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Editorial 931 Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2009/0711 JDDG | 11 ˙ 2009 (Band 7) Off-Label-Use in der Dermatologie Wolfram Sterry Die Restriktionen bzw. deren Mechanismen haben in der medizinischen Wirk- lichkeit viele Namen. Einer von ihnen heißt: Off-Label-Use. Keiner von Ihnen, liebe Kolleginnen oder Kollegen, der nicht mindestens wöchentlich mit diesem Problem konfrontiert wäre. Grund genug für JDDG, die Arbeit von Brockmeyer und Mitarbeitern, die ja seit langem sich dieses Themas angenommen haben, in diesem Heft zu veröffentlichen. In sehr klarer Weise beschreiben die Autoren, auch Frau Dr. Ulrike Brucklacher als Juristin mit großem Sachverstand auf die- sem Gebiet, welche medizinischen, aber auch medizin-rechtlichen Implikationen sich auf diesem schwierigen Gebiet ergeben. Sie geben nicht nur eine kritische Analyse der Situation, sondern auch Handlungsempfehlungen für den prakti- schen Alltag. Diese mögen insbesondere jüngeren Kolleginnen und Kollegen eine wichtige Hilfe sein, aber auch manchem alten Hasen noch einmal den gegenwär- tigen Stand verdeutlichen. Alle im Gesundheitswesen tätigen Ärzte müssen naturgemäß nicht nur eine Verant- wortung für ihre Patienten übernehmen, sondern auch mit Augenmaß die zur Ver- fügung stehenden Ressourcen einsetzen. Als besonders ärgerlich muss es daher empfunden werden, wenn beispielsweise die Anwendung von Resochin beim dis- koiden Lupus erythematodes jedes Mal erstritten werden muss, und wir uns in ei- ner Situation befinden, wo das eingesetzte zeitliche Potential in keinerlei Verhältnis zur wirtschaftlichen Tragweite des rezeptierten Medikamentes steht. Umgedreht gibt es natürlich auch viele neue Medikamente, die in einzelnen, therapeutisch außerordentlich schwierigen Situationen ein hervorragendes Ansprechen zeigen, allerdings von außerordentlich hohen Kosten belastet sind. Oft sind die Kosten so hoch, dass eine breite Anwendung eines solchen Medikamentes bei allen betroffe- nen Patienten allein aus Kostengründen äußerst schwierig wäre. Hier muss meines Erachtens auch an Algorithmen gearbeitet werden, wie sie in guter und vorbildli- cher Weise bereits für die Psoriasis entwickelt worden sind. Hier werden die Biolo- gicals erst dann eingesetzt, wenn die kostengünstigeren Systemtherapien unwirk- sam sind, kontraindiziert sind oder Nebenwirkungen aufgewiesen haben. Ähnliches muss meines Erachtens auch für den Off-Label-Use mit teuren neuen Präparaten gelten, sollte dann aber auch entsprechend nach Durchlaufen der thera- peutischen Leiter möglich werden.

Off-Label-Use in der Dermatologie

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Page 1: Off-Label-Use in der Dermatologie

Editorial 931

Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2009/0711 JDDG | 11˙2009 (Band 7)

Off-Label-Use in der DermatologieWolfram Sterry

Die Restriktionen bzw. deren Mechanismen haben in der medizinischen Wirk-lichkeit viele Namen. Einer von ihnen heißt: Off-Label-Use. Keiner von Ihnen,liebe Kolleginnen oder Kollegen, der nicht mindestens wöchentlich mit diesemProblem konfrontiert wäre. Grund genug für JDDG, die Arbeit von Brockmeyerund Mitarbeitern, die ja seit langem sich dieses Themas angenommen haben, indiesem Heft zu veröffentlichen. In sehr klarer Weise beschreiben die Autoren,auch Frau Dr. Ulrike Brucklacher als Juristin mit großem Sachverstand auf die-sem Gebiet, welche medizinischen, aber auch medizin-rechtlichen Implikationensich auf diesem schwierigen Gebiet ergeben. Sie geben nicht nur eine kritischeAnalyse der Situation, sondern auch Handlungsempfehlungen für den prakti-schen Alltag. Diese mögen insbesondere jüngeren Kolleginnen und Kollegen einewichtige Hilfe sein, aber auch manchem alten Hasen noch einmal den gegenwär-tigen Stand verdeutlichen.

Alle im Gesundheitswesen tätigen Ärzte müssen naturgemäß nicht nur eine Verant-wortung für ihre Patienten übernehmen, sondern auch mit Augenmaß die zur Ver-fügung stehenden Ressourcen einsetzen. Als besonders ärgerlich muss es daherempfunden werden, wenn beispielsweise die Anwendung von Resochin beim dis-koiden Lupus erythematodes jedes Mal erstritten werden muss, und wir uns in ei-ner Situation befinden, wo das eingesetzte zeitliche Potential in keinerlei Verhältniszur wirtschaftlichen Tragweite des rezeptierten Medikamentes steht. Umgedrehtgibt es natürlich auch viele neue Medikamente, die in einzelnen, therapeutischaußerordentlich schwierigen Situationen ein hervorragendes Ansprechen zeigen, allerdings von außerordentlich hohen Kosten belastet sind. Oft sind die Kosten sohoch, dass eine breite Anwendung eines solchen Medikamentes bei allen betroffe-nen Patienten allein aus Kostengründen äußerst schwierig wäre. Hier muss meinesErachtens auch an Algorithmen gearbeitet werden, wie sie in guter und vorbildli-cher Weise bereits für die Psoriasis entwickelt worden sind. Hier werden die Biolo-gicals erst dann eingesetzt, wenn die kostengünstigeren Systemtherapien unwirk-sam sind, kontraindiziert sind oder Nebenwirkungen aufgewiesen haben.Ähnliches muss meines Erachtens auch für den Off-Label-Use mit teuren neuenPräparaten gelten, sollte dann aber auch entsprechend nach Durchlaufen der thera-peutischen Leiter möglich werden.

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JDDG | 11˙2009 (Band 7) Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2009/0711

Die Dermatologie sollte ein Register einrichten, in dem alle ablehnenden oder auchbewilligenden Bescheide der Krankenkassen sowie entsprechende Gerichtsurteilesystematisch gesammelt werden. Aus der Analyse der Argumentation ließen sich sicherlich Verallgemeinerungen ziehen, die die Antragstellung auch für uns Derma-tologen vereinfachen würden. In dieser Hinsicht soll der Artikel von Brockmeyerund Mitarbeitern nicht nur aktuelle Hinweise geben, sondern auch zukunftswei-send wirken.

JDDG wird an diesem und an anderen fachpolitischen Brennpunkten weiter aktivbleiben, und ist Ihnen auch dankbar, wenn Sie uns auf Bereiche hinweisen, die bis-lang noch nicht ausreichend behandelt sind.

Mit den besten Grüßen und viel Freude bei der Lektüre bin ich Ihr

Prof. Dr. med. Wolfram Sterry

KorrespondenzanschriftProf. Dr. med. Wolfram SterryKlinik für Dermatologie, Allergologieund Venerologie Charité Universitätsmedizin BerlinCharitéplatz 1D-10117 BerlinTel.: +49-(0)30-450518061Fax: +49-(0)30-450518911E-Mail: [email protected]