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Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. 0phthal. 168, 330--334 (1965) Aus der Universitgts-Augenldinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. SAC]tS]~WEGER) und dem Physiologisch-Chemischen Institut der Universit~t Leipzig (Direktor: Prof. Dr. Dr. S:r~_~CK) Tierexperimentelle Untersuchungen fiber die Konzentration yon peroral zugefiihrtem _~thanol in Blut und Glaskiirper Vo~ R. HENTSCH und H.-P. MOLLER Mit 2 Textabbildungen Problemstellung Quantitative Bestimmungen yon ~thanol in verschiedenen Organen und K6rperflfissigkeiten sind bereits durchgeffihrt worden. 1937 berich- teten LANDE~ DEtCu und GODEAU fiber Versuche, in denen sie Kaninchen 6 ml 50%igen J, thanol/kg K6rpergewicht zufiihrten und den ~thanolgehalt in Blur, Urin, Mageninha]t, Gehirn, Milz, Leber, Nieren, Lunge, Herz und Muskeln nach 1--5 Std bestimmten. PALm verabfolgte Kaninchen intravenSs und intraperitoneal ~thanol und ermittelte seine Konzentration in Blur und Kamn~lerwasser. DAVSO~ und SPAZlA~I unter- suchten die Penetration yon ~thanol, Thioharnstoff und ~4Na in das Kammerwasser nnd in den Glask6rper an Kaninchen unter allgemeiner Hypothermie und fanden, da[~ 60 rain nacb Versuchsbeginn die Pene- tration des Athanols, im Vergleieh zu den Werten bei ~Normalk6rper- temperatur, herabgesetzt war. In den zu]etzt genannten Arbeiten wurde die Konzentration des Athanols in Glask5rper und Kammerwasser nut bis 60 rain naeh intravenSser und intraperitonealer Zufuhr verfolgt. Es interessierte uns in diesem Zusammenhang die Frage, nach welcher Zeit die maximale Konzentration an ~thanol im Glask6rper gefunden wird und in welehem Zeitraum sie den Ausgangswert wieder erreicht. Wir verfo]gten zusatzlieh den Anstieg und Abfall der Konzentration an Athanol im Blur und erhielten aus dem Vergleieh mit der Konzentration ira GlaskSrper einen Einblick in die Diffusionsgeschwindigkeit des Athano[s aus dem Blur in den GlaskSrper. Methodik An 2r wurde verwendet: 1. Insgesamt 20 Kaninchen yon 1,5--2,0 kg KSrpergewicht wurden unter Lokal- anaesthesie (Chlorprocain 2 %ig, Adrenalin 0,0025 %ig) beidersei~s enucleiert.

Tierexperimentelle Untersuchungen über die Konzentration von peroral zugeführtem Äthanol in Blut und Glaskörper

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Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. 0phthal. 168, 330--334 (1965)

Aus der Universitgts-Augenldinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. SAC]tS]~WEGER) und dem Physiologisch-Chemischen Institut der Universit~t Leipzig

(Direktor: Prof. Dr. Dr. S:r~_~CK)

Tierexperimentelle Untersuchungen fiber die Konzentration yon peroral zugefiihrtem _~thanol in Blut und Glaskiirper

Vo~ R. HENTSCH und H.-P. MOLLER

Mit 2 Textabbildungen

Problemstellung Quantitative Bestimmungen yon ~thanol in verschiedenen Organen

und K6rperflfissigkeiten sind bereits durchgeffihrt worden. 1937 berich- teten LANDE~ DEtCu und GODEAU fiber Versuche, in denen sie Kaninchen 6 ml 50%igen J, thanol/kg K6rpergewicht zufiihrten und den ~thanolgehalt in Blur, Urin, Mageninha]t, Gehirn, Milz, Leber, Nieren, Lunge, Herz und Muskeln nach 1--5 Std bestimmten. PALm verabfolgte Kaninchen intravenSs und intraperitoneal ~thanol und ermittelte seine Konzentrat ion in Blur und Kamn~lerwasser. DAVSO~ und SPAZlA~I unter- suchten die Penetration yon ~thanol, Thioharnstoff und ~4Na in das Kammerwasser nnd in den Glask6rper an Kaninchen unter allgemeiner Hypothermie und fanden, da[~ 60 rain nacb Versuchsbeginn die Pene- tration des Athanols, im Vergleieh zu den Werten bei ~Normalk6rper- temperatur, herabgesetzt war. In den zu]etzt genannten Arbeiten wurde die Konzentration des Athanols in Glask5rper und Kammerwasser nut bis 60 rain naeh intravenSser und intraperitonealer Zufuhr verfolgt. Es interessierte uns in diesem Zusammenhang die Frage, nach welcher Zeit die maximale Konzentration an ~thanol im Glask6rper gefunden wird und in welehem Zeitraum sie den Ausgangswert wieder erreicht. Wir verfo]gten zusatzlieh den Anstieg und Abfall der Konzentration an Athanol im Blur und erhielten aus dem Vergleieh mit der Konzentration ira GlaskSrper einen Einblick in die Diffusionsgeschwindigkeit des Athano[s aus dem Blur in den GlaskSrper.

Methodik An 2r wurde verwendet: 1. Insgesamt 20 Kaninchen yon 1,5--2,0 kg KSrpergewicht wurden unter Lokal-

anaesthesie (Chlorprocain 2 %ig, Adrenalin 0,0025 %ig) beidersei~s enucleiert.

Konzentration yon perora] zugefiihrtem Athanol in Blut und GlaskSrper 331

2. 50 % iger ~thanol.

3. 0,250 g reines umkristallisiertes Kaliumbichromat wurde in 1 ml destilliertem Wasser gelSst, quantitativ mit konzentrierter Sehwefels~ure in einem 100 ml MaB- kolben gesp/ilt and bis zur Markc aufgef/illt.

4. 5%ige jod~tfreie Kaliumjodid-LSsung.

5.0,01 n Natrium-Thiosulfat-LSsung.

6. 1%ige StgrkelSsung.

Kaninehen wurden 10 ml 50%iger ~thanol/kg KSrpergewicht mittels Magen- sonde zugef~ihrt, zu verschiedenen Zeiten be]de Augen nach iibiicher Teclmik enueleiert und dabe~ 0,1--0,2 ml Blut der Operationswunde entnommen. Athanol wurde naeh der Widmark-Methode, modffizier~ nach MOLLESTAD, in Blur und GlaskSrper bestimm~. Das frisch enucteierte Auge wurde sofort auf Eis gelegt, dutch Stieh mit dem Skalpell er5ffnet und so schnell wie mSglich 0,1 bzw. 0,2 ml GlaskSrpersubstanz im einer Pipette aufgezogen. Blur und GlaskSrper wurden in die Einsgtze sog. AeetonkSlbchen gegeben, die in ihrer Ausftihrung den Widmark- KSlbehea entsprechen und deren Boden genau 1 ml der Biehromat-Schwefelsgure bedeekte. Die KSlbchen wurden 2 Std bei 600 C im Trockensohrank gehalten, wobei der Athanol a~Ls dem Material entwich und yon der Biehromat-Schwefelsgure aufgenommen wurde. Danaeh wurden 25 ml destilliertes Wasser zum Kolbeninhalt gegeben, 0,5 ml Kaliumjodid-LSsung zupipettiert und naeh einer ha]ben Minute mit 0,01 n INatrium-Thiosulfat-LSsung titriert. StR rkel0sung diente als Indicator. Eine ]~lindprobe mit 0,1 bzw. 0,2 ml Wasser im KSlbeheneinsatz wurde in gleicher Weise behande]t. Die Bereehnung elgolgte naeh der Formel X = ( b - - a ) . 1,13, wobei X die Athanolmenge in/lg, b der Verbraueh an 0,01 n Natrium-Thiosulfat- LSsung vonder Blindprobe und a yon dem Hauptversuch bedeutet.

Ergebnisse Abb. 1 zeigt den durchschni t t l ichen Anstieg und Abfall der Konzen-

t r a t ion an ~ h ~ n o l in Gl~skSrper a n d Blur. Die Abszisse gibt dic Zei$ an zwischen Zufuhr des ~ th~nols u n d seiner qu in t ] t a t ]yen Bes t immung,

pq A'fhanol/O,,Zm/ B/ut bzw. GloskO'Pper 8- l -

g.

5.

I

i , i , i

510 Za 30 M/h. 5

- - 61ask6"r#er

- - - B l u r

2 0 6 8 10 12 1551d

Abb. 1. Anstieg and Abf~ll der XonzentratioIt ~a _~[th~nol in Glask6rper und Blu~

332 g. H~=WTSC~ und H.-P. MULLER:

die Ordinate die ermit~elgen Xthanolwerte in #g/0,2 ml. Die Athanol- konzentration im Blur steigt in den ersten 3 Std auf 7,1 #g/0,2 ml ( = 3,5 rag- % ) steil an; im Glask6rper liegt sie anf/s etwas niedriger, erreicht aber nach 3 Std mit 7,6 #g/0,2 ml (-- 3,8 mg- %) einen gering h6heren Were. Die Xthanolkonzentration sinkt im Glask6rper langsamer ab als im Blur und f/~ll~ nach 15 Std auf den Ausgangswert ab.

In Abb. 2 ist die Xthanolkonzent.ration auf das wirldiche L6sungs- volumen bezogen. Da Blur ~50 ,4%, der Glask6rper aber ~98 ,8% Wasser enth/ilt, verdoppelt sich die Xthanolkonzentration im Blur, wenn

/2y ~thonol/O,2 m/ Wosser

/3

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5/as,~dtper . . . . . . . . . 81u/

Z + 6 o ~ /0 / f /5$/g

Abb. 2. Anstieg und Abfall der Kouzentration an ~thanol in Glask6rper und Blur, berechnet aut das wirldiche L6sungsvolumen

man auf die gleiche Menge Lgsungswasser wie im Glask6rper bezieht. In diesem Falle steigt die Konzentration an Athanol in der Blutfifissig- keit bedeu~end steiler an Ms im Glask6rper und erreich~ mit 14,2 #g pro 0,2 ml ( = 7,1 rag- %) fast die doppelte H6he wie in der Glask6rpersub- stanz (7,6/~g/0,2 ml = 3,8 rag- %).

Damit konnte best~itigt werden, dab Athanol im Magen und in den oberen Darmabschnitten raseh resorbiert wird. 5 min nach ~thanolzufuhr wurden etwa 25% (0,85 mg-%) der maximalen Blutkonzentration er- reicht. Demgegenfiber penetriert ~thanol aus dem Blur in den Glas- k6rper langsamer; naeh 5 min werden erst etwa 10% der maximalen Konzentration erreicht. Abb. 1 zeigt, dab die ~[thanolkonzentration im Glask6rper nahezu proportional der im Blur ansteigt. Athanol diffun-

Konzentration von perorM zugefiihrtem Athanol in Blur und Glask6rper 333

diert wahrscheinlich aus den Blutgef/~gen der Chorioidea und aus dem Kammelavasser der hinteren Augenkammer in den GlaskSrper. Die gering hSheren Werte im GlaskSrper, 2- -9 Std nach ~thanolzufuhr, er- geben sich aus dem fast doppelt so hohen Wassergehalt des GlaskSrpers gegenfiber dem Blur. Die vorliegenden Ergebnisse geben keinen Anhalt ffir die Annahme PAL~rs, dag an dem ~thanolfibertri t t vom Blur in das Kammerwasser und in den GlaskSrper auger Diffusion noch andere Mechanismen beteiligt seien.

Die Menge der permeierenden Niehtelektrolyte, so auch des ~thanols, haben naeh l%oss eine direkte Beziehung zu ihrer Lipoidl6sliehkeit. 90--95 % des aufgenommenen Athanols werden, wie bekannt ist, in der Leber oxydiert. Die Abbildungen zeigen, dag ~thanol im Glask6rper in st/~rkerem Mage nicht abgebant werden kann. Der Abfall der ~thanol- konzentration erfolgt durch Abgabe an das Blur und 0xydat ion in der Leber.

Zusammenfassung ]~thanol wurde Kaninchen peroral zugefiihrt und die Konzentration

im GlaskSrper und Blur beobachtet. Nach schnellem Anstieg erfo]gt 3 Std naeh Gabe ein langsamerer Abfall tier Xthanolkonzentration ira GlaskSrper. Vergleichsweise im Blur durchgef/ihrte Bestimmungen zeig- ten einen nahezu gleichsinnigen Kurvenverlauf. Berechnet auf 100 % LS- sungsvolumen, steigt die Maximalkonzentration im Blur fast doppelt so hoch an wie in der GlaskSrpersubstanz.

Summary Ethanol was given to rabbits perorally and the concentration in

the vitreous body and in the blood observed. A rapid rise was followed three hours after administration by a slower fall in the ethanol con- centration in the vitreous body. Analyses of the blood, performed for purposes of comparison, showed a curve which was practicMly the same in direction. Based on a 100% volume of solution, the maximum con- centration in the blood increases by ahnost two-fold us compared with ghat in the vitreous body.

Literatur DAvso~, H., and E. S~AZlA~I: The effect of hypothermia on intraocular dynamics.

Exp. Eye Res. 1, 182--192 (1961). LANDE, P., P. DEICVILL]~E et J. GODEAU: Recherches exp6rimentales sur ]a r6-

partition dans diff6rents organes et liquides organiques, de ]'alcool ing6r6. Ann. M6d. 16g. 1';, 11--22 (1937).

334 1%. HENTSCH und H.-P. MiiI~LEg: Konzentration yon Athanol

I~OLLESTAD, O. : Eine Mikromethode zur Bestimmung yon Athylalkohol in Organen. Bioehem. Z. 275, 136 (1934).

PALM, E. : On the passage of ethyl alcohol from the blood into the aqueous humour. Aeta ophthal. (Kbh.) 25, 139 (1947).

1%oss, E. J. : The transfer of noneleetrolytes across the blood-aqueous barrier. J . Physiol. (Lond.) 112, 229--237 (1951).

WID~Am% E. M. P. : Mikromethode zur Bestimmung yon Athylalkohol im Blute. Biochem. Z. 1] l , 473 (1922).

Dr. med. 1%UDr HENTSCl~ Universiti~t s-Augenklinik

Leipzig C 1, Liebigstr. 14 Dr. reed. HANs-P~,TEI~ MiiI~LEI~

Universitats-Kinderldinik Leipzig O 5, Oststr. 21--25