Abweichung zum Gesamt-durchschnitt
Unterdurch-schnittliche Abweichung zum Gesamt-durchschnitt
„ Über integrierte Kommunikation wird
viel diskutiert, aber in der Praxis
werden integrierte Kommunikations-
konzepte nur selten umgesetzt.“
71,0Finance
Fashion
Health
High Tech
„ Mit der Koordination von Live Com-
Instrumenten und anderen Kom-
munikationsinstrumenten bin ich in
meinem Unternehmen sehr zufrieden.“
78,6
Health
Fashion
High Tech
Food
Finance
Automotive
„ In meinem Unternehmen wird in den
nächsten drei Jahren die Notwendig-
keit der intensiveren Vernetzung von
Live Com-Instrumenten mit anderen
Instrumenten stark zunehmen.“
75,3
Automotive
Health
Fashion
Finance
Organisatorische Anforderungen 4.1
183
3. Personelle Integrationsaufgaben
Die enge Abstimmung zwischen den Verantwortlichen im Kommunikationsbereich erfor-
dert ein entsprechendes Arbeits- und Kommunikationsklima. Bruhn spricht in diesem Zu-
sammenhang vom „Integrationsbewusstsein als Voraussetzung“ (Bruhn, 1992, S. 179) für
die erfolgreiche Umsetzung von integrierten Kommunikationskonzepten. Die Förderung
des Integrationsbewusstseins fängt bei der grundsätzlichen Einstellung (Verständnis für
Dialoge, Kundengespräche) und dem Wissen (Wirkung von Kommunikation, Kommuni-
kationsinstrumenten etc.) der Mitarbeiter an. Die personelle Integration sollte die Koopera-
tions- und Koor dinationsbereitschaft aller beteiligten Mitarbeiter innerhalb eines Unterneh-
mens fördern. Beispielweise können Stellenbeschreibungen und ergänzende Querschnitts-
seminare als Instrument eingesetzt werden, um das abteilungsübergreifende Verständnis
für die tägliche Zusammenarbeit zu fördern.
4. Kulturelle Integrationsaufgaben
Unternehmen weisen unterschiedliche Kommunikationskulturen auf, die eine Abstimmung
zwischen Abteilungen und Mitarbeitern fördern oder hemmen können. Mit Blick auf die
Live Communication ist eine offene Kommunikationskultur innerhalb des Unternehmens
aber auch gegenüber dem Kunden eine notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche
Umsetzung von Live Com-Instrumenten. Gemäß des Community-Gedankens fördern Live
Com-Aktivitäten nicht nur die Interaktion zwischen Unternehmen und Kunden, vielmehr
kommt auch die Kommunikation zwischen den Kunden zum Tragen. Dies eröffnet für Un-
ternehmen eine neue Dimension des „Zuhörens“.
5. Informationelle Integrationsaufgaben
Die Abstimmung der Kommunikationsinstrumente auf die Zielgruppen erfordert den Auf-
bau und Einsatz von integrierten Datenbanken, welche die Planung, Umsetzung und Kon-
trolle der Kommunikationskonzepte entsprechend unterstützen. Die skizzierten Integra -
ti onsaufgaben gelten nicht spezifisch für die Live Communication, sondern treffen auf alle
Kommunikationsfunktionen und -instrumente zu. Durch die zunehmende Bedeutung der
Live und Virtual Communication im Vergleich zur klassischen Kommunikation erhöht sich
jedoch der Druck bei Unternehmen, das Gesamtportfolio aller Kommunikationsinstrumente
zu betrachten und effizient aufeinander abzustimmen. Die obigen Integrationsaufgaben
können hierzu einen Beitrag leisten. Fragt man weiterhin, worauf die Integrationsaufgaben
letztlich abzielen sollen, so können verschiedene Formen der Integration für den Kommu-
nikationsbereich unterschieden werden (vgl. Bruhn, 2009 b, S. 442):
Inhaltliche Integration —Hierunter fällt die thematische Abstimmung aller Kommunikationsinstrumente.
Dabei kann zwischen der funktionalen („Welchen Beitrag leisten unterschiedliche
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
184
Kommunikationsinstrumente zur Realisierung der Kommunikationsziele?“) und
der instrumentellen Integration („Wie können z. B. Live Com-Events mittels
klassischer Kommunikation angekündigt und über die virtuellen Kommunika-
tionsinstrumente übertragen werden?“) unterschieden werden (vgl. Bruhn, 1992,
S. 32 ff.). Zur inhaltlichen Integration zählt auch die Abstimmung der Kommu-
nikationsinhalte über verschiedene Marktstufen hinweg (z. B. händlerbezoge-
ne und endkundengerichtete Messen oder Events). Slogans, Kernbot schaften,
Schlüsselbilder und alle multisensualen Stimuli sind entsprechend der Marken-
positionierung über alle Kommunikations instrumente hinweg zu verwenden,
damit ein stimmiges und einheitliches Erscheinungsbild gegenüber der Ziel-
gruppe vermittelt wird.
Formale Integration —Die formale Integration umfasst die Vereinheitlichung unterschiedlicher Elemente,
die bei verschiedenen Kommunikationsinstrumenten zum Einsatz gelangen. Hier-
zu zählen z. B. Markenlogos, Schrifttypen, Farben etc. Durch die Einhaltung von
Gestaltungs prinzipien soll die Wiedererkennbarkeit des Markenauftritts über alle
Kommunikationsinstrumente hinweg erhöht werden.
Zeitliche Integration —Sie umfasst die Abstimmung der Kommunikationsaktivitäten im Zeitablauf.
In diesem Zusammenhang sind Live Com-Aktivitäten durch Instrumente der
klassischen und virtuellen Kommunikation anzukündigen und nachzubereiten.
So lassen sich bspw. die Kundenkontakte einer Messeveranstaltung durch die
Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern oder gezielte CRM-Maßnahmen
weiter ausschöpfen. Professionelle Pressearbeit oder Internet-Kommunikation
erhöhen die Reichweite eines Events. Die Live Communication wird damit zum
zentralen Katalysator für vertriebliche und mediale Aktivitäten.
Die Integrationsformen beinhalten die Koordination der Kommunikationsaktivitäten über
verschiedene Zielgruppen- und Ländersegmente hinweg. Hinsichtlich der jeweiligen Kom-
munikationsinstrumente, die betrachtet werden, kann zwischen der interinstrumentellen
und intrainstrumentellen Integration differenziert werden. Während es im ersten Fall um
die Koordination verschiedener Kommunikationsinstrumente geht, bezieht sich die intra-
instrumentelle Integration auf die Abstimmungsnotwendigkeit innerhalb einer Instrumente-
kategorie wie der Live Communication. Aufgrund der Komplexität z. B. von Events oder
Messeauftritten kommt der intrainstrumentellen Abstimmung eine erhebliche Bedeutung
zu. In vielen Unternehmen umfasst das weltweite Portfolio im Durchschnitt über 100 Mes-
sen und Events pro Jahr (vgl. Abbildung 33), in Großkonzernen sogar mehr als 150.
Organisatorische Anforderungen 4.1
185
Abbildung 33. Anzahl der stattfindenden Messen und Events pro Jahr (Quelle: LiveTrends)
Angesichts des häufigen Einsatzes von Live Com-Instrumenten kann bereits die zeitliche
Abstimmung innerhalb der Live Communication aber auch die Vernetzung mit den anderen
Instrumenten eine erhebliche Herausforderung darstellen. Hierzu verdeutlicht die Abbil-
dung 34 die zeitliche und komplexe Abfolge von Live Com-Aktivitäten bei einem Unter-
nehmen der High Tech-Industrie.
Durchschnittliche Anzahl der Veranstaltungen
in Deutschland im Ausland
Mes
se-
bet
eilig
un
gen
Internationale Leitmessen 3,0 3,8
Nationale bzw. internationale Messen 5,7 7,1
Regionalmessen 11,6 5,5
Eve
nts
Corporate Events (für Multiplikatoren) 14,6 9,4
Public Events (für Endverbraucher) 25,6 8,9
Internal Events(für Mitarbeiter) 4,9 5,0
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
186
Fachhandelstage A-Messen Distributorentage Verlagsmessen
Abbildung 34. Zeitliche Integrationsaufgaben bei der Planung des Live Com-Portfolios
Kundenbeispiel High Tech-Branche
A-
Mes
sen
Fach
han-
del
stag
eD
istr
ibu-
tore
ntag
e
Verl
agsm
esse
n
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan
Distributorentag 1März 2009
Distributorentag 3Juli 2009
Distributorentag 4September 2009
Distributorentag 5November 2009
Distributorentag 2Mai 2009
Verlagsmesse 1Februar 2009
Verlagsmesse 2Februar 2009
Verlagsmesse 3April 2009
Verlagsmesse 5Juli 2009
Verlagsmesse 6August 2009
Verlagsmesse 4Juni 2009
Verlagsmesse 7Oktober 2009
Verlagsmesse 8November 2009
Fachhandelstag
A-Messe 1März 2009
A-Messe 2August 2009
A-Messe 3August 2009
A-Messe 4Oktober 2009
187
Organisatorische Anforderungen 4.1
„Viele Case Histories erfolgreicher Kommunikation belegen die Wichtigkeit der Integration.“
Integrationserfordernis der Live Communication
Interview mit Prof. H. Dieter Dahlhoff von der Universität Kassel
1. Sehr geehrter Prof. Dahlhoff, Live Com-Instrumente wie z. B. Messen gelten gemein hin
als Kommunikationsplattformen. Sind sie als Wegbereiter der integrierten Kommunika-
tion anzusehen?
Dahlhoff: Nein, wohl kaum so generell. Messen sind mehr flankierende oder konzentrie-
rende Instrumente in der integrierten Kommunikation. Allenfalls im B2B-Bereich können
sie eine Schlüsselrolle übernehmen.
Der besondere Vorteil einer Messe liegt darin, dass Dialoge an einem Ort unmittelbar ini tiiert
und gänzlich individuell gestaltet werden können. Allerdings ist diese intensive Auseinan-
dersetzung zwischen Teilnehmern – sei es in der Konstellation Anbieter/Anbieter, Anbie-
ter/Nachfrager oder Nachfrager/Nachfrager – i. d. R. von kurzer Dauer und gegebenen-
falls frei von medialem Einsatz. Zudem sind auch Messen auf die übrigen Kommunikations-
instrumente angewiesen. Aus einer anderen Perspektive – etwa der des Vertriebes bzw. der
Distributionspolitik – mag es anders aussehen, da kommt dem Thema „Messe“ durchaus
eine Zentralfunktion zu.
2. Existieren genügend Beweggründe, die den Einsatz der integrierten Kommunikation
rechtfertigen? Wenn ja, ist der Einsatz wirklich für alle Unternehmen, für alle Produkte
und alle Anlässe relevant?
Dahlhoff: Ja, diese Aufgabenstellungen und auch Problembereiche gibt es – „Integration“
ist eine Zielgröße. Allerdings ist sehr differenziert zu betrachten, „was“ und „wie“ integriert
werden soll. Wir fokussieren uns auf den Aspekt organisationaler Integration (eine wesent-
liche Herausforderung für das angewandte Kommunikationsmanagement) sowie instru-
menteller Integration (neben den Aspekten von formaler, zeitlicher, inhaltlicher sowie hori-
zontaler, vertikaler, internationaler Integration). Nach dem Kasseler Modell der Integration
besteht die Aufgabenstellung primär darin, die zehn Instrumente der Market Communi-
cations einerseits sowie die acht Instrumente der Corporate Communications andererseits
sowohl intraspezifisch als auch auf ganzheitlicher Ebene zu integrieren.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
188
3. Lassen sich Ihrer Meinung nach die Aussprüche „Viele Fische machen noch keinen
Hai“ und „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ auf die integrierte Kommunika-
tion beziehen?
Dahlhoff: Der zweite zitierte Satz aus der Schule der Gestaltpsychologie Wolfgang Metzgers
beschreibt die Situation der „Integration“ als Zielgröße ganz genau. Mit der integrierten
Kommunikation soll durch Synergien ein echtes „Mehr“ an Effizienz erreicht werden. Da-
zu ist jedoch die Implementierung eines systematischen Planungsprozesses im Hinblick
auf die Kommunikation im Unternehmen notwendig, der zudem mit der übergeordneten
Marketingstrategie sowie dem Marketing-Mix abzustimmen ist. Ein diffuses Vorgehen, bei
dem der Instrumenteeinsatz nach Gefühl erfolgt, führt hingegen zwangsläufig dazu, dass
„viele Fische noch keinen Hai“ machen.
4. In den LiveTrends-Ergebnissen zeigt sich, dass 71 % der knapp 400 Marketingmana-
ger der Aussage zustimmen: „Über integrierte Kommunikation wird viel diskutiert, aber
in der Praxis werden integrierte Kommunikationskonzepte nur selten umgesetzt“. Ist
dies in der Praxis wirklich der gängige Fall? Und wenn ja, warum?
Dahlhoff: Die hier zitierte Aussage hängt von der Fragestellung ab. Viele Case Histories er-
folgreicher Kommunikation belegen die Möglichkeit und Wichtigkeit der Integration. Die
Marketer äußern sich hier sehr zurückhaltend. Beispiele in größerer und positiver Zahl fin-
det man bei den mit dem Effie-Award ausgezeichneten Kommunikationsarbeiten auf der
Homepage des GWA (www.gwa.de). Gerade als EffieJuror des Jahres 2008 kann ich auf
sehr überzeugende Integrationsleistungen innerhalb der Marktkommunikation verweisen.
5. Die integrierte Kommunikation kann in Unternehmen Top-down, Down-up oder Bottom-
up geplant werden. Welche Vor- und Nachteile bieten die verschiedenen Vorgehenswei-
sen?
Dahlhoff: Alle Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Bei der Top-down-Planung besteht
der Vorteil im Wesentlichen in der konkreten Umsetzung sämtlicher Teilpläne hinsichtlich
der Zielsetzungen der gesamten Markt- und Unternehmenskommunikation, wobei die Ge-
fahr besteht, dass budgetmäßige und instrumentelle Planvorgaben auf der nachfolgenden
Ebene nicht erfüllt werden können. Bei der Bottom-up-Planung hingegen haben die ein-
zelnen Kommunikationsabteilungen einen großen Entscheidungsspielraum bei der Priori-
sierung von Einzelmaßnahmen, der dazu führen kann, dass die Zielsetzungen der Markt-
und Unternehmenskommunikation nicht in Gänze erfüllt werden können. So ist bei der
integrierten Kommunikation nicht nur die Integration der Instrumente sinnvoll, sondern
auch die Integration der Top-down- und Bottom-up- zur Down-up-Planung.
189
Organisatorische Anforderungen 4.1
6. Zur Umsetzung der integrierten Kommunikation werden oftmals externe Dienstleister
hinzugezogen. Welche Agenturform bietet Ihrer Meinung nach die beste Infrastruktur, um
integrierte Kommunikation effizient umzusetzen?
Dahlhoff: Die internationale „Full-Service-Agentur“ erscheint mir mit Einschränkung ein
geeigneter Dienstleistungspartner. Sie übernimmt nicht nur die Kreation, sondern darüber
hinaus auch die analytisch-strategische Beratung, Analyse und Pflege von Marken, Pro-
dukten oder – entsprechend dem Einsatz der integrierten Kommunikation – Unternehmen
und ist in der Lage, eine externe Auswahl und Komposition der „richtigen Kommunikati-
onsinstrumente“ zu treffen. Andererseits bin ich jedoch der Auffassung, dass ein professio-
nelles Kommunikationsmanagement des auftraggebenden (größeren) Unternehmens auch
die Integrationsaufgabe und zugleich damit die organisatorische Integration verschiedener
spezialisierter Dienstleister/Agenturen beinhaltet.
7. Können Sie ein Beispiel anführen, in dem eine inhaltliche, formale und zeitliche Inte-
gration von Live Com-Instrumenten optimal zum Tragen kam?
Dahlhoff: Grundsätzlich kommt der Integration von Live Com-Instrumenten in der Auto-
mobilindustrie eine besondere Bedeutung zu und wird auch von nahezu sämtlichen Her-
stellern bzw. Importeuren praktiziert. Die Neueinführung eines Modells – z. B. des Golf VI,
des BMW 7ers oder des Fiat Cinquecento – sind fabelhafte Beispiele für eine integrierte Live
Com-Inszenierung. Im Hinblick auf die Brand Lands, die ebenso der Live Communication
zuzuordnen sind, bleibt hingegen zu konstatieren, dass es sich hier um ein Feld handelt,
das von den klassischen Mainstream-Marken noch nicht betreten wurde. Marken wie BMW,
Mercedes, Audi und Volkswagen sind im Hinblick auf den Einbezug von Brand Lands feder-
führend.
8. Für die einzelnen Kommunikationsinstrumente gibt es eine Reihe von Ansätzen zur Er-
folgskontrolle. Aber wie lässt sich eigentlich der Erfolg von integrierter Kommunikation
messen?
Dahlhoff: Nach dem Radio-Erivan-Prinzip: „Es kommt drauf an“. Hier ist zunächst die Ziel-
setzung relevant. So sind im Rahmen einer qualitativen bzw. psychographischen Ergebnis-
ermittlung gänzlich andere Ansätze anzuwenden als bei einer quantitativen Ermittlung des
Zielerreichungsgrades. Allein die Zusammenführung dieser beiden Ansätze ist bereits mit
erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Eine inhaltlich, formal und zeitlich über die ein-
zelnen Instrumente hinaus integrierte Messung der verschiedenen Kommunikationsziele
stellt eine noch größere Herausforderung dar. Hier besteht noch enormer Methoden-, Ent-
wicklungs- und Forschungsbedarf. Aktuell ist es sinnvoll, die integrierte Kommunikation
erst partiell und anschließend zusammenführend zu messen.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
190
4.1.2 Organisatorische interne Verantwortlichkeiten der Live Communi cation
Die organisatorische Verankerung von Verantwortlichkeiten für die Live Communication
kann innerhalb der Aufbau- und Ablauforganisation in Abhängigkeit von verfügbaren Kom-
petenzen, Unternehmensgröße, Markenarchitektur oder Produktkategorie unterschiedlich
gehandhabt werden. Angesichts der dargestellten Voraussetzungen zur Umsetzung inte-
grierter Kommunikationskonzepte lassen sich jedoch eine Reihe von generellen Empfeh-
lungen für die strukturelle Einbeziehung der Live Communication geben. Es würde im vor-
liegenden Kontext zu weit führen, alle organisatorischen Möglichkeiten der integrierten
Kommunikation auszuleuchten. Beschränkt man sich auf die grundsätzlichen Vorgehens-
weisen, um die Kommunikationsaufgaben im Sinne der integrierten Kommunikation in der
Aufbauorganisation zu verankern, so lassen sich zwei Ansätze unterscheiden (vgl. Ahlers,
2006, S. 21):
1. Konsolidierungsorientierte Ansätze
Bei diesen Ansätzen wird eine Veränderung der Organisationsstruktur in der Weise vorge-
schlagen, dass sämtliche Kommunikationsfunktionen letztlich in einer Abteilung „Unterneh-
mens- und Markenkommunikation“ zusammengefasst werden (vgl. Abbildung 35). Diese
Abteilung kann wiederum als Teilbereich des Marketing in die Organisations struktur inte-
griert werden. Besteht bereits eine solche Zentralisierung von Kommunikations funktionen,
dann sollten die Aufgaben der Live Communication dieser Abteilung zugeordnet werden,
um ebenfalls einen hohen Integrationsgrad zu gewährleisten. Vielfach stehen jedoch unter-
nehmenspolitische Barrieren und Machtverhältnisse einer Zusammenlegung dezentral eta-
blierter Kommunikationsfunktionen bzw. Abteilungen entgegen, sodass ein Konsolidierungs-
ansatz schwierig zu verfolgen ist.
191
Organisatorische Anforderungen 4.1
Abbildung 35. Beispiel für die organisatorische Verankerung der Live Communication in einem Konsolidierungsansatz
2. Koordinationsorientierte Ansätze
Das Ziel einer integrierten Kommunikation kann auch dann erreicht werden, wenn die Kom-
munikations funktionen und -instrumente auf verschiedene Abteilungen aufgeteilt sind. In
diesem Fall kommen abteilungsübergreifende Koordinationsmechanismen zum Einsatz, so-
dass Schlüssel entscheidungen abgestimmt werden und die Umsetzung dann innerhalb der
jeweiligen Abteilungen erfolgt. Ob die Abstimmung zwischen den verschiedenen Kommu-
nikationsabteilungen gelingt, hängt davon ab, inwieweit die Verantwort lichkeiten für die
Wahrnehmung der Koordinationsaufgaben klar geregelt und mit Entscheidungsmacht hin-
terlegt sind. Idealerweise erfolgt die Etablierung eines Kommunikationsmanagers, der mit
weitreichenden Weisungs befugnissen zur Koordination und Kontrolle der abteilungsspezi-
fischen Kommunikationsaufgaben ausgestattet ist. Entsprechende Koordinationskon zepte
können z. B. in Form von:
Stabsabteilungen als Corporate Center mit Koordinations- und —Richtlinienfunktion,
zentralen Service-Centern, die über ein Angebot von abgestimmten —Kommunikationsdienstleistungen verfügen, die von den Abteilungen
bzw. Divisionen in Anspruch genommen werden können,
abteilungsübergreifenden bzw. cross-funktionalen Lenkungsgremien,—
Geschäftsführung
Marketing & Vertrieb
Vertrieb
Unternehmens- und Markenkommunikation
_Messen_Events_Brand Lands
Live Communication Klassische Werbung Online
PR
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
192
Projektorganisationen,—
Matrixorganisationen —
konkret in der Unternehmensorganisation verankert bzw. umgesetzt werden (vgl. Werder/
Grundei, 2009; Stockmann, 2007; Ahlert, 2006; Bruhn, 1992). Beispielhaft zeigt die Abbil-
dung 36, wie durch eine Stabsstelle mit Koordi nationsfunktion auch in einer dezentralen
Organisationsstruktur ein integriertes Kommunikationskonzept geplant und umge setzt
werden kann. Aufgaben der Live Communication werden hier in einer gleichberechtigten
Abteilung (z. B. Messen und Events) neben die bestehenden Kommunikationsabteilungen
eingeordnet, wobei über eine Stabsstelle und einen zentralen Kommunikationsmanager die
Integration der Kommunikationsaktivitäten mit den Abteilungen vorgenommen wird. Die
Einrichtung einer eigenen Abteilung „Messen und Events“ kann auf dem Sachverhalt be-
ruhen, dass sich die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter von jenen derer, die für die Online- und
klassische Kommunikation zuständig sind, erheblich unterscheiden.
Abbildung 36. Beispiel für die organisatorische Verankerung der Live Communication im Koordinationsansatz
Werden komplexere Organisationsstrukturen nach Divisionen (Produktgruppen, Kunden-
gruppen, Marken, Ländern) unterteilt, dann sind detaillierte Analysen darüber durchzufüh-
ren, welche Vor- und Nachteile mit der Einrichtung von divisionsübergreifenden Zentralab-
teilungen gegenüber der Integration der Live Communication in die jeweiligen Divisionen
verbunden sind. In der Praxis von Großunternehmen ist häufig eine Kombinations lösung
von zentraler Kommunikationsabteilung mit dezentral platzierten Kommunikationsspezia-
listen in einzelnen Geschäftsbereichen bzw. Divisionen vorzufinden (vgl. Werder/Grundei,
2009, S. 1188).
Geschäftsführung
PRMessen
und Events
KlassischeWerbung
OnlineKommuni-
kationVertrieb
Stabsstelle:Unternehmenskommunikation
Organisatorische Anforderungen 4.1
193
Einblicke in die organisatorische Zuordnung der Live Communication liefern die LiveTrends-
Studien. Bei der Frage, welche Abteilungen bei der Planung von Messen und Events betei-
ligt und organisatorisch zuständig sind, ergeben sich die in der Abbildung 37 dargestellten
Ergebnisse. Messen und Events werden in den meisten Unternehmen durch die Marke-
ting- und Vertriebsabteilung geplant. Nur ein Viertel der Befragten gibt an, dass eine Zen-
tralabteilung „Unternehmenskommunikation“ an der Planung beteiligt sei. Eigene Messe-
abteilungen sind nahezu überhaupt nicht vorzufinden. Ebenso wie die Event- ist auch die
Messeabteilung in den meisten Fällen dem Marketing untergeordnet.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 37. Organisatorische Zuständigkeiten bei der Durchführung von Messen und Events (Quelle: LiveTrends)
Beteiligte Abteilungen
Planung von Messen Organisatorische Zuständigkeiten
73,7 Marketing 66,6
58,8 Vertrieb 7,8
27,0 Corporate Communication 7,6
23,5 Sonstige Abteilung 9,5
22,0 Vorstand/Geschäftsführung 2,1
14,7 Eventabteilung 1,9
6,9 Human Resources/Interne Kommunikation 1,2
2,4 Messeabteilung
Beteiligte Abteilungen
Planung von Events Organisatorische Zuständigkeiten
74,2 Marketing 66,6
58,8 Vertrieb 5,9
30,8 Corporate Communication 8,3
30,6 Sonstige Abteilung 9,2
27,0 Vorstand/Geschäftsführung 3,3
20,6 Eventabteilung
17,3 Human Resources/Interne Kommunikation 2,1
12,8 Messeabteilung 2,1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
194
Erfolgreiche Live Communication erfüllt zwei Aufgaben – sie ist Kommunikations- und Ver-
triebsplattform zugleich. Was den Unternehmen auf den ersten Blick als Vorteil erscheint, ent-
puppt sich als handfester Zielkonflikt zwischen Marketing und Vertrieb. Verfolgt das zent-
rale Marketing hauptsächlich Brandingaspekte, so zählen für die Vertriebsorganisa tionen
vor Ort vor allem Abverkauf und generierte Kontakte. Für erfolgreiche Live Communication
gilt: Sie muss die Steuerung dieser unterschiedlichen Interessen perfekt beherr schen.
Die empirischen Ergebnisse weisen darauf hin, dass in der Praxis das Konsolidierungsmo-
dell für die Einordnung der Live Communication vorherrscht. Allerdings zeigen die ein-
gangs abgebildeten Ergebnisse zum Umsetzungsgrad der integrierten Kommunikations-
konzepte, dass trotz ihrer Einbeziehung in die Marketing funktion weitere Anstrengungen
zur Umsetzung vorzunehmen sind.
Hinsichtlich der Ablauforganisation zur Planung und Umsetzung von Live Com-Aktivi-
täten ist je nach Einordnung in die Struktur der Gesamtorganisation eine Bottom-up- und
Top-down-Planung zu unterscheiden (vgl. Bruhn, 2009 b, S. 444 f.):
Top-down-Planung—
Sofern es einen Gesamtverantwortlichen für die Kommunikation (auf Unter-
nehmens- oder Divisionsebene) mit direkter Anbindung an die Geschäftsführung
gibt, so erfolgt die Planung eines kommunikations strategischen Gesamtkonzeptes
auf dieser Ebene. Hierbei steht das Ziel der einheitlichen Ausrichtung sämtlicher
Kommunikationsmaßnahmen unter Nutzung von Synergievorteilen im Vorder-
grund.
Bottom-up-Planung—
Die Planung der jeweiligen Kommunikations instrumente erfolgt in den einzelnen
Kommunikationsabteilungen.
Zur Umsetzung integrierter Kommunikationskonzepte wird eine Kombination der Planungs-
formen empfohlen. Dieser Prozess der Planung wird auch als Down-up-Planung bezeichnet
(vgl. Staehle, 1999, S. 543).
Hinsichtlich der Verantwortlichkeiten für die Live Communication sei an dieser Stelle noch
einmal hervorgehoben, dass diese Kommunikationsinstrumente eine persönliche Begeg-
nung zwischen Unternehmen und Kunden bewirken. Dies erfordert einerseits, dass sich
die Unternehmensführung auf eine dialogorientierte Kommu nikation einstellt und Mitar-
beiter motiviert, das Gespräch mit den Kunden im Rahmen von Messen, Events etc. aktiv zu
suchen. Die Professionalisierung der Live Communication setzt letztlich einen Gesinnungs-
wandel in der Unternehmenskultur voraus, sofern Kundenkontakte und -dialoge bisher
eher die Ausnahme denn die Regel waren. Andererseits ist zu beachten, dass Unternehmer-
persönlichkeiten, verantwortliche Manager und Mitarbeiter als Akteure der Inszenierung
Organisatorische Anforderungen 4.1
195
von Live Communication wichtige Funktionen übernehmen können bzw. müssen. Der Auf-
tritt von Geschäftsführern und Führungskräften auf Events hinterlässt eine prägende Au-
ßenwirkung bei allen Beteiligten (vgl. hierzu auch das „Corporate Speaking“-Interview in
Kap. 3.5.2). Ebenso wie exzellente Rhetorik die Wahrnehmung positiv beeinflusst, können
nicht vorbereitete Reden oder mangelndes Talent für öffentliche Auftritte das Marken- und
Unternehmensimage beeinträchtigen.
Prof. Walter Jens, profilierter Rhetoriker, bringt die Anforderungen an eine erfolg-
reiche Rede wie folgt auf den Punkt: „Der wirklich gute Redner argumentiere und
lehre, erstens. Zweitens, er unterhalte. Und drittens bewege er die Herzen.“ (Tenz,
2005, S. 1)
Der verantwortliche Umgang mit der Live Communication sollte demnach zur gelebten
Führungsphilosophie werden.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
196
„Live Communication erfordert eine Live Organisation mit Investitionsfreiheit und Flexibilität.“
Organisatorische interne Verantwortlichkeiten der Live Communication
Interviewrunde mit Willi Schalk und Prof. Dr. Rainer Zimmermann,
Jordi Queralt, Helmut-Andreas Hartwig, Theo Reichert
(Beiratsmitglieder der „Radiate Experience“, die zur Omnicom-Gruppe gehört)
Schalk: Unser Themenfeld heißt „organisatorische interne Verantwortlichkeiten der Live
Communication“. Hier sitzen gefühlte einhundert Jahre praktische Erfahrung mit Kommu-
nikationsaufgaben unterschiedlichster Art am Tisch. Können wir unser Gespräch bitte so or-
ganisieren, dass der Leser herausfindet, welche Organisationsform wir für optimal halten?
Hartwig: Die Unternehmen sind ja i. d. R. klassisch organisiert: Es gibt einen Werbeleiter,
einen PR-Leiter, einen Vertriebsleiter und vielleicht einen Marketing-Vorstand. Die Rivali-
täten in den Unternehmen sind in der Vergangenheit sehr groß gewesen und – was ich so
mitbekomme – auch heute noch nachdrücklich vorhanden, weil natürlich jeder an seinen
persönlichen Erfolgen und Budgets gemessen wird und man viel zu wenig mitein ander
redet. Es wird zwar das hehre Ziel verkündet, ja, wir machen Kommunikation aus einem
Guss, aber ich könnte eine Vielzahl von Unternehmen aufzählen, wo es nicht der Fall ist.
Queralt: Nach meiner Erfahrung – jetzt acht Monate auf der Agenturseite, vorher 18 Jahre
im Konzern – ist die Hürde für Live Communication die Berechenbarkeit. Es ist ja nach wie
vor so, dass Sie heutzutage die ganze klassische Kommunikation, egal ob Radio, Print oder
TV, wunderbar messen können. Sie können relativ genau sagen, mit welchem Budget Sie
welche Kontaktwerte erreichen. Live Communication ist nach wie vor bei weitem nicht so
messbar, wie es andere Instrumente sind.
Zimmermann: Entschuldigung, da habe ich eine völlig andere Perspektive. Also, das wür-
de ich zum Beispiel auch klar bestreiten. Die objektivierbare Evaluation ist nirgendwo
schlechter als in der klassischen Werbung. Sie ist im Internet erheblich besser. Die klassi-
sche Werbung hat sich jahrzehntelang sozusagen Wirbeleffekte zugerechnet und auf ihr
Konto gebucht, obwohl sie „below-the-line“ verursacht waren, was damals noch nicht ge-
messen worden ist. Die Evaluationswirkung der klassischen Werbung war eigentlich im-
mer niedriger, als man gemessen hat.
Hartwig: Ja, und auch wegen dieser Messbarkeit sind die Organisationsstrukturen klassisch
ausgerichtet.
197
Zimmermann: Das Problem, das wir haben – nicht nur bei Live Communication –, sind die
Silos, die vertikalen funktionalen Zuständigkeiten sowie das Ordnungsprinzip nach Dis-
ziplinen. Es gibt ja nicht nur den Werbeleiter und den PR-Leiter, es gibt daneben auch noch
den Sponsoring-Zuständigen, den Internet-Zuständigen und den Corporate Responsibility-
Zuständigen.
Schalk: … und die Brand Manager.
Zimmermann: Der Fehler, den viele Unternehmen eben machen, ist, dass sie keine Projekt-,
sondern immer nur Stabsorganisationen einrichten. Ein Fehler, den sie übrigens nur im
Bereich der Kommunikation vornehmen. Jeder unternehmensstrategische Prozess, jeder
Change-Management-Prozess, jeder Markteintrittsprozess wird normalerweise mit Projekt-
organisationen und nicht mit Stabsorganisationen bewältigt.
Reichert: Wir haben uns mal viele Organisationen angeschaut, DAX–Unternehmen sowie
große Familienunternehmen in Deutschland. Die sind alle funktional organisiert, und das
fördert aus der Struktur heraus ein gewisses Silo-Denken.
Zimmermann: Prozessual wäre besser …
Reichert: Die Fertigung im Unternehmen wird prozessual organisiert und auch in Projek-
ten. Aber nach wie vor wird Kommunikation sehr funktional organisiert und damit prak-
tisch untereinander nicht abgestimmt.
Hartwig: Ich stimme vollkommen zu, dass es verschiedene Verantwortliche gibt, die in Silos
denken. Jetzt ist ja die Frage, ob wir eine Empfehlung aussprechen können?
Schalk: Darauf will ich gleich kommen. Erstmal ein Zwischenfazit: Wir scheinen in der
Auffassung übereinzustimmen, dass die gelernten und heute überwiegend angewandten
Organisationsstrukturen in den Unternehmen den Anforderungen von Live Communica-
tion in Zukunft nicht mehr gerecht werden. Dann schlage ich vor, dass wir darüber disku-
tieren, wie eine optimale Organisationsform – so es sie denn gibt – idealerweise aussieht.
Reichert: Es gibt ein gutes Beispiel, das mittlerweile weltweit bekannt ist: die Firma Red
Bull. Ein klassisches Lifestyle-Produkt. Die gesamte Wertschöpfung wird intern betrieben.
Die Kommunikation ist so entscheidend wichtig, dass sie zentral intern konzipiert und ge-
steuert wird.
Schalk: Ihr Hinweis auf Red Bull ist besonders hilfreich. Es ist das beste Beispiel dafür,
wie alle Funktionen der Marke aus dem Unternehmen heraus gesteuert werden und wie
sich die Organisation daran ausrichtet. Die vielfältigen Maßnahmen, die Red Bull heute
durchführt – nicht nur das Racing Team und die Fußballmannschaft, jetzt auch ein eigener
Organisatorische Anforderungen 4.1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
198
Fernsehsender – ist Live Communication in höchster Vollendung. Es läuft in allen Aspek-
ten zusammen auf eine einzige Person: Dietrich Mateschitz, der die Marke erfunden hat,
mit der Marke lebt und die Marke führt.
Zimmermann: Das ist ein Aspekt. Ich denke, man kann auch eine andere Gesetzmäßigkeit
anführen, die ebenfalls ganz gut erforscht ist. Wir haben eben über Silo-Strukturen gespro-
chen, jetzt das Stichwort Redundanz. Man kann auch erfolgreich sein, wenn ein Unterneh-
men eine hochqualifizierte und sehr schlanke Marketingmannschaft hat, die eine große
Agentur und Dienstleistungsperipherie steuert. Ich habe keine Redundanz, sondern ich
habe ein Steuerungsteam und ich habe Dienstleister drum herum. Man muss sich also ent-
scheiden, ob man tendenziell den Outsourcing-Weg geht.
Schalk: Was mit Red Bull gezeigt wird, kann man zunächst mal festhalten: Es ist möglich,
mit einer Organisation eine Marke aufzubauen und zu führen, die auf externe Beraterhilfe
weitgehend verzichtet. Und es gibt das andere Extrem. Der Unternehmer kann sagen: Bei
diesem Projekt oder bei diesem Produkt oder bei dieser Marke gebe ich alles nach draußen.
Also sind beide Modelle möglich?
Hartwig: Ja, aber den Außenapparat, den muss er gut steuern. Da muss schon jemand da
sein.
Schalk: Den muss er so steuern wie den Innenapparat im ersten Modell.
Hartwig: Ja, wobei es innen einfacher ist.
Schalk: Das ist ja interessant. Warum ist es schwerer, das outgesourcte Instrumentarium
zu steuern?
Hartwig: Du kannst eine Organisation, wenn du sie selbst im Unternehmen hast, erheb-
lich besser führen, als wenn du eine Fülle von Agenturen hast, die unterschiedliche Inter-
essen haben, die unterschiedliche Gewinnerwartungen haben und die unterschiedlichen
Druck von ihren Headoffices haben. Du musst dann diese verschiedenen Agenturen an
einen Tisch bekommen, und da spielt Einigkeit eine ganz große Rolle. Deswegen glaube
ich, wenn du eine eigene Organisation aufbaust – wie am Beispiel Red Bull – die auch ge-
wachsen ist mit deinem eigenen Denken und mit der Größe und du sie trotzdem nach wie
vor schlank hältst, dann hast du diese besser unter Kontrolle als wenn du 20 Agenturen
beschäftigst. Selbst, wenn du ein Agentur-Network nimmst …
Schalk: Also, der Einwand hätte früher und dramatischer kommen müssen. Denn die Be-
hauptung oder die Feststellung, dass die Organisation, die all dieses bewältigt, nur intern
möglich ist, wäre ja – wenn sie stimmen würde – der Tod aller Agenturen. Ich bin bereit zu
akzeptieren, dass es schwieriger mit Externen ist, aber es ist nicht unmöglich.
199
Queralt: Coca-Cola macht es zum Beispiel so, dass sie im Brand Management die Strate-
gie- und die Businessplanung machen, und es gibt eine so genannte Integrated Marketing
Communications-Abteilung. Brand Management macht die ganze Businessplanung, wel-
che Produkte, welche Botschaften wir senden, definiert aber nicht die Medien und auch
nicht die Art der Kommunikation, die benutzt wird. Dafür gibt es eine eigene Abteilung –
und da kommen wir zur Sache – namens Marketing Communication Integration.
Schalk: Das ist also eine operative Abteilung?
Queralt: Ja. In der sind alle kommunikativen Funktionen drin. Da gibt es Media-Leute, da
gibt es Internet-Fachleute, da gibt es Sponsoring-Leute, da gibt es PR-Leute. Die sind alle
unter einer Person organisatorisch aufgestellt. Die nehmen das Briefing an und kümmern
sich dann als MCI, wie sie im Kürzel genannt werden, darum, die Agenturen zusammen-
zuholen, die sie brauchen, um den richtigen Mix an Medien und Botschaften zu finden, und
kommen zurück und sagen: Okay, wir haben jetzt den Spot, den macht die Werbeagentur,
wir haben den Internetauftritt, den macht die Internet-Agentur, und wir machen Sponso-
ringmaßnahmen, die macht die Sponsoring-Agentur. MCI koordiniert das Ganze und geht
damit an das Brand Management zurück. Funktioniert eigentlich ganz gut.
Schalk: Kann man sagen: Das ist eine Durchführungsabteilung für die Ziele des Brand
Management?
Queralt: Und zwar ausschließlich für die Kommunikation. D. h., das Brand Management
sagt: Für die Marke möchte ich folgende Botschaft rüberbringen. Wie diese Botschaft aus-
gestaltet ist, welche Subbotschaften es gibt, wie die Grafik ist, wie sie textlich dargestellt
wird, welche Medien genutzt werden, das erarbeitet die Abteilung MCI.
Schalk: An wen reported die Integrated Marketing Abteilung?
Queralt: An den Marketing Director.
Schalk: An den Marketing Director, an den auch das Brand Management berichtet? D. h.,
die operative Abteilung reported nicht an das Brand Management, sondern an den über-
geordneten Marketing Director?
Queralt: Ansonsten hätten sie die Neutralität nicht; wenn sie das an das Brand Manage-
ment reporten würden, dann wären sie ja abhängig voneinander.
Schalk: In der MCI-Abteilung finden sich nun Spezialisten für die einzelnen Kommuni-
kationskanäle oder Maßnahmen, die nach der Aufgabenstellung des Brand Management
Maßnahmen konzipieren und teilweise selbst durchführen?
Organisatorische Anforderungen 4.1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
200
Queralt: I. d. R. müssen sie Agenturen aussuchen, die das dann ausführen, weil sie personell
nicht so ausgestattet sind, dass sie die Umsetzung selber machen können.
Schalk: D. h. auf die Agenturen, die da eingeschaltet werden, kommen Aufgaben zu, die
strategisch und konzeptionell soweit vorgeplant sind, dass die Agentur dabei kein wesent-
liches Involvement hat, sondern eine klare Aufgabenstellung, um deren Durchführung es
geht. Was nicht heißt, dass keine kreative Arbeit zu leisten ist. Wenn sie den Auftrag hat,
einen TV Spot für Weihnachten zu entwickeln, ist das natürlich auch eine kreative Heraus-
forderung. Die Agentur hat nicht wirklich Verantwortung für die Markenführung – die liegt
eindeutig beim Brand Management –, sondern sie ist gegenüber der operativen Abteilung
MCI verantwortlich für die Durchführung der Maßnahmen, für die sie klar gebrieft wird.
Reichert: Ein ganz andersartiges Beispiel: Bei Mercedes übernehmen wir teilweise die Or-
ganisationsleistung, die bei Coca-Cola das Unternehmen erbringt. Fallweise übernehmen
wir das Projektmanagement und die Steuerung der Kommunikation, die Entwicklung der
Kommunikationsidee und der Message sowie die Durchführung aller Maßnahmen, ins-
besondere der Live Communication. Oft ist es auch eine Frage der Qualifikation der han-
delnden Personen. Zentrale Steuerung ist dabei unverzichtbar.
Zimmermann: Also im Grunde das, was wir bei Coca-Cola intern gesehen haben, ausgela-
gert. Die Agentur übernimmt die Federführung.
Queralt: Und da gibt es noch ein anderes Beispiel: Die Allianz macht prinzipiell die gan-
ze Planung intern und gibt dann die Aufgaben an das „House of Communications“. Das
House of Communications ist ein Organisationszusammenschluss, in dem alle Kommuni-
kationssysteme sitzen, auch ein Vertreter der jeweiligen Agenturen, praktisch vor Ort, von
einem Allianz-Verantwortlichen gesteuert.
Schalk: Das hieße doch, eine Anforderung an die Agenturen muss sein, sich so aufzustel-
len und zu organisieren, dass sie in der Lage sind, die zentrale Führung und Verantwor-
tung für den Durchführungsteil zu übernehmen. Und nicht dem Kunden zu sagen, wir
können alles für euch tun, nur führen und steuern müsst ihr das selbst. Was bei der Allianz
offenbar passiert ist.
Reichert: Ja, richtig.
Zimmermann: Man muss darauf hinweisen, dass die Probleme ja schon bei den Vorstands-
ressorts anfangen. Bei der überwiegenden Anzahl der Unternehmen, die ich kenne, wird
die Idee der Einheit ja schon auf der Vorstandsebene karikiert. So reporten z. B. die inter-
ne Kommunikation an den Personalvorstand, Finanzkommunikationen an den Finanz-
vorstand, Corporate Communications an den Vorstandsvorsitzenden und vielleicht Mar-
keting an den Vertriebsvorstand. Also, im Schnitt kann man sagen, dass Kommunikation
201
schon auf der Vorstandsetage auf mehrere Ressorts verteilt ist. Man weiß, dass Vorstände
natürlich auch ein Interesse daran haben, ein eigenes Profil für ihren Verantwortungsbe-
reich zu erhalten und zu pflegen und zu kultivieren.
Hartwig: Und der Bund wird massiv unterbunden.
Zimmermann: Das delegiert sich von Ebene zu Ebene herunter, das Kleinschneiden und
Fragmentieren geht ja immer weiter. Und jetzt wird es ja so richtig uneffizient und unöko-
nomisch, wenn man weiß, dass jede dieser Figuren in der Kette, in der Reihe sich noch einen
Berater oder eine Agentur sucht, also jeder wird gedoppelt und in Manndeckung genom-
men. Der Punkt ist eben der: Am Ende des Tages habe ich sowieso schon doppelt so viel
Geld ausgegeben, wie ich eigentlich muss, ich habe doppelt so viele Leute in Verantwor-
tung involviert, wie ich eigentlich brauche.
Schalk: Intern und extern.
Zimmermann: Und es ist noch schlimmer, weil sie sich in dieser Konstellation gegenseitig
behindern. Fragen Sie mal einen Kunden, ob er weiß, wie viele Kosten eigentlich die In-
house-Abteilung Marketing und Kommunikation per annum produziert. Es wird sehr ge-
nau Marketingcontrolling gemacht und man weiß auf den Heller genau, wie viel Budget
ausgegeben wird für Werbung und Sonstiges, aber ich wette drauf, niemand kann Ihnen
sagen, wie hoch die internen Kosten wirklich sind. Weil der Reibungsverlust nicht kalku-
lierbar ist. Aber die Frage wird ja nie gestellt, man hat ja immer schon einen fixen Kosten-
block inhouse und man redet immer nur über die externen Kosten, weil sie variabel sind.
Schalk: Wie sieht Ihr Idealmodell aus?
Zimmermann: Also, mit all der Markterfahrung als Marketier hätte ich gerne Investitions-
freiheit. Möglichst hohe Investitionsfreiheit zu jedem Zeitpunkt. Ich hätte gerne die Mög-
lichkeit, mit Blick auf aktuelle Ereignisse, auf markttaktische Situationen, auf den Wettbe-
werb umschichten zu können und auch bündeln zu können. D. h. mein Bedürfnis wäre, ein
hohes Maß an Flexibilität zu haben, sowohl was die intellektuellen und kreativen Ressour-
cen, aber auch, was die finanziellen Ressourcen betrifft, und so wenig wie möglich Mittel
fix zu binden.
Schalk: Dann nur die Frage: Wie sieht in sich die externe Lösung aus? Ist es eine integrierte
Lösung auf der Agenturseite, vergleichbar der internen Abteilung von Coca-Cola oder sind
das einzelne Spezialisten, die letztendlich aus dem Unternehmen koordiniert werden und
geführt werden müssen?
Zimmermann: Nein, es ist eine Projektorganisation. Ich halte es für gefährlich, immer noch
an den Spezialisten für Kanäle und Instrumente festzuhalten. Ich bin ein Fan von Projekt-
Organisatorische Anforderungen 4.1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
202
organisationen, die Agenturen unterschiedlichen Typs gemeinsam herstellen können oder
die integrierte Häuser auch von vornherein liefern können. Also integrierte Teams, die kei-
ne Monopolzuständigkeit für etwas haben, sondern projektweise zusammenarbeiten.
Schalk: Die beiden Modelle, die wir der Einfachheit halber mal nebeneinander stellen – das
Coca-Cola-Modell und das Zimmermann-Modell –, stellen an die Agentur ziemlich hohe
organisatorische Anforderungen. Sie muss den Kundenanforderungen bei beiden Model-
len gerecht werden können. Wie macht sie das?
Reichert: Ich glaube, das kann nur eine Agentur mit einer gewissen Größe schaffen. Dem
Coca-Cola-Beispiel kann eine Agentur auch gerecht werden; für eine Spezialdisziplin, mit
vielleicht fünf bis zehn Mitarbeitern. Auf der anderen Seite, für eine komplette Integra tions-
leistung nach dem Zimmermannschen Modell, muss eine Agentur eine gewisse Infrastruk-
tur haben und Systeme intern vorhalten, was, glaube ich, nur eine Agentur mit mind. 50 – 70
Leuten leisten kann. Ansonsten können sie gar nicht auf das Team so viel Know-how und
Ressourcen abstellen, um das zu gewährleisten. Und einen Projektmanager mit dem ent-
sprechenden Backup, IT-Infrastruktur, Systeminfrastruktur, Reporting, Dokumentation, der
eine gewisse Seniorität hat und die Erfahrung, Prozesse zu steuern.
Schalk: Nun ist insbesondere bei Live Communication – die sich in Real Time abspielt und
die in ihren Ausformungen und Entwicklungen und in ihrem Flow ja nicht detailliert plan-
bar ist – ein großes Maß an Verantwortung notwendig, die Prozesse zu steuern und zu
führen. Das kann ja ganz erhebliche Auswirkungen auf das Image der Marke haben. D. h.
nach meinem Empfinden, gerade bei der Live Communication muss jemand sein, der die
Vollmacht, die Verantwortung, die Freiheit hat, die Maßnahme, während sie sich entwickelt,
zu beeinflussen und zu steuern. Sehe ich das richtig? Und wenn ja, kann das ein Externer
sein? Kann ein Unternehmen soviel Verantwortung und Vollmacht nach außendelegieren?
Reichert: Man kann es als Externer, wenn man die DNA eines Unternehmens und einer
Marke sehr gut kennt. Es ist schwierig, wenn man heute ein Projekt übernimmt, das man
zum ersten Mal macht für die Marke. Ich glaube, man muss eine gewisse Erfahrung haben,
weil eine Agentur, wenn sie die Steuerungsleistung im Zimmermannschen Modell über-
nimmt, wiederum viele Dienstleister oder Sublieferanten einschalten und führen muss.
Zimmermann: Es ist auch eine Frage von sichtbarer Expertise. Also zwei Beispiele, die mir
einfallen: Der große Designer Zinsmeier hat viele Jahrzehnte bei BMW die Rolle des Marken-
Gurus innegehabt, ohne dass dies eine sozusagen systematische Entscheidung gewesen
wäre. BMW hat nicht gesagt: Wir suchen uns einen Externen, sondern es hat sich im Pro-
zess ergeben. Das war eine zeitlang bei Mercedes auch so, da war Konstantin Jacobi meines
Wissens derjenige, der im Hause Mercedes-Benz die höchste Autorität und den Respekt
genoss bei der Interpretation der Marke. Auch das war keine systematische Entscheidung,
203
es hat sich eben ergeben. Also, ich glaube, das hat auch was mit Charisma und Sensibilität
zu tun, und da sollte man am Ende des Tages eben auf die Menschen schauen und nicht
auf die Funktion.
Hartwig: Es ist eben eine Frage der Führung im Unternehmen. Es ist letztlich der Vorstands-
vorsitzende, der wissen muss, dass Kommunikation ein ganz wesentlicher Faktor für den
Unternehmenserfolg ist. Und er muss danach handeln. Intern und extern.
Schalk: Es ist einleuchtend, dass die LiveTrends-Studie die bereichsübergreifende Zusam-
menarbeit als größtes Optimierungspotenzial der Live Communication herausstellt. Unsere
lebendige Diskussion hat gezeigt, dass es das eine, optimale Modell für die Organisation
nicht gibt. Sie hat aber auch gezeigt, dass es reale Schritte zur Optimierung gibt, wenn man
die Erfahrungen aus der Praxis vieler Unternehmen und Agenturen systematisch und ob-
jektiv auswertet. Die wichtigste Entscheidung ist zunächst: „intern“ oder „extern“ oder wie-
viel intern und wieviel extern. Dogmatisch muss man das aber nicht sehen. Es gibt durch-
aus Zwischenstufen. Man darf die Organisation der Live Communication auf keinen Fall
radikal verändern. Eines ist unbestreitbar: Die Letztverantwortung für alles, was mit der
Marke passiert, wie sie kommunikativ auftritt, kann nur im Unternehmen selbst liegen, bei
der Unternehmensführung. Wieviel sie von dieser Verantwortung delegiert auf interne Ab -
teilungen – Beispiel Coca-Cola – oder auf externe Dienstleister – Beispiel Mercedes –, ist ei-
ne Entscheidung, die man durchaus nicht ein für allemal endgültig treffen muss. Das kann
sich entwickeln, so wie sich Marken entwickeln.
Reichert: Genau das würde ja die These unterstützen, mehr weg von klassischer Organi-
sation, mehr Projektorganisation: Je nach Kommunikationsprojekt kann man dann die Or-
ganisation entsprechend aufsetzen.
Schalk: Flexibel und lebendig. Live Organisation für Live Communication.
Organisatorische Anforderungen 4.1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
204
4.1.3 Live Communication in Zusammenarbeit mit externen Dienst leistern
In Abhängigkeit von den jeweiligen internen Kompetenzen können externe Dienstleister
zur Planung und Durchführung von Live Com-Instrumenten einen besonderen Stellenwert
erlangen. Empirische Untersuchungen zeigen bspw., dass ca. 75 % der Events veranstalten-
den Unternehmen das Dienstleistungsangebot von Eventagenturen in Anspruch nehmen
(vgl. Zanger/Drengner, 2004, S. 53). Zuvor wurden bereits die aufbau- und ablauforgani-
satorischen Einbindungsmöglichkeiten der Live Communication diskutiert, und mit dem
Anspruch der integrierten Kommunikation erweist sich die Schnittstelle zwischen Unter-
nehmen und Agentur als besonders anfällig für Koordinations- und Integrationsprobleme.
Der Übergang von kommunikationspolitischen Insel lösungen zu integrierten Ansätzen hat
Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit Agenturen. Im vorangegangenen Kapitel wur-
den die Integrationsaufgaben innerhalb des Unternehmens beleuchtet, das die Umsetzung
von Live Com-Konzepten plant. Teilweise können Integrationsaufgaben auch auf externe
Dienstleister übertragen werden, was allerdings schon bei der Auswahl der Agentur mit in
die Überlegungen einfließen sollte. Hier steht eine Bandbreite von Optionen zur Verfügung
und es stellt sich die Frage, ob der Lösung „Eine für alles“ im Sinne einer Full-Service-
Agentur gefolgt werden soll oder Spezialisten mit einzelnen Kommunikationsauf gaben
betraut werden, die innerhalb des Unternehmens als Bestandteil eines integrierten Kom-
munikationskonzeptes entwickelt wurden.
Modell 1: Nicht integrierte und fragmentierte Umsetzung
PR
Zielgruppe
Live Com
Online
Klassik
Call Center
Direct Mail
Agentur 1
Agentur 2
Agentur 3
Agentur 4
Agentur 5
Dienstleister
Unternehmen Agentur
Organisatorische Anforderungen 4.1
205
Modell 2: Partiell integrierte Umsetzung
Modell 3: Vollständig integrierte Umsetzung
Abbildung 38. Umsetzung von Kommunikationskonzepten in Zusammenarbeit mit Agenturen als externe Dienstleister
Die Abbildung 38 verweist auf die Gefahr, dass bei einer Zersplitterung der Verantwortlich-
keiten für Kommu nikation auch eine Vielzahl von externen Dienstleistern unabhängig von-
einander ihre Kommunikationsaufgaben umsetzen. In diesem Fall kann von einer nicht inte-
grierten und fragmentierten Umsetzung gesprochen werden. Häufig ist in der Praxis zu beo-
bachten, dass neben der Fragmentierung von Verantwortlichkeiten eine Live Com-projektbe-
zogene, zeitlich begrenzte Zusammenarbeit mit Kommunikationsdienstleistern stattfindet.
Ein häufiger Wechsel der Agenturen beim Übergang zu neuen Live Com-Projekten erschwert
weiterhin eine projektübergreifende strategische Ausrichtung der Live Communication.
PR
Zielgruppe
Live Com
Online
Klassik
Call Center
Direct Mail
Agentur 1
Agentur 2
Agentur 3
Unternehmen Agentur
Int.
PR
Zielgruppe
Live Com
Online
Klassik
Call Center
Direct Mail
Agentur 1
Agentur 2
Unternehmen Agentur
Int.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
206
Demgegenüber steht die Umsetzung eines integrierten Kommunikations konzeptes, bei
dem innerhalb des Unternehmens eine hohe Koordinationsleistung erbracht wird und die
Umsetzung zusammen mit relativ wenigen Agenturen erfolgt.
Mit Blick auf die Agenturformen können im Grundsatz zwei polare Modelle unterschieden
werden (vgl. Dahlhoff, 2009; Meurer/Ayar, 2003):
Spezialagenturen—
Die Spezialagenturen bieten in der Hauptsache handwerkliche Messe- und Event-
dienstleistungen an. Sie sind damit der ideale Partner für Auftraggeber, die eine
einzelne projektbezogene Umsetzungsleistung suchen. Für den Auftraggeber
führt die Einbeziehung von Spezialagenturen zu einem höheren Koordinations-
und Steuerungsaufwand.
Full-Service-Agenturen— (mit Leadfunktion)
Die Full-Service-Agenturen hingegen gestalten die gesamte Wertschöpfungskette
über alle Kommunikationsinstrumente: von der Beratung über Konzeption und
Umsetzung bis hin zur Erfolgskontrolle. Ähnlich wie in der klassischen Werbung
übernehmen sie die Leadfunktion in der Live Communication. Sie sind besonders
für Auftraggeber interessant, die Marken- und Strategieberatung mit qualitativ
hochwertiger Umsetzung verbinden möchten. Dem Anspruch der Beherrschung
aller Kommunikationsinstrumente werden aber auch Full-Service-Agenturen
häufig nicht gerecht, sodass sie über Netzwerke Fremddienstleister einbeziehen.
Die Qualität der Umsetzung des gesamten Kommunikationskonzeptes kann bei
der Einbeziehung einer Full-Service-Agentur erfolgversprechender als bei einer
Spezialagentur sein, hingegen kann die Detailqualität bei einzelnen Instrumenten
vergleichsweise eingeschränkt sein.
Die Vor- und Nachteile sind bei der Agenturauswahl explizit gegenüberzustellen. Tabelle 25
zeigt die Beurteilung beider Agenturmodelle im Überblick.
Spezialagentur
Vorteile Nachteile
Spezielles Knowhow in Instrumental-
bereichen, Branchen oder Ländern
Up-to-date im jeweiligen Spezialbereich
Auftraggeber kann durch die Vergabe an
Spezialagenturen die Gesamtqualitiät sei-
ner Kommunikationsleistung optimieren
Geringere Abhängigkeit des Auftrag-
gebers von einem Agenturdienstleister
Hoher Koordinations- und Steuerungs-
aufwand beim Auftraggeber
Notwendige Abstimmung der Agenturen kann
aufgrund von Wettbewerbsbeziehungen
beeinträchtigt werden
Gefahr der unabgestimmten Kommuni-
kationsaktivitäten steigt
Erhöhter Zeit-, Personal- und Kostenaufwand
Organisatorische Anforderungen 4.1
207
Tabelle 25. Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile von Full-Service-Agenturen gegenüber Spezialagenturen
Auf welches Agenturmodell Unternehmen in der Zukunft setzen, spiegeln die in der Abbil-
dung 39 dargestellten Ergebnisse der LiveTrends wider. In der Live Communication werden
überwiegend Spezialagenturen einbezogen, an zweiter Stelle stehen jedoch bereits die Full-
Service-Agenturen, gefolgt von Kreativagenturen. Je nach Größe der Messen und Events
werden auch mehrere Agenturen kombiniert eingesetzt.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 39. Live Com-Agenturmodelle der Zukunft (Quelle: LiveTrends)
Vielfach wächst der Wunsch nach professioneller Live Com-Beratung und langfristigen
Agentur partnerschaften. Vor diesem Hintergrund entsteht ein Bedarf an neuen Agentur-
formaten, die sich auf zentrale Kernkompetenzen wie Projektsteuerung, strategische Bera-
tung oder Kreativkonzeption fokussieren. Über die Wahl des geeigneten Agenturpartners
entscheidet weiterhin die eigene Kommunikationsstrategie. Wer Live Communication als
strategisches Tool zur nachhaltigen Kommunikation nutzen möchte, sollte über eine lang-
fristige Partnerschaft nachdenken.
Spezialisierte Umsetzungsagenturen für Messe- oder Eventdienstleistungen 64,1
Full-Service-Agenturen mit Leadfunktion für Live Communication 49,0
Kreativagenturen 46,5
Projektagenturen zur Koordination der Messe- und Eventdienstleister 30,8
Consulting-Agenturen zur strategischen Beratung für Live Communication 14,1
Full-Service-Agentur
Vorteile Nachteile
Sämtliche Leistungen werden aus einer
Hand geliefert
Koordinationsleistung erfolgt auf Seiten
der Agentur in Abstimmung mit dem
Auftraggeber
Geringere Koordinations- und Steuerungs-
aufwendungen für den Auftraggeber
Gewünschte Expertisen zu bestimmten Spezi-
algebieten werden von der Agentur nicht oder
nicht in der erwarteten Qualität erbracht
Einbeziehung zus. Fremddienstleister durch
die Agentur und den Auftraggeber notwendig
Gefahr von Qualitätseinbußen gegenüber
Spezialagenturen
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
208
Transaktionskosten der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Live Com-
Dienstleistern:
Eine längerfristige Zusammenarbeit mit Kommunikationsdienstleistern wird in zu-
nehmendem Maße durch temporäre und projektbezogene Arbeitsformen ersetzt. Zu
beobachten ist auch ein zunehmendes „Agentur-Hopping“. Die Ursachen hierfür
sind vielfältig. Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs suchen Unternehmen in
immer kürzeren Zyklen nach vermeintlich neuen Kommunikationsankern und krea-
tiven Ideen, die sie sich im Zuge eines Agenturwechsels erhoffen. Ebenfalls führt der
Kostendruck dazu, dass immer wieder Einzelprojekte in die Ausschreibung gelangen,
um auf deren Basis die kostengünstigen Anbieter (bei vorgegebenem Briefing) zu
identifizieren. Angesichts dieser Entwicklung ist zu berücksichtigen, dass ein Agen-
turwechsel die strategische Ausrichtung der Live Communication erschwert und
auch neben den Projektkosten in erheblichem Umfang Transaktionskosten zu berück-
sichtigen sind, die häufig nicht explizit beim Auftraggeber ins Kalkül gezogen wer-
den. Zu den Transaktionskosten zählen insbesondere Informationsbeschaffungs kos-
ten (Information über die Leistungsfähigkeit eines neues Agenturpartners), Anbah-
nungskosten (Kontaktaufnahme, Kennenlernen des Arbeitsstils etc.) und Vereinba-
rungskosten (Aufwand für Pitches, neue Briefings, Vertragsverhandlungen, Einarbei-
tung etc.). Da es sich bei Live Com-Leistungen i. d. R. um komplexe Dienstleistungs-
bündel handelt, die vor der eigentlichen Inanspruchnahme nicht getestet werden kön-
nen, sind mit einem Wechsel von Live Com-Agenturen erhebliche Unsicherheiten ver-
bunden, deren Reduzierung (z. B. Einholen von Referenzen, Analyse von Referenz-
projekten etc.) generell mit erhöhten Transaktionskosten einhergeht. Dementspre-
chend ist eine besondere Sorgfalt im Prozess der Erstauswahl wie auch bei einem
geplanten Agenturwechsel erforderlich.
Werden Kommunikationsaufgaben an externe Dienstleister ausgelagert, so ist häufig zu be-
obachten, dass die Umsetzung konkreter Kommunikationsinstrumente im Vordergrund
steht und weniger die Einbindung in die strategische Entwicklung eines integrierten Kom-
munikationskonzeptes. Hierbei wird dann insbesondere auf die Kreativleistung sowie die
zuverlässige und kostengünstige Umsetzung Wert gelegt. Vielfach ist es angebracht, die
Kompetenzen des Agenturdienstleisters nicht nur für die operationale Umsetzung der Kom-
munikations instrumente in Anspruch zu nehmen. Eine frühzeitige Einbindung bei der Ent-
wicklung integrierter Kommunikationskonzepte eröffnet ggf. einen größeren strategischen
Gestaltungsspielraum. Aus diesem Grund haben viele Agenturen umfassende Kompetenzen
in der strategischen Analyse und Beratung aufgebaut.
Die Auswahl einer Kommunikations- bzw. Live Com-Agentur stellt häufig eine besondere
Herausforderung für Unternehmen dar. Die Gründe für die Einbeziehung von Agenturen
als Kommunikationsdienstleister sind vielfältig:
Organisatorische Anforderungen 4.1
209
Know-how und Erfahrungsdefizite beim Einsatz von Live Com-Konzepten —
Überwindung von Kapazitätsengpässen eigener Abteilungen—
Externe Expertisen schützen vor „Betriebsblindheit“—
Erhöhung der Effektivität und Effizienz interner Leistungen durch Einbeziehung —von Agenturen als Sparringspartner für die strategische Kommunikationsplanung
und operative Umsetzung ausgewählter Aufgaben.
Die Auswahl einer Kommunikations- bzw. Live Com-Agentur stellt eine wichtige Entschei-
dung für die Planung und Umsetzung einer Live Com-Strategie dar, deren Bedeutung häu-
fig unterschätzt wird. Die Agenturauswahl sollte gewissenhaft und systematisch erfolgen.
Dabei sind neben den projektbezogenen Kosten auch die anfallenden Transaktionskosten
(Informations-, Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Kontroll-, Anpassungskosten), die in der
Zusammenarbeit mit externen Kommunikationsdienstleistern entstehen, bei der Planung
eines Live Com-Konzeptes bereits in einer frühen Phase mit zu berücksichtigen. Die Agen-
turauswahl kann in einen vierstufigen Prozess gegliedert werden:
Stufe 1: Analyse des eigenen Kommunikationsbedarfs und Grundsatzüberlegungen
In Abhängigkeit von den Erfahrungen von Unternehmen mit Kommunikation und dem
Einsatz von Live Communication ergibt sich auf der Grundlage der zu erreichenden Kommu-
nikationsziele der entsprechende Kommunikations bedarf. Anhand des Bedarfes sowie der
verfügbaren Ressourcen und internen Kompetenzen lässt sich abschätzen, in welchem Um-
fang Kommunikationsdienstleister bzw. Agenturen mit einbezogen werden sollen. Aus der
Beantwortung der Frage des Kommunikationsbedarfes ergeben sich auch schon erste Hin-
weise darauf, ob eine Full-Service-Agentur oder eher eine Spezialagentur in die engere Wahl
gezogen werde sollte. In dieser Phase ist darüber hinaus der Budgetrahmen abzustecken, der
für die Erreichung der Kommunikationsziele veranschlagt wird. Davon abhängend kann
die weiterführende Suche nach geeigneten Agenturen mehr oder weniger eingeschränkt sein.
Stufe 2: Vorauswahl geeigneter Agenturen
Nach der Festlegung des Kommunikations- und Live Com-Bedarfs und unter Berücksich-
tigung des Budgetrahmens ist die Vorauswahl von Agenturen vorzunehmen. Hier vermitteln
entsprechende Verbände, Suchmaschinen im Internet und ggf. Referenzen gute Möglich-
keiten, Transparenz über geeignete Agenturen zu erlangen.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
210
Für den Bereich der Agenturen, die Schlüsselkompetenzen in der Live Com-
munication aufweisen, können u. a. folgende Quellen genutzt werden:
www.famab.de
(FAMAB Verband Direkte Wirtschaftskommunikation e.V.)
www.eaca.be
(European Association of Communications Agencies)
Es ist zu empfehlen, der Vorauswahl von Agenturen einen Kriterienkatalog zugrunde zu le-
gen. Die Tabelle 26 gibt einen Überblick, welche Kriterien hierbei besondere Relevanz haben.
Tabelle 26. Kriterien für die Vorauswahl von Agenturen
Auswahlkriterien Beschreibung
Expertisen im Bereich Live Communication umfassend/selektiv/nicht vorhanden
Leistungspalette Full-Service-/Spezialagentur
Branchen-Know-how liegen Expertisen in bestimmten Branchen vor
Klienten bestehender Kundenstamm/neue Etats
Rankings Position in Agenturrankings
Reputation Bekanntheitsgrad, Image, Pressemeldungen
Referenzen Schlüsselprojekte/-kunden
Internationalisierungsgrad nur national/ausgewählte Länder/weltweit
Standorte regional/national/international
Größe (Umsatz, Mitarbeiteranzahl) Großagentur/mittlere Größe/klein
PublikationenVeröffentlichung von Fallstudien,
Forschungsstudien etc.
Philosophie Arbeitsweise/Grundsätze
Qualität der Mitarbeiter Qualifi kationsprofi le, Geschäftsführung
Webauftritt kompetent/weniger kompetent
Preisniveau Preisliste/Preisstruktur
Honorarmodelle erfolgsabhängig/fi x/Mischmodelle
Organisatorische Anforderungen 4.1
211
Anhand der Kriterien werden geeignete Anbieter identifiziert. Dabei kann die Auswahl
auch über ein Scoring modell standardisiert werden, bei dem die einzelnen Kriterien ge-
wichtet werden und anhand ihrer agenturspezifischen Ausprägung eine Bewertung erhal-
ten. Unter Berücksichtigung der Gewichtung wird dann ein Summenwert für jede Agen-
tur ermittelt, der für die Vorauswahl genutzt werden kann. Immer häufiger unterstützen
strategische Berater oder auch Pitch-Berater (Agency Search Consultants) Unternehmen
bei der Auswahl von Agenturen und sind vielfach bei Agentur-Pitches auf der Seite der
Unternehmen zur Entscheidungsunterstützung mit eingebunden.
Für die Vorauswahl kann ebenso eine so genannte Credential Presentation hilfreich sein.
Hiermit informieren die Agenturen einen potenziellen Auftraggeber über ihr Leistungs-
profil. In diesem Zusammenhang können auch Hinweise zu den in der obigen Tabelle ver-
merkten Kriterien wie Agenturphilosophie, Qualität der Mitarbeiter, Agenturführung etc.
gewonnen werden. Auf der Grundlage solcher Gespräche wird i. d. R. bereits die Auswahl-
entscheidung getroffen, aber vielfach werden Agenturen in die engere Auswahl genommen
und über eine Wettbe werbspräsentation (Pitch) miteinander verglichen.
Verschiedene Verbände haben Empfehlungen und Spielregeln für Auftraggeber und
Agenturen bei der Auswahlentscheidung erarbeitet und herausgegeben, die überwiegend
auch im Internet zur Verfügung gestellt werden (vgl. Abbildung 40).
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
212
Abbildung 40. Auszug aus den Agenturauswahl-Guidelines (Quelle: Markenverband e. V. et al., 2006)
Stufe 3: Agenturbriefing
Am Anfang einer jeden Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und externen Dienstleis-
tern steht eine möglichst genaue Formulierung von Zielen, die mit einem Live Com-Instru-
ment erreicht werden sollen. In Form eines Briefings (engl. to brief = anweisen, instruieren)
wird die Aufgaben stellung formuliert, die einen Dritten in die Lage versetzt, ein gewünsch-
tes Ergebnis zu erbringen, wobei Spielräume in der Gestaltung gelassen werden. Die Praxis
zeigt häufig, dass die Be deutung eines sorgfältig durchdachten, präzisen und widerspruchs-
Agenturauswahl – Handlungsempfehlungen für Werbungtreibende und Agenturen
Präambel
Wer eine Agentur sucht, kann dies auf mehreren erprobten Wegen tun. Werbungtreibenden
raten wir: Überlegen Sie, ob Sie überhaupt einen Wettbewerb ausschreiben wollen.
Der Wechsel einer Agentur ist gleichzusetzen mit dem Wechsel einer Topführungskraft eines
Unternehmens. Dieser bindet erhebliche Ressourcen in der Suche und Einarbeitung und ver-
ändert das Klima in der Zusammenarbeit im Marketing-Team erheblich.
Deswegen empfehlen wir analog zu ernsthaften Personalrestrukturierungen zu prüfen, ob
es in der bestehenden Agenturbeziehung noch Chancen zur Wiederherstellung einer erfolg-
reichen Zusammenarbeit gibt.
Am erfolgreichsten ist die Zusammenarbeit bei fruchtbarer Streitkultur. Nicht selten reicht
die Rotation von wenigen Agenturmitarbeitern, die Disziplinierung von Marketingmitarbeitern
und ein mahnendes Gespräch unter den Geschäftsführern für eine zweite Chance.
Wenn aber die Basis nicht mehr gegeben ist, dann hilft in der Regel auch ein Pitch nicht,
um die alte Agentur im Geschäft zu halten. Für einen Pitch gilt, dass eine solche Maß-
nahme beim Kunden nicht selten zwei Personen für einen Zeitraum von drei Monaten bindet,
in dem diese nicht für das Tagesgeschäft zur Verfügung stehen. Auch ist noch ein Zeitraum
von mehreren Wochen einzuplanen, in denen die ausgewählte Kampagne modifi ziert und
realisiert werden muss.
Wenn gegeben, sollte der Pitch deswegen in weniger arbeitsintensiven Zeiten durchgeführt
werden.
Agenturwechsel und der damit verbundene Kampagnenwechsel haben eine hohe Außen-
wirkung und stellen für jede Marke ein hohes – manchmal bedrohliches – Veränderungs-
potenzial dar.
Daher sollte die gesamte Geschäftsführung nicht nur in den Entscheidungsprozess, sondern
auch in das Briefi ng und die Auswahl der eingeladenen Agenturen einbezogen werden.
Pitches sollten immer die Aufmerksamkeit des Top-Managements haben.
Die Entscheider sollten sich frei von Vorurteilen oder Präferenzen fühlen. Es hilft, fachfremde
Kollegen in den Prozess einzubinden, die für Neutralität und Offenheit sorgen können.
Organisatorische Anforderungen 4.1
213
freien Briefings unter bewertet wird. Dabei ist das Briefing Basis eines jeden Konzepts und
somit als „Landkarte“ für die gesamte Kommunikations- und Live Com-Umsetzung zu ver -
stehen. Ein schlechtes Briefing entsteht vorwiegend aus folgenden Gründen:
Zeitproblem—
Die Angaben in dem Briefing sind zu kurzfristig, d. h. unter Eile aufgesetzt.
Kompetenzproblem —Durch mangelnde Sachkenntnis oder Erfahrungen werden in dem Briefing
unpräzise Angaben gemacht oder wesentliche Punkte vernachlässigt.
Abstimmungsproblem—
Im Briefing können sich unternehmensinterne Differenzen oder unterschied liche
Sichtweisen innerhalb des Unternehmens widerspiegeln.
Rollenproblem—
Ist der Umfang der Aufgabenstellung während der Briefingerstellung noch un klar,
so hat dies negative Auswirkungen auf die spätere Rollen ver teilung zwischen
Unterneh men und Agentur.
Budgetproblem —Bei fehlenden oder fehlerhaften Budgetangaben fehlt dem Agenturdienstleister
eine wesentliche Restriktion zur Erstellung seines Leistungsangebotes.
Die zu vermittelnden Infor ma tionen werden schriftlich festgehalten und allen Briefing-Be tei-
ligten zur Kenntnis und Prüfung weiter geleitet. Da es kein Briefing „von der Stange“ gibt,
be steht die Kunst darin, das richtige Maß an Informationen zur Verfügung zu stellen. Sind
die Ausführungen zu kurz, kommt es häufig zu Missverständnissen (vgl. Hanstein, 2002,
S. 102). Sind sie zu lang, schränkt es die kreativen Gestaltungs spiel räume der beteiligten
Agenturen ein. I. d. R. gilt: Je präziser die Aufgabe beschrieben wird und je umfassender
die Randbedingungen der Problemstellung erfasst werden, desto besser sind die Arbeits-
voraussetzungen auf Agenturseite (vgl. Pepels, 2005, S. 325).
Einem Briefing, das der Auftraggeber erstellt hat, folgt i. d. R. ein Re-Briefing bzw. De-Brie-
fing. Hierin werden ggf. noch offene und unklare Punkte des Briefings von der Agentur
angesprochen und in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber geklärt. Re-Briefing-Termine
sollten bei der Verschickung oder Zuleitung des Briefings zwischen Auftraggeber und Agen-
tur fest eingeplant werden, da Missverständnisse oder fehlende Informationen im Lauf der
weiteren Zusammenarbeit zu erheblichen Ineffizienzen und zeitlichen Verzögerungen füh-
ren können.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
214
Agenturbriefing
Inhalte und Anforderungen
Folgende Informationen sollten in einem angemessenen Umfang in einem Briefing erörtert
werden (vgl. Hartleben, 2001):
Aufgabenstellung—
Hierbei wird möglichst konkret und umfassend beschrieben, welcher Auftrag
der Agentur erteilt wird.
Ausgangslage—
Hierzu zählen Angaben zum Unternehmen selbst, zur aktuellen Situation und
zur gegenwärtigen Entwicklung, ebenso die Positionierung des Unternehmens
im Markt zum aktuellen Zeitpunkt.
Marktinformationen—
Die Berücksichtigung sämtlicher Marktinformationen ist von großer Relevanz.
Dazu zählen die allgemeine Marktsituation, der Marktanteil des Unternehmens
sowie vor allem die relevanten Wettbewerber.
Hintergrundinformationen zum Produkt—
Insbesondere Produktvorteile und -nutzen dürfen nicht unerwähnt bleiben. Auch
Alleinstellungsmerkmale und Innovationsgrad des Produkts sollten berücksich-
tigt werden. Hierbei gilt: „So viel Information wie nötig, so wenig wie möglich.“
Strategie —Des Weiteren ist die Marketing- und Kommunikationsstrategie zu benennen.
Die bisherige Strategie muss im Rahmen der neuen Kommunikationskampagne
ggf. angepasst werden.
Ziele—
Um die Aufgabenstellung erreichen zu können, sollten im nächsten Schritt folge-
richtig die Ziele des Auftraggebers formuliert werden. Eine Untergliederung in
Haupt- und Nebenziele ist dabei empfehlenswert. Des Weiteren ist aber auch die
Definition von übergeordneten Marketing- und den daraus abgeleiteten Kommu-
nikationszielen sinnvoll. Außerdem sollten Zielformulierungen für jede einzelne
relevante Zielgruppe separat festgehalten werden.
215
Zielgruppen—
Die Beschreibung der relevanten Zielgruppen sollte möglichst hinreichend, kurz
und plastisch erfolgen. Es ist weiterhin ratsam, soziodemografische und psycho-
logisch relevante Merkmale, Einstellungen, Konsumverhalten, Freizeitverhalten,
Lebensstil als ebenfalls relevante Faktoren zu berücksichtigen. Zusätzlich sollten
auch die Peer-Groups der Zielgruppen nicht vernachlässigt werden, denn diese
beeinflussen deren Kaufentscheidungen mit.
Kommunikationsmix —
Hier gilt es folgende Fragen zu beantworten: Welche Instrumente sollen orches-
triert, also aufeinander abgestimmt werden, welche kommen überhaupt zum Ein-
satz, in welcher Reihenfolge und in welchem Zusammenspiel?
Leitidee—
Auch der Hauptnutzen der gesamten Konzeption sollte im Briefing explizit
manifestiert werden, denn die Leitidee entspricht dem Argumentationsschwer-
punkt (z. B. Kundenbenefit, Prestige, gutes Preis-Leistungsverhältnis).
Kernbotschaften—
Es bedarf einer zielgruppenspezifischen Formulierung der Kernbotschaften,
d. h. für jede einzelne Zielgruppe sind je eine Kernbotschaft zu definieren und
je 2–3 dazugehörige Argumente zu formulieren.
Tonalität—
Der Kommunikationsstil sollte möglichst detailliert besprochen werden,
damit die Vorstellungen bei Agentur und Kunden dann auch tatsächlich über-
einstimmen. So kann ein Live Com-Auftritt bspw. sachlich, plakativ oder
unterhaltend sein.
Corporate Design —
Handbücher, Mustervorlagen und unternehmensspezifische Farbcodes etc.
können relevante Komponenten des CD sein.
Technische Rahmendaten—
Es gilt, die technischen Bedingungen und Einschränkungen zu klären.
Zeitplan—
Eine detaillierte Zeitachse ist im Briefing ebenfalls schriftlich zu fixieren.
Hier kann genau festgelegt werden, was bis wann von wem erledigt werden
muss.
Organisatorische Anforderungen 4.1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
216
Kostenplan—
Ein weiterer entscheidender Punkt im Briefing ist die Festschreibung der
möglichst genau zu kalkulierenden Kosten, d. h. das Budget sollte in einem
detaillierten Plan sorgfältig bestimmt werden.
Zuständigkeiten—
Alle in das Projekt eingebundenen externen Dienstleister sind im Briefing zu
nennen. Es gilt folgende Fragen zu beantworten und schriftlich zu fixieren:
Wer ist für die Gesamtkoordination zuständig? Wer ist Ansprechpartner wofür?
Wer ist Stellvertreter des Ansprechpartners? Wer ist wofür verantwortlich?
Leistungsumfang—
Die Entscheidungsbefugnisse der Agentur und die Abgrenzungen der
Leistungen zu anderen Dienstleistern sind klar zu manifestieren. Eventuelle
Restriktionen sollten besprochen und ebenfalls schriftlich festgehalten
werden.
Organisatorische Anforderungen 4.1
217
Stufe 4: Bewertung der Agenturpräsentation
Erfolgt ein direkter Wettbewerbsvergleich der Agenturen auf der Grundlage eines Pitches,
sollten für die Bewertung konkrete Kriterien festgelegt werden. Für die Beurteilung der Prä-
sentation ist es maßgebend, inwieweit die Informationen des Briefings berücksichtigt und
die dort definierten Kommunikationsziele mit den präsen tierten Lösungsansätzen zu er-
reichen sind. Je präziser das Briefing gefasst wurde, desto leichter wird die Beur teilung der
Agenturpräsentationen ausfallen. Folgende Kategorien von Beurteilungskriterien sollten in
die Be wertung der Wettbewerbspräsentation einfließen:
Informationsverarbeitung —(u. a. Verständnis der Situationsanalyse, Datenrecherche)
Umsetzung —(u. a. Erfüllung der Anforderungen des Briefings, Kreativität, Konsistenz)
Präsentationsstil —(u. a. Professionalität, Identifikation mit der Aufgabe)
Erfolgskontrolle —(u. a. Optionen zur Erfolgskontrolle)
Projektplanung —(u. a. Timing, Ablaufplanung)
Sympathiefaktor —(u. a. Gesamteinschätzung des Agenturteams).
Auf der Grundlage einer systematischen Detailbewertung der obigen Bereiche ist die Agen-
turauswahl zu treffen.
Nachdem ein geeigneter Agenturdienstleister ausgewählt wurde, ist die Vertragsgestaltung
für die Zusammenarbeit vorzunehmen. In diesem Zusammenhang sind auch die Vergü-
tungsmodalitäten zu klären. Grundsätzlich finden in der Praxis die folgenden Modelle An-
wendung:
Pauschale Honorierung—
Sofern regelmäßig wiederkehrende Aufgaben und Projekte mit einer gut plan-
baren Ressourcen inanspruchnahme dominieren, können Pauschalhonorierungen
als geeignet angesehen werden. Die Vorteile liegen in einer geringen adminis-
trativen Komplexität für Agentur und Auftraggeber. Allerdings fehlen die tatsäch-
liche Kostentransparenz und der Einblick, welche Ressourcen zur Erbringung
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
218
der Kommunikationsdienstleistung aufgewendet wurden. Weiterhin wird
über das Vergütungsmodell kein Leistungsanreiz zur Erreichung der Kommuni-
kationsziele oder zur Effizienzsteigerung gegeben.
Abrechnung auf Tagessatzbasis—
Die aufwandsbasierte Vergütung (Tagessätze, Stundensätze) hat den Vorteil,
dass nur die tatsächlich erbrachten Leistungen abgerechnet werden. Sie ist aller-
dings auch mit einem erhöhten administrativen Aufwand verbunden. Ebenso
wie bei den pauschalierten Honoraren fehlt ein expliziter Anreiz zur Erreichung
der Kommunikationsziele.
Kombination von Pauschal- und Tagessatzbasis—
Kombinationslösungen bieten sich dann an, wenn ein Mix aus Standardaufgaben
und variablen projektbezogenen Aufgaben von der Agentur erbracht werden soll.
Erfolgsabhängige Honorierung—
Immer wieder in der Diskussion sind erfolgsabhängige Vergütungsmodelle.
Hierbei wird die Vergütung in vollem Umfang oder teilweise an das Erreichen
zuvor definierter Zielgrößen gekoppelt. Sofern die Ursächlichkeit zwischen der
Kommunikationsdienstleistung und dem Erreichen der definierten Ziele gegeben
ist, bieten erfolgsabhängige Vergütungsmodelle eine Reihe von Vorteilen: Die
Zusammenarbeit zwischen Agentur und Auftraggeber erfolgt zielorientiert und
die Agentur ist motiviert, den geplanten Zielbeitrag zu erreichen. Aus praktischen
Erfahrungen heraus wird bestätigt, dass aufgrund des erfolgsabhängigen Vergü-
tungsmodells die Zusammenarbeit objektiver und partnerschaftlicher eingestuft
wird. Darüber hinaus wird das Kosten- und Effizienzbewusstsein bei den Agen-
turdienstleistern geschärft. Auf der anderen Seiten bestehen die Nachteile darin,
dass für die Agentur ein erheblicher Vorfinanzierungsbedarf besteht und nicht
vertretbare Umsetzungsprobleme gerade bei komplexen Live Com-Instrumenten
zu erheblichen Motivationsproblemen führen.
Mit Blick auf internationale Erfahrungen werden weiterführende Informationen zur Beur-
teilung unterschiedlicher Vergütungsmodelle z. B. von der European Association of Com-
munication Agencies (www.eaca.be/index.asp) zur Verfügung gestellt.
219
„Es sind globale Prozesse und Strukturen aufzusetzen, aber mit lokalen Partnern und Kennern zu optimieren.“
Handlungsempfehlungen für einen optimalen Einsatz der Live Communication
Interview mit Hartmut Scheffler von TNS Infratest Holding GmbH & Co. KG
1. Herr Scheffler, die Optimierung des Live Com-Einsatzes fängt bereits mit einer guten
Planung an. In den LiveTrends-Studien konnte jedoch nachgewiesen werden, dass 75 % der
Marketingmanager ihre Aktivitäten im Bereich der Live Communication überwiegend auf
Basis erfolgreicher Erfahrungen aus der Vergangenheit fortschreiben. Doch ein solches
Verharren in alten Erfolgsmustern lässt keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten zu. Fehlt den
Unternehmen oft der Mut, neue und vor allem individuelle Wege zu gehen?
Scheffler: Die Frage kann mit einem eindeutigen „Nein“ beantwortet werden. Es fehlt nicht
der Mut, im Messe- und Eventbereich neue individuelle Wege zu gehen. Tatsächlich aber
wird der Begriff „Live Communication“ zurzeit neu durchdekliniert. Dies betrifft alle neuen
bzw. in nächster Zeit erwartbaren Kommunikationsmöglichkeiten aus dem Web 2.0 und
der nächsten Generation 3.0 heraus. Unternehmen beschäftigen sich mittlerweile intensiv
mit der Optimierung der Website, der Nutzung und dem Aufbau von Blogs, der Nutzung
und dem Aufbau von Communities, der Frage, inwieweit Social Media passiv, aber auch
aktiv genutzt werden soll etc. Demzufolge sind die Marketingmanager mitten in der Lö-
sung der Aufgabe, alte und neue Kommunikationsmöglichkeiten zu beherrschen und – im
Idealfall – synergetisch zu kombinieren. Letzteres ist weitgehend unerreicht, was u. a. (aber
nicht nur) an hierfür noch gar nicht existierenden Strukturen und Prozessen im Unterneh-
mensalltag liegt.
2. Im Jahr 2010, so die LiveTrends-Prognose, wird über die Hälfte des Kommunikations-
budgets in die Live Communication investiert. Die Dialogform bietet die Möglichkeit, alle
Sinne zu aktivieren. In verschiedenen Studien ließ sich nachweisen, dass die Erinnerungs-
leistung bei multisensual vermittelten Informationen besonders hoch ist. Wird die marken-
spezifische Sinnesansprache Ihrer Meinung nach eine noch stärkere Berücksichtigung
bei der Ausgestaltung der Live Communication erfahren?
Scheffler: Ob 2010 über die Hälfte des Kommunikationsbudgets in die Live Communica-
tion investiert wird, hängt natürlich von der Branche, der Zielgruppe und der „Live Com-
munication“-Definition ab. Entsprechend hohe Anteile sind im B-to-B-Bereich denkbar. Im
B-to-C-Bereich werden weiterhin die Massenmedien in den allermeisten Fällen dominant
bleiben. Unabhängig vom prozentualen Anteil ist es jedoch keine Frage, dass eine marken-
Organisatorische Anforderungen 4.1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
220
spezifische Sinnesansprache eine deutlich stärkere Berücksichtigung bei der Ausgestaltung
der Live Communication erfahren wird. Dies ist nicht zuletzt darin begründet, dass erstaun-
licherweise erst in den letzten Jahren intensiver in dieser Richtung geforscht wird. Einschrän-
kend muss allerdings festgestellt werden, dass Forschung wie auch Umsetzung sehr häufig
„sinnesgetrennt“ verlaufen, also nicht das „Sinnesorchester“ beforscht und in optimaler
Form eingesetzt wird. So gibt es zwar reizspezifische Untersuchungen, wie z. B. zu Gerüchen
und deren Wirkung auf die Markenwahrnehmung, das Markenbild und den Markenkauf,
aber wenige Untersuchungen zur Kombination aus mehreren Sinnes-Stimuli.
Ein gutes Beispiel in Richtung multisensualer Ansprache ist der Emotionalisierungsversuch
im Handel, umgesetzt im neuen Future Store der Metro. Unzweifelhaft wird also endlich
in dieser Richtung geforscht und optimiert. Etwas Essig in den Wein: Niemand weiß, ob
ein multisensualer Auftritt im Endeffekt zwar den Absender/die Marke stärken wird, aber
vom Entscheidenden, nämlich dem Kauf ablenken könnte. Kann die „Sinnesflut“ zu einem
emotionalen Erlebnis ohne Kaufnotwendigkeit führen? Kann es zu einer Überreizung kom-
men (wenn alle sie überall einsetzen)? Es sind also noch viele Fragen zu beantworten, um
die optimale Orchestrierung mit einem Markenstärkungs-/Absatzeffekt zu realisieren.
3. Die Globalisierung ist keineswegs mehr ein junges Phänomen, aber dennoch bietet die
internationale Verflechtung den Unternehmen nach wie vor neben Chancen auch Risiken.
Dies gilt auch für die Kommunikationspolitik. Sollten Unternehmen hierbei verstärkt über-
greifende Live Com-Teams und international verbindliche Corporate Identity-Richtlinien
einsetzen oder reicht es eigentlich auch aus, global zu denken und lokal zu handeln?
Scheffler: Es ist schon seit einer Reihe von Jahren keine Frage, dass Kommunikationsakti-
vitäten global abzustimmen sind. In einer Welt zunehmender internationaler Erfahrungen,
internationaler Leitmessen etc. ist dies schon alleine aus Gründen der Entwicklungs- und
Kosteneffizienz zwingend notwendig. Allerdings sind die kulturellen Unterschiede gerade
auch bei der Live Communication hoch. Was in dem einen Kulturkreis akzeptiert oder gar
gewünscht wird, gilt im anderen als unhöflich. So gibt es nach wie vor große Unterschiede,
wie direkt angesprochen werden darf oder sollte, wie wichtig ein kundenbetreuendes Rah-
menprogramm ist oder wie die Akzeptanz z. B. von Give-aways ist. Auch die Relevanz von
Brand Lands ist in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich hoch, so dass dieses Instru-
ment sehr gezielt entschieden und eingesetzt werden sollte. Heute und in Zukunft bleibt
die lokale Komponente wichtig: Also in der Tat global denken – globale Prozesse und Struk-
turen aufsetzen – aber mit lokalen Partnern und Kennern optimieren.
221
4. Die Unternehmen bewältigen ihre kommunikativen Herausforderungen ja bereits heute
in enger Zusammenarbeit mit Marktforschungsunternehmen, Agenturen und Koopera-
tionspartnern. Wird dieses Beziehungsgefüge in den nächsten Jahren an Komplexität ge-
winnen oder verschiebt sich lediglich die Gewichtung der externen Zuarbeiten?
Scheffler: Aufgrund der enorm wachsenden Anzahl möglicher und auch sinnvoller Kom-
munikationskanäle wird das Beziehungsgefüge natürlich an Komplexität gewinnen. Einer
Optimierung stehen allerdings einige Aspekte entgegen:
Optimierte Kommunikation setzt ein ganzheitliches Kommunikationswirkungs-—Verständnis voraus, und dies war und ist längst nicht gegeben und gelöst. Die
Gefahr ist vielmehr, dass die zunehmende Komplexität der Kommunikations-
landschaft zu noch mehr Einzelmaßnahmen individueller, taktischer Forschung
führt. Theoretisch wäre aus Forschungssicht ein Leadpartner für die 360°-Be-
trachtung notwendig, mit dem gemeinsam kontinuierlich gearbeitet wird und
der als Kommunikationsberater genutzt wird. Diesem Lead-Forschungsinstitut/
-Partner können dann natürlich Nischenexperten für einzelne Kommunikations-
kanäle, Medien etc. „zuliefern“. Soweit die Theorie. In der Praxis werden immer
mehr Forschungspartner parallel für einzelne Fragen und Einzellösungen ein-
gesetzt. Im Ergebnis wird eine kommunikativ abgestimmte Markenführung
geschwächt.
In die gleiche Richtung geht ein beginnender Trend, immer mehr kleine „Checks“ —intern, als Insellösung und häufig online, durchzuführen.
Und eine letzte unschöne Tendenz: Für eine Reihe von Kommunikations maß- —nahmen geschieht die Erfolgsbewertung immer stärker ausschließlich kontakt-
kostenbezogen bzw. absatzbezogen. Ein typisches – gar nicht neues – Beispiel
ist die Bewertung von Direktmarketingaktivitäten nach direkten Verkaufskenn-
ziffern oder Kosten pro Kontakt. Dass hier viel für Markenaufbau und Kunden-
bindung getan werden bzw. viel zerstört werden kann, wird vernachlässigt.
Es ist nachvollziehbar, dass Unternehmen in dem immer komplexeren kommunikativen Be-
ziehungsgeflecht eine Komplexitätsreduzierung anstreben. In vielen Fällen geht dies aller-
dings in die falsche Richtung und verhindert eine optimal abgestimmte Kommunikations-
strategie und Markenführung.
Organisatorische Anforderungen 4.1
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
222
5. Eine gute Zusammenarbeit erfordert gute Abstimmungen und Festlegungen. Wie sieht
Ihrer Meinung nach ein optimales Briefing aus? Und welche Punkte können und sollten
darüber hinaus flexibel gestaltet werden?
Scheffler: Werden Marktforschungsinstitute gebrieft, so ist eindeutig zwischen taktischen
Fragen (Tagesfragen) einerseits und strategischen Fragen andererseits zu unterscheiden. Für
die taktische Tagesfrage reicht es nach wie vor, im Briefing das Problem und die darauf ba-
sierende Fragestellung zu benennen. Das Methodenportfolio der Marktforschungsinstitute
und die kumulierte Erfahrung aller Institute mit ihren qualitativen und quantitativen Hin-
tergründen und Schwerpunkten reichen dann aus, um darauf basierend passende Angebote
zu erstellen. Im Falle von strategischen Fragen ist es allerdings notwendig, Hintergrund-
informationen mitzuliefern. Hierzu zählen Informationen zur aktuellen oder angestrebten
Markenpositionierung, zu diskutierten strategischen Alternativen und zum relevanten Pro-
blem: Wie ist die Frage in andere Forschungsumfelder, in andere strategische Fragestel-
lungen eingebunden? In welchen Abteilungen ist das Thema aufgehängt? Kurz: Für diese
Art von Fragen sind alle Informationen für eine optimale Operationalisierung der Frage-
stellung und später für ein datenbasiertes Consulting schon im Briefing notwendig. Dies
kann natürlich realistischerweise nur geliefert werden (Vertraulichkeitsproblematik), wenn
bereits mit festen Partnern gearbeitet wird und dieses Vertrauensverhältnis aufgebaut ist.
Eine über den Einkauf gesteuerte Auftragsvergabe nach Preis mit ständigem Wechsel der
Forschungspartner macht ein solches notwendiges, umfassendes Briefing als Voraussetzung
eines optimalen Forschungsansatzes häufig unmöglich. Selbst bei einem sehr konkreten und
differenzierten Briefing sollten selbstverständlich die methodischen Umsetzungsparame-
ter flexibel gestaltet bzw. der Beratung des Institutes überlassen sein.
6. Der optimale Einsatz der Live Communication ist aus verschiedenen Perspektiven zu
diskutieren – nicht nur aus der Unternehmens- und Dienstleistersicht, sondern auch aus
der Forschungssicht. Und obwohl es immer wieder gute Forschungsansätze im Kommu-
nikationsbereich (z. B. in der Erfolgskontrolle) gibt, werden diese nur selten 1:1 in der
Praxis umgesetzt. Welche Gründe gibt es hierfür? Und welche Vorschläge hätten Sie für
einen besseren Dialog der Akteure?
Scheffler: I. d. R. haben die aktuellen Erfolgskontrollen eine unzureichende Tiefe. Sie set-
zen punktuell bei einzelnen Maßnahmen an. Synergieeffekte zwischen den verschiedenen
Medien, 360°-Betrachtungen werden häufig ignoriert. Um hier Abhilfe zu schaffen, ist zu-
nächst einmal unternehmensseitig eine Auflösung der Trennung von Zuständigkeiten not-
wendig und ein zentrales Team oder zumindest eine zentrale Verantwortung zu schaffen.
Daneben muss in einem derart komplexen Feld mit festen Partnern und Beratern gearbeitet
werden, um ein gemeinsames Lernen und Umsetzen des Gelernten in Maßnahmen zu er-
lauben. Ein Beispiel könnte ein „Beirat Kommunikation“ mit der Kompetenz aus dem Un-
ternehmen, aus der Marktforschung und aus Agentursicht sein.
223
4.2 Besonderheiten der Live Communication auf internationalen Märkten
Im Zuge der Globalisierung und der verschwimmen den Grenzen zwischen vielen Länder-
märkten gewinnt die internationale Ein setz barkeit der Live Communication zunehmend an
Bedeutung. Global agierende Unternehmen stehen in der Pflicht, kontinuierlich mit Men-
schen aus unterschiedlichen Kulturen zu kommunizieren. Und so investieren Unternehmen
ihre Kommunikationsbudgets verstärkt in wachstums- und renditestarke Regionen wie Chi-
na, Indien oder Russland (vgl. Munzinger/Musiol, 2008; Kirchgeorg et al., 2007 a).
Mit „Going East“ kann auch das LiveTrends-Studienergebnis mit Blick auf den Ein-
satz von Messebeteiligungen am besten beschrieben werden (vgl. Abbildung 41).
Über die Hälfte der befragten Manager sehen in China und Osteuropa bis 2010 die
größten Wachstumschancen, gefolgt von den Staaten der russischen Föderation so-
wie Südostasien und Indien. Die Attraktivität von Nord- und Südamerika sowie
den arabischen Ländern wird geringer eingeschätzt.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 41. Länderspezifische Messepotenziale der Zukunft (Quelle: LiveTrends)
Das Credo lautet also: Heimatmärkte sichern und gleichzeitig neue Auslandsmärkte er-
schließen. Doch gerade für Großunternehmen besteht hierbei die Herausforderung, als Welt-
unternehmen und nicht als „Allerwelts unternehmen“ wahrgenommen zu werden. Dem
beharrlichen Wunsch nach einem weltweit einheitlichen Auftritt aus Kostengesichtspunk-
ten steht das zwingende Erfordernis nach lokalen und kulturellen Anpassungen gegenüber.
Trotz internationaler Annäherung der Konsumgewohnheiten gibt es noch genügend signifi-
kante Abweichungen zwischen den Ländern, die eine unterschiedliche Ansprache ange-
messen erscheinen lassen (vgl. Pepels, 2005, S. 317).
Süd-
amerika
Arabische
Länder
14,521,1
24,632,3
37,6 40,3
54,3 55,6
Nord-
amerika
Indien ChinaSüdost-
asien
Russische
Föderation
Osteuro-
päische
Länder
Besonderheiten der Live Communication auf internationalen Märkten 4.2
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
224
In einem TV-Spot bittet ein Mann auf Knien um einen Preisnachlass, den er darauf-
hin auch erhält. Die Kampagne funktioniert weltweit – mit Ausnahme von China.
Denn: Eine derartige Demutsgeste ist im Land des Lächelns keineswegs opportun.
Ein Beispiel von vielen, doch es verdeutlicht das Dilemma der internationalen Kom-
mu nikation.
Viel stärker als in der klassischen Kommunikation leben Messen und Events von der di-
rekten und emotionalen Interaktion von Mensch und Marke. Die Anforderungen an die
persönliche Kommunikation unterscheiden sich bekanntermaßen je nach Kulturkreis er-
heblich. Deshalb haben die Live Com-Maßnahmen in besonderer Weise kulturellen Beson-
derheiten und länderspezifischen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Grundsätzlich geht es
im Rahmen der Umsetzung von internationalen Live Com-Konzepten darum, zu entschei-
den, ob Instrumente länderübergreifend standardisiert eingesetzt werden können oder ob
eine Differenzierung einzelner Gestaltungsinstrumente im Hinblick auf die länder- und
kulturbezogenen Besonderheiten notwendig ist.
Abbildung 42. Schlüsselfragen bei der Planung der internationalen Standardisierung von Live Com-Aktivitäten
Schlüsselfrage Entscheidungsalternativen
Wo soll das Unternehmen
in welcher Situation
bei wem
welche Live Com-
Aktivitäten und Prozesse
wie stark
zur Erreichung welcher
Ziele standardisieren?
weltweitregional
Händler KundeUnternehmen
MikroumweltMakroumweltLand A, B, C …
Inhalte
Prozesse
Live Com-Instrumente 2
3
4
Live Com-Strategie
Inhalte Prozesse
EffizienzzieleEffektivitätsziele
1
225
Besonderheiten der Live Communication auf internationalen Märkten 4.2
Abbildung 42 gibt einen Überblick über die Problembereiche und Schlüsselfrage, die im
Rahmen einer länderübergreifenden Standardisierung oder Differenzierung von Live Com-
Konzepten zu adressieren sind (vgl. Bolz, 1992, S. 5). Zunächst gilt es, den geographischen
Wirkungsbereich der Live Com-Instrumente festzulegen. Damit wird die Frage beantwortet,
in welchen Regionen und Ländern die Live Com-Aktivitäten eingesetzt werden sollen. Im
Falle des länderübergreifenden Einsatzes kann von einer internationalen Live Communi-
cation gesprochen werden.
Im zweiten Schritt ist die Zielgruppe zu klären, für die Live Com-Instrumente auf den Aus-
landsmärkten eingesetzt werden sollen. So kann es sein, dass eine erfolgreiche Roadshow
für Kunden im Heimatland international multipliziert wird. Ebenso können Händlerevents,
Messeveranstaltungen oder andere Instrumente länderübergreifend eingesetzt werden.
Eine besondere Herausforderung stellt die Situationsanalyse auf den Auslandsmärkten dar.
Vielfach können die Gegebenheiten der Makro-Umwelt (Wirtschaft, Recht, Technologie, na-
türliche Umwelt, Gesellschaft & Kultur) erheblich von denen des Heimatmarkts abweichen,
wodurch eine Standardisierung der Live Communication erschwert wird. Unterschiedliche
Produkt- und Marktlebenszyklen in verschiedenen Ländermärkten können eine unterschie d-
liche Auswahl von Live Com-Instrumenten bedingen.
Während z. B. Messen für die Markterschließung und Neukundenakquisition in Asi-
en wichtige Instrumente darstellen, steht in den gesättigten Märkten Europas z. B. die
Kundenbindung durch Instrumente wie Events oder Brand Lands im Vordergrund.
Generell ist aufgrund der besonderen Merkmale der Live Communication im internatio-
nalen Marketing ein geringerer Standardisierungsgrad im Vergleich zur klassischen und
virtuellen Kommunikation zu erwarten. Überall dort, wo Menschen miteinander direkt in
Dialog treten, spielen die kulturellen Besonderheiten und die kulturelle Stimmigkeit der
multisensualen Stimuli eine entscheidende Rolle.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
226
Abbildung 43. Einfluss des Länderkontextes auf das Kommunikationsverhalten (Quelle: Hollensen, 2004, S. 198)
Ein Beispiel für die zu berücksichtigenden kulturellen Besonderheiten in der Live Commu-
nication zeigt die Länder- und Kulturtypologie in der Abbildung 43. Gemäß dem Ansatz
von Hall wird die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, vom Kontext beeinflusst
(vgl. Schugk, 2004, S. 139 ff).
Unter einem Kontext werden die Informationen verstanden, die einen Event umge-
ben und untrennbar mit der Bedeutung dieses Ereignisses verbunden sind.
Kontextfaktoren umfassen die räumlichen, klimatischen Verhältnisse, die Distanz zwischen
den Kommunizierenden sowie die von Kommunizierenden eingesetzten Statussymbole. In
stark kontextgebundenen Kulturen ist die Kommunikation in hohem Maße implizit ausge-
richtet. Demnach wird relativ wenig gesprochen, weil über den Kontext des Umfeldes oder
den Kommunikator selbst (nonverbale Kommunikation, Körpersprache, Gestik, Mimik)
implizit bereits wichtige Informationen vermittelt werden.
In kontextungebundenen Kulturen wird weniger Wert auf die implizite Kommunikation
gelegt. Hier haben die Kommunikationsinhalte eine vorrangige Bedeutung, d. h. die zu ver-
mittelnden Informationen werden über wiegend explizit zum Ausdruck gebracht. In diesen
Kulturen werden persönliche Beziehungen vom Berufsleben eindeutig getrennt. Wie die
Abbildung 43 zu erkennen gibt, zählen die europäischen Länder eher zu den kontextun-
gebundenen Kulturregionen, während die asiatischen Länder zu den kontextgebundenen
Kulturen gehören. Mit Blick auf diese grundlegende Kulturtypologie lassen sich vielfältige
Implikationen für die Live Communication ableiten, weil hierbei gerade die persönliche
Interaktion in einem gestalteten Umfeld (Kontext) im Mittelpunkt steht.
explizite Informations-
übermittlung
implizite Informations-
übermittlung
hoch
niedrigSchweiz
Deutschland
Skandinavien
USA
England
Frankreich
Italien / Spanien
Lateinamerika
Arabische Länder
Japan
Bed
eutu
ng
des
Ko
nte
xtes
227
Besonderheiten der Live Communication auf internationalen Märkten 4.2
Ausgehend von den analysierten Gemeinsamkeiten oder Unterschieden der Makro- und Mi-
kroumwelt in den jeweiligen Ländern können konkrete Entscheidungen darüber getroffen
werden, welches Ausmaß an internationaler Standardisierung oder Differenzierung für die
Live Com-Aktivitäten notwendig ist. Damit ist die vierte und fünfte Schlüsselfrage adres-
siert. Beide beziehen sich auf die Entscheidungen, ob die Live Com-Strategie unverändert in
verschiedenen Ländern verfolgt werden kann oder ob Anpassungen notwendig sind. Hier-
zu sind die im Kapitel 2.6 diskutierten Dimensionen der Live Com-Strategie länderspezi-
fisch zu prüfen. Schließlich stellt sich darauf aufbauend die Frage, ob Live Com-Instrumente
wie Messen, Events, Showrooms oder Roadshows länderübergreifend standardisiert einge-
setzt werden können. Aufgrund der direkten Interaktion mit den jeweiligen Zielgruppen
verlangen die meisten Events die Berücksichtigung sprachlicher, aber auch kultureller An-
passungserfordernisse. Die bisher gestellten Fragen betreffen allerdings die inhaltliche Ebe-
ne der Strategie und Instrumente. Aus Effizienzgesichtspunkten kann es jedoch zielfüh-
rend sein, die für die Planung und Umsetzung von Live Com-Konzepten notwendigen Pro-
zesse international zu standardisieren. Dahinter verbergen sich einheitliche Planungssche-
mata, Ablaufpläne, Projektorganisationen oder Reportingstandards. Selbst bei einer länder-
spezifischen Anpassung von Live Com-Instrumenten lassen sich im Hinblick auf die Live
Com-Prozesse vielfach erhebliche Standardisierungsvorteile realisieren.
Mit Blick auf die Effektivität und Effizienz der internationalen Live Communication ist
schließlich zu klären, wie sich die möglichen Vor- und Nachteile einer Instrumente- und
Prozessstandardisierung auf die Zielerreichung des Unternehmens auswirken. Während
ein hoher Standardisierungsgrad auf der einen Seite zu Kostenvorteilen bei der Planung
und Umsetzung führt, besteht dennoch die Gefahr, dass hierdurch die spezifischen Bedürf-
nisse und Kommunikationsgewohnheiten der Zielgruppen in einzelnen Ländern nicht hin-
reichend berücksichtigt werden. Innerhalb dieses Spannungsfelds ist ein hoher Zielerrei-
chungsgrad einer internationalen Live Com-Konzeption durch eine systematische Analyse
sicherzustellen.
Wie differenziert Manager mögliche Zielkonflikte lösen, zeigen die LiveTrends-Stu-
dien (vgl. Abbildung 44). Ein Drittel der Befragten setzt auf länderspezifische For-
mate. Standardi sierte Welt kampagnen sind eher die Ausnahme. Unter den Gesichts-
punkten der Kosten einsparung, der Erzielung von Synergieeffekten und dem Auf-
bau eines international einheitlichen Unternehmensimages verfolgt die Mehrzahl
der Unter nehmen allerdings die so genannten Misch formen, ganz nach der Devise:
So viel Standardi sierung wie möglich und so viel lokale Anpassung wie nötig.
4. Organisation und Umsetzung der Live Communication
228
Vermerk: Angaben in Prozent
Global standardisiert Mischform Lokal individualisiert
Abbildung 44. Standardisierung vs. Differenzierung in der internationalen Live Communication (Quelle: LiveTrends)
Entsprechend der geographischen Marktbearbeitung und des länderspezifischen Differen-
zierungsgrads in der Live Communication können insgesamt vier verschiedene Internati-
onalisierungsformen unter schieden werden, die in Tabelle 27 dargestellt sind. Ein hoher
Standardisierungsgrad innerhalb eines Landes stellt den klassischen Fall eines national
agierenden Unternehmens dar. Erfolgt die Erschließung internationaler Absatzmärkte, so
repräsentiert ein hohes Maß an Standardisierung in einer Vielzahl von Ländermärkten die
globale Live Communication. Im Extremfall erfolgt die Multiplikation von Live Com-Instru-
menten ohne länderspezifische Anpassungen. Werden hingegen länderspezifische Beson-
derheiten berücksichtigt, sodass mehr oder weniger umfangreiche Anpassungen der Live
Com-Instrumente vorgenommen werden, dann kann von einer multinationalen Live Com-
munication gesprochen werden.
Tabelle 27. Internationalisierungsformen der Live Communication
Geographische Marktabdeckung
Regionaler Differenzierungsgrad der Live Communication
Gering Hoch
Standardisiert Differenziert
nationalNationale
Live Communication
Regional orientierte
Live Communication
internationalGlobale
Live Communication
Multinationale
Live Communication
Differenzierte länderspezifischeKommunikationskonzepte
Weltweit einheitliches Kommunikationskonzept
Kommunikationskonzepte für Ländercluster mit hoher
Ähnlichkeit
Internationale Rahmen- konzepte mit länderspezifischer Differenzierung
35,615,7
25,723,3
229
Besonderheiten der Live Communication auf internationalen Märkten 4.2
In Abhängigkeit der Internationalisierungsform werden auch die Verantwortlichkeiten für
die Planung der Live Com-Konzepte tendenziell eher zentral oder dezentral in den jeweiligen
Ländern verankert. Die Planung strategisch wichtiger Leitmessen und Corporate Events er-
folgt i. d. R. zentral (vgl. Abbildung 45). Regionale Messen mit Fokus auf den Ver kauf betreuen
typischerweise die Ländernieder lassungen. Bei der überwiegenden Zahl der Unternehmen
herrscht eine Mischform aus zentraler und lokaler Verantwortung vor, die gemäß verschie-
dener Untersuchungen als ideal bezeichnet wird (vgl. Meffert/Perrey, 2002, S. 227).
* Intensitätsskala von 1–10
Abbildung 45. Globale vs. lokale Planungsverantwortung in der Live Communication (Quelle: LiveTrends)
Ergebnisse der LiveTrends lassen erkennen, dass die Zentrale in Zukunft immer weniger
als Kontrollinstanz, sondern stärker als Service Center für die Ländermärkte angesehen
wird. Oft wird eine internationale Kommunikation mithilfe von Live Com-Manuals, Best-
Practice-Cases und Modulsystemen für Messen und Events umgesetzt. Entsprechend der
Aufgabenteilung zwischen Zentrale und Landesgesellschaften kann darüber hinaus auch
die Budgetierung der internationalen Live Com-Konzepte unterschiedliche Ausprägungen
erfahren. Ein stärkerer Differenzierungsgrad wird sich auch in höheren länderspezifischen
Budgets niederschlagen, während globale Live Communication primär von der Zentrale
aus geplant und in den Ländern umgesetzt wird.
Die Internationalisierung der Live Communication hat auch Auswirkungen auf die Bezie-
hungen zwischen Unternehmen und Kommunikationsdienstleistern. Letztlich müssen die
Agenturen in der Lage sein, die verschiede nen Internationalisierungsformen mit zu betreu-
en. Mit Blick auf länderspezifische Besonderheiten kann auch die Zusammenarbeit mit
nationalen Agenturen im jeweiligen Land zielführend sein, wenngleich sich hierdurch ggf.
der länderübergreifende Koordinationsbedarf erhöht. Durch die fortschreitende Internati-
onalisierung der Geschäftstätigkeit verfolgen Messeveranstalter zunehmend eine Internat i-
onalisierungsstrategie, indem sie Messeveranstaltungen im Ausland organisieren und mit
ausländischen Messegesellschaften kooperieren und z. T. auch fusionieren (z. B. Raue 2003;
Wutzlhofer 2003). Hierdurch stehen für das Live Com-Instrument Messe immer mehr qua-
litativ hochwertige Veranstaltungen auf den Auslandsmärkten zur Verfügung, die im Rah-
men einer internationalen Messe-Beteiligungsplanung zu berücksichtigen sind.
Messeaktivitäten (Ø 5,18)
vollständige globaleStandardisierung
durch Zentralabteilung
vollständige lokale Differenzierung durch jeweilige Länderverantwortung
*
*Eventaktivitäten (Ø 5,97)
vollständige globaleStandardisierung
durch Zentralabteilung
vollständige lokale Differenzierung durch jeweilige Länderverantwortung
5
Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
232
5.1 „Unsere Marke steht für …?“ oder: Die unaus geschöpften Potenziale der Live Communication
Viele Unternehmen glauben alles richtig zu machen. Gemäß einer Studie von Bain & Com-
pany waren 80 % der befragten Unternehmen überzeugt, ihren Kunden heraus ragende und
wirkungsvolle Kundenerlebnisse zu verschaffen. Doch nur 8 % der Kunden pflichte ten
dieser Einschätzung bei (vgl. Swystun, 2007, S. 5). Obwohl bei diesen Live Com-Auftritten
formal alles stimmt, reicht dies bei weitem nicht aus, um sich von anderen Wettbewerbs-
marken zu differenzieren und die eigene Iden ti tät zu stär ken.
Scheinbar wird der Leitsatz von Helmut Maucher: „Be first, be daring, be different.“ (Mau-
cher, 2007, S. 29) von vielen Marketingverantwortlichen missachtet. Bereits in den Live-
Trends bescheinigten die befragten Unternehmen den Messen und Events eine hohe Aus-
tauschbarkeit. Viele Unternehmen versuchen daher seit Jahren, der sinkenden Aufnahme-
und Verar beitungs bereitschaft ihrer Zielgruppen mit einer überproportionalen Steigerung
der Kommunikations - und Live Com-Auf wendungen ent gegen zuwirken. Aus dieser spiral -
artigen Entwicklung ergibt sich jedoch in der Konsequenz ein zunehmendes Ungleich ge-
wicht von Aufwendungen und Wirkungen.
Der so genannte „Vampireffekt“ einer Performance ist nicht zu unterschätzen (vgl.
Kroeber-Riel/Weinberg, 2003). Oft erinnern sich z. B. die Besucher einer Messe zwar
noch daran, dass sie ein bestimmtes Showprogramm gesehen haben, wissen aber nicht
mehr genau, an welchem Stand respektive um welche Marke und Kommunika tions-
botschaft es wirklich ging.
Diese Entwicklung lässt sich auch auf die zunehmende Markengleichheit zurückführen.
„Unsere Marke steht für Leidenschaft, Innovation, Qualität und Stärke.“ Diese Charakteri-
sierungen finden sich in vielen Markenleitbildern und münden unweigerlich in Marken-
monotonie und Austauschbarkeit. Gemäß einer Studie von BBDO nehmen im Durch schnitt
62 %, also fast zwei Drittel der Konsu menten, Marken als aus tausch bar wahr (vgl. BBDO
Consulting, 2005, S. 6). Produkte des täglichen Bedarfs weisen hierbei eine höhere Kom-
patibilität auf als Produkte mit einem höheren Kaufrisiko, während Dienst leistungen mit
62 % dem Durchschnitt entsprechen (vgl. Abbildung 46). Statt mit Hilfe der Live Commu-
nication die Poten ziale zur Marken differenzierung systematisch herauszu arbeiten und
auszu schöpfen, können im Zuge der Marken verwässerung nur einfache und vermeintlich
erfolg reiche, aber de facto austauschbare „Me too“-Konzepte angewendet werden. Auch
wenn starke Marken weniger mit diesem Problem konfrontiert sind, so wird nach Studien
der BBDO die wahr genommene Marken gleich heit in gesättigten Märk ten noch weiter zu-
nehmen (vgl. Munzinger/Musiol, 2008, S. 24).
„Unsere Marke steht für …?“ 5.1
233
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 46. Durchschnittliche Markengleichheit (Quelle: BBDO-Consulting, 2005, S. 6)
Die Unterscheidung gegenüber anderen Unternehmen würde bedeuten, sich im Wahr neh-
mungs raum so nahe wie möglich am Ideal der Zielgruppen zu positionieren und sich bes-
tenfalls zugleich so weit wie möglich von den Wettbewerbern zu entfernen (vgl. Herrmann,
2005, S. 169). Nimmt die Anzahl der Wettbewerber zu, so wird der Positionierungsraum
übervölkert. Die Schaffung starker und differenzierter Marken verlangt Exzellenz in Mar-
keting und Markenführung. Es liegt auf der Hand, dass Sättigungs erscheinungen eintreten
müssen, wenn viele Unter nehmen einer Branche die gleichen Live Com-Instrumente be-
dienen und sich auch in der Botschaftsgestaltung kaum unter scheiden. Dann wird sowohl
die Einzigartigkeit als auch die Eigenständigkeit des jeweiligen Auftritts verloren gehen
(vgl. Bruhn, 2007, S. 82).
5.2 Schwierigkeiten der Wirkungsmessung
Das bekannte Zitat: „You cannot manage what you cannot measure. What gets measured
gets done. Measurement influences behavior.” (Klingenbiel, 1997, S. 658) verdeutlicht: Der
Einsatz von Live Commu nication ist kein Selbstzweck. Der Erfolgsbeitrag für das Unterneh-
men ist stets zu überprüfen, um die nachfolgenden Kommunikations aktivitäten genauestens
steuern zu können.
Das oftmals vorherrschende kritische Meinungsbild bei der breiten Öffent lichkeit ist u. a.
auch durch die markanten Paradigmenwechsel des 20. Jahrhunderts innerhalb der wissen-
schaftlichen Medienwirkungs forschung geschürt worden – von einer so genannten „Me-
dienallmacht“ über eine gewisse „Medienohnmacht“ in den 50 er und 60 er Jahren bis hin
zur Feststellung von „moderaten Effekten“ in den 70 er Jahren (vgl. Haug, 2004; Bonfadelli,
2004; Wartella/Stout, 2002; McGuire, 1986). Diese Entwicklung in den Metatheorien der
Verbrauchsgüter Dienstleistungen Gebrauchsgüter Sonstige
66
Ø
62 52 55
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
234
Medienwirkung bis hin zur heute vertretenen Ansicht, dass Kampagnen aufgrund kommu-
nikationswissen schaftlicher Erkenntnisse durchaus erfolgreich sein können, spiegelte sich
in einer Vielzahl von empirischen Forschungen bzw. Evaluationen der Instrumente inner-
halb der einzelnen Medien gattungen wider (vgl. Hornik, 2002).
Viele Wirkungsstudien – auch im Live Com-Bereich – sind jedoch mit dem Problem kon-
frontiert, kurzfristig angelegt zu sein, sodass nach den erwarteten Effekten direkt im An-
schluss an die Präsentation einer Medienbotschaft gefragt wird. Die meisten Rezipienten
sind jedoch i. d. R. längerfristig mit einzelnen Live Com-Instrumenten konfrontiert, die gleich-
zeitig auch als Plattformen für mehrere weitere Kommunikationsinstrumente dienen, sodass
eine gleichzeitige Instrumentenutzung sehr wahrscheinlich wird (vgl. Pilotta et al., 2004,
S. 285 ff.). Die ökonomischen und psychographischen Wirkungen (vgl. Abbildung 47) ein-
zelner Beiträge zu isolieren und nachzu weisen, erscheint kaum lösbar, da sich Informationen
überlagern, ergänzen und durchaus auch widersprechen können.
Zu den ökonomischen Wirkungen zählen z. B. Umsatz, Absatzmenge, Gewinn, Re-
turn On Investment (ROI) oder Marktanteil. Die psychographischen Wirkungen
stellen quasi vorökonomische Größen dar und umfassen z. B. Markenbekanntheit,
Markenimage, Zufriedenheit oder Kundenloyalität.
Abbildung 47. Messgrößen und Probleme der Wirkungsanalyse
psychographische
(vorökonomische) Wirkungen
Schwierigkeiten derWirkungsmessungen
ökonomische
Wirkungen
Präferenz Umsatz
Markt-anteilKundenbindung Zufriedenheit
Deckungs-beitrag
Gewinn
Rendite
Unterneh-menswert
KostenImage
Input Output
Bekannt-heit
Live Com-Instrumente(als Stimuli)
_Ursache-Wirkungs-Problem_Time lag-Problem_Beziehungsstatus-Problem
Schwierigkeiten der Wirkungsmessung 5.2
235
Häufig können die Zielgruppen in einer Zeitraumbetrachtung auch nicht mehr genau ein-
schätzen, woher sie eine einzelne Information haben bzw. woher ihr Eindruck oder ihre
Meinungen stammen (vgl. Brosius, 1997, S. 40). Dies hat zur Folge, dass nach gewiesene
Effekte in den Wirkungsstudien oftmals als künstlich zu bezeichnen sind (vgl. McGuire,
1986, S. 175 ff.). Werden Zeitkomponente und Wirkungs um gebung hinreichend berücksich-
tigt, so ist dennoch mit einer exponentiell ab neh menden Wirkungsstärke der Medienbot-
schaft zu rechnen (vgl. Brosius, 1997, S. 41).
Es nützt nur in einem begrenzten Rahmen, Botschaftsinhalte zu wiederholen. Je häu-
figer dies geschieht, desto geringer wird das Wirkungspotenzial (vgl. Brosius, 1997,
S. 43). Hier gilt also das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens: Immer mehr Auf-
wand bringt – ab einem gewissen Punkt – immer weniger Erfolg.
Dies liegt auch daran, dass eine Information nur dann zu einer handlungs stiftenden Wir-
kung führen kann, wenn sie weder zuviel Neues noch zuviel Bekanntes enthält (siehe auch
Kapitel 3.3.2; vgl. Weizsäcker, 1974, S. 82 ff.). Die Erstmaligkeit und die Bestätigung einer
Information bedingen somit die Pole eines Kontinuums.
Somit steht die Wirkungsanalyse im Bereich der Kommunikation vor erheblichen Heraus-
forderungen. Folgende Probleme gilt es dabei zu beachten:
Ursache-Wirkungs-Problem—
Wird der Forderung nach integrierter Kommunikation entsprochen, so ist
die isolierte Wirkungsmessung für einzelne Kommunikations- und Live Com-
Instrumente ausgesprochen schwierig und auch nicht zielführend, weil eine
Wirkungsverstärkung durch den wechselseitigen Verbund der Instrumente
erreicht werden soll.
Time lag-Problem—
Vielfach besteht zwischen Kommunikationsmaßnahmen sowie den daraus
folgenden psychographischen sowie ökonomischen Wirkungen ein Time lag,
sodass zeitpunktbezogene Messungen der Kommunikationswirkung den
vollen Erfolgseinfluss nicht erfassen.
Beziehungsstatus-Problem —Wie im Rahmen der Zielgruppenanalyse diskutiert wurde, hängt die Effek-
tivität der eingesetzten Kommunikationsinstrumente auch vom Status der
jeweiligen Zielgruppe im Kundenbeziehungszyklus ab. Dement sprechend
sind generalisierende Aussagen über die Wirkungen von Kommu nikations-
instrumenten problematisch. Vielmehr ist ihre Wirkung in Abhängigkeit
vom Kundenbeziehungsstatus zu verifizieren.
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
236
Trotz der zu erkennenden grundlegenden Messpro ble matik fehlt es nicht an Versuchen,
die Verhaltens beeinflussung infolge von Kommunikationsarbeit nachzu weisen. Auch wenn
es scheinbar kein Allheilmittel oder eine einfache Universalformel für alle Fälle gibt, so gilt
es, sich den Herausforderungen der Evaluation zu stellen und ihnen bestmöglich zu be-
gegnen. Einige Wissenschaftler sind auch davon überzeugt, dass die Wirkung der Marken-
kommunikation grundsätzlich sehr viel größer ist, als es konventionelle Mess methoden
überhaupt aufzeigen können (vgl. Scheier/Held, 2007; Heath, 2001).
Fragen zum wirkungsvollen Medieneinsatz können sich auch in Zukunft einer gewissen
Ambivalenz nicht entziehen, denn erst die Auswertung der Wirkungs messung liefert den
Unternehmen Informationen für die Erfolgskontrolle (vgl. Nufer, 2007, S. 116), um Aussagen
über das Erreichen der anfangs gesetzten kommunika tionspo litischen Ziele zu treffen und
die angewandten Planungs-, Steuerungs- und Kontroll pro zesse bewerten zu können (vgl.
Meffert/Koers, 2001; Kriegsbaum, 2001). Mithilfe der gewonnenen Daten lässt sich die Aus-
wahl geeigneter Kommunikations instrumente und -maßnahmen in nachgela gerten Pla-
nungs perioden treffen. Die Studien ergebnisse der im Folgenden be schriebenen empirischen
Studien geben daher wesentliche Anhaltspunkte für die Beantwortung der Live Com-Wir-
kungen in der praktischen Umsetzung und die da raus resultierenden Handlungsimplika-
tionen. Der Arbeitskreis „Qualität“ im Forum Marketing-Eventagenturen (FME) hat sich
z. B. der Weiterentwicklung der Wirkungsmessung verschrieben.
5.3 Empirische Erkenntnisse zur Erfolgskontrolle der Live Communication
Trotz ausgefeilter Methoden der Markenführung und eines zunehmenden Effizienzdrucks
im Bereich der Markenkommunikation fehlt es bisher an regelmäßigen Betrachtungen und
leistungsfähigen Ansätzen einer integrativen Kontrolle des Kommunikationserfolges. Es
kann immer noch beobachtet werden, dass offensichtlich eine gewisse Scheu vor der Kon-
trollthematik existiert (vgl. Ehrmann, 2004, S. 349). Erfolgskontrollen haben das Image ei-
nes überflüssigen Kostenfaktors.
In den LiveTrends-Studien wurde ermittelt, dass nur jedes zweite Unternehmen regelmä-
ßige Erfolgskontrollen beim Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen durchführt (vgl. Ab-
bildung 48), wobei die Größe oder die Branche der Unternehmen keine signifikante Rolle
spielt. Damit wird ein gravierendes Controlling-Defizit deutlich, das Fehleinschätzungen
fördert und zu falschen Konsequenzen in der Verteilung des Kommunikationsbudgets
führt. So verwundert es nicht, dass die klassische Werbung bei der Budget verteilung im-
mer noch den größten Anteil erzielt. Starre Denkmuster sorgen für risikoaverses Verhalten
bei der Budget festlegung und verhindern immer noch wichtige Weichenstellungen.
Empirische Erkenntnisse zur Erfolgskontrolle der Live Communication 5.3
237
Vermerk: Angaben in Prozent
regelmäßig gelegentlich gar nicht
Abbildung 48. Durchführung von Erfolgskontrollen (Quelle: LiveTrends)
Während es für viele Instrumente, wie die klassische Werbung oder das Internet, durchaus
bewährte Messverfahren gibt, verlässt man sich bei den Live Com-Instrumenten allzu oft
auf das Bauchgefühl. Dabei reichen Hinweise auf Besucherrekorde oder eine tendenziell
positive Medien berichterstattung nicht aus, um die erhofften Erfolge wirklich zu bestätigen
und zu erklären. Gerade im Pretesting und Monitoring sind die Methoden immer noch sehr
abstrakt, rational orientiert und kaum in der Lage, die Faktoren und Motive in der Live
Communication vollständig abzubilden.
Von den Unternehmen, die angaben, regelmäßig den Erfolg ihrer Live Communication zu
prüfen, ziehen über 90 % vor allem Kontaktzahlen und „subjektive Einschätzungen“ für die
Messung heran (vgl. Abbildung 49). Als weitere Instrumente im Ranking werden Check-
listen und Leitfäden, Befragungen, wirtschaftliche Kennzahlen und Medienresonanz-Ana-
lysen verwendet. Das Heranziehen externer Expertengutachten erfolgt indessen nur von
einem Drittel der Unternehmen. Damit bestätigt sich ein recht traditionelles Vorgehen bei
der Erfolgsmessung.
Messe Events Promotion Sponsoring
55,7
25,718,6
28,735,0 36,3
49,4
44,3 50,6 52,2 71,3
28,721,9
28,723,4
47,8
Unternehmen ohne regelmäßige Erfolgskontrolle
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
238
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 49. Instrumente und Methoden für die Erfolgsmessung der Live Communication (Quelle: LiveTrends)
Als Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen ist deshalb zu prüfen, wie die Effektivi-
tät und Effizienz der eingesetzten Live Com-Instrumente grundsätzlich bewertet wird.
Angabe eingesetzter Instrumente
Kontaktzahlen 92,3
Subjektive Einschätzungen 91,1
Checklisten und Leitfäden 81,8
Mitarbeiter-Befragung 79,5
Besucher-Befragung 76,6
Wirtschaftliche Kennzahlen 74,0
Medienresonanz-Analyse 60,7
Externe Expertengutachten 33,3
239
„Notwendige Methoden und Kennzahlen zur Erfolgskontrolle der Live Communication sind vorhanden.“
Erfolgskontrolle der Live Communication
Interview mit Prof. Dr. Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig
1. Prof. Zerfaß, „Es gibt kein Allheilmittel der Evaluation oder eine einfache Universal-
formel für alle Fälle.“, so das Fazit, das hinsichtlich der Erfolgskontrollen von Kommuni-
kationsmaßnahmen seit jeher gezogen wird. Befindet sich das Kommunikations-Control-
ling Ihrer Meinung nach immer noch „in den Kinderschuhen“?
Zerfaß: Ein Patentrezept wird es sicher nie geben. Aber das Thema wird inzwischen deut-
lich differenzierter gesehen. Unsere Studie „European Communication Monitor 2008“, die
bislang umfangreichste Erhebung zu den Zukunftstrends der Unternehmenskommunika-
tion in Europa mit über 1.500 Befragten aus 37 Ländern, zeigt das ganz klar. Die Entwick-
lung neuer Evaluationsmethoden wird nicht mehr als drängende Herausforderung ange-
sehen, ganz im Gegensatz zu früheren Jahren. Aber jeder zweite Kommunikationsmanager
in Europa sieht die Verknüpfung der Kommunikation mit der Unternehmensstrategie als
zentrale und ungelöste Aufgabe. Das ist und bleibt das Thema Nummer Eins, d. h. die not-
wendigen Methoden und Kennzahlen sind vorhanden. Die Wenigsten haben es aber ge-
schafft, sie intelligent in einem handhabbaren System zu verknüpfen, um Kommunikation
steuern und evaluieren zu können. Das ist heute notwendiger denn je, denn niemals zuvor
hatten wir es mit so heterogenen Positionierungen, so vielfältigen Instrumenten und so stark
fragmentierten Zielgruppen zu tun.
2. Zitate wie „Aus Fehlern lernt man mehr als aus Erfolgen“ (Primo Levi) oder „Langfris-
tig ist man nur erfolgreich, wenn man weiß, warum man erfolgreich ist“ (Rupert Lay) er-
scheinen wie inhaltsleere Phrasen, wenn man den Blick in die Praxis wagt. Nur ungefähr
die Hälfte aller Unternehmen führen regelmäßige Erfolgskontrollen durch. Haben Sie den
Eindruck, dass die verantwortlichen Marketingmanager die Erfolgskontrolle nur als Legi-
timationshilfe verstehen?
Zerfaß: Das ist häufig der Fall. Aber immer öfter wird erkannt, dass es im ureigenen In-
teresse der Kommunikationsverantwortlichen liegt, ihr Handeln systematisch abzubilden
und Wirkungsketten, Meilensteine und Kennzahlen zu entwickeln. Wer wachsende Verant-
wortung im Unternehmen übernehmen will, muss sich auch den Spielregeln der Gover-
nance unterwerfen und sein eigenes Tun transparent machen. Ohne das ist auch erfolgrei-
ches Leadership kaum möglich. Wenn man in komplexen, globalen Projekten Mitarbeiter
Empirische Erkenntnisse zur Erfolgskontrolle der Live Communication 5.3
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
240
und Agenturen führen will, muss man ein gemeinsames Verständnis der Ziele, Wirkungs-
formen und Erfolgsparameter herstellen. Ansonsten passiert das, was wir in der Kommu-
nikationspraxis täglich beobachten können: Ganze Bienenschwärme von kreativen Köpfen
werkeln emsig vor sich hin, jeder von ihnen gibt sein Bestes und leistet gute Arbeit, doch
mangels klarer Einflugschneisen bleibt der Ertrag oft aus.
3. Zwar kann man die Auffassung vertreten, dass jedes Unternehmen immer noch selbst
für sich entscheiden muss, wie viel budgetären und zeitlichen Aufwand es in die Erfolgs-
kontrolle stecken möchte. Aber sollte die Wissenschaft nicht ein „Mindestmaß“ an Eva-
luation und Zeitvorgabe empfehlen?
Zerfaß: Davon halte ich wenig. Die üblichen Faustregeln, dass man beispielsweise 10 % der
Kommunikationsetats in Evaluation stecken soll, sind weder konzeptionell noch empirisch
begründbar. Man muss auch immer wieder betonen, dass es im Kern gar nicht um die Eva-
luation geht. Kommunikations-Controlling darf nicht mit Kontrolle verwechselt werden.
Controlling bedeutet vielmehr, das eigentliche Kommunikationsmanagement dadurch zu
unterstützen, dass die notwendige Transparenz über Prozesse, Kosten und Ergebnisse ge-
schaffen wird. Es geht also stets um Steuerung und Evaluation. Viele evaluieren als Selbst-
zweck, ohne irgendwelche Schlussfolgerungen für künftige Maßnahmen zu ziehen. Reihen-
weise werden Eventteilnehmer befragt und Medienclippings produziert, ohne dass damit
eine einzige künftige Veranstaltung anders angelegt oder eine neue Pressemitteilung ver-
ändert getextet würde. Das ist natürlich sinnlos.
4. Ist es in der Praxis besser, mit Kennzahlensystemen, die bei der Planung beginnen
und Kennzahlen im Vornhinein definieren, zu arbeiten oder sind Evaluationssysteme, die
die Situation zunächst erfassen und daraus Kennzahlen ableiten, sinnvoller?
Zerfaß: In jedem Fall müssen zuerst die Ziele und Wirkungszusammenhänge definiert wer-
den. Dafür eignen sich beispielsweise die aus dem strategischen Management bekannten
Strategy Maps nach Kaplan Governance/ Norton. Nur dann kann man erkennen, welche
Dinge für die jeweilige Produkt-Markt-Strategie überhaupt aussagekräftig sind und was
sich dementsprechend als Schlüsselkennzahl (Key Performance Indicator) eignet. Natür-
lich muss man die einzelnen Instrumente und die dazugehörigen Erhebungsmethoden
kennen. Aber diese sind so vielfältig, dass man sich leicht im Dschungel verirrt, wenn man
nicht zuerst eine Schneise geschlagen hat.
5. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wurde erkannt, dass die „weichen Faktoren“ zuneh-
mend die entscheidenden Treiber für den zukünftigen Unternehmenserfolg sind. Welche
gehören hierzu? Und sind sie in ihrer kurzfristigen Wirkung überhaupt quantifizierbar?
241
Zerfaß: Als immaterielle Werte gelten das Human-, Beziehungs- und Strukturkapital. Kom-
munikation spielt in allen Bereichen eine Rolle. Eine innovationsfördernde Unternehmens-
kultur, die durch interne Kommunikation aufgebaut wurde, eine durch systematische Kun-
denkommunikation etablierte Marke und eine strategiekonforme Reputation bei gesell-
schaftlichen Bezugsgruppen sind wichtige Beispiele. Das darf allerdings nicht mit den
kurzfristigen Maßstäben der Kostenrechnung gemessen und nur in der Gewinn- und Ver-
lustrechnung abgebildet werden. Die Herausforderung besteht vielmehr darin, solche kom-
munikativen Aktivitäten als Investitionen zu betrachten und sie zu bilanzieren. Die neuen
Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS und insbesondere nach der HGB-Reform bieten
hier neue Möglichkeiten. Bis wir Standards haben, werden allerdings noch ein paar Jahre
vergehen – vorerst gilt es, kommunikatives Kapital freiwillig zu erfassen und auszuweisen.
6. Die Live Com-Instrumente wie Messen und Events gelten ja als multifunktionale Plattfor-
men, auf denen auch andere Kommunikationsinstrumente wie klassische Werbung oder
Internet zum Einsatz kommen. Durch die Verwendung unterschiedlicher Evaluierungs-
verfahren für jedes einzelne Instrument besteht die Gefahr, differente und verfälschte Er-
gebnisse zu ermitteln. Wie lässt sich dies umgehen?
Zerfaß: Die einzelnen Instrumente unterscheiden sich nur auf der Ebene des Inputs (wie
man Kommunikation initiiert) und des Outputs (welche Kommunikationsangebote die Re-
zipienten nutzen können). Bei der Wahrnehmung von Botschaften, der Wissensvermittlung,
der Meinungsbildung oder emotionalen Beeinflussung und der Handlungsorientierung geht
es aber um die gleichen Outcome-Ziele. Dementsprechend muss ein Kennzahlensystem mo-
dular aufgebaut werden, um einerseits die einzelnen Instrumente einsteuern zu können,
gleichzeitig aber den Gesamterfolg im Auge zu behalten.
Vermerk: Angaben in Prozent
n =1,524 communication managers from 37 countries; 2008
www.communicationmonitor.eu
Evaluation practice in Europe: Items measured today
Outfl ow (microergonomic effects) Enhancing business goals, reputation, brand value
32,9
Outcome (effects on stakeholders) Understanding, stakeholder attitudes, behaviour change
38,7
Output (availability of messages/offerings) Clippings and media response, internet/intranet usage
72,5
Input (initiation of communication) process quality (internal workfl ow), media production costs
27,7
Empirische Erkenntnisse zur Erfolgskontrolle der Live Communication 5.3
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
242
Die Praxis sieht allerdings häufig ganz anders aus. Die bereits erwähnte Studie hat gezeigt,
dass Kommunikationsmanager in Europa derzeit vor allem die Output-Ebene evaluieren,
also bspw. Zugriffszahlen auf Internetangebote, Besucherzahlen bei Events oder auf Mes-
seständen sowie auch Presseberichte über die eigenen Produkte (siehe Abbildung). Andere
Wirkungsebenen werden vernachlässigt. Das gilt sowohl für den Input, der natürlich über
alles Weitere entscheidet und bei dem die Erhebung von Durchlaufzeiten, Kosten, interner
Kundenzufriedenheit etc. sehr einfach wäre, als auch für die kognitive und ökonomische
Wirkung (Outcome/Outflow). Wenn das Augenmerk gleichmäßiger auf alle Ebenen ver-
teilt würde, wäre man bei gleichem Aufwand schon viel weiter.
7. Welche Vorteile bietet die von Ihnen entwickelte Corporate Communication Scorecard
gegenüber anderen Verfahren? Können Sie ein erfolgreiches Anwendungsbeispiel an-
führen?
Zerfaß: Scorecards gelten derzeit als der Königsweg, um mehrdimensionale Unterneh-
mensziele in Kommunikationsziele herunterzubrechen oder um von Kommunikationszie-
len die Subziele für einzelne Handlungsfelder (Marketingkommunikation, PR, Investor
Relations, …) abzuleiten. Konzerne wie Daimler, Siemens, Henkel und die HypoVereins-
bank setzen sie ebenso in der Gesamtkommunikation ein wie globale Mittelständler, etwa
Festo und Hoerbiger. Der Vorteil besteht darin, dass Wirkungszusammenhänge stringent
abgebildet werden können, ohne dass man sich in Tausende möglicher Details verliert, und
dass man die bekannten Methoden und Kennzahlen zur Erfassung einzelner Instrumente
dort systematisch einfügen kann. In vielen Unternehmen wird ja eifrig evaluiert, nur eben
nicht mit System und damit vielfach auch ohne Nutzen.
8. In Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums hat die Frage nach dem Erfolg existen-
ziellen Charakter. Wie kann die Kontinuierlichkeit des Erfolgskontrolle-Prozesses auch
in guten Zeiten bewahrt werden? Sind hierfür auf Unternehmensseite Anreizsysteme zu
schaffen?
Zerfaß: Zweifelsohne ist die Motivation der Kommunikationsverantwortlichen der Schlüs-
sel zum Erfolg, in guten wie in schlechten Zeiten. Als Führungskraft gilt es zu verdeutli-
chen, dass Controlling und Kreativität keine Gegensätze sind, sondern mehr Transparenz
und Prozesswissen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich gute Ideen entfalten kön-
nen. Insofern sollte man nicht warten, bis andere die Regeln aufstellen, sondern man sollte
sich selbst des Themas annehmen. Kommunikations-Controlling ist ein Merkmal von Pro-
fessionalisierung, sei es in der klassischen Marketingkommunikation, in der PR oder in
der Live Communication.
243
Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix 5.4
5.4 Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix5.4.1 Allgemeine Bewertung
Die Aussagen der befragten Marketing manager, wie sie einzelne Kommu nikationsinstru-
mente hinsichtlich ihrer Effizienz und Effek tivität bewerten, beruhen sowohl auf durchge-
führten Erfolgsanalysen als auch auf subjektiven Einschätzungen. Der Erfolg als Grad der
Zielerreichung kann gemessen werden durch den Vergleich der Zielsetzung (siehe Kapitel
2.5) mit der Zielerfüllung in den ursprünglich formulierten Zieldimensionen.
Die Begriffe Effektivität und Effizienz werden häufig synonym verwendet, haben
aber unterschiedliche Bedeutungen. Der Begriff Effektivität umfasst jene Wirkungen,
die aus Sicht des Handelnden auch beabsichtigt waren (Return on Objectives). Die
Effektivitätskontrolle richtet sich somit auf den Eignungs- und Zielerreichungsgrad
der Einzelmaßnahmen (vgl. Lasslop, 2003; Scholz, 1992; Macharzina/Oechsler, 1979).
Die Wirkungsbreite zielt dabei auf die Verbreitungsleistung (z. B. Wie viele Kunden
werden erreicht?), die Wirkungstiefe auf die Erinnerungsleistung ab (z. B. Welche
Steigerung des Bekanntheitsgrades oder Markenimages wurde bei einem Kunden
erreicht?). Hierbei ist eine Abgrenzung zum Effizienz-Begriff angebracht, da hier-
unter Maß nahmen nach wirtschaftlichen Gesichts punkten betrachtet werden (Re-
turn on Investment). Somit zielt die Effizienz auf die Frage ab, ob das, was gemacht
wird, richtig gemacht wird (vgl. Bonfadelli/Friemel, 2006, S. 64). Je geringer der be-
triebliche Aufwand zur Erreichung eines Zieles, desto effizienter ist die Maßnahme
(Turner, 1999, S. 158). Drucker verwendet für die Effizienz die plakative und stark
vereinfachte Beschreibung „To do the things right“ und für die Effektivität „To do
the right things“ (vgl. Drucker, 1974, S. 45).
Um sicherzustellen, dass alle Befragten das gleiche Verständnis von Effektivität und Effizi-
enz haben, wurden beide Begriffe während der LiveTrends-Befragung ausführlich erläutert.
Die Durchschnittsergebnisse sind in einer Matrix zusammengefasst (vgl. Abbildung 50):
„Stars“ der Kommunikation—
Der obere rechte Quadrant in der Matrix gibt Auskunft über die besonders er-
folgreichen Instrumente. Hierzu zählen neben den Events die Neuen Medien
und Public Relations. Die besonders hervorzuhebende Erfolgs beurteilung des
Internets ist maßgeblich auf die Massentauglichkeit des breitbandigen Zugangs
und die Preiserosion im Verbindungsgeschäft zurückzuführen. Auf diese Weise
konnte in den letzten Jahren eine verbesserte Zielgruppenabdeckung in allen
Alterskohorten realisiert werden.
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
244
„Poor Dogs“ der Kommunikation—
Zu den weniger erfolgreichen Instrumenten gehören die Instrumente im
Quadranten unten links, wie das Sponsoring. Kritisch beurteilt werden auch die
im Mittelfeld liegenden Instrumente: Promotions und Direktmarketing sowie
Werbung und Messen. Gerade bei Messen wird angesichts des hohen Messebud-
gets immer häufiger die Effizienz der Messebeteiligung in Frage gestellt, und
Konsolidierungs tendenzen führen zu einer „Stuck in the middle“-Position.
Neue Medien (2,35; 2,23)
Public Relations (2,41; 2,23)
Events (2,74; 2,43)
Direktmailing (2,85; 2,81)
Promotionaktivitäten (2,90; 2,77)
6er Skala (1= sehr hohe Effizienz bzw. Effektivität; 6 = sehr geringe Effizienz bzw. Effektivität)
Abbildung 50. Erfolgsbeurteilung der Unternehmenskommunikation (Quelle: LiveTrends)
Klassische Werbung (3,05; 2,71)
Messebeteiligung (3,12; 2,74)
Roadshows (3,37; 3,23)
Sponsoringaktivitäten (3,58; 3,33)
Showrooms (3,58; 3,50)
Eff
ekti
vitä
t
Effizienz
Ø
Ø
6,0 3,5 2,5
2,5
3,5
6,0
1,0
1,0
245
Die Ergebnisse zeigen in den einzelnen Branchen eine zum Teil recht unter schiedliche Er-
folgsbeurteilung (vgl. Tabelle 28). So werden mit Ausnahme der Food-Branche die Events
über alle Branchen hinweg eindeutig als die erfolgreichste Form der Live Communication
eingestuft. Bei den Roadshows und Messen zeigen sich hingegen größere Branchenabwei-
chungen. Bei den Messen weisen die Branchen Automotive und Industry die höchsten und
die Branchen Food und Fashion die geringsten Erfolgsbewertungen auf. Ebenso wird der
Roadshow eine geringere Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit in der Food- und in der Fa-
shionbranche zugeschrieben. Im Gegensatz dazu findet die Roadshow in der High Tech-
Branche eine überdurchschnittlich hohe Beachtung. Diese Ausführungen machen zweierlei
deutlich: Zum einen decken sie auf, dass in der Live Communication noch enorme Potenziale
zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung liegen. Zum anderen zeigen sie, dass unspezi-
fische Aussagen und Bewertungen zur Effektivität und Effizienz nur wenig Sinn machen.
Zur gezielten Ausschöpfung der Effektivitäts- und Effizienzreserven sind deshalb folgende
Punkte zu berücksichtigen:
Abstimmung der Live Com-Aktivitäten mit anderen Instrumenten im —Kommunikations-Mix und ihr
zielgerichteter Einsatz in zielgruppenspezifischen Beziehungszyklen.—
Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix 5.4
NeueMedien
PublicRela-tions
Events Direkt-mai-lings
Promo-tions
Klass.Wer-bung
Spon-soring
Messen Road-shows
Show-rooms
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Ges
amt
2,35 2,23 2,41 2,23 2,74 2,43 2,85 2,81 2,90 2,77 3,05 2,71 3,58 3,33 3,12 2,74 3,37 3,23 3,58 3,50
Au
tom
oti
ve
2,38 2,23 2,45 2,23 2,76 2,30 2,65 2,67 3,11 2,86 3,29 2,90 3,44 3,29 3,07 2,33 3,23 2,85 3,00 2,81
Fin
ance
2,35 2,06 2,60 2,27 2,69 2,48 2,63 2,73 3,29 3,06 2,82 2,60 3,66 3,24 3,02 2,89 3,25 3,13 4,56 4,20
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
246
Beurteilung auf 6 er Skala (1= sehr hohe Effektivität bzw. Effizienz bis 6 = sehr geringe Effektivität bzw. Effizienz)
Tabelle 28. Detaillierte Effizienz- und Effektivitätsbeurteilungen der Kommunika tions instrumente (Quelle: LiveTrends)
5.4.2 Phasenspezifische Bewertung
Im Zuge der Probleme der Wirkungsmessung wurde bereits das Beziehungsstatus-Problem
angesprochen. Die Wirkung der Kommunikationsinstrumente ist je nach Kundenbezie-
hungsstatus unterschiedlich, sodass die Kommunikationswirkung differenziert zu betrach-
ten und zu kontrollieren ist. Für die Neugewinnung von Kunden sind bspw. andere In-
formationen und Instrumente einzusetzen als zur Bindung von bestehenden Kunden. Die
Kommunikationsinstrumente entfalten ihre Zielwirkung im Verlauf des Kundenbe zie-
hungs zyklus in unterschiedlichem Umfang (vgl. Abbildung 51).
NeueMedien
PublicRela-tions
Events Direkt-mai-lings
Promo-tions
Klass.Wer-bung
Spon-soring
Messen Road-shows
Show-rooms
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Effi z
ien
z
Effektivität
Fas
hio
n
2,47 2,25 1,97 1,89 2,54 2,33 2,66 2,45 2,21 2,15 2,65 2,43 3,20 2,91 3,19 2,92 3,96 3,76 2,52 2,52
Hig
h T
ech
2,16 2,14 2,00 1,88 2,45 2,25 2,83 2,72 3,05 2,97 3,53 3,09 3,90 3,66 3,18 2,81 2,70 2,55 3,42 3,30
Ind
ust
ry
2,24 2,15 2,70 2,48 2,59 2,36 3,19 2,92 3,42 3,20 3,33 2,91 4,05 3,72 2,96 2,43 3,14 2,71 3,24 2,92
Fo
od
2,75 2,74 2,68 2,72 3,20 2,82 3,38 3,39 2,28 2,06 2,73 2,24 3,60 3,18 3,35 2,92 3,76 3,81 4,08 4,33
Hea
lth
2,52 2,37 2,11 1,90 2,71 2,32 3,07 2,89 2,96 2,80 3,00 2,69 3,26 3,32 2,93 2,73 3,78 4,00 3,62 3,93
247
Zur Bestätigung dieser Hypothese wurden die Marke ting manager in den LiveTrends ge-
beten, den Eignungsgrad von sechs Kommunikations instru menten (klassische Werbung,
Messen, Neue Medien, Promotions, Events und Direktmailings) für die Erreichung der ver-
schiedenen Phasen des Kundenbeziehungszyklus (Erhöhung der Bekanntheit, Aufbau von
Vertrauen, Erhöhung des Abverkaufs, Stärkung der Kundenbindung) einzuschätzen. Wäh-
rend die klassische Werbung beim Aufbau des Bekanntheits grades führend ist, sind Ab-
schmelzverluste in den späteren Beziehungsphasen kaum zu verhindern. Hier entfalten die
Live Com-Instrumente Events und Messen ihre zielgerechte Wirkung. Bei der „Stärkung der
Kauf entscheidung“ werden die Promotion aktivitäten anderen Instrumenten vorgezogen.
Diese Rolle überneh men die Events anschließend bei der „Erhöhung der Loyalität“. Dem-
entsprechend sind die unterschied lichen Er wartungen der verschiede nen Kundengruppen,
die mit dem jeweiligen Beziehungsstatus einhergehen, zu be rück sichtigen.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 51. Eignungsgrad der Kommunikationsinstrumente im Kundenbeziehungs zyklus (Quelle: LiveTrends)
Die Nennung des am häufigsten bzw. am wenigsten eingesetzten Kommu nikationsin stru-
mentes pro Phase, die sich aus der Differenz des Eignungs grades ergibt, fällt in den Bran-
chen unterschiedlich aus (vgl. Tabelle 29). Hier verhält sich nur die Fashion-Branche weitest-
gehend durchschnitts konform. Zur „Erhöhung der Bekanntheit“ plädieren die Ent schei-
dungsträger der High Tech-Branche für den Einsatz Neuer Medien. Beim „Aufbau von Ver-
trauen“ setzen die Automotive-, High Tech- und Industry-Branche auf Event- und Messe-
beteiligungen. Bei der „Stärkung der Kaufentscheidung“ bewerten die Automotive- und
Finance-Branche den Einsatz von Direktmailings als ziel führend. Die Health-Branche setzt
dagegen vorrangig klassische Werbung ein. Und für die anschließende Phase der Loyali-
tätserhöhung nutzt die Automotive-Branche weiterführend die Direktmailings, während
die Industry- und Health-Branche die Messen den Events vorziehen.
Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix 5.4
Klassische Werbung 64,5 22,5 15,6 5,8
Messebeteiligungen 29,6 19,9 11,4 24,0
Events 23,8 23,7 13,9 36,6
Neue Medien 20,4
9,7 9,3
11,0
Promotionaktivitäten 20,3 11,6 42,6 14,0
Direktmailings 14,3 8,2 20,4 23,3
Stärkung derKundenbindung
Erhöhung desAbverkaufs
Aufbau vonMarkenvertrauen
Erhöhung derMarkenbekanntheit
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
248
Demzufolge wird die Effektivität der vorgegebenen Kommunikationsinstrumente in den
verschiedenen Phasen des Kundenbeziehungszyklus von den Branchen äußerst unterschied-
lich eingestuft. Die Kunst der effizienten Bindung von Kunden erfordert also ein differen-
ziertes Vorgehen im Kundenbeziehungszyklus, um die vorhandenen Ressourcen bedarfs-
gerecht einzusetzen. Gerade in wettbewerbsintensiven Märkten gewinnt die phasenspezi-
fische und stakeholderbezogene Aussteuerung der Instrumente eine besondere Relevanz.
Vermerk: Angaben in Prozent
häufigster Einsatz wenigster Einsatz Differenz
Tabelle 29. Branchenspezifischer Eignungsgrad der Kommunikationsinstrumente im Kundenbeziehungszyklus
(Quelle: LiveTrends)
Erhöhung der Bekanntheit
Aufbau von Vertrauen
Stärkung der Kaufentschei-dung
Erhöhung derLoyalität
/ / / /
Gesamtklass. Werbung
29,7
klass. Werbung
25,0
Promotions
36,0
Events
33,7
Direktmailings Neue Medien Neue Medien klass. Werbung
Auto-motive
klass. Werbung
38,5
Events
28,2
Direktmailings
39,6
Direktmailings
43,6
Direktmailings Promotions Messen klass. Werbung
Financeklass. Werbung
37,7
klass. Werbung
44,3
Direktmailings
43,5
Events
31,9
Direktmailings Messen Messen Promotions
Fashion Neue Medien
29,7
klass. Werbung
29,7
Promotions
59,6
Events
34,8
Direktmailings Neue Medien Neue Medien Neue Medien
HighTech
Neue Medien
39,7
Events
41,7
Promotions
25,0
Events
55,4
Direktmailings Direktmailings klass. Werbung klass. Werbung
Industryklass. Werbung
30,3
Messen
45,9
Promotions
37,0
Messen
54,4
Direktmailings Direktmailings Neue Medien klass. Werbung
Foodklass. Werbung
44,4
klass. Werbung
40,0
Promotions
64,0
Promotions
37,8
Neue Medien Neue Medien Neue Medien Neue Medien
Healthklass. Werbung
40,2
klass. Werbung
63,2
klass. Werbung
54,3
Messen
32,5
Neue Medien Neue Medien Neue Medien Neue Medien
249
Die Tendenz des stärkeren Live Com-Einsatzes in der Vertrauens- und Loyalitätsphase kann
zunächst auch für weitere Stakeholder gruppen unterstellt werden, wenngleich hier die
Ausgestaltung an die besonderen Anforderungen der Stakeholder gruppen anzupassen ist.
Jüngste Forschungen (Fiedler, 2007, S. 250 f.) belegen, dass es infor melle Netzwerke zwischen
den Stakeholdergruppen gibt. Die Kommunikations aktivitäten einzelner Stakeholder in-
nerhalb der Netzwerke können unterschiedlich ausgeprägt sein. Damit werden Informa-
tionen über ein Unternehmen auch innerhalb eines Stakeholdernetzwerkes weitergeleitet.
Aus Sicht der Kommunikations instrumente kommt hier die „Mund-zu-Mund-Propagan-
da“ in besonderer Weise zum Tragen. Auch dieser Sachverhalt betont die Notwendigkeit
einer abgestimmten Unternehmenskommunikation. Die Erkenntnisse des viel diskutierten
Customer Relationship Managements sollten im Sinne eines „broadening“ für den Ausbau
eines Stakeholder Relationship Managements umfassend genutzt werden.
Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix 5.4
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
250
5.4.3 Ansatzpunkte zur Verbesserung der Effekti vität und Effizienz der Live Commu nication aus Sicht von Entscheidungsträgern
Die befragten Unternehmen versprechen sich von der externen Kommuni ka tions optimie-
rung eine höhere Wertschöpfung als von der verbesserten Mitarbeiter kommunikation (vgl.
Abbildung 52). Trotz jahrzehntelanger Bemühungen um eine integrierte Kommu nikation
verlaufen auch heute noch tiefe Gräben zwischen den mit Kommu nikation betrauten Ak-
teuren in den Unternehmen. Bereichsegoismen sowie historisch ge wachsene Strukturen
verhindern eine wirkliche Orientierung des Kommunikations bedarfs an werthaltigen Ziel-
gruppen.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 52. Potenziale zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz der Live Communication (Quelle: LiveTrends)
Als höchste Gefahr wird seitens der Unternehmen der hohe Kosten- und Zeitaufwand ge-
sehen, der mit der Einführung eines wertorientierten Kommu nikationscontrol lings verbun-
den ist. Der Widerstand auf Führungsebene bzw. seitens der Mitarbeiter wird dagegen als
Potenziale zur Effektivitäts- und Effi zienzerhöhung
Genauere Zielgruppenansprache 78,7
Stärkere Instrumente-Integration 78,6
Bessere Strategie-Entwicklung 76,4
Konsequentere Erfolgskontrolle 75,7
Klare Formulierung von Zielen 74,8
Kreativere Ideen und Konzepte 74,7
Reibungslosere Projektumsetzung 71,8
Höhere Kompetenz der Mitarbeiter 64,6
Bessere Abstimmungen 62,4
Orientierung an Markenwerten 56,9
Live Com-Mix 56,4
Bessere Briefi ngs der Agentur 54,1
Systematische Budgetermittlung 49,7
251
gering eingestuft. Aus der offen gestellten Frage: „Wo sehen Sie in Ihrem Un ter neh men bzw.
Ihrem Geschäftsbereich Mög lich keiten zur Optimierung Ihrer Live Communication?“ re-
sultiert, dass eine prioritäre Maßnahme in der Verbesserung der bereichsübergreifenden
Zusammenarbeit gesehen wird (vgl. Abbildung 53).
Mit größerem Abstand wird als zweiter Optimierungsansatz die genauere Zielgruppen-
ansprache erwähnt. Die Exaktheit der Ansprache wird hierbei durch die Ein führung von
Corporate Identity-Guide lines unterstützt. Davon versprechen sich die Verantwortlichen
auch eine stärkere Harmonisierung der Live Com-Instrumente auf dem „inter nationalen
Parkett“. Neben dem globalen Aspekt zeigen die Analysen, dass die Zielgruppenansprache
auch immer ausgereifter auf die einzel nen Phasen abstellen muss, in der sich der Kunde
befindet. Hierfür ist eine Verknüpfung von Live Com-Instrumenten mit CRM-Daten (vgl.
Homburg/Sieben, 2000, S. 491 ff.) notwendig.
Vermerk: Angaben in Prozent
Abbildung 53. Organisatorische Optimierungsmöglichkeiten zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz der
Live Commu nication (Quelle: LiveTrends)
Wie hoch die Potenziale sind, die in den bestehenden Kommunikationsbudgets liegen, zeigt
die Einschätzung, nach der 53 % der Entscheider davon ausgehen, mit den bestehenden
Etats die Wirksamkeit der eigenen Kommunikationsaktivitäten verdoppeln zu können.
Dies unterstreichen auch die Ergebnisse des „Communications Benchmark 2003“ (Wyman,
2003, S. 1). Deshalb ist es wichtig, der wahrgenommenen Markengleichheit mit Hilfe einer
taktisch durchdachten Live Communication vorzubeugen.
Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix 5.4
Ja, ich sehe Optimierungsmöglichkeiten bzgl.
Bereichsübergreif. Zusammenarbeit 38,8
Genauigkeit Zielgruppenansprache 25,4
Erfolgskontrolle, Effi zienzmessung 21,6
Integration der Markenaktivitäten 14,2
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
252
„So professionell, wie die Durchschnittslaufzeit eines Produkts in der Herstellung ermittelt wird, sollte auch der Kommunikationserfolg nachzuweisen sein.“
Effektivität und Effizienz von Kommunikationsinstrumenten im Kommunikations-Mix
Interview mit Dr. Jesko Perrey von der Mc Kinsey & Company, Inc.
1. Dr. Perrey, die Begriffe Effektivität und Effizienz werden in der Praxis oftmals gern syno-
nym verwendet. Wie definieren Sie diese Kenngrößen, und welcher von ihnen sollte man
bei Kommunikationsentscheidungen den Vorrang einräumen?
Perrey: Plakativ gesprochen, heißt Effektivität, die richtigen Dinge zu tun, und Effizienz,
die richtigen Dinge richtig zu tun. Übertragen auf die Kommunikation: Effektiv ist es, die
richtige Botschaft über die richtigen Kanäle an die richtigen Leute zu übermitteln; effizi-
ent ist es, dies möglichst wirkungsvoll in einem vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis zu
tun. Es gibt hier also kein Entweder-Oder: Beiden Kenngrößen sollte gleichermaßen Bedeu-
tung eingeräumt werden.
2. In den LiveTrends-Ergebnissen zeigte sich, dass die Neuen Medien, Public Relations und
Events nach Einschätzung der Marketingmanager die wirkungsvollsten Kommunikations-
instrumente sind, während die klassische Werbung, Promotions, Direktmailings und Mes -
sen als nicht ganz so erfolgswirksam beurteilt wurden. Lässt sich daraus die Schlussfolge-
rung ziehen, dass man mit der Wahl eines wirkungsvollen Instruments auf jeden Fall immer
richtig liegt?
Perrey: Das lässt sich so pauschal nicht beurteilen. Die Wahl des richtigen Mediums ist stets
situationsgetrieben und abhängig von Rahmenfaktoren wie Branche, Art der Botschaft oder
Zielgruppe. Ganz ohne Frage aber werden die Neuen Medien weiter an Fahrt gewinnen.
Einer globalen McKinsey-Umfrage zufolge gehen Marketingleiter davon aus, dass sich bis
2010 zwei Drittel aller Konsumenten im Internet informieren werden. Nahezu die Hälfte
wird online Preise vergleichen, jeder Dritte direkt im Netz kaufen. Kein Unternehmen kann
es sich mehr leisten, auf das Internet als Marketing- und Kommunikationsinstrument zu
verzichten.
Das Erfolgsrezept lautet Integration – nicht die Trennung, sondern die Zusammenführung
von Online und Offline. Vorreiter-Unternehmen zeigen, wie man digital Kunden bindet,
Preise gestaltet und Produkte absetzt: Procter & Gamble, Nokia und Microsoft sammeln
online Ideen für neue Produkte ein. Audi lässt in einem Virtual Lab ein komplettes Info-
253
tainmentsystem von Kundenhand entwickeln. Trotzdem betreiben auch diese Unterneh-
men parallel klassische Werbung – und sind damit sehr erfolgreich. So kann ich auch keinen
Trend erkennen, der belegt, dass die klassischen Werbeformen wie TV oder Promotions in
die Bedeutungslosigkeit verschwinden.
3. Die Live Com-Instrumente Events und Messen weisen charakteristische Ähnlichkeiten,
auf und dennoch werden sie von den Unternehmen so unterschiedlich hinsichtlich der
Effektivität und Effizienz bewertet. Welche Gründe lassen sich hierfür anbringen?
Perrey: Im Grunde besitzen Messen und Events nur eine wesentliche Gemeinsamkeit –
beide finden stationär an einem Ort statt. Ansonsten unterscheiden sie sich fundamental.
Messen sind saisonale, immer wiederkehrende Veranstaltungen, Events dagegen deutlich
stärker ereignisbezogen. Beide Formate verfolgen unterschiedliche Ziele. Messen fungie-
ren an der Schnittstelle zwischen Marketing und Vertrieb. Primär geht es dabei darum, die
Leistungen eines Unternehmens vorzustellen und B2B-Kontakte zu pflegen. Events dage-
gen besitzen einen sehr viel höheren Involvierungsgrad: Sie sprechen Kunden direkt an,
beziehen sie aktiv ein. Events setzen auf Emotionalisierung, der Abverkauf steht nicht im
Vordergrund. Allein der Name drückt den Unterschied schon sehr gut aus.
4. In einigen Branchen werden neben den Events und Messen auch Brand Lands einge-
setzt. Wie würden Sie diese im Vergleich zu anderen Kommunikationsinstrumenten be-
werten?
Perrey: Brand Lands werden schon bald ein integraler Bestandteil der personalisierten
Markenkommunikation werden. Sie sind extrem wirksam, weil durch sie eine enge Bezie-
hung zwischen Marke und Kunde aufgebaut werden kann. Ob die Kristallwelten von Swa-
rowski, die Autostadt von Volkswagen oder das Nivea-Haus in Hamburg – immer mehr
Unternehmen schaffen Erlebniswelten rund um ihre Marken. Warum? Weil sie interaktiv
und involvierend sind, eine Art physische Brand Community. Mit Markengemeinschaften
gelingt es Unternehmen, Kunden zu akquirieren und zu binden. Erfolgsbeispiele solcher
Brand Communities sind die Harley Owners Group mit mehr als 900.000 Mitgliedern, der
Porsche Club Deutschland oder auch das IKEA-Portal für Family Members.
Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix 5.4
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
254
5. Viele Marketingmanager sehen sich mit der Forderung konfrontiert, den wirtschaft-
lichen Erfolg ihrer Kommunikationsaktivitäten konkret nachweisen zu müssen. Da es den
Verantwortlichen jedoch vielfach Schwierigkeiten bereitet, einen solchen „Rentabilitäts-
nachweis“ für die Kommunikationsaktivitäten zu erbringen, scheint der Ausspruch von
Henry Ford: „Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß
nur nicht, welche Hälfte!“ nach wie vor aktuell. Ist dies wirklich so?
Perrey: Nein und ja. Nein, weil die Marketingwissenschaft und -praxis heute viel weiter
ist als noch zu Zeiten Henry Fords. Mittlerweile existieren durchaus geeignete Methoden
und Instrumente, um Kommunikationswirkungen zu messen. Und ja, weil die Messung
des Marketing ROI in Unternehmen nach wie vor nicht den Stellenwert besitzt, den sie ein-
nehmen sollte und könnte. So professionell, wie die Durchschnittslaufzeit eines Produkts
in der Herstellung ermittelt wird, sollte auch der Kommunikationserfolg nachzuweisen
sein. Noch aber sind viele Instrumente nicht hinreichend standardisiert, und bei der Umset-
zung fehlt es häufig an Konsequenz. Meist beschränkt sich Erfolgskontrolle auf den Nach-
weis, das Budget eingehalten zu haben.
Zweifellos gibt es gute Gründe für diese Situation. Erstens wirken Marketingausgaben meist
indirekt. Zweitens erschwert die hohe Taktrate des Geschäfts das Messen – Kampagnen oder
Promotions haben häufig sehr kurze Laufzeiten. Drittens greifen Marketingmaßnahmen in
der Regel stark zeitverzögert. Allzu oft aber liefern diese Argumente nur den Vorwand, eine
Rentabilitätsberechnung von Kommunikationsaktivitäten gar nicht erst zu ver suchen. Dabei
lassen sich derartige Schwierigkeiten durch geeignete Erfolgskennzahlen überwinden, wie er-
mutigende Erfahrungen großer Unternehmen mit intelligenten, pragmatischen Steuerungs-
instrumenten beweisen. Schlüssel zum Erfolg sind die systematische, regelmäßige Datener-
fassung, die handlungsorientierte Darstellung von Wirkungszusammenhängen sowie die
zielgerichtete Nutzung ausgewählter Effektivitäts- und Effizienzindikatoren.
6. Impliziert eine stärkere Erfolgskontrolle nicht immer auch eine Minderung der unter-
nehmerischen Kreativität? Welche Messindikatoren sollte Ihrer Meinung nach ein Unter-
nehmen mindestens heranziehen, um die Kreativität zu wahren und den Erfolg der Kom-
munikationsaktivitäten dennoch beurteilen zu können?
Perrey: Unsere neue Studie, die wir mit dem Art Directors Club, der Berlin School und der
Handelshochschule Leipzig durchgeführt haben, belegt das Gegenteil: Kreative Werbung
ist tatsächlich auch die wirtschaftlich erfolgreichere Werbung. Die Untersuchung hat den
Erfolg deutscher Werbekampagnen erstmals messbar gemacht: Rund 100 Fernsehspots, die
2005 beim Kampagnenwettbewerb „GWA Effie“ eingereicht worden waren, kamen auf den
Prüfstand. Erinnerungswerte und Marktanteilsänderungen dienten als Messgrößen, um den
psychologischen und ökonomischen Werbeeffekt zu bestimmen. Die drei Kernergebnisse
in aller Kürze:
255
Kreativität und Content Fit (d. h. die inhaltliche Stimmigkeit von Kampagnen, —die genau auf Produkt und Zielgruppe zugeschnitten sind,) beeinflussen maß-
geblich die Werbewirkung. Mindestens eine Komponente ist unverzichtbar. Selbst
ein hohes Werbebudget kann eine schwache Kampagne, der beides fehlt, nicht
kompensieren.
Die richtige Mischung variiert je nach Branche und Produkt. Bei emotionalen —Produkten wie Autos ist Kreativität in der Werbung nahezu unverzichtbar, wäh-
rend bei kurzlebigen Konsumgütern auch ein hoher Content Fit ökonomischen
Erfolg generiert.
Die größten Erfolgschancen hat, wem es gelingt, beide Komponenten in einer —Kampagne zu realisieren.
7. Gemäß dem Motto „Alles Gelingen hat sein Geheimnis, alles Misslingen seine Gründe“
ziehen es die Marketingentscheider vor, sich auf ihr „Bauchgefühl“ zu ver lassen, statt
regelmäßige Erfolgskontrollen durchzuführen, wie die LiveTrends zeigten. In welchen Si-
tuationen ist der Mensch eher affektiv getrieben und in welchen eher kognitiv geprägt?
Lässt sich hierfür eine Faustregel aufstellen?
Perrey: Nein, hierzu lässt sich aus meinen Erfahrungen keine Faustregel aufstellen. Starke
Marketingentscheider sind solche, die den Dreiklang von Science, Art und Craft beherr-
schen. Gutes Markenmanagement muss immer eine Kombination aus Verstand, Finger-
spitzengefühl und klarer, schlüssiger Umsetzung sein. Erfolgreiche Markenbeispiele wie
Nokia, Adidas oder Audi zeigen, wie dieses Zusammenspiel in der Praxis wirkt.
Effektivität und Effizienz der Live Com-Instrumente im Kommunikations-Mix 5.4
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
256
5.5 Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5.1 Schritte der Erfolgskontrolle
Die Ergebnisse der LiveTrends sind ernüchternd und belegen, welche Defizite bei der Er-
folgskontrolle in der Live Communication bestehen. Das Manko in der Erfolgs kontrolle
steht im Gegensatz zu den hohen Budgetanteilen, die für die Live Com-Instrumente einge-
setzt werden. Verweise auf die Probleme der Wirkungs messung von Kommunikationsmaß-
nahmen dürfen nicht als Begründung für einen „Blindflug“ im Live Com-Management he-
rangezogen werden. Die Pro fessio nalisierung der Live Communication muss auch bei der
Erfolgskontrolle ansetzen.
In den vergangenen Jahren wurden in Wissenschaft und Praxis enorme An strengungen
unternommen, um komplexe wie auch grobkörnige Messansätze und Erfolgskennziffern
zu entwickeln. Dabei gilt es den Grundsatz zu berücksichtigen: Ohne definierte Ziele in
der Live Communication kann die Zielerreichung auch nicht gemessen werden. Wer bei
der Planung der Live Com-Konzeption keine Ziel inhalte festlegt, der verhindert eine Er-
folgskontrolle. Liegen allerdings Live Com-Ziele vor, dann schließt sich mit dem Soll-Ist-
Vergleich der Feedbackkreis im Live Com-Management.
Welche Schritte sind im Rahmen der Erfolgskontrolle zu beachten? Grundsätzlich gibt die
Tabelle 30 einen Überblick über das System der Erfolgskontrolle. In der zeitlichen Abfolge
der Kontrollschritte wird zwischen Ex ante-, Just in time- und Ex post-Kontrollmaßnah-
men unterschieden (vgl. Tabelle 30).
Tabelle 30. System der Live Com-Erfolgskontrolle
Kontrollschritte der Live Com-Erfolgskontrolle
Ex ante-KontrolleJust in Time-Kontrolle
Ex post-Kontrolle
Prämissen-kontrolle
Ablauf-kontrolle
Prozess-kontrolle
Effektivitäts-kontrolle
Effi zienz-kontrolle
Sind die
Live Com-
Planungsgrund-
lagen fehlerfrei?
Ist die Live Com-
Umsetzung
planmäßig
erfolgt?
Läuft der
Live Com-
Prozess
zielgerecht?
Sind mit Hilfe
der Live Com-
Maßnahmen
dauerhafte
Zielwirkungen
erreicht?
Ist die Wirt-
schaftlichkeit
der Live Com-
Maßnahmen
unter Einbe-
ziehung alter-
nativer Mittel-
verwendung
gewährleistet?
Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5
Ex ante-Kontrolle—
Der Einsatz von Live Com-Instrumenten ist im Vergleich zur klassischen
Kommunikation mit einer hohen Komplexität verbunden, sodass den Planungs-
und Umsetzungsphasen eine besondere Bedeutung zukommt. Hier muss die
Kontrolle bereits ansetzen, sodass Probleme in der Vorbereitungsphase der
Live Com-Veranstaltungen frühzeitig erkannt und beseitigt werden. Aufgabe
der Erfolgskontrolle ist es in dieser Phase, die Planungsprämissen des Live Com-
Managements zu hinterfragen und den operativen Ablauf der Live Com-Aktivitä-
ten zu kontrollieren (vgl. Zanger/Drengner, 1999). Im Rahmen der Prämissen-
kontrolle wird geprüft, ob z. B. die richtigen Zielgruppen identifiziert, Konkurrenz-
analysen durchgeführt und Live Com-Instrumente mit Differen zierungs charakter
ausgewählt wurden. Die Ex ante-Ablaufkontrolle bezieht sich auf die Umsetzung
des Live Com-Konzeptes. Hierbei ist die Projektorganisation unter Einbeziehung
von Technik, Personal, Infrastruktur und Servicedienst leistern zu betrachten.
Fehler bei der Vorbereitung und Abstimmung aller Elemente einer Live Com-
Veranstaltung können nicht nur die Wirkung beein trächtigen, sondern sogar
negative Imageeffekte erzeugen.
Just in Time-Kontrolle—
Es erscheint sinnvoll, die Ablaufkontrolle in der Vorbereitungsphase und die
Kontrolle der eigentlichen Durchführungsphase einer Live Com-Veranstaltung zu
trennen. Durch die Integration des Kunden während der Veranstaltung liegt im
Vergleich zur Vorbereitungsphase eine andere Situation vor. Beim Auftreten von
Problemen sind die Kunden anwesend, und deshalb ist eine sorgfältige Kontrolle
des Verlaufs einer Veranstaltung in hohem Maße erfolgskritisch.
Ex post-Kontrolle—
Im Mittelpunkt des unternehmerischen Interesses steht letztlich der effektive
und effiziente Einsatz der Live Com-Instrumente. Dabei steht die Bewertung
der Effektivität und Effizienz im Vordergrund. Die Messung der Effektivität
setzt definierte Live Com-Ziele voraus. Durch einen Soll-Ist-Vergleich zwischen
den ursprünglichen Live Com-Zielen und den erzielten Wirkungen kann grund-
sätzlich die Effektivität überprüft werden. Die Effizienz setzt hingegen die er-
zielte Wirkung mit dem Kommunikationsaufwand (z. B. Budget, Zeit, Personen)
ins Verhältnis. Von einem effizienten Einsatz der Live Com-Instrumente kann
dann ausgegangen werden, wenn der Mitteleinsatz die gemessene Wirkung über-
steigt (notwendige Bedingung) und im Vergleich zu anderen Kommunikations-
instrumenten kein höherer Nutzen hätte erzielt werden können (hinreichende
Bedingung) (vgl. Lasslop et al., 2007).
257
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
258
5.5.2 Wirkungsstufen der Live Communication
Die Wirkungen von Live Com-Instrumenten können in einem vereinfachten Prozess gemäß
der Abbildung 54 dargestellt werden.
Abbildung 54. Vereinfachter Wirkungsprozess von Live Com-Instrumenten (i. A. Lasslop et al., 2007, S. 118)
Ausgangspunkt der Wirkungsstufen-Betrachtung bilden die Kommunikationsziele des Un-
ternehmens bzw. Senders. In Abhängigkeit von den jeweiligen Zielinhalten zur Unterneh-
mens- oder Markenprofilierung werden anschließend die Kommunikations ziele konkreti -
siert und geeignete Live Com-Instrumente identifiziert. Die Kommu nikationsbotschaft wird
über den Einsatz der Live Com-Instrumente an die Empfänger als Zielgruppe herangetragen.
Auf der Empfängerstufe können primäre Zielgruppen (z. B. eingeladene Gäste zu einem Live
Com-Event) und sekundäre Zielgruppen (z. B. breite Öffentlichkeit, Medien) unterschieden
werden . Über Medienberichte oder Mund-zu-Mund-Propaganda kann auch bei Nichtteil-
nehmern eine Wirkung des Live Com-Events erzeugt werden; allerdings fehlt ihnen die
multisensuale Vermittlung der Stimuli. In der vierten Stufe wird zunächst der Event von
Teilnehmern selbst wahrgenommen. Hierdurch kommt es zu Wirkungen, die unmittelbar
auf den Event abstellen. So werden die Teilnehmer mehr oder weniger emotionalisiert sein,
den Fit des Events mit der Marke beurteilen und letztlich eine Einstellung gegenüber dem
Event entwickeln. In der nächsten Stufe kommt es dann zu kognitiven, affek tiven sowie
konativen Wirkungen, die direkt den Sender bzw. die Marke als Bezugsobjekt betreffen (vgl.
Drengner, 2007). Wird gemäß der Kommunikationsziele das Markenimage in den Köpfen
der Zielgruppe verändert, so sind die psychographischen bzw. vorökonomischen Zielset-
zungen erreicht, die sich dann in Handlungsabsichten und schließlich durch Handlungen
selbst in den ökonomischen Zielen beim Sender niederschlagen. Die Ex post-Erfolgskon-
trolle setzt an der vierten und fünften Stufe der Wirkungskette an. In Abhängigkeit der er-
hobenen Informationen können unter schiedliche Formen der Erfolgsbeurteilungen vorge-
nommen werden.
Sender Live Com-Instrument
Empfängereventbezogen senderbezogen
Marken-
profilierung
mit spezifischen
Zielen für die
Kommunikation
z. B. Einsatz
von Events.
Messen,
Roadshows
primäre
Zielgruppe:
Teilnehmer
Sekundäre
Zielgruppe:
Öffentlichkeit,
Medien etc.
Erlebnis
des Events
Wahrgenom-
mener
Marken-
Event-Fit
Einstellung
zum Event
Veränderung /
Verstärkung
der Einstellung
gegenüber
der Marke,
Erhöhung der
Kaufabsicht
Kauf,Wiederkauf,
Weiter-empfehlung
(Zielgruppe)
Wirkungen
259
Kontrolle multisensualer Stimuli
Konsistenz und Kontinuität der Reizdarbietung
Der Mensch ist grundsätzlich verschiedenen Umweltreizen ausgesetzt, die er über die fünf
Sinnesorgane Augen, Ohren, Nase, Zunge und Haut aufnimmt. Dabei erfährt er diese Um-
welt nicht nur durch passive Wahrnehmung, sondern auch durch aktives, subjektives Ver-
halten beim Suchen, Selektieren und Verarbeiten von Informationen (vgl. Guski, 2000, S. 9).
Doch nur ein Bruchteil dessen, was wahrnehmbar ist, wird auch tatsächlich wahrgenom-
men (vgl. Singer, 1998, S. 62). Die Aufnahme und Verarbeitung ist davon abhängig, ob die
Reize einen bestimmten Schwellenwert überschreiten. Erst dann ist es möglich, dass die Zu-
stände und Vorgänge der Außenwelt über die jeweiligen adäquaten Reize (vgl. Birbaumer/
Schmidt, 2006; Thews et al., 1999; Kiese-Himmel/Schiebusch-Reiter, 1993; Campenhausen,
1993) von den spezifischen Rezeptoren aufgenommen, im Gehirn verarbeitet und u. a. als
Bilder, Geräusche, Berührungen und Bewegungen erfahren werden.
Die Multisensualität kann im Rahmen der Markenkommunikation als Ansprache der rele-
vanten internen und externen Zielgruppe über gleichzeitig mehrere bzw. mindestens drei
Sinne definiert werden (vgl. Fösken, 2006; Wolf, 2005). Multisensual aufeinander abgestim-
mte Reize (vgl. Munzinger/Musiol, 2008, S. 85 ff.)
erzeugen Aufmerksamkeit—
Die vermittelten Informationen werden im Allgemeinen spontan und schneller
wahrgenommen, da sie durch den emotionalen Einfluss stärker aktivieren.
wirken implizit—
Die vermittelten Informationen werden im Gehirn weitestgehend automatisch
und mit geringerer gedanklicher Kontrolle aufgenommen und verarbeitet.
werden intensiver abgespeichert—
Die vermittelten Informationen werden ganzheitlich verarbeitet und damit grund-
sätzlich intensiver gespeichert. Sie haben eine fast unbegrenzte Lebensdauer.
Experten in Wissenschaft und Praxis sind davon überzeugt, dass die multisensuale Beein-
flussung in Zukunft eine weitaus größere Rolle als bisher spielen wird (vgl. MetaDesign,
2006; Esch, 2005; Ringe, 2005; Kroeber-Riel/Weinberg, 2003). Da es für alle Sinnessysteme
grundsätzliche Merkmalsausprägungen gibt, die ein Großteil der Individuen ähnlich be-
urteilt (vgl. Hurth, 2006, S. 173), wird der exemplarischen Kennzeichnung und Beziehung
visueller, auditiver und haptischer Sinneseindrücke im Folgenden ein besonderer Stellen-
wert beigemessen.
Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
260
1. Sinneseindrücke als Vorstufe der visuellen Wahrnehmung
Zu den elementaren Dimensionen der Sinneseindrücke bei der Betrachtung visueller Si-
gnale in Form von Bildern, Texten und Räumlichkeiten gehören die Farbe, die Form, der
Raum und die Bewegung (vgl. Reinartz, 2005; Goldstein, 2002; Lockowandt, 1996; Kebeck,
1994). Eine Vielzahl von Studien hat sich übergreifend mit den visuellen Sinneseindrücken
und als unecht zu bezeichnenden Synästhesieverknüpfungen (vgl. Knoblich et al., 2003,
S. 50) auseinandergesetzt:
Farben können bspw. mit der Formqualität, die sich auf den Konturverlauf eines
Objekts bezieht, assoziiert werden. So entsprechen z. B. Dreiecke am besten der ex-
zentrischen Bewegung von Gelb, Kreise am besten der konzentrischen Bewegung
von Blau und Quadrate einer inneren Bewegung von Rot (vgl. Küthe/Küthe, 2002;
Favre/November, 1979). Es zeigt sich außerdem, dass spitzwinklige und rechtwin-
klige Formen meist mächtig und aktiv wirken, wohingegen runde Formen eher als
schwach und passiv empfunden werden (vgl. Espe et al., 2005). Farben sind des Wei-
teren imstande, die Illusion von Perspektiven zu schaffen. So ist der farbenstereo-
skopischen Rangfolge zu entnehmen, dass Farben umso näher wirken, je wärmer sie
sind und umso entfernter wirken, je kälter sie sind (vgl. Gross, 1999; Taylor/Sumner,
1945). Gleichzeitig erscheinen Flächen bzw. Räume warmer Farben wie Rot oder
Orange i. d. R. größer bzw. voluminöser als physisch gleichgroße Flächen bzw. Räume
kalter Farben wie Blau und Grün (vgl. Cleveland/McGill, 1983; Johns/Summer, 1948).
Abschließend lässt sich aus der Interpretation der verschiedenen Formgebungen
eine Indikation der Bewegungsintensität deduzieren, da aktiv wirkende Formen eine
höhere Geschwindigkeit vermitteln als passiv wirkende Formen (vgl. Brown, 1931,
S. 199 ff.).
2. Sinneseindrücke als Vorstufe der auditiven Wahrnehmung
Zu den elementaren Dimensionen der Sinneseindrücke akustischer Signale gehören die
Lautstärke, das Tempo, der Rhythmus, die Tonart und -höhe sowie speziell bei Musik-
stücken die Instrumentation (vgl. Klante, 2005; Renner, 2003; Hempel, 2001; Guski, 2000;
Decker-Voigt/Weymann, 2000; Roederer, 1999; Herrington/Capella, 1994). Daneben sind
auch die Beeinflussungen anderer Modalitäten zu berücksichtigen, weil akustische Ele-
mente u. a. mit visuellen Bildern assoziiert werden können (vgl. Kroeber-Riel, 1996, S. 41).
So zeigt sich, dass hellere Farben besser zu lauteren, schnelleren und fließenderen
Elementen passen als dunklere Farben (vgl. Frieling, 1981, S. 29 ff.). Zudem führt
jeder Tonartenwechsel – zumindest in der Musik – eine grundsätzliche Farbverän-
derung herbei. Zwar weichen die synästhetischen genauen Bezüge von Farben und
Tonarten in den verschiedenen Untersuchungen leicht ab (vgl. Peacock, 1985; Myers,
1914; Sabaneev, 1911). Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass eine Verbindung von
261
Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5
C-Dur mit der Farbe Rot existiert und Dur-Tonarten grundsätzlich stark farbig aus ge-
leuchtet sind. Im Gegensatz dazu dominiert bei Moll-Tonarten in größerem Umfang
das Unfarbige (vgl. Küthe/Küthe, 2002, S. 109). Dementsprechend wird eine Moll-
Tonart allgemein als melancholisch, traurig, depressiv, geheimnisvoll erlebt, während
Dur-Modalitäten sowie schnelle Tempi fröhliche, heitere, erregte Emoti onen auslö-
sen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003; Lorenz, 2000; Gleich, 1993; Helms, 1981). Zu-
dem erscheinen tiefere Töne schwerer, voluminöser, verschwommener, wärmer und
weicher und höhere Töne schärfer, spitzer, schneidender, klarer, kälter und härter
(vgl. Mayer, 2005, S. 69). Auch wenn diese assoziierten Auffassungen nicht naturge-
geben, sondern vorrangig erlernt sind, so sind ihre Zusammenhänge doch nicht we-
niger bedeutsam für die auditive Kommunikation (vgl. Davies, 1978, S. 103).
3. Sinneseindrücke als Vorstufe der haptischen Wahrnehmung
Zur Untersuchung unter Ausschluss anderer Sinne gilt es insbesondere die Größe, die Form,
das Gewicht, die Oberfläche sowie das Material als Dimensionen der haptischen Sinnes-
eindrücke zu betrachten (vgl. Peck/Childers, 2003; Koppelmann, 1997; Mayer, 1996; Rein-
möller, 1995; Lenzen, 1993; Grösser, 1991; Gibson, 1982; Löbach, 1976). Auch für das haptische
Sinnessystem sind Interaktionseffekte zwischen den Dimensionen der Sinneseindrücke
feststellbar. Zudem existieren Beeinflussungen anderer Sinnesmodalitäten, sodass bei den
Gestaltungsempfehlungen übergreifende Studien zu haptisch-visuellen Synästhesieverknü-
pfungen einzubeziehen sind.
Verschiedenen Untersuchungen zufolge wird ein dunkler Gegenstand bei objektiv
gleicher Form und gleichem Gewicht als schwerer und kleiner wahrgenommen als
ein heller Gegenstand (vgl. Schmitz-Maibauer, 1976, S. 142 f.). Generell wirken helle
Objekte glatter, härter, spitzer und leichter als dunkle (vgl. Hornbustel, 1931, S. 518),
und dasselbe Material wird als rauer empfunden, wenn es farblich mit Hell-Dunkel-
Kontrasten gestaltet ist (vgl. Schmitz-Maibauer, 1976; Witte, 1966).
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
262
Synästhesieverknüpfungen der Sinneseindrücke
Die Unternehmen können die multisensuale Ansprache nicht als „Wunderwaffe“ einset-
zen. Das bloße Vorhandensein sensualer Reize ist kein Garant für die kommunikative Wir-
kung. Es gilt, innerhalb der Gestaltungsoptionen stets die Summation verschiedener Sin-
neseindrücke sowie die Integration der Sinnessysteme im Wahrnehmungsprozess zu be-
rücksichtigen. Da die Inhalte nach Marke, Situation und intendierter Botschaft sorgfältig
zu kreieren und zu inszenieren sind, kann durch eine harmonische Ausgestaltung im Rah-
men der ganzheitlichen Sinnesansprache eine Konsonanz der Eindrücke erzielt werden.
Bei einer disharmonischen Zusammenstellung ist andernfalls mit einer Kompensation der
Eindrücke zu rechnen. Auf diese Weise entscheiden die Konsistenz und Kontinuität der Reiz-
darbietung letztlich über den Kommunikationserfolg. In mehreren Studien konnten nachge-
wiesen werden, dass sich die Erinner- und Abrufbarkeit von Informationen bei gleichzeitiger
und ganzheitlicher Ansprache mehrerer Sinnesorgane erhöht (vgl. Meyer, 2001; Pine/Gil-
more, 1999). Auf diese Weise kann die Ansprache optimal als Gedächtnisanker für die Marke
genutzt werden, den emotionalen und informativen Gehalt der Positionierung vermitteln
und darüber hinaus die Integration fördern.
aktivierend, dynamisch, erregend / Dynamik, Kraft, Liebe
anregend, warm, offen / Energie, Freude, Wärme
heiter, anregend, jung / Sonne, Eifersucht, Neid
natürlich, gesund, beruhigend / Naturverbundenheit, Hoffnung, Sicherheit
ernsthaft, kühl, ruhig / Ferne, Atmosphäre, Reife
melancholisch, würdevoll, mystisch / Buße, Würde, Magie
Farbwirkung / Assoziative SymbolikLautstärke
Bewegung
laut
schnell
fließ-end
Dur
hoch
Trom-pete
Flötebis Violine
leise
klein rund schwer weich kalt
warm
hart
weich
leicht
schwer
rund glatt
glatt feucht
trocken
glatt
eckig
eckig
eckig
eckiggroß
kalt
rund
klein
fern
warm
eckig
groß
nah
schnell
lang-sam
lang-sam
gleich blei-bend
Moll
tief
Farbe
Form
Raum
Instrumentatio
nTonart &
-tiefe
Rhythmus
Tempo
Größe
Form
Gew
icht
Ob
erfläche
Material
haptisch visu
ellau
ditiv
rund eckigeckigeckig
263
Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5
5.5.3 Erfolgsbeurteilung in der Live Communication
Zur Erfolgsbeurteilung der Live Communication stehen unterschiedliche Kenngrößen zur
Verfügung. Die Möglichkeiten der Erfolgsbeurteilung steigen mit der Verfüg barkeit ad-
äquater Informationen über entsprechende Kenngrößen. Zur Erfassung der Kenngrößen
sind bereits vor der Durchführung von Live Com-Aktivitäten entsprechende Erhebungen
vorzusehen, die dann vor, während oder nach der Durchführung von Live Com-Veranstal-
tungen zum Einsatz gelangen.
Abbildung 55. Stufen der Live Com-Erfolgskontrolle
Wie die empirischen Ergebnisse der LiveTrends bestätigen, mangelt es vielfach an relevan-
ten Informationen für die Erfolgskontrolle sowie dem Willen, diese auch zu erheben. Wenn
Unternehmen sich mit den Optionen der Erfolgskontrolle ausein andersetzen wollen, so
bietet die Abbildung 55 einen Überblick, welche Kontrollstufen auf der Grundlage welcher
Informationen erreicht werden können (vgl. Lasslop et al., 2007, S. 120 ff.):
Direkte Zielgruppe:
_Anzahl der Besucher
(Kontakte)
_Besucher- und
Zielgruppenstruktur
_Kundengespräche etc.
Indirekte Zielgruppe:
_Anzahl der
Medienvertreter
_Medienresonanz
Wahrnehmung
des Events, Messe-
auftritts etc.:
_Emotionale Wirkung
_Flow-Wirkung
_Kognitive Wirkung
_Event-Marken-Fit
_Einstellung zum Event
_Zufriedenheit
Erreichung der
Kommunikationsziele:
_Bekanntheitsgrad
_Markenimage
(emotional, kognitiv)
_Kauf/ Vertrags-
abschlüsse
(Gewinne, Umsatz,
Marktanteil)
_Wiederkauf
_Weiterempfehlung
Wirkungsgrößen im
Verhältnis zum Input:
_zurechenbare
Kosten der LC
_ggf. Investitionen
_Zeitaufwand
_Personalaufwand
_Effizienz anderer
Kommunikations-
instrumente
Erfassung der instrumentespezifischenLive Com-Wirkungen
Erfassung der senderbezogenenLive Com-Effektivität
Erfassung der senderbezogenenLive Com-Effizienz
Erfassung der allgemeinen Live Com-Wirkungspotenziale
hoch
niedrig
Erkenntnisgrad der Erfolgskontrolle
Info
rmat
ion
sbed
arf
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
264
1. Erfassung der allgemeinen Live Com-Wirkungspotenziale
Eine erste Form der Just in Time- und Ex ante-Erfolgskontrolle setzt bei der Erfassung der
Wirkungspotenziale an. Hierbei handelt es sich um die Kontakte, die mithilfe der Live Com-
Instrumente erreicht werden. Dazu gehören die Veranstaltungs resonanz analysen, bei de-
nen die Besucherzahl und -struktur erhoben wird. Neben einer physischen Zählung der
Besucher bzw. Teilnehmer einer Live Com-Veranstaltung werden heute verstärkt auch elek-
tronische Erfassungssysteme und apparative Beobachtungstechniken eingesetzt. Informa-
tionen zu Besuchermerkmalen können z. B. durch Befragungen (Wohnort, Alter, Beruf etc.)
ergänzt werden, sofern sie nicht über eine Kundendatenbank verfügbar sind. Wirkungs-
potenziale von Live Com-Instrumenten stellen auch die Berichterstattungen über die Ver-
anstaltungen in klassischen Medien oder mithilfe des Internets dar. Dieses Wirkungspoten-
zial ist durch Medienresonanzanalysen zu erfassen. Hierzu können Presseberichte, Clip-
pings, TV-Berichte, Blog-Resonanzen etc. erfasst und nach verschiedenen Inhalten (Content-
analyse) ausgezählt werden. Aufgrund der zunehmenden Relevanz von Social Media-Platt-
formen ist auch die Auswertung der Berichte, Filme etc. auf diesen Plattformen (z. B. You
Tube) in die Analysen mit einzubeziehen. Letztlich liefern die Kontaktzahlen jedoch nur
eine Potenzialgröße, die nicht angibt, welche konkrete Wirkung bei den Teilnehmern erzielt
wurde.
2. Erfassung der instrumentespezifischen Live Com-Wirkungen
In der nächsten Stufe werden über die Kontakte hinaus die psychographischen Wirkungen
der eingesetzten Live Com-Instrumente erfasst. Bereits bei der Diskussion der multisensu-
alen Wirkungen der Live Communication wurde das emotionale Erleben und die Erfahr-
barkeit von Marken hervorgehoben. Wird eine Live Com-Veranstaltung positiv von den Be -
suchern bzw. Rezipienten, die von der Veranstaltung durch Medienberichte erfahren haben,
wahrgenommen, so ist auch die Wahrschein lichkeit hoch, dass die senderspezifischen Kom-
munikationsziele erreicht werden. Typische Live Com-Instrumente wie Messen, Events und
Brand Lands müssen allerdings auf den Markenwert einzahlen, d. h. es ist ein Fit zwischen
Live Com-Veranstaltung und Marke herzustellen. Eine optimale Wirkung wird dann erreicht,
wenn das Verhältnis aus bekannten und neuen Reizen bewusst aufeinander abgestimmt
wird (siehe Kapitel 3.3.2). Nicht zu unterschätzen ist die Kommunika tions wirkung des per -
sönlichen Erlebens durch die Weiterempfehlung oder Mund-zu-Mund-Propaganda.
3. Erfassung der senderbezogenen Live Com-Effektivität
Die Wirkungen sind Mittel zum Zweck, denn die Live Com-Aktivitäten sollen schließlich
einen Beitrag zur Verbesserung der Produkt- und Markenprofilierung und damit zur Er-
reichung der ökonomischen Zielgrößen leisten. Zu den wesentlichen Wirkungskenngrößen
zählen die Markenbekanntheit, das Markenimage und die Kaufabsicht. Je nach Ausgestal-
tung der Live Com-Instrumente können emotionale und rationale Dimensionen des Marken-
265
Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5
images beeinflusst werden. Mithilfe von Be fragungen sind diese Effekte vor und während
der Live Com-Veranstaltung zu erheben, wobei die Befragungsinhalte auf die Erfassung von
emotionalen und rationalen Markeneigenschaften ausgerichtet werden müssen. Um Lang-
zeitwirkungen zu erfassen, sind auch spätere Messungen interessant. Eine Verbesserung
der psycho graphischen Wirkungsgrößen sollte sich in ökonomischen Kenngrößen wie Um-
satz, Gewinn, Rendite niederschlagen. Auch die Weiterempfehlungsabsicht eines Kunden
trägt zur Senkung von Akquisitionskosten bei. Werden konkret mit dem Einsatz von Live
Com-Instrumenten die Möglichkeiten eröffnet, Leistungen zu kaufen bzw. zu bestellen, so
können diese Zahlen direkt erfasst werden. Vielfach treten die Ver haltens wirkungen jedoch
zeitverzögert ein, sodass eine Live Com-spezifische Zurechnung schwierig wird. Dennoch
kann an der Erreichung von psychographischen und ökonomischen Zielgrößen die Effek-
tivität der Live Com-Aktivitäten gemessen werden.
4. Erfassung der senderbezogenen Live Com-Effizienz
Die umfassendsten Informationsgrundlagen müssen vorliegen, wenn die Effektivitäts beur-
teilung in eine Effizienzbetrachtung überführt werden soll. Hierbei geht es darum, eine In-
put-Output-Betrachtung durchzuführen. Die Wirkungen der Live Communication werden
in das Verhältnis der Aufwendung gesetzt, die für die Planung und Umsetzung des Instru-
mentes angefallen sind. Während die Inputgrößen im Rahmen der Effektivitätsanalyse be-
reits ermittelt wurden, erfordert die Beurteilung der Live Com-Effizienz die verursachungs-
gerechte Ermittlung von Kosten, Zeit- und Personalaufwendungen. Dabei können verschie-
dene Kostenarten unterschieden werden, die im Rahmen der Diskussion zur Budgetierung
von Live Com-Aktivitäten behandelt wurden (siehe Kapitel 2.7). Wichtig ist die separate Er-
fassung der instrumentespezifischen Aufwendungen, weil ansonsten eine verursachungs-
gerechte Zurechnung ex post kaum mehr möglich ist. Formal kann die Effizienzberechnung
wie folgt veranschaulicht werden:
Effizienz der Kommunikationsmaßnahme i Anzahl erreichter Personen aus Zielgruppe j mit Kommunikationsmaßnahme i
Gewichtungsfaktor für Zielwirkung k
Gewichtungsfaktor für die Zielgruppe j
Durchschnittlich erreichtes Ausmaß bei Zielwirkung k mit Kommunikationsmaßnahme i bei Zielgruppe j
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
266
Da mithilfe von Live Com-Instrumenten unterschiedliche Zielwirkungen adressiert werden,
wirft die Verdichtung der multiplen Zielwirkungen zu einer einzigen Effizienzgröße in der
Praxis Probleme auf. Ggf. können Scoringmodelle herangezogen werden, um eine Vergleich-
barkeit unterschiedlicher Wirkungs- bzw. Zieldimensionen herzu stellen.
Effizienzkennziffern können auch bereits auf der Ebene der Wirkungspotenziale (Kontakte)
ermittelt werden, allerdings besteht dann keine wirkliche Kontrolle darüber, welche Wir-
kungen tatsächlich beim Empfänger erzielt wurden.
Als Beispiel für ein effizienzkennziffernbasiertes Kontrollsystem für ein Live Com-
Instrument kann der Messe-Nutzen-Check vom AUMA angeführt werden. Software-
gestützt erfolgt eine Erfassung der Aufwendungen für eine Messebeteilung sowie der
eingetretenen Erfolgswirkungen. Auf dieser Grundlage werden dann Effizienz kenn-
ziffern für die Erfolgskontrolle ermittelt. Die Güte der ermittelten Effizienz kennzif-
fern hängt allerdings von den bereitgestellten Wirkungsdaten ab.
Aufgrund des hohen Erhebungsaufwandes zur Wirkungskontrolle von Live Com-Aktivi-
täten werden vielfach auch indirekte Effizienzbewertungen durchgeführt. Liegen von ver-
gleichbaren Veranstaltungen oder sekundären Studien Informationen vor, welche Wirkungen
durchschnittlich bei einem Besucherkontakt ausgelöst wurden, so können äquivalente Kom-
munikationswerte (Werbenutzen) ermittelt werden (vgl. Lasslop et al., 2007; Bruhn, 1998).
Diese Vorgehensweise wird im Bereich des Sponsorings und der Public Relations häufig
genutzt. Die Grundannahme bei dieser Vorgehensweise liegt darin, dass die Marktpreise
für einzelne Kommu nikationsmaßnahmen das Ergebnis einer Beurteilung ihrer jeweiligen
Zielgruppenwirkungen durch die Marktteilnehmer (z. B. Agenturen, Verlage) widerspiegeln.
Gemäß dieser Annahme drückt sich dies in verschiedenen Marktpreisen und auch implizit
in der Markteinschätzung hinsichtlich der Kommunikationsqualität der Instrumente aus.
267
Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5
Tabelle 31. Beispiel zur Ermittlung eines äquivalenten Kommunikationswertes für ein Event
(Quelle: Lasslop et al., 2007, S. 129)
Die Tabelle 31 zeigt ein fiktives Beispiel zur Berechnung des Kommunikationswertes eines
Events. Das Event wurde von 10.000 Verbrauchern besucht. Es wurde angenommen, dass
dieses Event die gleiche Kontaktqualität (Erlebnisstärke, Expositionszeit, Involvement) wie
eine Verbrauchermesse entfaltet hat. Informationen über die Durchschnittskosten einer Ver-
brauchermesse lagen aus der Vergangenheit vor und wurden angesetzt. Für die weiteren
Kontakte wurden die in der Tabelle 31 aufgeführten Referenzgrößen einbezogen.
Die Berechnung eines äquivalenten Kommunikationswertes muss mit Vorsicht betrachtet
werden. Seine Aussagekraft und Validität hängt im Wesentlichen von der Auswahl geeig-
neter Vergleichsobjekte ab. Die tatsächlichen Wirkungen sowie Kosten und Nutzen können
erheblich von den berechneten Kommunikationswerten abweichen. Werden Vergleichssät-
ze aus Vergangenheitsdaten im Unternehmen ge neriert, so kann eine ineffiziente Durch-
führung einer Live Com-Aktivität zu Ver rechnungs sätzen führen, die für zukünftige Ver-
anstaltungen keinen geeigneten Bench mark darstellen.
Abschließend soll angemerkt werden, dass es für die Akzeptanz im Unternehmen wichtig
ist, alle Kontrollstufen und die Auswahl der Messgrößen transparent und nachvollziehbar
zu gestalten. Die Ergebnisse einer Live Com-Erfolgskontrolle ist den Mitarbeitern – soweit
dies möglich ist – unmittelbar mitzuteilen. Nur so wird den Marketingverantwortlichen
die Gelegenheit gegeben, die Ergebnisse zu überprüfen und zu kommentieren. Erforder-
liche Ableitungen und Folgerungen sind aufzuzeigen, zu begründen und für zukünftige
Aktivitäten zu vereinbaren.
Kontaktart Kontakt-anzahl
Vergleichsobjekte und Kontaktkosten Wertansatz in Euro
min max
„ Normaler“
Teilnehmer10.000
Kontaktkosten auf Verbrauchermessen:
8 –12 Euro pro Kontakt80.000 120.000
Mitarbeiter 150
Durchschnittskosten pro Teilnehmer bei
internen Motivationsveranstaltungen:
50 –100 Euro pro Kontakt
7.500 15.000
Meinungs-
führer50
Messestandgesprächspreis bei Fach-
messen: 65 – 80 Euro pro Kontakt3.250 4.000
Medien-
öffentlichkeit
15 Print-
Berichte
Anzeigenbereich in gleicher Größe an der
gleichen Stelle bei Absenderpräsenz50.000 50.000
Äquivalenter Kommunikationswert des Marketingevents 140.750 189.000
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
268
„Der Messe-Nutzen-Check unterstützt die zielorientierte Messebeteiligung und ermöglicht eine nutzenbasierte Messenachbereitung.“
Ansatzpunkte zur Verbesserung der Messeeffektivität und -effizienz
Interview mit Dr. Peter Neven vom AUMA Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der
Deutschen Wirtschaft e. V.
1. Herr Dr. Neven, Sie sind seit fast 20 Jahren Geschäftsführer des AUMA, der die Interes-
sen der gesamten deutschen Messewirtschaft auf nationaler und internationaler Ebene
vertritt. Sie betonen immer wieder, dass sich Messen und Ausstellungen als Instrumente
der Kommunikation nur bedingt mit anderen, klassischen Werbeinstrumenten vergleichen
lassen. Was macht den besonderen Charakter der Messe als Instrument der Live Com-
munication aus?
Neven: Am Messestand stehen sowohl dem Sender als auch dem Empfänger für die Ver-
mittlung und Aufnahme von Informationen und Emotionen alle Sinneskanäle zur Verfü-
gung. Je nach Branche werden diese visuellen, auditiven, haptischen, gustatorischen und
olfaktorischen Möglichkeiten voll ausgeschöpft. Egal, ob Sie auf einer Konsum- oder Inves-
titionsgütermesse ausstellen, Sie bieten dem Besucher immer die direkte Begegnung mit
dem originalen Produkt oder dem Dienstleister und erlauben ihm, im Dialog und auf mul-
tisensualem Weg das Exponat zu erleben und zu erfahren. Hier sind Messen den Instru-
menten der klassischen Werbung überlegen.
2. Wie sieht es mit den virtuellen Messen aus? Werden wir uns in Deutschland Gedanken
darüber machen müssen, dass wir unsere Messekapazität in Zukunft nicht mehr füllen,
weil Aussteller und Besucher sich viel lieber in der virtuellen Welt treffen wollen?
Neven: Die bisherigen Erfahrungen mit virtuellen Messen im Web 2.0 sind eher ernüch-
ternd. Sicher können solche Messen bestimmte Funktionen der klassischen Messen über-
nehmen. Bestimmte Produkte und Leistungen muss ich nicht unbedingt auf einer Messe
suchen, sondern kann sie im Internet finden und relativ schnell Bilder oder Animationen
dazu auf dem Bildschirm darstellen. Ich kann den Hersteller per E-Mail kontaktieren und
mich über die Vorzüge des am Bildschirm gesehenen Produkts telefonisch beraten lassen.
Auch können mit einer Webcam die Bilder einer laufenden Messe ins Netz gestellt und
durch audiovisuelle Kanäle ein direkter Kontakt zum Standpersonal eingerichtet werden.
Die Diskussion, ob das alles eines Tages die Messe ersetzen wird, führen wir seit mehr als
zehn Jahren. In dieser Zeit haben sich die Zahl der Aussteller und Besucher und die ver-
269269
mietete Standfläche auf dem Messeplatz Deutschland vergrößert. Der Anteil der auslän-
dischen Besucher und Aussteller ist gestiegen, sodass heute mehr als 2,5 Mio. Besucher aus
aller Welt auf mehr als 80.000 ausländische Aussteller treffen. Den Menschen ist offensicht-
lich daran gelegen, Informationen im persönlichen Gespräch und bei gleichzeitiger multi-
sensualer Wahrnehmung der Produkte zu beschaffen und Entscheidungen nicht am Bild-
schirm zu fällen. Für eine Messe sind Besucher und Aussteller bereit, weite Reisen auf sich
zu nehmen. Mehr als 85 % aller deutschen Führungskräfte gehen auf Messen. Letzten Endes
gibt das vertrauensstiftende Merkmal der Live Communication den Ausschlag und macht
die Messen für Unternehmen unverzichtbar.
2. Unsere LiveTrends-Studien ergeben, dass die derzeitigen Messebeteiligungen von den
Unternehmen eher negativ, weil austauschbar, bewertet wurden. Was kann sowohl auf
Unternehmensseite als auch auf Seiten der Messegesellschaften getan werden, um die
Effizienz auf Messen zu erhöhen?
Neven: Ich stimme Ihnen zu, dass der Messebesucher von der umfangreichen Menge an
Informationen nur einen kleinen Teil langfristig behalten wird. Das muss aber nicht zwin-
gend an der Austauschbarkeit der Firmenpräsentationen liegen, sondern kann seine Ursa-
che auch in der Reizüberflutung, also dem Überangebot an Informationen haben. Es gibt
leider erst wenige wissenschaftliche Untersuchungen über diese Zusammenhänge auf Mes-
sen. Das darf den Aussteller aber nicht davon abhalten, die Effizienz seiner individuellen
Beteiligung auf den Prüfstand zu stellen. Messeveranstalter haben das schon lange erkannt
und bieten, zum Teil als Seminarallianz deutscher Messen im AUMA, für Unternehmen
Trainings und Weiterbildungen an. Im Zentrum dieser Schulungen stehen die Steigerung
der Effizienz und Berechnung des Return on Investment einer Messebeteiligung.
3. Mit dem AUMA-Messe-Nutzen-Check steht ja seit dem Jahr 2004 ein Planungstool zur
Verfügung, mit dem die Unternehmen den Nutzen und die Kosten ihrer Beteiligung an
Messen in Deutschland berechnen sollen. Er wird sogar zum kostenlosen Herunterladen
auf Ihrer Website angeboten. Welche genauen Kriterien fließen in die Berechnung ein?
Gibt es Erfahrungen darüber, ob Unternehmen den Messe-Nutzen-Check tatsächlich ein-
setzen?
Neven: Der Messe-Nutzen-Check unterstützt die zielorientierte Messebeteiligung und er-
möglicht eine nutzenbasierte Messenachbereitung. Allein schon die Abarbeitung der quali-
tativen und quantitativen Ziele führt i. d. R. zu einer verbesserten Messebeteiligung. Schnell
wird dem Nutzer klar, wie groß das Potenzial möglicher Beteiligungsziele ist und wie re-
lativ einfach es doch ist, die Opportunitätskosten einer Nicht-Beteiligung zu beziffern. Ex-
akte Zahlen über Art und Umfang der Nutzung können wir zwar nicht vorlegen, aber wir
sind stolz darauf, dass das Planungstool mehr als 8.000 Mal in der deutschen Version he-
Systematische Erfolgskontrolle in der Live Communication 5.5
5. Wirkung der Live Communication in der Umsetzung
270
runtergeladen wurde und auf CD mehr als 18.000-mal überwiegend an die ausstellende
Wirtschaft verteilt wurde. Messetrainer und Unternehmensberater bestätigen uns, dass es
möglich ist, in relativ kurzer Zeit beim Erstnutzer praktische Erfolge zu bewirken.
© AUMA e. V.
Notizen
6
Zukunftsheraus- forderungen des Live Com-Managements
6. Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
274
Die zunehmende Relevanz der Live Communication steht außer Frage. Die Auseinander-
setzung mit dem hier vorgestellten Live Com-Management-Prozess bietet eine zentrale
Grundlage zur Professionalisierung des Einsatzes von Live Com-Instrumenten. Ohne sys-
tematische Planung, Umsetzung und Kontrolle werden Unternehmen zukünftig mit ihrer
Markenkommunikation nicht mehr in der ersten Liga spielen können.
Es darf allerdings nicht verkannt werden, dass sich die Kommunikationslandschaft derzeit
grundlegend verändert. Ein radikaler Wandel eingefahrener Kommunikationsstrategien
steht bevor. Die klassische Einwegkommunikation hat ausgedient und die Digitalisierung
der Kommunikation mit all ihren Facetten der interaktiven Einbindung und weltweiten
Vernetzung von Kunden etabliert sich. Die Antwort auf die Frage, welche Medien als Leit-
medien im kommenden Jahrzehnt den Ton angeben werden, wird spannend. Noch domi-
nieren klassische Medien, aber das Internet stürmt die Bastion der Klassik. Ist damit eine
„Sandwichposition“ der Live Communication zwischen klassischer und virtueller Kommu-
nikation vorprogrammiert? Selbst wenn Zukunftsprognosen in Zeiten des Wandels mit Vor-
sicht zu genießen sind, deuten alle Signale darauf hin, dass die Live Communication eine
erhebliche Aufwertung erfahren wird. Wer den Stellenwert der Live Communication in den
Zeiten des Wandels verkennt, vergeudet erhebliche Potenziale zur Markenprofilierung. Die
intelligente Symbiose zwischen Virtual und Live Communication ist zukünftig gefragt. Es
wird noch einige Jahre dauern, bis der Traditional Communication ihr Leitmediencharak-
ter abgesprochen wird. Dabei darf der Blick für die sich abzeichnenden Veränderungen
nicht verschlossen bleiben.
Wann wird das Internet die klassische Werbung als neues Leitmedium ablösen? Die-
ser Frage widmete sich die LiveTrends-Studie 2009. Das Meinungsbild von 404 Mar-
ketingentscheidern und Kommunikationsexperten wurde hierzu ausgewertet. 56 %
der Befragten sehen die Ablösung der klassischen Werbung im Zeitraum von 2014–
2019. Eine Substitution von physischen Veranstaltungsplattformen durch virtuelle
Begegnungswelten sehen nur 10 % der Experten als realistisch an. Allerdings beto-
nen 67 %, dass bisherige Live Com-Veranstaltungen durch Informations- und Unter-
haltungsplattformen im Internet ergänzt werden. Dieses Ergebnis deutet darauf hin,
dass die Live Communication dann verlieren wird, wenn sie sich nicht auf ihre Stär-
ken konzentriert. Sie wird ihren besonderen Nutzen gegenüber den virtuellen Net-
zen und Plattformen klar herausstellen und verteidigen müssen. Angesichts des radi-
kalen Wandels der Kommunikationswelt wird sich auch die Live Communication
neu erfinden und die Potenziale der intelligenten Symbiose mit der virtuellen Kom-
munikation ausloten müssen.
Die Entwicklungsdynamik erschwerte eine klare Abgrenzung der Herausforderungen und
Bedingungen am Zukunftshorizont. Gleichwohl geht mit der Forderung nach einer Pro-
fessionalisierung des Live Com-Managements die Mahnung einher, die sich verändernden
Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements 6.0
275
Rahmenbedingungen kontinuierlich im Auge zu behalten und entsprechend darauf zu rea-
gieren. Deshalb erscheint es abschließend noch einmal angebracht, jene Zukunftsfelder
(vgl. Abbildung 56) zu skizzieren, die für die Bedeutung und Weiterentwicklung des Live
Com-Managements entscheidend sein werden:
Abbildung 56. Einflussfaktoren und Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
1. Kunde
Trotz oder wegen der Zunahme des Informationsaustausches mit digitalen —Medien wird das Bedürfnis nach persönlichen Kontakten in der Zukunft steigen
(vgl. Kirchgeorg et al., 2007 b). Kunden werden die Verbindung von High Touch
& High Tech suchen und zu schätzen wissen. Per sönliche Begegnungen werden
gerade aufgrund der zunehmenden Technisierung des Arbeitsalltages als
Gegen pol ihre Bedeutung behalten. Dies bietet für die Live Communication
erhebliche Chancen.
Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass Kommunikation die wahrgenom- —mene Wirklichkeit bestimmt und die Wurzeln von Sein und Bewusstsein reflek-
tiert und gleichzeitig determiniert. Gleichwohl wird das nächste Jahrzehnt
geprägt sein durch eine Beschleunigung sozialer Interaktion auf digitalen Platt-
formen. Kunden und soziale Akteure werden die Möglichkeiten nutzen,
Markt
Wirtschaft
_Globalisierung_Live Com-Inflationierung
Technologie
_Digitalisierung_Mobile-Tech_Virtualisierung_Innovationsschübe
Gesellschaft/Recht/Politik
_Datenschutz_Wandel von Wissens- in Kreativitätsgesellschaft
Natur
_Ressourcen- knappheit_Emissionen
Branchen-markt
Gesamt-markt
Kunde
_High Tech & High Touch_Zeitengpässe_Nutzen- orientierung
Live Com- Management
_Integrations- erfordernis_Multisensualität_Portfolioplanung_Effizienzbeweise_Live Com-Kultur
Umwelt
6. Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
276
sich in Innovations- und Produktionsprozesse virtuell oder live
einzuschalten. Der Nutzen von virtuellen und physischen Veranstal-
tungsplattformen wird von Kunden in der Zukunft abgewogen.
Angesichts der Informationsüberflutung werden ausschließlich mono- —oder duosensuale Kommu nikationswege nicht mehr reichen, um die Marke
auf einzigartige Art und Weise im Gedächtnis der Zielgruppen zu verankern.
Themen der multisensualen Marken führung werden aufgrund ihrer nach-
haltigen Erinnerungswirkungen zukünftig an Relevanz gewinnen. Die Ver-
mittlung von Marken botschaften und Mar ken erlebnissen mithilfe der Live
Communication trägt der Forderung nach multisensualen Marken welten
Rechnung.
Generell nehmen die — Zeitengpässe von Nachfragern im B-to-B- wie auch im
B-to-C-Bereich zu. Zeit wird zum Engpassfaktor und der Wettbewerb um die
Kontaktzeiten mit dem Kunden nimmt zu. Je zeitintensiver Customer Contact
Points sind, umso mehr werden sich Kunden fragen, welchen Nutzen sie von der
Teilnahme an Messen, Events oder Besuchen von Showrooms und Brand Lands
zu erwarten haben. Die Live Communication steht somit vor der Herausforde-
rung, Kunden für zeitaufwendige Live Com-Instrumente zu motivieren. Die Ein-
zigartigkeit und der Kundennutzen von Live Com-Veranstaltungen werden für
die Beteiligungsentscheidung kritisch. Mit Live Com-Attrappen (siehe Kapitel 1.3)
oder Live Com-Aktivitäten „von der Stange“ werden Kunden nicht mehr
begeistert werden können. Dies erhöht die Anforderungen an die Planung und
professionelle Umsetzung der Live Communication.
2. Wirtschaft
Die Globalisierung wird – wenn auch nach der Wirtschaftskrise mit gebremstem —Tempo – voranschreiten. Damit stehen Unternehmen und viele andere Institu-
tionen vor der Herausforderung, ihr Kommunikationsportfolio zu internationa-
lisieren. Im Gegensatz zur klassischen Kommunikation im internationalen
Kontext stellt sich die Internationalisierung der Live Communication komplexer
dar, da die direkte Interaktion mit den Zielgruppen gefordert wird. Damit muss
die Live Communication in stärkerem Umfang auf kulturelle und länderspezi-
fische Besonderheiten eingehen.
Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Zielgruppen wird weiter zuneh-—men. Es wurde dargelegt, dass Live Com-Instrumente zukünftig eine weitere
Verbreitung erfahren werden. Da die Beteiligung an Below-the-Line-Aktivi-
täten ein erhöhtes Involvement verlangt, wird die Inflationierung von
Live Com-Instrumenten die Unternehmen zu bewussteren Auswahl- bzw.
Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements 6.0
277
Beteiligungs entscheidungen zwingen. Sie werden sich häufiger die Frage
stellen: Auf welche Messen oder Events soll ich angesichts immer knapper
werdender Zeitbudgets eigentlich gehen?
3. Technologie
Aus der technologischen Sicht wird die voranschreitende Digitalisierung zu einer —wachsenden Inan spruchnahme der Virtual Communication durch Anbieter und
Nachfrager führen. Es ist allerdings nicht in naher Zukunft damit zu rechnen,
dass multisensuale Markenerlebnisse vollständig über virtuelle Kommunikations-
instrumente vermittelt werden können. Somit werden Live Com-Instrumente
nicht durch die Virtual Communication substituiert. Vielmehr wird in Zukunft die
Suche nach einer intelligenten Symbiose zwischen beiden Kommunikations-
formen die erfolgreichen Kommunikations strategien auszeichnen.
Verstärkt durch die Wirtschaftskrise sowie die Umweltprobleme sind in vielen —Branchen grundlegende Innovationsschübe (radikale anstelle inkrementale In-
novationen) zu erwarten. Dies kann einerseits dazu führen, dass die emotionale
Differenzierungsnotwendigkeit von Produkten und Serviceleistungen abnimmt,
dafür aber der Bedarf an „Erfahrbarkeit von Neuem“ zunimmt. Hierin liegt
eine große Chance für die Live Communication. Innovationsschübe werden in
unterschiedlichen Branchen dafür sorgen, dass die Produkthomogenität zeit weise
abnimmt und damit eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den veränderten
Funktionalitäten von Innovationen zu erwarten ist. Gerade in der persönlichen
Interaktion kann der Nutzen von grundlegenden Innovationen dem Nachfrager
besonders verdeutlicht werden. Die Diffusion von Innovationen wird somit ver-
stärkt Experience Marketing und damit auch Live Communication erfordern.
Aber auch bei Innovationsprozessen wird die „Konfrontation mit dem Neuen“ —immer mehr durch ein Miteinander im Innovationsprozess geprägt sein. Die
Einbindung der Zielgruppen in den Neuproduktentwicklungsprozess wird durch
die virtuelle Kommunikation erheblich erleichtert. Ein Voranschreiten von Open
Innovation-Ansätzen unterstreicht sogar die Rolle des Kunden als Produkt ent-
wickler. Klassische Neuprodukteinführungsevents, die mit der Live Communi-
cation bisher zelebriert wurden, werden somit entwertet.
4. Natur
Die wohl größte Zukunftsherausforderung besteht in der Überwindung der —ökologischen Problemfelder. Knappere Energieressourcen, weltweiter Wasser-
mangel, Klimawandel und wachsende Müll- und Emissionsprobleme in vielen
wachstumsstarken Ländern werden einerseits Wirtschaft und Gesellschaft zu
neuer Kreativität und Innovationsfähigkeit nötigen. Andererseits sind diese
Problemfelder verstärkt als Restriktionen im Management zu berücksichtigen.
6. Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
278
Dementsprechend sind auch im Rahmen der Live Communication verstärkt
Überlegungen anzustellen, wie im Sinne von „Green Communication“ die
Instrumente so eingesetzt werden, dass sie einen Beitrag zur Nachhaltigkeit
liefern. In diesem Zusammenhang stellen sich z. T. kritische Fragen. Nimmt man
bspw. die internationalen Leitmessen, so steht dem Kommunikationsnutzen
die Inanspruchnahme von natürlichen Ressourcen durch die Anreise der Aus-
steller und Besucher, durch Standbau und Logistik etc. gegenüber. Dement-
sprechend sollten schon frühzeitig die Herausforderungen erkannt werden, die
Öko-Effizienz von Live Com-Aktivitäten zu analysieren, um Veranstaltern wie
auch Teilnehmern Rechenschaft ablegen zu können. Green-Live Com-Konzepten
ist somit eine hohe Zukunftsrelevanz beizumessen.
5. Gesellschaft/Recht/Politik
Es ist schwer, sämtliche Herausforderungen für Gesellschaft und Politik bei —länderübergreifenden Aktivitäten von Live Com-Veranstaltern zu skizzieren.
Generell ist zu erwarten, dass die Liberalisierung der Weltwirtschaft nicht zu-
letzt durch die Erfahrung der Wirtschaftskrise eine stärkere Kanalisierung und
Reglementierung erfahren wird. Weltweit werden sich länderübergreifende
Initiativen herausbilden, die die „Spielregeln für die Akteure“ festlegen.
Themen des Datenschutzes werden bspw. für die Kommunikation insgesamt
an Relevanz gewinnen.
An dieser Stelle kann nur dafür sensibilisiert werden, dass im Rahmen der —Situationsanalyse von Live Com-Konzepten (siehe Kapitel 2.3) die gesellschaft-
lichen und politischen Herausforderungen Chancen wie auch Risiken beinhalten,
die systematisch erfasst und analysiert werden müssen. Es ist zu erwarten, dass
Live Com-Konzepte auch immer mehr in der öffentlichen Verwaltung, von poli-
tischen Institutionen sowie von nicht-kommerziellen Institutionen (Stiftungen
etc.) eingesetzt werden. Hier wird sich ein neues Feld für Anbieter von Live Com-
Dienstleistungen entwickeln.
279
Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements 6.0
„Das Altersbeben wird die Live Communication stark verändern.“
Zukunftsperspektiven der Live Communication
Interview mit Prof. Peter Wippermann von Trendbüro – Beratungsunternehmen
für gesellschaftlichen Wandel GmbH
1. Herr Prof. Wippermann, Trends zu beobachten und zu interpretieren gehört zum routi-
nierten Tagesgeschäft Ihres Trendbüros. In welchen Ländern entstehen zurzeit die meis-
ten Trends und wie spüren Sie die grundlegenden Veränderungen auf?
Wippermann: Trends definieren wir im Trendbüro als kollektive Anpassungsstrategien an
eine sich verändernde Umwelt. Mit vier Beobachtungskonstanten – dem sozialen, techno-
logischen, ökonomischen und kulturellen Wandel – messen wir die Dynamiken. In drei Ana-
lysefeldern – Gesellschafts-, Konsumenten- und Branchentrends – entwickeln wir dann die
Szenarien für mögliche Zukunftsperspektiven.
Seit sechzehn Jahren beobachten wir in den USA das Entstehen vieler Trends, die später ei-
ne globale Bedeutung bekamen. Das liegt einerseits an der Fähigkeit der amerikanischen
Wirtschaft, neue Grundlagentechnologien schnell zu Produkten und Services zu transfor-
mieren. Das Internet und die Gründung der US-Unternehmen im Web 1.0 (z. B. Amazon,
Ebay, Google) und im Web 2.0 (z. B. Youtube, Facebook, Twitter) kennzeichnen dieses Phä-
nomen. Andererseits wird mit amerikanischen Innovationsstrategien und Produktentwick-
lungen schneller auf den Wertewandel der Konsumenten reagiert. Das Beispiel ist hier die
Finanzkrise und Rezessionskultur als Trend.
2. Der Kommunikationswissenschaftler McLuhan prognostizierte ja bereits in den 1960 er
Jahren die Auflösung von Raum und Zeit und von Arbeit und Freizeit im elektronischen
Zeitalter. Stellt die Virtual Communication bald alle anderen Kommunikationsgattungen
in den Schatten?
Wippermann: Das Internet ist die Infrastruktur des 21. Jahrhunderts. Kommunikation, Trans-
aktion und Produktion werden zunehmend über dieses Netzwerk organisiert. Der Struktur-
wandel geht von der Industriegesellschaft hin zur Netzwerkökonomie, von der Massen-
produktion hin zur individuellen Kommunikation. Die zentrale Bedeutung des Datenaus-
tausches durch interaktive Netzwerke steigt. Der Medienbegriff selbst erhält eine neue Be-
deu tung. Vom Onlinebanking bis zu individuell gefertigten Sneakers durch das Mailen ei-
nes Handybildes als Vorlage für das Design, so wie es bereits bei „Nike PhotoiD“ möglich
ist, spiegeln viele Entwicklungen den Wandel wider. Dieses Crowdsourcing macht die Kon-
6. Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
280
sumenten zum Mitarbeiter in Verwaltungen und Produktionen von Netzwerkunternehmen.
Sie sind das, was Alvin Toffler vor 28 Jahren einen „Prosumenten“ genannt hat. Mit dieser
Entwicklung hebt sich der Unterschied von Arbeit und Freizeit auf. Die ökonomisch genutzte
Zeit, die Eigenzeit, setzt neue Maßstäbe.
49 % der Deutschen unter 29 Jahren präsentieren ihr Privatleben im Internet. Sie vermark-
ten sich selbst und suchen den Applaus der Wahlverwandten. Sie sind dabei, zunehmend
in zwei Realitäten zu leben – in der vertrauten Welt und der virtuellen Welt des Internets.
In den 90 er Jahren sprach man von der Erlebnisgesellschaft. „Ich will Spaß“ wurde zum
Schlachtruf der Konsumenten, und die Unternehmen reagierten mit jeder Form von Events
als Unterhaltungsangebot.
Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts und der Entstehung von virtuellen Welten verändert
sich das Interesse der Konsumenten. Ihre Identität wird zum zentralen Thema. Der eigene
Körper wird zum Mittelpunkt der Welt, und die Persönlichkeitsprofile im Internet werden zur
Designaufgabe. Der Bestseller „Wer bin ich – und wenn ja, wieviele“ von Richard D. Precht
macht es deutlich, dass Identitätsmanagement und nicht Erlebnishunger für die Konsu-
menten zur zentralen Herausforderung wird. Für die Unternehmen ist es wichtig zu akzep-
tieren, dass die Kunden bereits „Multi-Channel“ leben. Das Channel-Hopping der Kunden
verändert die Marketingkommunikation: Das Beste aus allen Welten wird kombiniert, per-
sön liches Erleben, digitale Selbstbedienung und mobiler Service. Erfolgreiche Kommunika-
toren werden zu Multi-Channel-Anbietern und nutzen Datenbanken, um Stammkunden
in beiden Welten besser zu bedienen. Kundenmanagement gewinnt, Prozessoptimierung
wird Voraussetzung. Zugehörigkeit bildet sich durch Beziehungen, nicht durch Produkte.
3. Die Multioptionalität des Internets schafft eine bislang nicht bekannte Formbarkeit,
weshalb diese Mediengattung auch als undeterminiert gilt. Jewe Howe, der ja als Urvater
des Crowdsourcing-Begriffs gilt, prognostiziert eine zunehmende Übertragung typischer
Unternehmensaufgaben auf die Intelligenz und Arbeitskraft einer Masse von Internetnut-
zern. Werden die Unternehmen auch die Instrumente der Live Communication verstärkt
nutzen, um gemeinsam mit den Zielgruppen neue Ideen zu generieren und diverse Pro-
blemstellungen zu lösen?
Wippermann: Live Communication kennzeichnet die räumliche Begegnung von Konsu-
menten und Unternehmen bei Messen, Promotions und Events. Es ist selbstverständlich,
dass die mediale Nähe sowohl für Konsumenten als auch für Unternehmen zukünftig an
Bedeutung gewinnen wird. Bei den 16- bis 24-Jährigen übertrifft die Dauer der Internetnut-
zung bereits das Fernsehen. Die Bedeutung von Videoclips und Mitmach-Web 2.0 nimmt
rasant zu. Die Videofähigkeit von IT-Telefonie wird mobile Live Communication ermög-
lichen. Skype bietet in den USA bereits kostenloses Video für Smartphones an. In der B-to-B-
Kommunikation, aber auch im privaten Bereich wird die traditionelle Videokonferenz neu
281
Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements 6.0
definiert und zur Multi-User-Plattform. Die Live Communication wird das Spiel zwischen
der ersten und zweiten Wirklichkeit, der räumlichen und medialen Nähe, schnell lernen.
Die Organisation der „Smart Mobs“, wie Howard Rheingold die virtuelle Organisation von
scheinbar spontanen Menschenaufläufen und Events genannt hat, bekommen eine Relevanz
in der Markenkommunikation.
4. Auf dem 13. Trendtag haben Sie ausführlich über das Thema „Identitätsmanagement –
Anerkennung statt Aufmerksamkeit“ referiert. Wie wird sich Ihrer Meinung nach in Zukunft
das Verhältnis zwischen Konsumenten und Marken entwickeln? Und wie können Unter-
nehmen hierbei gezielt die Instrumente der Live Communication einsetzen?
Wippermann: Marken werden ihre soziale Kompetenz entwickeln müssen, denn die Pro-
dukte verlieren ihre zentrale Bedeutung in der Wertschöpfungskette. Zukünftig entscheidet
die Beziehung zum Konsumenten über den Erfolg eines Unternehmens. Bisher wurden Wa-
ren „in Kommunikationshüllen verpackt“, wie es der Kommunikationstheoretiker Norbert
Bolz so schön auf den Punkt gebracht hat. Der Siegeszug des Kultmarketings war das Ergeb-
nis. Kundenbindung wurde nicht mehr mit einer geheimnisvollen Verführung assoziiert,
sondern mit gemeinsamen Erlebnissen verbunden. Man lud die Konsumenten in die Mar-
kenwelt ein. Davon profitierte die Live Communication, die sich prächtig entwickelte.
Zukünftig werden Konsumenten den Marken auf Augenhöhe begegnen. In der Netzwerk-
ökonomie gewinnt, wer sich radikal auf die Zusammenarbeit mit den Kunden einlässt. In
Zeiten von Web 2.0 dreht sich alles um das Feedback. Es gilt Annerkennung zu geben, um
Anerkennung zu bekommen – auch in der Live Communication. Das Sozialprestige der Un -
ternehmen wird neu verhandelt. Der Konsument ist anspruchsvoller, ungedul diger und
besser informiert. Er ist selber Verkäufer, Produzent und Werber geworden. Die Alles-und-
jetzt-sofort!-Logik des Internets ist selbstverständlich für ihn. Er ist es gewohnt, gehört zu
werden, Feedback zu geben und zu erhalten. Er schenkt Empfehlungen von anderen Kon-
sumenten mehr Vertrauen als den professionellen Verkäufern.
5. In allen Industrienationen in Europa lässt sich ja seit einigen Jahren ein anhaltender
Trend zur Überalterung feststellen. Von „grauer Revolution“ ist die Rede. Schon bald wird
Deutschland das älteste Volk der Welt aufweisen. Ergeben sich hieraus kommunikative
Besonderheiten, die es auf Unternehmensseite zu berücksichtigen gilt?
Wippermann: Unsere Gesellschaft wird individueller, schrumpft und überaltert. In Europa
steigt die Lebenserwartung pro Jahr um drei Monate. Die größte gesellschaftliche Gruppe
in Deutschland wird in wenigen Jahren über 50 Jahre alt sein. In achtzehn Jahren stellen
die über 60-Jährigen die größte Kohorte. Wir werden länger alt als jung sein. Die Jugend
wird zur Minderheit. Gleichzeitig steigt die Zahl der Single-Haushalte, und die Zahl der
6. Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
282
Kinder nimmt ab. Bis 2020 wird die Bevölkerung in der alten EU noch um 4 % wachsen,
dann sinken auch hier die Einwohnerzahlen. 40 Jahre nach der Erfindung des Jugendmar-
keting und der Eventkultur wird die Jugend selbst zur Minderheit. In Deutschland liegt
schon heute die höchste Kaufkraft pro Person bei den über 50-Jährigen. Die Branchen Ernäh-
rung, Kosmetik, aber auch Automobile und Unterhaltungselektronik vermarkten bereits
Jugendlichkeit. Das Altersbeben wird die Live Communication stark verändern. Zum Wort
der Jugendkultur des Jahres 2008 wurde nicht zufällig „Gammelfleischparty“ gewählt. Hier-
mit sollen die Events für über 30-Jährige gekennzeichnet werden. Die Live Communication
wird sensibel darauf reagieren müssen.
6. Für alle oben genannten Themen sind gut ausgebildete Spezialisten in den Unterneh-
men gefragt. Ist die Schlussfolgerung richtig, dass kommunikative Herausforderungen
nur noch durch externe Unterstützungen (also in Form von Agenturen und Kooperations-
partnern) zu bewältigen sind? Wenn ja, welche Vor- und Nachteile ergeben sich daraus?
Wippermann: Unternehmen werden Abteilungen weiter outsourcen und Netzwerke von
Spezialagenturen knüpfen, die durch Leadagenturen gemanaged werden – von der Aus-
lagerung der IT für das CRM bis zur Kundenkommunikation. Zusammenarbeit bei gleich-
zeitigem Wettbewerb wird die Zukunft bestimmen. Vorteile werden die Steigerung von
Innovationskraft, Flexibilität und Effizienz sein. Nachteile werden die Öffnung des Unter-
nehmens und die Einschränkung von Macht sein. Ein Trost: Netzwerke brauchen Koope-
rationen, und Kooperation erzeugt Moral.
7. Viele Marketingmanager zeigen ja wenig Aufgeschlossenheit für neueste kommunika-
tive Entwicklungen. Nach Aussage der aktuellen OWM-Studie wollen über 90 % der Marke-
tingmanager ihren Kommunikationsmix in den nächsten Jahren nur leicht oder gar nicht
ändern. Sind Trends letztlich doch nur als Hype zu verstehen? Oder „verschlafen“ viele
Unternehmen einfach wertvolle Entwicklungschancen?
Wippermann: Wir sind kulturell und sozial Konservative, aber technologisch und ökono-
misch Radikale. Marketingmanager sind auch nur Menschen. Deshalb werden sie Verände-
rungen vor allem bei Anderen einfordern. Der Strukturwandel und der damit zusammen -
hängende ökonomische Druck werden an den Marketingabteilungen der Unternehmen
nicht vorbeigehen. Man kann Trends nicht machen, aber nutzen.
Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements 6.0
283
Die Gesamtschau dieser Entwicklungen skizziert einige Eckpfeiler im bevorstehenden Wan -
del der Kommunikationslandschaft. Was bedeutet dies nun für den in diesem Buch vorge-
stellten Live Com-Management-Ansatz?
1. Eine Exzellenz in der Markenführung wird zukünftig ohne ein professionelles und
integriertes Live Com-Management nicht mehr erreicht werden können.
Da sich die Zahl der relevanten Kontaktpunkte zwischen Unternehmen und Ziel-—gruppen weiter vermehren wird, haben die Rezipienten immer stärker die Wahl,
wann, wo, wie und durch welche Kontaktpunkte sie mit den Marken in Kontakt
treten wollen. Die Fähigkeit zur intelligenten Verknüpfung des Kommunikations-
angebotes wird zum Schlüssel des Erfolgs. Hierbei gilt es die Vorteile und Cha-
rakteristik der einzelnen Live Com-Instrumente zu berücksichtigen, synergetisch
auszuschöpfen und eine Integration der Live Com-Instrumente mit allen anderen
Kommunikations instrumenten sicherzustellen. Der Schlüssel für eine erfolgreiche
Markenprofilierung liegt demzufolge im abgestimmten Einsatz aller relevanten
Kommunikationsinstrumente im Kundenbeziehungszyklus. Die Live Communi-
cation hat und wird auch künftig einen bedeutenden Stellenwert in der Marken-
und Kundenbindung einnehmen. Allerdings ist die Spannbreite von Unter-
nehmen, die bisher keine hinreichende Erfahrung mit der Live Communication
besitzen, und jenen, die die „Live Com-Klaviatur virtuos bedienen“ können, sehr
groß. Von daher besteht hier noch ein erheblicher Nachholbedarf.
2. Die Live Communication prägt multisensuale Markenprofile – weder die klassische
noch virtuelle Kommunikation werden diese Kommunikationsqualität leisten können.
Gerade die Live Communication bietet die Chance der multisensualen Ansprache —der Zielgruppen. Das Thema der multisensualen Markenführung befindet sich
noch in den „Kinderschuhen“, und es ist zu erwarten, dass mit der zunehmenden
Bedeutung der Live Com-Instrumente ein verstärktes Augenmerk darauf zu legen
ist, wie bei der Planung und Umsetzung das multisensuale Markenerlebnis seine
volle Wirkung entfalten kann.
3. Live Com-Attrappen oder Live Communication „von der Stange“, die weder einen star-
ken Erinnerungs- noch einen hohen Inszenierungsgrad besitzen, sind zum Scheitern
verurteilt.
Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass in Zukunft mehr Live Com-Instrumente —an Kunden adressiert werden. Diese Inflationierung wird die Kunden vor die Ent-
scheidung stellen: Was habe ich davon? Die Frage des Nutzens der Teilnahme an
einem Event muss von den Veranstaltern zukünftig besonders ernst genommen
6. Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements
284
werden. Attraktive Live Com-Veranstaltungen werden sich durch Einzigartigkeit
und die geschickte Adressierung von Ratio und Emotion auszeichnen. Es ist also
nicht nur Professionalität, sondern auch Kreativität bei der Entwicklung von Live
Com-Instrumenten gefragt. Dabei darf der Fit eines Live Com-Instruments zur
Markenidentität nicht vernachlässigt werden. Die Zusammenstellung der passen-
den Live Com-Veranstaltungen geht einher mit einer inhaltlich und wirtschaftlich
durchdachten Portfolioplanung, der zunehmend Beachtung zu schenken ist.
4. Mit der Professionalisierung der Live Communication muss auch den Fragen nach
einer Effizienzkontrolle gebührend Beachtung geschenkt werden.
Immer mehr Unternehmen werden verstärkt in die Live Communication investie-—ren. Trotz der hohen Anteile am Kommunikationsbudget wird die Effizienz von
Live Com-Aktivitäten in vielen Unternehmen nur mangelhaft oder gar nicht er-
fasst. Dies lässt sich mit dem Vordringen der Controllingphilosophie auch in den
Kommunikationsbereich nicht vereinbaren. Wie die Ausführungen in Kapitel 5
belegen, mangelt es nicht an den Instrumenten für eine Erfolgsmessung. Vielmehr
scheint es sich hierbei eher um ein Nichtwollen, denn ein Nichtkönnen zu han-
deln. Um den Beitrag von den Kontaktpunkten bis zum ganzheitlichen Marken-
erlebnis noch besser bewerten zu können, werden verstärkt implizite Verfahren
zum Einsatz kommen. Die Neurophysiologie spielt zwar hierbei noch keine
entscheidende Rolle, wird aber von den Unternehmen mehr und mehr als unter-
stützende Funktion erkannt.
5. Live Com-Veranstaltungen sind durch Kundennähe, Kundendialog und Kundeninter-
aktion gekennzeichnet – sie verlangen daher nach einer eigenen Live Com-Kultur in den
Unternehmen.
Ist die Unternehmenskultur nicht auf den offenen Kundendialog ausgerichtet, so —können Live Com-Konzepte mit schmerzvollen Erfahrungen verbunden sein. Dies
gilt für alle Hierarchieebenen eines Unternehmens. Nicht nur die Live Communi-
cation, sondern auch die neuen Formen der Social Media verlangen eine stärkere
Orientierung der Unternehmenskultur am Kunden. Angesichts des grundlegen-
den Wandels der Kommunikationslandschaft werden sich Unternehmen nicht
mehr mit der Einwegkommunikation abschotten können. Sie müssen den Weg
des geplanten Wandels gehen und leben.
Je mehr sich Unternehmen gegenüber ihren Kunden öffnen und die Interaktion —fördern, umso wichtiger ist es, dass innerhalb des Unternehmens die Marken-
identität klar definiert ist. Damit wird deutlich, dass die Markenführung mit der
innen- sowie außengerichteten Kommunikation eng zu verzahnen ist. Profes-
Zukunftsherausforderungen des Live Com-Managements 6.0
285
sionalisierung der Live Communication muss auf dem Fundament einer prä g-
nanten, verstandenen und gelebten Markenidentität basieren.
Die externen und internen Zukunftsherausforderungen sensibilisieren Wissenschaft und
Praxis gleichermaßen dafür, dass mit der professionellen Planung, Umsetzung und Kontrolle
von Live Com-Konzepten erhebliche Erfolgs potenziale genutzt werden können. Sofern das
vorliegende Buch hierfür Anregungen vermitteln konnte, wäre das Ziel der Autoren erreicht.
Anhang
Anhang
288
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
Anhang 1: Ausgewählte Studien im Bereich Messen und Ausstellungen (seit 2004)
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
AUMA(2008)
Ein-
stel lungen
von Ent-
scheidern
zum
Messe-
besuch –
Edition 28
1.002
Unter-
nehmen
(davon
502
Messe-
besucher
& 500
Nicht-
Messe-
besucher)
CATI-Be-
fragung
die meisten Entscheider sind Messe-
besucher und kommunikationsstärker
als Nicht-Messebesucher
befragte Entscheider sprechen mit
durchschnittlich 16 Ausstellern bei
einem Messebesuch
deutsche Fachmessen behalten
auch zukünftig ihre Attraktivität für
Entscheider
persönliche Gespräche mit den
Ausstellern sind entscheidend
Messenacharbeit der Aussteller
wird erwartet, aber nur mittelmäßig
umgesetzt
AUMA(2008)
AUMA_
MesseTrend
2008
500
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
gleichbleibend hohe oder sogar
wachsende Bedeutung der Messen
Messen rangieren an erster Stelle
der Marketing-Instrumente
stabile Beteiligungen an Inlands- und
Auslandsmessen (Schwerpunkt: Europa)
rund 40 %iger Anteil des Messe-
budgets am Gesamt-Kommunikations-
etat mit steigender Tendenz
(Entscheidung unabhängig von der
aktuellen Konjunkturlage)
persönlicher Kontakt im Vordergrund
(entscheidender Faktor für B-to-B-
Kommunikation)
AUMA(2007)
Messewirt-
schaft 2020
– Zukunfts-
szenarien
ausge-
wählte
Messe-
gesell-
schaften
& Messe-
aussteller
& Be-
sucher
schrift-
liche
Befra-
gung
die Messe mutiert zum firmenüber-
greifenden Erlebnisraum, der weiterhin
großes Interesse der Medien und
Politik auf sich zieht
virtuelle Techniken werden bei
der Messe der Zukunft eine wichtige
Rolle spielen
Messeveranstalter, Aussteller sowie
Dienstleister müssen auf die veränder-
ten Rahmenbedingungen reagieren
und ihr Angebot an die sich ändernden
Messekonzepte anpassen
289
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
AUMA(2007)
AUMA_
MesseTrend
2007
500
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Messen rangieren an erster Stelle
der Marketing-Instrumente
leichte Abnahme der Beteiligungen
an Inlandsmessen, stabile Beteiligung
an Auslandsmessen
(Schwerpunkt: Europa)
über 40 %iger Anteil des Messebud-
gets am Gesamt-Kommunikationsetat
(Entscheidung unabhängig von der
aktuellen Konjunkturlage)
im Schnitt über 8 Ziele für
das Messeengagement
Messeeinsatz vorrangig zur Bekannt-
heitssteigerung, zur Neukundenge-
winnung, zur Stammkundenpflege und
zur Stärkung des Exportgeschäfts
Messeerfolgskontrolle wird mit
durchschnittlich 5 Methoden erhoben
AUMA(2006)
AUMA_
MesseTrend
2006
500
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Messen rangieren an erster Stelle
der Marketing-Instrumente
leichte Abnahme der Beteiligungen
an Inlandsmessen, stabile Beteiligung
an Auslandsmessen
(Schwerpunkt: Europa)
40 %iger Anteil des Messebudgets
am Gesamt-Kommunikationsetat
mit steigender Tendenz
(Entscheidung unabhängig von der
aktuellen Konjunkturlage)
im Schnitt über 8 Ziele für das
Messeengagement
Messeeinsatz vorrangig zur
Bekanntheitssteigerung und
Stammkundenpflege
Messeerfolgskontrolle wird mit
durchschnittlich 5 Methoden erhoben
Messen sind Chefsache: Meistens
entscheidet Geschäftsführung
oder Inhaber über Beteiligungen
Anhang
290
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
X Institut für Kom-munika-tion und Service-Design (2006)
Messe
im Trend!
ausge-
wählte
Messe-
gesell-
schaften
& Messe-
aussteller
CATI-Be-
fragung
Fachmessen sind im Trend und
gehören immer noch zu den
beliebtesten Instrumenten der
persönlichen Begegnung
die Messe aus heutiger Sicht über-
nimmt mehr denn je die Rolle einer
Dienstleistung
Qualität statt Quantität und eine in-
dividuell auf Bedürfnisse abgestimmte
Lösungsauswahl stehen im gesamten
Messeprozess im Vordergrund
Holzner, Anna (2006)
Integrativer
Ansatz für
Pricing von
Messeleis-
tungen und
Erklärung
der Präfe-
renzen und
des Kauf-
verhaltens
113
Unter-
nehmen
Disk-
by-Mail
Befra-
gung
Ableitung von 3 nutzenorientierten
Leistungslinien; Premiumlinie,
Comfortlinie, Standardlinie
Bedarf nach Kapzitäten wie auch
Zeitpunkt der Buchung können
über Preisvariationen gesteuert werden
Erklärung von Nutzenunterschieden
3 Segmente abgeleitet:
standortorientiertes L³D-Segment,
preisunsensibles PDM-Segment,
preissensibles FPD-Segment
durch Charakterisierung der Segmente
mit Ausstellervariablen können Einblicke
in Erklärung unterschiedliche Kaufver-
halten der Segmente gewonnen werden
AUMA(2005)
Neue Aus-
steller-Po-
tenziale für
Messen
500
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
rund 350.000 deutsche Unternehmen
mit einem Jahresumsatz von mehr als
500.000 Euro haben sich bisher nicht
an einer Fachmesse beteiligt (Grund-
gesamtheit Nicht-Aussteller), und ins-
gesamt 12,4 % davon können als po-
tenzielle Aussteller bezeichnet werden
neben den deutlich niedrigeren Marke-
ting-Etats setzen Nicht-Aussteller
im Vergleich zu Ausstellern weniger
Marketing-Instrumente ein und ver-
fügen wesentlich seltener über eine
Marketingabteilung
nur knapp 20 % der Nicht-Aussteller
können spontan Stärken und Vor-
teile von Messen nennen, dagegen
fallen 75 % der potenziellen Aussteller
spontan Schwächen ein
über die Hälfte der Befragten wünscht
sich attraktivere Einstiegsangebote und
möchte aktiv angesprochen werden
291
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
AUMA(2005)
AUMA_
MesseTrend
2005
500
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Messen rangieren an erster Stelle
der Marketing-Instrumente
stabile Beteiligung an Inlandsmessen,
35 % der deutschen ausstellenden
Unternehmen sind auch im Ausland
auf Messen präsent
fast 40 % iger Anteil des Messebudgets
am Gesamt-Kommunikationsetat mit
steigender Tendenz
im Schnitt fast 9 Ziele für das
Messeengagement
Messeeinsatz vorrangig zur Bekannt-
heitssteigerung, zur Neukundenge-
winnung und zur Präsentation der
Produkte und Leistungen
Qualität der Kontakte durch direkte
Kundenkommunikation und Posi-
tionierung im Wettbewerbsvergleich
besonders relevant
AUMA(2004)
AUMA_
MesseTrend
2004
500
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
gleichbleibend hohe oder sogar
wachsende Bedeutung der Messen
dennoch leichte Abnahme der
prognostizierten Zahl der Messe-
beteiligungen, dafür leichter Anstieg
des realisierten Messeengagements
im Ausland
im Schnitt 7 definierte Ziele für
das Messeengagement
35 bis 40 % iger Anteil des
Messebudgets am Gesamt-
Kommunikationsetat
infas TTR(2004)
Mystery
Visits auf
Messen
41
Unter-
nehmen
Beobach-
tung
äußeres Erscheinungsbild des
Messestandes ist oft besser als
das Messegespräch
i. d. R. müssen die Besucher über
3 Minuten warten, bis sie auf dem
Stand angesprochen werden
Anhang
292
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
infas TTR(2004)
Mystery
Visits auf
Messen
207
Unter-
nehmen
Befra-
gung
fast zwei Drittel der Befragten
betreiben gar kein oder fast kein
Messecontrolling
Maßnahmen zur Effizienzsteigerung als
wichtig erachtet
gezielte Einladungen, Messetrainings,
der Ausbau und die Pflege von
Messekontakten sowie die Kalkulation
der anfallenden Messekosten als
wichtigste Maßnahmen
größter Nachholbedarf bei der präzisen
Definition von Messezielen und gezielten
Befragungen vor und nach den Messen
zur Ermittlung der Strategie-Effizienz
Anhang 2: Ausgewählte Studien im Bereich Events und Roadshows (seit 2004)
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
presse-text. europa/Casinos Austria/Avantel Hotel Reser-vierung (2007)
Firmen-
events
2007
990
Unter-
nehmen,
davon
398 aus
Deutsch-
land
Online-
Befra-
gung
Eventausgaben größter Posten im
Marketingbudget
Trend geht dabei zu mehr und kleineren
Veranstaltungen (Schwerpunkte:
Produktlaunches und Jubiläen)
Internet und Mundpropaganda
haben höchsten Stellenwert
gute Eventdienstleister willkommen
Online-Präsenz für Event-
marketer immer wichtiger
BiTS/ Event-Campus(2007)
Event-
Navigator
2007
77
Kunden
& 64
Event-
Dienst-
leister
Online-
Befra-
gung
Unternehmen und Agenturen sind
mit ihren Zulieferern meist zufrieden,
bemängeln jedoch deren Problem-
lösungsfähigkeit
Ausschreibungen werden oft
als unfair empfunden
Empfehlungen als wichtigste
Informationsquelle für Kunden über
potenzielle Lieferanten
Kunden bevorzugen Info-Veranstal-
tungen und digitale Newsletter,
Eventdienstleister setzen stattdessen
verstärkt auf Präsentation und Telefon-
Marketing
293
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
FAMAB Verband(2007a)
Event-Klima
2007
276
Unter-
nehmen &
56 Agen-
turen
CAWI-
Befra-
gung
Wachstum der Ausgaben für Marke-
ting-Events (2007: insges. 2,08 Mrd.
Euro in deutschen Unternehmen)
Budgets für Live Com-Maßnahmen
liegen deutlich über denen von An-
zeigenwerbung in Publikumszeitschriften
(1,8 Mrd. Euro) oder Fachmedien
(1,2 Mrd. Euro)
in Großkonzernen findet nahezu jeden
zweiten Tag eine Veranstaltung statt
Event-Boom sorgt bei Agenturen für
Aufträge – und für noch mehr Pitches
(2006: im Schnitt 20 Pitches, die
jeweils etwa 45.500 Euro kosten)
Nufer, Gerd(2006)
Wirkungs-
unter-
schiede
zw. Event-
marketing
und Sport-
Sponsoring
2.036
Jugend-
liche
(14–18-
Jährige)
Omni-
busbe-
fragung
in 4 Be-
fragungs-
wellen
Existenz von signifikanten Wirkungs-
unterschieden zw. Event-Marketing
und Sportsponsoring
deutliche Überlegenheit des Event-
Marketing ggü. Sportsponsoring
bei der Verfolgung von Imagezielen
bei jugendlichen Zielgruppen
Event-Marketing bei Ansprache
jugendlicher Zielgruppe dem Sport-
sponsoring überlegen
hohe Emotionen beim Sportspon-
soring eher hinderlich, können jedoch
beim Event-Marketing positiv genutzt
werden
innerhalb des Event-Marketing kommt
Gesamtpräsentation der Marke eine
überragende Bedeutung zu
Wirkungen einer integrierten
Kommunikation dürfen nicht
unterschätzt werden
Anhang
294
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Nitschke, Axel (2006)
Wirkungen
von Event-
Kommuni-
kation
3.407
Befragte in
2 Wellen
(1. Welle
1.717;
2. Welle:
1.690)
Online
Befra-
gung
durch Event-Kommunikation
können dauerhafte psychographische
Wirkungen erzielt werden
Verbesserung der Markenwahr-
nehmung durch Event-Kommunikation
teilweise bestätigt
hohes situatives Involvement wirkt sich
positiv auf Höhe des Event-Marken-Fit
und wahrgenommene Markenstärke
der Sponsoren aus
je größer das Ausmaß an Ver-
netzung, desto stärker die Wirkung
der Kommunikation
Stimmungen kein Einfluss auf Fit, aber
auf Markenstärke der Sponsoren
Soziodemographische Merkmale
wirken sich auf Markenstärke aus
FAMAB Verband(2005)
Event-Klima
2005
263
Unter-
nehmen
CAWI-
Befra-
gung
bei „Masse oder Dialog?” gewinnt
klar der direkte Kontakt
Zuwächse verzeichnen vor allem
die Public Events, zu Lasten der
klassischen Werbung
Event-Marketing entwickelt sich
zunehmend zum Instrument der
integrierten Markenführung
Eventmarketing-Agenturen selbst
wurden in puncto Professionalität,
Ideenreichtum und Zuverlässigkeit
überwiegend positiv beurteilt
Zanger/Drengner(2005)
Eventreport
2005
550 Teil-
nehmer
& 110
Bewoh-
ner &
49 Unter-
nehmen
schrift-
liche &
münd-
liche Be-
fragung
hohe Bekanntheit des Hip-Hop-
Festivals „splash!“ 2005 in der
Chemnitzer Bevölkerung über alle
Altersklassen
positive Einstellung zum Festival bei
den Besuchern
Festivalbesucher gaben mehr als
850.000 Euro in der Stadt Chemnitz
für Lebensmittel, Gaststättenbesuche
und Übernachtungen aus
295
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Zanger/Drengner(2004)
Eventreport
2004
505 Stu-
dierende
schrift-
liche Be-
fragung
für Sponsoren in Deutschland beson-
ders schwer, sich während der Fußball-
Europameisterschaft und der Olym-
pischen Sommerspiele im Gedächtnis
der Konsumenten zu verankern
Abhebung von Trittbettfahrern erst
durch die massive Bekanntmachung
der Sponsoringaktivitäten des offiziellen
Unterstützers durch begleitende
Werbemaßnahmen und weitere Am-
bush-Marketing-Aktionen möglich
Jochen Schwei-zer(2004)
Das Event-
potential
der 150
wichtigsten
Sportarten
500
Privat-
personen
CATI-Be-
fragung
Teilnahme an einem Sportevent von
lediglich jedem fünften Befragten
aktive Einbeziehung der Teilnehmer
bei nur zwei Drittel der Sportevents
Marketingpotenzial nicht nur bei den
Sportarten, die Publikumsmagneten
sind, sondern auch bei exotischen
Sportarten, wie bspw. Völkerball
für jede Zielgruppe (ob Jüngere oder
Senioren) gibt es das passende Sport-
konzept
IPSOS/ ESB Marketing Consult(2004)
Die Event-
Landkarte
2004
2.000
Privat-
personen
schrift-
liche Be-
fragung
Events haben sich etabliert, mit dem
Begriff „Event“ werden konkrete Veran-
staltungen in Verbindung gebracht
zwei Drittel der Bevölkerung haben
innerhalb der letzten 12 Monate
mindestens ein Event besucht
(Schwerpunkt: Volks- und Stadtfeste)
Männer erreicht man verstärkt
über Sportevents,
Frauen eher über Kulturevents
in Museen, aber auch bei Rock- und
Popkonzerten werden überdurch-
schnittlich Menschen mit höherem
Haushaltsnettoeinkommen erreicht
Anhang
296
Anhang 3: Übergreifende Live Com-Studien (seit 2004)
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Uniplan/HHL(2008)
Uniplan
LiveTrends
2008
405
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Integration der
Konsumenten ist unerlässlich
Budgetshift hin zur
Live Communication
strategische Kreativität bringt
Markterfolg
Planung von Live Communication
muss strategischer werden
Live Communication schafft
Markenbotschafter
Messelandschaft mit hoher
Entwicklungsdynamik
Messe 2020 – quo vadis?
Leitmessen müssen sich profilieren
Uniplan/HHL(2007)
Uniplan
LiveTrends
2007
422
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
global agieren – lokal gewinnen
Live Communication bedarf klarer
Absprachen
Live Com-Portfolios müssen besser
gesteuert werden
Einfluss von Marke und
strategischer Planung steigt
Vielzahl von Agenturmodellen
prägt den Markt
Integration wird Pflicht
China und Osteuropa bieten
größte Wachstumspotenziale
deutsche Messegesellschaften haben
Aufholbedarf bei Kundenorientierung
und Servicequalität
297
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Uniplan/HHL(2006)
Uniplan
LiveTrends
2006
398
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Stammkunden brauchen mehr
Aufmerksamkeit
Instrumente müssen zielgerichteter
eingesetzt werden
Live Communication schafft Vertrauen
und bindet Kunden
Messen sind Universalinstrument
im Kundenmanagement
„Mensch“ und „Marke“ sind wichtigste
Differenzierungsfaktoren
Aussteller fordern neue Messekonzepte
Erfolgskontrolle muss sich etablieren
Uniplan/HHL(2005)
Uniplan
LiveTrends
2004/2005
387
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
direkte Kundenkontakte gewinnen
an Bedeutung
Live Communication ist Treiber für
Markendifferenzierung und -bindung
Live Communication überbrückt die
kritischen Phasen der Kundenbeziehung
Internet, Public Relations und
Events sind die effizientesten
Kommunikationsinstrumente
Austauschbarkeit von Messe-
auftritten und Events gefährdet
Markenprofilierung
Integration der Instrumente ist
wichtiger Erfolgsfaktor
Erfolg von Maßnahmen kontrolliert
nur jedes zweite Unternehmen
Optimierung der Live Communication
muss bei der Planung ansetzen
Uni- versität Würzburg/ djd (2008)
Ver-
braucher-
orientierte
Presse-
arbeit
in Unter-
nehmen
über 100
Unter-
nehmen
Online-
Befra-
gung
Instrumente-Ranking (auf einer 6 er-
Skala) hinsichtlich der Wichtigkeit
und Glaubwürdigkeit: PR (5,31; 4,69),
Verkaufsförderung (4,50; 4,55),
Direktkommunikation (4,32; 3,66),
klassische Werbung (4,28; 3,68),
Messen und Ausstellungen (4,22;
3,61), Internet (3,60; 359),
Events (3,52; 3,57) und
Sponsoring (3,18; 3,42)
Instrumente-Ranking für Informations-
vermittlung: Internet (91 %), TV (40 %)
und Radio (43 %)
Anhang
298
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Universi-tät Leip-zig/ Hugin Group/ Euprera(2008)
European
Communi-
cation
Monitor
2008
1.524
Unter-
nehmen
Online-
Befra-
gung
Unternehmenskommunikation löst
bis 2010 Marken-PR als wichtigste
Teildisziplin ab
Presse- und Medienarbeit verlieren
dramatisch an Bedeutung, Online-
Kommunikation liegt im Trend
Wertschöpfungsbeitrag der Kommuni-
kation wird nur von jedem dritten PR-
Manager evaluiert
Befragte aus 22 Ländern erwarten
einen Budgetzuwachs von 14 % und
neue Arbeitsplätze.
Universi-tät Leip-zig/ Hugin Group/ Euprera(2007)
European
Communi-
cation
Monitor
2007
1.087
Unter-
nehmen
Online-
Befra-
gung
Unternehmenskommunikation löst bis
2010 Marken-PR als wichtigste Teil-
disziplin ab
Presse- und Medienarbeit verlieren
dramatisch an Bedeutung, Online-
Kommunikation liegt im Trend
Wertschöpfungsbeitrag der Kommuni-
kation wird nur von jedem dritten
PR-Manager evaluiert
Befragte aus 22 Ländern erwarten
einen Budgetzuwachs von 14 % und
neue Arbeitsplätze.
FH Mainz/ manager-magazin(2007)
Chefkom-
munikation
in Deutsch-
land
137
Unter-
nehmen
schrift-
liche Be-
fragung
Instrumente mit zunehmender
Bedeutung: Internet (79 %), Mobile
Dienste (65 %), Pressearbeit (59 %),
Weblog des Unternehmens-Chefs (37 %),
Events (21 %), Mitarbeiterzeitschriften
(16 %) und Kundenmagazine (3 %)
Instrumente mit abnehmender
Bedeutung: Geschäftsbericht (- 8 %),
Fernseh- und Radiospots (- 19 %),
Anzeigenwerbung (- 37 %) und
Wurfsendungen (- 77 %)
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
299
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Deutsche Post(2008)
Dialog-
marketing
Deutsch-
land 2008
3.301
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Dialogmarketing mit leichtem Zuwachs
(2007: 32,7 Mrd. Euro in deutschen
Unternehmen), Ausgaben für Anzei-
genwerbung betrugen 13,1 Mrd. Euro,
für Messen gaben Unternehmen
12,8 Mrd. Euro aus
Dienstleister sind Direktmarketing-
Spitzenreiter
volladressierte Werbesendungen sind
das Direktmarketing-Medium Nr.1
deutlicher Budgetzuwachs bei
Onlinewerbung, Telefonmarketing ist
der Verlierer
Einsatz von Response-Elementen
wieder im Aufwind
Nutzung von Crossmedia deutlich
intensiver als in Vorjahren
Deutsche Post(2007)
Direkt-
marketing
Deutsch-
land 2007
3.500
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Direktmarketing mit leichtem Zuwachs
Dienstleister sind Direktmarketing-
Spitzenreiter
volladressierte Werbesendungen sind
das Direktmarketing-Medium Nr.1
Budgets für Mailings sind im Abwind,
Online und Telefonmarketing wachsen
weiter
Ausgaben beim Einsatz von
Response-Elementen bei klassischen
Medien sinken
Messen weiter im Aufwind, Nutzer-
zahlen dagegen bei Messen rückläufig
Deutsche Post(2006)
Direkt-
marketing
Deutsch-
land 2006
3.612
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Investitionen in klassische Werbung
sind nur die Spitze des Eisbergs
Dienstleister sind Werbetreibende Nr. 1
brancheninterne Budget-Struktur
erkennbar, verarbeitendes Gewerbe
investiert z. B. nach wie vor stark in
Messen/Events
große Unternehmen mit höchstem
Anteil an Werbeausgaben
Anzeigen sind ausgabenstärkstes
Medium, adressierte Werbesendun-
gen auf Platz 2, Ausgaben für Messen/
Events erreichen Platz 3, gefolgt von
den Spendings für Internet
Anhang
300
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Deutsche Post(2005)
Direkt-
marketing
Deutsch-
land 2005
3.639
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Investitionen in klassische Werbung
sind nur die Spitze des Eisbergs
Handel setzt Schwerpunkt auf
Direktmarketing
klassische Werbung nutzen große
Unternehmen, Direktmarketing
die kleinen
Anzeigen sind ausgabenstärkstes Me-
dium, adressierte Werbesendungen auf
Platz 2, Messen und Events auf Platz 3
klassische Werbung mit höchstem
Externalisierungsgrad
klassische Werbung bei Schaltkosten
bzw. Distributionskosten Spitzen-
reiter – deutlich vor adressierten
Werbemailings
Deutsche Post(2004)
Direkt-
marketing
Deutsch-
land 2004
3.551
Unter-
nehmen
CATI-Be-
fragung
Ausgabensteigerung beim Direkt-
marketing erkennbar
mehr Unternehmen sind direkt-
marketingaktiv
Werbesendung steht bei der direkten
Kundenansprache nach wie vor an
der Spitze
Vok Dams
(2006)
The age
of anniver-
saries
109
Unter-
nehmen
(nach
Analysen &
Experten-
gesprä-
chen)
CATI-Be-
fragung
Live-Marketing und PR sind die wich-
tigsten Eckpfeiler der Kommunikation,
wobei Pressekonferenz als eher unbe-
deutend angesehen wird
besonders spezialisierte Agentur-
Experten sind bei der Jubiläums-
kommunikation gefragt
(Planung: im Schnitt 12–18 Monate)
Mitarbeiter sind die wichtigste
Stakeholdergruppe bei der Jubiläums-
kommunikation
Vok Dams
(2004)Excellence
in Events
20 Exper-
ten (nach
Projekt- &
Wirkungs-
analyse)
persön-
liche Be-
fragung
Anforderungen an Effizienz im
Live-Marketing nehmen zu
Effizienz und Zentralisierung in
Abhängigkeit
Aufgrund der wachsenden Effizienz-
Anforderungen entwickeln sich neue
Formate im Live-Marketing
externen Sicherheitsrisiken und
Störfaktoren müssen frühzeitige
Berücksichtigung in Planung und
Durchführung finden
301
Studie Anzahl Methode Ergebnisse
Vok Dams
(2007)
Strategie-
relevanz
des Live-
Marketings
100
Unter-
nehmen
(nach Ex-
pertenge-
sprächen)
Online-
Befra-
gung
Zukunft von Live-Marketing wird
überwiegend positiv gesehen
ganzheitliche Nutzung des
Kommunikationsinstruments erfolgt
jedoch noch nicht optimal
der strategische Planungsprozess
in der Unternehmenspraxis weist
wesentliche Lücken auf
detaillierte Analysen, die richtige
Auswahl von Instrumenten und
erfolgreiche Zielgruppenansprache
stellen Lösungsansätze dar
Advanced Innovation(2004)
Marketing
Trends
546
Unter-
nehmen
(aus
Deutsch-
land,
Österreich
& Schweiz)
Befra-
gung
Methoden-Ranking für Image-
verbesserungen:
1. Corporate Citizenship;
2. Erlebnismarketing;
3. High Tech & High Touch;
4. Lovemarks;
5. Event-Marketing
Methoden-Ranking für Kunden-
akquisen:
1. Virus Marketing;
2. Ethnomarketing;
3. Ambient Media;
4. Multi-Channel Management;
5. Szenenmarketing
Methoden-Ranking für Kunden-
bindungen:
1. Customer Relationship Management;
2. Permission Marketing;
3. Lovemarks;
4. One-to-One-Marketing;
5. Event-Marketing
Methoden-Ranking für Umsatz-
steigerungen:
1. Conjoint Analyse;
2. Mass Customization;
3. Multi-Channel Management;
4. One-to-One-Marketing;
5. Customer Relationship Management
Empirische Live Com-Studien in Deutschland
303
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209, 229
– Auswahl 145, 209 ff.
– Briefing 212 ff.
– Formen 206 f.
– Full Service- 204
– Honorarmodelle 217 f.
– Modelle 207
affektiv 148, 258
Ambush Marketing 164
apparativ 264
Aufbauorganisation 190 ff.
Ablauforganisation 194
Aufgabenmethode 88
Auslandsmärkte 223 ff.
Ausstellungen 97 ff.
– Kapazität 99
– Studien 54
– Welt- 155 f.
B
Below-the-Line 15 f., 26, 276
Benchmark 40, 49, 62, 80, 88
Bezugsgruppe 66
Botschaft 6, 10, 40, 65, 142, 148, 262
– Aufnahme 142
– Bezug 145
– Gestaltung 42, 233
– Inhalte 73, 142, 235
– Kern- 215
– Marken- 109 f., 143, 145 ff., 276
– Medien- 73, 234 f.
– Vermittlung 141
Brand Land 17, 22, 96 f., 124 ff.
– Definition 126
– Formen 127 f.
– Merkmale 125
– Planung 129 ff.
– Studien 54 f.
– Umsetzung 129 ff.
– Wirkung 138, 133 ff.
– Ziele 129
Briefing 29, 214 ff.
Budget 41 f., 79, 83, 87 ff., 100, 107 ff.
– Anteil 26, 87 f.
– Shift 26 f., 56
– Verteilung 27, 87 ff.
Budgetierungsmethoden 87 ff.
C
Chancen-/Risiken-Analyse 42 ff., 278
Controlling 41 f., 236 ff.
Corporate 125, 172, 185, 191, 229
– Communication 193
– Design 110, 215
– Identity 47, 111, 251
– Speaking 174 ff.
Credential Presentation 211
Customer Lifetime Value 73
Customer Relationship Management 66, 70,
184, 248, 251
D
demographischer Wandel 47, 279 f.
Dialog 4 f., 7 ff., 104, 149, 168, 173, 225
– Intensität 147
– Kommunikation 11 f. 16, 64, 194
– Kunden- 284
– persönlich 8
Dienstleister 204
Differenzierung 8, 76 f., 79, 81, 101, 110,
145 f., 166, 224 f., 227 ff., 257, 277
– Grad 81, 228 f.
– Marken 56, 232
Stichwortverzeichnis
324
– Wirkung 30, 109
Direktmailing 27
E
Effizienz 9, 21, 29, 42, 56, 66, 79, 100, 114,
209, 227, 236, 243 ff., 257, 275, 278
– Kennziffern 266
– Kontrolle 256, 284
– Live Com- 263 ff.
– Potenzial 40
– Steigerung 80, 84, 218
– Werbe- 26
Effektivität 21, 29, 42, 56, 66, 209, 227, 235,
243 ff., 257
– Kontrolle 256
– Live Com- 263 ff.
– Potenzial 40
eigenplattformbasiert 96 f.
Eignungsgrad 247 f.
Eisbergmodell 106 f.
Entscheidungsprozess 61, 212
– managementorientiert 41
Erlebbarkeit 16, 125
Erlebnissphäre 82
Erfahrbarkeit 16, 125, 138, 264, 277
Erfolgskontrolle 30, 56, 106, 114, 146, 173,
206, 217, 236 ff., 256 ff.
– Live Com- 256, 263 ff.
Event 4, 16 f., 26, 28, 38, 49, 71, 75, 81 f., 89 ff.,
96 f., 104, 115, 125 f., 139 ff., 168, 173, 180,
184 f., 192 f., 195, 204, 207, 224 f., 226 f.,
229, 232, 243 ff., 267, 277, 283
– Definition 139
– Formen 141
– Mega- 155 ff.
– Planung 142 ff.
– Studien 55
– Umsetzung 142 ff.
– Wirkung 147 f., 258, 264
– Ziele 144
Experiential Marketing 16 ff., 125 f.
F
Fernsehen 23 ff.
Fit 84, 258, 263 f., 284
Flow-Konzept 82
fremdplattformbasiert 96 f.
G
Geschäftsbeziehungen 48
Großveranstaltungen 156 ff.
H
Hauptversammlung 141, 166 ff.
– Definition 167
– Maßnahmen 171
– Planung 171
– Ziele 170
Hausmesse 81, 104, 113
Hersteller 43, 48 f., 104, 124, 140, 172
I
Incentives 162
Information 5 ff., 21, 43, 50, 55, 62, 70, 87 f.,
102 f., 105, 115, 125 f., 128, 130 f., 140 f.,
159, 167, 172, 183, 208 f., 214 ff., 226,
234 f., 236, 246, 249, 258, 263
– Austausch 16, 102
– Bedürfnis 82, 115, 128
– Belastung 6 f., 67
– Gesellschaft 4
– Vermittlung 82, 98, 111, 213
Innovationsprozesse 277
integrierte Kommunikation S. 181 ff.
Integrationsaufgabe 182 ff., 204
Internationalisierungsform 228 f.
Internet 104
Investor Relations 166 ff., 172 f.
Involvement 73, 142, 276
K
kognitiv 148, 258, 263
Kommunikation 4 ff., 40 f., 48, 62, 64 ff., 70 f.,
73 f., 76, 257 f., 264 ff., 274, 276 ff., 283 ff.
Stichwortverzeichnis
325
– Bedarf 209, 250
– Botschaft 40, 80, 147, 232, 258
– Budget 87 ff.
– Controlling 41 f., 237 ff.
– Formen 15, 77
– integriert 32, 181 f., 250
– Koordination 180 ff., 191 f.
– Mix 26 ff., 47 ff., 54, 77, 79
– Modelle 10
– persönlich 15
– Richtlinien 191
– unpersönlich 15, 157
– Wert 267
Kommunikationswirkung 54 ff., 57 ff., 232 ff.
– Kennzahlen 236 ff.
– Problemfelder der 233 f.
Konkurrenz 43, 49, 80, 88, 104, 129, 257
– Vorteil 45, 49, 76 ff.
Konsolidierungsansätze 190
Kreation 91 f.
Kreativ-Agenturen 207
Kunden 8 ff., 16, 26, 29, 38, 43, 48 ff., 54, 56,
64 ff., 68 ff., 75, 78, 81 f., 89, 91, 101 f., 104,
115, 124, 127 ff., 139, 140 f., 143 ff., 183 f.,
194, 225, 232, 234, 246 ff., 251, 257, 264,
274 f., 276 f., 283 f.
– Bindung 8, 26, 48 f., 55, 69, 71 f., 77, 79,
101, 143, 225, 247, 283
– Beziehungszyklus 62, 69, 71 f., 77,
79, 235, 247 f., 283
– Integration 9, 81 ff.
– Loyalität 71
– Veranstaltungen 104
L
Live Communication 15 ff.
– Agenturen 206 ff.
– Attrappen 17
– Besonderheiten 21 f.
– Definition 17 f.
– Instrumente 27, 29 f., 39 f., 49 f., 54,
56, 62, 71 ff., 80 ff., 87 f., 91 f., 96, 100,
143, 148, 166, 173, 180 ff., 204, 218,
225, 227 f., 234 f., 237 f., 247, 251,
256 ff., 264 ff., 274, 276 f., 283 f.
– Integrationserfordernis 28, 181 ff.
– international 29, 223 ff.
– Kontrollprobleme 30 f.
– Kultur 264
– Management 40 ff., 283 f.
– Merkmale 21, 22
– Mix 96 ff.
– Organisation 180 ff., 196 ff.
– Planung 39 ff.
– Portfolio 96 ff., 188
– Problemfelder 28 f.
– Stellenwert 27
– Sonderformen 156 ff.
– Strategien 80 ff.
– Studien 54 ff.
– Ziele 74 ff.
LiveTrends-Studien 26 f., 39, 56, 62 ff., 70 f.,
76, 79, 88 f., 100, 103, 109, 114, 124, 145,
181, 207, 223, 227, 229, 236, 243, 247,
256, 263, 274
M
Markenanalyse 50, 61, 134 ff.
Markenbudgets 87 ff.
Markenbekanntheit 79
Markenführung 36, 85, 232 f.
Markenidentität 81 f.
Markenloyalität 79
Markenimage 79
Markenpositionierung 49, 136
Markenverband 212
Markenwelt 71, 77, 125 f., 138, 142, 145, 148,
276
Marketing 2, 89, 181 ff.
Marktanalyse 42 ff., 223 ff.
Marktsegmentierung 33, 46, 67 ff., 80
– Bewertung 69 f.
– Kriterien 68
– mehrstufig 67
Stichwortverzeichnis
326
Medien 5 ff.
– Begriff 5
– Entwicklung 4 ff.
– Formen 5 f.
– Nutzung 7
Mega-Events 156 ff., S. 163 ff.
– Anspruchsgruppen 158 f.
– Bewerbungsphase 160
– Definition 157
– Durchführungsphase 160
– Typen 156
– Wirkungen 161
Messe 97 ff.
– Beteiligung 106 f.
– Beteiligungsziele 106 f.
– Beteiligungsstrategie 106 f.
– Beteiligungsbudget 107 f.
– Definition 98
– Erfolgskontrolle 113 ff., 268 ff.
– Formen 101
– Kosten 107
– Multiplikatoreffekte 102
– Nutzen-Check 268 ff.
– Planung 103
– Platz 99, 120
– Standkonzept 112
– Standgestaltung 111 ff.
– Standmiete 107
– Studien 54
– Umsetzung 103 ff.
– Veranstalter
– Wirkung 113 ff., 117 f.
Multimedial 7
Multiplikatoreffekt 102
Multisensualität 8, 15, 259 ff., 263
N
Neukundenakquisition 70, 225
Neurowissenschaft 61
Nutzen 152
O
Olympische Spiele 156 ff.
Organisation 180 ff.
– Lenkungsgremien 191
– Konsolidierungsansatz 190
– Koordinationsorientierter Ansatz 191
– Matrixorganisation 192
– Projektorganisation 192
– Service Center 191
– Stabsabteilungen 191
P
Paradigmenwechsel 274 ff.
Pitch 211, 217
Planungsverantwortung 194 f.
Planung 39 ff., 190 ff.
– Bottom-up 194
– Entscheidungsprozess 41
– Prozess 39 f.
– Top-down 194
Point of Experience 127
Point of Sale 49, 127
Promotions 27
Public Relations 26 f.
R
Roadshow 104, 139 ff., 152 ff.
– Definition 140
– Planung 142 ff.
– Studien 55
– Wirkung 148
– Ziele 143 f.
S
Scoringmodelle 211
Sensation Management 124
Showroom 127 ff.
– Definition 127
– Planung 129 ff.
– Studien 54 f.
– Wirkung 138
– Ziele 129 f.
Stichwortverzeichnis
Sinneseindrücke 260 ff.
Situationsanalyse 42 ff.
– Makro-Umwelt 44
– Mikro-Umwelt 45
Sponsoring 27
Sprache 7 f.
Stakeholder 28, 65 f.
Stammkunden 70
Standardisierung 228
Stärken-/Schwächen-Analyse 42
Strategie 80 ff.
– Dimensionen 80 f.
– Formulierung 80 f.
– Optionen 83 f.
Stressmodell 130 f.
Synästhesieverknüpfung 260 ff.
SWOT-Analyse 103
T
Technologie 277
Time lag-Problem 236
Traditional Communication 6 f., 21 f., 182 f.
V
Verantwortlichkeiten 190 ff.
Virtual Communication 7 f., 13, 21 f., 182 ff.,
274 f.
W
Wahrnehmung 8 f.
Weltausstellung 156 ff.
Wirkungsmodell 263
Wirkungspotenzial 263
Z
zeitliche Integration 185 f.
Ziele 74 ff.
– Beziehungen 78
– Formulierung 74
– Inhalte 76
– Methode 88
– Wirkungen 75 ff., 232 ff.
Zielgruppen 64 ff.
– Identifikation 64 ff.
– Segmentierung 67 ff.
Zusammenarbeit mit Dienstleistern 204 ff.
– Vor-/Nachteile 206 ff.
Zukunftsherausforderungen 274 ff.
327
Stichwortverzeichnis