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im juli Nr 297

Megafon Nr. 297 (micro)

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aus der Reitschule Bern

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INHALT

IMPRESSUM

Redaktion AG megafon | Pf 7611, CH-3001 [email protected] | Fon 031 306 69 66

Layout megafon Plakat uvm Umschlag ©MichaelLehmann Druck Kollektiv Druckwelle, ReitschuleIn dieser Nummer Nicole Geissbühler (nig), TomHänsel (#tt), Agnes Hofmann (ans), Sabine Hunziker(sat), Ursula Hurni (uhu), Christa Kläsi (cdk), NickMiszak (npm), Sbanda Piede (sba), Urslé von Mathil-de (uvm).

Redaktionsschluss 14.6.2006 näxter 13.7.2006 | Erscheint monatlich Auflage ca. 1300 Ex.; Jahresabo (mind. Fr. 54.–) bei obiger Adresse.

Die in den Beiträgen wiedergegebene Meinung muss sichnicht mit der Meinung der Redaktion decken. Weder mit bildli-chen noch textlichen Inhalten sollen die LeserInnen dazu auf-gerufen werden, Straftaten zu begehen.

ENTREE

3 HUEREGEILEditorial

INNENSTADT

4 DEMO VOM 17. JUNIRückblick IRückblick II

7 ANTIFA-FESTIVALVorschau Themenausstellung «Brennpunkt Faschismus»

8 IMMER NOCH, IMMER WIEDER: WEGWEISEN – UND AKTIONENAktionstag am 8. Juni

10 RAZZIA IM SCHREBER-GARTENStreitschule und Drogenpolitik

14 IM WÜRGEGRIFF DER MUTMASSLICHKEITFast 10 Jahre augenauf Bern

INTERNATIONALISTISCHE

18 AGROBUSINESS MIT ARGEN UMWELTFOLGENBäuerinnen gegen Zellulose-Unternehmen

22 MOBILISIERUNG UND REPRESSION IN OAXACAMexiko: Aufruf zur internationalen Solidarität

INNENLAND

24 ZWISCHENBERICHTE ZUM ZEITUNGSPROJEKTNach den Consultas in elf Städten

KULTUR ET ALL

25 ANGST VOR DEM PARAGRAPH 213Gudmund Vindland «Der Irrläufer» – Buchbesprechung

26 SICHERHEIT BEI FUSS-BALL-GROSSANLÄSSENLegalize it!

30 WEISSE, SÜDAFRIKANI-SCHE KINDHEITComix von Karlien de Villiers

32 SCHEIBEN VON CHRISTINE LAUTERBURG

29 CARTE BLANCHE FÜR SARA

33 PROGRAMM

34 STORY OF HELL

IM JULI

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EDITORIAL

EDITORIAL

HUREGEIL

das sommerloch begann diesmal einbisschen eher für uns. und findige lese-rinnen bemerkten sicher sofort, dass wiruns letzten monat immer noch im «mai»befanden, als könnte uns der zahn derzeit nix anhaben.

es ist sicher auch das micro-interimfeeling, was nicht soo lange geplant, aberauch schwer abzuschätzen war … NUN,schätze ich, könnt ihr euch mit uns auf einen neustart ca. im september freuen.

ausserdem bin ich mit meinem kopfnoch ganz woanders. ein bisschen nördli-cher. und nach wie vor entsetzt: taz, jun-gleworld und wie sie alle heissen produ-zieren extrabeilage um extrabeilage, diebild schmückt sich in schwarz-rot-gold,in allen nachrichten ist «der wahn» aus-gebrochen, egal was passiert, es ist einemeldung wert! hierzulande … okei,lassen wir das … draussen fahren gerade-wieder ‘n tonnen verrückte vorbei.

möööööp, mööööööööööööööpeine richtigstellung wollte ich noch

schnell trööööööööööööööööööööööt da-zwischenschieben: an der demo letztensamstag wurde zwar auch «not und leidbeklagt»*, hauptsächlich jedoch stärkegezeigt, dass solidarität nicht nur wichtig,sondern auch da ist, dass ca. elftausendfreundliche menschen aktiv werden unddass sich (graaaaaahhhh – wo ist dieschrotflinte?!) dies auch in konkreten ak-tionen, einfachstes beispiel: ein doppeltesnein gegen das neue asyl- & ausländer-gesetz, äussern kann. hoffentlich wird.

und bevor mich die wahnsinnigen dortdraussen noch gänzlich um den verstandbringen, verlasse ich gehetzt dies spiel-äh, schlachtfeld, und denke: durchhaltenbis zum endspiel!

mfg#tt

* (der Bund vom 19.6.2006)

nbb.: sicher habt ihr bereits die «zwi-schenberichte» tüüüüüüüüüüüüüüüüt ineurem Briefkasten gefunden, welche dieneue/alte redaktion sich freut, euch prä-sentieren zu dürfen. näheres ab seite 24.

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INNENSTADT, 17. JUNI 06

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INNENSTADT, 17. JUNI 06

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INNENSTADT, 17. JUNI 06

DEMO GEGEN ASYL- UND AUSLÄNDERGESETZDEMO FÜR GRUNDRECHTE UND MENSCHENWÜRDE

MIT HERZ UND VERSTAND:NEIN UND NEIN!*

Die Demonstration am Flüchtlingstagstand unter dem Motto «wir sind dieschweiz. schluss mit fremdenfeindlich-keit. 2 x nein zu asyl- und ausländerge-setz».

«Wenn die Betroffenen, MigrantInnen,Flüchtlinge und Sans-Papiers, abstim-men könnten, würden sie am 24. Septem-ber klar 2 x NEIN sagen zu den diskrimi-nierenden und unmenschlichen Geset-zen» erklärte Ruth Dreifuss an der Kund-gebung.

Im von dutzenden von Organisationenunterzeichneten Demoaufruf wird hervor-gehoben, dass der Kampf für Grundrech-

te und Menschenwürde und gegen denrücksichtslosen Neoliberalismus weitüber den Bereich der Migrationspolitikhinaus wichtig ist:

«Sozialer Abbau und neoliberaler Um-bau werden nur umsetzbar, wenn wir unsgegeneinander aufhetzen lassen:SchweizerInnen gegen AusländerInnen,Männer gegen Frauen, Niedergelassenegegen Sans-papiers, Junge gegen Alte,ArbeiterInnen gegen Arbeitslose, Gesun-de gegen Invalide…»

> BALTHASAR GLÄTTLI/LARA MOSERSOLIDARITÉ SANS FRONTIÈRES <

MEHR ALS 11'000 MIGRANTINNEN,SANS-PAPIERS, FLÜCHTLINGE UNDBESITZERINNEN EINES SCHWEIZERPASSES HABEN AM 17. JUNI ANEINER KRAFTVOLLEN UND LAUTENDEMONSTRATION IN DER BERNERINNENSTADT TEILGENOMMEN.

* aus der Rede von Ruth

Dreyfuss, 2 x Nein an

der Abstimmung im

September zum Asyl-

und zum Ausländer-

Innengesetz. Reden von

Dreyfuss und anderen

unter www.sosf.ch.

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Tagtäglich sind wir mit Faschismen konfrontiert:

Hetze gegen AusländerInnen, Übergriffe von

Nazis, das Recht des Stärkeren und die kapita-

listische Ausbeutung der Schwächeren, etc.

Wir verstehen dieses Festival als einen Teil der

Gegenkultur und als Bestandteil des alltäglichen

antifaschistischen Kampfes. Wir wollen Raum

bieten für Austausch, Zusammensein und Ver-

netzung regionaler wie überregionaler anti-

faschistischer Strukturen. Aber auf keinen Fall

zu kurz kommen sollte der Spass, denn der All-

tag bietet schon genug Tücken und Macken, mit

welchen wir uns herumschlagen müssen!

Zwei Nächte lang wird in der grossen Halle der

Reitschule Live-Musik spielen und dem Faschis-

tenpack gehörig einheizen, genügend Bars und

Essstände werden für Verpflegung sorgen

und Infostände den politischen Wissensdurst

löschen! Tagsüber sollen Info- und Diskussions-

veranstaltungen stattfinden. Bei schönem Wet-

ter lohnt sich auch der Sprung in die Aare oder

Frau/Mann kann einfach irgendwo gemütlich

«abhängen»! Damit es kein Festival nur für gut

Betuchte wird, haben wir es uns zum Ziel ge-

setzt, genügend Schlafplätze gegen einen klei-

nen Solibeitrag und eine VoKü zu organisieren.

Also, bis bald und mit antifaschistischen

Grüssen!

> FESTIVAL-TEAM <

Alle Infos unter www.antifafestival.ch

PROGRAMM ANTIFA-FESTIVAL

Themenausstellung in der Kornhausgalerie«BRENNPUNKT FASCHISMUS ASPEKTE EINES THEMAS»Der Faschismus gehört zur Vergangenheit und

leider weltweit auch zur Gegenwart. 60 Jahre

nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges

treten wieder vermehrt faschistische und neo-

nazistische Organisationen und Parteien an die

Öffentlichkeit, deren Ziele und Programme Ähn-

lichkeiten mit jenen der Faschisten der 1920er-

und 1930er-Jahre aufweisen.

Die Ausstellung skizziert die verschiedenen As-

pekte des Faschismus mit Hilfe von Plakaten.

Sie beschäftigt sich mit dem Faschismus in sei-

ner historischen Bedeutung, vor allem in Bezug

auf Italien, Deutschland und die Schweiz. Ande-

rerseits wird ein Bild der momentanen Situation

dargestellt.

Galerie des Kornhausforums Bern

Vernissage 2. August 2006, 19.00 Uhr

Öffnungszeiten: Di - Fr 10-19.00 Uhr, Do bis

20.00 Uhr, Sa 10-16.00 Uhr. Eintritt frei

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INNENSTADT

AKTIONSTAG AM 8. JUNI

IMMER NOCH, IMMER WIEDER: WEGWEISEN – UND AKTIONEN!

Durch den Wegweisungsartikel wird esder Polizei erlaubt: «...Personen von einem Ort vorübergehend weg(zu)weisenoder fern(zu)halten, wenn der begründeteVerdacht besteht, dass sie oder andere,die der gleichen Ansammlung zuzurech-nen sind, die öffentliche Sicherheit ge-fährden oder stören» (Art.29 PolG Be).

Natürlich ist die Definition von «öffent-licher Sicherheit», «gefährden», oder«stören», sehr subjektiv und so konnte espassieren, dass ein Mensch, der Pilzesammeln wollte (wohlgemerkt, essbarePilze, keine psychoaktiven) weggewiesenwurde. Grund: Er hat sich für sein Unter-nehmen alte Kleider angezogen, womit er(nach der Polizei) empfindlich das Stadt-

bild störte. Diese Geschichte wäre amü-sant, wenn sie sich nicht immer wieder,

fast Tag für Tag, in ähnlicher Weise wie-derholen würde.

Dass der Wegweisungsartikel zu Will-kür, Machtmissbrauch und Schikaneführt, ist nicht der einzige Grund, warumer aus der Sicht der Gassennahen Institu-tionen absolut nicht haltbar ist. Die Argu-mente, die diesen Artikel als ach so nötigerscheinen lassen, sind unter genauerBetrachtung nicht stichhaltig, wenn nichtsogar menschenrechtswidrig. So soll derBürger dadurch besser vor Raubüberfäl-len geschützt werden. Tatsache ist aber,dass solche Überfälle nie in einem beleb-ten Bahnhof geschehen, sondern an an-deren, meist nicht öffentlichen Orten.Aber wer weiss, wenn genügend Perso-

AN EINEM SCHÖNEN DONNERSTAG WARES LEIDER WIEDER EINMAL SOWEIT:DER WEGWEISUNGSARTIKEL (AUCHPERIMETERARTIKEL ODER, PASSENDER,GUMMIPARAGRAPH GENANNT) KONNTEEIN WEITERES JAHR SEINE VER-ANKERUNG IM KANTONALBERNISCHENPOLIZEIGESETZ FEIERN.

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INNENSTADT

nen weggewiesen werden, kann die Poli-zei den Bahnhof noch zu einem geeigne-ten Platz machen...

Ein weiteres Argument war, die Men-schen vor aggressivem Betteln, Drohungund Gewalt schützen zu wollen. Erstaun-licherweise wurde dabei übersehen, dassbeides schon gesetzlich geregelt ist. Daseine geht unter Nötigung/Beleidigung,das andere ist strafrechtlich relevantesVerhalten.

Ganz abgesehen davon scheint ver-gessen worden zu sein, dass der öffentli-che Raum durch sein kleines Adjektiveben zu einem Ort für ALLE wird. Es er-staunt doch immer wieder, dass ein sol-ches, doch sehr eindeutiges, Wort so ver-schieden interpretiert werden kann. Wirhaben dafür zwei Erklärungen. Erstens:Das Wort «alle» ist im Lexikon falsch de-finiert und ist eigentlich eine Abkürzungfür «fast alle», oder noch präziser für«Alle die, die mir genehm sind». Oderaber, die betreffenden Menschen (meistPolizistInnen) definieren bestimmteRandgruppen nicht als Menschen, womitsie nicht mehr zu «allen» gezählt werdenmüssen und weggewiesen werden dür-fen.

THEMA ANGST

Gründe genug, dass die GassennahenInstitutionen auch dieses Jahr wieder ei-nen Aktionstag gestaltet haben, um aufdieses Thema aufmerksam zu machen.Dieses Mal riefen wir zur gemeinsamen,angstfreien Aktion mit Menschen von derGasse auf. Dabei wurde speziell die Angstangesprochen, von der bürgerliche Poli-tiker immer wieder sprechen, wenn esum den Berner Bahnhof geht. Themati-siert wurde auch die Repression, dieMenschen auf der Gasse in ihrem Alltagpermanent erleben müssen. So wurdenab 18 Uhr munter Mut-Tränke verteiltund ein Begleitservice für Ängstliche an-geboten, während die Furchtlosen eineAuszeichnung erhielten. Durch zweiStände, Flyer und Gespräche mit Betrof-fenen erhielten die Passanten Informa-tionen über unsere Aktion. Wir hoffen,damit Mut gemacht zu haben, sich auchweiterhin gegen Missstände zu wehren.Immer noch und immer wieder!

> GASSENKÜCHE BERN <

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INNENSTADT VS. GUTES HAUS

STREITSCHULE UND DROGENPOLITIK

RAZZIA IM SCHREBERGARTEN

Die Polizeirazzia vom 18. Mai 2006 hateinigen Staub aufgewirbelt – es ist langeher, dass die Stadtpolizei nicht nur draus-sen auf dem Vorplatz, sondern auch drin-nen in den Räumen «mutmassliche Dea-ler» verhaftete. Einige können sich nochan die Szenen ca. 2000/2001 erinnern, alsKrokusgrenadier Münger im InnenhofSchwarze verprügelte oder Reitschüler-

Innen mit Erschiessen bedrohte, oder an2003, als Kollega Schneider seine Körper-grösse durch die i fluss-Türen zu schie-ben versuchte. Einige AktivistInnen ken-nen die beiden auch von Prozessen wegen«Gewalt und Drohung gegen Beamte»,«Hinderung einer Amtshandlung» oder«Beschimpfung» («Du Rassist») – meistim Zusammenhang mit Torschliessungenbei Razzias. Münger und Schneider warenmeist auch mit von der Partie, als 2003Flaschen und Steine gegen Gummischrotund Tränengas flogen.

Die Razzia hat auch andere Aspekteaufgezeigt: In Sachen Umgang mit derPolizei und der Stadt gibt es innerhalb derReitschule unterschiedlichste Ansichten.Die meisten können mit Razzias auf demVorplatz leben – solange sie «korrekt»

FRAGE: IST DIE REITSCHULE EINSELBSTVERWALTETES BASISDEMO-KRATISCHES KULTUR- UND BEGEG-NUNGSZENTRUM, TREFFPUNKT FÜRDIE KIFFENDE UND SAUFENDEPROLL- UND MITTELSTANDSJUGENDSOWIE DEREN JUNGGEBLIEBENEELTERN, ORT DER KULTURAVANT-GARDE, COOLER UND UNVERBINDLI-CHER NEBENJOB, EINE LINKSAUTO-NOME WIDERSTANDSLEHRWERKSTATT,EIN RUMMELPLATZ FÜR KOKSNASENUND HASCHISCHFIXERINNEN ODEREIN SCHREBERGARTENVEREIN, DERSICH AUCH SO BENIMMT? ANTWORT:MEISTENS ALLES ZUSAMMEN.

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sprich nicht rassistisch und/oder brutalverlaufen – nur wenige aber mit Razziasdrinnen. Die Solidarität mit «den Dea-lern» draussen ist minimal, grösser dasErschrecken darüber, dass die Cops am18. Mai 2006 drinnen wie draussen an-statt Dealer konsequent Schwarze ver-hafteten und später selbst zugeben mus-sten, dass sie da offenbar einige vieleFalsche verhaftet hätten. Die meist ineffi-zienten Kleinrazzien auf dem Vorplatzführen zu Spekulationen über die fachli-chen Kompetenzen der Polizeigrenadier-Drogeneinheit Krokus – die Bullenkesselan Demos sind jeweils um einiges pro-fessioneller...

STREITSCHULE

Zu Streit führt auch die Frage, wie dieReitschule gegenüber Stadt und Polizeibeim Thema Vorplatz auftreten soll. Anden mehrmals im Jahr stattfindendenSitzungen mit der Stadt sind der Vorplatzund die Razzien immer wieder Thema.Der langjährige Vorwurf der Polizei, dieReitschule würde Dealer schützen, dadiese in die Reitschule flüchten könnten,führt zu unterschiedlichen Reaktionen:Während sich die einen wohl sogar vor-stellen könnten, die Polizei auch drinnen

(Durchgang, Hof) agieren zu lassen, wol-len die anderen wie bis anhin bei Razziasfrüher oder später das Tor schliessen,egal ob «mutmassliche Dealer» hinein-geflüchtet sind oder nicht. Die dritte Po-sition – im Moment die offizielle Mehr-heitsmeinung – empfiehlt der PolizeiRazzien zu machen, wenn die Reitschulegeschlossen ist, was diese allerdings fastkonsequent ignoriert. Vorabinfos übergeplante Razzias will niemand.

DIE GASSE VOR DEN TORENDER BURG

Ein anderes Thema ist das immerWiederauftauchen von PolytoxikomanIn-nen unter der Brücke. Bei Repressions-druck oder Stoffknappheit in der Stadtbeziehungsweise guten Stoffquellen aufdem Vorplatz, sind vor allem abends undnachts konsumierende Grüppchen unterder Brücke zu sehen. In den letzten Wo-chen sind auch vereinzelt einige Gassen-frauen am Anschaffen (die Schützenmat-te ist Strichzone) und auch die polytoxiko-manische Junggasse trifft sich zum Teildort. Bei Erwähnung dieses Themas ander Stadtsitzung hat die Stadt offenbarvorgeschlagen, sie könne unter derBrücke PINTO einsetzen, was bei Teilen

der Reitschule-Delegation sogar zuspontanem Kopfnicken führte. ZumGlück ist die Reitschule eine Basisdemo-kratie und so musste dieses Thema in dieReitschule-Strukturen zurückgetragenwerden. Und dort stösst dieser Vorschlagvoraussichtlich auf Ablehnung.

Denn die Situation auf dem Vorplatzkann nicht mit noch mehr städtischerRepression (Polizei, Pinto, Wegweisun-gen, etc.) gelöst werden – denn genaudiese hat die Probleme auf den Vorplatzgebracht – sondern nur mit einer neuenAusrichtung der Drogenpolitik.

AUSSERHALB DESSCHREBERGARTENS

Innerhalb des SchrebergartenvereinsReitschule finden zum Thema Deal undBrückenszene je nach Betroffenheit dieunterschiedlichesten Diskussionen statt.Oft schauen diese aber nicht über die all-tagsbetriebliche Betroffenheit hinausund in den meisten wird die Situation aufder «Gasse» nicht miteinbezogen: derobrigkeitliche Wegweisungswahn in derInnenstadt (die Reitschule ist von

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INNENSTADT VS. GUTES HAUS

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Perimetern «umzingelt»), die Schlies-sung des PolytoxikomanInnen-Treff-punkts «Traube» (Aarbergergasse) unddie darauffolgende Gassenhatz der Poli-zei, die Schliessung (fast) aller Hanflädenund das teilweise Umsteigen von Konsu-mentInnen von (rarem) Gras auf (billiges)Koks, das obrigkeitliche Problem mit

alkoholkonsumierenden Menschen, diedies nicht in Kneipen tun, die Bauereirund ums Bundeshaus und damit dastemporäre Verschwinden von einigen Nischen fürs Drogenknallen und Pennen,das Fehlen einer zweiten (oder nochmehr) Drogenanlaufstellen, wiedermalkeine Drogennotschlafstelle von März bisca. Oktober, das Verbot für nichtkanto-nalbernerische DrogengebraucherInnenin der Drogenanlaufstelle Hodlerstrasse,

der neue Treffpunkt der harten Drogen-szene im «Hongkong» (Genfergasse)samt tausend Gerüchten über die dortige«krasse» schwarzafrikanische Dealer-gang, die neuen Probleme für die Dro-genstrich-Szene bei der Kleinen Schan-ze, da in der Nähe bald die US-Botschaftsein wird, die teilweise miese Qualitätdes Stoffs (Kokain mit Maizena gestreckt,etc.), der angeheizte Beschaffungsstress,die Rolle der SozialarbeiterInnen-PolizeiPINTO und last but not least die Prohibi-tion.

Hinzu kommt, dass in der Reitschule,nicht viel anders als in der Restwelt, mitAusnahme von Gassenküche, Copwatch,(Ex-)Bündnis Vorplatz und Einzelper-sonen kaum jemand einen Bezug zur«Gasse» hat. Wer kennt eineN Polytoxi-komanIn (ausser den Wochenend-Party-gästen…) von der Gasse? Wer weiss, wasdie Rolle der «Filterli-Fixer» ist? Wie lan-ge dauert es, eine Busse von 330 Frankenabzusitzen? Wo treffen sich die Alkis,wenns im Alk-Stübli keinen Platz hat?Was machen PolytoxikomanInnen vorund nach den Öffnungszeiten der Dro-genanlaufstelle an der Hodlerstrasse?Wo wohnen Gassenpunks? Was hatAlufolie mit Drachenjagen zu tun? Wofürbrauchen die MischlerInnen das erarbei-12 m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

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INNENSTADT VS. GUTES HAUS

tete Geld? Was passiert, wenn man mitMaizena gestrecktes Kokain in einem«Cocktail» auflöst? Was macht man,wenn unter der Brücke eineR umkipptund was, wenn er/sie blau anläuft? Wieviel kostet eine Wegweisung?

Aufgefrischt werden sollte zudem seitlangem die Kontakte zu den ausserparla-mentarischen «Gassennahen Organisa-tionen» (Kirchliche Gassenarbeit, Gas-senküche, Eltern drogenabhängiger Jugendlicher, Copwatch, etc.), die seitJahren die obrigkeitliche Drogenpolitikkritisieren und Alternativen aufzeigen.

AUTONOME DROGENPOLITIK

Was es in der Reitschule neben derAnnäherung an die Verwandten von derGasse und vermehrter Zusammenarbeitmit den Gassennahen Organisationenwieder braucht, sind Vorschläge und For-derungen für eine andere, autonome,ganzheitliche Drogenpolitik, die gegenü-ber der Stadt und ihrem Repressionsap-parat konsequent vertreten werdenmuss. Da kommt natürlich die Legalisie-rung an erster Stelle, aber es gibt auchviele andere mögliche Forderungen:mehrere Drogenanlaufstellen für allestatt nur eine überfüllte für einige weni-

ge, mehrere Drogennotschlafstellen stattnur eine im Winter, Wiedereröffnung derHanfläden, Tolerierung von «DealersCorner» an verschiedenen Orten derStadt, Tolerierung von mehreren kleine-ren und grösseren Drogenszenen, Weg-weisungsstop, keine Anzeigen wegenDrogenbesitz/-konsum/-kauf/-verkauf,undundund…

Neben diesen theoretischen Ansätzensind auch praktische vonnöten: Zum Bei-spiel zusammen mit der KirchlichenGassenarbeit ein Konzept erarbeiten, wiedie Reitschule auf die Drogen- und Gas-senjugendszene auf dem Vorplatz einge-hen kann, anstatt hilflos oder angewidertdaran vorbeizulaufen. Mit den Drogen-strich-Frauen auf der Schützenmatte eine minimale Sicherheitstruktur erar-beiten und/oder ihren Freiern Reitschu-le-Präservative zu verteilen. Ein Haus besetzen, um eine zweite Anlaufstelleoder eine Notschlafstelle zu ermögli-chen. Erste-Hilfe-Kurse mit Schwer-punkt Beatmungstechnik anbieten. Sau-bere Spritzen und Nadeln, Trocken- undAlktupfer verteilen. Eine Open-Air-An-laufstelle unter der Brücke errichten.Dealer Corners in der Stadt einweihen.Das PINTO wegweisen.

Die Reitschule muss wieder/endlicheine wichtige Stimme in der städtischenDrogenpolitik, vielleicht sogar Sprach-rohr der Gasse werden. Das Thema Dro-genpolitik darf nicht der Stadt überlassenwerden: denn deren Politik hat mehr alsversagt.

> BÜRO GEGEN FINSTERE ZEITEN BERN <

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FAST 10 JAHRE AUGENAUF BERN

IM WÜRGEGRIFF DERMUTMASSLICHKEIT

Im Sommer 1996 traf die Polizeibrutalitäteinen 32-jährigen afrikanischen Fami-lienvater, der Ende April 1996 in der Ber-ner Innenstadt von Polizeigrenadieren an-gehalten, als «mutmasslicher Drogen-dealer» verdächtigt und nach Äusserun-gen von Unverständnis über die Anhal-tung verprügelt, bewusstlos gewürgt, ver-haftet und auf dem Waisenhauspostenweiter misshandelt wurde. Zurück blie-ben seelische und körperliche Prellungensowie eine würgegriffbedingte Verletzungam Kehlkopf.

Die Öffentlichmachung des Übergriffsund eine Strafanzeige gegen die beteilig-ten Polizisten zwang die Stadtpolizei me-dial zu reagieren: Mit einer Medienkonfe-

renz teilten die damals Verantwortlichender Öffentlichkeit mit, dass die Stadtpoli-zei in Zukunft «korrekt» beziehungsweise«gefahrlos» würgen werde. Medial ele-gant präsentierten ein Stadtpolizist undeine Stadtpolizistin unter Aufsicht eines«kompetenten Mediziners» den neuen«korrekten» Würgegriff der Obrigkeit.

Monate später befand ein Gericht überden Vorfall und sprach die beteiligten Polizisten vom Vorwurf des Amtsmiss-brauchs und der einfachen Körperverlet-zung frei: «Die Schilderung des Schwarz-afrikaners seien ‹relativ abenteuerlich›.Da er grösser gewachsen sei als die Poli-zisten und diese ‹wenig kampferprobt›,müsse die vom Zeugen geschilderteMisshandlung als unwahrscheinlich an-geschaut werden.» (Bund 17.9.1997)

VOR 10 JAHREN – SOMMER 1996 –BESCHLOSSEN ANGEHÖRIGE UNDFREUNDINNEN EINES OPFERS VONRASSISTISCHER POLIZEIBRUTALI-TÄT, SICH ZU ORGANISIEREN UNDGRÜNDETEN 1997 DAS BERNER BÜROVON AUGENAUF.

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POLIZEI-RUGBY AUF DER STRASSE

Wie schon in den Jahren zuvor, setztedie Stadtpolizei Bern ihre gezielte Desin-formationskampagne fort, in der afrikani-sche Männer beziehungsweise «mut-massliche» afrikanische «Chügelidea-ler» als aggressiv und extrem gewaltbe-reit dargestellt wurden. Im gleichemAtemzug bat die Polizei jeweils um «Ver-ständnis» für allfällige unschöne Szenenbei Verhaftungen.

Die Folgen waren unvermeidlich: Po-lizeigrenadierInnen verwechselten ihreArbeit mit einem Rugby-Spiel, dealendeund nichtdealende schwarze Bürgerwurden beleidigt, verprügelt, verletzt undverhaftet. Die TäterInnen wurden seltenangezeigt und noch seltener von einemGericht zur Rechenschaft gezogen.

TASK «FARCE»DROGENPOLITIK

Die Zustände in der Berner Innen-stadt seien unzumutbar, befand imHerbst 1997 die rotgrüne Regierungs-mehrheit – sie meinten damit nicht dierassistischen Polizeiübergriffe, sonderndie Zustände rund um den Berner Bahn-

hof. Diesen habe der damalige freisinnigePolizeidirektor Kurt «Wegweisung» Was-serfallen verslumen lassen, um Stim-mung für die Abstimmungen über daskantonale Polizeigesetz und über die In-itiative «Jugend ohne Drogen» zu ma-chen. Das Dossier wurde ihm teilentzo-gen, die Rotgrünen gründeten die TaskForce Drogenpolitik, in der sie Polizei,Sozialamt, Drogeninstitutionen, etc.zwecks koordinierter Zusammenarbeitgleichschalteten.

Im Januar 1998 startete die Task For-ce Drogenpolitik mittels der «AktionCitro» eine Verhaftungskampagne gegen«mutmassliche Dealer» – in ihren Augenwaren dies vor allem junge afrikanischeund albanische Männer. Die Stadtpolizeiverhaftete während dieser Aktion über2000mal Männer, die diesem Feindbildentsprachen, viele auch mehrmals. DieTask Force Drogenpolitik feierte in regel-mässigen Medienkonferenzen die will-kürliche Verhaftung von Hunderten vonAfrikanern und Albanern beziehungswei-se «mutmasslichen Dealern» als Erfolg –was von den meisten Medien hofbericht-erstattend bzw. kritiklos übernommenwurde. KritikerInnen der Aktion Citro,u.a. die «Gassennahen Organisationen»bekamen bei Treffen mit höheren Stadt-

beamtInnen der «Task Farce» teilweiseObskures zu hören: Die Stadtpolizeiwehrte sich gegen Rassismusvorwürfemit dem Argument, sie würde regelmäs-sig interne Kurse mit dem Namen «Wirund die Fremden» durchführen, einStadtbeamter erklärte, man könne esauch so sehen, dass es der Task Forcedarum ginge, die einheimischen KMUszu fördern und die anderen loszuwerden– also quasi Protektion für «einheimi-sche» Dealer.

DER VORPLATZ DERREITSCHULE

Repressive Gassenhatz, rassistischeÜbergriffe und der ab 1998 aufkommen-de obrigkeitliche Wegweisungswahn inder Innenstadt führten entweder dazu,dass die potentiellen Opfer – egal obDealer oder Nicht-Dealer – die Innen-stadt mieden oder in die Quartiere auswi-chen. Teile der Dealer- und Drogenszenenutzten auch immer wieder den vonWegweisungsperimetern umzingeltenVorplatz der Reitschule als Treffpunkt,was von nichtdealenden ...›

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INNENSTADT

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und/oder nichtkonsumierenden Besu-cherInnen (u.a. junge AfrikanerInnen)und BetreiberInnen des Autonomen Kul-tur- und Begegenungszentrums zum Teilals ziemlich nervig empfunden wurdeund wird. (Nicht gendergeschulte)Männergruppen, die jede und jeden an-quatschen, gewalttätige Machtkämpfe,Gassen- und Party-KonsumentInnen, dieauf den WCs skifahren und Dealer, die dieKlos verstopfen, um die verschlucktenund dann rausgeschissenen Cola-Portio-nen rauszufischen, etc.

Doch am meisten nervte die Dro-geneinheit Krokus mit kleineren undgrösseren Razzias auf dem Vorplatz:Brutales Vorgehen, primitive Sprüche ge-gen Schwarze, Nordafrikaner und Linkeund eine offensichtliche razziatechnischeUnfähigkeit stiessen auf Unverständnisund Widerstand. Im buchstäblich heissenSommer 2003 führte das Vorgehen derPolizeigrenadiere des öfteren zu kleine-ren und grösseren Strassenschlachten .

(Die Riots nach 2003 waren dann meisteher Privatvergnügen…)

Verschiedene Krokusgrenadiere fie-len immer wieder durch Brutalität, Ras-sismus und Menschenverachtung auf.Egal, ob auf der Grossen Schanze, in derInnenstadt oder auf dem Vorplatz – eineknappe Handvoll Namen tauchte bei ge-walttätigen Übergriffen immer wiederauf. Vermisst wurde dabei immer die bit-ter nötige Intervention der Poli-zeiführung, der die Übergriffe nicht ent-gangen sein konnten. Selbst bei inoffiziö-sen Gesprächen mit den Vorgesetzten,stellten sich diese aber immer wiederhinter ihre Mannen, obwohl die teilskombinierten Faktoren Gewalttätigkeit,Hass, Rassismus, religiöser Wahn, Men-schenverachtung und ein berufsbeding-tes Burnout-Syndrom eigentlich drin-gend zum Handeln (Versetzung in Büro-job, Ferien, PsychologIn, Entlassung,etc.) gezwungen hätten.

Nach dem razziararen Winter 2005und Frühling 2006 hat jetzt die Stadtpoli-zei am 18. Mai den angekündigten raz-ziaintensiveren Sommer eingeläutet. DieArt und Weise der Drogenrazzien aufdem Vorplatz waren und sind zwischenStadt und Reitschule ein ewiges Streit-thema (zum Beispiel Verhalten, wennLeute bei Razzias in die Reitschule flüch-ten). Doch eigentlich sollten die beidenüber etwas anderes reden: über die Pro-hibition, die repressive Gassenhatz, denWegweisungswahn und die rassistischenÜbergriffe, die die Situation auf dem Vor-platz geschaffen haben.

> AUGENAUF BERN <

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INNENSTADT

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WIR SIND AUCH DAGEGEN…

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BÄUERINNEN GEGEN ZELLULOSE-UNTERNEHMEN

AGROBUSINESS MIT ARGEN UMWELTFOLGEN

Am 8. März hatten 2000 Frauen der Bau-ernvereinigung Via Campesina 1 an einerAktion im südlichsten Bundesstaat Brasi-liens, Rio Grande do Sul, teilgenommen.In wenigen Minuten zerstörten sie einenTeil der Eukalyptusplantage des transna-tionalen Zelluloseunternehmens Ara-cruz 2. Auf diese Weise wollten die Frauenauf die Zellulosefabriken in ihrem Landaufmerksam machen, die die Landschaftin grüne Wüsten verwandeln sowie

Mensch und Umwelt bedrohen. «Eine Eu-kalyptuspflanze konsumiert 30 Liter Was-ser pro Tag, aber Arbeitsplätze schafftdiese Art von Agrobusiness keine», kriti-siert Margarida Silva 3 im nachfolgendenInterview. Silva ist 45 Jahre alt, wohnt inder Gemeinde Santa Maria im BezirkCondor in Rio Grande do Sul und ist Mit-glied der Landfrauenbewegung (Movi-mento de Mulheres Camponesas – MMC).Die Bewegung ist im Visier der aktuellenpolitisch motivierten Repression.

Margarida Silva, was hat sich am8. März in Rio Grande do Sul er-eignet?

Der 8. März ist traditionellerweise einTag des Kampfes der Arbeiterfrauen.Auch dieses Jahr war es ein Tag des Wi-derstandes zur Verteidigung des Lebens,der Menschheit und des ganzen Planeten.Eine Frau, die spürt, dass ihre Kinder inGefahr sind, tut alles, um sie zu verteidi-

gen und ihr Leben zu retten. Wir sind sehrbesorgt, weil die Lage für die Umwelternst ist, die Artenvielfalt bedroht ist unddas Agrobusiness immer weiter vorrückt.Die Multis beuten unsere natürlichenRessourcen und Reichtümer aus. DasAgrobusiness arbeitet mit Monokulturen,was die Landkonzentration verstärkt.Ländereien, die für die Landreform vorge-sehen sein könnten, werden aufgekauftoder besetzt. Ausserdem vertreibt dasAgrobusiness Bäuerinnen und Bauern,Quilombolas (aus Afrika Abstammende)und Indigene von ihren Ländereien. Dar-um haben wir am 8. März gegen die Kon-sequenzen dieser wirtschaftlichen Ent-wicklung protestiert. Wir haben uns aufdie Zelluloseunternehmen konzentriert,weil sie eines der neusten und agressiv-sten Gesichter des Agrobusiness zeigen.

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INTERNATIONALISTISCHE

SEIT DREI MONATEN WERDEN AKTIVISTINNEN DERBRASILIANISCHEN LANDFRAUENBEWEGUNG JURIS-TISCH VERFOLGT SOWIE POLITISCH UND MEDIALDISKREDITIERT. AM INTERNATIONALEN TAG DERFRAU ZERSTÖRTEN 2000 FRAUEN BEI EINER PRO-TESTAKTION EINEN TEIL DER EUKALYPTUSPLAN-TAGE DES TRANSNATIONALEN ZELLULOSEUNTER-NEHMENS ARACRUZ. BÄUERINNEN WEHREN SICHGEGEN AGROBUSINESS UND UMWELTVERSCHMUTZUNG.

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Sie sprechen von Agrobusinessund Zellulose… Welche Folgen hatdies für die Umwelt?

Die Konsequenzen für Natur undMensch sind schrecklich, wir könntengar von tödlich sprechen. Eine Eukalyp-tuspflanze konsumiert ca. 30 Liter Was-ser pro Tag. In unserer Region ist die Nie-derschlagsmenge um 20 Prozent gerin-ger als der Wasserkonsum der Eukalyp-tuspflanzen. Die Konsequenzen sind of-fensichtlich und zeigen sich in immerschlimmeren Trockenheiten. Im Nordos-ten Brasiliens, wo Aracruz auch tätig ist,sind schon 150 Flüsse und Bäche ausge-trocknet. Ausserdem sind die Zellulose-fabriken hochgradig umweltverschmut-zend. Das Abwasser vergiftet Flüsse undSeen. Dazu ist bewiesen, dass Chlor, dasin grossen Mengen gebraucht wird, umdas Papier zu bleichen, die Ozonschichtbeschädigt, was wiederum die Hitze ver-grössert.

Jede neue Fabrik wird mit derSchaffung von Arbeitsplätzen gerechtfertigt. Werden dieseVersprechen eingelöst?Eukalyptusmonokulturen schaffen keineArbeitsplätze. Aracruz schafft einen di-rekten Arbeitsplatz pro 185 Hektaren.

Das ist nichts. Anstatt Arbeitskräfte an-zulocken, löst diese Industrie eine massi-ve Landflucht aus und eine immer un-haltbarere Invasion in die Städte.

Hat die Zelluloseindustrie vielGewicht in Brasilien?

Die Plantagen mit Eukalyptus, Pinienund Akazien für die Zelluloseproduktionwachsen mit grosser Geschwindigkeit.Der expandierende Markt für Zellulose-holz wird in den nächsten fünfzig

19m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

INTERNATIONALISTISCHE

...›

Corinne Dobler

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Jahren auf keine Grenzen stossen.Gemäss verschiedenen Studien ist dieNachfrage nach Holz in unserem Landgrösser als das Angebot. Viele transna-tionale Firmen verlagerten ihre Aktivitä-ten in Länder des Südens, indem sie Un-ternehmen aufkauften oder Gesellschaf-ten schufen. Der Gewinn ist hier grösser,denn die Arbeitskräfte sind billiger unddie natürlichen Ressourcen üppig. Undmit ihrer Verlagerung in den Süden verla-gern die transnationalen Unternehmenauch die Umweltverschmutzung.

Die nötige Infrastruktur ist hier im Sü-den vorhanden: Strassen, Häfen, Tele-kommunikation. Und vor allem hat es imMoment noch genug Wasser. Allein imBundesstaat Rio Grande do Sul gibt eszahrleiche Gewässer: die Entenlagune(Lagoa dos Patos), die Lagune Mirim, derFluss Uruguay und der Fluss Ibicuí. Dielandschaftliche Beschaffenheit ist eben-falls gut, was eine schnellere Produktionerlaubt sowie die Mechanisierung desganzen Prozesses. In Rio Grande do Sulsind schon 360 000 Hektar mit Zellulose-holz bebaut. Drei Unternehmen sind dieHerrscherinnen über die grüne Wüste in

Rio Grande do Sul: Aracruz Celulose, Vo-torantim und Stora Enso, welche für denExport produzieren und dabei viel Geldverdienen. Allein 2003 hat Aracruz einenNettogewinn von rund 300 Millionen US-Dollar verbuchen können.

Wie reagierte die Öffentlichkeitauf die Aktion vom 8. März?

Wir waren uns bewusst, dass eine sol-che Aktion verschiedene Reaktionen inder Gesellschaft hervorrufen würde, be-einflusst von den privaten Medien undvom Staatsapparat. Auch schützen dieGesetze die Industrien, zum Preis, dassdie Sozialbewegungen kriminalisiertwerden. Wir waren aber doch überraschtvon der Vehemenz der Reaktionen undder Medienkampagne gegen uns. Die Aktion der Frauen der Via Campesinakonnte aber auf die Unterstützung einesinternationalen Netzes zählen, der «Mar-che Mondiale des Femmes» beispiels-weise, sowie auf die Unterstützung vonUmweltorganisationen, religiösen undkirchlichen Organisationen, NGO, Stu-dentenbewegungen etc. Sogar einige Re-gierungsvertreter, Richter, Parlamenta-rier und Aktivisten aus verschiedenen so-zialen Sektoren stellten sich hinter uns.

Erreichte die Aktion das gewünschte Resultat?

Die Frauen verteidigten ihre Vorstel-lungen einer bäuerlichen Landwirt-schaft. Das heisst: Erhalt der Artenviel-falt, Produktion von diversifizierten Nah-rungsmitteln, Zugang zu Land und Ver-bleib auf dem Land sowie öffentlicheDienste, die das Leben und die Produkti-on auf dem Land verbessern und verein-fachen – Gesundheitsvorsorge, Trans-port, Schule, Freizeit etc. Es lässt sichaber nicht abstreiten, dass die Repressi-on gegen uns zugenommen hat. Dennmit der Aktion trafen wir den Kern deskapitalistischen Modells. Wir warnten vorder Gefahr eines ökologischen Des-asters, der Vernichtung der Artenvielfaltund der Landkultur aufgrund desVorrückens des Zellulosegeschäfts inden Ländern des Südens.

37 Personen, mehrheitlich Frauen, werden jetzt juristischverfolgt. Was ist passiert?

Viele Aktivistinnen und ihre Familienwerden verfolgt. Auf die Bewegungenwird ständig Druck ausgeübt, mit Haftbe-fehlen und Anklagen. Die Methode, wiedie Frauen unterdrückt und kriminali-siert werden, zeigte sich erneut in der20 m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

INTERNATIONALISTISCHE

Page 21: Megafon Nr. 297 (micro)

Form, wie der Polizeidelegierte de Freit-as, zusammen mit sechs Polizeiagenten,am 21. März in das Haus der Landarbei-terinnenvereinigung in Passo Fundo inRio Grande do Sul einfiel. Die Polizei öff-nete das Tor gewaltsam, drang mit Feu-erwaffen ins Haus und schüchterte diesieben anwesenden Frauen und dasMädchen ein. Erst nach mehrmaligemNachfragen zeigte de Freitas den Durch-suchungsbefehl, und erst nach 80 Minu-ten erhielten die Frauen die Erlaubnis, ei-nen Anwalt zu kontaktieren. Die Polizeidurchsuchte alle Räume und verstreutealles Material auf dem Boden. Sie nah-men die Harddisks der Computer mit,und Disketten, Busbillete, Checks, alleDokumente der Vereinigung, Projekt-unterlagen, Notizhefte etc. Ausserdemdrang die Polizei, ohne Durchsuchungs-befehl, in den Sitz ein der Nationalen Ver-einigung der Landfrauen, der sich im un-teren Stock des gleichen Gebäudes be-findet, aber über einen eigenen Eingangund eine andere Adresse verfügt. Auchdort bemächtigte sich die Polizei zahlrei-cher Gegenstände, ohne juristische Ver-fügung notabene. Alle Anwesenden wur-den auf den Polizeiposten vorgeladen.Auf diese Weise werden die Menschen-rechte verletzt. Ausserdem zeigte sich

der Machismus dieser Institution, dennerst als der Anwalt, ein Mann, anwesendwar, begann die Polizei, die Frauen re-spektvoller zu behandeln.

Wie ist die Lage derzeit?Die Polizei übergab die Anklage der

Staatsanwaltschaft. 37 Personen wurdenangeklagt, darunter vier AusländerInnen,die an der Aktion nicht teilgenommenhatten. Die Anklagepunkte sind zum Teilabsurd: Landfriedensbruch, Zerstörungvon Pflanzen und eines Laboratoriums,Entführung, Industriespionage, Raub,Bandenführung unter dem Deckmanteleiner Vereinigung, Geldwäscherei etc.Der ursprüngliche Richter, der Arbeiter-partei nahe stehend, wurde bereits abge-setzt und durch einen rechtsgerichtetenersetzt. Es lässt sich bereits erahnen, inwelche Richtung der Prozess gehen wird.

Wir unsererseits bekräftigen, trotzdieser Repression, unseren Kampf fürdie Menschenrechte, insbesondere derArbeiterfrauen, für den Erhalt des Le-bens und der Artenvielfalt und die Nah-rungsmittelsouveränität des brasiliani-schen Volkes. Wir sind überzeugt, und sozeigt es auch die Geschichte, dass jedeForm von Kampf in Verteidigung des Lebens und der Menschheit legitim ist.

Daran zweifeln wir nicht im geringsten.

> SERGIO FERRARI UND CORINNE DOBLER <

IN ZUSAMMENARBEIT MIT E-CHANGER

21m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

INTERNATIONALISTISCHE

1 Die Via Campesina ist eine internationale Dachorganisation. In

Brasilien gehören folgende Bewegungen dazu: Landfrauenbewegung

MMC, Landlosenbewegung MST, Kleinproduzentenbewegung MPA,

Bewegung der Staudammbetroffenen MAB, Landjugendpastorale PJR,

Kommission der Landpastorale CPT. 2 Aracruz ist ein brasilianisches Unternehmen, weltführend in der

Produktion von gebleichter Eukalyptus-Zellulose für die Herstellung

von Papier und WC-Papier. Die Unternehmen Safra, Lorentzen

(Schwager des norwegischen Königs) und Votorantim verfügen über

je 28 Prozent des Aktienkapitals sowie die brasilianische Nationale

Bank für wirtschaftliche und soziale Entwicklung (BNDES) über 12,5

Prozent. Schlagzeilen hat das Unternehmen Anfangs dieses Jahres

gemacht, als es in Espírito Santo mit der Hilfe der Militärpolizei die

Einwohner zweier Indio-Dörfer vertrieben hat, um dort Eukalyptus

anbauen zu können. Schweden hat darauf seine Aktien des

Unternehmens abgestossen. 3 Name zur Sicherheit der interviewten Person geändert.

Page 22: Megafon Nr. 297 (micro)

22 m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

INTERNATIONALISTISCHE

AUFRUF ZUR INTERNATIONALEN SOLIDARITÄTMEXIKO:

MOBILISIERUNG UNDREPRESSION IN OAXACA

Der korrupte, normalerweise nicht gera-de zimperliche Gouverneur Ruiz hatte zu-erst nicht gewagt, die Mobilisierung derLehrerInnengewerkschaft anzugreifen.Vielleicht, weil Wahlen vor der Tür stehenund er dem Präsidentschaftskandidatender Partei der Institutionalisierten Revo-lution PRI eine Million Stimmen ausOaxaca versprochen hat…

Aber Mitte Juni begann die Räumungder über 50 Streikposten in der Innen-stadt von Oaxaca. Die gefürchtete, mi-

litärisch geführte Polizeieinheit PFP kamzum Einsatz.

Die «Promotorin für die Nationale Ein-heit gegen den Neoliberalismus – Oaxa-ca» (PROMOTORA), das «OaxakenischeMenschenrechtsnetzwerk» (RODH), so-wie die «Front der demokratischen Ge-werkschaften und Organisationen inOaxaca» (FSODO) bitten darum um inter-nationale Unterstützung.

HINTERGRUND

Seit Mitte Mai diesen Jahres demon-strieren die oben genannten Allianzen inder Landeshauptstadt Oaxacas gegen dieaktuelle Politik unter dem GouverneurUlises Ruiz Ortiz der PRI. In den vergan-genen eineinhalb Jahren hat sich die

SEIT MITTE MAI STREIKT DIEOPPOSITIONELLE LEHRERiNNEN-GEWERKSCHAFT, VIELE ORGANISA-TIONEN HABEN SICH SOLIDARI-SIERT UND AM 7. JUNI GABS EINEMEGA-MARCHA MIT 120 000 PER-SONEN. INZWISCHEN IST ABERAUCH DIE REPRESSION IM ALSFERIENPARADIES GESCHÄTZTENBUNDESSTAAT OAXACA ANGEKOMMEN.ES BRAUCHT INTERNATIONALESOLIDARITÄT.

Page 23: Megafon Nr. 297 (micro)

Menschenrechtslage in Oaxaca massivverschlechtert: parteipolitisch unabhän-gige Dorfregierungen wurden bedrohtund teils mit Hilfe von Polizeieinheitenüberfallen, soziale und indianische Orga-nisationen systematisch diffamiert, Re-präsentantInnen oppositioneller Grup-pen ungerechtfertigt mit Strafverfahrenüberzogen und zum Teil ins Gefängnisgeworfen sowie unabhängige Medien anihrer Arbeit gehindert. Dagegen hat sichseit Anfang 2005 eine der grössten Alli-anzen in der Geschichte des Bundesstaa-tes Oaxaca gebildet. Demokratische Ge-werkschaften, soziale, bäuerliche, po-puläre Organisationen und indianischeGemeinden wenden sich gemeinsam ge-gen eine neoliberale Politik der Privati-sierung und des Sozialabbaus, sowie ge-gen Repression, Verletzungen von Men-schenrechten und eine fehlende Gewal-tenteilung. Ausserdem fordern sie eineVerbesserung der Arbeitsbedingungenim Schulsystem – unter anderem durchbessere finanzielle Ausstattungen derSchulen und höhere Löhne für die Leh-rerInnen.

Im Rahmen der aktuellen Streik- undProtestwelle wurde von mehreren zehn-tausend Mitgliedern der genannten Or-ganisationen am 22. Mai 2006 der Haupt-

platz von Oaxaca-Stadt zeitlich unbefri-stet besetzt. Die Märsche, an denen biszu 100 000 Menschen teilnahmen,gehören zu den grössten Demonstratio-nen, die der Bundesstaat in den vergan-genen Jahrzehnten erlebt hat.

Anfang Juni wurden ca. 1500 Polizi-sten der Bundespolizei für Prävention(PFP) sowie weitere Einheiten zur Auf-standbekämpfung zusammen gezogen.Der Kongress Oaxacas forderte die Re-gierung auf, die Auflösung der Protestegewaltsam zu erzwingen, sollten dieLehrerInnen nicht in die Schulklassenzurückkehren. Ausserdem wurde ihnenmit der Kündigung ihrer Verträge ge-droht. Gleichzeitig wurde in der «kontrol-lierten» Presse eine Hetzkampagne ge-gen die LehrerInnen initiiert, die eine Po-larisierung des Konfliktes bewirken unddamit eine Legitimationsbasis für ein ge-waltsames Eingreifen schaffen soll.

Mitte Juni war es dann soweit…

INTERNATIONALEUNTERSTÜTZUNG GEFRAGT

Angesichts dieses Szenarios und derVorfälle in San Salvador Atenco (dort kames Anfang Mai zu schweren Zusammen-stössen zwischen Polizei und einem

Bündnis aus Strassenhändlern und Akti-visten einer Bauernorganisation, ein Ju-gendlicher kam zu Tode, ca. 200 Perso-nen festgenommen und mehrere Frauensexuell missbraucht und vergewaltigtwurden), fordern die demonstrierendenOrganisationen internationale Solidarität.

Mit Protestschreiben können die Soli-darität mit den legitimen Forderungenbekundet und die massive Repressiongegen die sozialen, indianischen und ge-werkschaftlichen Bewegung, die sich ge-genwärtig in Oaxaca ankündigt, verhin-dert werden. Mitmachen!

> AG CHIAPAS <

23m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

INTERNATIONALISTISCHE

Musterprotestbriefe

(spanisch) anfordern

bei:

[email protected]

oder [email protected]

Page 24: Megafon Nr. 297 (micro)

24 m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

INNENLAND

NACH DEN CONSULTAS IN ELF STÄDTEN

ZWISCHENBERICHTE

Eine Portion Optimismus gehört sicher zurGründung einer neuen Zeitung und natürlicheine Trägerschaft und viele Menschen aus allen Ecken und Enden der Schweiz, die siemittragen. Im Falle der «Zwischenberichte»(siehe megafon vom April 2006) sind viele ausdem Umfeld des «alten vorwärts» mit ihremWissen und Können dabei: Redakteure, Jour-nalistinnen, Direkteure, Administreure, Buch-halterinnen und Versender. Neue stiessen imRahmen der elf Städte-Consultas, wo wir«Zwischenberichte» vorstellten, dazu: Unter-stützung ist uns von überall zugesichert wor-den: Als AbonnentInnen, als Veranstalter-Innen von Solibars oder Solikonzerten, alsSchreiberlinge oder von Menschen, die mitihren Ideen und Anregungen «Zwischenbe-richte» in die Form bringen, die eine breit ab-gestützte und Spektren übergreifende Wo-

chenzeitung haben sollte. «Zwischenberich-te» sind in diesem Sinne ein Werkstattberichtim ständigen Prozess.

Die solidarischen Rückmeldungen gebenuns aber auch den langen Atem, um «Zwi-schenberichte» über den Sommer und ab No-vember wöchentlich herauszubringen. Esliegt auch in eurer Hand, denn unsere Zielesind nur mit euch zu erreichen: Wir brauchen700 Abozusagen bis zum 1. November und25 000 Franken um zu garantieren, dass wirab November wöchentlich aus den Bewegun-gen und für die Bewegungen berichten kön-nen.

Für alle, die sich für die neue Zeitung inter-essieren: Nutzt www.zwischenberichte.ch undlasst uns wissen, was ihr braucht und wollt.Beiseite stehen und abwarten zählt nicht.

> MATHIAS AUS DER ZWISCHENBERICHTE-REDAKTION <

OB ES GAR NICHT SO SCHWER IST, EINEZEITUNG (GUT) ZU MACHEN UND AM LEBENZU ERHALTEN, WERDE SICH WEISEN:ZWISCHENBERICHT ÜBER DIE GRÜNDUNGEINER ALTEN / NEUEN ZEITUNG:

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KULTUR ET ALL

GUDMUND VINDLAND «DER IRRLÄUFER»

ANGST VOR DEM PARAGRAPH 213

Yngve liebt Magnus. Belastet wird dieFreundschaft durch die Dogmen der ka-tholischen Kirche und der Gesellschaft,die Schwule nicht akzeptiert.

Bald zerbrechen nicht nur die Bezie-hung nach scheuen Annäherungen, son-dern auch die Jugendlichen selber. DieWege der Jungen trennen sich und Yngvetaucht in die Gay-Szene ein. Doch auchhier herrscht die Angst vor der Schwulen-hatz (u.a. Paragraph 213). Nach Liebes-und Bettgeschichten, der Arbeit als Stri-cher oder als erfolgloser Literat nimmtder persönliche Wahnsinn überhand undYngve weist sich selbst in eine Nerven-heilanstalt ein. Nur um schliesslich her-

auszufinden, dass auch hier die «anstän-dige» Gesellschaft regiert. Die Geschichtehat aber dennoch ein gutes Ende.

1842 schuf der Storting (norwegischeNationalversammlung) ein Gesetz, nachdem Männer, die Sex mit Männern hatten,zu Zwangsarbeit oder Gefängnis verurteiltwerden konnten. Eine Gesetzesänderung(1902) führte dazu, dass der Zusatz im Ge-setzestext, «die Anzeige erfolgt nur wennsie aus öffentlicher Hinsicht erforderlichist», beigefügt wurde. Der gleiche Para-graph enthielt neu eine Strafvorschrift für«Unzucht» zwischen Menschen und Tie-ren. Die sexuellen Kontakte zwischenFrauen wurden als Straftat nicht aufge-führt. Ein Vorstoss in diese Richtung lehn-te der damalige Justizminister ab mit derBegründung, dass Homosexualität beiFrauen nicht möglich sei.

1925 erfolgte der Vorschlag, dass einhöheres Schutzalter (Sexualität) für Ho-mosexuelle den Paragraph 213 ersetztensollte. Schwule und Lesben organisiertensich. Durch die Unterstützung der norwe-gischen Arbeiterpartei und die sozialisti-sche Partei im Parlament und dem Ein-satz der verschiedenen Organisationender Betroffenen wurden schrittweiseRechte erarbeitet.

Aufgehoben wurde der Paragraph 213im Strafgesetzbuch erst 1972.

> SAT <

GUDMUND VINDLAND ZEIGT IN SEINEM ROMAN «DERIRRLÄUFER» EIN SITTENBILD NORWEGENS DER1960ER/70ER JAHRE AUS DER SICHT DES SCHWU-LEN YNGVE. IN DER DAMALIGEN FACHLITERATURWIRD HOMOSEXUALITÄT ALS SEXUELLE ABWEICHUNGDEFINIERT, «EIN AUSWUCHS, EIN IRRLÄUFER,FÜR DEN ES KEINE HOFFNUNG GIBT, LEIDER».

Gudmund Vindland,

Der Irrläufer

Aufbau Taschenbuch Verlag

ISBN 3-7466-1819-3

Page 26: Megafon Nr. 297 (micro)

26 m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

KULTUR ET ALL

LEGALIZE IT!

MITTEL FÜR DIE SICHERHEITBEI -GROSSANLÄSSEN

Die Weltmeisterschaft hat Lö Trösenbeckbeim Erscheinen des neuen microfonszwar noch nicht ganz überstanden, er kann jetzt aber eine Lösung für eine etwas bessere Welt präsentieren.

Der Rückzug in die Toilette erfolgtenicht ganz unfreiwillig. Das meistgehörteZitat der letzten Wochen war: «Diese ver-dammte Weltmeisterschaft geht einemschon auf die Nerven, bevor sie überhauptangefangen hat.» Nur schon dieses ewigeGejammer wäre ein Grund in die Fremdezu ziehen, dachte sich Trösenbeck undschlich zum nächsten Reisebüro. Vor demSchaufenster wurde ihm jedoch bewusst,

es gab wohl kein Land auf diesem Plane-ten, wo er nicht mit dem Phänomen Fuss-ball konfrontiert werden würde. Gibt es einen Ort, wo Ronaldhino nicht von einerZahnpastatube grinst, wo Oli Kahn nichtWerbung für die Bank macht oder woHaarwuchsmittel-Reklame nicht mit demKonterfei von Köbi Kuhn betrieben wird?

Nein. Folglich beschloss Trösenbeckdie innere Migration zu suchen und ver-steckte sich auf seiner Toilette. Aber auchda wurde er verfolgt. Die Seife hatte dieForm eines Fussballs. Die Scheiss-Lite-ratur bestand ausschliesslich aus irgend-welchen Sonderbeilagen angesehenerBlätter, wo Schiedsrichterentscheide derletzten hundert Jahre analysiert und Ge-burts- und Analphabetismus-Raten ver-schiedener WM-Teilnehmer verglichen

LÖ TRÖSENBECK HAT BIS JETZT JEDESFUSSBALLWELTMEISTERSCHAFTSSPIELVERPASST, WEIL ER SICH AUF DIETOILETTE ZURÜCKGEZOGEN HAT, UM ANEINEM MITTEL FÜR MEHR SICHERHEITUND WENIGER REPRESSION BEI FUSS-BALLERISCHEN GROSSANLÄSSEN ZU BRÜ-TEN. DIE ASKESE SCHEINT SICHGELOHNT ZU HABEN.

Page 27: Megafon Nr. 297 (micro)

wurden. Und – last but not least – war dasToilettenpapier mit dem Spruch «HoppSchwiiiz!» bedruckt. Letzteres gab einemimmerhin die Möglichkeit ein bisschenAnti-Patriotismus zu betreiben. Und daswar ein guter Grund, ein paar Wochen aufdem Klosett zu verbringen.

Nach ein paar Tagen in der WC-Migra-tion erinnerte sich Trösenbeck auf einmalan die Fussball-Europameisterschaft2000 in Belgien und Holland. Er, damalswohnhaft in der Grachtenstadt, dem So-dom und Gomorrha Nordwesteuropas,nützte nicht nur die Gelegenheit nachmit-täglicher Fernsehübertragungen, schonkurz nach dem Frühstück das erste Bierzu öffnen, sondern machte auch eine interessante Entdeckung auf den Neben-schauplätzen des internationalen Fuss-ballwettkampfs: In den belgischen Städ-ten Brüssel und Charleroi prügelten sichdie Hooligans des vereinigten Europas. InAmsterdam hingegen sah die Szenerieganz anders aus.

Hier standen sich zwar auch ein Hau-fen wilder Engländer und Gruppenkampferprobter Deutscher gegenüber.Doch als die ersten Beleidigungen fliegensollten, hörte Trösenbeck einen Englän-der in weicher Stimme etwas rufen, daswie das holländische Wort für Gewürz

tönte: «Kruid» [ausgesprochen etwa:«kräud»]. Es klang sehr sacht und lieb.Trösenbeck wurde bewusst, der Mannwollte eigentlich die Deutschen als«Kraut» beschimpfen, hatte aber den Tonnicht richtig getroffen. Ein deutscher Hoo-ligan auf der anderen Strassenseiteschimpfte herzlich zurück: «Scheieieiju-dihuldihdihuscheissdiduengelländer, duEngelscheiss liebster, God shave the...ehm, ja, na. Vielleicht doch ein bisschenheftig, wenn ich das jetzt sage…» Auchder Ton dieses deutschen Hooligans warfast bedrohlich nett. Wenn Sie sich schonnicht wirklich beleidigen können, dannschlagen sie einander wohl bald die Köp-fe ein, dachte sich Trösenbeck und be-stellte noch ein Bier. Denkste. Die Kampf-hähne setzen sich gemeinsam in einenKaffeeladen und machten das, was sieseit Tagen machten: Sie kifften.

Bekanntlich hat der Genuss von THC-haltigen Substanzen Folgen, die jedemKriegsaufwiegler Albträume bescheren.Nach Selbstversuchen – selbstverständ-lich nur in Holland, wo der Cannabis-Kon-sum faktisch (nicht juristisch!) legal ist,und gegen Bezahlung von 50 FrankenBusse in der Schweizer Romandie – hatTrösenbeck gemerkt, Kiffen hat extremhemmende Wirkungen. «Was du heute

kannst besorgen, verschiebe am Geschei-testen auf Morgen» ist ein Sprichwort, dases etwa auf den Punkt bringt. Beim Can-nabis-Rausch kommen einem zwar diewildesten und radikalsten Ideen, abergleich danach kommt das grosse Abwä-gen. Ist die Idee wirklich so revolutionär?Ist sie nicht im Kern sogar ein wenig reak-tionär? Und so passiert es, dass der Kiff-Kopf, in Zweifel versunken, vergisst, über-haupt irgendwie zu handeln. Etwa so erging es Trösenbeck ein paar Mal. Auchden Herren Hooligan von der Insel im Atlantik und dem grossen Kanton nördlichHelvetiens erging es so. Sie verschobendie grosse Prügelei auf den nächstenMorgen, doch am Morgen lockte schonwieder der Kaffeeladen. Eines Tages wardie Fussballmeisterschaft vorbei, derGegner abgereist. Man prügelte sich alsoerst wieder im heimischen Land, wo nurdie Droge Alkohol legal ist.

Die Wirkung des flüssigen Ethanols istbekanntlich etwas anders. Auch hier ha-ben Selbstversuche Trösenbeck gezeigt,dass bald einmal aus jedem noch so lie-benswürdigen Erdenbürger eine blut-rünstige Bestie werden kann.

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KULTUR ET ALL

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Page 28: Megafon Nr. 297 (micro)

Trösenbeck schläft glücklicherweise mei-stens ein, bevor er die Bestie so richtigrauslassen kann. Aber im Getümmel einer Fussballmeisterschaft ist Schlafennicht angesagt. Kein Wunder, dass im Königreich der Biere, Belgien, zwischenden Europameisterschaftsspielen dieganze Altstadt Charlerois in ein Wurfge-schoss verwandelt wurde und in Brüsseldie Zähne flogen.

Die repressiven Geister würden nunwohl fordern, am Sichersten mache maneinen fussballerischen Grossanlass durchein Alkoholverbot. Doch wie kann Fuss-ball-Schauen ernsthaft interessant sein,wenn dazu nicht ein paar goldgelbe Hop-fen- und Malzsäfte konsumiert werdendürfen?

Es gibt also nur eine Lösung, damit dieJugend von Morgen vor wütenden Fuss-ballvandalen geschützt wird, weiss Trö-senbeck nach wochenlangem Darüber-nachdenken: Weder irgendwelche men-schenrechtsverletztende Gesetze zu er-lassen noch Millionen in die Polizeiappa-rate zu pumpen, sondern die Legalisie-rung des Drogenhanf – preiswert, elegantund freudestiftend. Im Rest-EFTA-Land

Helvetien gibt es schon eine Initiative, dieSolches fordert. Die Initiative ist aus oben-erwähnten Gründen zwar etwas zögerlichzustande gekommen, aber sie steht. Dervernünftige Mensch muss also nur nochdaran denken, den Abstimmungsterminnicht zu verpassen und Ja zu stimmen.Und jedes andere von fussballerischenGrossanlässen bedrohte Land sollte dieeigene Betäubungsmittelgesetzgebungschnellstens überdenken. So einfach istdas.

Trösenbeck ist erleichtert, verlässt dieToilette und geht wie jeder andere guteBümplizer ins Bienzgut und schaut sichden Final an.

> [email protected] <

28 m i c r o f o n N r. 2 9 7 , J u l i 0 6

KULTUR ET ALL

Der passende

Ausgehtipp: Hanf und

Fußball – kiffende

Fußballer, lachende

Hooligans, entspannte

Polizisten... Ausstellung

im Berliner

Hanfmuseum,

www.hanfmuseum.de

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CARTE BLANCHE FÜR SARA

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KULTUR ET ALL

KARLIEN DE VILLIERS: MUTTER WAR EINE SCHÖNE FRAU

WEISSE, SÜDAFRIKANISCHE KINDHEITAls 25-Jährige kehrt Karlien nach Süd-afrika zurück. Nicht nur neue Strassenund Quartiere erwarten die junge Frau imLand ihrer Kindheit. Auch ihre Familie hatsich in den zwei Jahren von Karliens Ab-wesenheit verändert: Ihre ältere Schwes-ter hat das Erbe mit Drogen durchge-bracht und ihr Vater leistet sich einenPorsche und ein Alkoholproblem.

Bevor die Zeichnerin mit bedauern-dem Achselzucken nach Pretoria ent-schwindet, um an der Kunstschule zu un-terrichten, rekapituliert sie ihre Lebens-geschichte. In einfachen Bildern erinnertsie sich an schnell wechselnde schwarzeHausangestellte und an ebenso häufigaugetauschte Internate. Sie erzählt vonder Trennung ihrer Eltern, vom emotionaldistanzierten Vater, dem zunehmendenFanatismus und frühen Krebstod ihrerMutter.

LEBENS- VERSUSWELTGESCHICHTE

Karlien de Villiers hat die Reihen derautobiografischen Comics um einen wei-teren Band ergänzt. Wie auch die IranerinMarjane Satrapi in «Persepolis», erzähltde Villiers ihre Geschichte vor dem Hin-tergrund der politischen Verhältnisse ihrer Heimat.

Anders als Satrapi wird die 1975 gebo-rene Südafrikanerin von den dramati-schen politschen Ereignissen der 1980erJahre jedoch kaum beeinflusst. Als Kindder weissen Minderheit erlebt dasMädchen die Apartheid nur am Rande,nur gelegentlich berühren sich Lebens-und Weltgeschichte. Dass sich de Villersdennoch bemüht, beides parallel darzu-stellen, ist Stärke und Schwäche desBands zugleich: Einerseits ist es bestür-zend, festzustellen, wie wenig Schwarzeund Weisse im damaligen Südafrika ge-meinsam hatten und haben. Andererseitsfällt es angesichts all dieser Ungerechtig-keiten gelegentlich etwas schwer, für dievergleichsweise banalen Nöte von Kar-liens Familie Mitgefühl zu empfinden.

> CDK <

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KULTUR ET ALL

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KULTUR ET ALL

KhmerNils Petter MolvaerGrooviger modern instrumentierter Jazz ausdem hohen Norden. Archaische und high-tech Instrumente spielen intensive Musikaus der Jetztzeit. Diese Musik bringt mich in Schwingung undbietet mir viel Raum und Freiheit. Fantastisch!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!CD, die als Ganzes angehört, sehr spannendund vielsagend ist.

Dmitri ShostakovichThe Jazz Album (Dir. Riccardo Chailly)Wunderschöne Melodien in noch heute mo-dern wirkenden Harmonien.Diese Musik erzählt sehr viel über die ZeitAnfangs des 20. Jahrhunderts.

Hot PeacePeter Schärli Special SextettSchön fliessende Musik.Die CD, gibt als ganzes gehört, eine interes-sante und ehrliche Musik. Sehr angenehm und unterhaltend.

CHRISTINE LAUTERBURG HÖRT

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SOMMERBEIZ IM HOF

Und weils im Juni (für viele…) so schön war,

gehts im Juli gleich weiter: Wir zeigen alle

Fussball(!)-WM-Spiele im i fluss und im Reit-

schule-Innenhof. Geöffnet jeweils eine 1/2 Stun-

de vor dem ersten Match, dazu regionale

Spezialiäten und zwischen und nach den Spielen

Konzerte und DJs von Radio RaBe .

SAMSTAG, 1. JULI, 23.00 UHR

LOST IN DISCO DJ TEAM

DONNERSTAG, 6. JULI, 23.00 UHR

UHRTONI B & FRIENDS/DNB

FREITAG, 7. JULI, 23.00 UHR

SOMMER WM-BEIZ

SAMSTAG, 8. JULI, 23.00 UHR

RABE SPECIAL DJS

SONNTAG, 9. JULI, 23.00 UHR

WM FINAL & PARTY!

NACHHER IST SOMMERPAUSE

– AUCH IM HOF – BIS UND

MIT 24. AUGUST.

SONNTAG, 2. JULI, 21.00 UHR

LEBANON MEETS SWITZERLAND

SHARIF SHENNAOUI, GIT. & MAZEN KER-

BAI, TP MEETS HANS KOCH, SS/BCL &

PAED CONCA, B/CL

Orientalische Tradition und westliche Avant-

garde werden in dieser musikalischen Begeg-

nung aufeinandertreffen, in einen Dialog treten,

einander durchdringen…

PROGRAMM IM JULI

FRAUENRAUM

DONNERSTAG, 6. JULI 2006, 20.00 UHRDA-LOUNGE-DA PRESENTS

MIT ANTON MEIERDURCH DIE SCHWEIZ

FREITAG, 7. JULI 2006, 22.00 UHR

POPSHOP:ANOUK AMOK (BE)

DANACH SOMMERPAUSE

BIS 26. AUGUST

GROSSE HALLE

DONNERSTAG 2. BIS SONNTAG 4. AUGUST

ANTIFA-FESTIVALDIV. BANDS, U.A.: BRACHLAND, IRIE

RÉVOLTÉS, RAWSIDE UND MEHR…

www.antifafestival.ch

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«Der Ball ist rund damit der Kopf sich wo-andershin drehen kann», oder so ähnlichhat mal wer gesprochen, vielen zur Anre-gung, die ihren Kopf woandershin drehen,wenn der Ball ins Rollen gekommen ist, unddie bare Münze ins Fliessen, und alle ande-ren nur noch dahin schauen, wo je elf Er-wachsene in rechteckig begrenztem Raumdas Rund in ebenso rechteckig geformteZiele zu befördern trachten, während dieanderen dies zu verhindern suchen. Für soVieles steht das Spiel jedoch als Symboloder Metapher. Die Analogie zum Krieg inbegrenztem Rahmen liegt auf der Hand,wird auf der Abschusslinie bereitgelegt undalsbald ins Spiel gebracht, ist trotz gegneri-scher Interventionen nicht vom Fuss zuweisen, wird mit geschicktem Dribbling underfolgreichem Stellungsspiel in Richtung Torgetrieben, und landet dort im weitmaschi-gen Netz. Volltreffer.

Je weiter die martialischen Aspekte desMedienereignisses Krieg eingeschränktwerden, desto eher wird eine Disziplin als«Sport» betitelt. Insofern betätigt sich auchdie Burgbelegschaft sportlich, wenn sie anihrem Zusammenspiel feilt, taktische Zügeentwickelt, technische Tricks einstudiert,das Abgeben und Annehmen von Steilpäs-sen zum Beispiel, Doppelpässe, Fallrückzie-her, das Stellen von Offside-Fallen, Tor-schussjubelrituale. Schliesslich will sie amnächsten Match gut aussehen, wenn sie an-lässlich der jährlichen Burgfestspiele zu ei-nem Freundschaftsspiel gegen die Auswahlder Polizeirekruten antreten wird. Sportüberwindet Grenzen, nicht nur zwischenNationen. Die ganze Welt ist zu Gast beiFreunden, wenn es darum geht, dass fairgespielt wird.

Wie jeder Verein, hat auch der FC Burgbe-legschaft einen Fanclub, und, es muss ge-sagt werden, darunter hat es auch etwel-che Hooligans. Wie jeden Sommer tritt dasPhänomen zu Tage, dass die Hitze kleinereMengen von Substanz schneller zum Kochenbringt als grössere, so dass es manchennicht leicht fällt, einen kühlen Kopf zu wah-ren. Da bekanntlich die denkende Substanzbei sogenannten Hooligans eher beschränktvorhanden ist, hat es auch einigen Fans, dietäglich um die Burg hängen, so gewaltig insHirn geschissen, dass sie meinten, denüber die letzte Woche angesammelten Ab-fall auf die Strasse verteilen und anzündenzu müssen. Wie so manche Fans, haben sieihrem Club bloss einen Bärendienst aufge-bunden.

in der nächsten Folge: Der Gast bringt dieWelt zu Freunden

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STORY OF HELL

STORY OF HELL – C.A. UNAUFFINDBARSTE FOLGEdiese Folge wird Ihnen präsentiert vom Museum für Angewandten Unsinn (AUNS)

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Postfach 5053 | 3001 [email protected] www.reitschule.chT 031 306 69 69

Anlaufstelle gegen Gewalt in der Reitschule (AgGR)[email protected]

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frauenraum [email protected] 031 306 69 68

[email protected] T 031 306 69 63

[email protected] 031 306 69 69

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[email protected] 031 306 69 69

[email protected] T 031 306 69 69

[email protected] T 031 306 69 66

[email protected] T 031 306 69 55

[email protected] T 031 306 69 69

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P.P.

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und eine kleine quizzfrage: WO befindet sich diese skulptur?!

auflösung und bekanntgabe der gewinner im nächsten heft