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Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 239, 311--320 (1960) Aus dem Pharmakognostischen Institut der Universität Innsbruck (Vorstand: Prof. Dr. O. SCHAU~Æ~~) Methylierang des Methadon am Stickstoff zur quartären Ammoniumbase* ** Von 0o SCHAUMANN Mit 1 Textabbildung (Eingegangen am 2. Mai 1960) Die schwierige Aufgabe, den Weg des Methadon im 0rganismus zu verfolgen, wurde bisher durch drei Methoden zu lösen versucht: ELLIOTT U. Mitarb. (1949) verwendeten ein in der Ketoseitenkette mit C1« mar- kiertes Methadon, CRONHEIM U. WA~E (1948) sowie LEO~G WAY u. Mitarb. (1949) benützten das von BRODI~ U. Mitarb. (1947) in die Mikro- analytik organischer Basen eingeführte Prinzip, von diesen in ~quivalen- ten Mengen in ein organisches Lösungsmittel mitgeschleppte organische Farbstoffe zur colorimetrischen Bestimmung heranzuziehen. I~ICKA_RDS u. Mitarb. (1950) schließlich nitrierten die Phenylgruppen des Methadon und colorimetrierten den nach JANOWSK¥ (1891) sich aus 2,4-Dinitro- phenylverbindungen mit Methyliithylketon bildenden Farbstoff. Alle drei Methoden gaben wichtige Aufschlüsse über die Verteilung des Methadon im Organismus und in den Ausscheidungsprodukten. Sie können aber aus mehrfachen Gründen nicht voll befriedigen. Die Isotopenmethode ist zwar sehr genau und erlaubt eine fast rest- lose Erfassung der verabreichten Methadonmenge im Organismus. ELLIOTT U. Mitarb. konnten mit ihr vor allem zeigen, daß nach 24 Std 98 °/0 der verabfolgten Radioaktiviti~t in den Ausscheidungen (58 °/0 im Kot, 30 °/0 im Harn und der l~est im Darminhalt) nachweisbar sind und daß die Ausatmungsluft kein radioaktives C~«02 enthielt als Beweis, daß eine Abspaltung und Verbrennung der Ketoseitenkette nicht erfolgt war. Die Methode ist aber vollkommen konstitutions-unabhängig und gibt daher keinerlei Anhaltspunkte darüber, in welcher Form der Radio- kohlenstoff vorlag. RICKARDS U. Mitarb. (1950) fanden mit der Nitriermethode zwar unmittelbar nach der s.c. Injektion beiAuf~rbeitung des ganzenTieres das gesamte verabreichte Methadon wieder; nach 5 Std konnten sie jedoch * Herrn Prof. Dr. P. W]~LS zum 70. Geburtstag gewidmet. ** Schicksal des Methadon (Polamidon) im Organismus. I. Mitteilung. ~aunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. Pharmak., Bd. 239 22

Methylierung des Methadon am Stickstoff zur quartären Ammoniumbase

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Naunyn-Schmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 239, 311--320 (1960)

Aus dem Pharmakognostischen Institut der Universität Innsbruck (Vorstand: Prof. Dr. O. SCHAU~Æ~~)

Methylierang des Methadon am Stickstoff zur quartären Ammoniumbase* * *

Von

0o SCHAUMANN

Mit 1 Textabbildung

(Eingegangen am 2. Mai 1960)

Die schwierige Aufgabe, den Weg des Methadon im 0rganismus zu verfolgen, wurde bisher durch drei Methoden zu lösen versucht: ELLIOTT U. Mitarb. (1949) verwendeten ein in der Ketoseitenkette mit C 1« mar- kiertes Methadon, CRONHEIM U. WA~E (1948) sowie LEO~G WAY u. Mitarb. (1949) benützten das von BRODI~ U. Mitarb. (1947) in die Mikro- analytik organischer Basen eingeführte Prinzip, von diesen in ~quivalen- ten Mengen in ein organisches Lösungsmittel mitgeschleppte organische Farbstoffe zur colorimetrischen Bestimmung heranzuziehen. I~ICKA_RDS

u. Mitarb. (1950) schließlich nitrierten die Phenylgruppen des Methadon und colorimetrierten den nach JANOWSK¥ (1891) sich aus 2,4-Dinitro- phenylverbindungen mit Methyliithylketon bildenden Farbstoff. Alle drei Methoden gaben wichtige Aufschlüsse über die Verteilung des Methadon im Organismus und in den Ausscheidungsprodukten. Sie können aber aus mehrfachen Gründen nicht voll befriedigen.

Die Isotopenmethode ist zwar sehr genau und erlaubt eine fast rest- lose Erfassung der verabreichten Methadonmenge im Organismus. ELLIOTT U. Mitarb. konnten mit ihr vor allem zeigen, daß nach 24 Std 98 °/0 der verabfolgten Radioaktiviti~t in den Ausscheidungen (58 °/0 im Kot, 30 °/0 im Harn und der l~est im Darminhalt) nachweisbar sind und daß die Ausatmungsluft kein radioaktives C~«02 enthielt als Beweis, daß eine Abspaltung und Verbrennung der Ketoseitenkette nicht erfolgt war. Die Methode ist aber vollkommen konstitutions-unabhängig und gibt daher keinerlei Anhaltspunkte darüber, in welcher Form der Radio- kohlenstoff vorlag.

RICKARDS U. Mitarb. (1950) fanden mit der Nitriermethode zwar unmittelbar nach der s.c. Injektion beiAuf~rbeitung des ganzenTieres das gesamte verabreichte Methadon wieder; nach 5 Std konnten sie jedoch

* Herrn Prof. Dr. P. W]~LS zum 70. Geburtstag gewidmet. ** Schicksal des Methadon (Polamidon) im Organismus. I. Mitteilung.

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312 O. SCHAC~L«N~- :

nur mehr 46--55,70/0 insgesamt auffinden. I m Harn waren binnen 48 Std l 1,2°/0 und im Kot 90/0 nachweisbar. LEO~G WAY u. Mitarb. (1949) wiesen mit der Brodieschen Methode nach 24 Std im Harn 4 - -10 °/o und im Ko t 20--24°/o der gegebenen Menge nach, CRONH]~IM U. WARE (1948) mit ihrer modifizierten Brodie-Methode im Harn ebenfalls nur 6 - -10 °/0 , während mit der I so topenmethode im Harn 30 °/o und im K o t 580/0 der verabreichten Radioakt iv i tä t gefunden wurden (Tab. 1).

Wie diese Zahlen zeigen, mußte sich also sowohl mit der Farbstoff- methode wie mit der auf einem ganz anderen Prinzip beruhenden

Nitr iermethode ein be- Tabelle 1. In den Ausscheidungen wieäerge/undene

Mengen. in Prozent der verabreichten Menge

ELLIOTT 11. M i t a r b .

RICHARDS U. M i t a r b .

LEO~C WAY il. Mitarb. CRONHEIM U. WARE

Harn Kot

30 °/o 11,2°/0 10 °/o

6--10 °/o

58°/o 90/0

20--240/0

trächtl icher Teil des Methadon und seiner Umwandlungsprodukte dem Nachweis entzogen haben.

Bei der auf der Basi- zi tät der Verbindungen beruhenden Farbstoff-

methode nach BRODIE samt ihren Modifikationen wäre es möglich, daß nicht genügend basische Umwandlungsprodukte nicht mehr erfaßt wer- den können. Für die nur auf der Anwesenheit der Phenylgruppen be- ruhenden Nitr iermethode von RICKARDS U. Mitarb. trifft aber diese Erklärungsmöglichkei t schon nicht mehr zu.

Die einfachste Erklärung für diese Diskrepanzen wäre die, daß ein großer Teil von Umwandlungsprodukten des Methadon bei der Auf- arbei tung des Materials zur Analyse verloren wurde. Diese besteht -- mit Ausnahme der I so topenmethode - - darin, daß das zu untersuchende Material alkalischer Reakt ion mit organischen Lösungsmitteln extrahiert und das lipoidlösliche Material der Analyse zugeführt , während die wäß- rige Mutter lauge verworfen wird. Wasserlösliche, in organischen Lösungs- lnitteln unlösliche Verbindungen entziehen sich daher dem Nachweis sowohl mit der Farbstoff- wie mit der Nitr iermethode. Daß dies der Fall ist, ergibt sich schon aus einer nicht weiter verfolgten Beobachtung von LEOI~=G WA¥, SIGI~OROTTI U. MARCH (1950), daß nach Verfüt terung von radioakt ivem Methadon in den Faeces nach wiederholter Ex t rak t ion mi t Äthylendichlorid im Rücks tand noch eine beträchtliche Radioakt iv i tä t vorhanden war, aber nur Spuren einer Substanz, die sich mit der Farb- stoffmethode nachweisen ließ.

Verbindungen, welche die Eigenschaft haben, auch bei alkalischer Reakt ion sehr leicht wasserlöslich, aber praktisch unlöslich in organischen Lösuugsmit teln zu sein, sind nun die quar tären Ammoniumbasen.

Es wurde daher der Versuch unternommen, das Vorhandensein einer durch Methylierung des Methadon im Organismus entstehenden

Mcthylierung des Methadon am Stickstoff 313

quartären Ammoniumbase (im folgenden kurz als,,Methyl-Methadon" be- zeichnet) nachzuweisen, sie zu identifizieren, vom Methadon und anderen basischen Umwandlungsprodukten abzutrennen und qnantitativ zu be- stimmen. Zur Lösung dieser Aufgabe mußten zunächst mit Hilfe eines synthetischen Methylmethadon, das uns in Form des Methadon-Brom- methylates liebenswürdigerweise von Herrn Prof. Dr. Dr. h .c .G. E~R- HARDT der Farbwerke Hoechst zur Verfügung gestellt wurde, entspre- chende Methoden entwickelt werden.

Quantitative Bestimmung. (MosLER 1956): Als Grundlage diente die Beobachtung, daß das Methylmethadon zwar selbst in organischen Lösungsmitteln unlöslich ist, sich aber als Farbkomplex bei pH 5 mit organischen LSsungsmitteln ausschütteln läßt und so der eolorimetri- sehen Bestimmung nach BRODIE zugänglich wird (s. a. H~VSSLWR 1956).

Reagentien. 1. Phosphatpuffer nach SÖRENSEN, PH 5,0. 2. Methylorangelösung nach BRODIE: 90 mg Methylorange-Na werden durch vorsiehtiges Erwärmen in 100 ml einer 0,5 m Borsäurelösung gelöst und nach dem Erkalten, wenn nötig, filtriert. Die Lösung wird gelöst und durch mehrmaliges Ausschütteln mit dem gleichen Volumen Äthylendichlorid von eventuell vorhandenen lipoidlösliehen, gefärbten Verunreinigungen befreit. 3.2°/0ige alkoholische Schwefelsäure.

Ausführung. Die Methylmethadon enthaltende wäßrige Lösung wird in einem Scheidetrichter mit 0,5 ml Methylorangelösung und 5 ml Pufferlösung versetzt und sodann mit 20 ml Äthylendichlorid oder Benzol ausgesehüttelt. Nach sorgfältiger Abtrennung der den Farbstoffkomplex enthaltenden organischen Phase wird nach Ansäuern mit der alkoholischen Schwefelsäure colorimetriert. Auf diese Weise können 5--200/~g Methylmethadon/10 ml mit einer Fehlergrenze von =L 3°/0 be- stimmt werden.

In Organmaterial hat sich die Aussalzung des Eiweißes durch Verreiben der Organe mit der doppelten bis fünffachen (Leberschnitte) Gewichtsmenge von festem KH2PO ~ am besten bewährt. Der Eiweißniederschlag wird für den weiteren Analysen- gang nicht abgetrennt. Zu Organen zugesetztes Methylmethadon konnte so im Mittel zu 82o/0 wiedergefunden werden.

Trennung des Methylmethadon vom Methadon und nicht quartären basischen Umwandlungsprodukten.

1. Durch Ausschüttelung (MosLER 1956): Die wäßrige Lösung der Gesamtbasen wird bei pH 5 mit Benzol ausgeschüttelt. Methadon und die nicht quartären Basen gehen dabei quantitativ in die Benzolphase über, während das Methylmethadon in der wäßrigen Phase zurückbleibt. Die Benzolphase wird noch einmal mit 5 ml Pufferlösung von pH 5 und zweimal mit Wasser gewaschen und kann dann zur quantitativen Bestim- mung der nicht quartären Basen verwendet werden. Die wäßrigen Phasen werden vereinigt und darin, wie oben beschrieben, das Methylmethadon bestimmt. Es konnten im Modellversuch mit wäßrigen Lösungen 90 °/0 des zugesetzten Methylmethadon und Methadon wiedergefunden werden. Bei Verwendung von Organmaterial wird das Eiweiß, wie oben beschrie- ben, durch Verreiben mit festem KH2PO4 vorher,,ausgesalzen" ; in diesem Falle wurden im Mittel 80 °/0 der beiden Anteile wiedergefunden.

22*

314 0. Sc~AU~A~~:

2. Trennung durch S/~ulenchromatographie (DIEBOLn 1958): Durch basisches Aluminiumoxyd ,Woelm", Aktivitätsstufe I, werden Methadon und seine nicht quart//ren Umwandlungsprodukte aus neutraler w/~ßriger Lösung quantitativ adsorbiert, während das Methylmethadon quanti- tativ im Filtrat bleibt. Die adsorbierten Basen können dann mit saurem Alkohol eluiert werden.

Ausführung. In ein mit einem Boden aus Glasfritte versehenen Glasrohr von ca. 10 mm lichter Weite werden 10 g basisches Aluminiumoxyd gebracht und mit einer dünnen Watteschicht bedeckt. Die auf einer Saugflasche montierte S~ule wird mit 10 ml Wasser gewaschen und die Ablaufgeschwindigkeit mit einer Wasser- strahlpumpe auf etwa 1 tal/min eingestellt. Dann wird die neutrale Lösung mit dem zu trennenden Basengemisch aufgebracht und 4mal mit je 15 ml Wasser nach- gewaschen. Im Filtrat wird das Methylmethadon, wie oben beschrieben, bestimmt. Die adsorbierten Basen werden sodann mit 4mal 15 ml 2°/oiger alkoholischer Schwefelsgure eluiert und im Eluat mit einer der Farbstoffmethoden bestimmt.

Bei Bestimmung in Organmaterial wird mit Trichloressigsäure enteiweißt, der Niederschlag 5mal mit Wasser nachgewaschen und die vereinigten Filtrate nach eventuellem Einengen auf dem Wasserbad mit NaOH neutralisiert.

Im Modellversuch wurden aus w//Brigen Lösungen 95 °/0 bzw. 80 °/0 des zugesetzten Methadon bzw. Methylmethadon wiedergefunden; bei Anwesenheit von Lebergewebe 84 °/0 bzw. 76 °/0.

3. Trennung durch Papierehromatographie (MAIss 1957):Als Papier- sorte wurde das Papier 2043 b von Schi. & Sch. verwendet. Als Laufmittel für die aufsteigende Chromatographie führten saure und neutrale Lösungsmittelgemische zu keiner Trennung; als geeignet erwies sieh das von STEPHA~ (1951) angegebene Gemisch von 70°/0igem Methylalkohol mit 25 °/0igem Ammoniak im Verh//ltnis von 9:1. Zum Sichtbarmaehen der Flecke wurde Dragendorff-t~eagens verwendet. Die Rf-Werte betru- gen für die reinen Substanzen beim Methadon 0,37 bei Methylmethadon 0,74.

Identiflzierung des Methylmethadon Zur Charakterisierung kleiner Mengen des Methylmethadon in wäßri-

ger Lösung wurde mit einer Reihe von Alkaloidf/£11ungsmitteln versucht, durch Kristallform und Schmelzpunkt der F/~llungen Methylmethadon von Methadon zu unterscheiden (MA~ss 1957). Am ehesten eigneten sich dazu das Reineckat und die Fällung mit dem Natriumquecksilbernitrit- Reagens, Na2Hg (NO2)4, nach FULTO.~ (1932). (Reagens: 5 g Quecksilber- nitrat und 4 g Natriumnitrit werden in 100 ml Wasser unter Zusatz einiger Tropfen HNO 3 gelöst.)

Die F//llungen wurden auf dem Objekttr//ger mit je einem Tropfen Reagens und Basenlösung durchgeführt und nach Auflegen eines Deck- glases mittels Durchsaugen von dest. Wasser gewaschen. Die in beiden F//llen kristallisierten NiederschlKge wurden nach Abheben des Deck- glases bei 40 ° vorsichtig getrocknet. Unter dem Mikroskop wurden fol- gende Schmelzintervalle ermittelt :

Methylierung des Methadon am Stickstoff 315

Reineckate : Methadon 119--124 °, Methylmethadon 170--172 °, Quecksilbernitritfällungen: Methadon 88--102 °, Methylmethadon

226--228 °. Mit dem Quecksilbernitrit-Reagens zeigten auch die Krista]Jformen ver-

schiedenes Aussehen : Beim Methadon feine Krista]Inadeln, beim Methyl-

methadon meist zu Rosetten vereinigte hlättchenförmige ](ristalle. Methylierung des Methadon durch Leberschnitte in vitro. (MosLER

1956). 100#g Methadon wurde mit 200 mg Leberschnitten von Meer- schweinchen in 6 ml Krebs-Ringer bei 37 ° in 02-Atmosphi~re geschüttelt.

Tabelle 2. In Versuchen an Leberschnitten wiederge]undene Mengen in Mi]crogramm

Minuten Versuchszahl ,,Methadon" Versuchszahl ,,Methylmethadon"

0 30 60 90

120 240

100 20 72 ~ 2,5 10 10 62 :k 2,0 15 10 54 ~ 2,5 - 20 46 i 2,0 15 10 30 ± 2,5 15

CöIt~~" C2H5[ C«H5 ~ C2Hs]

C C = O C-- C / l CeH5 / C6H5 ' NH,. N

/ - + / CH 2 -- CH CH, -- CH

l I CH3 CH3

Ringschlufl des primären Arains

0 10 :k 1,5 15 ~ 1,3

18 ± 0,5 18 ± 0,5

Nach verschiedenen Inkubationszeitcn wurden die Restmengen der mit der 0riginalmethode nach BRODIE nachweisbaren basischen Verbindun- gen (Methadon und nicht quartäre Umwandlungsprodukte) und mit der für quartäre Basen modifizierten Methy]orangemethode das gebildete Methylmethadon bestimmt (Tab. 2).

Aus diesen Zahlen würde sich ergeben, daß bei dem Verhältnis von Leber zu Methadon von 2000:1 nach 4 Std sich 70°/0 des eingesetzten Methadon dem Nachweis durch die Methylorangemethode nach B~ODIE entziehen und daß von diesem Fehlbetrag etwa 1/3 -- das sind etwa 20 °/o des eingesetzten Methadon -- auf methyliertes Mcthadon entfällt.

Ein Abbau von synthetischem Methylmethadon durch Leberschnitte in vitro konnte nicht nachgewiesen werden (DIEBOLD 1958). Dieses w~re somit als ein endgültiges Entgiftungsprodukt des Methadon anzusehen.

Identifizierung des durch Leberschnitte in vitro gebildeten Methyl- methadon. Um die zur Identifizierung nötige größere Menge von Methyl- methadon zu erhalten, wurden 40 Ansätze zu je 1 mg Methadon und 2 g

316 O. SeHAUMANN:

Leberschnitten in 15 ml Krebs-Ringer aufgearbeitet. Nach Enteiweißen mit Trichloressigsäure und 5maligem Nachwasehen des Niederschlages wurden die gesamten w/~ßrigen Filtrate vereinigt, auf ein kleines Volumen eingeengt und nach Neutralisieren durch Säulenchromatographie in der oben beschriebenen Weise die nicht quartären Basen abgetrennt. I m Fil t rat wurden insgesamt 6,2 mg Methylmethadon gefunden stat t der bei 20°/0iger Methylierung der insgesamt eingesetzten 40 mg Methadon zu erwartenden 8 mg.

Für die Fällungsreaktionen wurde die w/~ßrige Endlösung mit HC1 schwach angesäuert, zur Trockene gebracht und der Rückstand mit Aceton extrahiert, in dem das quartäre Methadonchlormethylat gut löslich

ist. Der nach dem Verdunsten mit Aeeton verbleibende Rückstand wurde mit 1 ml verdünnter Essig- säure aufgenommen und damit,

&:az« &=o,z« sowie zum Vergleich mit syntheti- schem Methadonbrommethylat auf dem Objektträger die Fällungen mit Reineckesalz und Natrium- Queck- silber-Nitritreagens durchgeführt. Die

~ Fällungen wurden auf dem Objekt- träger gewaschen und getrocknet ; die Bestimmung der Schmelzinter-

ÆF=6d7 ]Tæ-0,Yg valle erfolgte am Mikro-Heiztisch nach KOFLER.

Die Reineekate waren in beiden F~llen -- Versuchslösung und Test- lösung -- ungleiehförmige rhombische

»« ~« Kristalle mit einem Schmelzintervall / ~ ~ von 168-- 169 o für das synthetische

Abb. 1.I~apierchromatographischer 2qachweis und von 165-- 169 ° für die aus den von Methadon und Methylmethadon im Abbauversuch in vitro. I wAßrige Phase Versuchen mit Leberschnitten iso- (Methylmethadon), II Leitchromatogramm (Methadon+Methylmethadon)IIIorganische lierte Substanz.

Phase (Methadon) Die F~llung mit dem Quecksil- bernitritreagens bestand in beiden

Fällen aus Kristallrosetten; das Sehmelzintervall lag für die synthetische Verbindung bei 222--223 °, für die aus dem Methadon durch Leber- schnitte gebildete Substanz bei 218--223 o, für eine Mischung aus beiden Substanzen bei 216--220 °.

Nachweis durch Papierehromatographie (MAiss 1957). Nach Ent- eiweißen durch Aussalzen wurde bei p~ 5 mit Äthylendichlorid aus- geschüttelt und die w~ßrige Phase durch Einengen und Extrakt ion des Rüekstandes mit Aceton vom größten Teil der störenden anorganischen

Methylierung des Methadon am Stickstoff 317

Salze befreit. Bei der Chromatographie mit einem Gemisch von 70 °/0igem Alkohol und 25°/0igem Ammoniak im Verhältnis von 9:1 gaben die organische und die wäßrige Phase Flecken, die in ihren R~-Werten mit denen des Lei tchromatogramms (Methadon mit Zusatz von 20 °/0 Methyl- methadon) übereinstimmten (Abb. 1).

Besprechung der Versuche

Obwohl die Methylierung bzw. Transmethylierung bei Pflanze und Tier zu den alltäglichen physiologisch-chemischen Leistungen des Orga- nismus gehört, ist über die Bildung quartärer Ammoniumbasen als Ent- giftungsmechanismus relativ wenig bekannt. 1887 stellte W. HIS fest, daß Pyridin im Tierkörper zur Methylpyridiniumbase methyliert wird, und D. ACX~RMA~~ ~ (1912) fand die Umwandlung von Nicotinsäure in das quartäre Trigonellin. In ähnlicher Weise wird nach TAMURA (1924) der Chinolinring zur quartären Chinoliniumbase methyliert. Mcthylie- rung eines Ring-N wurde ferner beim nor-Evipan (DEINIXGER 1956) und beim t t i s tamin (Sc~AYER U. Mitarbl 1956) beschriebem In neuerer Zeit fanden MILLER U. Mitarb. (1945) die Mcthylierung des p-Monomethyl- aminoazobenzol zum p-Dimethylaminoazobenzol. Daß Methylierungen aliphatischer Aminogruppen körperfremdcr Verbindungen zu quartären Basen bisher nicht beobachtet worden sind, mag zum großen Teil mit den für eine Isolierung und Abtrennung äußerst ungünstigen Löslichkeits- eigenschaften der Ammoniumbasen zusammenhängen. Das im Spezial- fall des Methylmethadon gefundenc Prinzip, durch Kuppelung des für sich lipoidunlöslichen Methylorange mit der ebenfalls lipoiduniöslichen Ammoniumbase zu einem lipoidlöslichen Farbstoffaddukt zu kommen, dürfte sich wohl zur Bestimmung und Abtrennung anderer quartärer Basen ausweiten lassen. Vorerst ließ sich damit nachweisen, daß im Organismus ein beträchtlicher Teü des Methadon durch Methylierung entgiftet wird.

Unbewußt ist der Nachweis des Methylmethadon bereits im Harn von Methadonsüchtigen gelungen (VIDIC 1953). Der Autor stellte mit der Farbstoffmethode - - er verwendete Bromkresolgrün - - einen sogenann- ten ,Res twer t " fest, indem er den Harn bei PH 5,6 zuerst mit Benzol ausschüttelte. Dabei fand er einen erst zusammen mit dem Farbstoff in das Benzol übcrgehenden ,Res t " , der bei Verwendung von reinen Metha- donlösungen fehlte und im Harn 12--25 °/0 der Gesamtbasenmenge aus- machte. VIDIC meinte: ,Vielleicht liegt nach der Körperpassage im Urin ein Teil des Arzneistoffes in gebundener Form vor, welcher durch Benzol allein in geringerem Maße gelöst und erst nachher durch den Zusatz des Sulfophthalein - - in Verbindung mit diesem -- in die benzolische Phase übergeführt wird." Es dürfte kaum zweifelhaft sein, daß dieser , ~ e s t - wer t" auf Methylmethadon zu beziehen ist.

318 O. SCH~~~~L«~~- :

Auffallend ist, daß in den Versuchen mit Leberschnitten von der 2.--4. Std die Menge an Methylmethadon nicht mehr zunahm, während die mit Benzol ausschüttelbaren Basen noch weiter abnahmen. Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß nach AXELROD (1956) auch die Demethylierung durch die Mikrosomenfraktion der Leber nach 2 Std abgeschlossen ist. Dieses Gleiehlaufen von Methylierung und De- methylierung könnte daran denken lassen, daß für die Methylierung des Methadon dieses selbst als Methyldonator fungieren könnte. Dies könnte vielleicht auch eine Erklärung dafür geben, daß AXELROD bei der Deme- thylierung des Methadon durch Lebermikrosomen bestenfalls 1,9ttM Formaldehyd pro 1OttM Methadon fand, was bedeuten würde, daß bei doppelter Demethylierung maximal etwa 10 0/0 zum primären Amin abgebaut wurden. Andererseits ist von der lipoidlöslichen Basenfraktion, wie in einer 2. Mitteilung gezeigt werden soll, nur ein geringer Teil noch unverändertes Methadon. Man könnte also annehmen, daß ein wesentlich größerer Anteil zwar demethyllert wird, der gebildete Formaldehyd sich aber dem Nachweis entzieht, weil er in statu nascendi sofort zur Methy- lierung des Methadon verwendet wird.

Eine Entscheidung dieser Frage wird erst möglich sein, wenn es gelingt, das primäre (oder sekundäre)Amin des Methadon zu fassen und zu identifizieren. Es ist dies sehr schwierig, da primäres und sekundäres Amin sehr unbeständig sind und sich unter Ringbildung (siehe Formeln) so schnell umlagern, daß ihre synthetische Darstellung bisher nicht möglich war. Außer dem nicht sehr spezifischen Nachweis eines mit Ninhydrin reagierenden Fleckes im Papierchromatogramm (AxELROD) fehlt bisher jeder direkte Nachweis eines Demethylierungsproduktes. Als Indizienbeweis einer in ihrer Basizität unbeständigen Verbindung unter den Stoffweehselprodukten des Methadon könnte folgende Beobachtung dienen (STEMMER 1955) : Nach oraler Gabe von Methadon an Rat ten fand sich in der Galle eine mit Äthylendichlorid ausschüttelbare Basenfraktion, die beim Stehen der Äthylendichloridlösung binnen 38 Std bis auf einen geringen Rest ihren basischen Charakter verlor und sich daher ebenso wie das Ringschlußprodukt aus dem primären Am.in mit der Mcthylorange- methode nach BnODIE nicht mehr nachweisen ließ. Es wäre also möglich, daß hier ursprünglich das primäre Amin vorlag, das sich beim Stehen der Lösung zum Pyrrolldinring geschlossen und damit seine Basizität verloren hatte.

Eine ganz ähnliche Beobachtung machten bereits LEONG ~V.«~" u. Mitarb. (195l), die ebenfalls aus Rattengalle eine Fraktion isolierten, die in Acetatpuffer besser löslich war als Methadon und allmählich ihre colo- rimetrische Bestimmbarkeit mit Methylorange einbüßte. Auch der in den Versuchen mit Leberschnitten zum Unterschied von Methyllerung und Demethy!ierung noch in der 2.--4. Std weitergehende ,Abbau" könnte

Methylierung des Methadon am Stickstoff 319

auf dem Verschwinden von Basizi tä t durch Ringsch lußbi ldung beruhen.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinl ichkei t ist somit bisher nur gelungen, das quar täre Methy lmethadon als U m w a n d l u n g s p r o d u k t des Methadon im Organismus nachzuweisen.

Zusammenfassung 1. Es wird gezeigt, daß die Uns t immigke i t en bei den bisherigen Ver-

suchen, das Schicksal des Methadon im Organismus zu verfolgen, zum Teil da rauf zurückzuführen sind, daß sich in den wäßrigen Mut ter laugen beträcht l iche Teile des Methadon in F o r m seines quar tä ren Methy]ie- rungsproduktes dern Nachweis entzogen haben.

2. Es werden Methoden zur quan t i t a t i ve n B e s t i m m u n g des Methyl- methadon, zu seiner A b t r e n n u n g von u n v e r ä n d e r t e m Methadon u n d dessen n icht quar t ä ren U m w a n d l u n g s p r o d u k t e n u n d zu seiner Ident i - fizierung angegeben.

3. Methy lmethadon wird aus Methadon auch in vitro durch Leber- schni t te gebildet, selbst aber nicht weiter umgewandel t .

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Peter Mayr-Straße 1