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Methoden des Projektmanagements II - IAW · Die Netzplantechnik ist die zentrale formale Methode zur Erfassung, Aufbereitung, Darstellung und Überwachung der zahlreichen Planungsparameter,

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Die Ablaufplanung ist die Grundlage einer detaillierten prozeduralen Planung der Termin-,

Kosten- und Leistungsziele in einem Projekt. Sie ermöglicht die vorausschauende Entwicklung

von Planungsalternativen sowie die Vorsorge vor Risiken durch Vorhalten von Zeit- und

Kapazitätspuffern. Schwachstellen, z.B. hinsichtlich der Durchführungsdauer von

Arbeitspaketen oder der Zuordnung von Einsatzmitteln, werden identifiziert und ermöglichen

eine frühzeitige Korrektur der Projektstruktur. Die Ablaufplanung baut auf dem

Projektstrukturplan auf und zerlegt bei Bedarf die dort enthaltenen Arbeitspakete in kleinere

Einheiten, sog. Vorgänge, um Durchführungsdauern, benötigtes Personal, benötigte

Maschinen und Anlagen etc. leichter schätzen und einplanen zu können. Die Zerlegung folgt

demselben Prinzip wie beim Arbeitspaket, nämlich dass ein Vorgang ohne Unterbrechung

durchgeführt werden kann und die Verwendung der Einsatzmittel in gleich bleibenden Mengen

je Zeiteinheit möglich ist.

Nach Terminierung aller zu erledigenden Arbeitspakete sowie der zugehörigen Vorgänge wird

der Ablaufplan in den Terminplan überführt. Dieser stellt den „Fahrplan“ des Projektes dar. Die

Terminplanung liefert die zeitlichen Soll-Vorgaben und führt einen Vergleich mit den

kontinuierlich während der Projektdurchführung erfassten Ist-Zeiten durch.

Zur Unterstützung der systematischen Erzeugung, Berechnung und Optimierung von

Ablaufplänen sowie der darauf aufbauenden Terminplanung hat sich bei komplexen Vorhaben

die Netzplantechnik sehr bewährt. Sie ist ein graphentheoretisches Hilfsmittel, das in

Zusammenwirken mit anderen Planungsinstrumenten ein erfolgreiches Projektmanagement

ermöglicht.

Nutzen der Netzplantechnik:

- Systematisches Durchdenken, Planen und Steuern des Projektablaufs

- Identifikation sachlogischer Schwachstellen in der Projektplanung

- Berechnung zeitlicher Puffer und des kritischen Pfades

- Eindeutiges Terminieren der Vorgänge

- Informationsmedium für die Kooperation zwischen Projekt- und Linienmanagement.

Wie bereits in der vorherigen Lehreinheit dargestellt wurde, entwickelte Henry L.

Gantt Ende des 19. Jahrhunderts erste Hilfsmittel für die Arbeitsplanung. Sie

bezogen sich vorrangig auf die grafische Darstellung der gesamten Arbeitszeit

produktiver Maschinen sowie der Ereignisse, die zu einer Minderung der Produktivität

führten. Die Darstellung erfolgt in Form von Balkendiagrammen, sog. Gantt-Charts, in

denen bei Bedarf zusätzlich Abhängigkeiten zwischen den Fertigungsvorgängen

modelliert werden können (siehe Folie 11-18).

Aufgrund des zunehmenden Umfangs der Projekte, der Dezentralisierung von

Planungs- und Überwachungsfunktionen und der unzureichenden mathematischen

Formalisierung der Planungsverfahren entstand in den 50er Jahren des vergangenen

Jahrhunderts die Netzplantechnik. Die 1956 in den USA und Europa einsetzende

Entwicklung, die aus der Elektrotechnik bekannte Netzwerktechnik auch bei der

Planung und Durchführung größerer Projekte zu verwenden, resultierte 1957 in der

von Walker und Kelley entworfenen Critical Path Method (CPM). Fast zeitgleich,

jedoch unabhängig voneinander entstand im Auftrag der US-Navy im Rahmen des

Polaris-Projektes die Program Evaluation and Review Technique (PERT) und in

Frankreich die Metra-Potential-Methode (MPM). Die besondere methodische

Herausforderung im Polaris-Projekt bestand darin, dass erhebliche Teile der

Entwicklung sowie Fertigung der Baugruppen und Komponenten an Zulieferer

vergeben werden mussten. Daher konnte der Zeitbedarf für die Bearbeitung von

wesentlichen Arbeitspaketen nicht exakt geschätzt werden. Die Unsicherheit in der

Schätzung wurde durch Wahrscheinlichkeitsverteilungen repräsentiert (siehe Folie

11-27 ff.). Im Gegensatz zu CPM und MPM ist PERT daher eine stochastische

Netzplantechnik-Methode. Ausgehend von diesen Ansätzen wurden vielfältige

verfeinerte und modifizierte Methoden entwickelt (siehe Schwarze 2001). Allen

Varianten liegen jedoch ähnliche graphentheoretische Grundkonzepte zugrunde, die

im Folgenden erläutert werden.

Die Netzplantechnik ist die zentrale formale Methode zur Erfassung, Aufbereitung,

Darstellung und Überwachung der zahlreichen Planungsparameter, einflussgrößen

und daten eines Projektes auf der Ebene von Vorgängen. Der Projektplaner sieht

sich der Herausforderung gegenüber, das Vorhaben detailliert und gründlich zu

durchdenken. In dieser Planungsphase gilt es, Schwachstellen in Struktur und

Sequenz aufzudecken sowie wichtige Entscheidungen zur Zuordnung von

Mitarbeitern und Sachmitteln vorzubereiten.

Ein Vorteil der Netzplantechnik ist die systematische Differenzierung des zu

planenden Projektes in Teilaufgaben, Arbeitspakete und schließlich Vorgänge sowie

die Verkettung der Vorgänge in Verbindung mit den wesentlichen Ereignissen zu

einem einheitlichen Ablaufplan. Der Netzplan enthält den aus Sicht des Planers

vollständigen, auf die erfolgreiche Erreichung des Projektziels ausgerichteten und

widerspruchsfreien Ablauf mit allen essentiellen Vorgängen, Ereignissen und

Anordnungsbeziehungen. Mit Hilfe des prognostizierten Zeitbedarfs der Vorgänge

kann die Vorwärts- und Rückwärtsterminierung des Netzplans vorgenommen

werden, die die Ermittlung der kritischen und nichtkritischen Vorgänge ermöglicht.

Die Folge der Identifikation kritischer Vorgänge ist der sogenannte kritische Pfad, der

die Gesamtdauer des Projektes determiniert. Zudem werden zeitliche Engpässe im

Projekt ausgewiesen. Nichtkritische Vorgänge verdeutlichen Zeitspannen (sog.

Pufferzeiten), um die ein Vorgang zeitlich verschoben werden kann, ohne den

Projektabschluss zu gefährden.

Die Einbeziehung von Kosten, Personal- und Sachmittel-Kapazitäten in einer

integrierten Netzplantechnik macht die Methode zu einem umfassenden Instrument

zur Zeit-, Kosten- und Einsatzmittelplanung sowie zur Überwachung und Steuerung

von Projekten (Reichert 1994).

Der Netzplan ist die zweckmäßigste Art zur Darstellung von Vorgängen, die prozedural

voneinander abhängig sind und ein gewisses Zeitintervall zur Bearbeitung benötigen. Es wird

zwischen einer sequentiellen und parallelen Verknüpfung der Vorgänge in einem Netzplan

unterschieden. Bei einer Sequenz von Vorgängen folgen zwei oder mehrere Vorgänge zeitlich

aufeinander. Bei Parallelvorgängen erfolgt eine sog. UND-Verzweigung (siehe Folien 11-10

und 11-17) und eine entsprechende UND-Zusammenführung. Die Reihenfolgebedingung

besagt dabei, dass mehrere Vorgänge erst dann parallel bearbeitet werden können, wenn

deren Vorgänger (vorhergehende Vorgänge) abgeschlossen sind. Für eine parallelisierte

Bearbeitung müssen natürlich auch genügend Personal- und Einsatzmittel zur Verfügung

stehen.

Die grafische Darstellung eines Netzplans ist ein Anwendungsgebiet der Graphentheorie. In

diesem Zusammenhang muss zwischen Darstellungs- und Ablaufelementen differenziert

werden: Die Darstellungselemente „Knoten“ und „Pfeil“ sind reine Modellelemente aus der

Graphentheorie; die Ablaufelemente „Vorgang“, „Ereignis“ und „Anordnungsbeziehung“ sind

hingegen strukturgebende Ausdrucksmittel des Planers, um die Ablauforganisation im Projekt

verbindlich festzulegen. Beispielsweise sind Meilensteine nach Folie 9-33 Ereignisse

besonderer Art, die typischerweise Phasenübergänge kennzeichnen. Daher wird die erstellte

Leistung zum Meilensteintermin intensiv geprüft, um eine Fehlerfortpflanzung zu verhindern.

Je nach Netzplanart haben die Darstellungselemente unterschiedliche Bedeutungen (siehe

Folie 11-8).

Ausgehend von der oben auf der Folie aufgeführten Definition nach DIN 69900 ergeben sich

zwischen der Netzplantechnik und dem Projektcontrolling (siehe Lehreinheit 12)

Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Aufgabenspektrums. Eine moderne Interpretation des

Projektcontrollings versteht die Netzplantechnik als Werkzeug, das neben der Unterstützung

der Ablauf- und Terminplanung auch der zielgerichteten Verfolgung des Arbeitswerts und des

Projektfortschritts dient (Fiedler 2008; Koreimann 2005). Besonders bei der Durchführung lang

andauernder und umfangreicher Projekte kann die Netzplantechnik wertvolle Unterstützung

leisten, denn sie zwingt zur systematischen Planung und fördert die Zusammenarbeit der

Projektbeteiligten (Burghardt 2007; Schelle et al. 2008).

Wie bereits erwähnt, kann die Graphentheorie als mathematische Grundlage der

Netzplantechnik aufgefasst werden. Nach Neumann und Morlock (2002, S. 176f.)

stellt die Graphentheorie die Elemente, Relationen und Begriffe zur grafischen

Modellierung von Netzplänen bereit.

Allgemein besteht ein Graph aus einer nichtleeren Menge von Knoten, die in

Abhängigkeit vom verwendeten Netzplanverfahren einem Ereignis oder einem

Vorgang entsprechen. Knoten werden als Kreise oder Kästchen dargestellt und durch

Kanten verbunden. Die Kanten ungerichteter Graphen besitzen keine Orientierung. In

der Netzplantechnik sind jedoch fast ausschließlich gerichtete Graphen anzutreffen.

Hierbei werden Kanten als Pfeile gezeichnet und symbolisieren einen Vorgang oder

eine Anordnungsbeziehung zwischen zwei Knoten. Unter einer

Anordnungsbeziehung ist nach DIN 69900 eine quantifizierbare Abhängigkeit

zwischen einem Ereignis oder einem Vorgang zu verstehen. Durch die Festlegung

der Anordnungsbeziehungen können die inhaltlich-technischen Zusammenhänge

definiert werden. Hierdurch wird beispielsweise festgelegt, wie die Folgebedingungen

der Vorgänge sind (Normal-, Anfangs-, End-, Sprungfolge, siehe Folie 11-18 sowie

Folie 10-27 ff.) und wie die minimalen bzw. maximalen Zeitabstände zwischen

Vorgängen sein sollen (MINZ bzw. MAXZ, siehe Folie 11-18). Die

Anordnungsbeziehungen determinieren auch, ob Vorgänge als voneinander

unabhängig betrachtet werden können und somit (zumindest teilweise) parallel

abgearbeitet werden können. Wege durch einen Netzplan führen entlang der

Anordnungsbeziehungen von einem Start- zu einem Zielvorgang (Schelle et al. 2008;

Schwarze 2001; Corsten und Corsten 2000).

Bei der Ablaufmodellierung mit den im Folgenden dargestellten Netzplanarten ist

darauf zu achten, dass keine Schleifen (Zyklen) im Ablauf entstehen. Sie sind

unzulässig.

Netzpläne können in Vorgangspfeil- (VPN), Vorgangsknoten- (VKN) und

Ereignisknoten-Netzpläne (EKN) untergliedert werden. Für diese drei Netzplanarten

lassen sich weiterhin zwei Methodenklassen unterscheiden:

1) Bei deterministischen Netzplänen ist jeder Vorgang zwingend auszuführen, und

die Basisinformationen zu den Elementen, wie beispielsweise die Dauer, liegen a

priori ohne Unsicherheit bzw. ohne Schätzfehler vor. Typische Vertreter dieser

Klasse sind – wie erwähnt – die Critical Path Method (CPM) als VPN-

Netzplantechnik und die Metra-Potential-Methode (MPM) als VKN-

Netzplantechnik.

2) Im Gegensatz zu den deterministischen Netzplänen können stochastische

Netzpläne alternative Projektabläufe oder einen fluktuierenden Zeitverbrauch mit

Hilfe von Zufallsvariablen und damit unter Zugrundelegung einer statistischen

Verteilung abbilden. Typische Vertreter dieser Klasse sind die General Activity

Networks (GAN) und die Graphical Evaluation and Review Technique (GERT)

(Burghardt 2007). Auch die Program Evaluation and Review Technique (PERT)

ist den stochastischen Netzplänen zuzuordnen, da der Zeitverbrauch zwischen

Ereignissen in Form von Wahrscheinlichkeitsverteilungen modelliert werden kann

(siehe Folie 11-27).

In der Literatur werden die Critical Path Method (CPM), die Metra-Potential-Methode

(MPM) und die Program Evaluation Review Technique (PERT) als die drei

wichtigsten Methoden der Netzplantechnik bezeichnet. Wie man im unteren Bereich

der Folie ersehen kann, unterscheiden sie sich in erster Linie hinsichtlich ihrer

formalen Darstellung und der Verwendung der grundlegenden Ablaufelemente.

Darüber hinaus sind aufgrund der unterschiedlichen Methodenklassen die

Berechnungsvorschriften verschieden.

Literaturanalysen zeigen, dass CPM der bedeutendste Vertreter der Vorgangspfeil-

Netzpläne ist. Wie bereits beim historischen Abriss auf Folie 11-4 erwähnt, wurde die

Methode 1957 vom amerikanischen Chemiekonzern DuPont de Nemours in

Zusammenarbeit mit der Remington Rand Corp. entwickelt, um große

Investitionsvorhaben sowie Instandhaltungsarbeiten bei Chemieanlagen

systematisch zu planen und zu überwachen. Heutzutage wird das Verfahren auch in

der Automobilindustrie sowie der Luft- und Raumfahrtindustrie gerne für die Planung

von F&E-Projekten sowie Investitionsvorhaben genutzt.

CPM ist vor allem in angelsächsischen Ländern verbreitet.

Die Methode ist vorgangsorientiert und verwendet Pfeile zur Darstellung von

Vorgängen. Jeder Vorgang muss eineindeutig durch zwei Ereignisse berandet

(„eingerahmt“) sein. Gleichzeitig drücken die Pfeile Anordnungsbeziehungen

zwischen den als Knoten dargestellten Ereignissen aus. Die Knoten verknüpfen das

Ende eines Vorgangs mit dem Anfang eines neuen Vorgangs. Eine Verknüpfung der

Pfeile erfolgt entsprechend der Reihenfolge der Vorgänge im Projektablauf

(Schwarze 2001; Schelle et al. 2008). Die Vorgangsdauer in [Zeiteinheit] steht unter

dem Pfeil bzw. in Pfeilrichtung betrachtet rechts neben dem Pfeil.

Vorgangspfeil-Netzpläne wurden zunächst für die Modellierung der Reihenfolge von

Tätigkeiten in großen Investitionsvorhaben konzipiert. Die Reihenfolgebedingung

besagt, dass ein oder mehrere Vorgänge erst dann beginnen können, wenn deren

Vorgänger (vorhergehende Vorgänge) abgeschlossen sind (Altrogge 1996).

Beim Zeichnen eines Vorgangspfeil-Netzplans sollten die fünf im Bild dargestellten

Regeln beachtet werden. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass der Ablaufplan mit

genau einem Ereignis beginnt und endet.

Mit der Vorgangspfeil-Netzplantechnik ist es mitunter in komplexen Projekten nicht

möglich, die Ablauforganisation alleine durch die Verknüpfung von Ereignisknoten

eindeutig wiederzugeben. Zur grafischen Darstellung von tatsächlich gegebenen

Abhängigkeiten, die allerdings keine wirklichen Vorgänge mit einer bestimmten Dauer

sind, muss in solchen Fällen ein sog. Scheinvorgang verwendet werden.

Scheinvorgänge werden durch einen gestrichelten Pfeil repräsentiert. Sie stellen

i.d.R. die Synchronisation von parallelen Vorgängen mit gemeinsamen Anfangs- und

Endereignissen her und haben die Dauer Null (Reichert 1994). Zudem darf es keine

zwei Vorgänge im Plan geben, die dieselben Anfangs- und Endereignisse haben. Um

diese Regel einzuhalten, stellen Scheinvorgänge ein wichtiges Ablaufelement in

Vorgangspfeil-Netzplänen dar.

Shtub et al. (2005, S. 401 ff.) leiten die Modellierungsregeln für CPM-Netzpläne direkt

an dem zugrundeliegenden gerichteten Graphen ab. Knoten des gerichteten Graphen

repräsentieren Ereignisse des Netzplans. Ein Pfeil verbindet genau zwei Knoten

miteinander und repräsentiert somit genau einen Vorgang des Netzplans. Es gelten

dabei folgende Regeln (Shtub et al. 2005):

1. Jeder Vorgang wird durch genau einen Pfeil im Netzplan repräsentiert.

2. Keine zwei Vorgänge besitzen dieselben Anfangs- und Endereignisse.

3. Beim Hinzufügen eines neuen Vorgangs zum Netzplan muss untersucht werden,

welche Vorgänge unmittelbar beendet sein müssen, bevor dieser Vorgang starten kann

(Vorgänger-Beziehungen),

welche Vorgänge unmittelbar auf diesen Vorgang folgen (Nachfolger-Beziehungen) und

welche Vorgänge parallel (zeitgleich, synchron) zu diesem Vorgang ausgeführt werden.

Shtub et al. (2005) zeigen einen Beispielprozess, bestehend aus den fünf Vorgängen

A, B, C, E und F, der im Bild mithilfe der aus der 9. Übung bekannten Business

Process Model and Notation (BPMN) gezeichnet wurde. BPMN ist eine grafische

Spezifikationssprache, die meist in der Ablaufoptimierung Anwendung findet. Sie

stellt Symbole zur Verfügung, mit denen Arbeitsabläufe modelliert und dokumentiert

werden können (White 2004).

Unter Beachtung der gegebenen Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen kann der CPM-

Netzplan im Beispiel nur korrekt gezeichnet werden, indem ein zusätzliches

Endereignis für den Vorgang B eingefügt wird. Dieses Ereignis wird jeweils mit einem

Scheinvorgang mit den Anfangsereignissen der Vorgänge E und F verknüpft.

Der hier dargestellte Netzplan beschreibt beispielhaft ein Projekt zur Konstruktion,

Fertigung und Montage einer Maschine durch einen Auftragsfertiger.

Ausgehend von der Liste der Arbeitsvorgänge, ihrer geschätzten Dauer sowie der zu

berücksichtigenden Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen kann ein Netzplan mit Hilfe

der Critical Path Method (CPM) aufgestellt werden. Der Projektplaner ist

insbesondere an der Gesamtprojektdauer interessiert, er möchte aber auch wissen,

welche maximalen „Pufferzeiten“ zwischen Ereignissen bestehen (siehe „kritischer

Pfad“, Folie 11-15). Dazu werden für jedes Ereignis der frühest mögliche Zeitpunkt

(siehe „Vorwärtsterminierung“, Folie 11-13) und der spätest mögliche Zeitpunkt (siehe

„Rückwärtsterminierung“, Folie 11-14) für das Eintreten berechnet. Der Projektbeginn

wird normalerweise durch das Ereignis mit der Nummer eins im Netzplan

gekennzeichnet. Das Projektende wird hingegen durch den Knoten mit dem spätest

möglichen Zeitpunkt (für das Eintreten eines Abschlussereignisses) repräsentiert.

Die Vorwärtsterminierung ist ein Verfahren zur Bestimmung der frühest möglichen

Zeitpunkte für das Eintreten der Ereignisse im Vorgangspfeil-Netzplan. Für die

nachfolgende Beschreibung des Verfahrens wird vorausgesetzt, dass die Ereignisse

im Netzplan beginnend mit eins lückenlos aufsteigend nummeriert sind. Das heißt, für

jeden Vorgang mit dem Anfangsereignis i und dem Endereignis j gilt immer i < j.

Insgesamt gibt es n Ereignisse.

Schritt 1:

Setze den frühest möglichen Zeitpunkt für das Eintreten des Ereignisses i = 1

(Zeitpunkt des Projektbeginns) gleich Null bzw. einem vorgegebenen Wert t0, d.h.

FZ(1) = 0 bzw. FZ(1) = t0. Fahre fort mit dem nächsten Knoten j = i + 1.

Schritt 2:

Für alle in Ereignis j mündenden Vorgänge bestimmt man den frühest möglichen

Zeitpunkt des Vorgängerereignisses i plus die Dauer des Vorganges zwischen den

Ereignissen i und j. Als frühest möglicher Zeitpunkt für das Eintreten des Ereignisses

j wird der größte dieser Werte gewählt: FZ(j) = max{FZ(i) + D(i,j)}

Schritt 3:

Wiederhole Schritt 2 für alle Nachfolgerereignisse bis das Zielereignis i = n erreicht

ist.

Bemerkung:

Sind die Ereignisse beliebig nummeriert, dann wählt man in jedem Schritt ein

Ereignis, für das bereits für alle Vorgängerereignisse ein frühester Zeitpunkt bestimmt

wurde.

Die Rückwärtsterminierung ist das komplementäre Verfahren zur Bestimmung der

spätest möglichen Zeitpunkte für das Eintreten der Ereignisse im Vorgangspfeil-

Netzplan.

Schritt 1:

Setze den spätest möglichen Zeitpunkt für das Eintreten des Ereignisses n (Zeitpunkt

des Projektendes) gleich dem frühest möglichen Zeitpunkt für das Eintreten dieses

Ereignisses: SZ(n) = FZ(n)

Schritt 2:

Für alle von Ereignis i < n abgehenden Vorgänge bestimmt man den spätest

möglichen Zeitpunkt für das Eintreten des Nachfolgerereignisses j n minus die

Dauer des Vorganges zwischen den Ereignissen i und j. Als spätest möglicher

Zeitpunkt für das Eintreten des Ereignisses i wird der kleinste dieser Werte gewählt:

SZ(i) = min{SZ(j) – D(i,j)}

Schritt 3:

Wiederhole Schritt 2 für alle Vorgängerereignisse bis das Startereignis i = 1 erreicht

ist.

Die gesamte Pufferzeit GP ist definiert als Zeitspanne zwischen frühest und spätest

möglichem Zeitpunkt für das Eintreten eines Ereignisses i: GP(i) = SZ(i) – FZ(i).

Der kritische Pfad ist definiert als Pfad im Netzplan, der das Anfangsereignis 1 sowie

das Endereignis n einschließt und ausschließlich solche Ereignisse beinhaltet, deren

Gesamtpufferzeit gleich Null ist. Hierbei sind Scheinvorgänge zwingend mit

einzuschließen.

Beim Berechnen eines Netzplans mittels Vorwärts- und Rückwärtsterminierung ergibt

sich mindestens eine durchgehende Folge von Ereignissen auf dem kritischen Pfad.

Im beispielhaft modellierten Projekt ergibt sich der kritische Pfad zwischen den

Ereignissen 1-2-3-4-6-7-8-9-10-11.

Alle Vorgänge auf dem kritischen Pfad sind prinzipiell zeitkritisch. Jede zeitliche

Verspätung dieser Vorgänge führt zu einer Verzögerung des Projektendtermins.

In dem dargestellten Beispiel besitzt lediglich Ereignis 5 eine Differenz zwischen

frühest und spätest möglichem Zeitpunkt für das Eintreten. Das bedeutet, dass in

diesem Fall der vorgelagerte Vorgang zur Vormontage von Baugruppe A um maximal

vier Zeiteinheiten verzögert der verlängert werden kann, ohne den Projektendtermin

zu gefährden.

Die Metra-Potential-Methode (MPM) wurde 1958 von der Unternehmensgruppe

Metra entwickelt und erstmals beim Bau des Kreuzfahrtschiffs Le France eingesetzt.

Dieses Verfahren ist für die Planung großer F&E-Projekte sowie Investitionsvorhaben

in der Industrie weit verbreitet. So wurde MPM bspw. von der Electricité de France

zur Terminplanung für den Bau des ersten französischen Atomkraftwerkes

eingesetzt. Ursprünglich wurden meist nur Anfangs- und Normalfolgen formuliert. Mit

MPM lassen sich jedoch auch andere Anordnungsbeziehungen leicht abbilden und in

die Berechnung des kritischen Pfades bzw. von Pufferzeiten einbeziehen (siehe Folie

11-18). MPM bildet die Grundlage für deterministische Planungsalgorithmen, die

heutzutage in diversen Softwaresystemen implementiert sind.

Anders als bei CPM stehen bei MPM nicht die im Projekt eintretenden Ereignisse,

sondern die Vorgänge im Vordergrund der grafischen Ablaufmodellierung. Dabei

werden die durchzuführenden und zu kontrollierenden Vorgänge als Knoten im

Netzplan modelliert und in Form rechteckiger Kästchen visualisiert. Die Knoten bieten

Möglichkeiten zur Aufnahme weiterer Informationen über das Projektgeschehen, z.B.

hinsichtlich der frühesten und spätesten Anfangs- und Endzeitpunkte des jeweils

betrachteten Vorgangs, der erwarteten Dauer sowie Pufferzeiten. Hierfür finden sich

unterschiedliche Darstellungselemente (vgl. Landau et al. 2004; Schelle et al. 2008).

Ereignisse werden nicht explizit abgebildet. Sie können jedoch ohne Weiteres als

Scheinvorgang mit der Dauer Null eingefügt werden. Dies ist insbesondere für

Meilensteine zu empfehlen.

Zur Erläuterung der oben dargestellten Grundregeln sollen einfache Beispiele aus

der Projektplanung bei einem Auftragsfertiger dienen, die an das CPM-Beispiel von

Folie 11-12 angelehnt sind:

Eine sequentielle Beziehung ohne Verzweigung ist der häufigste Fall in einem

Vorgangsknoten-Netzplan. Ein nachfolgender Vorgang folgt auf einen

vorhergehenden Vorgang. Der Nachfolger kann erst beginnen, wenn der Vorgänger

abgeschlossen ist. Z.B. kann erst mit dem Auftragen des Schutzanstriches begonnen

werden, wenn die Endkontrolle erfolgreich verlaufen ist.

Eine UND-Verzweigung zwischen einem Vorgänger und mehreren Nachfolgern ist

dann erforderlich, wenn die Vorgänge parallel ausgeführt werden können und diese

sich nicht gegenseitig beeinflussen. Z.B. kann nach der Vorfertigung der Eigenteile

und der Beschaffung von Fremdmaterial die Vormontage verschiedener Baugruppen

zur gleichen Zeit durchgeführt werden.

Eine UND-Verzweigung führt immer zu einer UND-Zusammenführung. Z.B. erfolgt

nach der parallel ausgeführten Vormontage einzelner Baugruppen die Endmontage

aller Baugruppen zu einem Produkt.

Parallelvorgänge, bestehend aus einer UND-Verzweigung und einer anschließenden

UND-Zusammenführung, können beispielsweise auch projektübergreifende

Controlling-Vorgänge repräsentieren, die zu Beginn des Projektes begonnen werden

und während des gesamten Projektes nebenläufig zu allen anderen Vorgängen

durchgeführt werden.

Wie bereits auf der vorherigen Folie angedeutet wurde, lassen sich Meilensteine, die

zum Beispiel aus dem Projektstrukturplan übertragen werden sollen, in einem MPM-

Netzplan als Scheinvorgänge mit der Dauer Null einfügen.

Wie bereits in Lehreinheit 10 erläutert wurde, ist es in der Praxis häufig notwendig,

Vorgänge teilweise überlappend auszuführen bzw. abzuarbeiten, beispielsweise bei

der simultanen Produkt- und Prozessentwicklung. Zudem muss es möglich sein,

zeitliche Mindest- und Höchstabstände zwischen einzelnen Vorgängen zu definieren,

die ein Projektteam oder mitarbeiter einzuhalten hat.

Anordnungsbeziehungen ermöglichen dem Projektplaner sowohl die

Synchronisationsbedingungen von Vorgängen festzulegen als auch zeitliche

Abstände zwischen Vorgängen vorzugeben. Die Anordnungsbeziehungen werden in

Form von Pfeilen zwischen den Vorgängen gezeichnet und legen die sachlogische

Reihenfolge fest, in der die Vorgänge innerhalb eines Projektes bearbeitet werden.

Die Pfeilspitze gibt die Richtung des Bearbeitungsablaufs an. Es lassen sich

Normalfolge (NF), Anfangsfolge (AF), Endfolge (EF) und Sprungfolge (SF)

unterscheiden (siehe Folien 10-27 ff.). Bei minimalem Zeitabstand (MINZ) stehen Typ

(NF, AF, EF oder SF) und Zeitwert oberhalb, bei maximalem Zeitabstand (MAXZ)

unterhalb des Pfeils.

Die Abbildung enthält neben der normgerechten (DIN 69900) Darstellung noch eine

freie Darstellung nach Schelle et al. (2008), die leichter zu verstehen ist.

In sachlich begründeten Fällen kann – wie bereits in der Lehreinheit 10 erwähnt – eine

Anordnungsbeziehung zwischen zwei Vorgängen sowohl mit einem minimalen als auch mit

einem maximalen Zeitabstand versehen werden.

Die oben dargestellte Abbildung verdeutlicht zwei mögliche Kombinationen aus MINZ und

MAXZ bei positiven oder negativen Zeitabständen für eine Normalfolge sowie die erlaubten

Grenzen, innerhalb derer sich der Nachfolger befinden darf ohne gegen die

Anordnungsbeziehung zu verstoßen. In dem ersten Beispiel sind die Vorgänge A und B in

einer Normalfolge mit MINZ = 3 und MAXZ = 7 angeordnet. MINZ und MAXZ definieren den

erlaubten Bereich für die früheste und späteste Anfangszeit des Nachfolgers B. So ist

zwischen dem Ende von Vorgang A und dem Beginn von Vorgang B eine minimale Wartezeit

von drei Zeiteinheiten einzuhalten. Der Vorgang B muss allerdings spätestens sieben

Zeiteinheiten nach dem Ende von Vorgang A beginnen. Für negative minimale und maximale

Zeitabstände verhält es sich analog, wie in dem zweiten Beispiel zu sehen ist: Der negative

minimale Zeitabstand definiert die maximale Vorziehzeit des Nachfolgers, d.h., in dem Beispiel

dürfte Vorgang B frühestens fünf Zeiteinheit vor dem Ende von Vorgang A beginnen. Der

negativem maximale Zeitabstand definiert die minimale Vorziehzeit, d.h., der Nachfolger B

muss spätestens eine Zeiteinheit vor dem Ende von Vorgang A beginnen.

Durch Wahl gleicher Zeitabstände für MINZ und MAXZ erreicht man, dass beide Vorgänge

(Vorgänger und Nachfolger) unverrückbar aneinander gebunden werden. In diesem Fall sind

die minimale und die maximale Wartezeit (für positive Zeitabstände) bzw. die minimale und

die maximale Vorziehzeit (für negative Zeitabstände) identisch (Schelle et al. 2008). Minimale

und maximale Zeitabstände lassen sich folglich beliebig kombinieren, so dass sich dem

Projektplaner eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Die Bedingung MINZ MAXZ

ist bei gleichen Anordnungsbeziehungen in jedem Fall einzuhalten.

Darüber lassen sich minimale und maximale Zeitabstände für unterschiedliche

Anordnungsbeziehungen definieren, bspw. ein minimaler Zeitabstand für eine Anfangsfolge

und ein maximaler Zeitabstand für eine Endfolge. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, da leicht

Widersprüche auftreten können. Sie sind durch entsprechende Korrekturmaßnahmen zu

beseitigen).

In der Darstellung wurde das aus Folie 11-12 bereits bekannte CPM-Beispiel zur

Konstruktion, Fertigung und Montage einer Maschine durch einen Auftragsfertiger

erneut aufgegriffen und mit Hilfe der Metra-Potential-Methode in einen

Vorgangsknoten-Netzplan überführt. Wie man leicht sieht, repräsentieren im

Gegensatz zum Vorgangspfeil-Netzplan die Knoten in einem MPM-Netzplan die

Arbeitsschritte im Projekt, die in sachlogischer Reihenfolge miteinander verknüpft

sind. Der Netzplan wurde aus Gründen der Vereinfachung so aufgestellt, dass

ausschließlich Normalfolgen mit einem minimalen Zeitabstand von Null auftreten.

Dieser Zeitabstand ist über der Anordnungsbeziehung explizit angegeben. Ferner

wurden die Meilensteine zu Projektbeginn und zum Projektende aus Platzgründen

weggelassen.

Wie erwähnt, enthält ein Knoten im Graphen folgende Variablen:

- Knotennummer

- Vorgangsbezeichnung

- Dauer

- Frühester Anfangszeitpunkt

- Spätester Anfangszeitpunkt

- Frühester Endzeitpunkt

- Spätester Endzeitpunkt

- Gesamte Pufferzeit.

Grundregel: Ein Vorgang kann frühestens anfangen, wenn alle seine unmittelbaren

Vorgänger beendet sind. Der früheste Anfangszeitpunkt ergibt sich damit als

maximaler frühester Endzeitpunkt dieser Vorgänger – unter Berücksichtigung des

minimalen Zeitabstandes MINZ. Das grundsätzliche Vorgehen ist wie folgt:

Schritt 1:

Bestimme den frühestmöglichen Anfangszeitpunkt des Startvorgangs 1. Falls kein

anderer Wert vorgegeben ist, setze für den Startvorgang FAZ(1) = 0.

Schritt 2:

Berechne den frühesten Endzeitpunkt des Startvorgangs 1, indem die Dauer des

Vorgangs zu dem frühesten Anfangszeitpunkt addiert wird: FEZ(1) = FAZ(1) + D(1)

Schritt 3:

Suche den Vorgang i+1, dessen FAZ(i+1) und FEZ(i+1) noch nicht bestimmt wurden

und für dessen Vorgänger FAZ und FEZ bereits vorliegen.

Schritt 4:

Bestimme aus den frühesten Endzeitpunkten aller Vorgänger den maximalen Wert.

Dieser Wert determiniert den frühesten Anfangszeitpunkt FAZ(i+1) sowie den

frühesten Endzeitpunkt FEZ(i+1) des Vorgangs i+1 nach den im Bild für die vier

Anordnungsbeziehungen angegebenen Rekursionsgleichungen.

Schritt 5:

Wiederhole die Schritte 3 bis 4 solange, bis für alle Vorgänge FAZ und FEZ bestimmt

wurden.

Grundregel: Ein Vorgang muss spätestens zu dem Zeitpunkt beendet sein, an dem

seine unmittelbaren Nachfolger beginnen sollen. Der späteste Endzeitpunkt eines

Vorgangs ergibt sich damit als minimaler spätester Anfangszeitpunkt dieser

Nachfolger. Das Vorgehen ist wie folgt:

Schritt 1:

Bestimme den spätest möglichen Endzeitpunkt für das Projekt. Falls kein anderer

Wert vorgegeben ist, setze für den Zielvorgang SEZ(n) = FEZ(n).

Schritt 2:

Berechne den spätesten Anfangszeitpunkt für den Zielvorgang, indem die Dauer vom

spätesten Endzeitpunkt subtrahiert wird: SAZ(n) = SEZ(n) − D(n)

Schritt 3:

Suche den Vorgang i < n, dessen SAZ(i) und SEZ(i) noch nicht bestimmt wurden und

für dessen Nachfolger SAZ und SEZ bereits berechnet wurden.

Schritt 4:

Bestimme den minimalen spätesten Anfangszeitpunkt der Nachfolger des Vorgangs i.

Dieser Wert determiniert den spätesten Anfangszeitpunkt SAZ(i) sowie den spätesten

Endzeitpunkt SEZ(i) des Vorgangs i nach den im Bild für die vier

Anordnungsbeziehungen angegebenen Rekursionsgleichungen.

Schritt 5:

Wiederhole die Schritte 3 bis 4 solange, bis für alle Vorgänge SAZ und SEZ bestimmt

wurden.

Unter Pufferzeit versteht man allgemein die Zeitspanne, um die ein Vorgang zeitlich

verschoben werden kann oder um die seine Ausführungszeit ausgedehnt werden

kann, ohne zu einer Verlängerung der gesamten Projektdauer zu führen (Landau et

al. 2004).

Die gesamte Pufferzeit (GP) markiert die Zeitspanne zwischen frühester und

spätester Lage eines Vorgangs. Die gesamte Pufferzeit wird folglich unter der

Annahme berechnet, dass sich die Vorgänger in frühester, die Nachfolger in

spätester Lage befinden. Für Netzpläne, in denen ausschließlich Normalfolgen mit

einem minimalen Zeitabstand von Null auftreten, lässt sich die gesamte Pufferzeit

eines Vorgangs bei allen Rechenschritten vereinfacht als Differenz zwischen dem

spätesten und dem frühesten Endzeitpunkt bzw. zwischen dem spätesten und dem

frühesten Anfangszeitpunkt des Vorgangs ausdrücken:

GP(i) = SAZ(i+1) – FEZ(i) = SEZ(i) – FEZ(i) = SAZ(i) – FAZ(i).

Für Netzpläne mit beliebigen Anordnungsbeziehungen und Zeitabständen muss die

gesamte Pufferzeit eines Vorgangs abhängig von der Anordnungsbeziehung, also

sachlogisch mit den richtigen Bezugspunkten, nach den hier für minimale

Zeitabstände exemplarisch dargestellten Regeln berechnet werden. Besitzt ein

Vorgang mehr als einen Nachfolger, so werden die freien Pufferzeiten für alle

Nachfolger sachlogisch berechnet und das Minimum aus allen Berechnungen

gewählt (Schelle et al. 2008).

Die freie Pufferzeit (FP) ist die „Zeitspanne, um die ein Vorgang gegenüber seiner

frühesten Lage verschoben werden kann, ohne die früheste Lage anderer Vorgänge

zu beeinflussen“ (DIN 69 900, Teil 1, Netzplantechnik-Begriffe, August 1987). Die

freie Pufferzeit eines Vorgangs kann genutzt werden, ohne die frühestmöglichen

Anfangszeitpunkte der Nachfolger oder das Projektende zu gefährden. Der

Vorgänger hält sozusagen Sicherheitsabstand zu den Nachfolgern.

Für Vorgänge, die in einer Normalfolge ohne minimalen Zeitabstand angeordnet sind,

lässt sich die freie Pufferzeit eines Vorgangs vereinfacht als Differenz zwischen dem

frühesten Anfangszeitpunkt des Nachfolgers und dem frühesten Endzeitpunkt des

Vorgangs ausdrücken:

FP(i) = FAZ(i+1) – FEZ(i).

Für Netzpläne mit beliebigen Anordnungsbeziehungen und Zeitabständen muss die

freie Pufferzeit eines Vorgangs abhängig von der Anordnungsbeziehung, also

sachlogisch mit den richtigen Bezugspunkten, nach den hier für minimale

Zeitabstände exemplarisch dargestellten Regeln berechnet werden – ähnlich wie die

gesamte Pufferzeit (siehe Folie 11-23). Besitzt ein Vorgang mehr als einen

Nachfolger, so werden die freien Pufferzeiten für alle Nachfolger sachlogisch

berechnet und das Minimum aus allen Berechnungen gewählt (Schelle et al. 2008).

Grundsätzlich gilt, dass Vorgänge auf dem kritischen Pfad eine freie Pufferzeit von

Null besitzen (FP=0). Die gesamte Pufferzeit von Vorgängen, die in den kritischen

Pfad münden, entspricht deren freien Pufferzeit (GP=FP) (Schelle et al. 2008).

Für die hier dargestellten Beispiele haben die Vorgänge i eine freie Pufferzeit von

Null (FP=0). D.h., würde der früheste Endzeitpunkt eines Vorgängers i um x

[Zeiteinheit] hinausgeschoben werden, so müsste auch der früheste

Anfangszeitpunkt des Nachfolgers i+1 um denselben Zeitwert x verschoben werden.

Die Vorgangsfolge 1-2-5-7-8-9-10-11 kennzeichnet den kritischen Pfad im

dargestellten Netzplan. Auf dem kritischen Pfad liegen alle Vorgänge, bei denen die

früheste und späteste Lage übereinstimmen. Wer sie verschiebt, verändert

unweigerlich den Projektendtermin.

In der Vorgangskette 4-6 haben beide Vorgänge jeweils einen gesamten Puffer von

vier Zeiteinheiten. Dieser Puffer steht jedoch nur einmal zur Verfügung. Wird bspw.

Vorgang 4 zeitlich verschoben und braucht den gesamten Puffer von vier

Zeiteinheiten vollständig auf, so ist der Puffer für Vorgang 6 nicht mehr verfügbar. Es

würde sich ein neuer kritischer Pfad ergeben, sollte z.B. Vorgang 6 um mehr

Zeiteinheiten verschoben werden, als der gesamte Puffer dieses Vorgangs umfasst.

Bei Vorgang 3 beträgt der gesamte Puffer sogar 28 Zeiteinheiten. Vorgang 3 könnte

folglich um 28 Zeiteinheiten verzögert werden, ohne den Fertigstellungstermin zu

gefährden.

Neben der gesamten und freien Pufferzeit gibt es weitere Arten von Pufferzeiten:

Die unabhängige Pufferzeit (UP) ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang verschoben

werden kann, wenn sich seine Vorgänger in spätester und seine Nachfolger in

frühester Lage befinden.

Die freie Rückwärtspufferzeit (FRP) ist die Zeitspanne, um die ein Vorgang

gegenüber seiner spätesten Lage verschoben werden kann, ohne die späteste Lage

anderer Vorgänge zu beeinflussen.

Ist MINZ = 0, so ist die Angabe der Anordnungsbeziehung ausreichend, der

Zeitabstand muss nicht notiert werden (Schelle et al. 2008).

Zur Unterstützung der systematischen Erzeugung, Berechnung und Optimierung von

Ablaufplänen sowie der darauf aufbauenden Terminplanung hat sich bei komplexen

Vorhaben die Netzplantechnik sehr bewährt. Sie ist ein graphentheoretisches

Hilfsmittel, das in Zusammenwirken mit anderen Planungsinstrumenten das

systematische Durchdenken, Planen und Steuern des Projektablaufs, die

Identifikation sachlogischer Schwachstellen in der Projektplanung, Berechnung

zeitlicher Puffer und des kritischen Pfades, das eindeutige Terminieren der Vorgänge

und damit ein erfolgreiches Projektmanagement ermöglicht.

In der Netzplantechnik wird zwischen Vorgangspfeil- (VPN), Vorgangsknoten- (VKN)

und Ereignisknoten-Netzplänen (EKN) unterschieden. In der Projektmanagement-

Praxis werden meist die Critical Path Method (CPM) für VPN-, die Metra-Potential-

Methode (MPM) für VKN- und die Program Evaluation Review Technique (PERT) für

EKN-Netzpläne verwendet.

Anordnungsbeziehungen ermöglichen dem Projektplaner sowohl die

Synchronisationsbedingungen von Vorgängen festzulegen, d.h. Vorgänge teilweise

überlappend auszuführen bzw. abzuarbeiten, als auch zeitliche Mindest- und

Höchstabstände zwischen einzelnen Vorgängen vorzugeben, die ein Projektteam

oder mitarbeiter einzuhalten hat. Anordnungsbeziehungen werden in Form von

Pfeilen zwischen den Vorgängen gezeichnet und legen die sachlogische Reihenfolge

fest, in der die Vorgänge innerhalb eines Projektes bearbeitet werden sollen.

Minimale und maximale Zeitabstände lassen sich im Prinzip beliebig kombinieren, so

dass sich dem Projektplaner eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Dabei

möglicherweise auftretende Widersprüche müssen vom Projektplaner durch

planerische Korrekturmaßnahmen aufgehoben werden (siehe Übung 11).

Mit Hilfe der frühesten und spätesten Anfangs- und Endzeitpunkte der Vorgänge

werden die Pufferzeiten berechnet, um die ein Vorgang zeitlich verschoben werden

kann oder um die seine Ausführungszeit ausgedehnt werden kann, ohne zu einer

Verlängerung der gesamten Projektdauer zu führen.

Ereignisknoten-Netzpläne (EKN) ähneln den Vorgangspfeil-Netzplänen hinsichtlich ihrer

graphischen Darstellung. So verwendet PERT als bekannteste EKN-Methode ebenso wie das

zuvor dargestellte CPM-Verfahren Knoten zur Modellierung von Ereignissen, die Vorgänge

beranden. Vorgänge sind bei PERT-Netzplänen jedoch nicht explizit angegeben und können

lediglich aus den Anordnungsbeziehungen abgeleitet werden. Die Zeitdaten zur Ausführung

eines Vorgangs werden am jeweiligen Pfeil zur Angabe der Anordnungsbeziehung vermerkt.

Die unzureichende Berücksichtigung von Vorgängen erschwert das operative Controlling

(Schelle et al. 2008). So findet PERT tendenziell als Instrument auf höheren Führungsebenen

Anwendung (Corsten und Corsten 2000).

Trotz der in der Praxis weit verbreiteten rein deterministischen Terminplanung für ein Projekt

(siehe CPM- sowie MPM-Vorwärts- und Rückwärtsterminierung, Folien 11-13 f. und 11-21 f.)

muss der Planer berücksichtigen, dass die Eindeutigkeit der Zeitdaten nicht sichergestellt ist.

Die Ausführungsdauern der Vorgänge sind i.d.R. nur Erwartungswerte und die Ergebnisse der

Terminplanung mit Unsicherheiten bzw. Schätzfehlern behaftet. Bei stochastischen

Ereignisknoten-Netzplänen, wie PERT, wird die mit der Zeitschätzung verbundene

Unsicherheit durch eine sog. Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f(t) berücksichtigt. Die

Dichtefunktion beschreibt, wie die zu 1 normierte Wahrscheinlichkeitsmasse über dem

Zeitintervall verteilt ist. Der Erwartungswert der Verteilung entspricht dem

Massenschwerpunkt. Bei PERT wird als Dichtefunktion eine sog. Beta-Verteilung f(t) mit dem

Vorfaktor 1/B(to,tp,,) verwendet. Zur Parametrisierung wird eine Dreizeitenschätzung

durchgeführt. Das heißt, der Planer schätzt die minimale bzw. optimistisch geschätzte Zeit to,

die zwischen den korrespondierenden Ereignissen verstreicht, die wahrscheinlichste oder

„nach bestem Wissen“ geschätzte Zeit tw sowie die maximale bzw. pessimistisch geschätzte

Zeit tp. Die Schätzwerte to und tp gehen direkt in die Parametrisierung der Beta-Verteilung ein.

Aus der Dreizeitenschätzung lässt sich der zu erwartende Zeitverbrauch t sowie die zu

erwartende Standardabweichung t mit Hilfe der unter der Anordnungsbeziehung

angegebenen Formeln berechnen. Der Erwartungswert t wird ebenso für die

Parametrisierung der Beta-Verteilung benötigt. Die vollständigen Formeln sind rechts unten im

Bild wiedergegeben. Je nach Schätzwerten können sich symmetrische (a), rechts- (b) oder

linksschiefe (c) Dichtefunktionen ergeben (siehe links unten im Bild).

Im Bild wird das aus den Folien 11-12 und 11-20 bereits bekannte Beispiel zur

Konstruktion, Fertigung und Montage einer Maschine durch einen Auftragsfertiger

erneut aufgegriffen und in einem Ereignisknotennetzplan auf der Basis von PERT

dargestellt.

Die frühest und spätest möglichen Zeitpunkte für das Eintreten der Ereignisse lassen

sich analog zum Verfahren bei Vorgangspfeil-Netzplänen mittels Vorwärts- und

Rückwärtsterminierung (siehe dazu Folien 11-13 und 11-14) auf Basis der zu

erwartenden Vorgangsdauern t ermitteln. Im Beispiel ergibt sich der kritische Pfad

zwischen den Ereignissen 1-2-3-4-6-7-8-9-10-11. Summiert man den zu erwartenden

Zeitverbrauch der kritischen Vorgänge, so erhält man unter der Annahme der

Unabhängigkeit eine Schätzung der gesamten Projektdauer. Die Varianz der

Projektdauer lässt sich nach demselben Verfahren durch die Quadratsumme der

Standardabweichungen t entlang des kritischen Pfads schätzen. Eine Diskussion

der Vor- und Nachteile dieses Verfahrens sowie weitergehende

Berechnungsvorschriften finden sich in Shtub et al. (2005).

Für numerisch genaue Berechnungen der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der

gesamten Projektdauer T anhand der parametrisierten Beta-Verteilungen f(t)

sämtlicher Vorgänge müssen i.d.R. Monte-Carlo-Rechnungen durchgeführt werden.

Hierbei werden Zufallsexperimente hinsichtlich der Ausführungsdauern der Vorgänge

durch die Erzeugung von geeigneten Zufallszahlen auf einem Computer simuliert.

Statt aufwendigen Monte-Carlo-Rechnungen lässt sich bei PERT-Netzplänen eine

einfache analytische Methode zur Schätzung der Projektdauer unter Unsicherheit

verwenden, die auf den Konvergenzaussagen des Zentralen Grenzwertsatzes

basiert. Allerdings können hierbei u.U. recht große Schätzfehler auftreten. Der

Zentrale Grenzwertsatz besagt u.a., dass die Summe von unabhängig verteilten

Zufallsvariablen annähernd einer Gauß´schen Normalverteilung folgt, sofern die

Anzahl der Zufallsvariablen hinreichend groß und die Varianz der Zufallsvariablen

endlich ist.

Es sei angenommen, dass in dem Projekt, das durch den auf der vorherigen Folie

dargestellten Ereignisknotennetzplan modelliert wurde, die genannten Bedingungen

erfüllt sind. Mit Hilfe der analog zum Verfahren bei Vorgangspfeil-Netzplänen

berechneten frühest und spätest möglichen Zeitpunkte für das Eintreten der

Ereignisse kann zunächst der kritische Pfad des Ereignisknotennetzplans rein

deterministisch anhand der Erwartungswerte t ermittelt werden. Das Ergebnis wurde

bereits auf der vorherigen Folie angegeben. Die zu erwartende Gesamtdauer und die

zu erwartende Gesamtstandardabweichung lassen sich anhand der Verteilungen

zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ereignissen entlang des kritischen Pfads

berechnen. Diese Berechnungen basieren auf den Grundlagen der

Wahrscheinlichkeitstheorie, die besagen, dass der Erwartungswert der Summe einer

beliebigen Menge von unabhängigen Zufallsvariablen gleich der Summe ihrer

Erwartungswerte und die Varianz der Summe gleich der Summe der einzelnen

Varianzanteile sind.

Mit Bezug auf den Zentralen Grenzwertsatz kann schließlich die Normalverteilung

verwendet werden, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dass die zu erwartende

Gesamtdauer T des Projekts kleiner gleich einem gegebenen Wert ist. Die Variable

Z ist hier definiert als die standardnormalverteilte Größe mit einem Erwartungswert

= 0 und einer Varianz 2 = 1. Der jeweilige Wahrscheinlichkeitswert für einen

gegebenen Z-Wert kann in entsprechenden Wahrscheinlichkeitstabellen abgelesen

werden, bspw. in Shtub et al. (2005), S. 455.