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ISBN 978-3-456-85032-0
Verlag Hans Huber, Bernwww.verlag-hanshuber.com VerlagsgruppeGöttingen n Bern n Wien n Oxford n Prag n Kopenhagen n
Stockholm n Paris n Amsterdam n Toronto n Cambridge, MA
Pflegepraxis
Ute Haas Herausgeberin
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Pflegepraxis
Probleme, Bedürfnisse, Ressourcen und Interventionen
Pflege von Menschen mit
Querschnittlähmung
Eine Querschnittlähmung bedeutet eine meist plötzliche, mitunter auch schleichende Veränderung des Lebens von Betroffenen und ihren Angehörigen, die alle bisherigen Verhaltensmuster und Lebensaktivitäten in Frage stellt. Die Pflege und Versorgung dieser Menschen ist sehr anspruchsvoll und fordert von den Pflegenden ein vertieftes Wissen und spezielle Fertigkeiten sowie eine enge interdisziplinäre Kooperation. Das von der Pflegewissenschaflerin Ute Haas herausgegebene Praxishandbuch zur Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung
n führt detailliert in die anatomisch-physiologischen und epidemiologischen Grundlagen der Querschnittlähmung ein und zeigt die einzelnen Versorgungsphasen und ihre Ziele von der akuten zur post-akuten Versorgung bis hin zur Langzeitversorgung auf
n beschreibt die pflegerische und interdisziplinäre Versorgung – gegliedert nach funktio-nellen Verhaltensmustern (Gordon) – und erläutert Grundlagen, Konzepte, Strukturen, Funktionen sowie Assessments, Probleme, Komplikationen und Interventionen bei den folgenden funktionellen Verhaltensmustern: – Ernährung und Stoffwechsel bezüglich Ernährung und Hautveränderungen (Dekubitus) – Ausscheidung bezüglich veränderter Blasen- und Darmfunktion – Aktivität und Bewegung bezüglich Selbstversorgung, Mobilität, Kinaesthetics, Spastik
und Atmung– Kognition und Perzeption bezüglich Schmerzen– Selbstwahrnehmung und Selbstbild bezüglich Körperbild– Rollen und Beziehungen bezüglich der Familie und Angehörigen– Sexualität und Reproduktion– Bewältigungsverhalten und Stresstoleranz.
Endlich ein umfassendes und fundiertes Lehrbuch für die praktische und professionelle Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung.
www.claudia-wild.de: Haas Pflege querschnittsgelähmter Menschen/08.10.2012/Seite 1
Ute Haas (Hrsg.)
Pflege von Menschen
mit Querschnittlähmung
Verlag Hans Huber
Programmbereich Pflege
Beirat Wissenschaft:
Angelika Abt-Zegelin, Dortmund
Silvia Käppeli, Zürich
Doris Schaeffer, Bielefeld
Beirat Ausbildung und Praxis:
Jürgen Osterbrink, Salzburg
Christine Sowinski, Köln
Franz Wagner, Berlin
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Haas, Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung, 1. Auflage.
www.claudia-wild.de: Haas Pflege querschnittsgelähmter Menschen/08.10.2012/Seite 2
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Haas, Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung, 1. Auflage.
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Ute HaasHerausgeberin
Pflege von Menschen mit QuerschnittlähmungProbleme, Bedürfnisse, Ressourcen und Interventionen
Verlag Hans Huber
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Haas, Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung, 1. Auflage.
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Lektorat: Jürgen Georg, Dr. Susanne LauriBearbeitung: Michael HerrmannGestaltung und Herstellung: Sarah HuberTitelillustration: pinx., Design-Büro, WiesbadenUmschlag: Claude Borer, BaselDruckvorstufe: Claudia Wild, KonstanzDruck und buchbinderische Verarbeitung: Kösel, Krugzell-AltusriedPrinted in Germany
Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Kopien und Vervielfältigungen zu Lehr- und Unterrichtszwecken, Über-setzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Die Verfasser haben größte Mühe darauf verwandt, dass die therapeutischen Angaben insbesondere von Medikamenten, ihre Dosierungen und Applikationen dem jeweiligen Wissensstand bei der Fertigstellung des Werkes entsprechen.Da jedoch die Pflege und Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss sind, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, übernimmt der Verlag für derartige Angaben keine Gewähr. Jeder Anwender ist daher dringend aufgefordert, alle Angaben in eigener Verantwortung auf ihre Rich-tigkeit zu überprüfen.Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen oder Warenbezeichnungen in diesem Werk be-rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann be-nutzt werden dürfen.
Anregungen und Zuschriften bitte an:Verlag Hans HuberLektorat: PflegeLänggass-Strasse 76CH-3000 Bern 9Tel.: 0041 (0)31 300 4500Fax: 0041 (0)31 300 [email protected]
1. Auflage 2012© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern(E-Book-ISBN: 978-3-456-95032-7)ISBN 978-3-456-85032-0
Ute Haas (Hrsg.), Dr. rer. medic., MScN, Pflegewissenschaftlerin, BerlinHocksteinweg 17cDE-14165 [email protected]
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Haas, Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung, 1. Auflage.
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Inhaltsübersicht
Geleitwort 7
Vorwort 9
1. Einleitung 25
2. Einführung zur Querschnittlähmung 27
Robert Flieger
3. Versorgungsphasen 55
Martin Osbahr, Jan Modler
4. Funktionales Verhaltensmuster «Ernährung und Stoffwechsel» – Ernährung 67
Veronika Geng
5. Funktionales Verhaltensmuster «Ernährung und Stoffwechsel» – Haut 91
Klaus Pohlmann
6. Funktionales Verhaltensmuster «Ernährung und Stoffwechsel» – Dekubitus 103
Klaus Pohlmann
7. Funktionales Verhaltensmuster «Ausscheidung» – Blase 109
Peter Wenig, Harald Burgdörfer
8. Funktionales Verhaltensmuster «Ausscheidung» – Darm 135
Veronika Geng
9. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» –
Selbstversorgung 173
Kathleen Barth
10. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Mobilität 205
Annette Grave
11. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Kinaesthetics 231
Andreas Bartling
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6 Inhaltsübersicht
12. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Spastik 239
Peter Maierl
13. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Atmung 247
Sören Tiedemann
14. Funktionales Verhaltensmuster «Kognition und Perzeption» – Schmerz 265
Monika Erdmann
15. Funktionales Verhaltensmuster «Selbstwahrnehmung und Selbstbild» –
Körperbild 287
Anna-Katariina Koch
16. Funktionales Verhaltensmuster «Rolle und Beziehungen» –
Familie und Angehörige 307
Ute Haas
17. Funktionales Verhaltensmuster «Sexualität und Reproduktion» – Sexualität 319
Therese Kämpfer
18. Funktionales Verhaltensmuster «Bewältigungsverhalten und
Stresstoleranz» – Verarbeitungsprozess 339
Jörg Eisenhuth
19. Patientenedukation 367
Karin Roth, Christa Schwager, Adrian Wyss
Abkürzungsverzeichnis 385
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 389
Sachwortverzeichnis 395
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7
Geleitwort
Querschnittlähmung – eine Information oder
Nachricht, die tragischer fast nicht sein kann.
Die Diagnose stellt alles auf den Kopf, nichts
ist mehr und wird auch nicht mehr wie vor-
her sein. Eine Patientin mit einer peripheren
arteriellen Verschlusskrankheit hat einmal,
als ich von ihrer «chronischen» Krankheit
gesprochen habe, zu mir gesagt: «Frau Panfil,
ich bin nicht chronisch krank. Ich habe eine
Krankheit, die mich nicht mehr verlässt».
Und dies spiegelt gut die Bedeutung der
Querschnittlähmung für all diejenigen wider,
die damit leben müssen. Denn in der Regel
stirbt man nicht an dieser Krankheit, sondern
ist zu «lebenslänglich» verurteilt. Und dabei
gibt es in den meisten Fällen kein Zurück,
keine Begnadigung bei guter Führung und
kein Ausbruch aus dem Gefängnis in die
erhoffte Freiheit, sondern eine normale Le-
benserwartung, halt «nur» mit der Behin-
derung, gelähmt zu sein. Die Herausforde-
rung besteht darin, mit dieser Behinderung
den normalen Alltag zu leben. Nicht mehr
und nicht weniger und nichts einfacher als
das?
Dieses Buch ist spannend, und zwar aus
mehreren Perspektiven.
In diesem Buch bleiben
keine Fragen offen
Ich lernte Ute Haas als Studentin der Pfle-
gewissenschaft an der Universität Witten/
Herdecke kennen. Damals beschäftigte sie
sich in ihrer Masterarbeit mit der Stuhlaus-
scheidung von Menschen mit Querschnitt-
lähmung. Mich hat dies überrascht und et-
was verwundert, genau so, wie mich die
Arbeiten zur Bequemlichkeit der Bettschüs-
sel von Georges Evers zunächst befremdet
haben. Warum forschte sie nicht über De-
kubitusprophylaxe, Case-Management oder
die Häufigkeit von Stürzen? Themen wie die
Stuhlausscheidung sind die kleinen Alltäg-
lichkeiten, die wir ungefragt hinnehmen, ja
oft nicht einmal bewusst wahrnehmen und
für deren Funktionieren wir noch nicht ein-
mal dankbar sind, weil sie eben funktionie-
ren. Und wenn die Stuhlausscheidung dann
doch Probleme machen sollte, weil wir et-
was Falsches gegessen haben oder einfach
nur die üblichen Toilettengewohnheiten
nicht wahrnehmen können, leiden wir, aber
zum Glück nur befristet und nicht lebens-
länglich. Und genau dies sind die Themen,
die den Alltag der Betroffenen ausmachen,
und zugleich Themen der Pflege sind. Ich
habe gelernt, dass diese Themen, die unaus-
sprechlichen und deswegen auch unausge-
sprochenen, den Alltag der Betroffenen oft
am stärksten beeinträchtigen. Daher ist es
wichtig, dass Professionelle sich auch diesen
Themen widmen, weil damit ein großer Ge-
winn an Selbstständigkeit und Unabhängig-
keit, Wohlbefinden und Lebensqualität ver-
bunden ist.
Ich bin keine Expertin für das Thema
Querschnittlähmung und so habe ich gleich
nach dem zweiten unaussprechlichen Thema
gesucht: der Sexualität. Und ich freue mich,
auch hier «Ausgesprochenes» zu finden,
nämlich von den Stellungen beim Ge -
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8 Geleitwort
schlechtsverkehr bis zur Schwangerschaft
und Geburt.
Seine Inhalte bringen Multi
professionalität sehr deutlich
zum Ausdruck
Haben Sie auch einmal gehört, dass die Bo-
bath-Lagerung bei Menschen nach einem
Apoplex nicht mehr angezeigt ist? Dies soll an
dieser Stelle nicht weiter überprüft oder ver-
tieft werden, jedoch veranschaulicht es die
Notwendigkeit des Wissensaustauschs zwi-
schen verschiedenen Berufsgruppen. Eine er-
folgreiche Betreuung von Menschen mit
Querschnittlähmung ist nur im Rahmen mul-
tiprofessioneller Zusammenarbeit möglich.
Die Vielfalt der AutorInnen aus verschiede-
nen Berufsgruppen zeugt von geballter Kom-
petenz und Erfahrung und trägt zu einer mul-
tiprofessionellen Zusammenarbeit bei. Ich
freue mich sehr, dass Ute Haas die Zusam-
menstellung dieser AutorInnen gelungen ist.
Das Buch hat einen pflege theoretischen
Bezugsrahmen
Als Pflegewissenschaftlerin freut mich be-
sonders, dass das Buch auf einem pflege-
theo retischen Bezugsrahmen aufbaut, näm-
lich den funktionalen Verhaltensmustern
nach Gordon. Neugierig machen außerdem
in fast jedem Kapitel die Ausführungen zum
pflegerischen Assessment und zur Interven-
tion.
Die AutorInnen tragen mit ihren Ausfüh-
rungen dazu bei, Menschen mit Querschnitt-
lähmung für ein lebenslang selbstständiges
Leben mit Wohlbefinden und Lebensqualität
vorzubereiten, sie dabei zu unterstützen und
zu begleiten. Das Buch schließt eine große
Lücke, und so wünsche ich dem Werk eine
weite Verbreitung.
Prof. Dr. EvaMaria Panfil
Institut für Angewandte Pflegewissenschaft,
St. Gallen
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9
Vorwort
Eine Querschnittlähmung verändert das Le-
ben der Betroffenen grundlegend: Motorik,
Sensibilität und Organfunktionen sind beein-
trächtigt, soziale Rollen verändert, Planungen
durchkreuzt. Die Lähmung betrifft nicht nur
die Querschnittgelähmten selbst, sondern
auch ihre Angehörigen und Freunde.
Ob im Krankenhaus oder zu Hause, es
sind in aller Regel ausgebildete oder unaus-
gebildete pflegende Personen, die helfen, wo
körperliche Defizite auftreten, die für die
Gesunderhaltung sorgen, die unterstützen,
wenn es darum geht, den Alltag zu struktu-
rieren und zu organisieren, die noch nicht
abgedeckte Bedarfslagen identifizieren, die
sich mit den Betroffenen austauschen, ihnen
zuhören, sie beraten, begleiten und unter-
stützen, kurz gesagt, die mit den querschnitt-
gelähmten Menschen den Alltag leben und
teilen. Häufig bestehen langjährig gewach-
sene, freundschaftliche Beziehungen zwi-
schen Betroffenen und Pflegenden. Längst
sind die Querschnittgelähmten zu Experten
ihrer Situation geworden und die bestmög-
liche Lösung aktueller Probleme lässt sich
gemeinsam auf Augenhöhe finden.
Um jedoch den Alltag mit querschnittge-
lähmten Menschen gestalten zu können,
brauchen Pflegende viel Wissen und Erfah-
rung im pflegerischen, medizinischen, all-
tagspraktischen und zwischenmenschlichen
Bereich, um den vielschichtigen und facet-
tenreichen Problemen, Bedarfslagen und An-
forderungen kompetent begegnen zu kön-
nen. Mit Pflegenden sind vor allem
professionell Pflegende gemeint, aber auch
solche, die über keine entsprechende Ausbil-
dung verfügen, jedoch durch die oft langjäh-
rige Betreuung eines querschnittgelähmten
Menschen Kompetenzen in einer individu-
ellen Pflegesituation erworben haben.
Das vorliegende Buch wurde von Prakti-
kern für Praktiker in der Pflege geschrieben
und soll einen Beitrag dazu leisten, Wissen
und Erfahrung für die Pflege zu vermitteln.
Es liefert einen Überblick über die Pflege
querschnittgelähmter Menschen als einen
entscheidenden Beitrag in der Rehabilitation
und Versorgung durch ein interdisziplinäres
Team aus Pflegenden, Medizinern, Psycho-
logen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten
und Sozialarbeitern. Entsprechend wurde die
Pflege in den Mittelpunkt gestellt, und zwar
auch dann, wenn die Kapitel von Angehöri-
gen der anderen Berufsgruppen geschrieben
wurden. Aufgrund der Pflegeorientierung
wurden die genannten Disziplinen in den
Kapiteln nur insofern beschrieben, als sie für
das Verständnis der pflegerischen Interventi-
onen notwendig sind.
Die 20 Autorinnen und Autoren der
19 Buchbeiträge setzen sich seit Jahren oder
Jahrzehnten mit den Problemen und Bedürf-
nissen querschnittgelähmter Menschen aus-
einander, begleiten sie im Klinikalltag in den
Bereichen der Pflege, Medizin, Psychologie,
Physiotherapie und Ergotherapie; einige der
AutorInnen sind selbst betroffen. Sie verfü-
gen über einen reichen Erfahrungsschatz, der
in die Kapitel eingeflossen ist. Entsprechend
sind die Texte praxis- und erfahrungsorien-
tiert und stützen sich weniger auf wissen-
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10 Vorwort
schaftliche Fachliteratur. Das Buch beschreibt
vielmehr, was Pflegende wie tun können, um
querschnittgelähmte Menschen in die größt-
mögliche Selbstständigkeit und weitestge-
hende Selbstbestimmtheit zu begleiten. Was
das Buch nicht bieten kann, sind vertiefte
Einblicke in einzelne Aspekte der Versorgung
querschnittgelähmter Menschen im Allge-
meinen und der Pflege im Speziellen. Hierfür
sei auf die vielfältige Fachliteratur zu speziel-
len Aspekten verwiesen. Auch erhebt das
Buch keinen Anspruch auf Vollständigkeit
oder Perfektion.
Das Buch beginnt mit einer einleitenden
Beschreibung dessen, was eine Querschnitt-
lähmung ist, welche Ursachen sie hat und wie
sie medizinisch behandelt wird. Das zweite
Kapitel befasst sich mit der Versorgung quer-
schnittgelähmter Menschen, zu nächst im sta-
tionären und dann im poststa tionären Be-
reich. Die folgenden zwölf Kapitel befassen
sich mit den geschädigten Organsystemen
und den Folgen dieser Schäden für den Alltag
sowie mit dem Erleben der Betroffenen und
ihrer Angehörigen. Die Abfolge der einzelnen
Kapitel orientiert sich an den funktionalen
Verhaltensmustern nach Marjory Gordon, die
sie in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts
entwickelte:
Gesundheit im Sinne der funktionalen
Verhaltensmuster bedeutet den optima-
len Grad der funktionalen Fähigkeiten,
der es einem Individuum, einer Familie
oder einer Gemeinschaft ermöglicht, ihr
Potential am effektivsten zu nutzen.
(Gordon, M.; Bartholomeyczik, S., 2001,
Pflegediagnosen. München, Jena: Urban
& Fischer, S. 117)
Der Begriff «Muster» weist darauf hin, dass
es sich dabei um eine immer wiederkeh-
rende, bestimmte Abfolge einer Verhaltens-
weise handelt. Die funktionalen Verhaltens-
muster umfassen elf Bereiche:
1. Wahrnehmung und Umgang mit der ei-
genen Gesundheit
2. Ernährung und Stoffwechsel
3. Ausscheidung
4. Aktivität und Bewegung
5. Schlaf und Ruhe
6. Kognition und Perzeption
7. Selbstwahrnehmung und Selbstbild
8. Rolle und Beziehung
9. Sexualität und Reproduktion
10. Bewältigungsverhalten und Stresstole-
ranz
11. Werte und Überzeugungen.
Die Praxisorientierung des Buches spiegelt
sich in der Struktur der Kapitel wider:
• Der einleitende Teil umfasst theoretische
Grundlagen, die für das Verständnis not-
wendig sind.
• Dann wird das Problem bzw. die Diagnose
genannt, das/die Gegenstand der pflegeri-
schen Interventionen ist.
• Es folgt das Assessment, in dem beschrie-
ben wird, wie das Problem oder die Diag-
nose festgestellt, diagnostiziert und einge-
schätzt werden kann.
• Im nächsten Schritt folgt die Beschrei-
bung der Interventionen, die zur Lösung
des Problems beitragen sollen.
• Den Schluss der Kapitel bildet die Evalua-
tion, die der Frage nachgeht, wie festge-
stellt werden kann, ob die eingesetzten
Interventionen geeignet waren, das Pro-
blem zu lösen oder zumindest zu mildern.
Diese Struktur entspricht der Arbeitsweise in
der Pflege, bei der Probleme erkannt, einge-
schätzt und benannt, Interventionen ausge-
wählt und durchgeführt werden und zum
Schluss dieses Prozesses eingeschätzt wird,
wie zielführend diese Interventionen waren.
Den Abschluss des Buches bildet ein Ka-
pitel zur Patientenedukation, das sich mit
Fragen beschäftigt, wie Pflegende Betrof-
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Vorwort 11
fenen und Angehörigen die notwendigen
Kompetenzen zur Pflege und Versorgung
querschnittgelähmter Menschen vermitteln
können.
Wir, die Autorinnen und Autoren und
die Herausgeberin, wünschen uns, dass die-
ses Praxishandbuch für Sie als LeserIn hilf-
reich ist, wenn es darum geht, ein Grund-
verständnis und einen Überblick über die
praktische Pflege im Alltag zu gewinnen.
Wir hoffen auch, mit diesem Buch zu besse-
ren Kenntnissen über die Probleme und Be-
dürfnisse querschnittgelähmter Menschen
vor allem in denjenigen Bereichen beizu-
tragen, in denen darüber bisher wenig be-
kannt ist.
An dieser Stelle möchte ich mich bei all
den Menschen bedanken, die entscheidend
dazu beigetragen haben, dass dieses Buches
entstehen konnte.
An erster Stelle möchte ich mich bei mei-
nem Mann, Peter Tackenberg, bedanken, der
die Entstehung dieses Buch von Anfang bis
Ende begleitet hat und mir mit guten Ideen,
hilfreichen Ratschlägen, kritischen Nachfra-
gen, aber auch konkreter, praktischer Hilfe
unermüdlich zur Seite stand.
Dann möchte ich mich bei Jürgen Georg
bedanken, der mich mit seiner Begeisterung
immer wieder «angesteckt» hat und mich
bei all meinen Fragen und Anliegen geduldig
unterstützte.
Schließlich möchte ich mich bei denjeni-
gen bedanken, die durch vielfältige Unter-
stützung der Autoren zum Gelingen dieses
Buchprojektes beigetragen haben: Andrea
Schäfer, Gottfried Fischer und Dr. Cornelia
Wolf, Zentrum für Rückenmarkverletzte in
der Werner-Wicker-Klinik; Dr. Susanne
Föllinger, Gemeinschaftskrankenhaus Her-
decke; Dr. Roland Marth, Rehabilitati-
onszentrum-Häring; Dr.phil. Dipl.-Psych.
Herbert Jäck, ehemaliger Mitarbeiter im
SRH Klinikum Karlsbad Langensteinbach;
Prof. Dr. J. Pannek, Schweizer Paraplegiker
Zentrum Nottwil und Dr. phil. Peter Lude.
Berlin, im Dezember 2011
Dr. rer. medic. Ute Haas,
Pflegewissenschaftlerin
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13
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort 7
Vorwort 9
1. Einleitung 25
2. Einführung zur Querschnittlähmung 27
Robert Flieger
2.1 Anatomische und physiologische Grundlagen 272.2 Begriffsbestimmungen 302.3 Epidemiologie und Ätiologie 312.4 Verlauf und Akutversorgung 352.5 Behandlung der Wirbelsäulenverletzungen 382.6 Behandlung der nichttraumatischen Lähmungsursachen 392.7 Spinaler Schock 402.8 Lähmungsspezifische Erstbehandlung 412.9 Medizinische Aspekte lebenslanger Nachsorge und Komplikationsmanagement 442.10 Literatur 53
3. Versorgungsphasen 55
Martin Osbahr, Jan Modler
3.1 Warum Versorgungsphasen? 553.2 Rehabilitationsziele und -aufgaben in den Versorgungsphasen 563.3 Populationsspezifische Erbringung von Versorgungsleistungen 56
3.3.1 Versorgungsbereiche und -leistungen 573.3.2 Altersspezifische Bedarfslagen querschnittgelähmter Menschen 58
3.4 Akutbereich für Frischverletzte 593.4.1 Thromboemboliegefahr 593.4.2 Spinaler Schock 593.4.3 Dysreflexie 603.4.4 Atmung 60
3.5 Postakutbereich 613.6 Lebenslange Nachsorge 623.7 Ebene der Initiative 633.8 Fazit 653.9 Literatur 66
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14 Inhaltsverzeichnis
4. Funktionales Verhaltensmuster «Ernährung und Stoffwechsel» – Ernährung 67
Veronika Geng
4.1 Einleitung 674.2 Anatomie und Physiologie des Verdauungstrakts 67
4.2.1 Motorische Funktionen 684.2.2 Sekretorische Funktionen 684.2.3 Sensorische Funktionen 684.2.4 Veränderte Physiologie 68
4.3 Ernährung in den verschiedenen Versorgungsphasen 684.3.1 Ernährung in der Akutphase 684.3.2 Ernährung in der Rehabilitationsphase 694.3.3 Rehabilitationsziele bei Tetraplegie C5 69
4.4 Kriterien einer angemessenen Ernährung 704.4.1 Ausgewogene Ernährung 704.4.2 Regeln der DGE für eine vollwertige Ernährung 704.4.3 Energiebedarf bei Querschnittgelähmten 704.4.4 Flüssigkeitsbedarf 72
4.5 Gastrointestinale Komplikationen nach Querschnittlähmung 724.5.1 Akutes Abdomen 724.5.2 Ileus 724.5.3 Gastritis und Magenulzera 724.5.4 Gallensteine 734.5.5 Pankreatitis 73
4.6 Probleme und Interventionen 734.6.1 Übergewicht 734.6.2 Untergewicht 744.6.3 Mangelernährung 744.6.4 Nahrungsmittelunverträglichkeiten 754.6.5 Blähungen 764.6.6 Schluckstörungen 774.6.7 Aspirationsgefahr 78
4.7 Kostformen 784.7.1 Ballaststoffreiche Ernährung 784.7.2 Prä- und Probiotika 794.7.3 Spezielle Ernährung bei Entzündungen und Wunden 804.7.4 Spezielle Ernährung bei Osteoporose 80
4.8 Assessment und Ernährungsprotokoll 814.9 Evaluation 824.10 Screening 82
4.10.1 Erläuterungen zum Screening-Instrument 834.10.2 Zur Bedeutung anthropometrischer Daten 85
4.11 Hilfsmittel 854.11.1 Essen und Trinken 854.11.1.1 Geschirr 864.11.1.2 Besteck 864.11.2 Zubereitungshilfen 864.11.3 Trinkhilfen 874.11.4 Allgemeine Hilfsmittel zum Essen 87
4.12 Literatur 88
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Inhaltsverzeichnis 15
5. Funktionales Verhaltensmuster «Ernährung und Stoffwechsel» – Haut 91
Klaus Pohlmann
5.1 Einleitung 915.2 Anatomie und Physiologie der Haut 91
5.2.1 Oberhaut (Epidermis) 925.2.2 Lederhaut (Dermis) 925.2.3 Unterhaut 93
5.3 Assessment 935.3.1 Hautveränderungen 935.3.2 Dekubitusgefährdung 94
5.4 Interventionen 955.4.1 Hautpflege 955.4.2 Hautkontrolle 965.4.3 Druckvermeidung und -reduktion 965.4.3.1 Lagerung 975.4.3.2 Unterlagen, Matratzen, spezielle Lagerungssysteme 975.4.4 Aktivitäten des täglichen Lebens 985.4.4.1 Körperpflege und Sich-Kleiden 985.4.4.2 Nahrungsaufnahme 995.4.4.3 Ausscheidung 995.4.4.4 Bewegung 1005.4.4.5 Kommunikation 1005.4.4.6 Vitalfunktionen 1005.4.4.7 Sicherheit 100
5.5 Evaluation 1015.6 Literatur 101
6. Funktionales Verhaltensmuster «Ernährung und Stoffwechsel» – Dekubitus 103
Klaus Pohlmann
6.1 Einleitung 1036.2 Pathophysiologie des Dekubitus und Physiologie der Wundheilung 103
6.2.1 Entstehung 1036.2.2 Klassifikation 1046.2.3 Wundheilung 104
6.3 Assessment des Dekubitus 1056.3.1 Klärung der Ursache 1056.3.2 Lokalisation 1056.3.3 Dokumentation 106
6.4 Interventionen bei der Wundbehandlung 1076.5 Evaluation 1076.6 Literatur 107
7. Funktionales Verhaltensmuster «Ausscheidung» – Blase 109
Peter Wenig, Harald Burgdörfer
7.1 Einleitung 1097.2 Anatomie und Physiologie 109
7.2.1 Innervation der Blase 1097.2.2 Physiologische Blasenfunktion 109
7.3 Pathophysiologie neurogener Blasenentleerungsstörungen 1107.3.1 Neurogene Hyperaktivität von Detrusor und Sphinkter 111
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16 Inhaltsverzeichnis
7.3.2 Neurogene Akontraktilität von Detrusor und Sphinkter 1127.3.3 Inkomplette Lähmungen und Mischformen 1137.3.3.1 Inkomplette Lähmungen 1137.3.3.2 Mischformen 113
7.4 Assessment 1137.4.1 Medizinisches Assessment 1137.4.1.1 Neurourologische Untersuchung 1147.4.1.2 Urodynamik 1147.4.1.3 Zystoskopie 1147.4.1.4 Retrograde Röntgendarstellung der Harnröhre 1157.4.1.5 Infusionsurogramm 1157.4.1.6 Sonografie 1157.4.1.7 Uroflowmetrie 1157.4.2 Pflegerisches Assessment 1157.4.2.1 Beobachtungen und klinisches Bild 1167.4.2.2 Restharnbestimmung 116
7.5 Interventionen 1167.5.1 Medizinische Interventionen 1177.5.1.1 Medikamentöse Beeinflussung der Blasenfunktion 1177.5.1.2 Operative Interventionen 1187.5.2 Die Pflegeinterventionen 1217.5.2.1 Blasenentleerung mittels intermittierendem
Selbstkatheterismus 1217.5.2.2 Blasenentleerung mittels intermittierendem
Fremdkatheterismus 1257.5.2.3 Reflexentleerung der Blase 1257.5.2.4 Blasenentleerung mittels Bauchpresse 1267.5.2.5 Blasenentleerung mittels Vorderwurzelstimulator 1277.5.2.6 Dauerableitung mittels Verweilkatheter 1277.5.2.7 Andere Blasenentleerungsformen, z. B. Urostoma 1287.5.3 Pflegerische und medizinische Intervention zur Vermeidung
von Komplikationen 1297.5.3.1 Harnwegsinfekte 1297.5.3.2 Autonome Dysreflexie 1297.5.3.3 Blasen- und Nierenschäden 1307.5.3.4 Harnröhrenverletzungen bei ISK oder Fremdkatheterismus 1307.5.3.5 Blasen- und Nierensteine 131
7.6 Evaluation 1317.6.1 Erfolgreiche Vorbereitung auf ein Leben mit Blasenlähmung 1317.6.2 Lebenslange Nachsorge 132
7.7 Schlussbemerkungen 1327.8 Literatur 132
8. Funktionales Verhaltensmuster «Ausscheidung» – Darm 135
Veronika Geng
8.1 Einleitung 1358.2 Anatomie und Physiologie des unteren Gastrointestinaltrakts 136
8.2.1 Innervation 1368.2.2 Reflexe 1378.2.3 Darmentleerung 137
8.3 Pathophysiologie 138
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Inhaltsverzeichnis 17
8.3.1 Lähmung des unteren motorischen Neurons 1388.3.2 Lähmung des oberen motorischen Neurons 1388.3.3 Komplikationen 139
8.4 Interventionen beim Darmmanagement 1408.4.1 Rehabilitationsziele 1408.4.2 Akutphase 1418.4.3 Abführprozedere bei unterschiedlichen Schädigungen 1428.4.3.1 Obstipation 1438.4.3.2 Inkontinenz 1448.4.3.3 Blähungen 1468.4.4 Darmentleerungstechniken 1498.4.4.1 Digitale Ampullenkontrolle – Handlungsanleitung 1518.4.4.2 Digitale Stimulation – Handlungsanleitung 1518.4.4.3 Digitales Ausräumen – Handlungsanleitung 1548.4.4.4 Stimulation mit Zäpfchen, Miniklistier oder Klysma – Handlungsanleitung 1548.4.4.5 Analstretching 1548.4.4.6 Kolonmassage 1558.4.4.7 Rektale oder transanale Irrigation 1568.4.4.8 Sakrale Deafferentation und sakraler Vorderwurzelstimulator 1578.4.4.9 Sakrale Neuromodulation 1578.4.5 Begleitende Interventionen bei Darmfunktionsstörungen 1578.4.6 Hilfsmittel 1598.4.7 Laxanzien 159
8.5 Assessment-Instrumente 1608.5.1 Allgemeines Assessment 1608.5.2 Stuhlmenge 1618.5.3 Stuhlkonsistenz 1648.5.4 Weitere Beobachtungskriterien 1648.5.5 Stuhltagebuch 1658.5.6 Assessment-Instrument «Blähungen» 166
8.6 Dokumentation 1668.7 Evaluation 1698.8 Literatur 170
9. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Selbstversorgung 173
Kathleen Barth
9.1 Einleitung 1739.2 Problembeschreibung 1749.3 Assessment 1749.4 Intervention 175
9.4.1 Schulter- und Armlagerung 1789.4.2 Handlagerung 1799.4.2.1 Lagerung zur Kontrakturprophylaxe 1799.4.2.2 Passive Funktionshand 1799.4.2.3 Aktive Funktionshand 1809.4.2.4 Daumenlagerung 1819.4.2.5 Handling Funktionshand 1859.4.3 Selbstversorgung 1869.4.3.1 Mahlzeiten einnehmen 1879.4.3.2 Körperpflege und äußeres Erscheinungsbild 1919.4.3.3 Be- und Entkleiden 195
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18 Inhaltsverzeichnis
9.4.3.4 Kochen, Haushaltsführung/Versorgung, Einkaufen 1999.4.4 Hilfsmittel 201
9.5 Evaluation 2039.6 Literatur 204
10. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Mobilität 205
Annette Grave
10.1 Einleitung 20510.2 Faktoren mit Einfluss auf die Mobilität 206
10.2.1 Ausprägungen der Rückenmarkläsion 20610.2.2 Störung der Motorik 20610.2.3 Störung der Sensibilität 20710.2.4 Störung des Vegetativums 207
10.3 Komplikationen bei Rückenmarkverletzungen 20710.4 Assessment 20910.5 Interventionen in der Akutphase 209
10.5.1 Lagerung 21010.5.2 Körperwahrnehmung optimieren 21310.5.3 Formen der Prophylaxe 21410.5.4 Erstmobilisation in den Rollstuhl 215
10.6 Interventionen in der Postakut- oder Rehabilitationsphase 21610.6.1 Lagewechsel im Bett zum Transfer 21610.6.2 Transfer 22110.6.3 Stand und Gang 22210.6.4 Einsatz von Hilfsmitteln 228
10.7 Evaluation 22910.8 Literatur 229
11. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Kinaesthetics 231
Andreas Bartling
11.1 Einleitung 23111.2 Das Konzept «Kinaesthetics» 23111.3 Kinaesthetics am Beispiel eines Transfers 23311.4 Literatur 238
12. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Spastik 239
Peter Maierl
12.1 Einleitung 23912.2 Pathophysiologie 24012.3 Problembeschreibung 24012.4 Assessment 241
12.4.1 Medizin 24112.4.2 Pflege 241
12.5 Interventionen 24212.5.1 Physiotherapie 24212.5.2 Medizin 24212.5.3 Pflege 243
12.6 Evaluation 24512.7 Literatur 245
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Inhaltsverzeichnis 19
13. Funktionales Verhaltensmuster «Aktivität und Bewegung» – Atmung 247
Sören Tiedemann
13.1 Einleitung 24713.2 Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie der Atmung 247
13.2.1 Die Atempumpe – angewandte Mechanik 24713.2.2 Die Steuerung der Atmung 24913.2.3 Atmen bedeutet Arbeit 25113.2.4 Atemmechanik bei Querschnittlähmung 25113.2.4.1 Einfluss der Lähmungshöhe 25213.2.4.2 Atmung bei inkompletter Lähmung 25213.2.4.3 Atemlähmung 25213.2.4.4 Spastik, Zwerchfellhochstand und vegetative Einflüsse 253
13.3 Atmungsbezogene Probleme und Diagnosen 25313.3.1 Respiratorische Insuffizienz 25313.3.2 Respiratorische Komplikationen 25413.3.2.1 Lungeninfekte, Pneumonien und Aspirationspneumonien 25413.3.2.2 Atelektasen und Pleuraergüsse 25413.3.2.3 Schlafbezogene Atmungsstörungen bei Querschnittlähmung 254
13.4 Assessment 25513.4.1 Medizintechnische atembezogene Diagnostik 25513.4.1.1 Bildgebende Verfahren 25513.4.1.2 Lungenfunktionsdiagnostik 25513.4.1.3 Pulsoxymetrie, Kapnometrie und Blutgasanalyse 25613.4.2 Pflegerisches Assessment 25613.4.2.1 Informationen 25713.4.2.2 Beobachtung und Untersuchung 25713.4.2.3 Der Atembefund 258
13.5 Interventionen 25813.5.1 Pflegerische Intervention 25813.5.1.1 Lagerung als Intervention zur Belüftungsverbesserung 25813.5.1.2 Interventionen des Sekretmanagements 25913.5.2 Technische und medizinische Interventionen 26013.5.2.1 Intermittent Positive Pressure Breathing 26013.5.2.2 In- und Exsufflatoren 26113.5.2.3 Tracheostoma 26113.5.2.4 Bronchoskopie 26113.5.2.5 Sauerstoffgabe 26113.5.2.6 Beatmung 262
13.6 Evaluation 26213.7 Literatur 263
14. Funktionales Verhaltensmuster «Kognition und Perzeption» – Schmerz 265
Monika Erdmann
14.1 Einleitung 26514.2 Schmerzen 26514.3 Schmerzentstehung 26614.4 Schmerzarten und -lokalisationen 268
14.4.1 Akute Schmerzen 26814.4.2 Chronische Schmerzen 26814.4.3 Neuropathische oder neurogene Schmerzen 26914.4.4 Phantomschmerz 271
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20 Inhaltsverzeichnis
14.4.5 Deafferenzierungsschmerz 27114.4.6 Schmerzen durch Spastik 27214.4.7 Viszerale Schmerzen 27214.4.8 Schmerzen im Bewegungsapparat 272
14.5 Assessment 27314.5.1 Schmerzanamnese 27314.5.2 Apparative Diagnostik 275
14.6 Interventionen 27514.6.1 Medikamentöse Schmerztherapie 27514.6.2 Nichtmedikamentöse Schmerztherapie 27614.6.2.1 Transkutane elektrische Nervenstimulation 27714.6.2.2 Aku-Taping und Kinesiotaping 27714.6.2.3 Akupunktur 27814.6.2.4 Psychologische Schmerzbehandlung 27814.6.2.5 Entspannungsverfahren 27914.6.2.6 Biofeedback 27914.6.2.7 Operante Verfahren 27914.6.2.8 Kognitiv-behaviorale Therapie 27914.6.2.9 Hypnose und Heterohypnose 28014.6.3 Pflegerische Interventionen 28014.6.3.1 Basale Stimulation® 28114.6.3.2 Rhythmische Einreibungen 28214.6.3.3 Handmassage 283
14.7 Evaluation 28314.8 Literatur 283
15. Funktionales Verhaltensmuster «Selbstwahrnehmung und Selbstbild» – Körperbild 287
Anna-Katariina Koch
15.1 Einleitung 28715.2 Funktionsverluste und ihre Folgen für das Körperbild 288
15.2.1 Rollstuhl 28915.2.2 Verlust der Blasen- und Mastdarmkontrolle 29115.2.3 Sexuelle Dysfunktionen 29315.2.4 Sichtbare Körperveränderungen 295
15.3 Problembeschreibung 29515.3.1 Sich nicht betrachten und berühren wollen 29615.3.2 Nicht über Behinderung sprechen wollen 29615.3.3 Die pflegerische Versorgung nicht übernehmen wollen 29615.3.4 Soziale Isolation 297
15.4 Assessment 29715.4.1 Einschätzung der eigenen Situation 29715.4.2 Erwartungen an das Ergebnis der Rehabilitation 29815.4.3 Wahrnehmung der Symbole von Behinderung 29915.4.4 Wahrnehmung anderer behinderter Personen 30015.4.5 Selbstvertrauen 30015.4.6 Depression 301
15.5 Interventionen 30115.5.1 Vertrauensverhältnis aufbauen 30115.5.2 Ins Gespräch kommen 30215.5.3 Trauer zulassen 302
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Inhaltsverzeichnis 21
15.5.4 Positive Coping-Strategien identifizieren 30315.5.5 Fortschritte aufzeigen 304
15.6 Evaluation 30515.6.1 Über das veränderte Körperbild sprechen können 30515.6.2 Die körperlichen Veränderungen verstehen 30515.6.3 Veränderungen annehmen und integrieren lernen 306
15.7 Literatur 306
16. Funktionales Verhaltensmuster «Rolle und Beziehungen» – Familie und Angehörige 307
Ute Haas
16.1 Einleitung 30716.2 Akutbereich 307
16.2.1 Problembeschreibung 30716.2.2 Assessment 30816.2.3 Interventionen 30916.2.4 Evaluation 309
16.3 Postakutbereich und Rehabilitation 30916.3.1 Problembeschreibung 30916.3.2 Bewältigungsstrategien 31016.3.3 Assessment 31016.3.4 Interventionen 31016.3.5 Evaluation 311
16.4 Poststationärer Bereich 31116.4.1 Problembeschreibung 31116.4.2 Bewältigungsstrategien 31216.4.3 Problembeschreibung pflegender Angehöriger 31216.4.4 Bewältigungsstrategien pflegender Angehöriger 31316.4.5 Assessment 31516.4.6 Interventionen 31516.4.7 Evaluation 316
16.5 Literatur 317
17. Funktionales Verhaltensmuster «Sexualität und Reproduktion» – Sexualität 319
Therese Kämpfer
17.1 Einleitung 31917.2 Sexueller Reaktionszyklus beim Mann 320
17.2.1 Erregungsphase 32017.2.2 Plateauphase 32017.2.3 Orgasmusphase 32017.2.4 Rückbildungsphase 32117.2.5 Refraktärphase 321
17.3 Querschnittbedingte Veränderungen der Sexualfunktion 32117.3.1 Erektile Dysfunktion in der Erregungsphase 32117.3.2 Erektionstypen 32117.3.2.1 Psychogene Erektion 32117.3.2.2 Reflexogene Erektion 32217.3.2.3 Reflexerektion 32217.3.3 Veränderter Orgasmus 32217.3.4 Fruchtbarkeit 322
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22 Inhaltsverzeichnis
17.4 Assessment 32317.4.1 Medizin 32317.4.2 Pflege 323
17.5 Intervention 32417.5.1 Medizin 32417.5.1.1 Erektile Dysfunktion 32417.5.1.2 Kinderwunsch 32517.5.2 Pflege 325
17.6 Sexueller Reaktionszyklus bei der Frau 32717.6.1 Erregungsphase 32717.6.2 Plateauphase 32717.6.3 Orgasmusphase 32717.6.4 Refraktärphase 327
17.7 Querschnittbedingte Veränderungen 32717.7.1 Reflexlubrifikation in der Erregungsphase 32717.7.2 Störungen in der Orgasmusphase 32817.7.3 Fruchtbarkeit 32817.7.4 Kontrazeption 32817.7.5 Schwangerschaft 32917.7.6 Entbindung 32917.7.7 Schwangerschaftsabbruch 32917.7.8 Vorsorgeuntersuchungen 329
17.8 Assessment – Pflege 32917.9 Intervention 330
17.9.1 Pflege 33017.9.2 Schwangerschaft 33017.9.3 Probleme und Ressourcen während der Entbindung 331
17.10 Sexualleben und Querschnittlähmung 33117.10.1 Libido 33117.10.2 Berührung 33217.10.3 Stellungen 33317.10.4 Body-Image 33317.10.5 Bedingungen für das Sexualleben 33417.10.6 Lustkiller Angst 33417.10.7 Sexualassistenz 336
17.11 Schlussbemerkung 33617.12 Literatur 336
18. Funktionales Verhaltensmuster «Bewältigungsverhalten und Stresstoleranz» – Verarbeitungsprozess 339
Jörg Eisenhuth
18.1 Einleitung 33918.2 Modelle des Verarbeitungsprozesses 340
18.2.1 Traditionelle Phasenmodelle 34018.2.1.1 Schockphase 34118.2.1.2 Verleugnung 34118.2.1.3 Regression 34218.2.1.4 Depression 34218.2.1.5 Akzeptieren 34218.2.2 Der Verarbeitungsprozess als Stressbewältigung 34318.2.2.1 Stresserkennung und -verarbeitung 343
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Inhaltsverzeichnis 23
18.2.2.2 Problemlösetraining 34518.2.2.3 Veränderung negativen Denkens 34618.2.2.4 Gefühle verarbeiten 34718.2.2.5 Erfolgreiche und erfolglose Bewältigungsstrategien 34818.2.2.6 Soziale/familiäre Unterstützung und soziale Kompetenz 35018.2.3 Das Airbag-Modell – Innensicht 35118.2.4 Körperliche und seelische Faktoren der Bewältigung 351
18.3 Akutphase 35318.3.1 Situationsbeschreibung 35318.3.2 Pflegerisches Assessment 35418.3.3 Psychologisches Assessment 35518.3.4 Interventionen 35518.3.5 Evaluation 356
18.4 Postakut- oder Rehabilitationsphase 35618.4.1 Problembeschreibungen 35618.4.2 Assessment 35818.4.3 Interventionen 35918.4.4 Evaluation 359
18.5 Poststationäre Phase 35918.5.1 Problembeschreibungen 36018.5.2 Assessment 36018.5.3 Interventionen 36118.5.4 Evaluation 361
18.6 Zur langfristigen Lebensqualität mit Querschnittlähmung 36118.7 Schlussbemerkungen 36318.8 Literaturempfehlungen 36318.9 Literatur 363
19. Patientenedukation 367
Karin Roth, Christa Schwager, Adrian Wyss
19.1 Einleitung 36719.1.1 Patientenedukation in der Rehabilitation 36819.1.2 Lernen und Krise 36819.1.3 Empowerment 36919.1.4 Rehabilitation als Edukationsprozess 369
19.2 Theoretische Grundlagen 37019.2.1 Lernmodell der kompetenzorientierten Lernkonzeption 37019.2.1.1 Situatives Wissen 37119.2.1.2 Deklaratives Wissen 37219.2.1.3 Prozedurales Wissen 37219.2.1.4 Sensomotorisches Wissen 37219.2.2 Didaktische Überlegungen 372
19.3 Assessment – Schulungsbedarf erheben 37419.4 Interventionen 375
19.4.1 Instrumente zum Kompetenz- und Wissensaufbau 37519.4.1.1 Wissensförderung durch Lernen im Tun 37519.4.1.2 Aufbau von deklarativem Wissen 37719.4.1.3 Edukationshilfsmittel 37819.4.2 Einbezug Angehöriger in die Patientenedukation 381
19.5 Evaluation 38119.6 Fallbeispiel 38219.7 Literatur 384
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24 Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis 385
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 389
Sachwortverzeichnis 395
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25
1 Einleitung
Der Eintritt einer Querschnittlähmung ist ein
dramatisches Ereignis: Kommt es durch ei-
nen Verkehrsunfall dazu, ist oft eine erste
notfallmedizinische Behandlung am Unfall-
ort notwendig. Dann wird der Betroffene ins
Krankenhaus eingeliefert, wo die fraktu-
rierte oder luxierte Wirbelsäule chirurgisch
stabilisiert und das Rückenmark entlastet
wird, um das Fortschreiten der Lähmung zu
verhindern und Rückbildungsprozesse zu er-
möglichen. Dann folgt eine oft Monate dau-
ernde Rehabilitation in spezialisierten statio-
nären Einrichtungen, bei der es darum geht,
vertraute Aktivitäten des täglichen Lebens,
die plötzlich nicht mehr in gewohnter Weise
durchgeführt werden können, neu zu erler-
nen – ein für Erwachsene ungewohnter Pro-
zess. Ist die Rehabilitation abgeschlossen, gilt
es, den Alltag im eigenen Umfeld wieder auf-
zunehmen und all die Veränderungen durch
die Querschnittlähmung und ihre Folgen da-
rin zu integrieren. Doch was ist eine Quer-
schnittlähmung und welche Auswirkungen
hat sie auf das Leben der Betroffenen?
Eine Querschnittlähmung beeinträchtigt
Motorik und Sensibilität der betroffenen
Körperpartien wie auch die Funktion inne-
rer Organe. Das bedeutet, dass viele quer-
schnittgelähmte Menschen nicht mehr ge-
hen oder stehen können, ihren Körper nicht
mehr in gewohnter Weise spüren und nicht
mehr in der Lage sind, die Urin- und Stuhl-
ausscheidung zu kontrollieren. Bei quer-
schnittgelähmten Menschen, bei denen die
Verletzung im Halsbereich eintrat, sind darü-
ber hinaus Arme und Hände betroffen. Das
bedeutet, dass die Hände nur noch einge-
schränkt oder überhaupt nicht mehr zum
Greifen genutzt werden können. Die Betrof-
fenen sind nicht mehr in der Lage, sich die
Nase zu putzen, eine Tasse Kaffee einzu-
schenken oder einem Besucher die Hand zu
schütteln; sie müssen vielmehr bei anstehen-
den Handlungen nach Hilfe fragen und über
die Hände anderer tätig werden. Die be-
schriebenen Einschränkungen im Rahmen
einer Querschnittlähmung äußern sich je-
doch nicht einheitlich, sondern viefältig. So
kann eine Person mit Querschnittlähmung
bei einer «inkompletten Lähmung» eine
Reihe von Fähigkeiten und Fertigkeiten
durch Training und Rückbildungsprozesse
zurückgewinnen, während eine andere mit
einer «kompletten» Lähmung nur kleine
Fortschritte durch hartes Training erreicht.
Wieder ein anderer kann seinen Körper im
gelähmten Bereich überhaupt nicht mehr
spüren, während der Nächste «nur» ein paar
«gefühlsarme» Hautareale hinnehmen muss.
Bei einem Weiteren treten wiederum Körper-
empfindungen auf, die vor der Lähmung un-
bekannt waren und deren Bedeutung erst
geklärt werden muss.
Auch bei den Einschränkungen der Or-
ganfunktionen ist diese Vielfältigkeit erkenn-
bar: So kann der Funktionsverlust bei Blase
und Darm stärker oder weniger stark ausge-
prägt sein. Auch bei der Art der Einschrän-
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26 1. Einleitung
kung gibt es große Unterschiede, die im All-
tag unterschiedliche Anforderungen nach
sich ziehen.
Neben diesen körperbezogenen Aspekten
unterscheidet sich auch der Umgang mit der
Behinderung im Alltag individuell. Dabei
spielt es eine entscheidende Rolle, welche Ei-
genschaften der von der Querschnittläh-
mung Betroffene aufweist, in welchem Le-
bensabschnitt er sich befindet und in welchem
Umfeld er lebt: Sie tritt bei dem jungen Mann
ein, der kurz nach dem Erwerb seiner Fahr-
erlaubnis einen Unfall hatte, mitten aus dem
Leben gerissen wurde, für den Rest seiner
Tage gelähmt bleibt und seine Pläne für die
Zukunft sicher nicht so umsetzen kann, wie
er sich das vorgestellt hat. Oder sie trifft eine
junge Mutter, die beim Fensterputzen stürzte
und nun nicht weiß, wie sie zukünftig für
ihre Kinder sorgen kann und ob ihr Ehe-
mann bereit sein wird, die Zukunft mit ihr
zusammen zu meistern. Oder es ist der ältere,
an Demenz erkrankte Mann, der schon be-
gonnen hat, sich selbst zu vergessen und nun
durch Lähmungserscheinungen und das ver-
änderte Körpergefühl den letzten Rest seiner
Orientierung verliert.
Es kann sich auch um einen seit Jahren
querschnittgelähmten Menschen handeln,
den der tägliche Kampf um die Bewältigung
des Alltags längst in die Resignation getrie-
ben hat und der keinen Versuch mehr unter-
nimmt, das Leben seinen Zielen entspre-
chend zu gestalten. Oder es handelt sich um
jemanden, der gelernt hat, mit den Ein-
schränkungen und der Abhängigkeit zu le-
ben und der durch die durchlebte Not zu tie-
fen Erkenntnissen über das Leben und den
Sinn des Lebens gekommen ist, die ihn zu
erlebbarer Gelassenheit und Zufriedenheit
führen.
Diese vielfältigen Aspekte machen es er-
forderlich, dass Pflegende genau hinsehen
und hinhören, um ein umfassendes und ex-
aktes Bild von den Einschränkungen und da-
raus resultierenden Problemen querschnitt-
gelähmter Menschen zu bekommen. Darüber
hinaus benötigen sie Fachwissen und Erfah-
rung, um die tägliche Versorgung der Betrof-
fenen durchzuführen oder zu unterstützen.
Schließlich geht es auch darum, Probleme zu
lösen, Anliegen der Betroffenen und ihrer
Angehörigen aufzugreifen und Fragen zu be-
antworten. Auf viele dieser Fragen haben
Pflegende eine Antwort. Bei frisch Verletzten
besteht sie darin, zu begleiten, zu informie-
ren und anzuleiten, während die Suche nach
Antworten auf die Fragen langjährig Verletz-
ter partnerschaftlich und auf Augenhöhe
stattfindet.
Es gibt jedoch Fragen, auf die Pflegende
und andere Therapeuten keine Antworten
haben: Was tun, wenn die Spastik trotz Phy-
siotherapie und Medikamenten nicht auf ein
erträgliches Maß zurückgeht? Was bleibt,
wenn die Möglichkeiten zur Behandlung
chronischer Schmerzen nahezu ausgeschöpft
sind und die Schmerzen dennoch unerträg-
lich bleiben? Was sagen, wenn der Mut, den
Alltag zu bewältigen, der Resignation weicht?
Hier sind es oft die Betroffenen, die sich auf
den Weg machen müssen, um Lösungen für
diese Probleme zu finden. Es kann die Male-
rei sein, die Entspannung bringt und Schmer-
zen erträglicher macht, das Hören von Mu-
sik, das die unkontrollierbaren Zuckungen in
den Beinen beruhigt, das Trommeln, das be-
freit, oder die Meditation, die zu Ruhe und
Gelassenheit führt.
Auf solchen Wegen können Pflegende den
Betroffenen Begleiter und Partner sein, die
Prozesse mitverfolgen und im Gespräch
bleiben. Sie können von den querschnittge-
lähmten Menschen lernen, welche Wege es
gibt und wohin sie führen, um Lösungen für
spezielle Anforderungen zu finden, die den
Alltag erschweren – eine Aufgabe, die sich
letztlich jedem Menschen, unabhängig von
einer Behinderung, täglich stellt.
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Haas, Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung, 1. Auflage.
www.claudia-wild.de: Haas Pflege querschnittsgelähmter Menschen/08.10.2012/Seite 27
27
2 Einführung zur Querschnittlähmung
Robert Flieger
2.1
Anatomische und physiologische GrundlagenDas Rückenmark (lat.: Medulla spinalis;
griech.: Myelon) ist ein wichtiger Teil des
zentralen Nervensystems – die Zwischenin-
stanz zwischen Gehirn und Körperperiphe-
rie. Das Rückenmark entspringt am Hirn-
stamm und verläuft vom Hinterhauptloch
(Foramen magnum) des Schädels durch den
Spinalkanal der Wirbelsäule abwärts. Der Teil
innerhalb des Schädels (Medulla oblongata)
wird anatomisch noch dem Gehirn zugerech-
net, das Rückenmark beginnt unterhalb der
Schädelbasis.
Wie die knöcherne Wirbelsäule selbst glie-
dert sich auch das Rückenmark in Segmente,
die analog zu den Abschnitten der Wirbel-
säule bezeichnet werden. In jedem Segment
entspringt aus dem Rückenmark rechts und
links je eine Nervenwurzel, die durch das
von den Wirbelbögen der benachbarten Wir-
bel gebildete Nervenwurzelloch (Foramen
intervertebrale) aus dem Spinalkanal austritt
und als Spinalnerv weiter verläuft. An der
aus sieben Wirbeln bestehenden Halswirbel-
säule werden die Nervenwurzeln nach dem
Wirbel bezeichnet, oberhalb dessen sie den
Spinalkanal verlassen:
• Das erste Nervenwurzelpaar zwischen
Hinterhaupt und 1. Halswirbel heißt dem-
nach C1. Die unter dem 7. Halswirbel aus-
tretende Nervenwurzel wird mit C8 be-
zeichnet (C = z[c]ervikal).
• Die unterhalb des 1. bis 12. Brustwirbels
austretenden Nervenwurzeln werden mit
Th1 bis Th12 bezeichnet (Th = thorakal).
• Die unterhalb der folgenden fünf Lenden-
wirbel werden mit L1 bis L5 (L = lumbal)
bezeichnet.
• Die unterhalb der fünf Segmente des
Kreuzbeins austretenden Nervenwurzeln
werden mit S1 bis S5 bezeichnet (S = sak-
ral).
Jeder Nervenwurzel lässt sich ein von ihr
sensibel versorgtes Areal der Körperoberflä-
che (Dermatom) zuordnen. Im Bereich der
Gliedmaßen können den dort zuständigen
Nervenwurzeln motorische Kennmuskeln
zugeordnet werden. Über die Dermatome
und die Kennmuskeln lässt sich eine neuro-
logische Störung auf Rückenmarkebene lo-
kalisieren und beschreiben (Abb. 2-1).
Wie das Gehirn ist auch das Rückenmark
von Häuten umschlossen, die Fortsetzungen
der Hirnhäute bilden und auch am Rücken-
mark so bezeichnet werden. Die wichtigste
davon ist die harte Hirnhaut (Dura mater), in
der Gehirn und Rückenmark in einer klaren
Flüssigkeit, dem Liquor cerebrospinalis, gela-
gert sind. Diese Flüssigkeit entsteht in den
Hirnkammern (Ventrikel) im Hirninneren
© 2012 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden. Aus: Haas, Pflege von Menschen mit Querschnittlähmung, 1. Auflage.